Zurzeit sind 537 Biographien in Arbeit und davon 304 Biographien veröffentlicht.
Vollendete Autobiographien: 183
(1) in unserem Haus in TH haben wir etwas Schnee aus dem Engadin zum Kuehlen - wenn dies zu wenig nuetzt, spiele ich dazu den Schneewalzer auf meinem "Oergeli"!
Geboren sei ich morgens frueh, an einem Montag, ungefaehr ein Jahr nach Ende des zweiten Weltkrieges, als Erstgeborener einer Grossfamilie mit 8 Geschwistern.
Meine ersten Erinnerungen waren meine Eltern, Geschwister, dann die Tiere auf dem elterlichen Hof, Hund, Katzen, Huehner, Kuehe, Kaelber, Schweine…
Mein Goetti brachte stets zu Neujahr ein neues Hemd, einen Fuenfliber und eine Schoggi.
Gab es ein Fenster, aus dem du besonders gern rausgeschaut hast? Was sahst du?
Melken und Kuehe putzen lernte ich schon frueh und tat es gerne. Man musste nicht viel denken dabei, und ich konnte dabei z.B. das Stueck auswendig gelernte Bibel nochmals fuer mich aufsagen, bevor ich zur Schule ging. Lieber dachte ich natuerlich bei den Stallarbeiten an meinen Schulschatz !
Der einzige geheizte Raum im Haus war die Kueche, dann spaeter die Stube (Feuerherd in der Kueche und Kachelofen und ein "Holz-Oefeli" in der Stube).
Der Blick aus dem Schlafzimmer war wunderbar: Vorerst sah ich den Baumgarten vor dem Haus und weiter im Tal einen Teil des Dorfes mit Kirche und Schulhaus im Osten. Herrliche Sonnenaufgaenge waren an schoenen Tagen zu bestaunen - diese wurden damals noch nicht fotografiert mangels Fotoapparat !
Weisst du noch, wie die Küche ausgesehen hat?
Als ich zur Schule ging (Sek) kam eines Morgens Winterberg Sales, ein Nachbar und Maurer und befahl uns, nun die Kueche zu verlassen, er wolle nun mit dem Umbau beginnen. Somit bezogen wir unser Kuechenprovisorium, waehrend ca. 3 Monaten in der Scheune, just neben der Futtertenne.
Der Kuechentisch war nicht nur Esstisch, hier wurde auch diskutiert; fanden Familienkonferenzen statt - damals nannte man dies noch nicht so; es wurden Gaeste bewirtet, gehandelt um Kuehe, Kaelber, Ferkel…. und es wurde auch gebetet, und zwar vor und nach dem Essen.
Wie war es draussen? Gab es einen Hof oder einen Garten?
Die Landflaeche: wenige Hektaren, Baeume ums Haus - ein Obstgarten (Klaraaepfel, Boskoop, Glockenaepfel, Sauergrauech, ....ein Quittenbaum, Mostbirnen, Buehlerzwetschgen, Pflaumen und Kirschen…)
Unsere Mutter war eine begabte Gaertnerin und liebte Blumen - Von Fruehling bis Herbst bluehte es praechtig in ihren Blumenrabatten vor dem Haus - klar, wenn man schon Mutter Blum war !
Die naechsten Nachbarn wohnten ca. 400m weit entfernt - unser Hof war ein Einzelhof - wir hatten sozusagen unser eigenes Reich.
Einige Nachbarn waren sehr originell: Hans war Kleinbauer, Kaelbermaester, Schreiner, Metzger.... Er hatte eine grosse Familie mit rund einem Dutzend Kinder. An der Hobelmaschine verlor er zwei Finger, spielte trotzdem sein Oergeli, mindestens drei Stuecke beherrschte er - das mittlere war das gleiche wie das erste und das dritte ! Er stellte Hundeschmalz her...man konnte ihm Hunde bringen. Als unser altersschwacher "Bless" von Hans geholt wurde, weinten wir Buben bitter - Bless war uns ein treuer und guter Freund geworden in all unseren Jugendjahren. Hans trank vor allem im Alter gerne Wein, manchmal zuviel und "plagierte" dann ab und zu ueber all seine Faehigkeiten und seine grosse Familie: "Soll mal einer machen, was ich gemacht habe", meinte er am Stammtisch in der Pinte.
Vis-à-vis wohnte "Metzger-Zaenz", ebenfalls mit einer grossen Familie. Er trank noch etwas mehr als Hans - Als er eines abends mit dem Motorrad sein Haus ansteuerte und nicht mehr gut anhalten konnte, fuhr er ganz einfach in den Scheiterhaufen und meinte: "Du Cheib hesch de scho halt !"
Die meisten Kinder der beiden Grossfamilien lernten einen Beruf, waren geschickt und kamen gut durchs Leben. Die Muetter waren liebenswuerdige und sehr fleissige Leute.
Ein anderer Nachbar mit einem recht grossen Hof hatte einen Karrer angestellt. Man kannte ihn unter dem Namen "Choerber Fredu" (in seiner Familie wurden frueher Koerbe geflochten). Fredu war ein ruhiger Kerl und konnte ausgezeichnet mit Pferden umgehen. Andere Bauern meinten: "Fredu waere eigentlich ein guter Kerl, aber er geht nicht zur Kirche !"
Erinnerst du dich an Märchen, Gutenachtgeschichten, die man dir erzählt hat? Oder Kinderlieder, die man dir vorgesungen hat?
Hingegen Radiohoeren war in - Hoerspiele von Gotthelf: Ueli der Knecht - Ueli der Paechter...und andere.
Bald erlernte man das Kartenspiel - vorerst war jedoch das Beten des Rosenkranzes angesagt. Da musste man jeweils etwas Gas geben beim Vorbeten ! Erst nachher folgte das Vergnuegen beim Spielen.
Erinnerst du dich an die Geburt von Geschwistern? Was hattest du dabei für Gefühle?
Bei der Geburt des juengsten Bruders war ich bereits in der Rekrutenschule - die Eltern schaemten sich - wir Kinder meinten jedoch alle, das sei doch schoen, einen so kleinen Bruder mit uns zu haben.
Wenn die Eltern mal weggingen fuer einen Tag, war eine Aushilfe aus der Verwandtschaft mit uns - das waren fuer uns stets lustige Tage und wir freuten uns auf's "Chroemli", das die Eltern heim brachten.
(1) mit meinen Geschwistern an meinem 70. Geburtstag (es fehlt der Juengste - Auslandaufenthalt)
Erinnerst du dich an die Jahreszeiten?
Heuen und Getreideernte im Sommer war eine strenge Arbeit; viel war von Hand zu tun - es gab manchmal Schwielen an den Handflaechen vom vielen Hantieren mit Gabel und Rechen. Bei starken Gewittern in der Nacht bekam ich's jeweils mit der Angst zu tun und fluechtete die Stiege runter ins Elternschlafzimmer. Ganz in der Naehe unserer Liegenschaft wurde eine Hochspannungsleitung gebaut; der naechste Masten stand bloss ca. 100 m von unserem Haus entfernt. Das machte mein Angstproblem noch groesser; Blitz und Donner trafen unsere Gegend noch haeufiger.
Kartoffel- und Futterruebenernte im Herbst: Kartoffeln gruben wir oft von Hand aus (mit dem Karst); die Rueben wurden mit dem Messer geputzt und dann das Kraut abgeschnitten. Aepfel und Birnen wurden teilweise im Keller eingelagert, aus dem Rest entstand frischer Most ab Presse - bei zu hohem Konsum gab es dann gratis Durchfall ! Der Suessmost wurde zum grossen Teil pasteurisiert; aus einem kleineren Teil entstand Gaermost fuer die Erwachsenen.
Im Winter gings mit Hund und Schlitten in die Kaeserei, ein Vergnuegen bei guten Schneeverhaeltnissen. Manchmal gabs jedoch sehr viel Schnee und bei starken Winden Verwehungen (Waechten) auf dem Weg ins Dorf. Wir Buben kamen dabei oft ins Schwitzen, mussten wir doch unserem Hund "Bless" helfen, den Schlitten durch den Schnee zu ziehen. Die Schneeraeumer hatten oft Verspaetung, waren mit einer "Holzschneuze" bloss tagsueber unterwegs und mussten da und dort einkehren, um den Strapazen gewappnet zu sein. Manchmal war es bitter kalt, bis zu 25 Grad minus; der Bieswind pfiff ueber den offenen Feldern, speziell im Februar ("Horner"). Ans Schlitteln und an Schneeballschlachten mit Geschwistern und Freunden, manchmal sogar mit den Eltern zusammen, erinnere ich mich gerne. Ein paarmal war ich auch bei den Sternsingern mit dabei. Auch da gabs manchmal Angst, vor allem auf abgelegenen Waldwegen, zu Fuss, an den dunklen Winterabenden.
Welche Rolle spielten Sonntage und Feiertage wie Weihnachten, Sankt Nikolaus, Ostern und Geburtstage in deinem Kinderleben?
Der Besuch des Samichlaus, Weihnachtsbaum, Geschenke, Osterhase und -eier gehoerten zu den spannendsten Ereignissen in meiner Kinderzeit.
Der Geburtstag wurde nicht gefeiert, hingegen der Namenstag - dieser war ein Feiertag in unserer Kirchgemeinde - dann kamen jeweils zahlreiche Onkel zu uns zum Jassen. Das wollte ich moeglichst rasch lernen, wollte auch mitmachen in dieser lustigen Runde. Bereits in der Primarschule war ich manchmal mit dabei.
Nach der Taufe einer meiner juengeren Schwester durfte ich nach dem Mittagessen in der Jassrunde mitmachen. Der Dorfpfarrer war ebenfalls in dieser Runde, zusammen mit mir. Als ich dann einmal nicht stach mit einem Trumpf wurde der Herr Pfarrer laut und meinte: "Was willst Du denn machen mit diesem Trumpf - wohl den Hintern putzen !"
Meine Hochachtung fuer den "geistlichen Herrn" nahm in diesem Moment blitzartig ab und ich merkte erstmals, dass Pfarrer auch gewoehnliche Menschen sind.
Viel spaeter, im Entlebuch und in TH uebernahm ich oft das Amt des Samichlaus. Wir besuchten viele Familien, lobten und tadelten gemaess Instruktionen der Eltern. Bei einem meiner Freunde meinte ein kleiner Knirps, dieser Samichlaus rede wie der Vinzenz und eine Brille trage er ebenfalls ! In TH, an der Privatschule, trat der Samichlaus erst an Weihnachten auf, wie das auch in Amerika ueblich sei.
Wie haben eure Mahlzeiten ausgesehen?
Als Milchlieferant musste man einen Anteil Kaese zuruecknehmen und es gab Schotte fuer die Schweine. Den Emmentaler Kaese liebten wir Kinder nicht so sehr - erstens war es eher dritte Klasse und immer nur Emmentaler - diesen lernte man erst viel spaeter schaetzen, als man auch mal vom Besten ass und auch andere Sorten kennen gelernt hatte.
Roesti, Milchkaffee, Brot, Butter selbst gemachte Konfituere gabs oft am Morgen.
Unsere Mutter war eine sehr begabte Koechin und auch Baeckerin. Ihre Braten, Gemuese, Kartoffelstock, Saucen, aber auch ihre Kuchen waren Spitze. Mein juengster Bruder war viel unterwegs und sagte mir mal am Telefon, als ich bereits in Asien lebte, er sei soeben in der besten Kueche der Welt angekommen, eben bei Mutter Blum.
Unsere Mahlzeiten waren einfach, trotzdem vielseitig - am Freitag gab's Waehen oder "Chaessuppe", i.d.R. war der Freitag fleischlos und meistens gab es bloss am Karfreitag Fisch in Form von panierten Staebchen. Zu den Hauptmahlzeiten war stets eine Suppe dabei.
Bei den Bauern gabs damals auch Zwischenverpflegungen (Znueni, manchmal sogar s'Zaehni und am Nachmittag s'Zobig und auch z'Foeifi), "Kaffee avec", manchmal Tee, Zuckerwasser mit etwas Wein, Brot und Kaese dazu oder eine Wurst.
Wer und wie waren deine Spielkameraden?
Meine einflussreichste Person war mein Vater. Er hatte das Sagen und lehrte uns vieles, was zum Bauern gehoert. Die Mutter war hingegen mehr der Gefuehlsmensch (s.u.)
Die Eltern und Geschwister des Vaters waren in der Naehe, waehrend jene der Mutter etwas weiter weg lebten. Ich ging lieber auf Mutter's Seite - die Leute dort waren weniger autoritaer - ihr Hof hiess "das Schloss", ein grosses Haus mit vielen und schoenen Raeumen. Den Grossvater muetterlicherseits nannte man den "Schlosschappi" (Kaspar). Somit war meine Mutter "s'Schlosschappis Josi".
Mein Vater war "s'Choeuchmeier Sales Vitzu" , weil sein Vater Sales hiess.
Sie kannte die Gefuehle, wusste, spuerte, wem es wie ging, sogar wenn man weit weg lebte. Einfuehlungsvermoegen war eine ihrer Staerken.
Die Mutter gebar 10 Kinder; 6 Buben, 4 Maedchen; mein dritter Bruder verstarb nach wenigen Monaten an einer Lungenentzuendung.
Mit der Mutter ging man einkaufen, zwar selten, besuchte Verwandte - sie war vertrauenswuerdig und machte uns stets guten Mut. Sie war eine optimistische, positive Person.
Gerne halfen wir auch in der Kueche - Feuer machen im Herd / Abwaschen / Tisch decken und wieder abtischen….
Bevor die Mutter den Vater heiratete, arbeitete sie bei andern Bauern im Haushalt und mal auch in einem Restaurant.
Mutter war stets chic gekleidet - sie verstand es, huebsch auszusehen. Eigentlich war sie eine natuerliche Schoenheit, wie bereits ihre Mutter.
Es war ihr wichtig, dass es ihrer Familie und allen Mitgliedern gut ging, dass es allen wohl ums Herz war.
Als juengere Schwestern ins Pubertaetsalter gerieten, gab's ab und zu etwas Zoff mit der Mutter. Die Maedchen wollten allerhand auf den Kopf stellen im Haushalt und Mutter setze sich manchmal zur Wehr.
Mutter hat sehr viel gestrickt - schoene Pullover und sehr viele unserer warmen Socken entstanden in ihren Haenden. Es war fast wie eines ihrer Hobbies.
Ab und zu gab es Spannungen zwischen Vater und Mutter. Die beiden haben manchmal lange geschwiegen - einmal so lange, dass ich beinahe weggelaufen waere. Das war jeweils unangenehm, ich litt, zusammen mit den Eltern, vorab mit der Mutter. Sie hatte jedoch viel Geduld und hielt durch, bis es wieder besser ging.
Spaeter, bei meiner Scheidung, erzaehlte sie mir mal, dass sie sich wohl in der heutigen Zeit vom Vater getrennt haette - damals war sowas in einem katholischen Bauerndorf fast unmoeglich - die Frau waere verstossen worden.
Im Alter sass Mutter oft in ihrem Sessel und lagerte ihre Beine hoch ("Krampfadern") - dabei strickte sie immer wieder, las in Buechern oder sie meditierte auf ihre Weise - in der Stille.
(1) Meine Eltern im fortgeschrittenen Alter
Er stammte aus einer grossen Bauern-Familie, wo ebenfalls viel und fleissig gearbeitet wurde.
Der Vater wollte Ordnung haben: "Tu jedes Ding an seinen Ort - das erspart dir viel Aeger, Mueh und Not" war einer seiner Leitsaetze. Manchmal meinte er spasshaft: "Ordnung muss sein, auch wenn's bloss eine "Sauordnung" ist". So gab es immer wieder kleine Schimpftiraden, wenn Hammer oder Zange nicht am richtigen Ort waren, weil die Buben etwas gebastelt hatten und sich Vater's Werkzeuge geholt hatten.
Spaeter hatte ich Gelegenheit, das Traktorfahren zu erlernen, auf der Marke Huerlimann. Manchmal kehrte ich den Traktor anders, als der Vater dies ueblicherweise tat - und schon wieder wurde eine Schelte ausgesprochen.
Ich empfand den Vater als streng, jedoch meistens gerecht - er meinte es gut mit uns und wollte, dass wir viel lernten und kraeftig mitarbeiteten.
Viele seiner praktischen Berufs-Kenntnisse kann ich heute noch gebrauchen, ausser das Traktorkehren, weil wir hier keinen Traktor haben !
Zu Beginn war der Vater einer der ersten in der Gegend mit einem Motormaeher, Marke Rapid, mit einem Maag-Motor, Eisenraeder, ein Eingang-Modell. Wir brauchten ihn u.a. zum Ziehen der Heufuder in die Scheune (frueher taten es die Kuehe) - manchmal drehten die Raeder durch - wir standen auf den Maeher, um ihn zu beschweren, bis es vorwaerts ging. Nie stand der Motor still - er war ein Kraftsprotz. Einmal brannte unser Maeher, zum Glueck nahe beim Brunnen - die Betriebs-Feuerwehr loeschte postwendend.
Bald kam die naechste Stufe der Motorisierung: Es war ein Einachser, ebenfalls Marke Rapid mit Triebachsanhaenger, Kipp-Pflug und Egge von der Firma Chappuis in Willisau. Da mussten der Vater und die Buben tuechtig lernen, bis das mit dem Pfluegen richtig funktionierte. Manchmal meinte der Vater, jetzt muss ich dem "Tschaeppi" (Chappuis) telefonieren, der soll zeigen, wie man das richtig macht !
Als ich mal als Bube mit Einachser und Anhaenger in etwas steilem Gelaende zu kehren versuchte, ueberdrehte es das gesamte Gefaehrt - zum Glueck konnte ich noch rechtzeitig abspringen vom Sitz. (Einmal mehr ein Problem mit dieser Maschinenwenderei !)
Der Vater war ebenfalls ziemlich risikofreudig - das, merkte man auch beim Jassen.
Ich denke, so wie man sich beim Spielen benimmt, ist man im Leben. In Sachen Risiko "uebertrumpfte" ich den Vater bald einmal….sonst waere vermutlich mein Leben nicht so vielseitig verlaufen.
Vor der Beerdigung meines Vaters, als der Sarg noch geoeffnet war, schob meine aelteste Schwester ein Spiel Jasskarten ins "Boujettli" seines Anzuges, damit er dann im Himmel oben mit seinen bereits verstorbenen Bruedern jassen koenne !
Vater war irgendwie "weichherzig", wie wir Kinder zu sagen pflegten: Wenn wir fuer laengere Zeit ins Ausland abreisten, vergoss er stets ein paar Traenen und meinte, man wisse ja nicht, ob wir uns nochmals sehen werden.
Der Vater legte Wert auf saubere und gute Kleidung, v.a. wenn er zur Kirche oder zu einer Versammlung ging. Die Frisur war ihm besonders wichtig - ich sehe heute noch die gerade Scheitel !
Mein Vater hat sich engagiert im Dorf, bei der Kaeserei z.B. war er der Aktuar; bei der Raiffeisenbank uebernahm er Verantwortung als Vorstandsmitglied. Das Amt des Betreibungsbeamten bereitete ihm ab und zu Kopfzerbrechen. Einmal war Vater Blum auch Kandidat der CVP fuer den Grossen Rat - Die Stimmenzahl genuegte jedoch nicht fuer den Einzug in den Rat.
Unser Leben als Kinder war einfach; trotzdem hatten wir's gut miteinander, haben viel gelacht, gesungen und gespielt. Sackgeld war damals bei uns nicht ueblich. Bei besonderen Gelegenheiten gab's etwas weniges, z.B. einen "Kilbibatzen".
In meiner Jugendzeit waren Pfarrer und Lehrer Respektspersonen. Die Eltern hatten eine hohe Achtung vor diesen Leuten….und wir somit ebenfalls.
Er hatte strenge Regeln, war recht autoritaer und es wurde hart gearbeitet.
Es war verboten, an Sonn- oder Feiertagen zu Heuen, es war verboten, ohne Hemd oder bloss im Unterhemd zu schaffen.
Einmal schlief er auf dem Feld, ganz in der Naehe unseres Hauses und wir meinten, er sei gestorben.
Er starb dann jedoch etwas spaeter und ich erinnere mich, dass er in seinem Schlafzimmer tot im Bett lag. Fuer mind. 2 - 3 Tage blieb er als Leichnam daheim - die Leute gingen hin, um ihm die letzte Ehre zu erweisen und zu beten. Nachher wurde der Sarg auf dem Leichenwagen, von Pferden gezogen, zur Kirche gebracht und beerdigt.
Die Grossmutter habe ich bloss wenige male gesehen; sie starb, als ich noch klein war. Ich erinnere mich, dass sie eine grosse und geschaetzte Person war.
Was man uns erzaehlte: Bei den Grosseltern beiderseits mussten die Soehne waehrend des zweiten Weltkrieges an die Grenze. Die Familien, besonders die Grosseltern und die Maedchen, hatten eine harte Zeit auf den Bauernbetrieben und arbeiteten sehr viel.
Diese Grossmutter war sehr offen und interessiert, was in der Welt los war. Ich denke, sie waere noch im hohen Alter nach Amerika gereist, wenn sie Gelegenheit dazu gehabt haette !
An was ich mich speziell erinnere: Daheim gingen wir mit Hund und Karren in die Kaeserei. Bei der Grossmutter gab's Pferde und ich durfte mit einem Pferd namens "Rubian" die Milch in die Kaeserei fahren, vorerst mit einem Onkel zusammen, spaeter allein. Das war ein wunderbares Gefuehl fuer mich. Man stand auf dem Milchkarren und hielt das Leitseil in der Hand und dirigierte den Rubian in die "Chaesi" und dann wieder zurueck.
Im Haus von Grossvater und Grossmutter lebten ledige Leute: eine Tante (Schwester meiner Mutter), dann drei Onkel. Der eine war der Melker, der andere war fuer die Pferde und fuer die Arbeiten im Feld zustaendig und der dritte, der dann spaeter heiratete, befasste sich mit Schweinezucht.
Alle waren sehr musikalisch und spielten Trompete oder Horn. Alle konnten ebenfalls gut singen, auch meine Mutter.
Der Grossvater (Vater meiner Mutter mit dem Uebernamen "Schlosschappi") war ein liebenswuerdiger, sehr freundlicher Mann. Er hatte eine gewisse innere Ruhe und Zufriedenheit und strahlte diese auch aus.
Ein Hundebiss, eine "Schramme" am Knie und eine Augenverletzung waren die groessten Unfaelle, die mich in der Jugend fuer einige Zeit ausser Gefecht setzten. Die Augenverletzung geschah, weil zwei Kollegen um einen Billardstock kaempften und ich just dahinter stand und der Stock in meinem linken Auge landete und einen Bluterguss im Auge zur Folge hatte. Nach 8 Tagen Augenklinik mit beiden Augen im Dunkeln (verbunden) konnte ich wieder geheilt nach Hause.
Unterhalb des gleichen Auges, am Augenlid, zeigte sich viel spaeter, in TH, ein kleines Geschwuer, krebsartig, meinte der Arzt. Dieses wurde in BKK in einer Augenklinik entfernt, mit allem drum und dran eines Gesundheitsdschungels (Untersuchungen im Komputertomograph, Vollnarkose, 3- stuendige Operation).
Sicher hatten wir dann und wann Glueck im Unglueck auf dem Bauernhof - man fiel da und dort runter oder einmal sollen einige Kuehe von der Weide in den Stall marschiert sein, waehrend ich als kleiner Bub im Stallgang sass - kein Tier hatte mich verletzt, wie mir die Eltern spaeter erzaehlten.
Als Bauer in Thailand ereignete sich vor einigen Jahren ein Unfall, als ein Stueck Eisen des rotierenden Grasmaehers in meinen rechten Fuss raste, wie ein Geschoss. Ein Fussknochen war gebrochen und die mittlere Zehe musste amputiert werden. Mit einem Gips am Fuss, waehrend 2 Monaten, hatte ich genuegend Zeit, in mich zu gehen und kuenftig vorsichtiger zu arbeiten.
Als ich dann mal im nahen Schwimmbad unter der Dusche stand, sahen Kinder meine 9 Zehen lange an. Ich erzaehlte ihnen dann, mit den Augen zwinkernd, dass bei Auslaendern solche Zehen wieder nachwachsen, wie die ersten Zaehne !
Alle Jugendjahre verbrachte ich auf diesem Hof. Erst fuer den zweiten Teil der Mittelschule zog ich nach Luzern, in ein Studentenheim.
Auf dem Hof lebten wir zu dritt in einem Zimmer - dem Zimmer mit den drei Fenstern, die drei aeltesten Buben. Die zahlreichen Kissenschlachten bleiben positiv in meinen Erinnerungen.
Zu Beginn war die Toilette im Hof und die Waschstelle war der Brunnen im Hof oder der Abwaschtrog in der Kueche.
Spaeter wurde dann ein Bad mit WC eingerichtet, neben der neuen Kueche. Das war damals ein grosser Fortschritt, wie das auch in anderen Bauernhaeusern gemacht wurde.
Heute, im Alter, in Thailand, lebe ich wieder einfach, ohne grossen Komfort; das Gluecklichsein ist auch unter einfachen Verhaeltnissen moeglich, in einem moeglichst offenen Haus, mit viel frischer Luft und viel Licht, mit viel Gruen und natuerlich Blumen ums Haus. Man lebt praktisch mit und in der Natur - das ist fuer mich Lebensqualitaet.
(1) Blumen (Orchideen) und Baeume ums Haus
Mein Schulweg, ca. ein Kilometer von zu Hause bis zur Schule, wurde zu Fuss zurueckgelegt.
Lehrer Blum (von einem anderen Blum-Clan namens "s'Huusjoggis") brachte uns rassig das Lesen, Schreiben und Rechnen bei.
Im Lesebuch gabs viele Bilder, z.B. von einer Kuh, die Muh macht oder von einem Huhn, das ein Ei legt....nichts Neues fuer uns Bauernbuben !
(1) Schreiben in der Primarschule auf Schiefer- "Tablet" (ohne Elektronik !)
(2) Unsere Primar - Schulklasse mit Lehrer Blum
Wir lernten etwas spaeter viel auswendig, z.B. im Religionsunterricht haemmerten wir jeweils als Hausaufgabe ein Stueck der Bibel in unsere Hirne, weniger in unsere Herzen ! Im Unterricht mit den Geistlichen (Pfarrer oder Vikar) kam der Katechismus ("Kaniisi" sagten wir damals) zum Zug mit vielen Fragen und Antworten: Ich erinnere mich an die erste Frage: Wozu sind wir auf Erden ? Antwort: Um Gott zu dienen und einst in den Himmel zu kommen. Wie man dies wohl tut....und wo und wie der Himmel sei, solches fragte ich mich erst spaeter genauer !
