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Vollendete Autobiographien: 202
Von Sandra Findeisen – Funken der Liebe
Sandra Findeisen
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4.10.
Feierlicher Tanz / 19.01.2025 um 15.25 Uhr
5.
Paartanz / 01.02.2025 um 19.21 Uhr
5.
Paartanz / 07.03.2025 um 17.20 Uhr
5.1.
Paartanz / 25.03.2025 um 8.02 Uhr
5.2.
Paartanz / 25.03.2025 um 8.02 Uhr
5.3.
Paartanz / 25.03.2025 um 8.55 Uhr
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Vorwort
1.
Solotanz
1.1.
Er-schöpft
1.2.
Au coeur des montagnes
1.3.
Weltentanz
1.4.
Ich darf ich sein
1.5.
Alles fliesst...
1.6.
So viele Geschenke!
1.7.
Offstage
1.8.
Intermezzo
2.
Gesellschaftstanz
2.1.
Darf ich bitten?
2.2.
Paso Doble
2.3.
Langsamer Walzer
2.4.
Hip-Hop
2.5.
Foxtrott
2.6.
Ballett
2.7.
Jazz
2.8.
African Dance
2.9.
Rock'n'Roll
2.10.
Disco
2.11.
Country Line Dance
2.12.
Cha Cha Cha
2.13.
Wiener Walzer
2.14.
Charleston
2.15.
Tango
2.16.
Flamenco
2.17.
Open Space Dance
2.18.
Salsa, Rumba
2.19.
Quick Step
2.20.
Cat Dance
3.
Heilsamer Tanz
4.
Feierlicher Tanz
4.1.
Erstes Adventstürchen: 1.12.2024
4.2.
2.12.2024
4.3.
3.12.2024
4.4.
4.12.2024
4.5.
5.12.2024
4.6.
6.12.2024
4.7.
7.12.2024
4.8.
8.12.2024
4.9.
9.12.2024
4.10.
10.12.2024
4.11.
11.12.2024
4.12.
12.12.2024
4.13.
13.12.2024
4.14.
14.12.2024
4.15.
15.12.2024
4.16.
16.12.2024
4.17.
17.12.2024
4.18.
18.12.2024
4.19.
19.12.2024
4.20.
20.12.2024
4.21.
21.12.2024
4.22.
22.12.2024
4.23.
23.12.2024
4.24.
24.12.2024
4.25.
Frohe Weihnachten ♥
4.26.
Love, love, love
5.
Paartanz
5.1.
1. Akt: Wunsch und Wirklichkeit
5.2.
2. Akt: Starke Herzen
5.3.
3. Akt: Lessons
5.4.
4. Akt: Out of the ordinary
Den Geliebten
Vorwort
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  Vorwort
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"Lebenskreise öffnen, weiten, schliessen sich
Dazwischen ist’s ein Wachsen und Werden
Von der Geburt bis zum Sterben
Atemzüge, Himmelsflüge
Mit Funken der Liebe, die nie verglühen."

Die erste Tafel meines Triptychons ist lyrisch gemalt – nach «Atemzüge, Himmelsflüge» entsteht nun der zentrale, mittlere Teil meines Kunstwerkes. Mit Wörtern zu malen, musizieren und tanzen erfüllt nicht nur mich als Erschaffende; viel schöner und sinnhafter noch: die Augen, Herzen, Ohren und Füsse der Betrachtenden. Dies durfte ich nach dem Auftakt meiner ersten Autobiographie erfahren, wobei das Offenbarte zuerst Erschütterung, danach Staunen und bei manchen gar Bewunderung auslöste. Meine Bedenken schienen berechtigt, ob meine wahre Geschichte die Gemüter zu sehr erschüttern oder die Zweifler («kann das alles wirklich wahr sein?») gänzlich über Bord stürzen würde, denn ich hatte die Leser auf meine Reise zu den verschiedenen Ufern meiner Lebensstationen mit aufs Boot genommen. Dabei war es mir wichtig, die Schattenseiten und Tiefen mit viel Licht und Hoffnung auszufüllen – darauf bedacht, bei jeder Schockwelle den Mitreisenden ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, dass ich das Steuer und die Orientierung mittels meines inneren Kompasses fest im Griff haben und sie sicher ans Festland führen würde.

Nun, darf ich bitten?

Meine Bühne: Das weisse Blatt Papier; die Tanzenden: meine zum Rhythmus der sich formenden Bewegungen mir Nahestehenden, Liebsten, Freunde, Bekannte aber auch Unbekannte, die mir noch begegnen werden und die ich ebenso herzlich zu einem Tänzchen mit mir einlade im Verlaufe des Geschehens im Hier und Jetzt, das mit dem Fluss der Zeit mit konzentrischen Kreisen in das grosse Ganze münden soll.

 

 

 

 

 

 

 

 

Solotanz
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1.  Solotanz
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"Am Anfang war das Wort
es trug mich von Dir fort
aus dem Unbewussten
ins Bewusste
aus dem Unendlichen
ins Licht
Von Angesicht zu Angesicht
sah ich Dich funkeln
im Dunkeln

Wir wirbelten herum
ich blieb stumm
brachte keinen Laut hervor
bevor ich Dich wieder verlor
Seither tanze ich durch Raum und Zeit
suche Dich
auf Erden und himmelweit"

Aus "Anima schreibt Animus", 2007

 

Er-schöpft
Seite 2
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1.1.  Solotanz – Er-schöpft.
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Meine Physiotherapeutin macht es sich auf dem Sofa neben mir bequem. Sie ist seit drei Monaten meine Begleitung durch eine postvirale Erschöpfung.
"Wie lange kannst du nun seit deinem letzten crash wieder aus dem Bett?" fragt sie mich.
"Eine halbe Stunde", antworte ich ihr frustriert und traurig über den Rückschlag, den ich seit Joya's akuter Blinddarmentzündung erlitten habe. Kaum vier Stunden Aktivität zurückerobert, hatte die Lebensrettungsaktion meiner jüngsten Tochter am 16. Januar 2024 meine letzten Kraftreserven gefordert. Noch vor einem Monat war ich zuversichtlich gewesen, an der Award-Verleihung von "meet-my-life" in einem geschichtsträchtigen Saal an der Uni ZH teilnehmen zu können. Ich freute mich sehr, in die mir vertraute Welt der Lebensgeschichten anderer Autorinnen und Autoren einzutauchen und deren Persönlichkeiten kennenzulernen. Sehr neugierig war ich auch, wer auf der Autobiographie-Plattform die goldenen Fäden zieht, dank derer Schreibgeweihte wie ich sich authentisch zeigen dürfen. 
"So schade, wir hatten dich ja schon ziemlich gut auf die Feier vorbereitet.. ich verstehe deine Niedergeschlagenheit, trotzdem musst DU jetzt wieder auf die Beine kommen und für dich weiterkämpfen. Es geht jetzt um DICH, Sandra, verstehst du?"
"Ich weiss, aber trotzdem tuets weh! Weisch wer au no ygladde gsi isch als hauptgast? Min liebling vom literaturclub! Ihn persönlich kennäz'lernä wär spannend gsi."
"Wäri, hätti, chönnti, ...! Bringt dich das jetzt wytter? Gitt dir das chraft oder sind so gedankä eifach nur energiefrässer?" - damit legt sie mir den Finger auf den wunden Punkt.
Als sie wieder gegangen ist, juckt es mich in den Händen, und ich beginne meine seit "Atemzüge, Himmelsflüge" zweite Autobiographie (von dreien, die schon seit Anbeginn geplant sind). Zum Glück bin ich liegend in der Lage, meinen Tanz der Wörter weiter zu gebärden, nun, da meine anmutigen Pirouetten auf dem Parkett oben im Dachstock nicht mehr möglich sind. 
Joya ruft aus der Küche:
"Möchtisch au äs stück döner-pizza?" - was ich hungrig bejahe und noch hungriger dankbar bin für das Geschenk ihres zweiten Lebens. Ja, dafür galt es auf den Knien den Schutzengeln und allen an ihrer Rettung Beteiligten zu danken! Und auch mir. Dass ich im richtigen Moment trotz Erschöpfung besonnen gehandelt hatte. Sie ins Spital Riggisberg gefahren, bei ihr geblieben - während den zwei langen, bangen Stunden der OP in die Sphären der "Gelassenheit" abgetaucht - anhand der Essenz aus Strässle's Essay nun erschreckend praktisch versucht, das Gelesene umzusetzen. Ich flüchtete mich vor allem in die Gedichte, die darin enthalten sind - die Poesie - immer wieder ein Mantel des Friedens und Glücks, der mich wärmend und tröstend umhüllt. Ich versuchte auch, gelassen zu bleiben, als mir der Chefarzt der Chirurgie erklärte, es sei sehr knapp gewesen, der Blinddarm jetzt zwar raus aber die Infektion schon im Bauchraum ausgeweitet. "Wir kämpfen weiterhin um ihr Leben". Eine Woche Spital mit Antibiotika - intravenös. Danach endlich Entwarnung und allmähliche Rückkehr zur Normalität. Was hatte ich am Ende von "Atemzüge, Himmelsflüge" hoffnungsvoll geschrieben?:
"Ich darf mich glücklich schätzen, in einer ländlichen Umgebung, eingebettet in Idylle, allmählich zu einer Leichtigkeit des Seins zurückzufinden..."!!! 
Ich sollte vielleicht sparsamer mit so verheissungsvollen Ausdrücken und Ausblicken umgehen oder, noch besser, trotz allen äusseren Umständen und Energiefressern genau zu dieser Leichtigkeit des Seins IN MIR zurückfinden. Mit der Betonung auf allmählich! Mir auch hier die positive Haltung der Gelassenheit einverleiben, dann wäre die akribisch und allumfassend wissenschaftliche Abhandlung derer nicht bloss Wissenschaft, sondern heilsam Erlebtes, Einverleibtes. Als Medizin gegen meine Erschöpfungssymptome, die sich in den akuten Phasen auch dadurch zeigen, dass ich nicht einmal mehr die Energie habe, eine Faust zu bilden. Meine Hände hängen dann schlaff und kraftlos wie zwei welke Salatblätter am Handgelenk und sind ganz klarer Ausdruck dessen, was mir mein Körper zu verstehen gibt: "Lass! Lass los vom Kämpfen. Ergib dich. Lass los und werde Empfangende. Nur so kannst du weiterschenken, indem du dich beschenken lässt."
Also lasse ich mich vollends fallen in...
...wie nur könnt ich euch beschreiben, was mehr ist als nur ein Gefühl, ein Zustand des Seins, der keine Grenzen kennt - kein Sehnen, kein Leid, keinen einzigen Gedanken, kein Bangen; an kein menschliches Bedürfnis gebunden, völlig losgelöst von allem, was sich in der Welt tummelt, vibriert, sich zelebriert, seziert, versucht zu Begreifen, ergreifen, erobern, sich zum Besitz nehmen und sich selbst zu zerstören, auszulöschen droht - fehlgeleitet von einem überheblichen Ehrgeiz, durch eine Landung und Niederlassung auf einem anderen Planeten dem Chaos hier auf Erden - selbst erschaffen - zu entkommen? Versucht euch vorzustellen, was jenseits all dieser Begriffe menschlicher Unzulänglichkeit in völliger Umkehr und zwischen den Zeilen, ohne Worte existiert. Ein Versuch ist es wert, mich wortwörtlich an eine diesem Zustand würdige Beschreibung heranzutasten - auch wenn es in manchen Ohren "kitschig" klingen mag:
Frieden, Funken der Liebe - in einem einzigen Lichtball gebündelt - Harmonie, vollendeter Klang, schwebende Leichtigkeit, Glückseligkeit und Verschmelzung aller Pole, die wir wahrnehmen können. Eins mit allem. Jesus betete: "Ut unum sint" - wohlwissend, wohin mit uns... in die Gegenwart Gottes, die reine Liebe ist. (Ich verstehe jeden, der dies hinterfragt, weil es für ihn/sie/es nicht nachvollziehbar ist.)
Wenn wir uns darauf einigen, es nicht aufs Destruktivste zu hinterfragen, einer Herzensschau zu vertrauen und sich auf das "Feinstoffliche" einzulassen, könnt ihr mir vielleicht folgen...
Ich habe das grosse Glück, mit einer mir angelegten Sensibilität in dieser "Liebe" zu verweilen, wenn ich möchte - also ziemlich egoistisch - und davon zu berichten, wie wohltuend es ist, in diesem unbeschreiblichen Sein zu verweilen, ohne mich selbst und die Verbindung zur Welt zu verlieren.
(...um Spekulationen vorzubeugen: völlig Rauschmittelfrei!)
Die physisch erlebte Liebe, mein Frau- und Muttersein sowie die Leidenschaft fürs Schreiben, Erzählen, Teilen und der versprochene Tanz mit den Menschen, die mir begegnen, holen mich hierhin zurück: In diesen Moment, ins jetzige Bewusstsein und in die Gedanken, die mich zwar wieder meine Begrenztheit und Erschöpfung erfahren lassen, doch ich weiss, ich kann jederzeit wieder in die Freiheit und grenzenlose Liebe zurück...

"Und der Himmel liegt mir zu Füssen
Ja, ihm könnt ich die Lippen küssen."

Heute war mein erster Kuss.






.




 
Au coeur des montagnes
Seite 3
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1.2.  Solotanz – Au coeur des montagnes.
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"Sa situation paisible, au coeur des Alpes valaisannes, contribue de manière optimale au rétablissement", lese ich auf der Internetseite der renommierten Reha-Klinik, die mir mein Hausarzt empfohlen hat. Es ist abgesegnet. Ich erlaube mir nun endlich selbst, meinem Körper die nötige Erholung auf medizinisch-therapeutisch professioneller Basis zu gönnen. 
Seit mehr als einem Jahr schiebe ich diese Entscheidung vor mich hin, doch seitdem ich keine Fäuste mehr zum Kampfe verkrampfe, losgelassen habe und der Kuss nachhaltig in mir nachschwingt, habe ich beschlossen, mir nur noch Gutes zu tun. Die Geschichte mit den Viren und Joya's Blinddarm haben mich ebenso zu diesem Entschluss gebracht. Ende Oktober 2022 hatte es eine Notfallärztin sehr klar zum Ausdruck gebracht:
"Jetzt nämed dir mau dä egoismus usem sack!"
Mindestens einen Monat Kur hatte sie mir damals geraten. 
"Ich schaffe es selber, wieder zu Kräften zu kommen", dachte ich mir mit der Sturheit eines Esels. Kaum erneut etwas Kraft, sofort wieder davongaloppieren, bis die Reserven aufgebraucht sind, war das verschlingende Muster, dem ich unwissentlich gefolgt war. 

Jasmin ruft mich an und fragt, ob ich nebst den Wanderschuhen auch noch ihre Skijacke und Skihosen für den Aufenthalt in der Klinik, 1500 m über Meer, brauche.
"Mir gönnd ned go schifahre..drum bruucheni kei schihose" scherze ich, worauf sie erwidert: "Ich weiss, aber vilecht bruuchsch öppis warms, wo dini bei umhüllt...?" 
"So lang werd'ich wohl ned chönne mitwandere, dini schijacke bruucheni, ja; ich nimme aber lieber warmi schtrumpfhose mit als dini dicke schihose", versichere ich ihr. 
Ich checke die Liste mit den Sachen, die ich brauche für den Aufenthalt vom 8. Februar bis...zwei Wochen Reha hat die Krankenkasse bewilligt. Länger könnt ich sowieso nicht ohne meine Schmusekätzchen aushalten, aber wenn's doch so sein sollte, werde ich schön brav dem Rat der Profis zu folgen versuchen, die sich mit Erschöpfungspatienten auskennen. 
- ... Morgenrock, warme Handschuhe (auch im Sommer), genügend Unterwäsche, Sportbekleidung, Badehosen, ... Patientenverfügung.
Patientenverfügung?
Auch das hatte ich bis jetzt verdrängt. Lebenserhaltende Massnahmen? Entscheide ich das nun aus meiner rein egoistischen Sicht oder nehme ich Rücksicht auf meine Töchter, die mich natürlich - wenn's sein muss - mit allen Mitteln am Leben erhalten wollen. Organspende? 
Meine Mutter meldet sich aus Kreta, sie hätten tagsüber frühlingshafte Temperaturen gehabt, in der Nacht sei es kalt und der Schwedenofen deshalb ein Segen. Heute sei sie mit den Hunden in die Berge, begleitet von Sonne und Regen. Sie wollte nachfragen, wie es mir inzwischen geht nach meinem Rückschlag in die weichen Gefieder meiner Bettlandschaft. Meine Antwort, wie immer mit viel Optimismus: Ja, ich schreibe am zweiten Teil meiner Lebensgeschichte mit dem Titel: "Funken der Liebe", worauf sie erwidert: "Es siegt die Liebe!"
Ich lächle.
Sie schreibt: "...nun schlüpfe ich ganz schnell neben dir unter die warme Decke - berieselt mit dem Song: before you go...in die Klinik - musst du wissen: s'mamsli liebt dich!"
Wie warm es mir ums Herz wird, wenn ich ihre Worte verinnerliche. Und ich denke mir einmal mehr: Zum Glück habe ich mich nie von meiner Wut und Trauer mitreissen lassen, diese negativen Emotionen an ihr auszulassen - Grund genug hätte ich gehabt - doch was hätte dies gebracht? Eine momentane Befreiung, ja, vielleicht, doch so funktioniere ich einfach nicht. Lieber weiterhin versuchen, das Aggressive, sich in jede Zelle zu fressen Drohende in konstruktive Bahnen zu lenken und umzuwandeln...
...nein! STOP, Sandra, genug der konstruktiven Umwandlung!
Lass!
Lass los, lass dich tragen und lass die Funken sprühen.

"ha di fescht lieb mama", gerade erreicht mich Jasmin's Whatsapp - Nachricht. Jeden Tag darf ich dieses Geschenk der Verbundenheit mit ihr erneut auspacken und ins Innerste fliessen lassen. Jeden Tag aufs Neue ein Funke der Liebe, der mein Herz unversehrt und stark weiterschlagen lässt. So zahlreich und kostbar entfalten sie ihre Wirkung - zum Beispiel dadurch, dass diese Funken durch meine Finger direkt in die Tasten meines Laptops sprühen, mich meine Erschöpfung vergessen lassen und sich in meiner Geschichte manifestieren; für die Nachwelt - ein Tanz auf noch unbestimmte Zeit. Wie lange, spielt keine so grosse Rolle; die dadurch sich entfaltenden konzentrischen Kreise ziehen ausserhalb unserer bewussten Wahrnehmung ihre Spuren...wo auch immer sie ankommen werden, in ihrem innersten Kern tragen sie die grenzenlose "Liebe" in sich, die ich leibhaftig erleben darf. Wie ich mir dessen so sicher sein kann? Kann ich nicht...aber die blosse Vorstellung davon ist doch wunderbar.
Mir wird gerade bewusst, dass ich wohl unbewusst versuche, etwas zu konservieren und bewahren, das über unsere Zeit- und Raumrechnung hinausreichen soll...dies scheint ein tief verankertes Bedürfnis im Menschen zu sein, der sogar versucht, Formeln, Dokumente, Informationen und das, was an eine menschliche Existenz zu erinnern vermag, in einer "Zeitkapsel" im Weltall zu hinterlassen...wobei sich primär die Frage stellt, welch extraterrestrisches Geschöpf denn in der Lage wäre, diese Informationen zu lesen, entziffern, verstehen...?!?
Jasmin's Skijacke, die sie mir heute morgen nach ihrem KiTa-Abschiedsbesuch zusammen mit einem paar Trainerhosen und Unterleibchen vorbeigebracht hat, ist mir zu eng - ich werde noch im Keller nachschauen gehen, ob ich eine im letzten Winter verstaute finde.
Warum nur hab ich immer wieder das Gefühl, das, was ich anziehe, passt nicht zu meiner Wesensart? Am liebsten würde ich mich einfach nur in Poesie kleiden, darin würde ich mich sicherlich wohler und adäquater angezogen fühlen.
Mein Gedicht aus dem Jahr 2018 versucht es so zu versinnbildlichen:

"Welt zerrt am festlichen Gewand
Die gewirkten Maschen fallen
Flinke Hände versuchen zu fangen
Was längst schon ausser Rand und Band
Loslassen, was schon aufgelöst
Denn durch die Hohlräume hallen
Chöre des Himmels
Des Einen
Leuchtend im neuen Kleid
Schlüpf einfach hinein
Es könnt nicht schöner sein."