An die meisten Schulkameraden erinnere ich mich noch heute, dank auch den Klassenfotos oder von spaeteren Zusammenkuenften. Vor kurzer Zeit kam eine Klassenkollegin bei mir in Thailand vorbei - wir haben uns viele Jahre nie mehr getroffen, erst hier wieder mal, im Alter von ueber 70 Jahren ! Dabei erinnert man sich gegenseitig an andere Leute aus derselben Primarklasse oder an die Lehrpersonen.
Lehrer Blum war streng, hatte jedoch auch Humor und verstand es, seine 50er-Klasse in Griff zu halten. Ein Dirigentenstock (er dirigierte die Dorfmusik) diente fuer handfeste Hinweise oder fuer Schlaege auf die Haende.
Meine Lieblingsfaecher waren Schreiben und Rechnen - ich hatte stets viele Ideen und erfand gerne Geschichten. Das Rechnen war mir teilweise bereits vom Kartenspiel her gelaeufig.
Manchmal hatte ich Erbarmen mit den weniger begabten Kameraden - sie erhielten viel mehr Strafen als wir auf den vorderen Raengen.
Natuerlich freuten wir uns auf Ausfluege (Wanderungen) und auf die Ferien, was fuer mich ganz einfach Freiheit auf dem Bauernhof bedeutete. Unser Lehrer war Mitglied im Grossen Rat des Kantons - so gab es zwischendurch immer wieder freie Tage fuer uns Schueler. Im Heuet gab es ebenfalls frei, wenn bei den Bauern viel Heu einzubringen war.
Die Hausaufgaben bewaeltigte ich meistens selbstaendig, nachher gabs Arbeit im Hof oder Milchtransport in die Kaeserei.
Der zweite Lehrer in der Primarschule hiess Wolf, war noch strenger und fast ein bisschen "bissig"! Die schwachen Schueler hatten es noch haerter bei ihm.
Er war auch Ornithologe und begeisterte fuer die Natur. Bei Wolf Ruedi hatten wir unter anderen das Gedicht "Der Glockenguss zu Breslau" von Wilhelm Mueller (1794-1827) auswendig zu lernen. Beim Abfragen sagte er z.B. Strophe 25 und wir leierten diese runter, fast wie Automaten - das lernten und konnten wir am Schluss problemlos auswendig.
Ein paar Bubenstreiche aus dieser ersten Schulzeit sind im Gedaechtnis geblieben:
"Baerg Sepp", ein lediger Onkel meines Vaters hatte eine kleine Landwirtschaft am Schulweg. Er wohnte anderswo, bei einem Bruder. Sepp liebte Maschinen, hatte einen Autotraktor und eine fahrbare Dreschmaschine in seinem Schopf. Weil wir Buben wussten, dass Sepp ueber Mittag nicht in der Scheune war, schlichen wir ein paar mal in den Schopf und uebten auf dem Autotraktor - die Schluessel steckten am Armaturenbrett. Zuendung einschalten - Gang rein - Anlasser in Betrieb - so gings vorwaerts und rueckwaerts im Schopf, bis eines Tages ploetzlich ein Besen von der Futtertenne geflogen kam und uns Baerg Sepp fuer immer rausjagte - Donnerwetter !
"Bammert-Puur" hatte Land in unserer Naehe - er fuehrte mit Traktor und Fass Guelle ins Feld, just auf unserem Schulweg. Auf dem Fahrrad haengte ich hinten am Guellefass an, es ging leicht bergauf. Ploetzlich oeffnete sich der Auslauf beim Guellefass und ich erhielt eine zuenftige Dusche - das war irgendwie Selbstjustiz mit Strafe - und zwar sofort und direkt und wohl parfumiert !
Es war ebenfalls beim Bammert-Puur, wo einige Buben die jungen Hunde im Stall angucken wollten. Die Huendin hatte es sofort mit der Angst zu tun, als da eine ganze Bande reinkam und biss mich als ersten zuenftig - ein Arztbesuch folgte postwendend, Spritze gegen Starrkrampf, Naehen….und einmal mehr - Donnerwetter !
Kilbi liebten wir ueber alles - da war was los - man konnte den Kilbibatzen verspielen. In St.Urban war die Kilbi mindestens 10 mal groesser als in unserem Dorf. Dorthin marschierten wir, im Alter von ca. 10-12 Jahren, ein paar Buben miteinander, rund eine Stunde durch den "Chuehwald" und am spaeteren Nachmittag wieder zurueck, eingedeckt mit Zigaretten und Feuerzeug und rauchten wie die Grossen, ich selber erstmals in meinem Leben. Der Plausch war bald vorbei - alle meine Kilbischleckereien, Magenbrot, Chuechli, Getraenke, traten den Rueckweg an aus meinem Magen - ein eher "truemmliger" Abschluss der St.Urban Kilbi !
Bei vielen Bauernfamilien kam ein Studium nur in Frage, wenn man Priester werden wollte. Meine Eltern hatten nichts dagegen, dass ich Richtung Landwirtschaft ging und unterstuetzten meinen Entscheid, nach der Sek an der Mittelschule in Sursee einzusteigen.
Als ein Landwirtschaftslehrer aus Willisau (mein spaeterer erster Chef) im Dorf einen Vortrag beim Bauernverein hielt, kamen meine Eltern und ich mit ihm zusammen, um zu erfahren, wie der Weg eines Agronomen aussehe. Er empfahl dann eben die Mittelschule, vorerst in Sursee (bloss bis zur 4. Klasse) und den 2. Teil in Luzern bis zur Matura Typs C (Naturwissenschftliche Richtung).
Diesen Weg ging ich dann recht zielbewusst, wobei es eine gewisse Zeit der Schulmuedigkeit gab, die ich jedoch ueberstand, und somit die Mittelschule mit der Matura, Typ C abschloss.
Als Mittelschueler in Sursee machten wir am "Gansabhauet" mit. Einmal gelang es mir, als dritter Schlaeger, die erste Gans zu ergattern. Man erzaehlte mir nachher, sie haetten mich im Fernsehen entdeckt und ein "Pro-Heftli" brachte grosse Bilder vom gluecklichen Gewinner. Mit einigen Mitstudenten zusammen, genossen wir den Gaensebraten bei einem Surseer Kameraden zu Hause. Sein Bruder, ein Koch, hatte ein feines Mahl zubereitet.
Mehrere der damaligen Professoren sehe ich noch genau vor mir: Der Mathematiklehrer kam eines morgens, total gluecklich, in die Klasse und erzaehlte von seinem Sohn, der kurz vorher zur Welt kam. Er erwaehnte die Fingerchen, die Zehen…. alles sei tip top da, ganz klein....ein Wunder. Das fand ich super von unserem Matheprofessor.
Professor Boesch war unser Geschichtsprofi; Er war privat ein passionierter Rosenzuechter und teilte uns mit, dass er auch den Konrad Adenauer aus Deutschland kenne und dass er mit ihm per Du war, mit den Worten: ".....und dann sagte Adenauer zu mir - Du Boesch….." .
Ja, und dann war da noch der Ruedi Keller, ein ideenreicher Klassenkollege, spaeter Chemiker. Er sass jeweils im hinteren Teil des Zimmers bei Boesch's Geschichtsstunden. Einmal brannte er seinen Radiergummi an, was ja nicht gerade angenehme Duefte erzeugt. Da schalt Prof. Boesch: "Chaeller, Du besch en vollkommene Tschumpel !"
Der gleiche Keller streute dem Physikprof. Peter ein Pulver auf den Tafel-Putzlumpen. Prof. Peter kam immer wieder ins Schwitzen - so wurde auch der Lumpen feucht und seine Haende durch das Pulver knallrot (Farbumschlag bei Feuchtigkeit). Prof Peter war uebrigens frueher bei der Entwicklung des P16 mit dabei - dieses Flugzeug konnte meines Wissens nie richtig fliegen - ein Exemplar stuerzte, wenn ich mich richtig erinnere, in den Bodensee.
Unser Rektor an der Kanti in Luzern kommt eines Tages mit einem Gips am Bein ins Buero. Es wurde erzaehlt, der Herr Rektor sei von einem Barstuhl gefallen.
"Mr. See me after the lesson", so nannten wir unseren Englisch Prof. Jedesmal, wenn sich Schueler nicht regelkonform verhielten, verknurrte er diese nach der Lektion zu einer "Standpauke" !
In den Ferien half ich auf dem Bauernhof, ging aber auch auf Reisen mit einem Klassenkameraden. Wir hatten ja sehr wenig Geld und reisten daher per Autostopp, Zelt und Material zum Kochen im Rucksack.
Vorerst war unser Plan, mit dem Fahrrad nach Paris zu radeln. Dieses Projekt fiel dann jedoch ins Wasser, nachdem wir uns bereits am ersten Tag am abgemachten Treffpunkt verfehlten. Wir reisten dann per Autostopp zuerst ins Elsass, dann nach Lyon und schliesslich nach Paris. Uebernachten bei Bauern, im Zelt (Parks) oder in Jugendherbergen.
Einmal jagte uns die Polizei morgens frueh aus einem Park, weil wir dort abends spaet unser Zelt aufgerichtet hatten.
In den Ferien war ich oft unterwegs auf Reisen, spaeter folgten Praktika in der Landwirtschaft, auf anderen Betrieben, mal in England (Hopfen- und Fruechtefarm), mal in der Slowakei (Tabakfarmen und -fabrik).
Im Dorf gab's auch einen Handharmonikaverein. Dort lernte ich das Spielen auf einer diatonischen Handharmonika. Ich bestritt mit den andern Anfaengern ein erstes Konzert auf der Buehne, trat dann jedoch aus dem Verein, weil ich in Luzern in ein Studentenheim eintrat und nicht mehr an den Proben im Dorf teilnehmen konnte.
Spaeter lernte ich selbstaendig etwas weiter, kaufte Noten und uebte manchmal ziemlich fleissig, war jedoch stets an Noten gebunden und wurde nie ein wirklicher Virtuose oder "Improvisateur".
Das Oergeli verstaubte dann etwas im Estrich bei den Eltern, bis ich dieses eines Tages wieder hervorholte. Dort waren scheinbar Regentropfen eingedrungen - der Balg hatte ein kleines Loch bekommen. Ich liess das Oergeli reparieren und spielte dann und wann wieder.
Ab und zu hatte ich sogar kleinere Auftritte (Fasnacht, Feste, spaeter in Bhutan), und nun ist das Oergeli bei mir in TH und wird nur noch selten "traktiert"!
Spaeter, als ETH-Student, sang ich beim Zuercher Bach-Chor als Tenor mit und dann, als Schulleiter im Entlebuch, war ich Mitglied im Kirchenchor und fuer spezielle Auffuehrungen bei der Entlebucher Kantorei.
Die Fasnacht war natuerlich stets ein besonderes Ereignis. Da wollte ich mit dabei sein. Man verkleidete sich, manchmal stopfte man sich aus mit Stroh in den Saecken um den Koerper und schwitzte trotz Kaelte wie ein Baer. Mit Kollegen trottete man von Haus zu Haus und sang ein Lied oder klopfte Sprueche und bekam dafuer ein paar Batzen.
Buecher mit Humor gehoeren zu meinen Lieblingen, dann auch Buecher ueber Natur, Erziehung, Entwicklung, Gesellschaft, und nun sind es eher Buecher betreffend Spiritualitaet.
Alexander v. Humboldt, Gottfried Keller, Hermann Hesse, Jeremias Gotthelf, Peter Bichsel, Adolf Muschg, Franz Hohler, Peter von Matt, Dalai Lama, Wiligis Jaeger, Eckhardt Tolle, Haemin Sunim…, dies ein paar Autoren, die ich immer wieder lese und die zuoberst liegen auf meiner Buecherliste.
Als ich defintiv ins Ausland zog, brachte ich viele Buecher in eine Schulbibliothek, bloss die fuer mich paar wichtigsten kamen mit mir.
Dimitri, Emil Steinberger u. andere....ging ich mehrmals anschauen auf der Buehne. Natuerlich faszinierte mich auch das Zirkusleben stets - Musik, Tiernummern, Komiker, Kuenstler am Trapez...usw.
Charly Chaplin hat mich stets fasziniert - fuer mich ist er einer der groessten Komiker und ein grosser Menschenfreund ! Kuerzlich sah ich eine Version vom "Diktator" in laotischer Sprache - noch komischer als deutsch !
Gaeste wurden an den Tisch geladen - es gab Kaffee, Kuchen oder ganze Mahlzeiten; es wurde ueber dies und jenes gesprochen, was die Leute bewegte.
So brachten wir auch unsere Freunde mit uns nach Hause - alle wurden akzeptiert und die Eltern wussten, mit wem wir's gut und lustig hatten. Manchmal waren die Eltern bereits im Bett, als wir Kumpel nach einem Fest nach Hause brachten und ihnen ein Getraenk und etwas gegen den Hunger offerierten. Das war nicht nur bei mir so, sondern auch bei meinen juengeren Geschwistern, Maedchen und Buben.
Natuerlich gab es ab und zu Meinungsverschiedenheiten, v.a. mit dem Vater, als wir unsere eigenen Gedanken und Meinungen (fachlich, politisch, religioes oder gesellschaftlich) auftischten.
Einmal aeusserte sich Vater sinngemaess so: "Als ihr noch klein waret, hatte ich noch keine Probleme mit euch - da wart ihr noch lieb - nun aber seid ihr oft in der Opposition gegen mich !"
Die erste, ernsthafte Freundschaft mit einem Maedchen begann erst nach 20, nach der RS, als ich bereits an der Hochschule war. Wir trafen uns i.d.R. bloss an Wochenenden. Die Heirat fand erst nach dem Studium statt und somit auch das wirkliche Zusammenleben.
Meine besten Freunde stammen z.T. aus dem Dorf (ehemalige Spielkameraden), dann jedoch sehr viele von der Studienzeit, und zwar sowohl aus der Landwirtschaft, als auch aus anderen Berufszweigen. Mehrere Freundschaften sind auch an meinen spaeteren Arbeitsplaetzen entstanden. Einige meiner naechsten Freunde sind bereits nicht mehr am Leben. Ich denke oft an sie und wuensche ihnen, dass sie im Frieden ruhen moegen.
Unvergessliche Erlebnisse mit Freunden sind gemeinsame Ausfluege, Velofahrten, Wanderungen, Polterabende, Hochzeiten, Abschiedsfeste, Besuche bei mir im Ausland (Thailand, Bhutan) oder von mir in der CH.
In jungen Jahren war ich begehrt als Goetti, hatte insgesamt 6 Goettibuben, wovon der erste mein zweitjuengster Bruder war. Die andern 5 waren Kinder von Freunden. Meine Geschenke bestanden darin, dass wir etwas miteinander unternahmen, z.B. eine Schiffahrt auf dem Vierwaldstaettersee, mit Ross und Wagen unterwegs im Jura, eine Uebernachtung auf einer Alp, wo wir das Alpkaesen bestaunen konnten, ein Wochenende beim Zeltbau und Spielen auf dem Bauernhof, ein Wochenende im Skigebiet...seit die Goettibuben erwachsen sind, bin ich oft im Ausland und habe mich von meinen Goettipflichten entfernt.
Ich liebe die urchigen Feste in Waldhuetten oder um ein Feuer sitzend mit Bekannten und Freunden. Die Empfaenge in Palaesten mit 5 Sternen mit Leuten in Krawatten, die miteinander reden und dabei nichts sagen, waren nie meine Wellenlaenge.
Manchmal gab es auch Meinungsverschiedenheiten und harte Diskussionen mit Freunden - das gehoert dazu - echte Freundschaften fallen deshalb nicht auseinander.
Ich wollte jedoch den Dienst nicht verweigern, weil ich nicht als Dienstverweigerer ins Gefaengnis wollte. Damals waren die Regeln strikt, Zivildienst war keine Alternative.
So wurde ich Rekrut und Soldat, und zwar beim Luftschutz - dort lernte man wenigstens allerhand: Feuerwehr - Rettungsmethoden, Brueckenbau…; es gab viele Geraete, wie Kettensaegen, Tilleylampen, Habegger und andere. Soldat Blum bekam ein paar Spezialaufgaben - teils im Kompaniebuero, dann als Verkehrsregler oder als ABC -Soldat (A-Atom-, B-Biologisch-, C-Chemischer Spuerer).
Zum Glueck traf ich als Rekrut und Soldat ein paar neue Freunde an - das hat den Alltag etwas ertraeglicher gemacht. Auch mit einigen Offizieren konnte man recht gut diskutieren. Ich hatte oft das Gefuehl, im Militaer war es verboten, zu denken - alles wurde einfach befohlen - das machte mir immer wieder Muehe.
So lehnte ich eine militaerische Karriere von Anfang an ab. Als Entwicklungshelfer im Ausland konnte ich einige WK umgehen. Sobald ich mit ca. 30 Jahren wieder in der CH war, hiess es, neu fassen und einruecken in die restlichen WK und Ergaenzungskurse.
Ich betrachtete die Zeit im Militaer nicht als verlorene Zeit, sondern als eine Art Ferien in der Natur - man konnte (oder musste) ja irgendwie abschalten. Sicher gab es damals viel Leerlauf - z.B. bei diesen Manoeverspielen wurden wir jeweils durch die halbe CH gekarrt - Sightseeing auf Camions !
Die Erleichterung kam, als der Tag des Abgebens da war - damals lebte ich im Entlebuch.
Natuerlich war ich bei Abstimmungen betreffend Armee jeweils bei den Verlierern.
Die Produkte der Landwirtschaft dienen allen Menschen - alle muessen essen und trinken - ein weiterer Grund fuer mich, in diese Richtung mehr zu wissen.
Sicher hatte ich vorher auch andere Moeglichkeiten fuer die Berufswahl angeguckt - da war mal in der Sek. die Frage, ob ich eine Berufslehre als Sekretaer in Angriff nehmen sollte. Ich spuerte jedoch, dass mich die Landwirtschaft mehr reizte.
Fuer's Einschreiben an der ETH gab's einen Tag Urlaub im Militaer. Am gleichen Tag ging ich auch auf Zimmersuche und fand etwas in Thalwil.
Wegen der Rekrutenschule kam ich ca. einen Monat zu spaet an die ETH. Ein guter Freund trug das Material in den Vorlesungen fuer mich zusammen und produzierte einen Durchschlag seiner Vorlesungsnotizen.
An der ETH waren die ersten Semester fuer Studierende der Naturwissenschaft, Pharmazie, Landwirtschaft und Milchwirtschaft praktisch identisch (Grundausbildung in Naturwissenschaften - Biologie - Chemie - Physik - Mathematik….).
Der Statistikprofessor war scheinbar eine Kapazitaet - sein Wandtafelbild war jedoch jeweils eine Katastrophe - wie viele andere, hatte ich auch Muehe, ihm zu folgen. Boese Zungen wollten wissen, dass er einmal in einer Vorlesung erwaehnt habe, dass es z.Z. zwei grosse Statistiker auf dieser Erde gebe - der andere lehre in Amerika !
In der Landwirtschaft studierte man damals allgemeine
Landwirtschaft oder Milchwirtschaft, also wenig Spezialisierung. Pflanzenbau, Tierhaltung, Betriebswirtschaft - alles wurde von allen Studenten belegt.
Sepp, mein naechster und sehr liebenswuerdiger Studienkollege, trug meistens eine Krawatte in den Vorlesungen. Er war auch etwas schalkhaft, gross und schlank, ich selber kleiner und ebenfalls schlank. Waere Sepp korpulent gewesen, mit Hut, haetten wir problemlos als Laurel und Hardy auftreten koennen.
Sepp konnte sehr gut skizzieren und zeichnete in den Vorlesungen gerne Kuh- oder Stierenkoepfe mit schoenen, langen Hoernern und vergroesserten, pustenden Nuestern, aus welchen, wie bei einer Dampflokomotive, enorme Dampfwolken stiegen.
Sepp kam aus einem Graswirtschaftsgebiet und hatte stets Probleme, die Getreidearten zu unterscheiden. Wenn wir miteinander unterwegs waren, meinte er jeweils zu mir: "Zenzli, erzaehl mir nun, was ist das hier - Weizen, Gerste, Roggen, Hafer oder was anderes….und warum."
Mein lieber Freund wohnte nicht weit vom Poly entfernt, im 5. Stock eines alten Hauses. Als er mal nach einer Exkursion in eine Bierbrauerei etwas spaet und angesaeuselt heim kam, wollte er eine Etage zu tief den Schluessel in die Wohnungstuer stecken. Das funktionierte nun einfach nicht, so setzte er sich vor der Tuer nieder auf die Stiege und schlief ein. Erst am Morgen, als eine andere Person aus der Wohnung kam, merkte er, dass seine Flughoehe bei der Heimkehr zu tief angesetzt war.
Als Sepp in England Englisch lernte, besuchte ich ihn, zusammen mit Franz, einem anderen Freund, bei seiner Vermieterin im Zimmer. Ich glaube, er nannte sie "Mrs Applebee". Dann lud er uns ein, bei ihm zu uebernachten; das freute uns sehr - wir hatten noch keine Unterkunft, kamen direkt aus Irland zu ihm und schliefen am Boden. Ich schnarchte nachts, war etwas erkaeltet; Franz war groesser und schwerer; wenn er sich im Schlaf drehte, rumpelte es einigermassen laut. Am Morgen kam Mrs. Applebee und beklagte sich bei Sepp: "Josef, you are not allowed to bring guests to stay overnight - this is against law !" Sepp holte dann postwendend im naechsten Blumenshop einen Strauss und uebergab ihn der Lady, worauf sich die Situation beruhigte und wir uns dankend von
den beiden trennten.
Sepp wurde spaeter erster Schulleiter im Entlebuch; er war stets ein passionierter Fasnaechtler und unterhielt manchmal Patienten im nahen Spital waehrend der Fasnachtszeit. Mit Kollegen zusammen wurde eine fast lebensgrosse Kuh gebastelt - 2 Personen waren innen, einer fuehrte die Kuh auf all ihren Fasnachtswegen. Ganz speziell war das Euter. Es lieferte viererlei Produkte, jeder Strich etwas anderes, naemlich Milch, Wein, Milchkaffee und "Kafi halb halb", angepasst fuers Entlebuch.
Mich faszinierte am meisten die Vorlesung "Tropische und subtropische Kulturpflanzen" ein Wahlfach, das mich total begeisterte und in mir die Sehnsucht nach den Tropen weckte. Der Professor lebte laengere Zeit in den Tropen und erzaehlte oft von seinen Erfahrungen. All dies packte mich richtig - schliesslich war meine Note bei der tropischen Landwirtschaft die beste.
In der Regel hatten Agronomiestudenten ein Jahr Praktikum auf einem Landwirtschaftsbetrieb zu absolvieren. Als Bauernsohn konnte man jedoch eine Praxispruefung ablegen. Dies tat ich auf einem Betrieb der ETH (Rossberg). Was ich noch weiss: Ich musste eine Kuh von Hand melken, bei einem Motormaeher eine Panne beheben (Vergaser); eine Saemaschine richtig einstellen und mit einer Sense Gras maehen. Die Pruefung bestand ich ohne Probleme - hatte schliesslich genug Erfahrung von daheim und anderen Betrieben.
Waehrend des Studiums wechselte ich meinen Aufenthaltsort 3 mal. Von Thalwil kam ich nach Zuerich und wohnte dort beides mal bei aelteren Frauen, zuletzt mit einem meiner Freunde, einem angehenden Physiker. Beide "Schlummermuetter" sind waehrend meiner Zeit in Zuerich verstorben. Ihre Kinder waren froh, dass wir bei den Muettern ein Zimmer hatten und uns ein wenig um die alten Damen kuemmerten. Die eine kam x-mal pro Tag zu uns in den oberen Stock und wollte die Uhrzeit wissen. Sie war etwas vergesslich geworden - wir malten uns allerhand aus, wie wir wohl im Alter mal sein werden !?
Im Zimmer bei einer dieser "Schlummermuetter" trat uebrigens dieser "Chaeller Ruedi" von der frueheren Kantonsschulzeit in Luzern wieder in Aktion. Fuer ein paar Franken (ich wuerde meinen, es waren deren 20 !) schloss er mit uns eine Wette ab, einige Papierservietten zu vertilgen - und er tat es ! Ueber anschliessende Verstopfung erfuhren wir nichts.
In den Sommerferien arbeitete ich mal als Praktikant (Studentenaustausch) in Kent, England (Hopfen- und Fruechtefarm) und einmal in der Slowakei (Tabakfarmen und Verarbeitung). Dies waren sehr spannende und abwechslungsreiche Wochen mit neuen Mitmenschen in andern Laendern. Es hat meine Sichtweise erweitert und mich offen fuer andere Laender und Leute gemacht.
Reisen in den Norden nach Schweden und Norwegen (Lofoten) und nach Irland fielen ebenfalls in meine Studentenzeit. Auf den Lofoten ereignete sich bei unserem Besuch ein schwerer Unfall, als ein Ornithologe von der Uni Bern mit einem schweren Tonbandgeraet am Ruecken beim Abstieg von einem Berg abstuerzte. Er war nachts dort oben, um die Geraeusche von Voegeln festzuhalten. Wir begleiteten dann den Leichnam auf dem Schiff ans Festland - eine tragische und traurige Ueberfahrt.
In spaeteren Jahren, als ich am Arbeiten war und etwas mehr Geld zur Verfuegung hatte, reiste ich, zusammen mit meiner Partnerin und Freunden, nach Mittelamerika (Guatemala, Honduras) und einmal nach Tansania (Projekte, Schulen, Nationalpark).
Einem Doktoranden der ETH half ich bei seinen Pflanzenbauversuchen auf dem Rossberg.
Einmal lehrte ich 3 Wochen als Aushilfslehrer in meinem Dorf und unterrichtete dabei auch eine meiner Schwestern.
Um die Weihnachtszeit leistete ich ein paar mal Nachtschicht bei der Bahnpost am Hauptbahnhof in Zuerich. Dies brachte etwas Zustupf zu meinem kleinen Budget. Meine Eltern konnten bloss einen kleinen Beitrag an mein Studium leisten. Der Kanton Luzern gab mir Stipendien und ein Darlehen, damit ich finanziell ueber die Runden kam.
Der Unterricht war vorwiegend frontal - Vorlesungen - die Studenten machten Notizen und bueffelten dann fuer die Zwischenpruefungen. Da arbeiteten wir jeweils in einem Team von einigen Kollegen und befragten einander gegenseitig ueber den Pruefungsstoff.
Es gab auch einige Arbeiten im Labor: (Chemie), z.B. Setzieren von Regenwuermern (Anatomie), Versuche mit Drosophila-Fliegen (Vererbungslehre).
Spaeter kamen Semester- / Diplomarbeit: Fuer mich die Bestimmung des Brennwertes von Schweineurin (Fuetterungslehre); Auswertung von Buchhaltungen eines Betriebes (Betriebswirtschaft / Rentabilitaet).
Um den Lehrfachausweis zu bekommen als Lehrer in der Landwirtschaft, belegte ich das Fach Unterrichtsmethodik, wobei Probelektionen und eine Pruefungslektion zu bestehen waren.
Wir verpflegten uns am Mittag und manchmal am Abend in der ETH-Mensa. Das Morgenessen nahmen wir am Wohnort ein - ein Tauchsieder leistete gute Dienste, um Kaffee oder Tee zu "brauen".
Den Weg zur ETH legten wir auf dem Fahrrad zurueck - einmal geriet ich in die Tramschienen und trug einige Schuerfungen davon.
Bereits rund ein Jahr vor Studienabschluss wurde ich angefragt, ob ich nachher an die neue Landwirtschafts- und Maschinenschule Hohenrain kommen koennte. Man suche dort einen Lehrer fuer Tierzucht.
Der Grossvater fragte mehrmals, wie lange ich noch zur Schule gehen wolle, bereits als ich noch an der Mittelschule war.
So startete ich zielbewusst meine erste Zeit als Lehrer fuer Tierzucht und musste Vieles neu dazu lernen. Die Schueler waren bloss wenige Jahre juenger als ich und wussten schon recht viel ueber Tierzucht und Haltung, ueber Fuetterung, Anatomie, Schweinehaltung...usw.
Die Arbeit war hart und forderte mich total. Es gab lange Arbeitstage und oft traf ich noch Vorbereitungen am spaeten Abend. Manchmal fuehlte ich mich auch ein bisschen ueberfordert, wollte den Schuelern mehr bieten.
Mit meinem ersten Lohn traf auch das Schreiben des Kantons ein, dass ich Studien-Darlehen zurueckbezahlen muesse. Das tat ich dann moeglichst bald - wollte schuldenfrei werden.
Bald hatte ich Gelegenheit, einen VW-Kaefer, Occasion, fuer Fr. 1200.- zu ergattern. Somit wurde ich mobil - es wurde einfacher, meinen Schatz zu besuchen.
Der Schuldirektor, der mir ja frueher den Weg zum Agronomen aufzeigte, seine Gemahlin und meine Lehrerkollegen nahmen mich sehr gut auf und begleiteten mich auf meinem neuen Weg. Ich hatte vorerst ein Einzelzimmer an der Schule und genoss es, endlich eine wichtige Aufgabe zu erfuellen. Bald fuehlte ich mich sehr wohl im Team - wir hatten es gut miteinander, trafen uns oft an Lehrerkonferenzen, beim Essen, beim Jassen…ein gutes Gefuehl.
Im Verlaufe meines Lebens habe ich verschiedene Aufgaben und Berufe ausgeuebt. Hier eine kurze Uebersicht:
-Tierzuchtlehrer in Hohenrain (2 Jahre)
-Freiwilliger Entwicklungshelfer in Ostthailand (5 Jahre)
-Mitarbeiter beim Schweiz. Bauernverband und beim Viehproduzentenverband (5 Jahre)
-Leiter der Landwirtschafts- und Baeuerinnenschule Schuepfheim (10 Jahre)
-Projektleiter fuer Helvetas am NRTI in Bhutan (4.5 Jahre)
-Selbstaendig in Ostthailand als Sprachlehrer, Berater, Bauer (Fruechte / Holzbaeume), seit 21 Jahren
Immer hatte ich mit Menschen zu tun, mit jungen und aelteren Menschen, mit Frauen und Maennern, Schweizern, Europaeern und Asiaten... Das war stets das Spannendste und gleichzeitig das Anspruchvollste bei all meinen Taetigkeiten - all dies forderte und foerderte mich laufend.
Am liebsten arbeitete ich mit motivierten Leuten, andere mussten motiviert werden. Dazu war Humor oft ein gutes Vehikel. Bei einigen Primar-Schulklassen in TH war ich dann Mr Bean, anstelle von Mr. Blum !
Ich spuerte und wusste, dass ich mein Leben nicht als Tierzuchtlehrer verbringen wollte.
Mein Traum war die Arbeit in der Dritten Welt. Der Hunger in der Welt - gegen diesen wollte ich etwas tun - Hilfe zur Selbsthilfe - nicht Fische verteilen, sondern das Fischen lernen - so lautete meine Devise. So begannen bald die Vorbereitungen fuer eine Ausreise.
Vorerst stand jedoch die erste Heirat vor der Tuer. Meine Gemahlin war bereit, zusammen mit mir einige Jahre in der Dritten Welt zu verbringen.
So nahmen wir Kontakt auf zu Organisationen, die Leute in die Entwicklungszusammenarbeit schickten. Mal stand Afrika im Vordergrund, dann wieder Suedamerika und schliesslich ergab sich via "Freres sans Frontieres" eine Moeglichkeit, nach Thailand auszureisen.
Pater Louis, ein Missionar aus dem Kanton Fribourg suchte einen Fachmann, der fuer die Ausbildung und Beratung von lokalen Bauern und Fuehrern von Bauerngruppen zustaendig sein sollte. Dies sagte uns zu, obwohl wir natuerlich nicht wussten, was da alles auf uns zukommen wird.
Wir trafen P.Louis in der CH - er trug am rechten Arm eine Prothese, wurde vorher in einen Unfall in Ostthailand verwickelt. Er konnte trotzdem leichte Arbeiten verrichten, fuhr seinen Landrover und war als Seelsorger und "Allrounder oder Troubleshooter" taetig. Frueher hatte er in Genf als Baufachmann Strassen gebaut.
Der CH -Botschafter in Bangkok sowie viele Freunde des Paters in der CH unterstuetzten sein Projekt.
Wir besuchten Vorbereitungskurse bei den Organisationen Interteam (Deutsch) und Freres sans Frontieres (Franzoesisch). Ende 1972 reisten wir nach Thailand, in einen fuer uns unbekannten Kontinent.
Es war heiss in Bangkok, wie im Hochsommer in der CH; auf dem Flughafenareal war Gras gemaeht - es roch wie beim Heuet in meiner Jugendzeit !
Pater Louis brachte Blumengirlanden fuer uns zur Begruessung an den Flughafen. Dann ging's los, in seinem Landrover, durch den Dschungel von Bangkok, alles auf der linken Strassenseite. Wir konnten nichts lesen auf den riesigen Plakaten entlang der Hauptstrassen - die Leute, die Thaisprache, der Laerm, die Gerueche…...alles war anders als noch ein Tag vorher in der CH !
Es ist schwuel und heiss - wir wohnen voruebergehend auf einer Missionsstation - bis zum naechsten Morgen schwitze ich ziemlich viel und dusche mich dreimal ab.
Auf einer ersten Visite ins Dorf, wo Pater Louis wohnt, erleben wir die Gastfreundschaft der einfachen Thais, das Leben im Dorf, die Guete und Liebenswuerdigkeit der Menschen, ihr Laecheln, ihr Interesse fuer uns Neue. Huehner, Hunde und Bueffel hoert man fruehmorgens, Menschenstimmen - alle sind sie Fruehaufsteher. Ein Huhn muss Federn lassen, um die Gaeste zu bekochen. Das Suppenhuhn ist zwar enorm zaeh, probiert unsere Zaehne - doch alles kommt von Herzen und wir sind dankbar fuer die Bewirtung. Die Koechin ist uebrigens eine Kambodschanerin, Nachbarin des Dorfpfarrers, eine Buddhistin, ausnahmsweise eine Minderheit in diesem mehrheitlich christlichen Dorf in Ostthailand, von denen es hier nur ganz wenige gibt.
Auf dem Rueckweg in die Hauptstadt fahren wir teilweise der Kueste
am Golf von Thailand entlang und halten an einem wunderbaren Sandstrand. Als spezielle Ueberraschung bleibt der Landrover bei der Abfahrt im Sand stecken, sodass wir einige Arbeit und Ideen brauchen, um das Gefaehrt wieder auf die Strasse zu bringen. Somit ist auch mein erster Sonnenbrand in TH Realitaet geworden. Noch zahlreiche weitere "Lehrblaetze" werden folgen.
Ich erinnere mich an erste Fotosujets: Ein junger Mann zersaegt Eisbalken von Hand - ein Zahnarzt zieht Zaehne auf dem Gehsteig - ein Coiffeur schneidet Haare, ebenfalls auf dem Gehsteig - Arbeit und Werbung in einem Zug !
Nach dem ersten Besuch in Pater Louis' Wirkungsfeld begann fuer uns eine 6 Monate dauernde Sprachausbildung in Bangkok. Weil wir in unserer kuenftigen Arbeit mit praktischen Bauern zu tun hatten, waren Sprachkenntnisse unbedingt notwendig.
Wir lernten vorerst das Sprechen dieser fuer uns neuen Sprache, dann ansatzweise auch das Lesen und Schreiben. Die Toene sind das wesentliche - der Ton macht den Sinn eines Wortes. Wenn man da etwas musikalisch ist und die Toene hoert, hat man's leichter beim Lernen. Am Vormittag lernte man an der Schule, am Nachmittag musste man anwenden, was man am Vormittag gelernt hatte. Wir gingen oft mit Kindern unsere neuesten Kenntnisse ueben. Bald kannten wir auch einige Thais, die gerne mit uns redeten und uns halfen.
Wir hatten Kontakte zu Leuten aus Frankreich, die uns sehr wohl gesinnt waren. Bei ihnen trafen wir andere Franzosen, Missionare und verbesserten dabei unsere Franzoesischkenntnisse.
Die Lehrer an der Sprachschule gaben Erklaerungen in Englisch. So befassten wir uns in BKK eigentlich gleichzeitig mit drei Sprachen - Thai - Franzoesisch und Englisch.
Nach fast 2 Monaten Sprachausbildung kam der Hammer: Pater Louis ist bei einem "Unfall" ums Leben gekommen (Genickbruch). Der Unfall war jedoch gewollt, und zwar bereits zum zweiten mal. Beim ersten verlor er einen Arm, beim zweiten das Leben - ein Mord. Die Bauern wussten es - offizielle Darstellung als Unfall, sogar an der Beerdigung durch Polizeilautsprecher. Keine Untersuchung - keine Schuldigen !
Pater Louis griff direkt in den Markt ein, kaufte Land fuer die Mission, hatte Traktoren, einen Lastwagen, half den Armen, bezahlte bessere Preise als lokale Haendler - das hatten diese nicht gerne und liessen ihn umbringen. Das war ein harter Schlag fuer uns - totale Verunsicherung herrschte. Es gab schlaflose Naechte. Man muss wissen, dass zu jener Zeit mehrere Leute, v.a. Einheimische, in TH umgebracht worden waren, die Bauern halfen und sie organisierten. In meinem Innern spuerte ich eine Wut gegen die geld- und machtgierige Lobby von Politikern und Grosshaendlern, die Menschen einfach liquidieren liessen, die ihnen nicht unterwuerfig waren.
Ein Menschenleben war bei denen keine 100 Franken wert, der Preis, um einen Auftragsmoerder anzustellen.
Spaeter habe ich dann mal ein Testament geschrieben, falls sowas auch mich treffen sollte. Ich bemuehte mich aber stets, nicht direkt ins Marktgeschehen einzugreifen und war vorwiegend in der Ausbildung und Foerderung von Bauern taetig.
Zum Hintergrund von Pater Louis: Er stammte aus einer sehr religioesen Familie (Kanton Fribourg), hatte drei Geschwister - alle vier stiegen in geistliche Berufe ein - 2 Priester - 2 Klosterfrauen. Louis war vorher jedoch Maurer / Polier und studierte erst spaeter Theologie - er ging eher in Richtung Befreiungstheologie - revolutionaeres Engagement, asketische Lebensweise, Nachfolger Christi, bis zum Tod, nicht am Kreuz, sondern im Dschungel.
Sein Bruder, ein Pfarrer in der CH, eher "bon vivant", korpulent, mit den Jahren etwas psychisch angeschlagen.
Die beiden Schwestern traten nach einigen Jahren beide aus ihrer Kongregation aus. Die erste wurde eine talentierte Violonistin und Musiklehrerin, die zweite war eine sehr engagierte Lehrerin an einem Institut in Fribourg. Beide waren sehr besorgt um ihren Bruder in TH und besuchten ihn, und die Lehrerin kam spaeter auch bei uns vorbei. Sie bemerkte mehrmals, Missionare haetten kein Recht, Dummheiten zu begehen ! Mir sagte sie; "Vincent, reste gamin !" Sie meinte damit, bleib jugendlich, neugierig, spontan, offen ! In diese Richtung gings irgendwie immer wieder in meinem Leben.
Alle vier Geschwister sind nun verstorben - die Familie ist wirklich ausgestorben, weil niemand geheiratet und Nachkommen hatte.
Ein neuer Pater, ein Belgier, namens Boland, uebernahm dann die Aufgaben in der Region des verstorbenen P.Louis.
Pater Boland stieg spaeter aus dem "Priester-Business" aus, heiratete eine Krankenschwester und genoss die verbleibenden Jahre in TH friedlich und gelassen.
"Lung Pheng" (Lung = Onkel), der erste Nachbar im Dschungel von Khaochakan in Ostthailand, ist ein gemaechlicher und weiser Mann. Fruehmorgens fischt er im nahen Fluss. Er baut etwas Gemuese, Sesam, Mais an, pflegt einige Fruchtbaeume und haelt einige glueckliche Huehner auf der kaum eine Hektare messenden Parzelle um sein Haus.
Sein halbes Dutzend Kinder sind bereits ausgeflogen, die erste Ehefrau ist gestorben. Die zweite, eine ehemalige Nonne, hilft Lung Pheng ueberall und destilliert ab und zu Alkohol aus vergorenem Klebreis. Sie tut dies etwas versteckt hinter dem Schopf, weil solche Machenschaften im Prinzip verboten sind. Sollte mal ein Polizist just in diesem Moment vorbeikommen, gibt man ihm etwas vom Geistigen mit auf den Weg. So sei beiden Seiten gedient !
Lung Pheng sitzt oft auf der geschuetzten Terrasse seines zweistoeckigen Hauses, dreht sich eine Zigarette, ueberschaut die Gegend durch die Rauchschwaden und beobachtet genau, wer da kommt und geht und was sich im Feld bewegt. Es ist eine Art meditatives Dasein, das Leben des Onkels auf dieser Terrasse. Gerne plaudert er mit seiner Gemahlin, seinen Verwandten und Gaesten. Er nennt mich "Khun Winsan", was ungefaehr Mr. Vinzenz heissen soll. Wenn bei uns niemand daheim ist, bewacht er das Haus sehr gewissenhaft. Vermutlich wuerde er sein Leben opfern fuer uns und unsere Siebensachen, falls sich jemand daran zu vergreifen wagte. Bald sind wir Freunde - Lung Pheng kennt die lokale Landwirtschaft bestens, und ich lerne dies und jenes von ihm.
Unsere Wohnung liegt just neben Lung Phengs "Villa", im oberen Stock des Hauses - unten findet jeweils an Sonntagen ein Gottesdienst statt. An den uebrigen Tagen ist diese "Kirche" Garage fuers Motorrad, fuer landwirtschaftliche Werkzeuge, Saatgut; ab und zu trifft man dort auch Kirchenmaeuse, Froesche, Schlangen….etc. an.
Als einmal, gegen Ende der Regenzeit, die Ueberschwemmung kommt, treibt der hoelzerne Altar schwimmend in der Kirche umher, der Kleintraktor steht komplett im Wasser und unsere Kaninchen, Hund und Katzen retten wir auf die Veranda des Hauses. Wir muessen Nachbars Boot benutzen, wenn wir das Haus verlassen wollen.
Lung Pheng isst oft Fisch, etwas Gemuese und selbstverstaendlich drei mal Reis taeglich. Manchmal wird ein Huhn geschlachtet, selten erwischt er eine Schlange oder ein Sohn bringt ihm ein Stueck von einem Wildschwein, welches im nahen Dschungel erlegt wurde. Sogar wilde Affen muessen dran glauben. Die Leute sind zwar Bauern, sind jedoch noch stark Fischer und Jaeger geblieben.
Lung Pheng ist bereits im schweizerischen Pensionsalter, jedoch "schlank und rank" und drahtig, kraeftig, ohne irgendwelche Fettpolster am Koerper.
Mit den Jahren werden Augen und Gehoer schwaecher, seine zweite Gemahlin, inzwischen gegen 80 Jahre, verlaesst ihn und geht zu ihrer Familie in den Nordosten zurueck - sie ist gebrechlich geworden. Verwandte kuemmern sich um Onkel Pheng.
Er erkennt jedoch Khun Winsan immer wieder, auch nach mehreren Jahren der Abwesenheit. Mit 100 Jahren steigt Lung Pheng immer noch die Treppe rauf und runter, duscht sich alleine und dreht nach wie vor seine Zigaretten, isst Reis und Fisch. Einige Wochen vor seinem Tod sagt er mir, dass er nun muede geworden sei und bald gehen werde. Und so war es - mit 106 Jahren schlaeft Lung Pheng fuer immer ein - ein einfaches und erfuelltes Erdenleben ist abgeschlossen.
Tia, die Kleine, die juengste von mehreren Kindern des Nachbarn auf der anderen Seite ist ein Energiebuendel; man trifft sie ueberall an, wo etwas laeuft. Oft ist sie schmutzig und ihre Kleider sind verloechert. Tia ist sehr freundlich, mutig, schlau, lacht viel, manchmal auch verschmitzt.
Ihre Eltern sind mausarm. Die Familie wohnt in einer einfachen Huette auf Pfeilern; das ist speziell bei Hochwasser praktisch. Das Leben spielt sich vor allem unter der Wohnung ab, wo es weniger heiss ist.
Der Vater ist nicht so geschickt beim Arbeiten wie Lung Pheng von nebendran und hat Muehe, seine Familie durchzubringen. Als ich ihn frage, wieviele Kinder er denn haben moechte, meinte er, man nehme was komme. Im Notfall muesse die Kirche schauen, dass seine Kinder durchkommen. Schliesslich macht sich der Papa fuer Jahre aus dem Staub und die Mutter muss, zusammen mit den Kindern schauen, wie sie alle verpflegt. Solche Geschichten trifft man im Land des Laechelns nicht selten an.
Nach vielen Jahren treffe ich, anlaesslich eines Besuches, einige der Kinder sowie bereits Grosskinder und die Eltern von Tia wieder an. Tia ist inzwischen Volksschullehrerin geworden - der Vater ist wieder zurueckgekehrt ins Dorf und wohnt in der Naehe bei einer Tochter. Die Mutter hat einen kleinen Dorfladen eroeffnet; eine Tochter kocht verschiedene Gerichte und verkauft diese auf dem nahen Dorfmarkt. Das Haus sieht ganz ordentlich aus.
Heute wirkt Tia bereits als Schulleiterin in einer Dorfschule in derselben Gegend und ist aktiv, aufgestellt und freundlich geblieben.
Das Projekt in Ostthailand wurde verkleinert, und ich hatte dann Gelegenheit, meine eigenen Ideen zu verwirklichen. Wir wurden "Grassroot workers" - einfache Ansaetze an der Basis der Landwirtschaft: Kleines Zentrum: Verbessertes Saatgut organisieren, Kompost herstellen, Fruchtfolgen einfuehren, Spezialitaeten herstellen, eine Bauerngruppe aufbauen, miteinander Felder besichtigen und voneinander lernen; Versuchsparzellen anlegen; einheimische Berater beiziehen...
Gesundheitsfragen besprechen - organisieren von Besuchen eines Arztes, einer Krankenschwester - Malariavorbeugung; Ernaehrung: Eine lokale Kochlehrerin organisieren und neue Gerichte ausprobieren….soweit ein paar Ideen aus der Arbeit an der Basis.
Wir wurden gut aufgenommen von den Leuten in der Gegend - sie bauten spaeter sogar ein neues Haus fuer uns, damit wir beim zweiten Einsatz besser eingerichtet waren.
Alle lernten voneinander - Sprachen - Austausch von Fachwissen, Ideen - Lebensweisen - wie lebt man in Europa und wie in Asien.
Einmal sagte mir ein Bauer: "Weisst Du, das ist schon gut, wie das die Schweizer machen, aber weisst Du, wir machen's halt auf unsere Art !"
Bauern in allen Kontinenten haben aehnliche Verhaltensweisen; irgendwie sind sie alle miteinander verwandt, sind eher konservativ, vorsichtig gegenueber Neuem. Alle sind abhaengig von der Natur, vom Wetter, alle arbeiten mit dem Boden, mit Pflanzen und Tieren. Ihr taegliches Brot stammt aus der Natur. Ein guter Bauer liebt die Natur und traegt Sorge zu ihr. Sie ist seine Lebensversicherung und soll auch fuer seine Nachkommen und weitere Generationen gesund erhalten bleiben.
Waehrend rund zwei Jahre lebten 2 Geschwister (Gastkinder) mit uns. Sie stammten aus einer grossen Familie in einem Slum von Bangkok. Der Vater war im Gefaengnis (unschuldig, wie die Mutter der Kinder sagte). Beide gruendeten spaeter eigene Familien und hatten
immer wieder Kontakte zu uns, nannten uns Vater und Mutter. Leider ist der ehemalige Pflegesohn kuerzlich beim Velofahren an einem Herzversagen ploetzlich gestorben.
Bekannte und Freunde, Thais und Auslaender aus BKK besuchten uns immer wieder und brachten etwas Abwechslung in den Alltag. Unter anderen war auch ein Gewerkschafter dabei:
Gewerkschafter sind ungebetene Gaeste bei den Arbeitgebern in TH. Man laesst sich nicht gerne dreinreden - Kritik ist hier eigentlich praktisch verboten. Die Demokratisierung des Landes wird noch lange dauern.
Der Gewerkschafter kaempft vor allem gegen die harten, gefaehrlichen und ungesunden Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Hier werden alte Maschinen aus Japan weiter verwendet - es ist staubig, heiss und laermig an den eng aufeinander liegenden Arbeitsplaetzen.
Der Gewerkschafter entstammt einer armen Familie - sein Vater ist Alkoholiker - der Sohn geniesst keine grosse Schulbildung, ist jedoch ein talentierter Redner und wird via Gewerkschaftsorganisationen, z.T. auch im Ausland, gefoerdert.
Eine seiner Schwachstellen sind Geschichten mit Frauen. Wenn er vom Ausland zurueckkehrt, braucht er mindestens 3 Geschenke und bringt jeden Abend einer anderen eines davon mit der Erklaerung, dass er direkt vom Flughafen komme.
Im Land des Laechelns herrscht wieder einmal politisch "dicke Luft": Generaele sind an der Spitze und rahmen ab, wo sie nur koennen. Als zehntausende von Studenten und Arbeitern in den Strassen Bangkoks protestieren, beginnt der Buergerkrieg; Soldaten in den Strassen und in Helikoptern schiessen scharf auf die Demonstranten Mehrere hundert, vermutlich ueber 2000 Leute sterben in den Strassen oder verschwinden fuer immer.
Der Gewerkschafter flieht, zusammen mit einem Professor einer Universitaet, von Hotel zu Hotel, dann aufs Land, beide sind besorgt um ihr Leben.
Spaeter wird der Gewerkschafter angeklagt, er sei ein Kommunist, er haette in Vietnam und Russland Leute getroffen - nicht genug - er haette das Koenigshaus verleumdet. Fuer mehrere Jahre landet er im Knast und ueberlebt - eine ausserordentliche Leistung bei den hier ueblichen Haftbedingungen.
Nach der Gefaengniszeit lebt der Gewerkschafter wieder auf dem Lande, interessiert sich fuer Baeume und Gaerten und raucht seine Friedenspfeife. Gerne haette er auch wieder eine Frau als Partnerin; da blieb er jedoch erfolglos. Am Ende seiner Zeit auf dem Lande stirbt der Gewerkschafter in den Armen einer Prostituierten in seiner Umgebung.
Da gibt es noch die Geschichte vom Rudolf in Banthap, dem Dorf, wo frueher Pater Louis lebte: Rudolf stammt aus Norddeutschland, ist halber Pole mit preussischem Blut in den Adern. Bevor er nach TH kam lebte er in Indien, war Matrose (Seeloewe) und traegt einen entsprechenden langen, weissen Schnauz. Mit seiner Freundin Nuen lebt er seit vier Jahren in ihrem Dorf Banthap in Ostthailand. Nun wollen die beiden heiraten - Rudolf will nach D reisen, um seine Heiratspapiere in Ordnung zu bringen. Die beiden wohnen in einem praechtigen neuen Haus - eine Villa im Vergleich zu den andern einfachen Holzhaeusern im Dorf. Rudolf ist etwas heissbluetig - die beiden tragen ab und zu heftige Wortgefechte aus. Nach Freunden befragt, meint er, Freunde brauche er keine - er habe hier alles zum Leben.
Rudolf ist ein guter Handwerker und flickt gratis Motorraeder und Velos fuer die Leute im Dorf. Die Leute haben ihn gerne - man kennt ihn, den Rudolf.
Als ich erstmals in sein Haus eintrete, bin ich erstaunt, dass da gleich neben dem Eingang, rechts, mindestens ein Dutzend Bierkisten stehen. Allmaehlich verstehe ich - fast immer traegt Rudolf, ob man am Morgen, Mittag oder Abend bei ihm eintrifft, eine Flasche mit sich in der Hand.
Spaeter kauft Rudolf ein neues Auto und ein paar Wasserbueffel - die Bueffel ueberlaesst er dem Schwiegervater zur Pflege. Er scheint zufrieden zu sein mit seinem Leben - er habe eine geringe Stromrechnung, keine finanziellen Sorgen, eine gute Partnerin und ein neues Auto - was willst noch mehr, erklaert er mir.