Sonst habe ich nun alles Nötige für den Reha-Aufenthalt (ausser der Patientenverfügung) zusammengesammelt - ein grosser Koffer liegt auch irgendwo verstaubt - aber das hat ja noch Zeit bis zum Abreisetag. Jasmin wird mich chauffieren - nun, da sie bis zu ihrer neuen Anstellung (nach acht Jahren Fachfrau der Kinderbetreuung) im März bei einer Versicherung die freien Februartage rund um meinen Transport nach Crans-Montana hat planen können.
Nach dem Mittag ruft die Berner Klinik an, um den Eintrittstermin auf den 12. Februar zu verschieben, da sie voll belegt sind. 
Also, es ist alles eingefädelt und ich schliesse die Augen, denke an was Schönes, träume, gleite mit entspannter Musik durch den Nachmittag - segle in die Freiheit - grenzenlos getragen und geliebt.

Seit zwei Tagen bin ich nun in der Reha. Gestern Ankunft um Punkt zwölf Uhr, unkomplizierte und freundliche Aufnahme, die uns durch einen Versprecher der Empfangsdame ein Lachflash beschert:
"...Frau Findenstein, es ist alles bereit"!
Ich lehne mich an Jasmin, vergrabe mein Gesicht in ihren linken Oberarm, damit das Bürofräulein mein aus mir heraussprudelndes Lachen nicht sehen kann (sie könnte sich sonst ausgelacht fühlen). Jasmin kichert vergnügt in mein Ohr, was mich mit einem Glücksgefühl erfüllt. Die ganze Anspannung der letzten Tage fällt wahrlich wie ein Stein von uns herab und ist der perfekte Übergang ins Klinische, das mich erwartet.
Nach einem spendierten Mittagessen räumt Jasmin in meinem Zweibettzimmer (510) alles in die Schränke ein, währenddem ich völlig flach liege. Die anschliessende Arztvisite geht sehr anstrengend über die Bühne - der gutaussehende Assistenzarzt (Typ Südländer mit wellendem, schwarzen Haar, dessen Maske beim ausdrucksstarken Sprechen immer wieder unter die Nase rutscht) spricht nur Französisch, was meine benommenen Hirnzellen recht herausfordert. Obwohl ich es geniesse, hier oben von mehrheitlich französisch Sprechenden umgeben zu sein (ich liebe den Klang dieser Sprache), muss ich mich anstrengen, meine Krankheitsgeschichte in möglichst einfachen Sätzen zu erklären:
Gürtelrose, Pfeiffersches Drüsenfieber und Cytomegalovirus - was heisst das alles auf Französisch? Auch die Fragen bezüglich psychischen Belastungen in der Vergangenheit in einer anderen als die gewohnte Sprache zu beantworten sprengt heute meine Grenzen - ist aber nötig, um ganzheitlich behandelt zu werden.
Vor dem Abendessen überreicht man mir meinen Therapieplan für morgen:
Psychologisches Gespräch, Thermaspa und Besprechung Sportaktivitätsmöglichkeiten, meinem Zustand angepasst.
Die Psychologin interessiert sich auch für meine Familienverhältnisse, was mich wundert. Wie man sich eingebettet fühlt im Familiären scheint wichtig zu sein für den heilsamen Prozess der Psyche. Nach ihrer ersten Einschätzung leitet sie die Informationen weiter an den behandelnden Arzt und die Sport- und Physiotherapeuten. Dieses interdisziplinäre Team tauscht sich zweimal die Woche aus, um die Fortschritte zu evaluieren, allenfalls anzupassen oder gar zu optimieren. Es wird betont, dass ich kommunizieren muss, wenn ich an meine Grenzen stosse. Es gilt sich innerhalb dem Freiraum zu bewegen, der zwischen der "Komfortzone" (ohne Schwindel, Schmerzen und Erschöpfung - so wie jetzt, horizontal im Bett) und der Grenze des Machbaren liegt (darf nicht überschritten werden). Innerhalb dieser "Zone" - wie klein sie zurzeit auch sein mag - gilt es, das ganze Register an Therapiemöglichkeiten zu ziehen. Ich staune, was hier alles angeboten wird:
- Thermaspa, Massage, Fango, Schwimmen mit oder ohne Flossen 
- Musik- und Kunsttherapie
- Meditation und Atemtechniken
- Sporttherapie: Ausdauer und Kraftaufbau, therapeutisches Boxen 
- Wandern und Nordic Walking
- Ergotherapie
- Klettern, Circuit, Federball
- Akupunktur

Jeweils am Vorabend erhält man den Therapieplan für den nächsten Tag.
Heute, am Valentinstag, habe ich morgens nach dem Frühstück mit der Instruktion MTT (Muskelaufbau an diversen Geräten) begonnen - die hübsche, sympathische Physiotherapeutin lässt mich nur eine Sequenz mit sehr wenig Gewicht trainieren.
5-10 kg heben zu können ist immerhin ein kleiner Kraftakt aus der postviralen Erschöpfung. 
Bis zum Mittagessen kann ich mich wieder im Bett erholen und meiner Mutter sogar ein kleines Gedicht reimen, das ich ihr zusammen mit einem Schnappschuss (rosa Wölkchen am Weisshorn vorbeischwebend) per Email losschicke.
Um 13:00Uhr "Visite Interdisziplinär".
Durchgetaktet geht's dann weiter ins Ausdauertraining auf dem Velo; auch hier ist eine Viertelstunde schon ein kleiner Sieg, den ich feiern darf.
Wieder lange Pause, die ich mit einem Plauderstündchen mit meiner schon liebgewonnenen Gefährten Elisabeth draussen auf dem Liegestuhl geniessen kann. Sie ist wegen chronischen Schmerzen (ohne genaue Diagnostik) in der Reha - mein Sonnenschein - ein Energiebündel; mit 75 noch so jugendlich frisch und sportlich unterwegs. Extrem hart im Nehmen und so tapfer!
Absolut bewundernswert.
Sie ist ebenfalls seit Montag hier und hat mein Herz im Sturm erobert (ich offenbar auch ihres...). Wir verbringen jede freie Minute zusammen, auch wenn dies für sie bedeutet, neben meinem Bett oder Liegestuhl zu sitzen und mich mit ihrem spritzigen Humor aufzuheitern: Für uns beide die beste Medizin! Wir sind sehr dankbar, uns hier getroffen zu haben: Ein Geschenk - ein Funke der Liebe, der nie verglühen wird. 

Rosa Wölkchen schwebt fluffig am Weisshorn (4506 m) vorbei... 13. Februar 2024, während Reha in Klinik Montana



Tag 4 in Montana:
Der bisher anstrengendste und Aufwühlendste, obwohl ich mich schon während dem Frühstück darauf freue, mit einer halbstündigen Massage in diesen Tag zu starten. Frau Rose, die junge, engagierte und ehrgeizig wirkende Masseurin durchleuchtet mich zuerst mit für sie erhellende Fragen zu meiner Virenvorgeschichte, um sich danach auf die Körperzonen (Hals und Bauch) zu konzentrieren. Ich habe ihr vorgängig zu Verstehen gegeben, dass ich keinerlei Schmerzen spüren möchte - das sei Stress für meinen Körper und mein Immunsystem, was die schlummernden Viren wieder zu neuem Tatendrang animieren könnte. Wie sich dies bemerkbar mache, möchte Rose noch wissen, ehe ich meinen Oberkörper frei mache. Ich schildere ihr die Symptome - sie nickt, erklärt mir die Zusammenhänge und erfasst mich nicht nur mit ihrem Erfahrungswert auf diesem Gebiet, nein - viel wichtiger noch - auch intuitiv.
Ich schliesse die Augen, möchte mich einfach nur fallen lassen in das Wohltuende der gezielten Bewegungen, den sanften Druck ihrer sich vorsichtig voran tastenden Händen. Sie erklärt mir die Bedeutsamkeit des Darmes - darin sei das wichtigste Abwehrsystem im Menschen angelegt (gemäss den aktuellsten Erkenntnissen der Forschenden).
Deshalb versucht sie bei mir genau hier anzusetzen. Was sie erklärt ist so spannend, dass ich von meinem ursprünglichen Bedürfnis nach stillem Abtauchen ablasse, um in ihre Wissenswelt einzutauchen; staunend, wie diese Frau es schafft, ihr Know-how derart mit ihrem intuitivem Gespür zu vereinen, dass ich die heilsame Wirkung schon nach ein paar Minuten spüren kann.
Mir wird einmal mehr bewusst, was für ein Glück ich habe, mich hier von Profis behandeln, begleiten und unterstützen zu lassen.
An eine Heilung wage ich (noch) nicht zu denken: Das wäre innert so kurzer Zeit ein Wunder!
Rose betont auch: Es braucht vor allem Geduld. 
Um 11:00 Uhr Nordic Walking um das kleine "seeli" (eine Runde: 160 m) hinter der Klinik. Ich schaffe zwei. Dabei muss ich mich entscheiden: Auf die Zähne beissen, den Schwindel und die körperliche Erschöpfung ignorieren und mir damit etwas beweisen wollen oder an dieser Grenze zu stoppen, auf den Körper zu hören und mit dem Schei__gefühl der Kapitulation zurück unter die tröstende Bettdecke zu schlüpfen. Ich entscheide mich vernünftigerweise für das Zweite und werde von meinem Sporttrainer dafür gelobt.
Schon während dem Mittagessen beschäftigt mich der Gedanke an das bevorstehende therapeutische Boxen. Ich und boxen? So unvereinbar wie die rosa Wolke und Mohammed Ali! Doch es sei wichtig, das in mir Angestaute auf körperlicher Ebene zu befreien (auf psychischer Ebene mittels den Gesprächen mit der Psychologin).
Loswerden. Raushauen. Aktives Loslassen des Klumpens, den ich schon lange in mir herumschleppe. Die damit verbundenen Gefühle, die ich wegzudrücken, verdrängen und hinunter zu schlucken gelernt habe hinauf zu holen an die Oberfläche meines Bewusstseins und hinaus in den Boxsack.
Ob ich es nun will oder nicht - hier lerne ich, die Kontrolle abzugeben, mich dem Unangenehmen, Blockierenden zu stellen und mich vertrauensvoll in die Obhut der dafür Ausgebildeten fallen zu lassen. Javier als mein Sporttherapeut sei für mich da, falls ich kollabiere - ebenso die Psychotherapeutin hier in der Klinik, die ich jederzeit kontaktieren könne. Es sei nun wichtig, dieses Trauma zu verarbeiten, da ich mir eine Beziehung wünsche mit einer schönen, erfüllten Sexualität; mich einem Partner öffnen zu können, der auf meine Bedürfnisse eingehen und spüren darf, was ich brauche.
Javier hat's genau verstanden und spricht es deutlich aus: Schon während er es mir erklärt, kommt die Trauer hoch; sie bleibt vorerst mal in meinem Hals stecken.
Er arbeitet engmaschig mit meiner Psychologin zusammen und sieht in meinem Kindheitstrauma den grössten Brocken, den es gemeinsam zu lösen (und mich damit zu erlösen) gilt. Ich erahne schon, dass dies für mich sehr unangenehm sein wird, jedoch auch enorm befreiend. Seine Worte fliessen wie Honig hinab in meine Kehle, um den Kloss aufzuweichen, ehe ich in die dicken Boxhandschuhe schlüpfe und drauf los haue. Anfangs zaghaft, um Atem ringend, an meine körperlichen Grenzen stossend. Javier ist ein feinfühliger Therapeut; er erkennt, dass ich währenddessen lieber nicht beobachtet werden möchte. Anschliessend fällt es mir tatsächlich wesentlich leichter, mich mit diesen an die Vergewaltigungsszene gekoppelten Gefühle zu verbinden und sie rauszulassen. Dabei stelle ich mir vor, wie ich meinen Peiniger vernichte.
Nach dem Boxen fliessen die Tränen. Ich lasse die Trauer zu, halte dieses für mich bedrohende und sehr unangenehme Gefühl aus, im Wissen, die kleine darf jetzt traurig sein und die erwachsene Sandra sie in ihren Armen trösten. Ziel sei es, als Erwachsene die Klinik zu verlassen, befreit von diesem Monster, das mich bis heute gepeinigt hat.


Tafel auf meiner Etage (5. Stock - Psychosomatische Abteilung): Positiver Gedanke des Tages, 14.02.2024

 

Merkt ihr was? Dieser Spruch könnte aus meinem Innersten entstammen. Den Samen der Nächstenliebe zu pflanzen war ja meine Intention und Vision! Und nun entdecke ich auf meiner Station diesen Gedanken - erst noch viel klangvoller auf Französisch - während meiner Reha in Montana: Ein Geschenk! Die Tagessprüche wechseln alle paar Tage, deshalb ist es für mich umso erstaunlicher, dass dieser genau dann noch sichtbar war, als ich angekommen bin. Seit zwei Tagen hängt ein neuer Gedanke im Aufenthaltsraum.
Zum Glück habe ich den Herzensspruch noch rechtzeitig fotografisch hier verewigen können.

Im gleichen Raum hängt noch dieser Spruch, der massgeschneidert zu meiner Challenge in den nächsten Tagen passt:

"Der Erfolg ist nicht entscheidend.
Die Niederlage ist nicht vernichtend.
Was zählt ist der Mut, weiterzumachen."

Winston Churchill

W. Churchill - sagesse

 

Tag 9 in Montana:
Vormittags Arztvisite; mein Aufenthalt wird verlängert bis 6. März - ich folge dem Rat der Mediziner, die mich optimal unterstützen und betreuen möchten. Meine Therapeuten sind alle top, ich bin hier wirklich sehr gut beraten und alle kümmern sich sehr einfühlsam um mich. Heute bemerkt Rose, meine Masseurin mit den begnadeten Händen, während der Massage die roten Flecken, die sich vor allem am rechten Schulterblatt gebildet haben und erklärt mir, hier sei noch eine Entzündung im Gange (Viren sind teilweise noch aktiv). Darum also noch die Schmerzen. Ich bin schon ziemlich am Boden seit dem gestrigen Mini - "Crash" (Muskeltraining an den Geräten, anschiessend Boxen war zu viel körperliche Belastung). Rose bemerkt dies und muntert mich auf mit ihrer weisen, ruhigen und besonnenen Art. Sie erinnert mich daran, jetzt, da die Erschöpfung mich derart innerlich aufgewühlt hat, mich wieder mehr dem inneren Tanz und meiner tiefen, wunderbaren Welt zu öffnen. Ich weiss genau, was sie meint: Die Erschöpfung des Körpers akzeptieren mit einem Blick auf das Innere, das ich dadurch bewusster wahrnehmen kann - hinabtauchen in diesen Zustand des Grenzenlosen, Unfassbaren, Erfüllenden in mir. Diese Urkraft spüren, die mich aus meinem Gefühl der Gefangenschaft in meinem eigenen Körper wegträgt zum Einen, der mich küsst und mich einstimmt auf das Liebevollste. Einen zweiten Frühling der sich erfüllenden Liebe zu erleben wünschen mir nicht nur die Eingeweihten, nein auch ich mir selbst: Let it be.

Tag 15 in Montana:
Mein Sonnenschein Elisabeth ist am Samstag nach 13 Tagen Aufenthalt nach Hause gefahren. Wir haben unsere Telefonnummern ausgetauscht und bleiben in Kontakt. Ich lerne kurz darauf Elisa kennen, die nach einer sehr dramatischen Virusinfektion hier auf Station ist. Sie ist unglaublich tapfer, ein "Sonnenkind", das schon manch dunkles Tal auf gelähmten Füssen durchwandert hat. Ich möchte sie am liebsten an mein Herz drücken und trösten; sie mit meinem hier entstandenen Gedicht aufheitern - ihr die Kraft, Hoffnung und Zuversicht, weiterzukämpfen einhauchen, einflössen, zuflüstern, einverleiben, ins Innerste schreiben:

"Sonnenkind, dich wieg ich gelind
Bis deine Tränen getrocknet sind
Strahlen darfst du in die Welt hinein
Dich wiederfinden im hellen Schein
Tanzen, singen, fröhlich sein
Mit Gaben beschenkt, befreit
Auf Sehnsuchtsflügeln bereit
Deine Träume einzufangen
In friedlichen Armen
Geborgen und getragen

Herzschlag für Herzschlag
Liebevoll vereint."

Jeden Abend zünde ich ein kleines Teelicht an; ein warmer Duft von Vanille durchströmt mein Zimmer, währenddem ich an die verwundeten, kranken und gepeinigten Menschen denke und für sie bete. 

Tag 19 in Montana:
Meine neue Zimmernachbarin Mara ist kroatischer Abstammung und ebenso Mutter mit Leib und Seele wie ich. Sie ist sehr lieb, mit einem tapferen Lächeln; eine Kämpfernatur mit unerschütterlichem Glauben an das Gute. Sie trägt eine goldene Halskette mit glitzerndem Kreuz und ist eine still Betende, die die kleine Kapelle der Klinik regelmässig aufsucht und sich in meiner Nähe wohl fühlt. Sie häkelt wunderschöne Engel, die sie verschenkt. Sie bewundert mein lichterfülltes Bild, das ich im Kunstatelier mit Aquarellkreide gestalten durfte. Bei der heutigen Arztvisite bemerkt Dr. Rosario mein Kunstwerk und fragt hocherfreut:
"Vous avez fait ça tout seul? Mais c'est magnifique!" Ich schmunzle, woraufhin er konstatiert: "Hot heart..." - ich verstehe nicht ganz, was er damit meint; mein erstaunter Blick scheint er zu lesen, denn er wiederholt nochmals: "Hot hot heart." Ich runzle immer noch die Stirn: Heisses Herz - was will er damit wohl sagen? Der ebenfalls anwesende Oberarzt Dr. Schmale erklärt daraufhin trocken: "Flammendes Herz".
Aha, ja, das sei die Urkraft in mir, die ich als Aufgabe in der Kunsttherapie malen konnte, erkläre ich ihm. Der Assistenzarzt meint, ich müsse es unbedingt aufhängen, gut sichtbar. Ich nicke und sage, ich trage es ja sowieso in mir, was die Diskrepanz zwischen innerlicher Energie und Erschöpfung meines Körpers noch deutlicher spürbar macht.
Dr. Rosario versucht abzulenken:
"Vous connaissez le groupe Rammstein - mein Herz brennt?"
Ich bejahe und entgegne, das sei ein Hardrock-Lied! Daraufhin deutet er mit einer Geste des Geigenspiels an, dass es eben auch das Klassische beinhalte...er höre den Song zuhause immer und immer wieder. Ich amüsiere mich köstlich ab diesem Anflug persönlicher Begeisterung und durchschaue, dass der Arzt damit eine Verbindung zu meiner Kunst und seiner Passion für diese Musik herstellen möchte. Wie es mir denn inzwischen gehe, möchte er dann doch noch wissen und lächelt zufrieden, als er erkennt, dass ich mich hier wohl fühle.

Urkraft in mir - Aufgabe in der Kunsttherapie während meiner Reha in Crans-Montana


Am Mittwochmorgen, 6. März 2024 werde ich aus meiner Reha entlassen. Die Strassen sind schneebedeckt, weshalb ich froh bin, den Transportdienst der Klinik um 8:00 Uhr ins Inselspital nutzen zu können. Dort holt mich eine sichtlich genesene, fröhliche Joya ab. Ich freue mich sehr auf meine friedliche, idyllische Oase im Bernbiet und überfalle als Erstes meine Kätzchen mit einer Schmuseattacke. Sie erwidern meine Zärtlichkeit mit lautem Schnurren, was mich warm umschmeichelt. Rückblickend bin ich dankbar für meine Erfahrungen in Montana - ich habe sehr viel gelernt im Herzen der Walliser Berge und möchte das Gewonnene in meinem Transformations- und Heilungsprozess umsetzen. Pas à pas - Schritt für Schritt komme ich meilenweit und darf die Funken, die immer noch sprühen, in meinem Herzen bewahren; mich in aller Fülle in der Strahlkraft des Augenblicks glücklich und geliebt fühlen.