Nach rund zwei Jahren ist Rudolf jedoch gesundheitlich angeschlagen. Der Arzt empfiehlt ihm, den Alkoholkonsum sofort zu unterlassen, sonst lebe er nicht mehr lange. Rudolf stoppt das Biertrinken postwendend, lebt jedoch trotzdem bloss noch zwei Jahre. Seine Leber war nicht mehr regenerierbar.
Leute wie Rudolf trifft man im Land des Laechelns immer wieder an - eine Art Wracks aus dem Westen. Mit etwas Geldreserven leben sie hier wie kleine Koenige; einige bringen sich mit Alkohol und anderen Drogen mehr oder weniger schnell selbst um, weil sie hier praktisch keinen Lebensinhalt mehr finden.
Nach 3 Jahren als freiwillige Helfer kehrten wir fuer 3 Monate zurueck in die CH. Dann kamen wir erneut nach Ostthailand, als Mitarbeiter einer Genfer Organisation, um bei der Ausbildung von Bauern weiter zu fahren, diesmal mit einem etwas besseren Lohn.
Das Leben war sehr einfach in der Gegend - ohne Strom -Wasser vom Dach und vom nahen Brunnen in der Trockenzeit.
Zu Beginn unseres Einsatzes wuetete noch der Vietnamkrieg in der Naehe. Nachts flogen B-52 Bomber der Amerikaner ueber die Gegend nach Kambodscha und Vietnam. Eine Infiltration von Kommunisten in der Gegend stand zur Diskussion. Wird TH das naechste Land, das in die Haende der Kommunisten faellt ? (Dominotheorie) Mehrere Journalisten aus der CH und F kamen bei uns vorbei und wollten Genaueres wissen.
Nach 5 Jahren in Suedostasien kehrten wir in die CH zurueck. Ich suchte eine neue Stelle - Genossenschaftsverband ? Landw. Organisation ?
Schliesslich bot sich eine Gelegenheit bei der "Bauernlobby" in Brugg, Abtl. Preisberichtstelle. Das war wieder ein totaler Neuanfang. Ich hatte den Telefondienst bei der Preisberichtstelle zu uebernehmen. Jedesmal, wenn es laeutete, erschrak ich - hatte jahrelang kein Telefon in meiner Naehe !
Allmaehlich, allerdings recht langsam, kam ich wieder in der CH an, obwohl ich immer wieder Fernweh nach dem Leben in Asien in mir spuerte.
Allmaehlich hatte ich mich mit allerhand Fragen in der Tierwirtschaft zu befassen - Mastvieh, Schweine, Gefluegel, Fische, Tierschutzgesetzgebung...Produktionskosten berechnen, Stellungnahmen schreiben, an Sitzungen teilnehmen und Protokolle schreiben...usw. Nach ca. 2 Jahren wollte der Chef des Viehproduzentenverbandes mich teilweise engagieren. So arbeitete ich schliesslich bei beiden Verbaenden.
Dies war ebenfalls eine spannende und vielseitige Zeit, ich lernte viele Leute aus der Landwirtschaft, von diversen Organisationen, von Bundesstellen…. kennen.
Das mir nachfolgende "Telefonopfer" bei der Preisberichtstelle war ein junger Agronom aus dem Tessin. Eines Tages bat mich Aldo, so sein Name, ans Telefon - da sei einer unzufrieden mit ihm. Der Bauer am Draht meinte: "Habt ihr nun "Tschinggen" angestellt dort in Brugg unten"!? Ich mache ihn anstaendig darauf aufmerksam, dass es auch noch einen Kanton Tessin in der CH gibt.
Als Aldo mal von der Toilette zurueck kommt, sagt er: "Ich habe "der Direktor" (damals auch ein Tessinner) getroffen, weisst Du wo - dort wo alle gleich sind !"
An einem Lichtbildervortrag im Emmental ueber das Leben in Thailand, wollte ein Zuhoerer wissen, ob die dort unten auch Kartoffeln anpflanzen. Ich erklaerte, dass dies in den Tropen nicht funktioniere. "Was, kener Haerdoepfle !", kommentierte er darauf.
In Thailand wollten die Bauern jeweils wissen, ob die Schweizer Bauern auch Reis anbauen.
Wir wohnten in Villnachern, im Schenkenbergertal - von hier wars ein Katzensprung durch den Wald, der Aare entlang, ins Schinznachbad. Zur Arbeit fuhr ich ueblicherweise mit dem Velo, ebenfalls durch den Wald - ideal um frische Luft zu tanken.
Wahid, ein marokkanischer Ferienbube aus Paris, war zweimal im Sommer mit uns in Villnachern. Als er erstmals vor unserer Tuere stand, sah und hoerte er den Zug, der von Brugg nach Basel faehrt. "Ist das der Zug nach Paris ?" will er wissen. Sicher, von Basel gibt es Zuege nach Paris, sage ich ihm. Da ergreift Wahid seinen Koffer sofort und will wieder verreisen, nach Paris. Allmaehlich lebte er sich recht gut ein im Dorf, hatte Kollegen und spielte mit ihnen. Vor seiner Abreise wusste ich, dass er sich mit einem Nachbarsbub zerstritten hatte. Als ich ihn fragte, ob sie sich ausgesoehnt haben, meinte er, alles sei i.O. Wie habt ihr dies gemacht ? - Wir haben einander die Hand gegeben und dann war alles o.k. Vor der Abreise brachte ihm der Nachbarsbub ein kleines Geschenk zum Spielen auf der Heimreise. Kinder sind oft unkomliziert im Loesen von Problemen, irgendwie Lehrer fuer Erwachsene !
Beim Einzug in die Wohnung eines Mehfamilienhauses begruesste uns die Nachbarin freundlich und stellte sich vor. Wir taten dasselbe und erwahnten, dass wir just aus TH zurueckkehrten, wo wir 5 Jahre gelebt hatten. Sie erzaehlt uns mit Freude, dass ihr Bruder dort Botschafter fuer die CH sei. Sicher kannten wir diesen grossen, leicht gekruemmten, lieben Mann recht gut. Er war stets wie ein Vater mit uns, rauchte gemaechlich seine Meerschaumpfeife und war immer sehr "gwundrig", wie's im Projekt von Pater Louis weiter geht. Er war damals der Doyen der Botschafter in BKK.
In spaeteren Jahren hatte ich noch ein paar mal Gelegenheit, diesen pensionierten Diplomaten zu treffen - es war stets ein Vergnuegen, mit ihm auszutauschen - er blieb geistig vif und aktiv und setzte sich fuer Frieden ein, wo er nur konnte.
Auch der Sport kam in Brugg nicht zu kurz - mit einigen Mitarbeitern zusammen spielten wir Fussball oder nahmen an "Hungerlaeufen" teil. Dabei wurden wir pro zurueckgelegten Kilometer gesponsert. Das Geld diente Entwicklungs-Projekten gegen den Hunger, z.B. Brunnenbau, Foerderung der Landwirtschaft.
Wir, v.a. die juengeren Mitarbeiter, unternahmen immer wieder Velotouren. Mit dem spaeteren, nun auch ehemaligen Direktor des SBV, war ich auch spaeter oft unterwegs, ueber allerhand Bergpaesse. Gemeinsam hirnten wir jeweils ueber agrarpolitische Fragen, den "agrarpolitischen Slalom", wie wir dies nannten !
Das Velofahren kann sehr meditativ sein - man sitzt, leicht abgehoben, fast wie auf einem kleinen Thron, man geniesst die Landschaft, die Blumen am Weg, die Doerfer und vor allem die Abfahrten. Einige werden dabei suechtig und rennen….bis zum Profi. Das war nicht mein Ziel - ich war eher der Geniesser auf dem Velo und wollte dabei noch singen koennen.
Albert Einstein (1879-1955) hatte zum Thema Fahrrad bereits viel frueher seine Lebensweisheit geschrieben: "Das Leben ist wie ein Fahrrad, man muss sich vorwaerts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren."
Aus dem Aargau fand ich nach 5 Jahren wieder den Weg zurueck in den Kanton Luzern, an das landw. Bildungszentrum in Schuepfheim. Dort war mein lieber Freund Sepp Schulleiter und starb bereits im mittleren Alter. Seine Kollegen wollten mich als seinen Nachfolger, was dann auch so eintraf. Ich sagte bereits zu Beginn, dass ich 10 Jahre bleiben werde und dann wieder weiter gehe. Das tat ich dann auch, naemlich zurueck nach Asien.
Die Schule Schuepfheim war vorerst eine Zweigschule von Willisau - wir wurden dann selbstaendig. Es gab einen politischen Kampf um einen Neubau, der zugunsten einer neuen Schule ausging. Die Planung dauerte 2 Jahre, die Ausfuehrung (Bau) ebenfalls 2 Jahre. In dieser Zeit wurde ebenfalls ein Gutsbetrieb zugepachtet und umgebaut. Es gab viel Arbeit, neben dem Schulbetrieb, den ich leitete und neue Faecher unterrichtete (Betriebswirtschaft, Marktlehre, Staatskunde). Jeder Lehrer war gleichzeitig auch Berater auf seinem Fachgebiet.
Ich hatte ausgezeichnete Kollegen und Kolleginnen an der Schule, das erste Team war ja von Sepp ausgewaehlt worden. Ich moechte nun als Beispiel bloss Hans, den ersten Hauswart, erwaehnen, weil er fuer mich ein ganz origineller, treuer und zuverlaessiger Mitstreiter war: Buel Schang (Hans vom Buel = Ortsteil), so sein wohl bestens bekannter Name, war eher klein, etwas rundlich, oben wenig Haare, jedoch grosse lange Augenbrauen. Seine Stimme war nicht zu ueberhoeren - ein brummender Bass. Hans liebte das Schwingen, Laendlermusik, Jodeln (als Zuschauer und Kommentator), Jassen als Aktiver, Kafi-fertig oder halb-halb waren dabei….echt Entlebucher, volkstuemlich. BuelSchang fuhr lange Zeit einen Fiat Panda, oft mit einem Stumpen im Mund, der i.d.R. im Auto nach oben ragte. Seine Schwester, ebenfalls total originell, war frueher Barrierenwaerterin. Ihren Uebernamen "Stumpenmari" erklaert sich selbst.
Buel Schang und Stumpenmari hatten beide etwas Muehe mit Fremdwoertern, welche sie bei Gespraechen fleissig gebrauchten:
Inspektion anstelle von Infektion; Kolpass anstelle von Kollaps; Gamellenstore anstelle von Lamellenstore; Gladiator anstelle von Radiator; Adis = Aids; spektisch = skeptisch. So sind die Fremdwoerter manchmal eben Glueckssache, eben Fremde !
Nach dem Austritt in Schuepfheim erlaubte ich mir eine Auszeit, reiste nach Korsika mit einem frueheren Studienkollegen, dann war ich ca. 2 Wochen auf dem Jakobsweg mit dem Architekten der Schule Schuepfheim und schliesslich lebte ich rund 2 Monate bei meiner juengsten Schwester in Kanada.
Dort erreichte mich dann das Angebot fuer Bhutan, als Co-Direktor und Projektleiter am NRTI (Natural Resources Training Institute) einzusteigen. Somit einmal mehr eine neue Herausforderung. Zu Beginn musste ich mich an das dort verwendete "India-English" gewoehnen.
Bhutan ist so klein wie die CH und hat rund zehn mal weniger Einwohner. Die Landschaft wechselt, vom tropischen suedlichen Tiefland gegen Indien ueber die mittleren Hoehen mit Viehhaltung, Kartoffelanbau und Obstbau bis ins Himalaya Hochgebirge mit mehreren Achttausendern gegen China (Tibet) zu.
Waehrend sich im Sueden Elefanten im Urwald tummeln, grasen in den hoeheren Regionen Yaks und Blauschafe auf den kargen Weiden. Reis gedeiht bis auf ueber 2000 m ueber Meer . Im zerkluefteten Land mit zahlreichen Taelern und Paessen werden nahezu 20 Sprachen und Dialekte gesprochen.
Die offizielle Sprache ist Dzongkha, mit dem Tibetischen verwandt. Verbreitet sind auch Nepali, Hindi und Englisch, welches bereits in der Volksschule gelernt wird. Viele Leute koennen sich in mehreren Sprachen ausdruecken.
Die zahlreichen Tempel (Dzong) sind oft an strategisch wichtigen Orten. Es sind auch spirituelle Kraftzentren. In den Provinzhauptorten dient jeweils ein Teil der Tempel der staatlichen Verwaltung als Infrastruktur (Bueros). Der Regierungschef der Provinz ist der Dzongda, meistens eine sehr bekannte, starke und aktive Persoenlichkeit.
Die Natur in diesem Paradies ist ausserordentlich vielfaeltig - ein ansehnlicher Teil des Landes ist mit Urwald ueberzogen. Sehr viele Holzarten, bluehende Baeume und Straeucher sind anzutreffen. Heilpflanzen sind bestens bekannt und werden medizinisch verwendet.
Der Reichtum des Landes ist einerseits das Wasser aus Schnee und Eis und gespeichertes Regenwasser in den Urwaeldern, welches in mehreren Fluessen suedwaerts fliesst. Es wird sehr viel Elektrizitaet generiert fuer's eigene Land und vor allem fuer den Export nach Indien. Andererseits ist der Bau- und Brennstoff Holz von Bedeutung, sowohl in Bhutan selbst als auch fuer Indien. Die meisten Haeuser sind aus Holz und Lehm gebaut - der Baustil ist speziell in Bhutan - viele Doerfer und Weiler sind wirklich architektonische "Bijous".
Gemaess Philosophie des Koenigs soll nicht das maximale volkswirtschaftliche Einkommen das Ziel sein, sondern das groesstmoegliche Glueck aller Menschen in Bhutan. Dies ist eine neue Denkweise, welche bereits weltbekannt geworden ist und vermutlich Leute in andern Laendern zum Nachdenken anregt.
Kurz nach meiner Ankunft werden im Hauptstaedtchen Thimphu an zwei Kreuzungen Verkehrsampeln installiert. Wenige Tage spaeter sind diese ueber Nacht wieder verschwunden. Es wird gemunkelt, der Koenig finde vermutlich, sowas brauche es nun in Thimphu wirklich nicht.
Da und dort machen sich allerdings auch im friedfertigen Drachenland negative Entwicklungen der Konsumgesellschaft bemerkbar: Anzeichen von Umweltverschmutzung (Wegwerfmentalitaet), Reiche werden reicher und Arme bleiben arm.... .Einerseits trifft man auf dem Weg zahlreiche Fussgaenger, manchmal mit Kleinpferden als Lastentraeger; andererseits fahren die Privilegierten in ihren Landcruisern, die fast so breit wie die "Highways" sind. Das Paradies wird da und dort etwas angeknabbert - schliesslich sind die Menschen in den Bergen keine "Uebermenschen" und entwickeln aehnliche Begierden wie Menschen in andern Regionen und Kontinenten. Mit der Oeffnung von Bhutan und der Ankunft von neuen Medien sehen die Leute, wie es anderswo aussieht; es wird verglichen….und man moechte auch mehr "haben". Bhutan ist Mitglied der UNO geworden (Angst vor einer Uebernahme durch China (vgl. Tibet) oder Indien (vgl. Sikkim). Jedes Jahr werden ebenfalls mehr Touristen ins Land gelassen - auch diese beeinflussen allmaehlich das einfache Leben der Menschen in diesem "Paradies".
In einigen abgelegenen Regionen beginnt allmaehlich eine Abwanderung Richtung Zentren, aus wirtschaftlichen Gruenden. Zudem versuchen mehr ausgebildete Leute, ins Ausland (Australien, USA, Indien) zu emigrieren, weil die Wirtschaft im Lande zu wenig Moeglichkeiten bietet fuer die zahlreichen Absolventen.
Zu Besuch im Heimatdorf des NRTI-Direktors:
Der damalige Direktor war ein Dasho, ein Mann mit einer koeniglichen Auszeichnung als Respektsperson; er bekam einen dunkelroten Schal ueber den Gho, der bhutanesischen Maennertracht, als aeusseres Zeichen. Die Gewoehnlichen tragen einen weissen Schal. Der Weg in sein Dorf fuehrt von der Hauptstadt ueber drei Paesse, in den zentralen Teil Bhutans. Wir uebernachten zweimal auf dem Weg dorthin, und zwar im Zelt. Ein liebenswuerdiger Koch ist verantwortlich fuer die Verpflegung, ein Fahrer fuer den Transport. Der Koch bereitet unsere Mahlzeiten auf einer offenen Feuerstelle. Die Hauptmahlzeit ist jeweils Ema-Datsi und Reis, wobei Ema fuer Chilli und Datsi fuer Kaese steht. Selbstverstaendlich sind auch Trockenfleisch vom Yak und Ara, der lokale Reiswein mit dabei.
Einige Dorfbewohner warten an der Hauptstrasse und begleiten uns auf dem 2-stuendigen Marsch ins Dorf hinauf. Am Dorfrand werden wir mit einem ersten Trunk begruesst, der zweite folgt beim Haus und der dritte ueber der Stiege, auf der Veranda, vor dem Eingang ins Haus.
Die Leute leben sehr einfach, haben keinen Strom, bewirten uns mit allem, was sie haben: Ein Huhn wird geschlachtet, Eier und Reis hat's auf Vorrat im Haus, Gemuese findet man im Garten...und der Ara fliesst in Stroemen. Die Verwandten und Bekannten des Dashos sind hoch erfreut ueber unseren Besuch - es ist das Ereignis des Jahres ! Wir ueberreichen kleine Geschenke an die Gastgeber und uebernachten im Wohnraum des Hauses. Beim Abschied am folgenden Morgen erfolgt erneut das Zeremoniell mit dem dreifachen Trunk. Diese Menschen sind reich an Herzensguete, Mitmenschlichkeit und haben eine natuerliche Wuerde. Sie sind stark von der Natur abhaengig und mit ihr verbunden. Sie wissen, was sie brauchen, um in ihrer gebirgigen, abgelegenen Welt zu ueberleben. Das Wohl der Gemeinschaft kommt vor jenem des Individuums. Die Familie ist die naechste, die wichtigste Gemeinschaft, in welcher das gegenseitige Vertrauen am hoechsten ist.
Die Leute im Dorf haben nicht das Gefuehl, dass sie abgelegen wohnen - fuer sie ist Thimphu abgelegen !
Unsere gemeinsame Tour fuehrt uns weiter in die Provinzen des Ostens zu sehr bekannten Dzongs und Heiligtuemern. Wir besuchen mehrere Dzongdas und werden ueberall herzlich empfangen.
Und da noch die Geschichte des Oesterreichers, der durch ganz Bhutan auf der rechten Strassenseite faehrt: Als er nach Thimphu zurueckkommt, haelt ihn ein Polizist an und erklaert ihm, dass man in Bhutan links zu fahren habe. Nun, viele Strassen im ganzen Land sind so schmal, dass man in der Mitte faehrt - die Fahrzeuge fuellen oft die ganze Strassenbreite aus. Fuer's Kreuzen sind Ausweichstellen gebaut. Durch haeufiges "Hornen" kuendigt der Fahrer an, dass er unterwegs ist.
(1) Mitarbeiter des NRTI aus Bhutan auf Studienreise in Thailand
Begegnung mit einem Koenig und mit Koeniginnen:Die Vorbereitungen fuer den hohen Besuch am Institut sind enorm. Alles wird herausgeputzt, Bilder und Blumen werden arrangiert, der rote Teppich wird ausgerollt. Der neue Direktor erklaert den Studenten mit glaenzenden Augen, wie die Schuhe zu glaenzen haben und was anzuziehen sei. Nach tagelangen Vorbereitungen ist alles bereit - und doch - niemand weiss genau, wann der Koenig eintrifft. Dies sei taktisch und aus Sicherheitsgruenden so, wird erzaehlt. Ich selber stuerze mich in "Schale, inkl Krawatte", was sonst nur bei eigenen Hochzeiten und bei Schlussfeiern an der Landwirtschafts- und Baeuerinnenschule geschah.
Die Geduld ist eine asiatische Tugend, und wenn's um koeniglichen Besuch geht, waechst diese bis ins fast Unermessliche. Der erste Tag des Wartens vergeht ohne Besuch - der zweite beginnt einmal mehr mit Warten….doch dann trifft die koenigliche Gesellschaft im Verlaufe des Vormittags ein.Vorerst erfolgt die offizielle Begruessung beim festlich geschmueckten Torbogen vor dem NRTI. Der Koenig ist bestens im Bild, wer der einzige Weisse ist - vermutlich hat ihm der Direktor bereits vorher Informationen geliefert. Wie zu vernehmen ist, sind der Koenig und der Institutschef vor Jahren miteinander zur Schule gegangen.
Vor der Diskussionsrunde in der Aula laedt mich der Koenig ein, neben den 4 Koeniginnen (4 Schwestern) auf der Buehne zu sitzen. Der Koenig geht auf Fragen der Lehrerschaft ein (mit Mikrofon) und ich nebenan auf solche der Koeniginnen (leise). So erhalte ich erstmals und vermutlich das einzige mal in meinem Leben die Gelegenheit, mit Koeniginnen ins Gespraech zu kommen.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen und Taenzen der Studenten verabschiedet sich der hohe Besuch wieder und drueckt mir kraeftig die Hand, wuenscht mir viel Glueck in TH - er habe vernommen, dass ich dort verheiratet sei und dass meine Gemahlin bald ein Kind erwarte.
Land und Leute wuchsen mir sehr rasch ans Herz und ich fuehlte mich bald sehr wohl dort oben. Helvetas verlaengerte meinen Vertrag, wollte dann, dass ich noch laenger blieb - aus familiaeren Gruenden wollte ich dann jedoch, nach gut 4 Jahren im friedlichen Drachenland, einmal mehr in Thailand etwas Neues beginnen.
Meine ganze Habe verpackte ich in ein paar blaue Faesser, die ich frueher aus der CH mitnahm. Neben etwas Kleidern waren meine wichtigsten Buecher, Musikkassetten, einige Werkzeuge und mein diatonisches Oergeli, inkl.mitgebrachte Noten. Am Flughafen in BKK brachte mich die Zollabfertigung ins Schwitzen: Ich uebertrug die Abfertigung an ein paar Laufburschen, die mit meinem Pass von Buero zu Buero rannten...und ich selber hintendrein - war doch besorgt um meinen Pass ! Es dauerte fast einen halben Tag, bis ich die Faesser draussen hatte.
Die vielseitigen Erfahrungen auf meinem bisherigen Lebensweg, die Sprachkenntnisse, meine finanziellen Moeglichkeiten und die guenstige, familiaere Situation ermoeglichten mir, den Schritt in die Selbstaendigkeit zu wagen.
Erneut in Thailand lebend, nach 20 Jahren Unterbruch, war ich nun ein Auswanderer aus der CH und nach weiteren 20 Jahren scheint nun unser Sohn ein Einwanderer in die CH zu werden.
Mit Englischunterricht an einer Privatschule, etwas Privatunterricht, mit Landwirtschaft (Fruechteanbau, Holzbaeume) und spaeter mit der Vermietung von Wohnungen durch meine Thai Frau und noch etwas spaeter mit etwas lokalem Tourismus (2 Gaestezimmer) verdienten wir einigermassen unseren Lebensunterhalt im Land des Laechelns. Fuer Reisen in die CH oder anderswohin und fuer unseren gemeinsamen Sohn hatte ich noch Reserven beiseite gelegt.
(2) Aufmerksame Schueler im Englischunterricht
Als Lehrer fuer Englisch (in meinem Fall Swiss Englisch !) an der Privatschule wechselte ich fuer ein paar Jahre von der Erwachsenenbildung zu den Kindern. Das machte mir meistens grosse Freude - Kinder sind so spontan und zeigen sofort, was ihnen passt und was nicht. Sicher gibt es in jeder Klasse ein paar Kinder, die gerne schwatzen, wie wir dies ja frueher manchmal auch taten. Und ueberhaupt: Englisch oder andere Sprachen lernen ist nun wirklich nicht jedermanns Steckenpferd ! Diese Tatsache sollte man als Sprachlehrer stets vor Augen halten...und dann hat man's schon leichter beim Unterrichten, vor allem wenn der Sprachunterricht an der Schule obligatorisch ist. Humor ist dabei auch in Asien ein gutes Hilfsmittel. Nicht umsonst ist Mr.Blum in einigen Klassen ganz einfach "Mr. Bean" !
Manchmal versuche ich, einige Woerter in der Thai Sprache an die Wandtafel zu schreiben. Die Kinder helfen mir dabei, dies richtig zu tun. Ich sage ihnen: "Seht ihr, ihr helft mir im Thai und ich helf euch im Englisch." Da meint ein Knirps aus der zweiten Primarklasse: "Der Unterschied ist bloss, dass wir keinen Lohn bekommen"!Die Schueler hatten auch Hefte zu fuehren, und ich kontrollierte einige am Ende der Lektion und zeichnete mein Visum in Form einer stilisierten Blume. Mit der Zeit hatte ich eine Schlange von Schuelern am Lehrerpult, weil alle mein Signet in ihren Heften haben wollten. Am Elterntag kamen einige Eltern zu mir und machten mir ein Kompliment - sie haetten ebenfalls Freude an
Mr. Blum's Blumen !
(3) Drachenfruechte in unserem Garten in Ostthailand
Mein juengster Bruder lebt teilweise auf Ko Chang, eine Insel in Ostthailand. Weil wir hie und da dorthin fahren, erlebten wir die Geschichte von der "Tante auf der Insel" sozusagen hautnah mit:
Die Tante liebt das Kartenspiel ueber alles. Sie spielt entweder auswaerts oder daheim. Immer sind mehrere Frauen und Maenner mit dabei.
Die Insel ist in den vergangenen Jahren touristisch erschlossen worden. Das Grundstueck der Tante liegt etwas mehr als einen Kilometer vom Meer entfernt, am Dorfrand, just wo's den Huegel raufgeht und der Nationalpark beginnt. Der Park ist Urwald, waehrend auf Tante's Grundstueck Kokospalmen, Gummibaeume, Sandelholz und einige Fruchtbaeume gedeihen. Die Landpreise steigen fast taeglich und Tante verkauft ab und zu ein Stueck davon an Einheimische oder an Auslaender. Sie loest jedoch bloss den halben Preis, weil die ueblichen Besitzespapiere von der Regierung noch nicht vorliegen und der Prozess mit ihrem Ex-Mann immer noch laeuft.
Tante ist uebermaessig schwer, vermutlich an der Grenze zu 200 kg und leidet an verschiedenen Krankheiten. Ein verwandter, junger Mann betreut sie und bekocht sie. Seit ein paar Jahren kann Tante nicht mehr marschieren und sitzt tagsueber auf der Veranda, von anderen Spielern/Innen umgeben. Die Athmosphaere ist locker und lustig - es wird mit Karten um Geld gespielt, vermutlich fliesst das Geld aus dem Landverkauf von der Tante in die anderen Haende, rings um sie !
Kuerzlich hat Tante "das Zeitliche gesegnet". Die Zeremonie vor der Kremation findet im alten Tempel des Dorfes statt. 10 starke Maenner tragen anschliessend den Sarg vom Tempel zum Ort der Kremation in der Naehe. Viele Anwesende warten, waehrend der Sarg in den Kremationsofen eingeschoben wird. Doch, da geschieht eine Panne: Der kleine Brueckenwagen, auf welchem der Sarg liegt, bricht ein und der Sarg verkeilt sich im Eingang zum Ofen. Vermutlich hat dieser Wagen noch nie so schwer getragen. Nur mit Muehe kann der Sarg wieder herausgeholt werden. Der Abt des Tempels zueckt sein Handy und fragt seinen Kollegen vom naechsten Tempel, ob er "diesen Fall" uebernehmen koenne. Schliesslich wird der Sarg auf einen Pickup geladen und zum naechsten Tempel fuer die Kremation gefahren. Der Ofen sei dort etwas groesser. Tante scheint es nicht zu schaetzen, im Tempel ihres Dorfes kremiert zu werden. Sie geht lieber auswaerts, wie frueher zum Spielen !
Vom Betreuer war spaeter zu vernehmen, dass er nun viel Geld auftreiben muesse - Tante haette sich Schulden in Millionenhoehe eingespielt. Wie's so ist, nach dem Leben: Weder Schulden noch Vermoegen werden bei der Kremation mitgenommen, bzw. verbrannt ! Ihr ehemaliger Betreuer lebt inzwischen als Moench in einem buddhistischen Tempel, weit entfernt vom Dorf.
Wir heirateten, als ich Tierzuchtlehrer in Hohenrain war, und wir zogen in eine Wohnung in Hochdorf, die wir miteinander zeitgemaess moeblierten. Bald planten wir das Abenteuer Entwicklungseinsatz. Kinder wollten wir damals noch keine.
Meine Gemahlin half teilweise noch bei ihrem Vater, war jedoch viel mit mir zusammen und schmiss den Haushalt. Natuerlich mussten wir lernen, miteinander umzugehen, aufeinander einzugehen und einen gemeinsamen Lebensweg aufbauen.
Meine Frau war eher die Stille - der Schreiber eher die treibende Kraft mit vielen Ideen und Plaenen. Und sie folgte mir...nach Thailand, dann wieder zurueck….dann in den Aargau...dann nach Schuepfheim...und dort trennten sich allmaehlich unsere Wege. Wir wollten Kinder in TH, zuerst eigene - ohne Erfolg, dann stellte sich die Frage der Adoption. Zwillinge waeren es gewesen, doch im letzten Moment sagte die Mutter der beiden nein...und wir kamen ohne Kinder in die CH zurueck.
Wir waren auch immer wieder miteinander auf Reisen, in Indien, Indonesien (Java, Kalimantan), in Sri Lanka, Singapur, Burma und besuchten, nach Moeglichkeit, Leute in anderen Entwicklungsprojekten.
Nach der Scheidung lebte ich ein paar Jahre mit einer Freundin zusammen und vor der Ausreise nach Bhutan trennten wir uns ebenfalls.
Als Schulleiter im "groessten Buch der Welt", im Entlebuch, passte mein Privatleben (Scheidung, neue Freundin) nicht allen Leuten. Vor allem sogenannte "Gernemoechtepolitiker" versuchten, sich zu profilieren, und evt. einige neidische oder eifersuechtige, altmodisch denkende Menschen fanden, sowas gezieme sich fuer einen Schulleiter nicht. Es fand dann eine Aussprache zu diesem Thema mit den Mitgliedern der Aufsichtskommission, dem zustaendigen Regierungsrat und Mitarbeitern statt. Resultat: Es gibt keine stichhaltigen Gruende, den Schulleiter zu entlassen. Die Schulfuehrung sei i.O.
Der Anfang in Bhutan als Einsiedler war zu Beginn etwas hart, manchmal auch traurig. Allmaehlich nahm ich jedoch die Chance wahr, in mich zu gehen und zu spueren, was ich eigentlich wollte betreffend Beziehung zu Frauen. Ich merkte, dass ich alleine leben kann, eigentlich ohne grosse Probleme - konnte kochen, backen, putzen, waschen...Gemuese pflanzen, Kuehe melken und putzen….doch kam ich zum Schluss, dass es schoener und spannender ist, mit einer Partnerin zusammen zu sein, vor allem auch wenn man etwas aelter wird.
Und siehe da, bei meinem naechsten Besuch in der Gegend in TH, wo ich frueher lebte, traf ich meine naechste zukuenftige Gemahlin, Supatra, eine Tochter von einer mir gut bekannten Familie. Diese Tochter hatte ich jedoch frueher nie angetroffen.
Ich verreiste dann wieder nach Bhutan - man schrieb sich, in der Thai Sprache (3 Stunden fuer eine Seite !) und beim naechsten Besuch in TH fand die Heirat statt.
Supatra musste in ihrer Jugend viel und hart in der Landwirtschaft arbeiten. Sie erwischte eine heftige Malariaerkrankung und ist seither koerperlich etwas angeschlagen (Allergien, Asthma). Sie kann jedoch sehr gut umgehen damit und ist mental sehr stark. Sie ist ein Talent in Kommunikation und eine ausgezeichnete Verkaeuferin. Sie war die Managerin beim Bauen unseres Gaestehauses, sie kann sehr gut mit Leuten umgehen. Nicht zuletzt ist sie eine talentierte Koechin und Kennerin von einheimischen Kraeutern und Medizinalpflanzen. Ihr Lachen ist ansteckend - eine Strahlefrau und sehr liebenswuerdig - deshalb hat es wohl soo schnell "klick" gemacht, als wir uns erstmals antrafen !
Vor der Heirat musste ich bei den zukuenftigen Schwiegereltern antraben und offiziell um die Hand ihrer Tochter bitten. "Yaay In", die Mutter, 1.50 m klein aber oha.., stand auf der Veranda des grossen Holzhauses und meinte zu mir auf der Stiege unten, sie sei bestens informiert, dass ich bereits 2 Frauen verlassen habe. Ob ich im Sinne haette, dies etwas spaeter auch mit ihrer Tochter zu tun ? Nein, meinte ich, die Dritte werde wohl die Letzte und die Beste sein !
Die Kocherei fuer die Hochzeit auf dem Hof meiner Schwiegereltern begann bereits 2 Tage vorher. Bei der buddhistischen Zeremonie am Vormittag waren ca. 100 Gaeste anwesend. Am Abend gab es ein weltliches Fest in einer grossen Halle im nahen Distriktort. Viele Blumengirlanden, ein mehrgaengiges, chinesisches Menu, Musik und 2 Conferencier, alles perfekt organisiert, fuer rund 350 Gaeste. (zum Vergleich: an meiner ersten Hochzeit in der CH, 26 Jahre frueher, waren ca. 35 Gaeste anwesend; die Kosten waren ungefaehr dieselben).
Ein paar weitere Details zur Schwiegermutter: Sie war ausserst "gwundrig", ein Unikum, wollte sofort allerhand wissen, wenn ich mal mit Gaesten vorbeikam - woher, wie alt, verheiratet, Kinder, wenn nicht - warum denn noch nicht...usw. Ich mochte diese "Yaay In" sehr und sie nannte mich ganz einfach "Blum".
Als wir, gut ein Jahr spaeter bereits in der Naehe wohnten und unser Occasionsauto, Marke Isuzu, grau, den Eltern vorstellten, stapfte "Yaay In" ums Auto und guckte dies genau an. Dann bemerkte sie, dass eine Radnabe grau und die andern drei rot waren. Das Auto faehrt trotzdem gut und sicher, meinte ich, worauf die Schwiegermutter konterte: "Ja, aber das ist nicht schoen !" Mutters Vorfahren stammten aus Laos - "Yaay In" sprach ein Gemisch aus Thai und Reste des Laotischen. Oft musste ich deuten, was sie wohl meinte.
Der Schwiegervater, 1.92 m gross hatte chinesische Vorfahren. Er war ein kraeftiger Bauer und hatte grosse Fertigkeiten beim Bauen mit Holz, welches jeweils alles von Hand zugesaegt wurde. Fuer das grosse Holzhaus dauerte die ganze Hand-Saegerei 2 Jahre. Der Schwiegervater hatte bereits damals Milchvieh, kannte sich aus mit allerhand Medizinalpflanzen und Kraeutern und mit landwirtschaftlichen Kulturen (Maisanbau, Reis, Maniok, Baumwolle..) Sein Oberkoerper war voll mit Taetowierungen. Beide konnten weder lesen noch schreiben, sie brachten jedoch 11 Kinder gross und wechselten den Wohnort mehrmals in ihrem Leben, begannen immer wieder neu mit Bauen und allem drum und dran.
(1) meine thailaendischen Schwiegereltern - am 70. Geburtstag von Yaay In
Nach dem Honeymoon verreiste ich wieder ins Himalayagebiet. Bereits ein Monat spaeter erreichte mich ein Fax aus TH mit einem Storch drauf - ich atmete kurz tief durch - aha - jetzt wirst du Papa. Nach drei Monaten holte ich die beiden in TH ab und brachte sie in die Berge. Nach Vertragsende reisten wir definitiv nach TH, wo unser erster und einziger Sohn geboren wurde.
Wir nannten ihn Suvin (entstanden aus Su-patra und Vin-zenz). Dies ist gleichzeitig ein Thai Name und bedeutet "ein guter Gewinner" - das wuenschen wir ihm von Herzen !
(2) Mit meiner Gemahlin Supatra in Thailand
Meiner Frau gings nicht so gut zu Beginn der Schwangerschaft. Sie musste ihre Arbeit als Lehrerin von Kleinkindern aufgeben. Zudem war ihr Mann weit weg. Doch das wurde dann bald besser, als ich die beiden nach Bhutan holte. Ich erinnere mich, dass meine schwangere Frau damals sehr gerne Zuckerrohr ass. Einmal kaufte sie ein Dutzend Stueck (ganze Rohre !) auf einem lokalen Markt.
In Ost-Thailand begann ich mit dem Unterricht an der Schule, waehrend Frau und Kind noch rund 2 Monate nahe Bangkok lebten. Geschwister meiner Gemahlin halfen mir, ein Haus zu finden und dieses mit dem Noetigsten einzurichten.
Und dann begann das gemeinsame Kleinfamilienleben - unkompliziert - wir stammen ja beide aus grossen Bauernfamilien und hatten beide viele juengere Geschwister um uns. Wir genossen es, mit dem Kleinen zu lachen und zu spielen; bald lernte er, sich weiter zu bewegen, stieg selbstaendig aus der Haengematte… Mit ca. einem Jahr, beim ersten gemeinsamen Flug in die CH, marschierte er ploetzlich selbstaendig im Flughafen von Bangkok und wollte nicht mehr in den Kinderwagen steigen.
Bei der Erziehung waren wir uns einig, dass es fuer den Sohnemann nicht alles gibt - sondern dass es manchmal ganz klar nein heisst, trotz Protesten des kleinen Suvin. Er musste das Verzichten auch lernen.
Natuerlich waren Fernsehen, Computerspiele hier bereits sehr verbreitet. Da fuehrten wir Regeln ein: z.B. zuerst eine Stunde Deutsch oder Englisch lernen und erst nachher eine Stunde TV oder PC. Als Prinzip der Erziehung: Eher lange Leine und moeglichst bald und viel Eigenverantwortung.
Wir waren recht oft unterwegs mit dem Kleinen - bei Verwandten und Bekannten, wir fuhren ans Meer zum Baden, alle 3-4 Jahre mal in die CH. Nach zehn Jahren besuchten wir miteinander Bhutan; wir besuchten ebenfalls mit Suvin, das Spital, in dem er geboren wurde.
Vorerst war unser Sohn an der Privatschule, an der ich unterrichtete, dann wechselten wir die Schule (Gemeindeschule). Das war etwas hart fuer Suvin - doch bald gefiel es ihm an der neuen Schule und er wurde dort speziell gefoerdert, vor allem durch unsere Nachbarin, die dort Lehrerin ist. Er lernte Schwimmen, Tennis spielen, dann eine Art Thai Geige und Gitarre spielen und wurde speziell in Mathematik gefoerdert.
Allmaehlich kam sein Wunsch, spaeter in der CH weiter zu lernen. Im jugendlichen Alter von 14 war es dann so weit, dass er in eine Dorfschule in der CH eintrat, und zwar musste er ein Jahr zurueckschrauben, v.a. wegen der Sprache. Bald schlug ihn die Klassenlehrerin fuer den Eintritt ins Kurzzeitgymnasium vor. Nun hat er dort die Matura bestanden, absolviert z.Z. den Militaerdienst und will dann an die ETH, sehr wahrscheinlich Richtung Elektronik / IT.
Er lebt bei Freunden von uns und hat bereits eine Freundin gefunden, die ihn bestens auf seinem Weg begleitet.
(1) Kleinfamilie Blum am Flughafen
Sicher gab es mehrere Hoehepunkte: Studienabschluss, Heiraten; Geburt unseres Sohnes; die gute Stimmung an den verschiedenen Arbeitsplaetzen; die Moeglichkeit, mit der Natur verbunden zu bleiben; Kulturelle Aktivitaeten (Singen, Musik, Theaterbesuche, Ausstellungen, Museen…).
Mein aktuelles Leben als aktiver Pensionierter erlebe ich als wunderbar gelassen, kein Stress. Ich habe das Gefuehl, das Leben ist ein Genuss, lebe im Jetzt und geniesse jeden Tag.
Die Bodenhaftung, mit beiden Beinen auf dem Boden, half mir, immer wieder, aufzustehen, wenn ich mal fiel.
Haemin Sunim, ein sehr bekannter Moench aus Korea schrieb ein Buch, mit dem Titel: "Die schoenen Dinge siehst du nur, wenn du langsam gehst".
In diesem Sinne haben sich meine Aktivitaeten verlangsamt und auf Wesentliches konzentriert: Als junger Mann liebte ich Fluege, ueppiges Essen, manchmal zu viel Alkohol, Pfeife oder Zigarren rauchen, laute Musik, "Action" war angesagt, "Baeume ausreissen", zusammen mit Kumpel; es gab auch durchzechte Naechte…
Heute mag ich klassische Musik, braunen Reis, ab und zu ein gutes Glas Wein, Zeit allein verbringen, Meditation, Spaziergaenge in der Natur, Baeume pflanzen, Schwimmen, kurze Radtouren….
Ein einigermassen regelmaessiger Tagesablauf - fast zeitgleich mit den Huehnern schlafen gehen und frueh aufstehen, am Morgen klassische Musik, am Abend eher Blues oder Jazz im Hintergrund, am Mittag eine Siesta - Ferien ausgenommen - da ist sowieso fast alles anders !
Bei einem Bauern in der Naehe hole ich praktisch jede Woche kuhwarme Milch, koche sie ab und produziere dann eigenes Yoghurt. Birchermuesli kommt nach wie vor praktisch taeglich auf den Tisch und hat via unsere Gaeste einen gewissen imternationalen Bekanntheitsgrad erhalten.
Wir stellen manchmal auch Fruchtsaft von "Ma Mau-Fruechten" her, die an Baeumen wachsen und Trauben aehnlich sind, bloss weniger suess.
Bienenhonig ist stets vorhanden in unserem Haushalt und eine ganze Anzahl von Natur(heil)produkten helfen uns, gesund zu bleiben.
Man traegt mehr Sorge zu sich selbst, ist ausgeglichener, ruhiger, gelassener, zusammen mit einer liebenswuerdigen und spirituellen Partnerin. Man reist eher nach innen, weniger nach aussen. Meine Gemahlin lebte in juengeren Jahren waehrend 5 Jahren als Nonne in einem buddhistischen Kloster. Sicher hat ihre Art des Lebens auch etwas auf mich abgefaerbt.
Unser Dorfpfarrer wollte mich in jungen Jahren motivieren, Theologie zu studieren und Priester zu werden. Ich wehrte ab - moechte lieber heiraten - auch dies hat sich bestaetigt, sogar zweimal ! Nach der Scheidung stellte ich mir zwar mal die Frage, ob ich evt. doch haette Priester werden sollen !?
Als Berater von Bauernfamilien hatte ich manchmal den Eindruck, dass ich bei gewissen Gepraechen am Kuechentisch mehr als Seelsorger und weniger als Agronom zu wirken hatte.
Als Schweizer hatte ich immer wieder Sehnsucht nach Weite, nach Meer...so sind wir nun oefters am Meer, es ist ja nicht weit weg von unserem Daheim.
Meine Gemahlin war in ihrem Leben wenig unterwegs: So besuchen wir nun miteinander fuer uns neue Gegenden und Laender in Suedostasien und entdecken gemeinsam viel Neues und Schoenes. Letztes Jahr besuchten wir einen Jungendfreund, der seit Jahrzehnten in Australien lebt. Wenn moeglich betreten wir jaehrlich einmal Neuland auf diesem blauen Planeten.
Es ist herrlich und wohltuend, wenn man miteinander gesund bleiben und noch allerhand unternehmen kann, ohne Druck - nein - in aller Ruhe. Das ist unser Luxus.
Es kommt vor, dass ich meine alten Freunde in der CH vermisse - viele kamen zwar hier vorbei - ab und zu trifft man sich in der CH - ich kann gut leben damit. Im weiteren sind die elektronischen, weltweiten Verbindungen sehr hilfreich, Kontakte zu pflegen.
Als neuer Auslandschweizer, vor 20 Jahren, machte ich mir manchmal Sorgen, wie wir da wohl laengerfristig finanziell ueber die Runden kommen werden. Mein Lohn an der Schule reichte nicht zum Leben....laufend musste ich die Reserven angreifen und investieren: Haeuser, Moebel, Auto, Gaerten, Pflanzen, Arbeiter, Werkzeuge….allmaehlich wurde es dann besser - es gab Zusatz-Einnahmen von Mietern, Fruechten, Holzbaeumen, spaeter Pachtzinsen vom Land, Einnahmen von Touristen….nun sind wir beruhigt.
Unser Sohn wird noch eine gewisse Zeit unseren Zustupf brauchen - dafuer ist vorgesorgt. Die AHV-Rente und etwas Kindergeld helfen uns nun zusaetzlich, beruhigt in die aelteren Tage zu gleiten.
Mir war es stets ein Anliegen, gerecht zu sein, mich fuer Minderheiten und Arme einzusetzen, gradlinig und ehrlich.
Supatra und der Schreiber freuen sich, dass auch unser Sohn Suvin seinen Weg mit Zuversicht und zielstrebig geht.
(1) Suvin hat Papa auch beim Musizieren bereits ueberholt
Ich kuemmere mich hier teilweise um behinderte Menschen, z.B. um einen gelaehmten Deutschen, der praktisch keine Freunde hat und seit Jahren auf seinem Bett liegt. Ich besuche Klaus oft - wir koennen gut plaudern miteinander. Mal meinte er, ich sei wie ein Bruder zu ihm - seither nenne ich ihn "Bruder Klaus". Es ist mir ein Anliegen, ihn moeglichst wieder aufzustellen, wenn seine Stimmung mal abtaucht.
Ganz in der Naehe lebt ein Schweizer mit teilweiser Behinderung - fuer ihn bin ich hie und da Zuhoerer und erledige die formellen, schriftlichen Kontakte im Land und mit der CH.
Frueher half ich, zusammen mit meiner Frau, ihren kranken und teilweise behinderten Eltern, die uns nun verlassen haben.
Manchmal schickt die Polizei Auslaender zu mir, die irgend welche Sorgen haben (Visa-Probleme / Sprachprobleme): "Go to see Mr. Blum"!
Vor Jahren war ich ein bisschen der "Uebersetzer und Schreiber" in der Gegend. Da kamen vor allem Frauen, die Kontakte zu Auslaendern hatten. Sie verstanden die Sprachen nicht und konnten oft auch nicht lesen und schreiben. Mr. Blum las die Briefe aus fernen Laendern vor und uebersetzte. Nachher uebersetzte ich und schrieb direkt von Hand ihre Antworten an ihre Liebsten im Ausland. Mit der neuen Schreib- und Uebersetzungstechnologie ist "Schreiber Blum" nicht mehr gefragt. Zudem lernen die jungen Leute nun auch hier mehr Sprachen.
Als ich mal mit meinem juengsten Bruder in einem Laden beim Kauf von Arbeitshandschuhen half, meinte der Ladenbesitzer, dass ich sehr gut Thai spreche. Ich meinte, dass ich schon lange hier lebe. Seine Antwort: "Sind sie wohl Mr. Blum ?" Ja, sage ich. Nun meint er ganz erstaunt: "Sicher, der wirkliche Mr. Blum". Viele kennen seinen Namen, nicht alle kennen ihn jedoch persoenlich. Viele Schulkinder und Erwachsene erzaehlten scheinbar da und dort von Mr. Blum.
Kuerzlich war ich mit Freunden unterwegs auf dem Markt. Bei einer Frage hilft uns eine Dame weiter, auf English. Ich sage, sie sei wohl Lehrerin, dass sie so gut Englisch spreche. Dem war so, und ich bemerke, dass ich frueher auch Sprachlehrer war, und zwar an der Suppawitschule. Da macht es bei ihr "Klick" und sie meint:"Aha, dann kennen Sie wohl Mr. Blum?"
"Ja, recht gut", meinte ich: "Der steht naemlich just vor Ihnen!"
Handgreifliches gab es hoechst selten, hingegen ab und zu laute, emotionale Reaktionen, jedoch eher in der ersten Lebenshaelfte.
Sicher habe ich auch Leuten Unrecht getan, vermutlich ohne mein Wissen, unbewusst - dafuer moechte ich mich bei all jenen entschuldigen.
Die Arbeit in der Natur, insbesondere mit Baeumen, hat mich in den vergangenen Jahren fasziniert. In den Tropen ist das Wachstum besonders rassig, alles ist ueppig, speziell in der Regenperiode….und nach wenigen Jahren ist man im Wald / Urwald, je nach Pflege. Dies war eigentlich mein grosses Hobby, fast bis zum Alter von 72. Seither geht es im Wald eher Richtung Urwald - ich lasse die Natur walten und schaue zu, wie sich das Ganze weiter entwickelt.
(1) Mit Gaesten im Dschungel
Das Unterrichten habe ich schon vor einigen Jahren aufgegeben; es kommen ab und zu Gaeste - da haben wir immer noch ein offenes Haus.
Am Morgen bin ich in der Regel mindestens eine halbe Stunde unterwegs, mit dem Fahrrad und zu Fuss und mache ein paar Uebungen gegen den Rost (nicht gegen den vom Velo !) Pro Woche schwimme ich meistens 2 mal einen Kilometer.
Eine Thai Massage, ca. alle 10 Tage, rundet unser Fitnessprogramm ab.
Veraenderungen gibt es: Frueher war ich koerperlich leistungsfaehiger, praktisch auf allen Gebieten.
Sicher ist mir die Selbstaendigkeit wichtig im Alltag - sollten Einschraenkungen auftauchen, moechten wir beide hier bleiben und uns daheim pflegen lassen, wenn dies irgendwie moeglich ist. Ein Regionalspital ist uebrigens bloss 1 km von unserem Haus entfernt.
Mit dem Aelterwerden schmiede ich keine grossen, neuen Plaene - ausser z.Z. ein paar Reisen und einem Wohnungskauf in der CH, fuer den Sohn und als Absteige bei Besuchen. Wir leben, wie oben erwaehnt, im Jetzt und schauen hie und da zurueck. (Fotos, Tagebuecher, Gespraeche)
Eine vollstaendige Dokumentation ueber mein Leben ist mir eigentlich kein Herzensanliegen.
Vor der Auswanderung nach Asien habe ich mich von den meisten frueheren Sachen (Vorlesungen, Fotos, Liebesbriefe, Souvernir, Buecher, Skis, Fahrrad, Moebel) getrennt und habe dies als wirkliche Erleichterung empfunden.
Abschied nehmen von Sachen, die man gerne hat, hilft mit, das Sterben zu lernen, habe ich mal irgendwo gelesen.
Wenn ich das Ausmass des Universums zu verstehen versuche, wird mir bewusst, dass ein Mensch fast ein "Nichts", ein Mini-Wesen in diesem ganzen All ist. Dies laesst mich bescheiden werden, wohlwissend, dass das Leben vergaenglich ist und aus mir wieder ein Staubkoernchen wird.
Kurze philosophische Grundsaetze zum Leben habe ich mir vor allem in Asien zu Gemuete gefuehrt. Ich denke, diese sind zeitlos:
Eine Chinese in TH sagte mir: Es braucht viererlei, um ein gutes Leben zu haben, naemlich: Arbeit - Geld - Liebe - Freunde.
Ein Freund: Wichtig sind eine gelassene Engagiertheit und eine engagierte Gelassenheit.
Meine Gemahlin: Lebe im Jetzt !
Ein Fragender: Lebst du, um zu arbeiten oder arbeitest du, um zu leben ?
Konfuzius: Was Weisheit ist, muss jeder fuer sich selbst entscheiden.
Chinesisch: Jede Minute, die man lacht, verlaengert das Leben um eine Stunde.
Thailaendisch: Das Leben meistert man laechelnd oder ueberhaupt nicht.
Ein Meditierender: Je stiller du wirst, desto mehr kannst du hoeren.
Zum Abschluss: Gute Erinnerungen tragen das Leben.
Mein Fazit fuer die hier verbleibende Zeit: Mit Gelassenheit und Freude im Jetzt aktiv weiterleben.
Junge Menschen brauchen vielseitige Erfahrungen, gute Fach-Kenntnisse, muessen lernen und wissen, was richtig und was falsch ist; sie sollen moeglichst frueh Verantwortung fuer sich, die Mitwelt und fuer die Zukunft uebernehmen. Tuechtig, tolerant, gerecht, freundlich, fleissig, offen, kontaktfreudig, kritisch....sind einige Eigenschaften, damit es in unserer Welt positiv vorwaerts gehen kann.