 

Fischgemälde - mein letztes Werk in der Reha Montana - 2024

 

 




 

 

 

 





Weltentanz
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1.3.  Solotanz – Weltentanz.
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Meine Leidenschaft für die tänzerische Bewegung reicht weit zurück. Als Tänzerin bin ich dem Ausdruck von Innen nach Aussen hingegeben, was sich wohl auch dadurch zeigt, wie ich mich erzählerisch bewege. Ich frage meine Töchter, wie sie mich denn wahrnehmen, was mir aufzeigt, dass meine Einschätzung über mich selbst nicht voll daneben liegt: tiefgründig, herzgesteuert, gereift und doch kindlich, manchmal unnahbar, hingebungsvoll, fürsorglich (Jasmin findet: zu viel!), dankbar, in Gott verwurzelt, ein Teamplayer, der die Gemeinschaft mit anderen Menschen braucht und liebt, eine Kämpferin mit unerschütterlichem Optimismus, mitfühlend, empathisch, verletzlich, feinfühlig, zuverlässig und extrem hilfsbereit, verantwortungsbewusst - bis über meine eigenen Grenzen. Sprunghaft ins Träumerische, Poetische, nicht - Weltliche. "Ein liebevolles Gemüt". Ein Schmetterling, der von Blüte zu Blüte schwebt, um die kostbarste Essenz daraus zu gewinnen. Nicht besonders geduldig und humorvoll, obwohl ich das gerne sein möchte. Eher der Typ Frau, der die zu harten Brocken in sich hineinfrisst, als das schwer Verdauliche den Mitmenschen und der Welt gänzlich zuzumuten. Wenn sich Jasmin zum Beispiel über den Fahrstil älterer Leute oder denjenigen mit dem Kennzeichen FR aufregt und dabei Ausdrücke benutzt, die typisch sind für den ehrlichen, fäkalen Ausdruck, tut es mir in den Ohren weh, und ich kann nicht anders, als sie immer wieder darauf hinzuweisen, dass man so nicht über andere Menschen spricht. Obwohl ich weiss, dass es nicht viel bringt... die Hoffnung gebe ich niemals auf - ein weiterer Charakterzug, ausserdem, wie man schon bemerkt hat, bin ich tief verwurzelt im Nährboden, den wir (leider oftmals als Kitsch abgewertet) als "Liebe" verstehen. Und immer wieder bricht ganz feurig die Philosophin in mir aus. Wesenszüge und Innenleben bis ins Detail zu beschreiben und darüber zu sinnieren fällt mir leichter als die Körper, Dinge und Gegenstände um mich herum zu konturieren (obwohl ich sie sehr scharfsinnig beobachten kann). Also in den Augen aller eingefleischten, hartgesottenen Wissenschaftlern und technisch-weltlich Zugewandten ein ziemlich intensives, hochsensibel- künstlerisches Wesen und eine doch sinnliche Frau, mit der man höchstwahrscheinlich lieber kein Date haben möchte und die zu erobern in einer Nacht unmöglich ist.
Ich glaube, somit habe ich meinen zukünftigen Enkelkindern ihre Grossmutter (Stand 2024 - Updates folgen ja noch...) ziemlich treffend beschreiben können, wobei ich es grad ziemlich ätzend finde, diese Pirouetten schwindelerregend um mich selbst zu drehen. Doch da muss ich jetzt durch: In dieser Szene meiner irdischen Darbietung geht's um mich.
Keine Ausflüchte!
Lass los und lass es geschehen: Die ganz konkrete Auseinandersetzung mit mir selbst, auch wenn diese als Entwurf und Skizze meinem neu entdeckten Zustand des Grenzenlosen gegenpolar entgegenzuwirken scheint. Heute habe ich mir genügend Gutes gegönnt, mich im Himmel ins Paradies küssen lassen und das Höllentor zur Aussenwelt mit all den schmerzenden, traurigen und kriegerischen Nachrichten zugeschletzt.
Im Wissen, dass auf dem Tanzparkett meiner Geschichte immer noch die Menschen, die ich liebe anwesend sind und ich bald wieder um sie herum tänzeln werde, kann ich mich getrost diesem Solotanz öffnen und mir die sprühenden Funken schenken lassen.
Ich darf ich sein
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1.4.  Solotanz – Ich darf ich sein.
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Mein Bruder fragte nach, wie es mir ginge; er wollte mich besuchen kommen und bot mir an, während der Zeit, in der Jasmin und Joya zusammen nach Portugal verreisen und ich in Montana bin, Lucky und Nikita zu füttern. Zudem wollte er wissen, ob ich einen Preis gewonnen habe; er möchte meine Memoiren als Buch lesen können (wie viele in meinem Bekanntenkreis). Nein, leider nicht. Natürlich wäre dies (fürs Ego) schön gewesen. Aus dem stillen Dasein ans Licht zu treten und möglichst viele Menschen zu erreichen ist für eine Poetin wie mich ein Herzenswunsch, für den ich auch stark genug sein sollte. Bis jetzt war ich mehr oder weniger mit Überleben beschäftigt und habe mich und meine Bedürfnisse in den Hintergrund gestellt. Unabhängig davon schreibe ich aus Leidenschaft, weil es mich spüren lässt, was sich im Innern tut, ohne auszublenden, was sich im Aussen tut. Wenn ich im Flow bin, bin ich im Einklang mit mir selbst und der Welt. Ein sehr erfüllendes Gefühl. Umso schöner, wenn dies auf Resonanz stösst und inspirieren darf. 
Die Entscheidung der Jury, wenn man die eindrücklichen Texte der Gewürdigten liest, absolut verständlich. Das hochkarätige Ensemble, bestehend aus empirisch forschenden Wissenschaftlern, muss ihre Massstäbe setzen. Die Awards gelten nicht als Wettbewerb, sollen vielmehr die Autor:innen würdigen, die auch inhaltlich den Kriterien entsprechen - so zumindest verstehe ich es. Als lyrisch-poetisch Erzählende, die ebenso auf Klang, Bewegung, Stil und Schönheit des Ausdrucks achtet, tanze ich aus der Reihe, enorm dankbar für diese einmalige Plattform, die es mir ermöglicht, meine Sicht aufzuzeigen, auch wenn diese nicht für alle nachvollziehbar sein möge.
Inhalt und das Aufleben des Erlebten, eigenwillig Erzählten sei wichtiger als ein literarisch schöner Schliff. Wobei Inhalt ein relativer Begriff ist - in Forscherkreisen beinhaltet dies natürlich etwas anderes als die Facetten, die aus meiner Geschichte zu entnehmen sind.
Ich erkläre weiter:
Als Autorin hege ich die (vielleicht auch ideale) Erwartung an mich selbst, die Erzählweise mit meiner poetisch veranlagten Wesensart in Einklang zu bringen, andernfalls das Autobiographische meinem eigenen Anspruch auf Authentizität nicht entsprechen würde und ich an dieser Aufgabe schon gescheitert wäre, ehe ich begonnen hätte. Dabei bin ich mir bewusst, dass ich sehr tief in mein Leben blicken lasse, was mich auch angreifbar und verletzlich macht. Doch dieses Wagnis bin ich bereit, einzugehen.
Bewusst möchte ich aus der Tragik meiner Erlebnisse etwas für meine Nachkommen hoffentlich Fassbares, Nährendes, Inspirierendes kreieren - ein Kunstwerk, (nichts künstliches!), das ich mit möglichst einfachen, holistischen Pinselstrichen zu malen versuche, da mir diese Ausdrucksweise bei aller Komplexität am ehrlichsten liegt - aus meiner doch auch subjektiven Sicht und Wahrnehmung der Gegebenheiten und Erinnerungen, die sich bis jetzt der Fiktion zu entziehen versuchten.
Stets mit der reinen Intention, den Kern der Wahrheit zu erfassen und bewahren. 
Zweifel und ein stetes sich-selbst-Hinterfragen gehören dazu. Sich trotzdem auf das Wesentliche zu fokussieren und der inneren Schau zu vertrauen, immer wieder die manchmal auch zermürbende Challenge, die das autobiographische Schreiben von Natur aus mit sich bringt. Im Gegensatz zur Poesie, die einfach aus mir heraussprudelt.
Schlussendlich soll mein Leben (sinnbildlich dargestellt) in einem Triptychon, einem Gemälde, veranschaulicht werden, das ebenso dem Schöpfer dargeboten wird.
Auch wenn dies vieles abverlangt und ich am Ende vielleicht nicht zufrieden bin mit meinem Werk: Es ist ein unvollkommener Versuch, meinem Herzensbegehren zu entsprechen.
Stückwerk.
Bis wir das ganze Bild erkennen können...

Meine Autobiographien werden nie in aller Schonungslosigkeit in die Welt hinausgetragen werden. Und zum Schutze der Personen, die vielleicht nicht namentlich genannt werden möchten, bin ich offen, eine dafür geeignete Form zu finden. Es mag vielleicht so erscheinen, als wolle ich das Traumatische schön gestalten. Wie auch immer - ich darf ich sein (so, wie ich es in meiner Begrenztheit zu verstehen und darzustellen versuche; möglichst ohne mich mit anderen zu vergleichen).
Möglichst frei aus dem Herzen heraus.
Die Betrachtenden erkennen darin eine Sandra, die als Tänzerin, Poetin und Künstlerin sich mit der Welt aus Liebe zu verbinden glaubt: So wahrgenommen und respektiert werden, wie ich bin, in Verbundenheit mit den Mitmenschen - wenn dies gelingt, ist das der schönste Preis.
Und - wann ist es denn soweit? "Atemzüge, Himmelsflüge" sei ja schon "vollendet"...
Sobald ich bei Kräften bin, mich konkret darum zu kümmern. Im Moment bin ich im Modus des Loslassens und darf mich einfach nur fallen und pflegen lassen, damit sich mein Körper von allen Strapazen erholen kann. Das ist jetzt absolut prioritär.
Ich möchte ja noch erleben, wie meine Töchter sich entfalten, meine Enkelkinder geboren werden, meine Bücher und Gedichtbände Freude bereiten dürfen und wie ich anderen Menschen, die ein schmerzhaftes Dasein fristen müssen, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln helfen kann. Durch meine eigene Geschichte glaube und hoffe ich, in der Lage zu sein, mich einzufühlen und nachzuvollziehen, was diese vom Leben arg gezeichneten Menschen durchmachen müssen.
Deshalb ist es so wichtig - versuche ich mich selbst und meinen Bruder zu überzeugen - dass ich loslasse; meinem eigenen Körper die nötige Achtsamkeit, Hilfe und Unterstützung erlaube (ich komme nun alleine nicht mehr weiter), um soweit ein "bödeli" zu schaffen, eine Basis, damit diese Vision in das real Machbare gegossen werden kann.
Zumindest hätte ich versucht, meinen Nachkommen in ihrem Herzen einen Samen der Nächstenliebe einzupflanzen. Ob sie diesen dann aufkeimen, wachsen lassen und pflegen werden, liegt nicht mehr im Rahmen meiner Möglichkeiten - soviel Sinn für Realität habe ich noch.
Lass dir helfen, so wirst du auch anderen nachhaltig, mit einem langen "schnuuf" beistehen können. Natürlich habe ich da schon einen detaillierten Plan, wie ich das alles auf die Beine stellen würde - nicht im Alleingang - für das Fass ohne Boden brauchts ein grosses, soziales Netzwerk! Menschen, die gewillt sind, sich nicht nur über das eigene Ich zu beugen, sondern ein Herz für die Notleidenden haben. Je mehr helfende Hände, desto weniger Kraftaufwand für den Einzelnen, der diesen Dienst am Nächsten vollbringen möchte.
Idealerweise darf meine Lebensgeschichte (ohne mich wichtig machen zu wollen) eine Quelle der Inspiration sein...
...doch dafür braucht's ein Happy End! Eine Genesung meiner körperlichen Verfassung. 
Baue ich nun Luftschlösser oder darf sich dies alles zur gegebenen Zeit erfüllen?
Wenn es meinem Lebensplan entspricht, wird es geschehen.

Ja, ich lasse los, doch die Funken der Liebe sprühen weiterhin ohne grosse Anstrengung - aus dem tiefgründigen Ich ins Du.
Aber vor allem, erkenne ich nun, lass los für dich! Lasse einfach los um deiner selbst willen, Sandra.
Nun wieder stiller, demütiger darf ich dieser Zukunftsmusik lauschen, die meinen Körper zum Vibrieren bringt und für die es sich gelohnt hat, zu lieben, kämpfen, loszulassen und in der Verwandlung stark zu werden.

Die Biographien, die ich auf "meet-my-life" bis jetzt gelesen habe, beeindrucken mich jedes auf seine individuelle, charakteristische Art und Weise.
Auch da erreichen manche Funken mein Herz.
Wie schwierig muss es für eine Jury sein, daraus die in ihren Augen Award-Würdigsten auszuwählen?
Zudem stelle ich es mir nicht einfach vor, die geballte Ladung Schicksalsberichte zu "verdauen" - immerhin steckt hinter jedem forschenden Blick ein menschliches Wesen, das sich mehr oder weniger berühren lässt. 
Wer möchte sich nicht auch mit dem Erzähler vor dem Hintergrund des Weltgeschehens identifizieren können?
Ja, auch das darf ich sein: die sich in psychologisch-philosophischen Gedankengängen heimisch Fühlende, die versucht, sich in den Anderen hineinzuversetzen; die Zusammenhänge eingehender zu verstehen, ohne jedoch der Illusion zu verfallen, dies wirklich zu können.
Alles fliesst...
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1.5.  Solotanz – Alles fliesst....
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"Wie nur machst du das?" fragt mich meine Mutter immer wieder, wenn ich ihr etwas Schönes gedichtet habe. Meine Antwort ist ganz einfach: Alles fliesst. Ich darf aus einer Quelle schöpfen, die mir genau das schenkt, was meinen Durst nach Poesie in dieser Welt stillt. Meine Mutter scheint ebenso eine danach Durstige zu sein, wie ich in den letzten Jahren mit Erstaunen erkennen durfte. Sie ist ironischerweise meine zweitgrösste Bewunderin (meine Töchter natürlich die ersten) und hat auch schon eine kleine Fangemeinde gegründet. Da ich mittlerweile weiss, dass auch andere meine eigens für sie kreierte Poesie mitlesen, achte ich natürlich darauf, nichts zu Persönliches preiszugeben. Ironischerweise deshalb, weil ich mich als Kind von ihr oft zurückgewiesen und nicht verstanden fühlte. Aber damals hab ich ja noch nicht gedichtet. Vielleicht hätte diese Gabe schon viel früher eine Brücke zwischen uns schlagen können. Ich erlebe Mama heute viel weniger narzisstisch wie damals, als sie jegliche Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte.
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" zeigt märchenhaft symbolisch auf, wie sie im Verhältnis zu mir stand. In der Schweiz schickte sie mich nach Winterthur, zu den sieben Zwergen, denen ich dienen sollte - nicht ganz so weit weg wie im echten Märchen, doch gefühlt eine Ewigkeit weit entfernt und auch nicht mit der bösen Absicht, mich ganz aus der Welt zu schaffen. Wer hätte das damals gedacht? Dass ich einen liebevollen Zugang zu ihr wiederaufnehmen könnte, mittels einem in uns beiden angelegten Gen für die schönen Künste und einer Hypersensibilität, die ich wahrscheinlich von ihr geerbt habe. Sie betont zwar immer wieder, der Arzt, der mich damals betreut habe, habe sie vorgewarnt: Man wisse nicht, was die Spätfolgen oder Auswirkungen für die Frühchen in ihrem erwachsenen Leben sein werden. Ist die Wissenschaft heute in dieser Thematik schon weiter? Wie dem auch sei, seit ich ihr diesem, wie in einem Mantra wiederkehrenden, mir müde gewordenen Spruch entgegnete: "Ich glaube nicht, dass dem so ist. Etwas anderes macht mir zu schaffen: Ich hätte allen Grund, auf so viele Menschen wütend zu sein, doch lasse ich das nicht zu! Und dies nicht zu meinen eigenen Schutz", ist dieses Mantra verstummt.
Mama versteht meine Poesie wie keine Zweite. Für mich, da ich mich nun bewusst beschenken lasse, ein ganz grosses Geschenk! Ein intensiv sprühender Funke, der mich tröstet und mich mit dem versöhnt, was der kleinen Sandra so schmerzlich widerfahren ist.

"Jeneva, breakfast please!" - schön wär's...obwohl es schon Mittagessenszeit ist, schäle ich mich aus dem Bett, um mir mein Müsli selbst zuzubereiten. Eine Viertelstunde meiner inzwischen einstündigen "aktiven" Energiereserven wird damit aufgebraucht sein.
Alles fliesst? Poetisch, ja, doch mein Körper ist müde. Ich werde auf ihn hören und mich mit meinem Schreibfluss etwas mehr disziplinieren müssen. Alles möchte frei und rein fliessen, aus dem Innersten nach aussen, doch dafür muss ich achtsamer werden. Liebevoller zu mir selbst und wieder eintauchen, in das, was mich so wunderbar erfüllt.
Let go and dive in..
So viele Geschenke!
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1.6.  Solotanz – So viele Geschenke!.
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Ich bin erst beim Kapitel Solotanz angekommen, darf mich jedoch schon reich beschenkt wissen. So viele Geschenke durfte ich auf der Bühne meines Lebens bis jetzt empfangen, und der bisherige Applaus des Publikums berührt mich zutiefst. Nein, meine Bewegungen sind nicht  - wie man meinen könnte - von einer Glanzleistung abhängig. Sie entstehen intuitiv, immer dann, wenn ich im Reinen mit mir selbst bin und in Verbundenheit mit der Schöpfung und den Menschen meine Identität erkennen und spüren darf. Am Widerstand der äusseren Gegebenheiten wächst die tanzende Sandra erst recht über sich hinaus.
Die grössten immateriellen Geschenke: Liebe, Glaube, Hoffnung. Mein feines Gespür für das Musikalische, Künstlerische, Menschliche; die Erkenntnisfähigkeit, Herzensschau und Empathie - ich bin so "programmiert" - seit ich denken kann, weiss ich:
"Folge deinem Herzen".
Diesem Ruf folgte ich fortan ohne wenn und aber -  auch wenn dies bedeutet, viele Schmerzen auszuhalten und einen Weg einzuschlagen, der steinig und schmal ist - solange ich das Licht sehe, das mich zum Ziel führt, gehe ich nicht verloren und gebe nicht auf - ein existenzielles Geschenk!
Dass ich aus einer Quelle schöpfen darf, die nicht nur mich erfüllt, ebenso ein ganz grosses Geschenk, das sich sogar manifestiert, wenn ich dichte und schreibe.
Dass ich zwei gesunde Töchter zur Welt bringen durfte, ihnen eine liebevolle Mutter und Wegbegleiterin sein kann mein grösstes materielles Geschenk.
Ein schönes Zuhause, einen sicheren Arbeitsplatz, Menschen, die mich lieben, wertschätzen, unterstützen, inspirieren, mir nahe sind und an mich glauben ein weiteres kostbares Geschenk.
In einem sicheren Land zu leben, genug zu essen zu haben, eine tolle medizinische Versorgung, einen guten Lebensstandard und all die kleinen Sachen, die das Leben bereichern und versüssen weitere unverzichtbare Geschenke.
Die Überraschungen, die noch auf mich warten; Träume, Wünsche, Sehnsüchte, die in Erfüllung gehen - Visionen, die real werden, das Schlendern im Glück ebenso bereichernde Geschenke.
Mein Körper, der wieder zu Kräften kommt ein heilsames Geschenk.
Mein Animus, der mich küsst ein himmlisches Geschenk. 
Alle vereint und vereinigt in einem Tanz der Liebe das unvorstellbare Geschenk.
Eine Welt, die zur Balance, zum Frieden und zu einer Dankbarkeit zurückfindet ein Geschenk, für das ich bete.
Und noch ein ganz konkretes, aktuelles Geschenk:
Gestern durfte ich raus aus meinem Ausgebremst-Sein und der Isoliertheit. Jasmin hatte zusammen mit ihrem Freund alles schön vorbereitet und auf mich abgestimmt. Nachmittags einen gemütlichen Ausflug ins Berner Oberland, wo Thomas aufgewachsen ist. Ich durfte während der Fahrt noch in meinem Dämmerungszustand auftanken - danach Besichtigung "ihres" Häuschens, das sie übernehmen werden und Platz für drei Generationen bietet. Wie unberührt es hier ist, in dieser so schönen, natürlichen und idyllischen Umgebung: Ein Paradies - ein wahrgewordener Traum, so stell ich mir das für die zwei Verliebten (und wie mir scheint, schon sehr Vertrauten) vor. Auf der grossen, sonnigen Laube tranken wir einen Kaffee. Ich liess mich göttlich umsorgt in die weichen Kissen der Lounge fallen, so, als fühlte ich mich schon ganz wie in einer zweiten Heimat. Gestochen scharf zeichneten die Wiesen, umliegenden Hügel und gezuckerten Berge ihre Konturen in mein Gedächtnis  - wie intensiv ich dies nach so langer Zeit des in-sich-geschützt-sein-Müssens erleben und aufsaugen durfte, war mir augenblicklich bewusst. Kurze Führung durchs Haus, dem Garten, die Nachbarschaft. Ob's für mich noch ginge, zur Kapelle zu spazieren, zehn Minuten Fussmarsch, ebenso traumwandlerisch schön dieser Weg ins Heilige. Thomas erklärt mir alles, was ich wissen möchte. Ich versuche, ihn nicht mit zu vielen interessierten Fragen zu löchern.
Wie bin ich glücklich!
Meine Jasmin eingebettet in solch friedlicher Umgebung - geerdet, aufgenommen in der Gemeinschaft fleissiger, bodenständiger, dankbarer und herzhafter Menschen zu wissen!
Nun fällt mir das momentane Loslassen schon wesentlich leichter.
Offstage
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1.7.  Solotanz – Offstage.
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Der Vorhang fällt.
Die Zuschauer strömen zum Ausgang; hoffentlich können sie noch lange dieses magische in-eine-andere-Welt-Tauchen mittragen in ihren Alltag, ihre Sorgen, Baustellen und Herausforderungen. 
Die Lichter gehen aus. 
Ich steige von der Bühne herab, erschöpft, aber glücklich, alles gegeben zu haben. Mein Körper schmerzt, doch ich stecke das einfach wie gewohnt weg. Das gehört zu meiner Leidenschaft dazu. Von klein auf gewohnt, auf die Zähne zu beissen, mich irgendwie mit den um mich herumwirbelnden Menschen und Gegebenheiten mit immer wieder wechselnden Bühnenbildern selbst zu arrangieren, war dies das härteste Training für das "grande finale", das noch auf mich wartet.
Time out.
Eine Auszeit meiner intensiven, tänzerischen Ausdrucksweise.
Nun loslassen und selbst Zuschauerin werden. Mich berühren und in Zauberhaftes, Klangvolles, Unbeschwertes tragen lassen; am liebsten in etwas total Romantisches...eine Vorstellung der Liebe, die ein Happy End haben wird. Nur nichts Schmerzhaftes, Schweres, Dramatisches, Zerstörerisches. Kein Horror- und auch kein Science-Fiction-Theater. Ein wenig Action darf schon auch dabei sein, nur genau soviel, wie ich es verkraften kann. Ein federleichtes Schlendern ins Glück, das nie aufhört, sich zu vervielfachen.
Ein Stück, das zwar eine "never-ending-love" story darstellt, aber bloss kein Kitsch!
Eine Aufführung, die auch die abgebrühtesten Gemüter kalt erwischt mit der Echtheit identifizierbarer Emotionen. Natürlich zieht sich das Poetische wie ein existenzieller Faden durch die Szenerien, die ebenso humor- wie auch funkensprühend sind und eine einzige Wundertüte voller Überraschungen. Eine natürliche Spannung soll in das noch selbst zu vollendende Stück hineinfliessen. Eine immerzu sprudelnde Quelle der ekstatischen Wellen, die das Publikum mitreisst in den Strom dessen, was sich jeder einzelne wünscht. Eine individuell wandelbare Handlung, während der sich alle Zuschauer verbunden und vereint fühlen durch die Botschaft und wahre Essenz der menschlichen Existenz.
Etwas schlicht und ergreifend Göttliches.
Und am Schluss weiss man nicht, ob man geträumt hat, selbst etwas zusammenfantasiert oder sich die Realität ganz einfach traumhaft offenbart hat.
Ja, solch eine Aufführung schaue ich mir jetzt ganz entspannt an und erahne, dass mich dies derart bezaubern wird, dass ich meine körperliche Erschöpfung und die Schmerzen für einen Moment vergessen werde.
Einmal ganz ohne zu entschweben. 
Die Musik erklingt, der Vorhang öffnet sich und das fantastische Stück beginnt.

Relax and enjoy!
Intermezzo
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1.8.  Solotanz – Intermezzo.
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Aus dieser nahen Ferne betrachte ich nun stiller das menschliche Theater auf der Bühne des Lebens. Zwischen Sieg und Niederlage pendeln die gegensätzlichen Pole spannungsgeladen hin und her. Macht besiegt Ohnmächtiges, der Tag besiegt die Nacht, das Lachen das Weinen, das Werden das Sterben. Die Hoffnung besiegt die Verzweiflung und das Liebevolle das Lieblose. Im steten Kampf des Gegensätzlichen gibt es nur Gewinner oder Verlierer, Glorreiche oder Niedergeschlagene, Nehmende oder Gebende, Empfangende oder Gebärende, Verschlingende oder Verschlungene.
Atemberaubendes Theaterstück will brillieren, Gefühle regen und Gedanken frei legen - für einen Moment hüpft die An-Mutige mit dem Siegeskranz der Tragik dieses Stückes erlegen selbst wieder tanzend auf die Bühne, um dann wieder durch die Luke der Souffleuse zu verschwinden. Klammheimlich stiehlt sie sich dann erneut den besten Platz in der Loge, um nun mit der Komödie die humorvolle Seite im Drehbuch des irdischen Daseins umzublättern. Nächstes Kapitel: Jenseits von Sieg und Niederlage.

Clowns in bunten Kostümen, tollpatschigen Latschen klatschen und tratschen, machen lustige Faxen, irrsinnige Grimassen und stolpern dermassen über Gewitztes, Verschwitztes im Jubel, Trubel mit Heiterkeit und Fanfare, Trompete und Klarinette spannen sie den Bogen zwischen Glanz und Grau. Mit ihren roten Nasen und farbigen Perücken wollen sie nun wieder entzücken, das Publikum bezirzen, um dann breit grinsend aus dem lustigen Treiben zu entschwinden.
Was liegt zwischen Sieg und Niederlage schwebend so geheimnisvoll unentdeckt und entrückt zwischen diesen Polen entgleitend ins Unendliche abschweifend?
Stille sich räuspern, leer schlucken und dann eine kurze Pause, um Eis zu verschlingen, Popcorn knabbern, die Füsse vertreten, frische Luft einatmen.
Für einen Moment vergessen, was sich hinter maskenhaften Gesichtern versteckt - im Verborgenen: Droht zu ersticken, möchte sich befreien, endlich gehört, gefühlt, aufgewühlt und verwandelt werden…
Aha: Zwischen Sieg und Niederlage liegt Transformierendes und das Blatt wendet sich. Die Besiegten werden die Gewinner sein; die Sieger die Verlierer. Die Ersten werden die Letzten sein und umgekehrt. In diesem Raum, zu dieser Zeit ist’s ein stetes Kehren und Wenden, Suchen und Finden, sich Stellen und Flüchten, Kompromisse schliessen und die Farben des Regenbogens berühren, einander die Hände reichen und optimistisch das Positive entdecken.

Die Gegensätze vereinen, um sich dann schlussendlich in der herzlichen Mitte wieder zu finden, eingebettet im liebevollen grossen Ganzen.

 

 

Gesellschaftstanz
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2.  Gesellschaftstanz
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Augenblicke

Augen blicken zu mir hin
strahlend liegt da der Sinn
im freundschaftlichen Sehen
einander gegenseitig verstehen 

Augen suchen lustige Augen Blicke
damit es auch die Seele erquicke
Und was möchten sie dann begreifen
wenn sie ins Unendliche abschweifen?

Sehen sie das rein Fassbare bloss
oder werden sie im Wunder gross 
Schauen Augen nur nach Aussen so gut
ohne zu begreifen, was sich im Innern tut?

Werden sie durch die Trauer verschleiert
und in der Gefühlskälte wie versteinert?
Dick geschwollene Augenlider
was erzählen sie mir nun wieder

Diese dunklen Augenpaare
blinzeln in jenes Unklare
das im tiefsten Innern liegt
Hell das Licht, das es besiegt 

Augen sehen manchmal auch verschwommen
benommen - haben mir den Mut genommen
…lasse ich dann die Tränen frei fliessen
möchte ich sie lieber doch verschliessen

Niemand soll meine Schwäche sehen
nicht bemerken, wie tief sie gehen
Diese Augen blicken dann in die Schwere
und verlieren sich flüchtig in der Leere
Um dann wieder in die Fülle zu schauen
am echt Herzhaften weiter zu bauen 

Suchen wollen meine Blicke immer auch Deine
dann erstrahlen sie, fühlen sich nicht mehr alleine
Augen, wie verzaubert in einem Traum
schwerelos tanzend im magischen Raum

Durch deren Weltensicht wird immer klarer
was in der Verwandlung liegt ist wunderbarer
als das egozentrische auf sich Starren
nur stur auf das Eigene beharren
 

Irdische Augen wollen in die Sonne schauen
Himmlische der Kraft des Lichtes vertrauen
Kindliche Blicke versüssen und entzücken
können uns so berühren und beglücken

Verliebte Augen öffnen sich schön weit
in der vertrauten Umarmung zu zweit
…schliessen sich dann genüsslich wieder
summen so innerlich beschauliche Lieder

Verschmelzen Augenpaare zum Einen
können sie sich auch im Herzen vereinen
Augenpaare werden Verbündete in der Freundschaft
sie entflammen im Verliebtsein und der Leidenschaft 

Sich im Schauen verlieren, wieder finden und stetig neu erkennen
um das Ureigene, Verborgene und die Sehnsüchte zu benennen

Augen auf für das Schöne und Unfassbare
darin liegt die Kunst, das echt Wunderbare
Lernen, mit dem Herzen zu sehen
um nicht in die Fremde, Irre zu gehen

Frieden schliessen mit sich und der Welt
die eine innere Sicht nicht mehr entstellt
Augen gehen allmählich auf innere Reisen und Distanz
nehmen Abschied und verlieren im Sterben ihren Glanz

Augenblicke des Vertrauens, der Freude und Liebe
wünschte mir, dass es immer so beglückend bliebe.

Januar 2008, aus meiner poetischen Schrift „Anima schreibt Animus“

Darf ich bitten?
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2.1.  Gesellschaftstanz – Darf ich bitten?.
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Darf ich bitten?

Meine Blicke richten sich am liebsten auf Menschen und ihre charakteristischen Wesenszüge; wie sie sich bewegen, ausdrücken, was sie denken und fühlen - was sie zu dem Unikum macht, das jeder Einzelne ist. Ein Wunderwerk, ein sprühender Funke, der die Welt erhellt und in meinem Herzen eine unauslöschliche Spur hinterlässt.
Woran werde ich mich auf meinem Sterbebett erinnern?
An Orte, an denen ich gewesen bin, ja – jedoch vor allem an die Menschen, die mich dorthin begleitet haben. An mir Nahestehende, die mit ihrem Licht mein Leben erhellt haben. Jeder trägt so ein Licht in sich - bei allen Schattenseiten, die die Sicht verdunkeln mögen - meine Augen suchen immer nur das Erhellende, Positive; die kostbare Essenz, die jeder Mensch in sich trägt und verströmt – ein Duft, der sich in meinem limbischen System abspeichert.
In der Gemeinschaft mit meinen Liebsten, Freunden und auch nur flüchtig Begegneten blühe ich auf; ich lasse mich vom Licht durchfluten, das jede/r/s versprüht – ob er/sie/es sich nun dessen bewusst ist oder nicht – dafür bin ich sehr aufnahmefähig, ob ich es nun sein will oder nicht.
Ich bin sehr dankbar, meine Mitmenschen so wahrnehmen zu können; mit dem Herzen zu sehen und erkennen, wie sich die schöpferische Kraft in ihnen manifestieren darf. Es ist das, was mein Leben bereichert, mich von mir selbst wegträgt in die Verbundenheit mit denjenigen, die mir auf der Bühne meines Lebens begegnen. Dabei bin ich eine grosse Bewunderin der Genialität, die in jedem steckt. Bildlich gesprochen trägt jeder dieser göttliche Funke in sich, der mein Herz erreicht. Es kann auch so beschrieben werden, als trage jeder eine Sonne in sich, die ich sehen kann und die mich mit ihren wärmenden Strahlen nährt, mein Gemüt erhellt, mich erfüllt und ohne die ich nicht leben könnte.
Eines nach dem anderen darf nun im Tanz mit mir so erscheinen, wie ich ihn/sie/es zu sehen, erfassen, spüren und umschreiben vermag.
Dabei trage ich keine Rosabrille, sondern vertraue wie immer meiner Herzensschau.

Paso Doble
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2.2.  Gesellschaftstanz – Paso Doble.
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Papa taucht auf der Tanzfläche meiner Erinnerungen als Erster auf. Er ist am 7. März 2022 im Bruderholzspital in Basel nach einem Oberschenkelhalsbruch, der operiert worden war, gestorben. In den Monaten zuvor war er im Seniorenheim "Senevita" in Pratteln untergebracht worden. Dies brach mir fast das Herz, ich musste nach jedem Abschied innerlich weinen, denn ich spürte, wie unglücklich er war, mit der diagnostizierten, partiellen Demenz nicht im Schoss seiner Familie eingebettet sein zu können während seinen nun allmählich abflachenden Atemzügen. Er war der Liebling der Station - ein gentleman bis zum Schluss, der Humor und Charme versprühen konnte wie kein anderer. Nach dem zweiten Schlaganfall war die Hirnregion betroffen, die irreparabel eine Gedächtnislücke hinterlässt. Er konnte sich an Gegebenheiten, Jahreszahlen und Tätigkeiten in der Vergangenheit erinnern, jedoch nicht mehr an solche, die die nahe Gegenwart betrafen. In seiner Wahrnehmung steckte er noch in seinen aktiven Arbeitsjahren und konnte nicht begreifen, warum er hier eingesperrt war - er müsse sich doch bewerben und sich um einen Job kümmern! Ich begriff schnell, dass ich ihm dies nicht ausreden sollte, sondern mit ihm mittanzen auf der Zeitebene, auf der er sich grad befand. Ich ging auf seine Bewerbungsbemühungen ein und nahm sein Bestreben ernst, sich als Zugführer einer elektrischen Eisenbahn zu bewerben. Er zeigte mir seine Bewerbungen, die er in Form von Mandalas ausgemalt hatte. Ich solle diese den Vorgesetzten der SBB zukommen lassen. Seinen Lebenslauf und die Zeugnisse könne ich beilegen, die würden belegen, dass er ein Topkandidat für diese Stelle sei. Wobei er schon auch - sehr realistisch - zu bedenken gab, dass er sich vor Antritt dieser herausfordernden Tätigkeit (man wisse ja nie, wie damit umgehen, wenn sich eine lebensmüde Person vor den Zug werfe) schon noch auf den neusten Stand der Technik bringen müsse. Dazu sei er auch gewillt; das sei wichtig, um so eine Lok zu führen. Ich solle dies alles erwähnen, wenn ich seine Bewerbungsunterlagen übermittelte. Nach ein paar Wochen, in denen sich nichts geregt hatte, wollte Papa dann doch wissen, ob ich mich denn wirklich um die Sache bemühe, er habe noch keinen Bescheid von der SBB erhalten. Nun musste ich mir etwas einfallen lassen, konnte seinem prüfenden Blick nicht mehr ausweichen. Instinktiv kam mir die Idee, meine Cousine Debora zu fragen, ob sie bereit wäre, zu ihm auf die Abteilung zu kommen, um in die Rolle der Personalverantwortlichen zu schlüpfen, die mit meinem Vater ein Bewerbungsgespräch führt. Je nachdem, wie er darauf reagieren würde, könnte sie ihm ganz klar aufzeigen, dass er mit seiner Ingenieurausbildung zwar technisch einwandfrei für diesen Beruf geeignet wäre, doch psychologisch eher nicht in der Lage, ein worst-case Szenario menschlich zu verkraften (falls sich jemand vor den Zug stürzen würde). Dies möchte man ihm doch ersparen. Dafür wären seine Entwürfe für eine effizientere Elektrolok von grösster Wichtigkeit - diese Arbeit, die er bequem in seinem Homeoffice hier erledigen könne, würde von der SBB sehr geschätzt. Das war unser ausgeklügelter Plan, den wir aber gar nicht mehr umsetzen mussten. Als ich Papa davon berichtete, dass - falls er das wirklich möchte - die Vorgesetzte (Debora würde sich dementsprechend chic kleiden - er würde sie nicht mehr erkennen) zu ihm kommen würde, um das Bewerbungsgespräch zu führen, fragte er ganz verdutzt:
"Nei, würklich?!? Meinsch sie chunnt da härä zu mir? Das glaub ich ned - da härä?"
Ich bejahte mit dem Vorschlag, ihn darauf vorzubereiten. Das sei seine Chance, sich von seiner besten Seite zu zeigen.
Mein Vater strahlte, konnte es kaum fassen - er sagte:
"Wenn de? Ich han drum no äs aagebot überchoo - ich chan im summer als versuechskandidat für d'nasa zum mond flüge..."
"Was, würklech? Wow, papa, das isch ja unglaublich! Was für äs glück du hesch! Weisch wievil dä musk zahlt, um als erschtä zivilist chönnä zum mond flüge? Millione!!! Und du chasch gratis gah - was für ä grossi ehr - das muesch unbedingt mache. Das isch wichtiger als d'lok."
Seine Augen glänzten, er freute sich, an solch einer wichtigen Mission teilhaben zu dürfen, und damit war das Bewerbungsthema endgültig vom Tisch.
Dafür schwebten wir beide im Traum, Papa dürfe bald auf den Mond! Von da an tanzten wir beide im unendlichen Universum des sich zu Erfüllenden. Dabei schmiegte er sich an mein Herz mit den Worten:
"Du bisch min ängel."
Worte, die ich so aus seinem Munde noch nie gehört hatte. Seit dem Verlust eines Teils seines (zeitlebens sehr dominanten) Verstandes, strömte eine sanfte Herzensenergie, die er nicht mehr kraft seines Willen beherrschen konnte, in sein kleines, bescheidenes Zimmer und erfüllte uns beide ganz tröstlich. Er konnte mir sogar gestehen: 
"Ich weiss, du hesch vil duregmacht und ich bin ned immer dä papa gsi, wo für dich da gsi isch."
Ich verstand die Botschaft, die er mit einem Satz zu pointieren versuchte. 
Im Spital, kurz vor seinem letzten Atemzug, küsste ich ihn auf die Stirn mit den Worten:
"Ha di fescht lieb, papa, guetä flug zum mond!"
Er nickte, zwinkerte mir mit den Augen zu, lächelte und winkte mir zum Abschied mit der linken Hand.
Danach war er bereit für den Himmelsflug.



Papas Himmelsflug, 2022

 


"Oh mein Papa,

Memoiren aus unserem gemeinsamen Tanz
In deinen Augen Freud und Glanz
Zwei Schritte vor, einen zurück
Sicheren Halt, dann wieder entrückt
Nicht jede Pose ist uns geglückt

Deine Intelligenz war der ruhende Pol
Deine Leidenschaft nicht immer zum Wohl
Doch hast du auch Risiken gewagt
Eine bewegende Geschichte am schmalen Grat

Zum Auf und Ab der Meereswogen
Hat es dich ebenso hingezogen
Das Spiel im Wasser, so unbeschwert
Hat unsere Beziehung gestärkt

Seelisches Leid führt zu geistiger Reife
Dein Intellekt lehrte uns, das zu begreifen
Takt für Takt die Balance zu finden
Was uns entzweit zu überwinden

Liebevolles entfaltete sich mit den Jahren
Neue Knospen erblühten in deinem Garten
Die Rosen duften immer noch nach dir
Unsere Sehnsucht verbindet uns hier

Und immer noch sehe ich dich
Willensstark, ein Kämpfer, dennoch verletzlich
Hältst mich lächelnd mit deiner Hand fest
Auch wenn dich die Kraft verlässt

Ein Teil von dir wird immer fliegen
Die Schwerkraft der Erde besiegen
Freier Flug ins weiche Gefieder
So findest du deinen Herzschlag wieder

Und nun stehst du leichtfüssig hier
In der Poesie meines Lebens, ohne Grenzen
Dein Atem in meinem Gesicht
Küsst mich tröstlich, dankbar, zärtlich

Das Schöne darf ich bewahren
Mit meinem Herzen dich halten
Meine Liebe dich umfangen
Wo immer du auch bist."


 

 

 

Langsamer Walzer
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2.3.  Gesellschaftstanz – Langsamer Walzer.
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Franz erscheint nun auf dem Tanzparkett mit einem verlegenen Lächeln. Er, der zwei linke Füsse hat, wagt dieses Tänzchen mir zuliebe. Er könne nicht tanzen, zumindest nicht ohne mir dabei schmerzhaft auf die Flossen zu trampeln...
"Jeder kann tanzen", entgegne ich ihm und demonstriere dies leibhaftig, indem ich seinen Körper zu mir hinziehe; so eng umschlungen wiege ich ihn im Rhythmus seiner Lieblingsmusik hin und her. Das sei der einfachste und doch innigste Ausdruck dessen, was Tanz ist. Wobei er - schnell von Begriff - erwidert: Nein, es geht noch inniger!
Ich lächle.
Ja, er hat's verstanden - er, der sich wie ein Bäuerchen bewegt und es sich gewohnt ist, mit seinem Schalk, seiner gewinnenden und von sich selbst überzeugten Art die Führung zu übernehmen. Ein Kämpfer, der gelernt hat, sich auf seine Intuition zu verlassen, um sich durch unsichere, harte Zeiten hindurch zu lotsen.
In diesem Augenblick - so innig vertraut, fühle ich sein Herz.
 