In der heutigen Zeit gibt es viel mehr technische Hilfsmittel, die das Leben erleichtern koennen. Nicht mehr nur harte, koerperliche Arbeit ist gefragt, sondern viel mehr Denkarbeit, gemeinsames Suchen und Finden von Loesungen fuer allerhand Probleme.
Mein Gottesbild hat sich inzwischen ziemlich veraendert: Aus dem strengen und strafenden Gott ist ein tolerantes, grosszuegiges, liebendes goettliches Wesen geworden. Weg vom Beichtstuhl, vom regelmaessigen Kirchenbesuch, vom strengen Gott, hat Kraft und Mut verlangt.
Als ich erstmals an einem Sonntag anstelle des Kirchenbesuchs Skifahren ging, kam die Strafe postwendend: Bei einem gewaltigen Sturz im Titlisgebiet erlitt ich einen Anriss an einem Meniskus des rechten Knies. Waehrend eines ganzen Jahres spuerte ich diesen stechenden Schmerz.
Was mich stets stoerte - da leben Mitmenschen, Nachbarn oder sogar Verwandte im Streit miteinander, waehrend Wochen oder sogar Jahren. Am Sonntag druecken sie dieselben Kirchenbaenke, beten zu ihrem Gott, hoeren (oder verschlafen !) die Predigt...gehen nach Hause und leben weiter im Streit. Mit solchen "Un-Christen" hatte ich Muehe, in der gleichen Kirche zu sein.
In Asien interessiere ich mich fuer den Buddhismus, der eher einer Lebensphilosophie als einer Religion entspricht. Offenheit und Verstaendnis fuer Mitmenschen und fuer andere Bekenntnisse sind wichtig. Der Mensch ist selber verantwortlich fuer seinen Weg, fuer sein Seelenheil, ob er in den Tempel gehen und opfern will oder nicht. Es gelten dieselben moralischen und ethischen Grundsaetze wie in anderen Glaubensgemeinschaften:
Nicht toeten, stehlen, Ehebruch begehen, luegen, uebermaessig trinken oder essen….
Bei Zeremonien wird gebetet und gesungen, Blumen schmuecken den Raum, Raeucherstaebchen verbreiten einen speziellen Duft, Statuen von Buddha und bekannten Moenchen werden verehrt, die Athmosphaere gleicht jener in anderen religioesen Zentren. Auch von Himmel und Hoelle ist bei den Buddhisten die Rede. Ich denke, Himmel und Hoelle sind bereits in unserer Welt vorhanden: Allen Mitmenschen, fuer welche dieses Erdenleben die Hoelle bedeutet, wuensche ich mehr Glueck in einem naechsten Leben.
Gruppen von Moenchen gehen zu den Leuten fuer Hochzeiten und bei Todesfaellen. Taeglich, ausser an buddhistischen Sonn- und Feiertagen, sieht man die Moenche morgens frueh, barfuss, den Strassen entlang marschieren, um Nahrung von den Glaeubigen in Empfang zu nehmen. Am Nachmittag und am Abend essen die Moenche nichts mehr. Sie stehen uebrigens am Morgen frueh, vor vier Uhr, auf zum Gebet und zur Meditation.
Nach buddhistischen Vorstellungen lebt die Seele (der Geist) des Menschen nach dem Tod weiter und wird in einem anderen Wesen neu geboren, Die buddhistische Lehre befasst sich stark mit den Gefuehlen und Regungen des Menschen.Wer sich selber gut kennt und Kontrolle ueber sich hat, kann andere besser verstehen und spueren, was im Menschen vor sich geht.
Kirchen und Tempel koennen Kraftorte, Orte der Stille und der Einkehr sein. Jedoch auch ein Wald, ein Berggipfel, das Meer...koennen dieselbe Wirkung auf Menschen haben. Buddha fand die Erleuchtung unter einem Baum und Jesus predigte wohl kaum in einer Kathedrale.
Religionen sollten sich mehr um die positive Entwicklung des Menschen kuemmern und weniger um institutionelle, finanzielle, machtpolitische…...Fragen.
Die Welt braucht unbedingt mehr spirituelle, friedfertige, tolerante, offene Bewohner, die sich fuer eine gute Zukunft dieses Planeten einsetzen.
Neue spirituelle Fuehrer erwachen und lehren via Medien, an Seminarien, an grossen Veranstaltungen und haben immer mehr Zulauf. Es ist zu hoffen und zu wuenschen, dass sich die Menschheit als Ganzes allmaehlich in eine positive Richtung bewegt. Sicher beginnt dies bei jedem einzelnen und seiner Einstellung. Wenn wir Menschen uns nicht weiter entwickeln, gehen wir alle miteinander zugrunde.
Fuer mich war das Schreiben irgendwie ein nochmaliges "Durchleben" und Erinnern der bewussten, vergangenen Jahre, selbstverstaendlich aus meiner Sicht. Ich wollte bewusst nicht alle Details und Geschichten erwaehnen - irgendwie soll der rote Faden meines Lebensweges ersichtlich werden.
Das Schreiben hat mir meistens Freude bereitet - ich war voll motiviert - es machte Spass.
Einige Passagen stammen aus frueheren Aufzeichnungen - waehrend rund drei Wochen war ich regelmaessig dran.
Ich denke, dies und jenes wird noch folgen - das Wesentliche ist jedoch aufgezeichnet.
Einige Freunde haben mich gebeten, ein Buch zu schreiben, was ich ihnen erzaehlte oder in Briefen schrieb - nun bin ich diesem Wunsch nachgekommen.
Im Verlaufe meines Lebens hat sich sehr viel veraendert: Gewaltige technische Neuerungen z.B. bei der Information; in der Landwirtschaft (vom Handmelker zum Melkroboter !); die Mobilitaet hat enorm zugenommen; Multikulturelle Gesellschaften sind entstanden, neben all den multinationalen Konzernen…...die Welt ist klein geworden. Eine neue Ausbildung, anderes Wissen und Koennen sind gefragt (z.B. Sprachkenntnisse, Umgang mit Informationstechnologie..). Weltbuergern gehoert die Zukunft - sie koennen irgendwo leben und arbeiten, sind offen und anpassungsfaehig.
Es ist nicht einfach zu entscheiden, welches die beste Zeit meines Lebens war - alle Perioden brachten sehr viel Schoenes und Aufregendes - sicher haben sich im Verlaufe des Lebens auch meine Erwartungen veraendert. Diese Erwartungen sind jedoch in allen Perioden meistens erfuellt worden.
Weil ich in den vergangenen 20 Jahren in erster Linie in Asien lebte, sind die Erinnerungen an diese Zeit etwas frischer und somit ausgiebiger beschrieben worden.
Dank gehoert meinen Eltern - sie taten ihr Moeglichstes fuer uns alle; Dank auch an alle meine Lehrer, meine ehemaligen Chefs - sie forderten und foerderten mich auf all meinen Wegen und uebertrugen mir Verantwortung; Dank an meine Lebenspartnerinnen - sie begleiteten mich mit viel Verstaendnis und Liebe auf den jeweiligen Lebensabschnitten; Vielen Dank an die zahlreichen Verwandten und Freunde - sie blieben treu und verbunden durch all meine Jahre im In- und Ausland und hatten stets ein offenes Haus fuer mich.
Den finalen "Kick" zum Schreiben erhielt ich via "meet my life" - auch dafuer sei herzlich gedankt.
(1) Suvin und der Schreiber in der CH, 2016
Wang Nam Yen / 28. Maerz 2019 - 73. Geburtstag - keine grosse Party, sondern in einem heimeligen Beizli, gemeinsam mit meiner Liebsten geniessen wir einen leckeren Fisch mit speziellen Beilagen und einen Tomyam Kung (scharfe Suppe mit Krevetten), zusammen natuerlich mit wunderbarem Reis. Ein Bier, Marke Chang (Elefant) gehoert dazu.
Mit dem Besitzer des Restaurant unterhalten wir uns ueber die neuesten Wahlen im Land des Laechelns. Er ist nicht erfreut ueber das Abschneiden in der Provinz - die Partei der Militaers haette Stimmen gekauft und die frueheren Abgeordneten verdraengt. Meine Gemahlin meint, sie und ihre Kolleginnen haetten keine Geldverteiler angetroffen !
5 Jahre fanden keine Wahlen mehr statt - die Militaers hatten damals nach wochenlangen Unruhen und fast buergerkriegsaehnlichen Zustaenden in den Strassen Bangkoks die Macht ohne Blutvergiessen uebernommen.
Langfristige Projekte wurden aufgegleist, gegen Korruption gekaempft, Demonstrationsverbot, Aenderung der Verfassung, haertere Gangart gegen Gegner. Die Opposition knurrte und verlangte schon lange Neuwahlen.
250 Senatoren (Oberhaus) wurden von der Regierung bestimmt; 500 Abgeordnete (Unterhaus) wurden vom Volk gewaehlt.
Die neue, militaerfreundliche Partei bekam am meisten Stimmen, jedoch einige andere Parteien haben ebenfalls gut abgeschnitten und wollen nun eine Koalitionsregierung bilden.
Der ehemalige Premierminister und fruehere General Prayuth wird jedoch vermutlich das Rennen machen, weil er die 250 Senatoren ebenfalls hinter sich hat.
Bereits haben wieder Demonstrationen und Medienkrieg begonnen: Die Wahlkommission haette nicht richtig gezaehlt, solle sofort abtreten; die Militaers haetten Stimmen gekauft….eine Woche nach den Wahlen ist Thailands politische Zukunft erneut unsicher.
Nun soll vorerst der neue Koenig gekroent werden und erst im Mai soll eine neue Regierung gebildet werden - das ist der Plan der noch amtierenden Regierung.
Ein frueherer PM namens Thaksin, welcher ins Ausland geflohen ist, weil er in TH verurteilt wurde, ist nun kuerzlich auch von all seinen koeniglichen Dekorationen entzaubert worden.
Vor rund 7 Jahren habe ich zum Thema "Das heutige politische Umfeld" folgendes aufgeschrieben:
Obwohl ich mich hier nicht in Politik einmische, erlaube ich mir, einige Beobachtungen und Gedanken zur hiesigen Politik festzuhalten. Thailand wird im Prinzip sehr zentralistisch regiert - frueher war der Koenig mit seinen naechsten Helfern "Der Chef im Land".
Ich habe den Eindruck, dass man heute hier nicht in die Politik einsteigt, um wirklich etwas fuer das Land zu tun. Der Hauptzweck der meisten Politiker ist schlicht und einfach, sich zu bereichern und Macht auszuleben.
Seit 40 Jahren verfolge ich die Regierungswechsel, die rund alle 3 bis 4 Jahre stattfinden, ausnahmsweise etwas frueher oder auch spaeter. Oft ergreift die Armee (Generaele) wieder die Macht, wenn es eine zivile Regierung allzu bunt treibt. Dann setzt die Armee wieder eine zivile Regierung ein oder es finden Wahlen statt, wobei die Sieger i.d.R. am meisten Stimmen gekauft haben bzw. am meisten Geld zu Verfuegung haben. Manchmal kaufen groessere Parteien kleinere auf - fast alle sind kaeuflich: "Geld regiert das Land.....und in gewissem Sinne ja auch die Welt!"
Der reichste Thailaender, namens Thaksin (s.oben) lebt im Ausland. Seine Demonstranten sind die Rothemden, welche fuer die Demos selbstverstaendlich bezahlt sind. Thaksin war ein paar Jahre PM und wurde durch einen unblutigen Militaerputsch abgesetzt. Wegen eines illegalen Landhandels wurde er zu 2 Jahren Haft verurteilt. Zudem sind mehrere weitere Gerichtsfaelle gegen ihn haengig. Als ehemaliger Polizist hat er die Polizei mehrheitlich hinter sich (gekauft) und neuestens sogar einige Generaele der Armee. Weil er nicht in den Knast will und die hoechsten Richter zum Glueck nicht kaeuflich sind, ist er geflohen, lebt in Dubai und hat einen Montenegrischen Pass (z.Z. sogar wieder einen zusaetzlichen Thai Pass !). In seinem eigenen Flugzeug bewegt er sich in der ganzen Weltgeschichte umher, macht seine Geschaefte und dirigiert aus dem Ausland die hiesige Regierung, welche z.Z. von einer seiner Schwestern praesidiert wird. Sie kann schoen laecheln und gut repraesentieren, die Entscheidungen werden jedoch anderswo getroffen.
Die gut bezahlten Helfershelfer ihres Bruders pilgern jeweils nach Hongkong, Singapur oder in arabische Staaten, um Richtlinien (Befehle) zu empfangen und via seine gekaufte Mehrheitspartei durchzusetzen.
In einigen Karikaturen wird Thaksin mit einem Hitler-Gesicht dargestellt. Die Politiker bereichern sich aus Abschoepfungen (Korruptionsgelder) von zahlreichen Projekten, Bauten, dem Reis- und Oelhandel...etc.. und der
Big Boss im Ausland wird wohl auch seinen Teil davon einstreichen, schliesslich hat er fuer die frueheren Demonstrationen und die letzten Wahlen einen Haufen Geld aufgeworfen.
Es wird wohl eine Frage der Zeit sein, bis es wieder gaert in den Strassen Bangkoks und anderswo. Mehrere Gruppen von Oppositionellen informieren die Bevoelkerung ueber die Machenschaften der Politmafia. Wenn die wirtschaftliche Lage fuer die einfachen Leute noch schwieriger wird, kann sich die Opposition eher verstaerken, und es wird einmal mehr zu einem Regierungswechsel kommen.
Zum Glueck blieb bis zum heutigen Tag keines dieser korrupten Regime mehr als ein paar Jahre am Ball, hingegen hat sich die Korruption weiter verstaerkt und ist eben bis auf Gemeindeebene sichtbar geworden. Es ist wie ein Krebsuebel, welches bald alle Bereiche durchwuchert - all dies rueckgaengig zu machen, ist natuerlich nicht "eintaegiges Heu".
Viele einfache Thais sind apolitisch, wenig oder einseitig informiert, was alles hinter den Kulissen geschieht. Sie sind sehr liebenswuerdige Leute und gehen ihrer Arbeit nach und kuemmern sich ums heute und um ihre Familienangehoerigen. Leider werden sie zum Teil durch gekaufte Medienschaffende desinformiert. Durch geschickte Werbung gaukelt man ihnen allerhand vor, was sie zum guten Leben brauchen. Bei Wahlen werden sie von einflussreichen Politikern und Geschaeftsleuten ("Lokalkoenige") gekauft. Wenn man wirklich arm ist, wird ein rechter Zustupf von diesen "Goennern" (Gauner) zwangsweise geschaetzt.
Mir bleibt die Hoffnung und der Wunsch, dass mit den Jahren eine Mehrzahl der guten Menschen im Land des Laechelns einen friedfertigen Wandel in eine bessere Zukunft unterstuetzen und finden wird.
Soweit meine Aufzeichnungen vor ungefaehr 7 Jahren.
In der Zwischenzeit, vor der 5jaehrigen Zeit der Militaerregierung, demonstrierten die Gelbhemden gegen die Regierung von Thaksins Schwester und die Rothemden dafuer…., wie oben erwaehnt, bis zu fast buergerkriegsaehnlichen Zustaenden mit Verletzten und Toten… dann griff einmal mehr das Militaer ein.
Nun sind einmal mehr Wahlen vorbei - Wahlen allein sind ja noch nicht Demokratie - es muss sauber zu und her gehen - nachher muessen Mehrheits-Entscheidungen gefunden und durchgebracht werden - die Minderheit muss die Mehrheit akzeptieren. Hier hapert es meines Erachtens noch da und dort. Es gibt zu viele schlechte Verlierer in diesem Land.
Manchmal frage ich mich, ob ein demokratisches System hier wirklich Zukunft hat. Die Menschen sind sich seit Jahrhunderten an Chefs gewoehnt. Vielleicht ist der ehemalige General Prayuth als ziviler PM keine schlechte Loesung, wenn er bereit ist, mit der Opposition geschickt zu verhandeln und neue Wege im politischen und wirtschaftlichen Dschungel Thailands auszuhecken. Die Zukunft wird's zeigen - qui vivra verra !
11. April, 2019 (2562 - gemaess Thai Kalender)
Heute ist Supatra 60 Jahre jung - noch ohne grosse Festivitaeten, ausser einem feinen Abendessen bei und mit unserem behinderten "Bruder Klaus".
Die grosse Party wird erst in 10 Tagen ueber die Buehne gehen, wenn Suvin und Freundin aus der CH da sein werden. Freunde und Verwandte aus der Umgebung werden dann mit dabei sein.
Nun erhaelt auch meine Gemahlin eine staatliche Rente, obwohl sie nie etwas einbezahlt hat. Der monatliche Beitrag belaeuft sich auf umgerechnet ca. 20 Franken. Zudem sind Aufenthalt und Behandlung in oeffentlichen Spitaelern (allg. Abtl) praktisch gratis. Die meisten Leute haben keine Kranken- und Unfallversicherungen; fuer alte, kranke und behinderte Menschen sind meistens die Familien selber zustaendig. Staatsangestellte und einige private Firmen kennen eine Pensionsversicherung, und erst kuerzlich ist eine freiwillige Altersversicherung fuer jedermann/frau ins Leben gerufen worden.
Bald ist Thai Neujahr (13. April) - fast alles steht still fuer ein paar Tage. Grosse Wasserschlachten werden ausgetragen auf den Strassen und Plaetzen - Es ist Beginn der Regenzeit. Die Thais feiern gerne, haben's gerne lustig (sanuk, nennt man dies in ihrer Sprache) - es wird gesungen und getanzt, getrunken und gegessen. Neujahr, dreimal wird gefeiert - erstmals am 1. Januar, dann im Februar - das Chinesische Neujahr und eben im April - das Thai Neujahr.
Ueber diese Tage bleibt man am besten daheim - auf den Strassen ist es noch gefaehrlicher als sonst - viele Unfaelle werden gebaut, teilweise wegen Alkohol oder anderen Drogen. Thailand ist fast Weltmeister im Strassenbau, aber eben auch bei Unfaellen !
Die Zahl der Fahrzeuge hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Die meisten Vehikel sind geleast - das Auto ist ein Statussymbol - man kann in einer ganz einfachen "Huette" leben - trotzdem steht ein neuer Wagen davor - kein Problem !
Der oeffentliche Verkehr, speziell die Eisenbahn, ist eher veraltet und wenig entwickelt. Erst in neuester Zeit sind Projekte, zusammen mit den Chinesen, ausgeheckt worden. Neue Hochleistungsstrecken sollen gebaut werden - vom Golf von Thailand via Bangkok in den Norden und den Nordosten des Landes. China baut bereits in Laos eine neue Bahnlinie und versucht via TH Meeranschluss zu ergattern.
In Thailand ist bereits vor bald 50 Jahren Familienplanung via Medien und an Kursen/Seminaren propagiert worden, mit Erfolg. Die Geburtenrate ist stark gesunken. Wenige Familien haben heute mehr als 2 Kinder, einige haben bloss eines oder auch keine Nachkommen.
Es kommt jedoch immer noch recht oft vor, dass Kinder sehr frueh kommen, dass die verantwortlichen Maenner "abhauen" und dann die Frauen alleine sind mit den Kindern. Oft ziehen dann die Grosseltern die Kinder auf. Die Mutter muss Geld verdienen in der Stadt oder in der Industrie und schickt Geld nach Hause. Wenn sie Glueck hat, findet sie einen Auslaender als Mann.
Die Grosseltern sind manchmal ueberfordert und verwoehnen die Kinder nach Noten. Das ist keine gute Voraussetzung fuer eine gute Zukunft von jungen Leuten. Nicht wenige junge Leute, vor allem Maenner, stuerzen dann spaeter ab, wollen und koennen nicht arbeiten und fallen der Gesellschaft zur Last. Es gibt da und dort ueber 30 Jaehrige, die immer noch total von den Eltern abhaenig sind.
Auch in TH leben Frauen im Durchschnitt einige Jahre laenger als Maenner. Nicht wenige Maenner verbringen das Leben als Moenche in Tempeln. Andere sterben in jungen Jahren auf Strassen (mehr als Frauen). Somit hat Thailand einen Ueberschuss an Frauen im heiratsfaehigen Alter. Deshalb, und sicher auch aus finanziellen Gruenden, suchen viele ihren Partner im Ausland.
Auch in TH gibt es eine Mehrzahl von jungen, tollen Leuten, die fleissig und zielstrebig ihre Ausbildung absolvieren, ihren Beruf lernen und dann gute Arbeit leisten. Das Land braucht noch mehr solche jungen Menschen, die mitdenken und mitbestimmen fuer die Zukunft von Thailand (das Land der Freien !)
Ich erlebe die meisten Menschen in diesem Land als sehr freundlich, hilfsbereit und interessiert. Thailand ist nicht umsonst ein Land mit sehr vielen Touristen, die sich hier wohl und sicher fuehlen.
Nach ueber 3 Jahren Pause verbrachten wir wieder einmal 2 Monate in der alten Heimat. Das Wiedersehen mit Verwandten und Freunden machte enorm Spass. Wir sind sehr verwoehnt worden und auch das Schweizer Wetter zeigte sich von der besten Seite. Bloss einmal liessen uns starke Regenfaelle in einem Seitental im Engadin wegen Erdrutschen fuer einen Tag eingesperrt. Dank Jasskarten fuehlten wir uns in diesem "Naturgefaengnis" recht wohl.
Dankeschoen all den uns wohl gesinnten Leuten - Ihr habt uns den Aufenthalt verschoenert und uns wunderbare Gegenden gezeigt. In Doerfern und Staedten, auf dem Land, auf Seen, Alpen und Bergen, in vielen Kantonen und Gemeinden haben wir Neues entdeckt.
Die Schweiz funktioniert auf einem hohen Niveau: Der oeffentliche Verkehr ist fast perfekt; die Leute haben eine sehr gute Berufsausbildung und arbeiten fleissig und gut; die Wirtschaft boomt; kulturell wird sehr viel geboten; aeltere Menschen profitieren von einem hochentwickelten Vorsorgesystem und allerhand Einrichtungen helfen Kranken und Behinderten auf eine sehr menschenfreundliche Art. Auch die ausgezeichneten kulinarischen Qualitaeten sind zu erwaehnen. Als Touristenland faellt stets die Zuverlaessigkeit, die Sauberkeit und die Vielfalt der Schweiz auf. Ja, und ueberall bluehen Blumen und erfreuen uns alle, sofern wir dies ueberhaupt sehen.
Der technische Fortschritt ist nicht zu uebersehen: Es wird weiter gebaut, Landwirtschaftsland verschwindet, Bauernhoefe sterben weiter, Melker werden allmaehlich durch Roboter ersetzt. Auch an Flughaefen, Bahnhoefen, Bushaltestellen, in Fabriken, Banken, Schulen….werden Menschen durch Maschinen ersetzt. Da hat man manchmal als aelterer Auslandschweizer schon etwas Muehe, wenn in Kuerze ein Billet an einem Automaten produziert werden sollte !
Sicher fordert die hochstehende Arbeitswelt die Menschen sehr stark - einige fuehlen sich ueberfordert und leiden unter den gesundheitlichen negativen Auswirkungen.
Zwei Ausstellungen haben mich speziell beeindruckt: Das Museum "Chaplin's World" in Vevey; Chaplin's grossartige Arbeit, seine menschlichen Zuege und sein Humor - und ohne zu luegen, die Ausstellung ueber die "Wahrheit" in Lenzburg. Es zeugt von einer riesigen Ideenvielfalt, ueber dieses Thema eine solch faszinierende Schau zu kreieren.
Die Schweizer brauchen gewisse Woerter sehr oft: "Genau", wenn sie zustimmen oder "das ist so". Bei frueheren Besuchen fielen mir "geil" und "mega geil" auf; inzwischen sind solche Ausdruecke schon wieder etwas abgeflacht im Gebrauch.
Die schweizerische Regeldichte ist nicht kleiner geworden. Fast alles ist gesetzlich festgehalten und was nicht vorgeschrieben ist, sei verboten, wie ein Franzose kuerzlich meinte. Die aelteste Demokratie der Welt ist eben produktiv und die Politiker folgen dem Volkswillen, sonst werden sie naechstes mal nicht mehr gewaehlt ! Es braucht viel Denkarbeit, wenn man gewisse Vorlagen wirklich kennen will - bloss ein Teil der Bevoelkerung wird sich da jeweils wirklich durchbeissen.
Sehr viele Schweizer tun viel fuer ihre Gesundheit, bewegen sich zu Fuss, auf dem Fahrrad, allein oder in Gruppen, auch aeltere Semester sind oft unterwegs und verbringen immer wieder froehliche Stunden miteinander - "Das Wandern ist des Schweizers Lust" !
Die Schweizer sind stark organisiert in Parteien, Verbaenden, Vereinen, Gruppen….praktisch alle sind bei mehreren Organisationen mit dabei - das gehoert nun mal zu einem echten Schweizer !
Es war ein tolles Erlebnis, wieder einmal etwas Zeit in der "alten Heimat" geniessen zu duerfen und zu beobachten, wie sich's da lebt. Diese alte Heimat veraendert sich jedoch laufend, wie dies weltweit geschieht.
Nach all den Jahren in Asien sind wir gerne wieder ins "neue Daheim" zurueckgekehrt - allmaehlich hat man sich an den etwas einfacheren Lebensstil gewoehnt.
Im September 2019
Corona-Virus ist ueberall, in fast allen Laendern, in den Medien, in den Spitaelern; es betrifft uns alle in Asien, Europa, Amerika....weltweit...die Menschen auf dem blauen Planeten sind veraengstigt, sind irgendwie im Krieg mit diesem kleinen Biest.
Noch nie in meinem bisher ueber 70 Jahre dauernden Leben habe ich so was erlebt - kein Krieg - keine Pandemie - kein Hunger - keine schwere Krankheit - wir (die meisten Miteidgenossen meines Jahrgangs) sind doch fast alle Glueckspilze, hatten stets mehr oder weniger frische Luft, sauberes Wasser, vielfaeltige Nahrung, eine gute Ausbildung, konnten Arbeitsstellen auslesen und sind im Alter abgesichert…...DANKE....unsere Eltern und unsere Umgebung meinten es gut mit uns. Wir konnten uns doch bestens ent-wickeln...aus den Windeln….und hatten dazu viel Narrenfreiheit !
Hier in Thailand sind zur Zeit praktisch alle Leute maskiert, wenn sie sich draussen bewegen mit Masken in allen Farben, oft einfarbig, gruen, schwarz, blau, weiss…., bereits sieht man auch mehrfarbige, kunstvoll gestaltete oder solche mit Texten wie "Anti-Corona". "No-Covin 19" usw.
Die Schulen haben 2 Monate Sommerpause, wie ueblich in dieser heissen Periode des Jahres, viele Geschaefte sind geschlossen, Vergnuegungszentren, Hotels, Restaurants, Sportstadien, Salons...sind dicht. Die Grenzuebergaenge sind zu, einige Provinzen und Staedte sind mehr oder weniger abgeriegelt, die Straende sind menschenleer. Touristen kommen keine mehr, nachts ist Ausgangsverbot (von 10 Uhr abendes bis 4 Uhr morgens). Das Thai Neujahr um den 13 April (Songkran) ist sogar auf spaeter verschoben - es wird waehrend dieser Zeit gearbeitet. Alkoholverkauf ist fuer mindestens 10 Tage verboten. Bleibt wenn moeglich daheim, meidet Menschenansammlungen - so auch hier die Devise, obwohl die Verbreitung des Virus im Land des Laechelns noch nicht gross sei (gut 2000 offiziell bestaetigte Faelle von Kranken, wenn man dies ueberhaupt je genau wissen kann).
Meine Gemahlin und der Schreiber gehoeren zur sogenannten Risikogruppe, Supatra wegen Asthma und ich selber altershalber. Wir sind vorwiegend daheim, bewegen uns bloss in der Naehe, allein im Park einer nahen Schule oder in unserem eigenen Wald oder Garten, wo wir vergangene Woche Mangos, Bananen und Noinee holten. Noinee, in Honig eingelegt, soll als Vorbeugung und Heilung von vergroesserter Prostata dienen, wissen Naturdoktoren in der Gegend.
Mit etwas Gartenarbeit ums Haus, waessern der Pflanzen, lesen, schreiben, Musik hoeren, meditieren, Yoga....einfach "sein"....gut essen und trinken (ab und zu auf die Waage stehen !), viel ruhen, genug schlafen, fuellen wir die wertvollen Tage und Naechte in der Abgeschiedenheit. Selten sind wir draussen, um Lebensmittel und Haushaltwaren einzukaufen. Es ist eine guenstige Gelegenheit fuer ausgiebige Gespraeche unter vier Augen, aber auch eine Chance, um in sich zu gehen und zu spueren, was eigentlich im Leben wichtig ist. Gleichzeitig setzt man sich mit dem Tod auseinander und verliert die Angst vor ihm.
Zur Zeit lese ich wieder einmal "Dimitri, der Clown in mir", eine Autobiografie, genial geschrieben mit der Feder von Hanspeter Gschwend. Dimitri erwaehnt in seinem Vorwort, dass ihn der Autobiograf beim Schreiben immer wieder angerufen habe. So sei es besser, die Autobiografie zu Lebzeiten schreiben zu lassen. "Denn wer kennt meine Telefonnummer, wenn ich nicht mehr da bin" (Zitat Dimitri).
Als grosser Fan von Dimitri, den ich erstmals im Kleintheater von Emil Steinberger in Luzern entdeckte, dann jedoch auch im Zirkus Knie und auf verschiedenen Buehnen in der Schweiz immer wieder bestaunte.
Waehrend meinerArbeitszeit in Bhutan hatte ich mal die Idee (deshalb obiger Titel dieses Kapitels), Dimitri an unser Ausbildungszentrum fuer Berater einzuladen. Beratung hat auch einiges mit non-verbaler Kommunikation zu tun, und fuer mich war da Dimitri ein spezielles Talent. Gedacht - und ein Brief an Dimitri ins Tessin aus Bhutan war die Folge, ob er allenfalls gewillt waere, auf der Buehne des NRTI (Natural Resources Training Institute), eine Vorstellung zu geben.
Seine Gemahlin und Managerin, namens Gunda, antwortete nach kurzer Zeit mit einem Ja zu einer Reise nach Bhutan und einem Auftritt am NRTI. Dimitri sei um diese Zeit in Japan und wuerde auf der Heimreise einen Abstecher ins Land des friedlichen Donner-Drachen unternehmen. Dimitri hatte damals etwas Rueckenschmerzen und wuerde einen speziellen Liegesitz im Auto benoetigen. Ich sondierte am Institut, bei der Direktion und bei den Lehrern mit einem Video von Dimitri. Auch die Helvetas-Zentrale in Zuerich wurde angeschrieben. Ueberall folgten Zusagen und begeisterte Rueckmeldungen. Ein Techniker von Dimitris Gruppe kam sogar zu uns nach Lobesa und inspizierte die Buehne in der Aula des NRTI - alles o.k. -
- Und dann kam der Hammer: Der zustaendige Minister der Regierung in Thimphu finde, es sei nicht noetig, dass man einen Clown hierher bringe und auftreten lasse. Andererseits war jedwelcher Junk aus Indien (Bollywood laesst gruessen !) scheinbar kein Problem. Ich musste dann, tief enttaeuscht, die Retourkutsche besteigen und die Einladung rueckgaengig machen. Vermutlich passte irgend einem Mitverantwortlichen hinter den Kulissen diese geplante Kultureinlage am NRTI nicht, weil es nicht seine eigene Idee war.
Soweit die Geschichte von "Dimitri in Bhutan", die mir beim Lesen von "Der Clown in mir" waehrend der Pandemie-Zeit wieder einmal aufflackerte und nun festgehalten ist.
14. April 2020
Turbulente Zeiten und Lebenskuenstler
Seit ueber einem Jahr haben viele Menschen Neues erlebt: Abstand einhalten, Masken tragen, Haende desinfizieren, manche sind arbeitslos geworden oder arbeiten daheim, lernen online....Viel Leid ist zu beklagen - Millionen wurden weltweit krank - viele sind an der Virus Infektion gestorben - andere kaempfen mit Langzeitschaeden oder sind wegen den Einschraenkungen psychisch angeschlagen. Neue Virusvarianten verunsichern uns Menschen noch mehr. Zum Glueck sind nun Impfungen moeglich - fuer Optimisten ist die Pandemie bald zu Ende !
Im Land des Laechelns ist nicht mehr allen zum Lachen: Die Wirtschaft ist eingebrochen. Der Tourismus ist bloss noch minim - es besteht bloss die Hoffnung, dass es bald wieder besser wird. Ob wohl wieder einmal fast 40 Mio. Touristen pro Jahr das Land besuchen werden ? Wer weiss das schon genau ? Sicher haben diese Einschraenkungen auch positive Seiten: Meeres- und Luftverschmutzung sind geringer - seltene Tierarten erstarken wieder. Auch der Verkehr auf den Strassen ist ertraeglicher geworden. Vielleicht verbessert sich die Lebensqualitaet fuer Mensch und Tier allmaehlich. Sich etwas einschraenken beim Konsum, bei der Mobilitaet, bei Fernreisen kann u.U.zu mehr Nachdenken fuehren..., z.B.: Was tun wir da eigentlich auf diesem Planeten Erde waehrend der paar Jahre unseres Daseins ? Welches sind die Ziele des Lebens ? Wie koennen wir diese erfuellen ?
Kuerzlich war ich zu Besuch bei einem 85-jaehrigen Moench, der allein inmitten eines kleinen Dschungels in einer kleinen, sauberen Tempelanlage lebt. Der Moench meditiert viel, haelt die Anlage sauber, kuemmert sich um die Pflanzen in der Umgebung und betreut seine zwei Hunde, die ihn bewachen und auch vor Schlangen warnen und schuetzen.
Der Moench spricht neben Thai sehr gut Englisch, weil er waehrend Jahren im Tourismussektor taetig war. Erst als er ungefaehr 50 Jahre jung war, ist er Moench geworden.
Er betont, dass sein Leben im Einklang mit der Natur und Buddha steht und dass er dabei zufrieden sei und innere Ruhe finde. Der Moench ist bei bester Gesundheit und strahlt eine gewisse Froehlichkeit und Humor aus. Seine Gelassenheit und sein Schalk erinnern mich an Bilder von Dalai Lama. Sein Haus ist offen fuer Besucher, denen er sehr freundlich und interessiert begegnet.
Mein Fazit: In unserer veraenderten Zeit leben "Lebenskuenstler" besser. Viele sind gezwungen, zu solchen Kuenstlern zu werden. Mehr Aus- bzw. Umsteiger bestaetigen diese Tatsache. Viele, auch junge Menschen, sind auf der Suche nach neuen Lebensinhalten und -Formen.
17.4.2021
Der kleine Star "Nada"
(1)
Nada ist die Juengste im Familienclan von Supatra. Sie ist die Tochter ihres juengsten Bruders, der mit seinen 4 Kindern und deren Mutter gleich neben unserem Haus im Erdgeschoss des Gaestehauses wohnt.
Nada weilt oft bei uns, vor allem wenn die beiden Eltern arbeiten und die drei Geschwister in der Schule sind. Sie ist ein sehr friedliches und freundliches Geschoepf, das uns viel Freude bereitet. Sie lacht sehr oft und weint nur, wenn sie wirklich hungrig ist oder etwas weh tut.
Fast kommen wir uns wie Grosseltern vor, und die Kleine ist uns bereits ans Herz gewachsen. Kuerzlich waren wir ein paar Tage auswaerts und sehnten uns enorm nach Nada, unserem Star. Auf jeden Fall fuehlt man sich eher juenger bzw. weniger alt, wenn man mit einem neu geborenen Erdenbuerger zusammen sein darf !
Inzwischen ist sie bereits 9 Monate jung, bewegt sich immer mehr, vor allem rueckwaerts kriechen ist ihre Spezialitaet. Das Element Wasser fasziniert sie seit Geburt - Baden ist fuer sie ein Vergnuegen, ein Spiel. Im Moment lernt sie mit mir oft spazieren, Tueren oeffnen und schliessen, Katzen verfolgen...die Umgebung angucken und bestaunen.
Sie erzaehlt auch Geschichten....man versteht davon noch nicht viel....ausser wenn sie "okay" sagt, und zwar stets im richtigen Moment. Also Baden ist fuer Nada immer okay ! Ihre "Gesaenge" hat sie von der Umgebung gelernt - ihre Stimme ist klar und deutlich.
Klar und deutlich sind auch ihre Gesten in Bezug auf Essen und Trinken. Da ist man sofort im Bild, was ihr passt und was nicht.
Nada schlaeft viel und gut, nachts ueber Stunden, tagsueber eher kurz - das ist stets ein beruhigendes und total friedliches Bild. Kaum wacht sie auf, ist sie wieder in voller Aktion, die Batterien neu geladen. Manchmal schlaeft sie bei uns, meistens bei ihrer Familie, manchmal auf einem Bett, manchmal in einer Haengematte.
Nada ist eine aufmerksame Beobachterin - fuer sie neuen Menschen zeigt sie vorerst mal die kalte Schulter, wird dann jedoch bald einmal zutraulich und laechelt die Leute an. Alle haben sie gerne und sind gerne in ihrer Naehe - ein wirklich kleiner Star ist die kleine Nada, sehr kontaktfreudig, froehlich und leutselig !
Was wird wohl aus ihr, aus ihrem Leben - wer weiss das schon, wie ihre zukuenftige Welt aussehen wird ? Ihre ersten Monate auf diesem Planeten sind schon mal voller Zufriedenheit und Glueck - sie wird von verschiedenen Seiten gut gehalten und geliebt und es scheint ihr zu passen in dieser Runde hier, mit Eltern, Geschwistern, Verwandten und Bekannten.
Das Katzendrama
Um unser Haus lebt seit Jahren eine halbwilde Katze. Halbwild, weil man sie nicht beruehren kann - sie ist sehr vorsichtig und skeptisch gegenueber Menschen, laesst sich allerdings fuettern.
Schon mehrmals hat sie Nachkommen geboren, in der Umgebung oder beim Nachbarhaus. Sie ist eine ausgezeichnete Katzenmutter und kuemmert sich enorm um ihre Babies. Immer wieder zuegelt sie diese, mal in unser Haus, in einen Schrank, in irgend einen verborgenen Winkel ums Haus und einmal sogar in das Auto, nachdem das Fenster offen stand.
Ihr Problem: Die jungen Katzen werden jeweils allmaehlich selbstaendig und gehorchen der Mama nicht mehr. So verstecken sie sich gerne in den Innereien des Pickups, in der Motorhaube, auf dem Reserverad oder dem Getriebe des Fahrzeugs.
Vorerst wussten wir dies nicht und junge Katzen fuhren im Untergrund des Fahrzeugs mit in einen Tempel und verschwanden dort scheinbar oder bereits auf dem Weg dorthin. Ein Drama fuer die Katzenmutter. Tagelang suchte die Aermste die Kleinen und trauerte mit lauten Rufen.....und wir hatten Mitleid mit ihr.
Doch nach nicht allzu langer Zeit wurden neue Kaetzchen geboren. Diesmal passten wir besser auf und kotrollierten jeweils vor der Abfahrt das Fahrzeug, ob da wieder Katzen in der "Unterwelt" hausten. Tatsaechlich steckten mal deren vier Stueck unter der Motorenhaube.
Immer wieder fanden sie neue Verstecke im Fahrzeugchassis und ich musste sogar den Gartenschlauch holen, um die kleinen Biester aus ihren Vestecken zu spuehlen !
Eines Nachts schrie ein Kaetzchen draussen vor dem Schlafzimmer fuerchterlich. Ich ging nach draussen, um nachzuschauen, was da los war. Eine grosse Echse hatte sich an der Nase eines Kaetzchens festgebissen. Ich half der Kleinen, die Echse wegzuziehen und die Katzenmutter biss mich sofort ins Bein, weil sie vermutete, dass ich dem Kleinen etwas antun wolle. Am naechsten Morgen wurde ich im nahen Spital humorvoll verarztet, musste waehrend ein paar Tagen Antibiotika schlucken und nun die Tollwutimpfung ueber mich ergehen lassen, dh. vier mal antraben innerhalb eines Monats. Die kleine Katze ist auch wieder geheilt - ihre Nase sieht nun wieder ganz ordentlich aus.
Das Drama geht jedoch weiter: Vor wenigen Tagen fuhr der Nachbar mit meinem Fahrzeug in aller Fruehe auf einen Markt an der kambodschanischen Grenze, bewilligt von meiner Gemahlin; die Katzenkontrolle blieb vergessen und drei der vier Katzchen sind verschwunden. Bloss die Kleine mit der etwas verunstalteten Nase war bei Mama geblieben und ueberlebte somit. So ist die halbwilde Katze erneut in einer leicht abgeschwaechten Trauerphase....und schreit zusammen mit dem uebriggebliebenen Jungen nach den anderen Kaetzchen.
Ein paar Tage spaeter war die kleine Katze erneut verschwunden - schon wieder eine dramatische Situation - wir befuerchteten, dass die Kleine von einer Schlange vertilgt wurde - doch siehe da, nach 2 langen Tagen und Naechten tauchte sie ploetzlich wieder auf. Das Wiedersehen mit Mama war ein Katzen-Freudenfest und wir freuten uns mit den beiden zusammen.
Wann wird wohl die naechste Generation geboren und wieviele werden dann erwachsen ? Wer weiss das schon !
Verschiedene andere Katzen, die bei uns Anschluss suchten, verunfallten oder gingen an einer Seuche oder altershalber ein. Ungewollt bin ich zum "Katzenbestatter" des Quartiers geworden.
Frueher gab es zahlreiche Schlangen in der Umgebung. Damals war ich als Schlangenfaenger aktiv, holte Schlangen aus Wohnungen und Badezimmern !
19.4.2021
Regenzeit ist hier in TH nicht zu vergleichen mit Sommerzeit oder Winterzeit in der Schweiz. Die Regenzeit beginnt, wenn das Wetter dies will - manchmal schon im April, ums Thai Neujahr, manchmal im Mai oder auch erst im Juni. Manchmal kommt sie ganz sachte, oft jedoch recht stuermisch, mit starken Winden aus verschiedenen Himmelsrichtungen, als ob der Monsun noch nicht recht wuesste, woher er eigentlich zu blasen habe. Nach der heissen Periode von Februar bis April schaetzt man den Regen doppelt, und auch fuer die Pflanzenwelt beginnt eine angenehme Zeit. Wie oft wartet man doch als Bauer auf den "Segen des Himmels", vor allem wenn junge Baeume gepflanzt sind oder Mais, Zuckerrohr oder Maniok ..... neu angepflanzt worden sind.
Regenzeit heisst nun jedoch nicht, dass es stets regnet - nein, in der Regel herrscht Sonnenschein - am Morgen ist es sehr angenehm, dann steigen die Temperaturen und gegen Mittag, am Nachmittag oder abends und manchmal auch in der Nacht ergiesst sich ein Gewitter ueber die Gegend mit grellem Blitzlicht und grollendem Donner. Die Gewitter sind oft sehr lokal - manchmal faellt waehrend einigen Tagen wieder kein Regen. Es gibt auch Regentage, vor allem gegen Ende der Regenzeit, im September, anfangs Oktober.
Solches Wetter nenne ich jeweils "Schweizerwetter", was zwar nicht ganz fair ist. Es ist dann jeweils grau und trueb, der Himmel ist mit Wolken verhangen; dies kann sogar 2-3 Tage oder ausnahmsweise laenger dauern. Der Unterschied zur alten Heimat ist jedoch die Temperatur - hier bleibt es angenehm warm und Einheimische fuerchten den Regen ueberhaupt nicht - sie geniessen sogar diese Dusche im Freien, im Feld oder auf dem Motorrad. Soweit bin ich noch nicht - habe Respekt vor dem Regen, speziell vor Gewittern und bleibe, wenn irgendwie moeglich, im Trockenen.
Waehrend wir hier im Osten des Landes von April bis Oktober ungefaehr einen Meter Niederschlag bekommen, sind es dem Meer entlang oder auf Inseln wie Ko Chang bis zu 5 Metern pro Jahr. Der "nasse Segen des Himmels" ist also ungleich verteilt. Die Natur hat da ihre eigenen Regeln - zum Glueck haben wir da nichts zu "gebenedeien". Wer von der Menschheit muesste da wohl bestimmt werden, ueber sowas zu entscheiden. Und wie sollte dann diese Wetterstelle entscheiden bei all den einflussreichen Lobbies des Tourismus, der Stromproduzenten, der Plantagenbesitzer, der Reis-, Zuckerrohr- oder Milchbauern..... ?
Manchmal werden hier jedoch Wolken mit Hilfe von Flugzeugen und Chemie geimpft, damit etwas Regen faellt, wenn Trockenheit herrscht. Jedoch geht nichts, wenn keine Feuchtigkeit in der Luft ist.
Gegen Ende der Regenzeit werden oft tiefere Lagen von den enormen Wassermassen ueberschwemmt. Der steigende Meeresspiegel, die vielen Ueberbauungen und die Umwandlung von Wasser- in Teer- oder Betonstrassen verschlimmern die Situation vor allem in den riesigen Agglomerationen von Bangkok und anderen meeresnahen Gebieten.
Ein Siedlungsdruck von tieferen Lagen in hoeher gelegene Gebiete ist bereits spuerbar.
Ein Landkauf und der Bau von neuem Wohnraum im Landesinnern kommt jedoch bloss fuer Vermoegende in Frage. Die einfachen, meist armen Leute und vor allem die Slumbewohner bleiben da chancenlos und muessen in ihren einfachen, oft ueberschwemmten Behausungen ausharren.
6.5.2021
Wer sich in einem oeffentlichen Spital behandeln lassen will, muss vorerst eine spitalinterne Identitaetskarte produzieren lassen. Darauf steht der Name, eine Nummer oder ein Code und in einigen Spitaelern wird auch gleich ein Foto eingefuegt. Einheimische muessen stets die eigene Identitaetskarte, Auslaender den Pass mitbringen. Ohne diese Ausweise geht nichts - alle muessen irgendwie ins Computersystem passen, auch Notfallpatienten. Es ist fast wie an Flughaefen, wo auch nichts geschieht ohne Ausweise !
Bevor man jedoch z.Z. ins Spital reinkommt, muessen die Haende desinfiziert werden. Auch die Koerpertemperatur wird gemessen. Wer Anzeichen einer Coronavirus Infektion zeigt, wird bereits vor dem Eingang in ein Spezialzelt eingewiesen, wo weitere Abklaerungen erfolgen.
Am besten bringt man ebenfalls einen Haufen Geduld mit ins Spital, denn die Warteschlangen sind in der Regel enorm. Je frueher man am Morgen sich einfindet, desto besser ist die Chance, als ambulanter Kunde das Spital noch vor Mittag wieder verlassen zu koennen.
Wenn man angemeldet ist, werden vorerst Gewicht und Blutdruck bestimmt, dann wird gewartet, bis man zur Abklaerung des persoenlichen Dossiers aufgerufen wird. Dort wird bestimmt, in welcher weiteren Warteschlange, vor welchem Spezialisteneingang man sich einzufinden habe. Moeglicherweise muessen jedoch vorerst noch weitere Abklaerungen durchgefuehrt werden (z.B Blut- oder Urintest, Durchleuchten...). In der Zwischenzeit gibt es Gelegenheit, das Morgenessen in der Kantine einzunehmen, bis die Resultate vorliegen.
Arzt oder Aerztin stehen unter Zeitdruck - es finden somit jeweils nur kurze Besprechungen statt. Ein paar Fragen werden gestellt - dann Abholen der vorgeschlagenen Medikamente...oder evt. Einweisung ins Spital, bei eher schweren Krankheiten. In solchen Faellen muss ein Familienmitglied oder eine Betreuung mit dabei sein - dies ist hier in praktisch allen Spitaelern das Uebliche. Sie sind verantwortlich fuer die persoenliche Betreuung der Patienten (Begleitung, Waschen, Toilette, Medikamente verabreichen...)
Auch bei der spitalinternen Apotheke gilt es zu warten, bis man aufgerufen wird. Evt. wird man zuerst zur Kasse gebeten, fuer Auslaender obligatorisch. Einheimische im Pensionsalter (ab 60 Jahren) sind gratis, juengere Patienten bezahlen einen bescheidenen Beitrag von ca. einem Franken pro Behandlung. Jedoch auch fuer Auslaender sind die Preise in oeffentlichen Spitaelern erschwinglich, auch wenn man nicht versichert ist. Die meisten Leute sind hier nicht versichert - irgendwie ist der Staat die Versicherung selbst !
Anders sieht es bei Privatspitaelern aus - hier machen die Preise ein Mehrfaches aus - man muss versichert oder gut bei Kasse sein. Bei allfaelligen Operationen muss man hier vorerst beweisen, dass man den Kosten gewachsen ist.
Die meisten Angestellten der Spitaeler sind weiblich, nur bei den Aerzten liegen die Maenner vorne. Viele Aerzte betreiben abends oder an Wochenenden Privatkliniken, um ihr bescheidenes Einkommen etwas aufzubessern.
An Wochenenden sind an oeffentlichen Spitaelern nur die Notfallabteilungen offen.
Zu den Spitaelern gehoert eine Zahnklinik - praktisch alle Behandelnden sind Zahnaerztinnen, welche abends und an Wochenenden ebenfalls in privaten Kliniken arbeiten.
Mangelnde Sprachkenntnis kann fuer auslaendische Patienten ein Problem bedeuten - dann braucht man jemand, der uebersetzen kann, weil viele Angestellte im Spital bloss Thai sprechen.
Die Qualitaet der Spitaeler ist meines Erachtens recht gut, und die Menschen gehen meistens achtungsvoll und freundlich miteinander um.
In Regionalspitaelern werden bloss einfachere Behandlungen ausgefuehrt; es wird geboren und natuerlich, zwar eher selten, nach einem kuerzeren oder laengeren Leben, auch gestorben. Viele Menschen ziehen es jedoch vor, zu Hause von den Angehoerigen Abschied fuer immer zu nehmen. In neuerer Zeit geschieht dies aber auch in den Palliativ Abteilungen der grossen Spitaeler. In den Spitaelern auf dem Lande werden kleinere Gebrechen behandelt - fuer groessere Operationen wird man in ein Provinzspital eingewiesen, wo mehr Spezialisten zur Verfuegung stehen und auch bessere Einrichtungen fuer die Diagnose vorhanden sind. Viele Aerzte und Aerztinnen auf Distriktebene sind jung und machen erste Erfahrungen mit den vielen Patienten.
Die grossen Spezialisten findet man in den renommierten Spitaelern in den groesseren Staedten und in Privatspitaelern. Manche ausgezeichneten Aerzte arbeiten sowohl in staatlichen als auch in privaten Spitaelern.
In Bangkok werden auch Patienten aus dem Ausland angelockt und behandelt, z.T auch fuer Schoenheitsoperationen. Es sind meistens reiche Leute z.B. aus Indien oder aus arabischen Staaten - "Business mit Gesunden und Kranken...as usual !"
Wenn man die vielen Leute in den Spitaelern auf dem Lande sieht, stellt man fest, dass es mehrheitlich aeltere Menschen sind. Es sind Dauerkunden, die an Herzproblemen, an Diabetes, an verschiedenen Infektionskrankheiten, Rueckenproblemen.....leiden.
Viele von ihnen haben in ihrem Leben hart gearbeitet, haben sich z.T. einseitig ernaehrt, haben zu wenig Bewegung. Die Zivilisationskrankheiten gehen ja rund um den Globus und machen auch vor laendlichen Gebieten nicht Halt.
Das Regionalspital fuehrt auch Impfungen durch, betreibt eine Thai-Massage Abteilung und verkauft Naturheilmittel aus regionaler Produktion. Mobile Fachkraefte besuchen Doerfer und fuehren gesundheitliche Aufklaerung und Beratungen durch.
Behinderte Rollstuhlfahrer finden in einer angegliederten Werkstatt etwas Arbeit und Gesellschaft.
Das Spital hat einen wichtigen Platz in der Thai Gesellschaft und wird auch von den meisten Menschen sehr geschaetzt. Selbstverstaendlich stehen viele gut ausgebildete und menschenfreundliche Fachkraefte dahinter. Mit ihnen steht oder faellt das ganze Gesundheitssystem dieses freundlichen Landes. Ohne all diese guten Menschen ginge auch hier nichts vorwaerts.
7.5.2021
Wang Nam Yen (WNY) ist ein Distrikthauptort, vergleichbar mit Langenthal, Zofingen oder Hochdorf.