Am 31. März 2014, in der Nacht so gegen 3:00 Uhr, hatte es aufgehört zu schlagen.
Zuvor noch hatte er mir ins Ohr geflüstert: "Ha di lieb, Sandrali".

Ich erinnere mich noch genau an meine erste Wahrnehmung von ihm, damals, im April 1994, als er als Patient in der PUK Zürich mit einem hartgekochten Ei jonglierte. Seine Blicke, die an mir haften blieben und seine Fürsorge, als er mich mit Honigmilch, Fruchtsäften und Badezusätzen verwöhnte. Sein Beschützerinstinkt und sein Reflex, zu helfen, obwohl er selbst den Tod seines Sohnes zu verkraften versuchte und mit seiner Drogensucht rang, die er mir anfangs verheimlichte. Wohl erahnend, dass ich ihm sonst niemals zurück in die Aussenwelt gefolgt wäre. Entgegen dem Willen der Ärzte, die mich - immer wieder in Ohnmacht Fallende - schützen wollten, hielt er an seinen Gefühlen für mich fest.
Ja, Franz lernte ich während dieser Zeit - beide vom Leben gezeichnet und gestrandet - kennen und lieben. Unter "normalen" Umständen wär ich vor jedem männlichen Wesen geflüchtet, ein Impuls, der aus einer tiefen Verletztheit in der Kindheit rührte und nach einem Versuch, dieses Trauma zu therapieren, in die Ohnmacht und Klinik geführt hatte.
Er war da, um mein leises Fallen aufzufangen, mich die menschliche Wärme spüren und die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau neu entdecken zu lassen. Er erwies sich als sehr hartnäckig und geduldig, mich zu erobern. Dabei versuchte er seine eigenen Unzulänglichkeiten zu vertuschen, so wie die meisten von uns; im Nachhinein hat sich dies als etwas Positives erwiesen: Hätte ich sonst diesen Sprung ins Ungewisse, Schwindelerregende gewagt? Diesen Spagat vom ohnmächtigen Ich zum pulsierenden, neu erwachten Leben, das er verkörperte; in die (scheinbar) totale Gegensätzlichkeit? Er liess sich ebenso intuitiv auf diesen Tanz ein wie ich. Das war charakteristisch für Franz, der nach aussen hin so stark, mutig, abgebrüht und humorvoll erschien, im Innersten jedoch verwundbar, nach der Liebe seiner früh verstorbenen Mutter suchend und traumatisch verletzt war. Ein verwundeter Löwe (sein Sternzeichen) dessen Kampfgeist und Überlebensinstinkt ihn ins Leben zurückführten, getriggert durch die Begegnung mit mir und der Liebe, die sich dadurch entfachen konnte. Seine Suche nach Liebe und Wärme zeigte sich schon früh: Im Pestalozziheim, als Neunjähriger von seinen zwei jüngeren Brüdern getrennt, fand er bei Arlette (so würde seine zukünftige Schwägerin heissen) und Sandra (wirklich wahr!) Herzenstrost. Die standen im Stall des landwirtschaftlich betriebenen Areals, das zum Heim gehörte. Er durfte sich um die Kühe und Pferde kümmern. Er erzählte mir, wie er sich - oftmals auch nachts - aus dem Massenlager schlich, um sich zu den Stuten zu legen.
Diese immer vertrauter werdende Verbindung von Mensch und Tier, geschützt vor Gefahr, Erschütterung oder harten Schlägen (damals die gängigen Strafmassnahmen), empfand der kleine Franzli als besänftigend und heilsam.
"Ich lasse dich nun frei, werde glücklich mit deinem Animus", höre ich ihn sagen, währenddem wir über die Tanzfläche gleiten. Auch wenn ich mir dies nur einbilde, spüre ich tief im Innersten, dass Franz möchte, dass ich glücklich werde; dass ich meiner Trauer um seinen Verlust ein Ende setzen und mich öffnen soll für eine vertrauensvolle Beziehung zu einem Mann, der mich so lieben kann, wie ich bin. So wie Franz damals, der unerschrocken und willensstark wie ein Ritter durch die dornigen Rosenbüsche mich zu befreien vermochte aus meinem Gefängnis der Beziehungsunfähigkeit. Und ich ihn aus dem Sog der vernichtenden Drogensucht. Ja, wir haben beide gekämpft und dabei viele Siege errungen; der grösste unsere zwei wunderbaren Töchter, die sich wie die schönsten, leuchtendsten und berührendsten Rosenblätter gleichsam stark und anschmiegsam um unsere Leben ranken und einen betörend feinen Duft verbreiten, nicht nur für mich so wahrnehmbar, nein auch für die Menschen in unserem Umfeld.


Franz

 

"Und immer wenn wir von dir sprechen
Fallen Sonnenstrahlen in unsere Gedanken
Halten dein Bild in unseren Herzen umfangen
So, als wärst du nie gegangen...
...ist's doch ein Atemzug, ein Hauch der Liebe
Ganz durchdrungen, bis in die Tiefe."

Hip-Hop
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2.4.  Gesellschaftstanz – Hip-Hop.
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"Mama, du bisch pynlech...!" Jasmin gesellt sich zu meinen tänzerischen Bewegungen und möchte am liebsten gleich wieder von der Tanzfläche flüchten. Sie findet mein ausdrucksstarkes "schwofen" doch eher aussergewöhnlich und daher auch in Verlegenheit bringend. Ich schmunzle und passe mich ihrem jugendlichen Schritttempo an. Sie ist eine ebenso begabte Hiphop-Tänzerin wie ihre Schwester, die früher Ballett getanzt hat. Leider haben beide nicht mehr die Zeit, sich diesem gemeinsamen Hobby zu widmen. Die Veranlagung zum tänzerischen Ausdruck haben sie beide nicht von Franz, soviel lässt sich mit Bestimmtheit feststellen. Jasmin hat vieles von ihrem Vater geerbt, was sie nicht immer als Vorteil empfindet und hört oftmals die Bemerkung (vor allem aus der deutschen Verwandtschaft):
"Ganz der Franzerl...!"
Ihre wunderschönen, gelockten Haare zähmt sie mit einem Glätteisen - mit vorwurfsvollem Blick gibt sie mir dabei jeweils zu verstehen:
"Toll hesch du dir än maa mit fyne haar u locke uusgsuecht!!!"
Ihr spritziger, schlagfertiger Humor sprudelt noch feiner heraus wie der ihres Vaters, der sich in der Gesellschaft seiner Mitmenschen als wahrer Meister des Schalks erwies. Bewusst brachte er mit seinen Clown-Einlagen die Leute zum Lachen, auch wenn ihm gar nicht danach zumute war. Jasmin ist in der Hinsicht eine authentischere Version der Aufheiterung und trägt diese Anflüge des Witzes spontan in die Runde, sehr zum allgemeinen Amüsement. Für mich eine erfrischende Quelle der Leichtigkeit, die meiner melancholischen Seite viel Licht und Auflockerung schenkt. Sie ist ein Magnet, der die Menschen anzieht - schon als Kind hat sich dies in der Kindergruppe gezeigt, die sich um sie scharte; beim Spielen mit den "kamerädli" war sie stets im Mittelpunkt. Ich finde es faszinierend, wie manche Persönlichkeiten allein durch ihre Ausstrahlung eine magische Anziehungskraft auf andere ausüben können. Jasmin kann davon profitieren, nicht nur ein Hingucker zu sein, sondern durch ihre natürlich-gewinnende Art die Menschen in den Bann zu ziehen. Sie ist eine strahlende, junge Frau, die sich sportlich-lässig kleidet und ihre soziale Begabung zum Beruf gemacht hat. Sie bildete sich zuerst zur Fachfrau Betreuung Kind aus, um sich danach weiterzuentwickeln als Personalfachfrau - primär aus finanziellen Gründen: Die knochenharte Arbeit mit Kleinkindern, die schon ab drei Monaten in der KiTa abgegeben werden, wird bis heute viel zu wenig wertgeschätzt und schlecht entlöhnt. Leider gehört sie zur Mehrheit der in diesem Bereich Ausgebildeten, die nach ein paar Jahren den Beruf wechseln. Als Asthmatikerin muss sie sich besonders um ihr gesundheitliches Wohl kümmern und kämpft sich vor allem im Winter durch die Grippezeit; mithilfe der Kortison-Inhalationen kann sie mittlerweile ein gutes Leben führen. In ihrer Freizeit ist sie am liebsten mit ihrem Freund und Traktor unterwegs, in der Natur, mit Familie und Freunden. Sie geniesst auch Zeit für sich alleine, braucht diese Rückzugsinseln genauso wie die Geselligkeit mit ihren Liebsten. Immer wird ihre Anwesenheit mit Musik erfüllt, vor allem die Hits der 80-er Jahre haben es ihr momentan angetan. Ab und zu entstaubt sie ihr Akkordeon, um ein paar Lieder (vor allem Daddys Lieblingslieder) anzustimmen. Wie er liebt sie das Autofahren - ihr VW Golf ist einer ihrer treusten Gefährten; auf ihren Spritztouren gibt sie erst richtig Gas. Sie ist sehr freiheitsliebend und hat mich mit 15 schon darauf vorbereitet, dass sie ausziehen werde, sobald sie sich ihren Lebensunterhalt selber verdienen könne. Die Überdosis meiner mütterlichen Fürsorge war wohl auch ein Antrieb, sich Luft und Freiheit zu verschaffen. Das Kochen brachte sie sich selbst bei, wobei ich ihr immerhin hie und da ein paar Tipps geben durfte. Sie liebt das Essen und macht das beste Himbeer-Tiramisu. Jasmin gehört zu den Glücklichen, die deftig schlemmen können, ohne eine Fettleibigkeit befürchten zu müssen.
Wie damals Franz ist sie im Haushalt speditiv mit Putzutensilien und Staubwedel unterwegs und benutzt das gleiche Waschmittel wie einst Daddy - der blumige Duft hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Sie hat einen praktischen Einrichtungsstil ohne grossen Firlefanz und auch in Sachen Büroordnung ist sie gewissenhaft. Jasmin ist eine bodenständige Person, die sich gut abgrenzen kann und mir dabei ein Vorbild ist. Das Lauschen im Aussen ist ihr viel vertrauter als das tiefe nach-Innen-Horchen. Wenn ich ihr beispielsweise davon erzähle, in den entscheidenden Momenten auf ihr Herz zu hören, fragt sie mich: 
"I ghöre ned was mis härz seit - wie meinsch du das? I cha das ned..."
"Jazzeli, los eifach uf dis buuchgfühl oder dini intuition",
versuche ich es ihr zu erklären; woraufhin sie entgegnet:
"Mi Buuch seit: i ha hunger!"  (LOL)
Mineli ist eines der Kosenamen, die nur ihrem Daddy vorbehalten war, währenddem ich sie so knackig wie die gleichnamigen Äpfel Jazzy und Jazzeli rufe - mein Bruder Fernand nennt sie manchmal auch Jatzy.
Ihr Zweitname Gisela hat ebenfalls ihr Vater ausgewählt; in Erinnerung an seine Mutter Gisela, deren Ähnlichkeit mit Jasmin frappant zu sein scheint - Franz hatte manchmal Tränen in den Augen, wenn er sie heimlich beobachtete. Mineli erinnerte ihn an seine viel zu früh tragisch verstorbene Mutter. 
Jasmin ist eine sehr liebevolle, aufgestellte und aufmerksame Tochter, die mich mit ihrer charismatischen Wesensart berührt, mich in den praktischen Dingen berät und nun während meiner körperlichen Verletzlichkeit eine grosse Hilfe und Unterstützung ist. Ein kostbares Geschenk, mit dem ich nie im Leben gerechnet hätte. Ohne sie wäre mein Dasein nicht so hell, erfüllt und bezaubernd.
Ihre grün-braunen Augen hat sie von ihrem Daddy, ebenso sein Lächeln.


Daddy und Mineli am oberen Aareggweg, Bern

 

Jasmin mit Schalk und Schwung, Sommer 2000, oberer Aareggweg, Bern



Jazzy mit Joya, Münchenbuchsee, 2002

 
 

Jasmin, Winter 2008



Akrobatik im Hasligarten, 2011

 


Jasmin mit Sputnik im Hasligarten, 2015



Jasmin, 20. Geburtstag

 


Jazzeli gibt Pépère Konzert, Senevita, Dezember 2020



Jasmin in Deutschland, 2023



Traktorfahren 2024

 

Jasmin 2024

 

"Muttersein heisst zärtlich halten
Das allerschönste Kunstwerk gestalten
Liebkosen, küssen, streicheln
All das Kindliche umschmeicheln

Ein warmes Herz, das ehrt
Ein leises Wort, das lehrt
Zwischen alltäglichen Zeilen
Träumen Flügel verleihen

Tanzend über dem Regenbogen
Das Leben feiern und loben
In diesem Moment sind sie verflogen
All die Fragen, Ängste und Sorgen

Mutterglück, in dem wir uns finden
Lässt soviel Mühsal entschwinden
Was einst so wundersam begann
Zieht unaufhaltsam seine Bahn

Getragen sind Mutter und Kind
Wissen, dass sie unzertrennlich sind
Weder Lügen, noch Schmerz oder Leid
Haben je diese Nabelschnur entzweit."


 

 

 

 

 

 

 

Foxtrott
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2.5.  Gesellschaftstanz – Foxtrott.
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"Hoppla!" - Äni mimt grinsend einen kleinen Misstritt auf der Tanzbühne, währenddem er sich mir nähert, um zusammen einen beschwingten Foxtrott zu improvisieren. Ich liebe es, wenn mich mein älterer Bruder so verschmitzt angrinst; dann weiss ich, dass es bestimmt lustig und amüsant zu und her gehen wird. Sein Humor ist ganz fein, pointiert und intelligent, weshalb er mich damit immer wieder aus der Reserve locken kann. Sein Kosename entstand zu der Zeit, als mein jüngerer Bruder Henri als kleiner Knirps seinen Namen noch nicht richtig aussprechen konnte und aus Fernand ganz einfach Äni formte. Bis heute wird Fernand von seinen engsten Familienmitgliedern mit dieser - wie ich finde - genial-kindlichen Kreation eines genau auf ihn zugeschnittenen Spitznamens angesprochen. Ein einfach und doch zärtlich klingender Laut, der mir sonst nirgends zu Ohren gekommen ist. Äni klingt nicht nur besonders, er ist es auch. Er hat mit seiner sensiblen Persönlichkeit feine Antennen, ist ein guter Beobachter und birgt eine künstlerische Begabung in sich: Er ist ein wunderbarer Zeichner; schon als Zehnjähriger hat er mich unglaublich präzise mit Bleistift gezeichnet. Leider ist diese Zeichnung auf dem Container, der von Johannesburg in die Schweiz hätte gelangen sollen, nicht mehr aufgetaucht. Der Container mitsamt allen Familienfilmen und persönlichen Erinnerungsstücken ist aus noch unerklärlichen Gründen nie bei uns angekommen. Später entdeckte Äni das Comiczeichnen, das er ebenso meisterhaft beherrscht. Das brachte mich 2019 in einer schwachen Sekunde auf den Einfall, Trumps absurde Idee eines Mauerbaus an der Grenze zu Mexiko (als Zeichen einer kilometerlangen Abgrenzung) mit der Unberechenbarkeit Putins in einem Comic von Äni und meiner Textur darzustellen:

Brother FEH and Sister SFi comic - production, 2019: Humpty Dumpty ist ein englisches Kinderlied; es geht um ein Ei, das von der Mauer fällt und selbst der König mit all seiner Armee konnte es nicht mehr reparieren...hier ist mein Wortspiel entstanden: Aus Humpty wird Trumpty.

   

A brother - sister comic production 2, 2019: Aus des Königs Armee wird Russlands Machtdemonstration - Putin freut sich natürlich, wenn die konkurrierende Grossmacht mit dem irrwitzigen Präsidenten fällt. Wie sich Jahre später zeigen wird, schreibt der Wahnsinnige mit dem noch verheerenderen Feldzug des Krieges gegen die Ukraine eine Schreckensgeschichte, leider wahr.

 

 

Am Tag von Henris Geburt wurde Fernand in der Deutschen Schule in Johannesburg eingeschult. Äni sieht auf dem Photo genau so stolz und souverän aus, wie ich ihn damals in Erinnerung hatte:

Fernand Edmund Haenggi FEH, first grade in Johannsburg, 17.01.1970

 

Äni erwies sich als guter Schüler, der mit dem Minimum das Maximum herauszuholen verstand. Sein handwerkliches Geschick zeigte sich in den Schiffs- und Flugzeugmodelbaustunden; seine Präzision, Ausdauer und Geduld sowie sein räumliches Vorstellungsvermögen widerspiegeln weitere Facetten seines Könnens.

Auf diesem Foto erklärt er Henri (3) und mir (6) die Einzelteile des Flugzeugträgers, den er selber zusammengesetzt hat. 


Äni erklärt uns die Details seines gebauten Flugzeugträgers in Parktown, Johannesburg 1973

 

Wie man erkennen kann, war Fernand sehr beweglich; seine ineinander verschlungenen Beine waren nicht nur charakteristisch für ihn - auch ich liebe diese Pose, die ich unbewusst bis heute einnehme. Ich werde oft darauf angesprochen, wenn ich mich in der Gesellschaft meiner Freunde entspanne. Äni und mich verbindet zudem die Leidenschaft für Samtpfötler - wir sind in Südafrika mit Katzen und Hunden aufgewachsen - aus unserer WG-Zeit in Hasli entstammen insgesamt 15 Büsis, die eine wilde Katzenmutter dort geboren hat. Drei habe ich übernommen, vier wurden verschenkt, zwei sind verschwunden und ein kleines ist leider tot an der Strasse aufgefunden worden; aktuell leben noch fünf bei ihm und dürfen ein herrliches Katzenleben geniessen.
Fernand ist ein ebenso verantwortungsvoller, fürsorglicher Vater und Ehemann. Mit seiner Frau Françoise ist er mittlerweile schon 30 Jahre verheiratet, drei tolle Söhne sind aus dieser aussergewöhnlichen Liebe entstanden. Das Familienleben ist für meinen Bruder das höchste Gut. Man kann sich 150 Prozent auf ihn verlassen. Dieser Schnappschuss an Weihnachten 2004 ist sinnbildlich für seinen Sinn für Humor und meine Verbundenheit mit ihm. Er ist mein Fels in der Brandung, wenn die Stürme toben.


Äni & I in Münchenbuchsee, Weihnachten 2004

 


Fernand ist ein Geniesser und erholt sich zuhause im lauschigen Garten mit einem Buch oder im Cheminée-Zimmer vor der grossen Leinwand, um mit seiner Familie Movies zu schauen und mit dem Flugsimulator über die Länder zu fliegen. Er wäre ein fantastischer Pilot geworden, wobei dies nicht unbedingt sein grösster Traum war. Heute engagiert er sich gleichermassen pflichtbewusst in seinem Arbeitsumfeld. Als erfahrener Wirtschaftsinformatiker beim Bund leitet er ein Team mit viel Herzblut und Fleiss. 
An seinem 60. Geburtstag überraschte ich ihn mit seiner Lieblingstorte - einer St. Honoré, die auch ich begehre. Ein knuspriger Boden bildet die Basis dieser himmlischen Verführung, die von einer luftig-leichten Vanillecrème und einem Hauch gebranntem Caramel über die gefüllten Brandteigkugeln lebt und sich in null Komma nichts im Bäuchlein auflöst. 


Äni im Hasligarten, Sommer 2023, an seinem 60. Geburtstag

 
Ach, Bruderherz, würde sich doch alles so leicht, engelsgleich und beschwingt wie beim Schlemmen, Zeichnen, Musizieren, Tanzen, Schreiben und in den magischen Momenten mit Familie und Freunden anfühlen. Das Rad der Zeit und die überdimensionalen Herausforderungen haben ihre Spuren hinterlassen, und so müssen wir beide lernen, loszulassen und unserem Körper mehr Achtsamkeit, Ruhe, Wohltuendes und Müssiggang schenken.
Er lächelt mir tapfer zu und versichert mir, dass alles gut wird und wir beide es schaffen können, zu genesen.