Menschen aus WNY und aus mehreren Doerfern ringsum kaufen hier ein, Junge besuchen Schulen; das Bezirksspital, Apotheken, Banken, die Polizeistation, Geschaefte fuer Baumaterialien, Restaurants, Bars...praktisch alles ist hier konzentriert.
Ein Morgenmarkt und ein Abendmarkt, jeweils an verschiedenen Plaetzen, wo taeglich vor allem Lebensmittel und Fertiggerichte angeboten werden, gehoeren seit Jahren zum Marktgeschehen. Stets sind hier viele Leute anzutreffen.
In juengerer Zeit sind mehrere "7Eleven"-Geschaefte eingerichtet worden. Diese verkaufen ihre Waren im 24 Stunden Betrieb, sind mit Klimaanlagen ausgeruestet und ihre Waren sind etwas teurer. Man kennt diese im ganzen Land. Sie sind bei der Bevoelkerung beliebt und verkaufen Esswaren und wichtige Gebrauchsartikel - eine Art Riesenkioske.
Seit bloss 2-3 Jahren sind nun Grossverteiler, wie "Tesco Lotus" und "Big C" in WNY; Kleinausgaben wie "Mini Big C" und "KleinTesco" sind zwischen den beiden grossen alten Frischmaerkten entstanden.
Im Moment wird bloss 100 m von unserem Haus entfernt, an der Hauptstrasse, ein weiterer neuer, grosser Supermarkt gebaut. Man werde dort alles kaufen koennen, von Kleidern, ueber Moebel, Werkzeuge, Lebensmittel, Getraenke....erzaehlte mir der Bauherr kuerzlich persoenlich. Daneben hat bereits ein neues Restaurant den Betrieb aufgenommen.
Wo also noch letztes Jahr ein kleiner Urwald mit Bauemen und Straeuchern und vielen Voegeln lebte, wo nach Regenfaellen Froesche musizierten und Schlangen hausten, ragen nun dutzendweise 6 metrige Stahlpfeiler aus dem Boden. Wohl die meisten Froesche sind bei den Bodenaufschuettungen umgekommen; nur noch wenige hoert man nun nach Regenfaellen in der Umgebung.
Die Hauptstrasse durch WNY war frueher 2-, dann vierspurig mit Baeumen auf beiden Seiten. Inzwischen ist diese auf 10 Spuren ausgebaut worden, kein Baum und kein Schatten mehr, weit und breit !
Vor nahezu 50 Jahren war dieses Gebiet vorwiegend Dschungel. Allmaehlich kamen immer mehr Leute aus verschiedenen Provinzen von Zentral-, Nordthailand und dem Nordosten in dieses fruchtbare Gebiet. Es wurde gerodet, Urwald-Holz abtransportiert und Landwirtschaft betrieben. Viel Streit um Boden gab es ebenfalls - ich bezeichnete die Region als der "Wilde Osten" von Thailand, wo sich auch zahlreiche Rechtsbrecher aufhielten und wo manchmal fast ein bisschen "Faustrecht" herrschte, allerdings schon damals mit Waffen. Von oeffentlicher Strom- und Wasserversorgung war damals nicht die Rede - all dies kam erst vor rund 30 Jahren, als das Gebiet zur neuen Provinz Sa Kaeo erkoren wurde.
Als der Vietnamkrieg vor ueber 50 Jahren immer groessere Ausmasse annahm, war viel Militaer im Grenzgebiet, Fluechtlingslager entstanden, internationale Hilfsorganisationen kamen in die Region.....allmaehlich wurde der "Wilde Osten" etwas zivilisierter, wenn man dem so sagen will.
Journalisten aus Zuerich, Paris....reisten an und wollten wissen, ob nun dieses Gebiet von Kommunisten infiltriert sei. Ja, es gab Gruppen von Studenten oder in einer Region sogar Leute aus Vietnam, die hofften, Thailand werde nach Laos und Kambodscha der naechste Dominostein in der Reihe der kommunistischen Laender Suedostasiens. Das war dann schliesslich nicht so, zum Glueck !
Wenn ich zurueckschaue auf jene Zeit vor rund 50 Jahren und dann die heutige Entwicklung angucke, kommt mir Erich Kaestner's "Entwicklung der Menschheit" in den Sinn: (Beginn und Ende) "Einst haben die Kerls auf den Baeumen gehockt,.......und bei Lichte betrachtet sind sie im Grund noch immer die alten Affen."
Viele Menschen sind von Sebstversorgern zu Konsumenten geworden. Die neuen Tempel sind die Einkaufszentren... die Konsumtempel ! Neue, riesige Strassen, neue, z.T.ebenfalls riesige Autos, Prestigeausruestungen....und vielfach Schulden, Schulden....ein Leben auf Pump, ueber den Verhaeltnissen leben; nur heute ist wichtig - was morgen ist, wird verdraengt. Die Werbung ueberzeugt die Leute, was sie alles brauchen, um gluecklich zu sein !
Ob der neue Supermarkt wohl so super sein wird fuer die Zukunft der Menschen in und um WNY ???
15.5.2021
Alles ist vergaenglich, sogar beim Universum soll es so sein - neue Planeten entstehen, andere verschwinden aus unserem Wahrnehmungsbereich.
Kuerzlich habe ich gelesen, dass sich Materie aufloesen kann, wenn sich Energiefelder im Universum veraendern - so koennte es sein, dass auch unser Planet mit allem Drum und Dran verschwinden koennte. Vielleicht schon demnaechst - vielleicht in Millionen von Jahren - viel Leben wuerde ausgeloescht, demnaechst oder erst viel spaeter - wer weiss das schon genau ?
Was wir wissen: Noch kein Mensch oder auch anderes Wesen hat bis zum heutigen Tag ewig ueberlebt. Alle kommen nach einer gewissen Lebenszeit zum Ableben. Das ist fair und gerecht so, denke ich. Niemand kann ein paar Jahrzehnte Lebenszeit dazukaufen.
Die Natur ist voll von Kreislaeufen von Leben und Sterben: Da weidet ein Rindvieh - ploetzlich macht es "Zack" und ein Bueschel Gras ist weg und landet im Wiederkaeuermagen. Spaeter landet das Tier im Schlachthof und Menschen geniessen vor allem die besten Teile des Fleisches, um gut zu ueberleben fuer eine gewisse Zeit.
Die meisten Menschen sterben wegen Krankheiten, Unfaellen, Natur- und anderen Katastrophen....und nur bei einigen heisst es, sie seien friedlich eingeschlafen, Nur Wenige bestimmen selbst, wann und wie sie ableben moechten.
Was mich immer wieder zum Staunen bringt: Das Leben auf unserem Planeten ist enorm vielfaeltig, von den Tiefen der Ozeane, in all den verschiedenen Bodenarten bis in die Berggipfel, von den tropischen Regenwaeldern bis zu den Polen der Erdkugel - ueberall laesst sich Lebendiges finden.
Der Mensch mit seinem hoch entwickelten Gehirn entdeckt immer noch neue Arten. Zahlreiche Lebensformen sind im Verlaufe von Millionen von Jahren verschwunden, neue sind aufgetaucht.
Moeglicherweise gibt es auch Leben auf anderen Planeten - vielleicht wird sich unsere Spezies auf dem Mars ansiedeln....? Wir Menschen werden wohl nie alles wissen koennen. Die Wissenschaft macht zwar weiter Fortschritte....doch stoesst auch diese stets an neue Grenzen. Auch Wissenschaftler staunen immer wieder und wissen um ihre eigenen Erkenntnisgrenzen.
Spezialisten versuchen, die Lebensdauer des Menschen durch spezielle Ernaehrung und Wirkstoffe zu verlaengern. Das wird wohl bis zu einem gewissen Grad moeglich sein, doch wird auch der kuenftige Mensch sterblich bleiben.
Versucht man, die Kenntnisse ueber das Universum etwas zu durchstoebern, erscheint der einzelne Mensch wie ein winziges Staubkoernchen und seine Lebensdauer ist wie ein "Hauch". All dies laesst mich bescheiden werden - mit grosser Ehrfurcht vor der Schoepfung.
Im Grunde genommen ist ein Menschenleben keineswegs Welt bewegend, sei es das eines armen Schluckers noch eines VIP.
Viele denken und glauben, dass sie nach dem Tod wieder neu geboren werden oder dass es irgendwie weiter geht. Manche fuerchten sich vor dem Ableben, andere, vor allem schwer Kranke, wuenschen sich diesen Moment herbei.
Die meisten jedoch, moechten moeglichst lange und gesund leben.
Bei Eintagsfliegen ist die Lebensdauer klar, bei vielen anderen Wesen kennt man die ungefaehre Lebenszeit. Mehrere Faktoren spielen da eine Rolle - zahlreiche Ueberraschungen sind moeglich, z.B. neue Krankheitserreger, Kriege, Anschlaege, Naturkatastrophen, Klimaveraenderungen...
Meiner Meinung nach ist es beruhigend, wenn man sich all dessen bewusst ist. Man lebt so intensiver, ist dankbar und freut sich am taeglichen Leben. Man konzentriert sich auf Wesentliches, Sorgen werden zu "Soergelis". Man wird weniger anspruchsvoll, eher grosszuegig; das Leben ist weniger vom "Haben" und mehr vom "Sein" gepraegt. Das Sterben gehoert zum Leben und ist stets mit dabei.
13. September 2021
FREIHEIT war mir stets wesentlich. Nie war ich gerne eingeengt, sowohl koerperlich als auch geistig. Draussen in der Natur fuehle ich mich wohl, an der frischen Luft, wo man gut und tief atmen kann.
Enge Denkweisen, sektierisches Denken z.B. stiessen mich ab. Nie trat ich einer Partei bei: irgendwo fand ich es stets zu eng fuer mich, da haette ich wohl am besten meine eigene Partei gruenden muessen !
Freiheit heisst fuer mich jedoch nicht, tun was ich will, sondern es bedeutet auch, Verantwortung uebernehmen fuer das, was ich als wichtig erachte.
Autoritaere Systeme, z.B. Staatsgebilde, sind auch heute noch Horror fuer mich. Nie wuerde ich in einem solchen Staat leben wollen. Moeglicherweise kommt da der freie Schweizer zum Vorschein !
GERECHTIGKEIT - dafuer setzte ich mich stets ein, sei es schon als Kind in der Grossfamilie, in der Schule....an meinen spaeteren Arbeitsplaetzen. Ich konnte Ungerechtigkeiten nie ausstehen - das machte mich "fuchsteufelswild" !
OFFENHEIT: Fuer Neues, fuer Mitmenschen mit Sorgen, fuer die weite Welt, fuer Menschen mit wenig Chancen im Leben. Auch andere Meinungen muss man akzeptieren und verstehen koennen.
Offen kommunizieren gehoert auch dazu - fuer "Geheimniskraemerei" war ich nie zu haben. Meine eigene Meinung vertrat ich offen und ehrlich, auch wenn dies nicht ueberall gut ankam. Manchmal schwimmt man da gegen den Strom oder setzt sich in die Nesseln.
HILFSBEREITSCHAFT: Wenn man in einer Grossfamilie aufwaechst, kann man dies gut ueben. Vielleicht wird man dort mit diesem "Helfersyndrom" geimpft. Dies hat dann zur Folge, dass man spaeter Entwicklungshelfer, Krankenpfleger/in, Familienhelferin, Sozialarbeiter..... wird. In unserer Familie trifft dies zu.....und ich habe selber festgestellt, dass sehr viele Mitarbeitende bei Entwicklungs- oder Hilfsorganisationen aus Grossfamilien stammen.
FRIEDEN beginnt bei mir selber, beim inneren Frieden. Harmonie in der Beziehung, am Arbeitsplatz..... laesst Menschen aufbluehen und erfreuen. Ohne Frieden geht die Welt drauf. Wie in einem obigen Kapitel bereits erwaehnt, loesen Kriege keine Probleme - diese werden eher noch groesser und viele Menschen leiden dadurch. Friedensforschung und Aktivisten fuer den Frieden sind bedeutungsvoll und zielen in die richtige Richtung.
EINFACHHEIT beim Leben ist umweltfreundlich. Man kann einfach und mit wenig Materialverschleiss ein gutes und gesundes Leben fuehren. "Saus und Braus" macht meines Erachtens nicht gluecklicher !
BEWEGUNG ist von Bedeutung fuer Koerper und Seele. Sei es zu Fuss, auf dem Fahrrad, im Wasser oder auf Skiern.... etc. Bewegung haelt fit, auch geistig. Nie fuehlte ich mich wohl, wenn ich wochenlang nichts unternahm - da fehlte wirklich Bewegung.
GESELLSCHAFT mit Mitmenschen ist spannend und erfuellend, nicht nur bei Festen, nein, auch bei der Arbeit, beim Reisen. Alleinsein kann auch gut und schoen sein - alles zu seiner Zeit.
Freunde sind von grosser Bedeutung in meinem Leben - irgendwie ist man stets gemeinsam unterwegs, sogar wenn man in verschiedenen Kontinenten lebt. Auf allen Lebensabschnitten kommen neue dazu - es ist wie eine grosse Familie. Trifft man sich nach einigen Jahren wieder, ist es, als haette man sich erst gestern gesehen.
Von allen Faktoren in einer Unternehmung oder in einer Institution ist der Mensch der wichtigste Teil. Auch Roboter koennen ihn nicht wirklich ersetzen.
KULTUR im weitesten Sinn mag ich sehr. Sei dies Musik, Gesang, Theater, Film, Literatur....ich zaehle da als Agronom auch die "Agrikultur" dazu, z.B. Baeume pflanzen
All dies macht das Leben abwechslungsreich spannend und lebenswert.
15.11.2021
34. Noi
Noi ist um die 50 Jahre jung, lebt zur Zeit allein und hat schon allerhand erlebt auf ihrem Lebensweg. Aufgewachsen ist sie in einer grossen Familie. Sie ist die juengste der Toechter. Sie besuchte die Grundschulen in ihrer Gegend und heiratete bald einmal nach Schulabschluss einen jungen Handwerker, nahe Bangkok. Bald folgten ein Sohn und eine Tochter. Nach ein paar Jahren brach die Beziehung auseinander; die Kinder blieben beim Vater und Mama arbeitete auswaerts und half mit, die Familie zu unterhalten. Noi lernte recht gut Englisch zu sprechen und kennt sich bei den sozialen Medien aus und nutzt diese.
Mit den Jahren angelte Noi einen Auslaender - ein sogenannt besseres Leben sollte beginnen, und zwar im Ausland. Nach wenigen Jahren entpuppte sich das "bessere Leben" als Taeuschung - der neue Mann trank viel und wurde sogar gewalttaetig.
Die naechste Beziehungsrunde spielte dann wieder in Thailand, auch wieder mit einem "Farang", wie man hier die Auslaender nennt. Dieser Partner war sogar reich und kaufte im Land des Laechelns eine Villa. Trotzdem zerbrach auch diese Beziehung nach wenigen Jahren. Noi erhielt jedoch die Villa, verkaufte diese und hatte dann genuegend Geld, um sich ein eigenes Haus zu kaufen. Ihre Kinder wurden erwachsen und genossen eine Berufsausbildung, sodass sie sich selber helfen konnten. Die Tochter wohnt z.Z. im Haus ihrer Mutter.
Noi investierte mal da, mal dort, in eine Bar, dann in ein Restaurant - die Ertraege waren
jedoch bescheiden - vermutlich verspielte sie damit den Grossteil ihres Vermoegens. Sie bildete sich spaeter zur Koechin aus, half mit bei freiwilligen Aktionen fuer die Sauberhaltung der Gemeinde, hatte stets viele Freundinnen und Freunde.
Weitere Partner folgten, mal aus England, dann Schweden, USA....jedoch keine Beziehung hielt auf Dauer. Nun scheint sich wieder eine Beziehung mit einem Einheimischen anzubahnen. Es waere meines Erachtens ein Glueck und eine Ausnahme, wenn es diesmal klappen wuerde.
Vielleicht muessen einige Leute lernen, alleine zu leben, wenn sie nicht stets diese Beziehungsdramen durchleben wollen. Was trotzdem erstaunlich ist - Noi scheint nicht mitgenommen oder traurig zu sein. Sie wirkt aufgestellt, lacht viel und ist kontaktfreudig geblieben. Ihr Rueckhalt bei ihrer Familie, ihren Geschwistern und Kindern ist intakt geblieben.
6.3.2022
Beim "weinigen Duft" aus dem Glas an einem gewoehnlichen Dienstag erinnere ich mich an Alain Cailhau, den ich vor rund 50 Jahren erstmals traf.
Alain, aus Cailhau, einem Dorf nahe Carcasonne in Suedfrankreich, lernte ich in Thailand kennen. Seine Eltern lebten in Bangkok; der Vater arbeitete bei UNESCO als Uebersetzer. Alain war Bauer auf dem Hof der verstorbenen Grosseltern, betreute Weinreben, pflanzte Kiwi Straeucher, Sonnenblumen, Raps und anderes mehr.
Mehrmals reiste ich zu ihm auf den Hof, wollte etwas mithelfen in den Weinreben und bei anderen anfallenden Arbeiten.
Alain war damals Mitglied im Gemeinderat und zeigte viel Initiative.
Seine Gemahlin, eine chicke, feine Frau aus Paris stammend, hatte eine sehr angenehme Stimme und kuemmerte sich sehr um all die Fragen auf dem Landwirtschaftsbetrieb und im Haushalt und natuerlich um Aurelie, die adoptierte Tochter aus Korea. Sie war jedoch nicht geschaffen, um tatkraeftig in der Landwirtschaft mitzuschaffen. Dazu war sie zu "fragile", wie man dies in ihrer Sprache nennt.
Alain war ein Fan von neuer Technik, von Computer, extravaganten Fruechten, wie Kiwi oder fuer Zwiebel Saatgutproduktion fuer eine hollaendische Firma. Er hatte auch Plaene fuer ein Touristen Resort auf dem Betrieb..... an zahlreichen Ideen fehlte es nie.... doch die Realisation stand oft auf einem anderen Blatt.
Das Einkommen aus dem Betrieb liess zu wuenschen uebrig - Alain liebte ausgedehnte Mahlzeiten inkl. den Landwein aus der Weingenossenschaft, bei welcher er seine Trauben ablieferte. Somit waere die Bruecke zum oben erwahnten "weinigen Duft" erklaert.
Ich half manchmal in der Kueche mit und produzierte ab und zu "Speckroesti", welche zu einem Lieblingsmahl von Alain wurde. Jedesmal, wenn ich nach Cailhau kam, war somit Speckroesti auf dem Menuplan. Oft genossen wir die Mahlzeiten am grossen Kuechentisch oder bei schoenem Wetter draussen, im Innenhof der Farm, schoen im Schatten eines Baumes.
Oft hatten wir harte Diskussionen betreffend Betriebsfuehrung - Alain liess sich jedoch nicht dreinreden. Er war ziemlich aufbrausend - der Adrenalinpegel stieg oft fast explosiv !
Alain reiste mehrmals in die CH, besuchte mich und versuchte krampfhaft, Wein aus seiner Genossenschaft zu vermarkten. Dies gelang jedoch nicht, weil der Wein bloss von durchschnittlicher Qualitaet war. Ich liess schliesslich 2000 Flaschen durch einen Kollegen mit Importbewilligung in die CH bringen und verkaufte diese preisguenstig an Verwandte, Freunde und Kollegen in der Gegend meines damaligen Arbeitsortes.
Mit den Jahren geriet Alain immer mehr in Schieflage, vor allem finanziell, dann jedoch auch in seiner Beziehung zu Martine, die in Carcasonne bereits einen Laden fuer gebrauchte Kleider eroeffnet hatte. Die Adoptivtochter lebte auch bei ihr und heiratete sehr jung.
Alain engagierte sich bei der Bauerngewerkschaft und wetterte gegen die Landwirtschaftsbank, bei welcher er verschuldet war. Ich erinnere mich, dass er mal nach einem Adrenalinschub sagte, dass er seine Farm in die Luft jagen werde, falls die Bank ihm die Farm wegnehmen sollte.
Schliesslich trennten sich Alain und Martine. Nach meinem Wegzug nach Asien erloschen auch die Kontakte zu Suedfrankreich und ich weiss nun nicht, was aus Monsieur Cailhau de Cailhau geworden ist.
12. Juli 2022
In Asien, speziell in Thailand, gelten in vieler Hinsicht andere Regeln als z.B. in Europa:
Kritik ist hier fast verboten, vor allem direkte Kritik wird gar nicht geschätzt. Vielleicht tut man dies indirekt, indem man Fragen stellt. Ueberhaupt wird selten etwas grundsätzlich hinterfragt. Somit können gewisse kritische Diskussionen gar nicht geführt werden.
Im Buddhismus steht der Glaube an erster Stelle. Was der Mönch sagt und predigt, wird geglaubt, vor allem wenn etwas von einem erleuchteten Mönch kommt. Man gibt dem Tempel Almosen, Opfer, um ein gutes nächstes Leben zu bekommen. Da gibt es keine Fragen - das ist so, weil man an dies glaubt. Formen spielen eine wichtige Rolle, sei es im Tempel oder bei öffentlichen Anlässen - alles läuft gemäss geschriebenen oder ungeschriebenen Regeln ab. Da wird nicht diskutiert, man hat es immer so getan. All dies verhindert Veränderungen.
Uniformen sind überall zu sehen, in Schulen, in staatlichen Büros, in Banken...und die Menschen lieben dies und kennen nichts anderes.
Status in der Gesellschaft ist abhängig vom Posten, den jemand bekleidet; es kann auch abhängig sein vom Vermögen, von der Familie, vom politischen Amt.... Leute mit höherem Status werden besonders geachtet; man wartet auf sie an Veranstaltungen, gewährt ihnen z.B einen besonderen Sitzplatz. Sie werden oft als "Chief Guest" bei Veranstaltungen eingeladen. Es gibt auch Regeln für die Begrüssung, je nach Status sind diese mehr oder weniger unterwürfig.
Die Menschen sind sauber und gepflegt - das Aussehen ist wichtig, auch wenn daheim und ums Haus nicht immer alles in Ordnung ist.
Das saubere Auto ist ein Statussymbol, auch wenn man sich dafür verschulden muss - die Wohnung kommt erst später.
In Europa wird bei "Smalltalks" oft über das Wetter gesprochen, hier redet man übers Essen.
Komplimente werden grosszügig verteilt - es hilft, bei den Leuten zu sein und geschätzt zu werden. Ob beim Kompliment alles wahr und ehrlich ist, spielt weniger eine Rolle.
Lügen können hilfreich sein und sind somit eher ein Kavaliersdelikt. Dasselbe ist mit der Korruption. Viele denken: "Schmieren und Salben nützt allenthalben" !
Die politische Kultur wird als demokratisch bezeichnet, ist es jedoch eher nicht, wenn man sieht, wie man mit Geld Stimmen oder ganze Parteien kaufen kann. Manchmal werden auch neue Parteien, die dem politischen Establishment nicht in den Kram passen, durch Gerichte aufgelöst. Manchmal ist "ein Haar in der Suppe" der Grund dafür.
Das Königshaus darf unter keinen Umständen kritisiert werden. Ein diesbezügliches Gesetz sieht harte Strafen vor für allfällige Vergehen.
Die Armee hat einen besonderen Status - wenn die politischen Verhältnisse allzu turbulent werden, ergreift diese die Macht und sagt "wo der Bartli den Most zu holen hat" !
Die Nationalhymne ist von grosser Bedeutung - man hört diese oft in den Medien zu bestimmten Zeiten. Die Menschen halten einen Moment inne, stehen still, stramm, vor allem an Schulen, Büros, manche sogar daheim.
Das Geschehen im eigenen Land steht an erster Stelle - was in der weiten Welt passiert, ist weniger von Bedeutung.
26. Juni 2024
Nada, das kleine Mädchen von weiter oben sagt, sie sei nun schon gross geworden. Schliesslich ist sie im Kindergarten aufgenommen worden und hat neue Freundinnen kennen gelernt, erfährt viel Neues, unter anderem Thai und Englisches Alphabet. Zeichnen macht speziellen Spass. Nada steht nun früher auf, macht selber Rührei, trinkt genügend Wasser und wird auf Blum's Fahrrad in die nahe Schule chauffiert. Lernen macht Spass. Kinder sind sehr neugierig auf Neues, haben ein top Gedächtnis und sind sehr sozial, helfen einander. Es gibt praktisch keine Berührungsängste. Ist das nicht eine erfreuliche und friedliche Welt, die uns da Kinder vorführen !? Wie wird wohl ihr Leben weiter verlaufen - möge dies gut bleiben !?
Andererseits ist der Tod stets nahe. Verwandte, Nachbarn sterben, es wird getrauert, getröstet und kremiert. Krankheiten, Unfälle, hohes Alter....zahlreich sind die Ursachen.
Gleichzeitig werden Kinder geboren - Freude herrscht in den Familien. All diese neuen, gesunden Erdenbürger lösen Verstorbene ab. So ist das Leben - Menschen kommen und gehen. Wir alle sind in der Regel bloss ein paar Jahrzehnte lebend auf diesem Planeten, bis wir wieder zu Staub werden. Was aus all diesen Lebenszeiten wird, bestimmt jedes Wesen zum grossen Teil selber. Natürlich sind die Startbedingungen und die Chancen im Leben sehr unterschiedlich.
Unser Planet leidet. Die Umwelt wird stark ausgenutzt und drangsaliert durch uns zahlreiche Menschen, durch unsere Art zu leben und Rohstoffe zu verbrauchen, durch Luxus, rücksichtsloses Konsumieren.....alle wissen es....und tun zu wenig dagegen.
Demokratien geraten unter Druck, von innen und aussen. Machtpolitik ist in. Diktaturen werden zahlreicher. Kriege sind im Gange. Viele Unschuldige sterben und noch viel mehr Menschen leiden unter diesen unmenschlichen Verhältnissen. Unsicherheit und Angst kommen auf. Menschen erschaffen zahlreiche Probleme. Sie kreieren neue Waffen und Kampfmethoden und erschaffen damit noch grössere Sorgen und lösen trotzdem keine der selbst geschaffenen Probleme. Zu viele Mächtige sind unmenschlich und möchten noch mehr Macht. Wozu ?? Es ist bloss eine Frage der Zeit.....und dann sterben auch diese Unmenschen. Ist es nicht schade, dass unsere Spezies nichts gelernt hat aus früheren Krisen und Kriegen !??
Pfingsten, 19.5.2024