 

 

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ballett
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2.6.  Gesellschaftstanz – Ballett.
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Den Spagat beherrscht sie immer noch, meine anmutig sich bewegende Joya-Anaïs, die mich mit ihrer Eleganz und der Aura einer Königin bezaubert. Joya hat sich vom süssen, kuscheligen, anhänglichen Mädchen zu einer wunderschönen Frau entwickelt. Sie hat einen exzellenten Geschmack und weiss ihre Vorzüge mit der entsprechenden Kleidung, ihrer Schminkkunst und dezent getragenem Schmuck hervorzuheben. Sie ist eine Dame von Welt, die ebenso stilsicher am Arbeitsplatz auftritt wie in bequemen Trainerhosen im Homeoffice. Ihre Interessen sind vielfältig, nicht so ausgeprägt wie bei ihrer drei Jahre älteren Schwester Jazzy, weshalb sie bei der Berufswahl lange im Dunkeln tappte. Ich erinnere mich daran, wie sie als Vierjährige stundenlang Kassiererin spielte; ihre Kasse klingelte jedes Mal, wenn sich die Schublade mit dem Spielgeld öffnete. Durch das Mikrofon konnte sie Anweisungen an das Personal durchgeben und sich als Chefin des Betriebs Respekt verschaffen.
"Wenni gross bi, wetti bim coop schaffe..." äusserte sie ihren Wunsch.
Wer hätte damals gedacht, dass sie tatsächlich eine Lehre als Detailhandelsfachfrau in eben diesem Supermarkt durchziehen würde? Zumal sie auch während ihrer Sekundarschulzeit noch keinen Plan hatte, wie weiter - in einem Punkt war sie sich allerdings sicher: Nach der Neunten nicht noch länger in die Schule, lieber gleich Geld verdienen! Nach ein paar Schnuppertagen in einer Apotheke wurde klar, dass dies nicht ihre Nische für den Start in eine Berufslehre sein würde. Die Zeit drängte, und so ergab sich (im Ausschlussverfahren) notgedrungen den Weg in den Detailhandel. Ich vertraute Joya's feinem Gespür für das, was sie brauchte, obwohl ich mir Sorgen machte, ob dies die richtige Entscheidung für sie sein würde. Ihre ausgeprägte Fähigkeit zur präzisen Analyse der Menschen, Gegebenheiten und Möglichkeiten erwies sich - zu Beginn eher situativ-intuitiv - als ein Segen. Denn sie wusste nach einem Jahr harter körperlicher Arbeit und sehr guten schulischen Leistungen, in welche Richtung es sie weiterziehen würde: in die zweijährige, berufsbegleitende Wirtschaftsberufsmaturität. Während dieser herausfordernden Zeit bewies sie starken Willen, Durchsetzungsvermögen und den nötigen Biss, ihr Ziel zu erreichen. Heute arbeitet sie in der Debitorenbuchhaltung beim SRK in Zollikofen, und ich staune, wie gut sie schon (für ihr junges Alter) verdient. Zwei Tage Homeoffice sind ein zusätzlicher Bonus, den sie sehr schätzt. Joya stellt sich ein gesichertes, gut situiertes Leben mit Hund und Familie vor und weiss, dass ihr Potential noch nicht ausgeschöpft ist. Im Herbst bildet sie sich weiter, möchte schon einen gewissen "Standard" erreichen, nicht primär aus ehrgeizigen Karrieregründen, vielmehr als Fundament für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Dabei hat sie schon als kleines Mädchen immer auch an mich gedacht; dies berührt mich bis zum heutigen Tage. Ihre Vision, zusammen zu wohnen - in zwei von einer Brücke getrennten Häuschen, damit ich ihre Kinder betreuen kann, währenddem sie arbeitet, hat sie mir damals exakt beschrieben. Heute ist sie in der Realität angelangt und möchte mit ihrem noch in Portugal studierenden (wie mein Vater: Elektroingenieur) Freund Luis zusammenziehen, sobald er in die Schweiz zurückkehrt. Schliesslich muss zuerst ein Haufen Kohle angehäuft werden, bevor man sich seine Träume leisten kann.
Vor meiner Erschöpfung war sie eigentlich schon auf dem Sprung ins eigene "Nest", änderte spontan ihr Vorhaben, um mich im Alltag zu unterstützen. Ich habe dies nie von ihr "verlangt", geschweige denn, mir vorgestellt, dass sie in die gleichen Fussstapfen (Fürsorge für die Mutter) wie ich als Kind treten würde. Ich wollte sicher sein, dass es wirklich ihrem Wunsch entsprach, bei mir wohnhaft zu bleiben, bis ich wieder auf den Beinen bin. Meine Bedenken, es würde sie zu sehr belasten, besänftigte sie mit den Worten:
"I bi itz scho erwachse (22) u möcht für di da sy, so wie du's für mi immer bisch gsi..." 
Ohne es zu wissen berührt sie damit mein innerstes Menschsein und Herzensbegehren, Liebe für sich selbst und Nächstenliebe zu leben. Meine Sorgen diesbezüglich hätte ich mir auch sparen können: Joya versteht es meisterhaft, sich abzugrenzen: Sorge um mich steht im kleinsten Verhältnis zur Fürsorge sich selbst gegenüber. Und um alle Zweifel zu verbannen, muss ich nur zurückschauen auf die letzten paar Monate, wie kreativ sie ihr eigenes Leben gestaltet und mich - wie damals ihr Vater - einfach, wie wenn es das Natürlichste auf der Welt wäre, mitzieht in den Schwung ihres jugendlichen Seins.
Als "Alphapersönlichkeit" versucht sie ihren Platz auf dem Thron zu behaupten, was nicht ohne Spannungen über die Bühne gehen kann: Wir reiben uns diesbezüglich ziemlich hitzig aneinander, denn auch ich habe einen starken Charakter und möchte meine Krone behalten.



Dancing on the table



Dancing on the wall



Dancing at the lake of Thun

 

Dancing with me...Abschlussfeier Berufsmaturität

 

 

In action brings satisfaction

 


Flower girl Joya

 


My fairy girls with Delta-cat in Hasli 2013



Trip with Pépère to Spiez - Faulensee

 

 


Teenager Joya

 


Joya with Grosi in the villa garden in Kastri (Greece)

 

Christmas market with sister in Basel

  

...where on earth is she leading me to?!? Picture taken on Arlettes 60 th birthday party



On stage with Chaplin ...

 

"Worlds may fall apart
Oceans overflow
Never a mother's heart
Watching her little ones grow."






 

Jazz
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2.7.  Gesellschaftstanz – Jazz.
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Mein Herz bebt. Tom habe ich nach 30 Jahren wiedergesehen. Er betritt mit seiner Familie die Halle der Abegg-Stiftung im Jahr 2019. Ich habe Kassendienst. Als er vor mir steht, mit fragendem Blick, um die Eintrittskarten zu lösen, spüre ich die Funken in mir sprühen. Mein Körper zittert. Ich erkenne ihn augenblicklich. Und er mich? Als Tänzerin bin ich geübt in der Beherrschung meiner Emotionen und physischen Impulse. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, als ich ihm die Billette aushändige. Nochmals sein forschender, zögernder Blick, bevor er in die atemberaubende Sammlung unseres Museums eintaucht. Er bewegt sich immer noch so wie damals: Ein in sich ruhender, stiller Traumtänzer mit einer berauschenden Wirkung auf mich.
In mir schreit es: "I will always be in love with you"... Stromschläge setzen mich nun vollends ausser Gefecht. Meine Arbeitskollegin bemerkt mein Taumeln, das ich nun nicht mehr kontrollieren kann und fragt mich besorgt:
"Sandra, was isch los, isch dir nid guet?"
"Chasch mi bitte ablöse, i erkläres dir schpäter...", stottere ich aufgewühlt.
Meine erste, grosse, platonische Liebe, ja, Tom verkörpert die Poesie der Liebe mit Leib und Seele. Immer noch. Nach so vielen Jahren! Dieses funkensprühende Feuer lodert auf - mein Herz brennt lichterloh. Draussen, auf der Pausenterrasse, versuche ich ruhiger zu atmen, mit einem Schluck Wasser und Willenskraft die Hitze in mir abzukühlen. Allmählich komme ich zur Ruhe; mir wird bewusst, dass dieses unauslöschliche, ewig-Verbindende nicht nur im Märchen oder in fiktiven Liebesromanzen existiert, nein, auch im realen Leben. Was für ein Geschenk, denke ich mir, während die Zeit mit ihm wie ein Film vor meinen Augen abläuft.
Unsere erste Physiklektion, diese starke Anziehung seit dem ersten Auftritt im Klassenzimmer des Gymnasiums Bern - Kirchenfeld, 1984. Seine sanfte, fürsorgliche Art und seinen instinktiven Impuls, mich beschützen und begleiten zu wollen. Ein ganzes Buch über die Liebe habe ich ihm zu jener Zeit geschrieben, um die zehrende Sehnsucht nach Wärme, Schutz, Geborgenheit in eine erfüllende Form fliessen zu lassen. Ja, vielleicht fühlte ich mich derart zu ihm hingezogen, weil er alles in einem vereinte: Weisheit, Humor, Sanftmut, Anteilnahme, Phantasie, Menschlichkeit, Magie und Erdung. Die Materie, aus der die schönsten Träume entspringen, offenbarte er mir, ohne es zu wissen. Ein Universum in unendlichen Galaxien, zum Greifen nah - mag sein - umso intensiver, als meine Zuneigung zu ihm unerfüllbar bleiben würde und nur durch die Nebel von Avalon zu ihm vordringen und Gestalt annehmen durfte. Kein Boden mehr unter den Füssen - so flüchtete ich mich in schwebende Sphären, währenddem ich versuchte, die Maturität unter familiär schwierigen Bedingungen zu erlangen; ohne seine Hilfe wäre ich haltlos ins Bodenlose gefallen. Tom hat unerschütterlich an mich geglaubt während meiner Identitätskrise, die ich erst nach Jahren überwinden konnte. 
Zufall? Schicksal? Wer führt die Fäden zusammen, aus denen solch ein zeitloser Stoff gewoben wird? Mit ihm konnte ich über diese existenziellen Fragen philosophieren, auf Augenhöhe, inspirierend und belebend.
Dankbarkeit durchflutet meinen erschöpften Körper, währenddem ich ihm zum Abschied zulächle, ja, wir werden uns wiedersehen und ich weiss:
Diese Funken der Liebe werden nie verglühen.


"Mir ist's, als flüsterst du mir zu:
Herz, komm endlich zur Ruh
Liebe deckt dich hauchzart zu
Wie eine Wolke schwebt sie um dich
Umhüllt dich fürsorglich
Legt sich beschützend um dein Wesen
Durchdringt alles, was gewesen
Trägt dich hin zum wahren Leben

Denn was grenzenlos in dir ist
Wohnt im Palast des Himmels
Dessen Tor der Sternennebel ist
Dessen Fenster die Lieder
Und die Stille der Nacht 

Dann sehe ich dich im Morgenlicht
Dein lächelndes Gesicht
Der Tag, der dich wachküsst
Nachdem du mich vermisst
Hab Vertrauen, lass die Erfüllung
Den Weg zu dir finden."








African Dance
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2.8.  Gesellschaftstanz – African Dance.
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"One day you will forget me", hatte sie mir zum Abschied zugeflüstert. 
Das war vor 46 Jahren, als ich mit meiner Familie von Südafrika in die Schweiz übersiedeln musste. Ich wusste, dass ich sie nie vergessen würde, sie, die mich elf Jahre lang wie eine Mutter geliebt, gehegt und umsorgt hatte. 
Jeneva: Warmherzig, schokoladig, neckisch, liebevoll und fröhlich.
Bis zum heutigen Tage hat sich ihre Wesensart in meinem Körper abgespeichert. Ihr verdanke ich die Urkraft in mir, das Native, die Verwurzelung mit der Natur, den intuitiven, tänzerischen Ausdruck und die Fähigkeit, bedingungslos zu lieben.
Sie war mehr als nur eine Nanny für mich. Meine wichtigste Bezugsperson, mein Vorbild, meine Lehrmeisterin und Ort der Zuflucht vor Gefühlskälte und Gewalt. Meine Sonne, das Wärmende, Tröstende, Nährende und Verwurzelnde. Das Afrikanische in mir, das die Jahreszeiten in einem fremden Land immer noch überdauert und mich durchströmt wie unbändige, alles durchdringende Lebensenergie.
Mein Ursprung, mein Odem, mein Amen.
Asche zu Asche, Staub zu Staub. Ja, ich wünsche mir, dass meine Asche in Afrika zerstreut werden kann, wenn meine Zeit gekommen ist.
Wenn ich sterbe, dann dort, wo ich geboren wurde. Wo sich mein Leben mit ihrem verband und noch immer seine Kreise zieht. Auch wenn Jeneva schon vorausgegangen ist, in meinen Erinnerungen wird sie wieder lebendig.
Auf ihren Armen durfte ich den Rhythmus, der zwei Körper verbindet und zusammen verschmelzen lässt, spüren. Zum Beat der Trommeln bewegten wir uns ekstatisch; ein Gefühl, das sich bis heute entflammt, wenn ich tanze.
Wenn ich tanze, bin ich eins mit ihr, eins mit Afrika, eins mit der Schöpfung und eins mit der Urkraft des Lebens.
Welch Gnade mir zuteil wurde, meine ersten Schritte in Johannesburg mit ihr zu gehen!
Durch die Phasen der Verwundbarkeit, Verzweiflung und in dunkelster Nacht hat mich diese Verbindung hindurchgetragen, emporgehoben, zum Licht der Sonne zurückgebracht.
Demut, Dankbarkeit und Bescheidenheit hat sie mich gelehrt; nicht aufzugeben, zu kämpfen und an sich zu glauben.
Sie selbst musste schon als sehr junge Frau stark sein - entfloh ihrem Stamm in Tswana Homeland als Achtzehnjährige, nachdem sie ihr Baby auf tragische Weise verloren hatte. Bei uns fand sie eine gute Anstellung; als Nanny war sie hauptsächlich für die Betreuung der Kinder zuständig. Als sie zu uns kam, war mein älterer Bruder dreijährig; wenige Wochen später wurde ich geboren und drei Jahre später mein jüngerer Bruder.
Wir wuchsen trotz Apartheidsystem sehr eng zusammen, eine Verbindung, die bis heute spürbar ist, auch wenn wir uns schon früh trennen mussten und sie das Zeitliche gesegnet hat.
Doch was trennt den Menschen wirklich von seinen Liebsten? Schicksalshafte Wende, Abschied, Krankheit, Tod? Ich sehe es tiefsinniger, erlebe es zeitloser; freier, bewegter, unabhängiger. So habe ich die Welt immer schon wahrgenommen: losgelöster vom "nur" Fassbaren (auch wenn dies esoterisch klingen mag) - eine Fähigkeit, die mich durch das Schlimmste hindurchgetragen hat. So wie Jeneva mich heute noch trägt, begleitet, beschützt - auf einer anderen Ebene als der rein irdischen. 
Sie wird mich niemals loslassen, die Jeneva, die ich kennen- und lieben lernen durfte.
Die heute immer noch in mir weiteratmet, tanzt, mich verwurzelt und mir das Urvertrauen schenkt, das ich verloren glaubte.


Highlands North, 1967, Wäschefrau, Mama, Daddy, Jeneva und klein Fernand

 


Jeneva, Omama, Hund Toni & Sandra. Steepways, Linksfield Ridge, 1978

 

 

"A smile as sweet as honey
Your cheerful mind so sunny
A caring and loving Mummy
As trustworthy as funny

You meant the world to me
How beautiful life could be
When we danced to the beat
Finding shelter from the heat
In my heart you planted a seed
To be there for those in need

You taught me how to knit
To develop grace and grit
Still grateful for all the bliss
My childhood with you I miss
I never thought we'd split

Since the day we were drawn apart
I keep you safe and sound in my heart
Memories of you shine through the dark
I will always remember you, my first love."

 

 

 

Rock'n'Roll
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2.9.  Gesellschaftstanz – Rock'n'Roll.
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Den Rhythmus im Blut hat auch er, mein drei Jahre jüngerer Bruder Henri Paul; aus dem Munde der damals dreijährigen Sandra: "Ari", weil sie Henri noch nicht aussprechen konnte.
Meine schlummernden Beschützerinstinkte hatte er geweckt, meine Fürsorge erstickte ihn fast, und obwohl ich mir eine Schwester gewünscht hatte, war es Liebe auf den ersten Blick. Unser Bedürfnis, beisammen zu sein, kannte keine Grenzen, und so kuschelten wir uns jede Nacht heimlich - weil es Papa nicht erlaubte -  aneinander. Nächtliche Konzerte, "condensed milk" - Schlemmereien und Geschichten aus der Bibel vertieften unsere Verbindung. Wir bewahrten unser lang gehütetes Geheimnis an jenem magischen Ort der Kindheitsschätze auf, wo es unberührt und sicher sein würde. Henri und mich vereinten Phantasie, Vorstellungskraft, Verspieltheit und eine Sensibilität für die Bedürfnisse des anderen. Und natürlich eine ganz tiefe Verbundenheit. Eine Symbiose, die bis ins Erwachsenenalter hinein dauern würde. Henri sprach nie gross über seine Gefühle, wie es für ihn war, so plötzlich in einer neuen Kultur Wurzeln zu fassen. (Er war acht, als wir nach Zürich kamen). Mit seiner sanftmütigen Wesensart eroberte er die Herzen der Schweizer Verwandtschaft im Sturm. Er war ein sehr süsser Junge, mit "Pfausbäckchen", einer Stupsnase und blondem Schopf. Die Traumbesetzung in einem "Lassie" - oder "Flipper"- Film, die wir in unserer herrschaftlichen Stube in Linksfield Ridge (SA) jeweils auf einer grossen Leinwand anschauen durften. In ihn musste man sich einfach verlieben, und ich hatte grosses Glück, dass er mich verstehen und meine Geschwisterliebe erwidern konnte. Ohne Neid, Eifersucht oder Rivalitätsgehabe. Ich mag mich nicht erinnern, jemals mit ihm gestritten zu haben. Ein Herz und eine Seele beschreibt es wohl am Treffendsten. Mehrmals im Jahr plagte ihn eine hartnäckige Angina, die mit Antibiotika behandelt werden musste. Die Ärzte drangen immer auf Entfernung der Mandeln, doch mein Vater wehrte sich vehement dagegen. Im Teenageralter wuchs er endlich aus diesem chronischen Leiden heraus und entwickelte sich zu einem sportlichen, jungen Mann, der in den Ferien mit seinem Onkel Edmund in Kroatien auf Segelturns unterwegs war. Er besuchte wie ich die Sekundarschule in Riggisberg und gesellte sich in den Pausen jeweils zu mir, um mir meine süsse Lieblingsschnitte aus der Bäckerei vorbeizubringen und die Zeit zwischen den Lektionen mit mir zu verbringen. Erst viel später erfuhr ich, dass er gemobbt wurde und deshalb umso mehr meine Gesellschaft brauchte. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich den Mobbern die Hölle heiss gemacht! Aber eben, über das, was ihn beschäftigte, äusserte er sich selten. Manchmal besuchte ihn Kaspar, der jüngste Spross unseres Haus- und Schularztes, in Hasli, wo sie gemeinsam über einer Karte brüteten, um ihre spätere Weltreise zu planen. Kaspar erbte das Musikergen seiner Mutter, die eine anerkannte Sopranistin war und brachte es zu einem erfolgreichen Dirigenten und Mitbegründer der hiesigen klangantrisch - Events, die u.a. auch in der Abegg-Stiftung alljährlich stattfinden. Immer wenn ich ihn sehe, muss ich lächeln und an die Zeit zurückdenken, in der sich die beiden Jungs noch voller Träume und Abenteuerlust ihre Zukunft in den schönsten Farben ausmalten. Währenddem Kaspar sich als Musiker und Künstler entfalten konnte, schlug Henri den gleichen Weg wie sein Bruder Fernand ein und wurde Wirtschaftsinformatiker bei einer Versicherung. Heute lebt er mit seiner Frau Iris und der Jüngsten in Basel. Leider ist der Kontakt seit seiner Vermählung mit Iris (inzwischen schon 26 Jahre!) nicht mehr unbeschwert möglich; wenn's gut kommt sehe ich ihn lediglich an Familienanlässen, z.B. an den Hochzeiten seiner beiden älteren Töchter. 
Anfangs schmerzte es sehr, sich so zurücknehmen zu müssen, mit den Jahren wurde es besser, und heute lasse ich die Funken im Herzen weitersprühen, wie immer, wenn die Liebe von der Realität eingeholt wird und ich das Unauslöschliche im innersten, unverwüstlichen Kern wiederfinde.


Henri bereit für den Garbujo Ball, 1984, in Hasli



Hochzeit Henri & Iris, Kirche Blumenstein, mit Fernand und Sandra, 1998

 


"Ich trage sie in mir:
Unser Kind-Sein in Frieden
Unsere Vertrautheit 
In geschwisterlicher Liebe
Wenn die Schatten dunkeln
Bewahre ich den Glauben
An Wunder
In mich zu versinken, lauschen
Mich am Kostbaren berauschen
Bringt mich in der Dämmerung
Still und schöpferisch zu dir."



 

 

 

 

Disco
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2.10.  Gesellschaftstanz – Disco.
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Mit ihr tanze ich am liebsten. Alexia.
Meine zehn Monate jüngere Cousine, meine Seelenschwester, die ich mir immer gewünscht hatte. Unsere erste Begegnung, an die ich mich nicht erinnern kann, war an einem Familientreffen im "Schwendeli", dem damaligen Schönenberger Familiensitz, der Verwandtschaft mütterlicherseits. Da war ich fünf Jahre alt, aus Johannesburg mit meinen Eltern und beiden Brüdern eingeflogen, um Ferien in der Schweiz zu verbringen. An die erste, bewusste Begegnung mit Alexia erinnere ich mich jedoch noch sehr genau: Als ich morgens erwachte, lag ein "fremdes" Mädchen mit schulterlangen, braunen Haaren und ausdrucksstarken Rehaugen neben mir im Bett. Ich war inzwischen bald neunjährig und fragte verwundert:
"Wär bisch du?" 
Alexia war mit ihrer sechs Jahre jüngeren Schwester Debora und ihren Eltern zu Besuch bei uns in Johannesburg. Diese Überraschung war gelungen! Vom ersten Augenblick an verstanden wir uns blindlings. Wir dachten oft dasselbe, interessierten uns für das gleiche, fühlten uns auch ohne Worte so verbunden, als wären wir schon immer zusammen gewesen.
In der Schweiz wohnten wir während zwei Jahren praktisch Dorf an Dorf und besuchten die gleiche Primarschulklasse, da ich in Hochdeutsch und Mathe gemäss schweizerischem Bildungsstandard zurücklag - waren in der Englischen Schule die musischen Fächer massgeschneidert auf mich zugeschnitten, kämpfte ich hier mit (aus meiner Sicht) zu kopflastiger Schulbildung. Ich sprach zwar Schweizerdeutsch, doch die hochdeutsche Rechtschreibung musste ich von Grund auf lernen. Lexi musste jeweils schon schmunzeln, wenn sie meine Aufsätze durchlas - manch eigentümliche englisch-deutsche Wort-Kombinationen hatte ich anfangs kreiert. Nur zu schade, habe ich diese nicht aufbewahrt...Alexia war eine fleissige, gewissenhafte, begabte Schülerin, und ich bewunderte sie für ihre rasche Auffassungsgabe, Intelligenz und Schlagfertigkeit. Sie war eine leidenschaftliche Leserin - wir lasen uns vor dem Einschlafen gegenseitig aus den Büchern vor, die sie gerade entdeckt hatte. Der Frederica de Cesco Schreibstil fesselte mich besonders und ihre Abenteuer begleiteten mich oft in den Schlaf, währenddem Lexi sie sehr spannend vorzutragen wusste. Manchmal verbrachte ich ein paar Tage bei ihr im "Alprufi", ihrem neuen Zuhause im Glarnerland. Für mich immer wieder ein Highlight, meine "Schwester" ganz für mich zu geniessen und mich in ihrer Familie als geliebtes Kind zu fühlen. Stundenlang konnten wir uns in der Barbiewelt fantastische Geschichten ausdenken - Lexi besass das ganze Equipment: Barbie, Ken, Kind, Baby, vollständig ausgestattetes Haus, Auto, Pferde und die schillerndsten Kleider. Wir inspirierten uns gegenseitig und hatten die gleiche romantische Vorstellung von Liebe, glückliche Familie, guter Lebensstandard, Zusammenhalt, Freundschaft.
Zusammen zu tanzen verband uns noch mehr - Lexi konnte sich auch ganz auf ihren intuitiven Ausdruck einlassen, mit einer Coolness, die ebenfalls ihre wunderbare Persönlichkeit widerspiegelt. Im Spycher in Hasli, wenn sie mich besuchte, hatten wir genügend Raum, unsere Tänze aufzuführen. Alison Moyet ("All cried out") mit ihrer Soulstimme, Lionel Richie ("All night long") und Madonna ("La isla bonita") heizten uns dabei richtig ein. Ich erinnere mich auch an unseren ersten Disco-Besuch in Ascona. Ihre Eltern, Chrigel (Lieblingsschwester meiner Mutter) und Balz begleiteten uns. Sie hielten sich ziemlich diskret im Hintergrund, um uns, inzwischen 18-jährig, unauffällig im Auge zu behalten. Wie immer beim Tanzen, konnte ich mich völlig befreit bewegen und meinem inneren Feuer Ausdruck verleihen. Und mit Lexi zusammen umso schöner, ekstatischer. Dabei zog ich - ungewollt - viel Aufmerksamkeit auf mich. Ich achtete nicht darauf, war einfach in meinem Element und schwebte auf der Tanzbühne davon. Brenzlig wurde es bei der langsamen Songauswahl, als sich ein Bursche mir näherte, um diesen Tanz mit mir zu wagen. Dabei zog er mich immer enger zu sich hin. Meine Blicke mussten Bände sprechen, denn Lexi erkannte meinen stummen Hilferuf und verscheuchte den Aufdringlichen vom Platz, indem sie ihm auf die Schulter klopfte und ihm bestimmt zu verstehen gab, dass sie nun an der Reihe sei. Von da an war sie auf unseren Disco-Touren mein "Bodyguard"; bis zum heutigen Tage gehe ich niemals ohne meine Beschützerin in die Tanzlokale.
Alexia besuchte in Glarus die Kanti, schloss erfolgreich mit der Matura ab und fing mit ihrem Jura-Studium an. Schon als Kind wusste sie, dass sie Anwältin werden würde. Das passte zu ihr, da sie so redegewandt war, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ein Gespür für sozial Benachteiligte hatte. Herz und Verstand in einer charismatischen Person harmonisch vereint: Solche Menschen sind rar auf unserem Planeten. Und ich habe das grosse Glück, mit ihr verwandt und verbunden zu sein! Bis zum heutigen Tage; und dies, obwohl sich unsere Wesensarten unterscheiden. Sie, die praktisch Orientierte, Weltgewandte, in dieser Kultur Verankerte - ich, die Musische, Poetische, Traumwandelnde, im Nativen Verwurzelte. Wir verstehen uns auf einer universellen Ebene; einer, die diese Pole verbindet und nicht entzweit. Mit Lexi kann man philosophieren, politisieren, über Herzensangelegenheiten reden - sogar über Gott, obwohl sie nicht gläubig ist - immer im Gefühl, verstanden und auf Augenhöhe, wertgeschätzt zu sein. Sie gehört zu den wenigen Nahestehenden, die mich zu erfassen, erkennen und verstehen vermögen, wie ich wirklich bin. Sie war es auch, die mir während einer schwierigen Phase (in der Beziehung Schiffbruch erlitten, alleinerziehend, ohne Berufsausbildung) mein Selbstwertgefühl aufpoliert hat. Während dieser Zeit hatte sich Alexia (Jurastudium abgebrochen, im Bankenwesen weitergebildet) zum CEO beim CYP in der Lehrlingsausbildung emporgearbeitet. Ich fühlte mich so verloren, ausgelaugt, am Boden zerstört, minderwertig. Als wir darüber sprachen, wie erfolgreich sie ist und ich ihr anvertraute, dass ich mich im Vergleich zu ihr null und nichtig vorkomme, entgegnete sie mit diesen Worten, die meine Einstellung zu mir selbst entscheidend verändern würde und die ich nie vergessen werde:
"Hey, Sandra, lueg, was du alles gschafft hesch; das hätt ich nie chönne! Du bisch sone starchi frau, ä kämpferin, liebevoll, trotz allem - ich weiss nöd, ob ich das alles so gmeischteret hätti wie du. Ich bewundere dich und ha grosse reschpäkt vor däm, was du alles schtemmsch. Du bisch für mich ä stilli heldin."
So hatte ich es noch nie betrachtet; so gesehen war ich eine Top-Managerin im Bereich Kindererziehung und Soziales...nur leider stimmte der materielle Lohn nicht (dafür der immaterielle umso mehr) und die damit verbundenen existenziellen Ängste raubten mir oftmals den Schlaf. Doch diese neue Sichtweise sowie meine intuitiv entdeckte Quelle der Poesie hoben mich aus dem dunklen Loch und der Abwertung meiner selbst. Ich wurde mir dadurch meiner Ressourcen bewusst, was meinem Leben die alles verändernde Wendung brachte. Alexia hat selbst keine Kinder (ausser ihre Patenkinder) und spendierte uns einmal im Jahr Ferien in bella Italia; Ligurien und Sardinien. Das war für sie ebenso erfüllend, wie für uns, da sie "quality time" mit ihrem Patenkind Jasmin sowie mit Joya und mir in einer erholsamen Umgebung verbringen konnte.
Heute ist sie selbständig in der Unternehmensberatung als Optimierungscoach tätig. Diese AG, die sie zusammen mit drei Partnern führt, trägt den passenden Namen:
i opener.


Alexia im Schwendeli, 1972

 

Sandra im Schwendeli, 1972



Alexia, Sandra und Debora in Linksfield Ridge, 1976

 

Alassio, 2012: Joya, Sandra, Alexia, Jasmin

 

Europark 2017, Joya, Lexi, Jazzy, Sandra



Alexia mit Patenkind Jasmin in Nizza, 2022

 

♥ Alexia ♥ 2024


"Oase im Sturm

Ruhender Pol
Eye opener
Damals wie heute
Perlen der Freude
Was uns verbindet
Niemals entschwindet"

Stella, ti amo per sempre!


 

 

 

 

 

Country Line Dance
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2.11.  Gesellschaftstanz – Country Line Dance.
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Was wünscht sich eine Mutter mehr für ihre Töchter, als dass sie dem Partner begegnen, der zum gleichen Beat wie ihre Seele tanzt? Bei Tömu war ich mir von Anfang an sicher, dass er der Richtige für Jasmin ist - der genau passende Deckel auf den Topf. Sie lernten sich im Sommer 2023 an der Aeschle-Chiubi kennen, da war sie mit einer Freundin dort, um sich ohne ihren Partner zu amüsieren. Tömu war derjenige, der sie ansprach, ohne irgendwelche konkreten Absichten. Einige Zeit später löste Jasmin die schon kriselnde Beziehung zu ihrem damaligen Freund auf und zog für eine Weile wieder zu mir, um sich zu fassen und neu auszurichten. Jede Trennung, die meine Töchter durchmachen, erlebe ich hautnah, "teile" den Liebeskummer, wie wenn ich ihn selbst durchleben müsste - mein mangelndes Abgrenzungsvermögen hat sicher viel damit zu tun. Mir zerreisst es das Herz, wenn ich Menschen traurig, unglücklich und erschüttert miterlebe. Mittlerweile habe ich mir eine Strategie zugelegt, die mir hilft, das Positive im Leidvollen aufzuzeigen und es auszuhalten; ich sage mir dann jeweils:
"Jede Krise hält eine wundervolle Verwandlung und einen Neubeginn bereit und hat das Potenzial, aus der Asche etwas noch Schöneres hervorzubringen. Es ist zwar ein aufwühlender, intensiver Wachstumsprozess - ohne Leid, kein Werden, ohne Winter, keinen Frühling - doch heil überstanden, wachsen sie zu gereiften Persönlichkeiten heran."
Dabei erinnere ich mich an die noch krasser formulierte Redewendung meines Vaters:
"Seelisches Leid führt zu geistiger Reife..."
Ich verkneife mir nun eine philosophische Abhandlung dessen, obwohl es mir auf der Zunge brennt, lieber erspare ich euch dies.
Aus der flüchtigen Begegnung entwickelte sich rasch eine Vertrautheit, es dauerte nochmals eine kleine Weile, bis sie mir Tömu, von dem sie mir schon viel erzählt hatte, vorstellte.
Es war Sympathie auf den ersten Blick. Ich erkannte sofort, dass Tömu zur Sorte "Herzensmensch, geerdet, authentisch, mutig und selbstbewusst" gehört und eine sanfte, angenehme, höfliche und taktvolle Wesensart verinnerlicht hat. Sein schlauer Sinn für Humor ist ebenso erfrischend wie sein naturverbundener, unkomplizierter Charakter. Er ist sehr harmonieliebend, ein Familienmensch mit Leib und Seele sowie ein harter Arbeiter - ä Chrampfer. Dabei setzt er sich klare Ziele, versucht, seinen Lebenstraum mit einer gehörigen Portion Fleiss und handwerklichem Geschick umzusetzen, also sowohl Visionär als auch Macher. Mit viel Herzblut lebt er das Talent, das in ihm steckt. Er ist im Berner Oberland inmitten idyllischer Natur aufgewachsen, und das Landwirtschaftliche zeigte sich schon von Kindsbeinen an als seine grosse Leidenschaft. Nach der Lehre zum Landmaschinenmechaniker fand er eine gesicherte Arbeitsstelle als Mech. in einer Autowerkstatt, sodass er sich nebenbei dem Aufbau seines eigenen Lohnunternehmens und damit der Erfüllung eines Traumes widmen kann. Das heisst, nach Feierabend noch aufs Feld, um Mist zu führen, bschüttä, baui pressä, chreislä, schwadderä, mäihä (einheimische, landwirtschaftliche Ausdrücke, die ich inzwischen in meinen Wortschatz mit einem Schmunzeln aufgenommen habe) und mit modernsten Maschinen all jene Arbeiten zu verrichten, die die Bauern selbst nicht bewerkstelligen können. Jasmin hat das Erdige ebenso in den Genen und begleitet ihn in ihrer Freizeit gerne auf dem Traktor, wenn sie Glück hat, darf sie diesen auch fahren. Im Frühling konnten sie Nägel mit Köpfen machen und das Elternhaus von Tömu übernehmen. So werden - hoffentlich bald - drei Generationen sich unter einem Dach ein Leben wie im Bilderbuch ausmalen können; nebst all den alltäglichen Herausforderungen und "struggles", die das Leben mit sich bringt, sollen sie sich ihre Träume so hell und bunt wie möglich zu realisieren versuchen; ausdauernd und zuversichtlich ihr kleines "Paradiesli" auf einem soliden, liebevollen Fundament erschaffen. 

Paradiesli auf Erden: Jazzy u Tömu vor ihrem Haus, 2024



Auf Wandertour, Sommer 2024 - hab selten so ein süsses Päärchen gesehen: perfect match!

  

Troum- u Schalkpäärli 2024

 

Lohnarbeiten Freiburghaus

 

Tömus Leidenschaft

 

Jasmin u Tömu, 2024: "Roots to grow and wings to fly"


 "Was mich entzückt

Noch vielmehr beglückt
Wenn die jungen Triebe
Voller Sehnsucht und Liebe
Im Wandel der Gezeiten
Wurzeln fassen, sich strecken und weiten
Der Welt Freude und Hoffnung bereiten."

 

Cha Cha Cha
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2.12.  Gesellschaftstanz – Cha Cha Cha.
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Jugendlich, ausserordentlich attraktiv, mit zeitlos charmantem Lächeln, schwungvoll, geistig und körperlich fit bis ins hohe Alter - ja, das ist Monique, unser "Naneli".
Sie lernte meinen Vater 1987 nach seiner Trennung von meiner Mutter in Basel kennen, als er sich dort bei der Suiselectra, einem Ingenieurunternehmen, in der Geschäftsleitung Respekt und Anerkennung verdiente und sich ihre Wege kreuzten. Meine Eltern waren nach gescheiterter Ehe beide Hals über Kopf aus dem Familiensitz in Hasli, Riggisberg, geflohen - Papa nach Basel, Mama ins Tessin. Was für mich damals eine sehr belastende und zehrende Zeit bedeutete, sollte sich für meinen Vater zu einer neuen Verwandlung und wunderschön sich festigenden Liebesbeziehung entwickeln, die bis zu seinem Tod im März 2022 andauern würde (und darüber hinaus, wenn man an die Unsterblichkeit und unauslöschlichen Funken der Liebe glaubt).
Meine erste Begegnung mit Monique war schon peinlich genug, geschweige denn meine Pein an dem Tage, als ich mich in meinem Schrank versteckt hatte, weil ich die Schule schwänzte (Papa unter der Woche in Hasli anzutreffen, war so gut wie unwahrscheinlich!) und sich unten an der Eingangstür der Überraschungsbesuch unüberhörbar ankündigte. Papa besuchte uns (drei Jugendliche, nun allein mit Omama, seiner Mutter, im Bauernhaus Wohnhaften) für gewöhnlich an jedem zweiten Wochenende. Ihre Schritte kamen näher und machten vor meinem Zimmer halt. Ich betete, dass sie daran vorbeigehen und nach oben ins Dachgeschoss weiterziehen würden. Doch die Schlafzimmertür öffnete sich und Papa rief meinen Namen:
"Sandra, ich weiss dass du da bisch, muesch di ned versteckä - ich möcht dir gärn öpper vorstellä." Moni lächelte mich verständnisvoll an, ihr Charme und das Leuchten in ihren Augen löschten meine Furcht, getadelt und gezüchtigt zu werden, in einer Sekunde aus, und so kroch ich aus meinem Versteck in die Sicherheit ihrer liebevollen Erscheinung.

Monique beeindruckte mich sehr mit ihrem geerdeten Charakter und ihrem Talent, aus Altem, Angekratztem etwas Schönes zu kreieren - hobbymässig restaurierte sie gerne Möbel und bewies auch in der Innendekoration exzellenten Geschmack sowie ein Gespür für die harmonische Anordnung der Gegenstände. Ausserdem ist sie unsere Blumenfee, die einen grünen Daumen hat und damals in Hasli unseren Garten so prächtig zum Blühen brachte wie sonst nie zuvor. Moni liebte dieses meditative Abschalten beim Gärtnern - als Ausgleich zum fordernden Bürojob als Sekretärin in einem lebhaften Betrieb. Sie hatte ursprünglich eine Lehre als Telefonistin absolviert, heiratete sehr jung einen wesentlich älteren Mann, der bereits verwitwet war und zwei kleine Mädchen mit in die Ehe brachte. Sie wurde Mama eines Sohnes und dadurch vollzeitlich Familien- und Hausfrau. Tragischerweise verstarb ihr Mann völlig unerwartet an einem Herzinfarkt. Auch diesen Schicksalsschlag konnte sie verkraften mit der Hilfe und Unterstützung in der Verwandtschaft sowie ihrer Fähigkeit, dem Lebensplan zu vertrauen und über das Weltliche hinaus zu schauen. Für sie ist es mit dem Tod noch nicht zu Ende, und die Verbindung zu den geliebten, schon vorausgegangenen Menschen bleibt auch nach deren Ableben bestehen. Dabei war sie schon immer offen für eine mediale Begleitung, die den Kontakt mit den Verstorbenen aufnehmen kann. Wieder zurück im Berufsleben, begegnete sie meinem Vater; somit durfte ein neues Kapitel in ihrem Leben sich spannend eröffnen.
Monique brachte das Beste aus meinem Vater heraus - ja, in ihrer Gegenwart wurde er ein dankbarer, bescheidener und sanftmütiger Mensch. Er war sich dessen bewusst, was für ein Glück er hatte, Moni begegnet zu sein und mit ihr eine zweite Chance in der Liebe bekommen zu haben. Erst recht nach all den Hochs und Tiefs, dem stürmischen Wellengang in seinem bisherigen Leben. Endlich war er in seinem sicheren Hafen angekommen und durfte mit ihr wunderschöne, erfüllte Jahre verbringen. Was mich auch sehr froh stimmte: Naneli konnte ihn für die schönen Künste, das Theater, den Tanz und die Opera begeistern. Zum alljährlichen, kulturellen Genussprogramm gehörte das gemeinsame Eintauchen in diese magische Welt. Das, was so tief innen in Papa geschlummert hatte, erwachte zu neuem Leben, was seine Augen zum Strahlen brachte. Ja, in dieser tiefen Verbindung zu Moni konnten sich Poesie und Leichtigkeit entfalten. Von da an begann er zu verstehen, was mir das Poetische bedeutete, und er erfreute sich an meinen Gedichten, die ich ihnen an Geburtstagen und Weihnachten schenkte. 
"I kennä niemer, wo so schrybbt wie du...", diese anerkennenden Worte sind wie Balsam für meine Seele, und ich danke Naneli dafür, dass sie meinem Vater solch eine wundersame Transformation mit ihrer einfühlsamen, optimistischen, offenherzigen und starken Persönlichkeit ermöglicht hat.


Naneli und Papa, 2021



Im Pfeiffengarten, BL, Naneli, Papa & I - 2021

  

Naneli mit "Urenkel" Josiya, 2024

 



 "Aus dem Vollen schöpfen
Wie die Blütenköpfchen
Eingetaucht in Farbe und Licht
Mit strahlendem Gesicht

So sehe ich dich

Tief verwurzelt und stark
Mit sanftem Flügelschlag
Umarmst du den Tag
Was auch kommen mag

So kenne ich dich

Freudentropfen im Morgentau
Augenblicke im Himmelsblau
Das Glück vielfältig zu teilen
Facetten des Lebens vereinen
Mit dir selbst im Reinen


So liebe ich dich."

Wiener Walzer
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2.13.  Gesellschaftstanz – Wiener Walzer.
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Stille Wasser sind tief. Sehr tief. Unergründlich, noch zu wenig erforscht, geheimnisvoll - so undurchdringlich wie das tiefste Innere von Opapa.
Darf ich bitten? Auch wenn ich ihn nie das Tanzbein schwingen sah, nehme ich Opapa nun in meiner Vorstellung an die Hand, um das Spotlight ganz auf ihn und sein Lebenswerk zu richten.
Mein Grossvater väterlicherseits, Heinrich Walter Hänggi, wurde am 19.09.1896 geboren und war ein stiller, in sich gekehrter, schweigsamer Mensch, der sich gegen Ende seines Lebens sosehr in sich verschloss, dass er aus dem abgrundtiefen Dunkel nicht mehr herausfand. Er war ein sehr intelligenter Mann mit scharfsinnigem Verstand, der sich an der ETH Zürich (1917-1922) zum Maschineningenieur ausbilden liess. Während seiner abenteuerlichen, beruflichen Laufbahn konnte er als Erbauer von Bierbrauereien in der ganzen Welt umher reisen und sich somit eine solide Existenz aufbauen. Eine akademische Ausbildung schien schon vor Jahrhunderten in der Hänggi-Dynastie einerseits ein wichtiger Baustein zur Erschaffung eines soliden Fundaments zu sein, andererseits zur Einflussnahme in wichtigen politischen Ämtern. So waren Ruhm und Ehre durchaus seinen Vorfahren väterlicherseits vorbehalten und später ebenso in kirchlichen Kreisen Anton Hänggi (1917-1994) als römisch-katholischer Bischof von Basel.
Da ich nicht so viel über Opapa's Innenleben und was ihn beschäftigte berichten kann, erforsche ich hier dafür später noch eingehender seinen Stammbaum, der mich in den Bann zieht und auch einiges über das damalige Geschehen im Schweizerlande preisgibt. 
Opapa lernte Omama, Fernande Marie-Louise Gruber, eine gebürtige Französin, in Frankreich kennen. Sie heirateten in Janville am 2. Juni 1925. Sie verkörperte das Gegenteil von ihm: Sprühend vor Lebensenergie, der Kunst zugewandt, weltoffen, mitteilsam, stilbewusst, gewinnend und voller Charme.
Während in Opapa's Gesicht seine Melancholie, Ernsthaftigkeit und seine Schwermut zu lesen waren, verstand es Omama nicht nur im Kartenspiel meisterhaft, ein "Poker Face" aufzusetzen. In ihrer Beziehung hatte sie eindeutig die Hosen an, so zumindest erlebte ich es als Kind in Südafrika, wo sie von 1966-1982 sesshaft geworden waren und später noch intensiver in der Schweiz, wo sie nach einem Überfall in ihrem Cottage in Johannesburg bei uns im Hasli-Haus Zuflucht finden konnten.
Opapa's Mimik entspannte sich jeweils, wenn seine Enkelkinder ihn in seinem Zimmer besuchten, um mit ihm eine Partie Dame zu spielen. In seinem kleinen Vorratsschrank hatte er immer eine Packung "petit beurre" - Kekse bereit, dazu durften wir ein Glas Milch schlürfen. Obwohl er so wortkarg wirkte, sprach sein körperlicher Ausdruck Bände darüber, wie es ihm psychisch erging. Deshalb heiterte es mich immer sehr auf, wenn er in diesen kurzen Glücksmomenten etwas aufblühen konnte und sich sein Gesicht während unserer Gesellschaft erhellte. Ich mag mich nicht mehr daran erinnern, ob er uns jemals umarmt hat - ich glaube, dass, obwohl ich sicherlich das Bedürfnis verspürte, ihn fest an mein Herz zu drücken, ich es nicht wagte, weil ich nicht einschätzen konnte, was es in ihm auslösen würde.
Opapa erzählte auch nicht viel über seine Vergangenheit. Was ich von meinem Vater wusste: Opapa war ein gefragter Ingenieur und durfte weltweit sein Wissen und Talent einsetzen. Da er sich zu Lebzeiten unscheinbar und bescheiden zeigte, möchte ich hier umso signifikanter sein Lebenswerk würdigen; nun also ein Überblick über die Stationen in seiner bewegten Karriere:

♦    01.-07.1916: Vorstudium-Praktikum zum Maschineningenieur bei der "VON ROLL"
♦    1917 - 1922: Studium dipl. Maschineningenieur an der ETH Zürich
♦    1923 - 1926: Produktionskontrolle Wagons-Lits bei Fabrieken Scania Randers, DK
♦    02.-06.1927: Betriebsingenieur Brauerei, Nathan Inst. Bruxelles, Belgien
♦  08.27 - 11.30: Projektleiter Neubau Brauerei, Nathan Institut in Melbourne, Australien
♦  12.30 - 06.31: Inbetriebnahme Brauerei Neubau, Nathan Inst. in Likasi, Belgisch Congo 
♦  07.31 - 10.31: Projektingenieur, Ingenieurabteilung Nathan Institut in St. Gallen
♦  11.31 - 09.32: Consulting Engineer Breweries, Nathan Inst. in Montevideo, Uruguay
♦  10.32 - 01.33: Projektingenieur, Ingenieurabteilung Nathan Institut, Dübendorf 
♦  02.33 - 02.37: Projektleiter Brauerei Neubau, Nathan Institut in New York, USA
♦  02.37 - 10.37: Projektingenieur, Ingenieurabteilung Nathan Institut in Küsnacht bei ZH 
♦  11.37 - 12.50: Technischer Leiter, Braumeister der Actienbrauerei Basel, in Basel
♦  01.51 - 08.53: Abteilungsleiter Brauereien, Gebrüder Bühler, Uzwil, St. Gallen 
♦  09.53 - 02.54: Betriebsleiter der Karolos Fix Brewery in Athen, Griechenland
♦  03.54 - 04.61: Project Manager Breweries, S.A. Breweries in Johannesburg, Südafrika
♦ 
05.61 - 10.66: Projektleiter Brauerei Neubau, Heineken, Projekt Birra Dreher in                                                                                                                             Taranto, Italien


Opapa während Praktikum vor der Gotthard-Lokomotive, 1921



Immatrikulation CH-Botschaft in New York, 29.08.1933

 

 

Aus dem privaten Hänggi - Archiv (Zusammenstellung uncle Fernand Francis)

    

Lust auf noch mehr geheimnisvoll-abenteuerlich-Spannendes? Ja, dies liefert auch die Familiengeschichte der Hänggis. Beginnen wir mit einem lange gehüteten Geheimnis, das Opapa verborgen hielt, bis es ans Licht kam. Dadurch, dass er rund um den Erdball unterwegs war, war er oft auch lange getrennt von seiner Frau.
Opapa wurde von Melbourne aus für ein Projekt in Likasi für sieben Monate zugeteilt. In dieser Zeit war er mit einer Belgierin zusammen, welche 1932 eine Tochter gebar. Ein paar Jahre später kam der Bruder der Mutter nach Basel (1938), um den Aufenthalt des "verschwundenen Vaters" ausfindig zu machen. Er klärte Omama über die Existenz des Mädchens (offenbar 1940 gestorben) auf. Vielleicht war dies einer der Gründe, warum sie Opapa oftmals lieblos und schroff behandelte und ihn verbal erniedrigte. Ich fragte mich schon als Kind, was die beiden verband - Liebe drückt sich doch anders aus und sollte spürbar sein? Es machte mich sehr traurig, dies mit anzusehen, zumal sich Opapa nicht wehrte. Er liess alles über sich ergehen und hüllte sich noch mehr in Schweigen ein, zog sich immer mehr in sich selbst zurück. Nagten Schuldgefühle, Scham, Reue an seinem Selbstwertgefühl, dass er sich derart behandeln liess? Who knows? Ich weiss nur, dass es mich beschäftigte und ich dieses Damoklesschwert, das über ihm schwebte, schon sehr früh wahrnehmen konnte und es in mir ein mulmiges Gefühl auslöste. Umso befreiender war es, mitzuerleben, wie er sich freute, wenn wir unbeschwerte Zeit beim Spielen mit ihm alleine verbringen konnten. In Südafrika lebte er in einem separaten Hausteil getrennt von Omama. In der Schweiz konnte er sich im umgebauten Tenne (Heuboden) nur in sein Zimmer verkriechen. 

In einem Brief vom 22. Februar 1916 von seinem Vater (Franz Wilhelm Hänggi) lässt sich zurückverfolgen, wie sehr eine gewisse Stellung und Tüchtigkeit in der Gesellschaft der damaligen Zeit für die Herren Hänggi von Bedeutung waren und sich durchaus zeigen konnten:
 
"Mein Grossvater lebte in der Engi, wo ich stets in den Ferien war, bei dem Vetter Franz Joseph und Onkel Franz, dessen Bruder Johannes in der Brunngasse (Nunningen). Sein Sohn Franz agierte dort, Franz Joseph war Regierungsrat und Landammann, von dem du so viel hörst. Er war tüchtig und man sagte, er regierte den Kanton Solothurn mit Munzinger (Munzinger war erster Bundesrat der Schweiz ab 1848).
Vetter Franz Joseph verkehrte viel mit Papa, der ihm auch seine Erfahrung als Regierungsrat vieles Gute auf dem Weg gab. Mein Papa, dein Grossvater, geboren 1798, machte sein Studium in Wien und amtete zuerst anno 1830 als Gerichtspräsident in Balsthal, 1840 kam er in den Ehestand und später in die Regierung nach Solothurn. (Er erhielt am 14.2.1861 das Bürgerrecht der Stadt Solothurn).
Im 1850 wurde er Oberamtmann von Bucheggberg und Kriegstetten. 1856 kam die grosse Revision von Landammann Vigier in Szene gesetzt. Die "Roten" gegen die "Grauen", es ging stets wild zu im Kanton. Anno 1840 waren die ultraromanen Schwarzbuben schon auf dem Passwang und Mümliswil mit Päckli und Stecken zum Streiten nach Solothurn. Da hat Papa sehr viel beigetragen, dass sie heimzogen und aus dem Putsch wurde nichts.
Nach und nach wurden die Parteien zahmer und der Proporz kam durch Vetter Franz Joseph zustande und er blieb bis zu seinem Tode Vertreter der Schwarzen in der Regierung und im Nationalrat. Er war ein im Schweizerlande geachteter Mann, der besten einer!
Ich gebe diese Daten gerne schriftlich, damit du sie vor Augen hast und im Sinn behältst. Lass dir im Kreuz in Balsthal das Bild "Munzinger auf der Stäge" zeigen. Papa ist nicht dabei, weil er mit Stephan Gutzwiler an dem basellandschaftlichen Putsch 1833 mithalf und Pulver nach Olten kutschierte!
Ich ging über dem Passwang in die Ferien, ganz früher, als der Grossvater noch lebte. Ich erinnere mich noch seiner - per *chaisli  - Papa, Mamma und ich, über Reigoldswil - Tschappenhof. Einmal holte mich Onkel Bettin und Mamma mit seinem Erlenbacher *Rappen in Liestal ab, ein ander Mal Papa und Bruder in Neuhüsli auf dem Weg zum Passwang im Jahre, als Henri Dunant starb, und so geht's weiter.
Frag mal einen alten Herrn aus Balsthal, es gibt schon welche, die sich auskennen."

* chaisli = leichte Kutsche
* Rappen = schwarzes Pferd



Aufenthaltsorte und Reiserouten Franz Wilhelm Hänggi

 

Papa (Franz Wilhelm Hänggi) von Opapa, 1915. Geboren 1841, wurde Kaufmann und arbeitete bei "Leder Hänggi" in Solothurn. Gestorben 1916 (im Jahre des Briefes an Opapa).

 

Grossvater (Urs Joseph Hänggi) von Opapa, 1848



Grossmutter (Dame Bettin aus Florenz) von Opapa, 1848



Opapa (rechts) mit Bruder Wilhelm, 1906

 

Vater Franz Wilhelm Hänggi, Opapa, Bruder Wilhelm, Mutter Maria Amalie Hänggi-Gmür, 1906

 

Opapa's Urgrossvater, Urs Joseph Hänggi (geboren 15.10.1768, verheiratet 4.11.1797), hatte neun Kinder; Sohn Urs Joseph (Opapa's Grossvater) heiratete die Dame Bettin aus Florenz im Jahre 1840. Deren Sohn Franz Wilhelm Hänggi, Opapa's Vater, wurde Kaufmann bei "Leder Hänggi" in Solothurn. Nach einem Aufenthalt in England wurde er von der Firma Gebrüder Volkart Winterthur nach Indien beordert. Anschliessend lebte er im Auftrag der Firma Sprüngli Import/Export in Manila (Philippinen). Zurück in Zürich, wohnte er an der Schmelzbergstrasse und heiratete 1890 Maria Amalie Gmür.


Familienwappen Hänggi

 


Familienwappen Bettin

 

  

Grosser Stammbaum Hänggi - von Bischof Hänggi ausgehend - in der Zeit zurück, mit Bischofswappen: "Ut unum sint" (Wappenbild in der Mitte).

 

Stammbaum Heinrich Walter Hänggi (Opapa)

 

Wow! Was für ein Stammbaum, eindrücklich, wie die Herrschaften (und stillen, starken Frauen dahinter) in der Schweizergeschichte gewichtige Spuren hinterlassen konnten.
Doch wie sieht es in der Seelenlandschaft der Väter Hänggi aus? Das interessierte damals wohl weniger als heute; ein Spruch von Papa, den er wohl selbst in der strikten, autoritären Erziehung seines Vaters zu Ohren bekam, bringt es besser auf den Punkt, als jegliche Erklärung meinerseits. Wenn ich traurig war und weinte, fragte er mich:

"Zeig, wo hesch du weh, ich gseh keis bobbo...!?!" 

So heftige, "negative" Gefühle wie Trauer und Wut wahr- und ernst zunehmen, geschweige denn auszudrücken, war bis ins Zeitalter Opapa's (und darüber hinaus) wohl ein Merkmal für Schwäche, die es zu vermeiden galt und ein Spiegelbild der damaligen Erziehung, die durch Gefühlskälte und Reservation geprägt war. Zu der Zeit war es noch an der Tagesordnung, die Eltern zu "Sie-zgen". Ich frage mich immer noch oft, ob sich Opapa's tragischer Freitod hätte verhindern können, wäre er nicht derart beeinflusst worden durch die Autorität, Unterdrückungs- und Erwartungshaltung seiner Vorfahren. Die Vermutung liegt nahe, dass er (nebst einer Veranlagung zur Schwermut) dadurch ein stark traumatisierter Mensch war und nicht lernen und erkennen durfte, wie kostbar die Landkarte seines Innenlebens sich abzeichnete und gesehen, ebenfalls anerkannt werden wollte. Er wurde Meister im Verdrängen, dies wurde ihm schlussendlich zum Verhängnis.
Bis heute bereue ich eines: Nicht auf seine Verzweiflung und Trauer in den Stunden vor seinem Ableben eingegangen zu sein. 
Wie immer tröste ich mich mit meiner Poesie und hoffe, Opapa mit diesem Kapitel Ehre, Achtung und Respekt entgegengebracht zu haben und darf bezeugen, dass ich durch diesen Tanz mit ihm doch auch Licht im Dunkel seines Innersten spüren und erahnen durfte.


"Doch Stammbaum, irdisch verwurzelt
Verblasst im Laufe der Zeit
Erst Leben mit Seele verwoben
Geht niemals vergessen, verloren
Im Schöpfer wieder neu geboren
Sind wir wahrhaftig geliebt und eins."



Opapa mit Sohn Fernand Francis, in Bort, 1949



Familienessen mit Opapa (rechts neben mir), Steepways Johannesburg, 1978 - Fondue Chinoise

 

 

Hasli bei Riggisberg, Weihnachten 1983, zwei Monate vor seinem Tod. Drei Generationen: Papa, Opapa, mein Bruder Fernand

 

 

 

 










 

 




 

 

 

 









Charleston
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2.14.  Gesellschaftstanz – Charleston.
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Oh-la-la, quelle grande dame du monde de l'art, la danse et la mode! Das neckisch-verspielt-Beschwingte des Charleston widerspiegelt wunderbar diese Leichtigkeit, Theatralik und Keckheit, die ich primär in Omama gesehen habe. Ja, meine Grossmutter väterlicherseits, Fernande Marie-Louise Gruber, hatte das Künstlerische im Blut, deshalb verstanden wir uns auf dieser Ebene so gut. Meine kindlichen Tänze auf dem Vorplatz ihres Appartements in Steepways, Johannesburg, bleiben mir in Zusammenhang mit ihr besonders in Erinnerung. Sie befeuerte mich in meiner intuitiven, tänzerischen Bewegung und nährte diese Ader mit der gemeinsamen Schau von Ballettaufführungen im TV. Auch die Liebe zur Kunst verband uns, anfangs unbewusst, wenn ich in ihrer "gallery 101" in die phantastische Welt der Farben und Formen eintauchen konnte. In meiner kindlichen Wahrnehmung sprengten die Phantasie und Ausdruckskraft der Künstler:innen den Rahmen des Dargestellten. Vor allem die Bilder von Marc Chagall, die ich in Omama's zahlreichen Kunstbüchern entdeckte, fesselten mich (wie ich später erkannte: mit ihrer Sinnlichkeit und Poesie). Ich bewunderte Omama's weltoffene Persönlichkeit; die Art und Weise, wie sie Menschen mit ihrem Charme, ihrer Schlauheit und dem Gespür für ihre Artgenossen für sich gewinnen konnte. Dabei hatte sie keine einfache Kindheit und sich ihre Würde und Stellung als Frau in der Gesellschaft hart erkämpft. Sie erzählte mir oft, wie sehr sie als Kind darunter gelitten habe, als "Bastard" auf die Welt gekommen, so beschimpft und gemobbt worden zu sein. Ihre Mutter, Angèle Dullier, gebar sie am 1.10.1904 als uneheliches Kind in Auxonne bei Dijon, FR. (Omamas leiblicher Vater war Bahnhofsvorstand SNCF Lyon). Ihr Stiefvater, Frederic Gruber, war Chef der Steuerverwaltung in Trèves, France, weshalb Omama dort ihre erste Anstellung als kaufmännische Verwaltungsangestellte (1917-1925) erhielt. Im Tram trafen sich Omama und Opapa damals regelmässig. Nachdem Opapa ihr oftmals Schokolade offeriert hatte, kamen sie ins Gespräch...
Lassen wir erste Bilder für sich sprechen, die Omama's starken, stolzen Charakter schon in jungen Jahren aufzuzeigen vermögen: 


Omama, 1913, Kommunion



Omama, 1917, als Elsässerin



Omama, 1922, in Trèves

 

Omama, 1924, als Portrait

 

Opapa's süsse Verführung mündete in die Ehe mit Omama, die sich am Tage der Vermählung im Juni 1925 in Janville in ein jungfräuliches Gewand hüllte:

 

Omama in Hochzeitstüll, Janville, FR, 1925

 

Schmetterlinge im Bauch habe sie nie verspürt - ziemlich offen erläuterte sie mir, dass ihr der körperliche Akt der Liebe eher Schmerzen als Lust bereitet habe. Das war für sie kein Tabuthema; mit der Zeit verstand ich, dass sie sich als Frau eher mit ihrem Intellekt und dem berechenbaren Kalkül ihres vifen Verstandes identifizieren konnte als mit ihrer Sexualität und der damit verbundenen Weiblichkeit. Die Geburt ihrer Söhne, Fernand Francis (28.01.1934) und Henri René (27.04.1938), beschrieb sie als sehr qualvoll und erweckte bei mir den Eindruck, sie habe auch danach lange nicht wirklich Freude empfinden können. Obwohl sie sich sehr chic und modisch gekonnt in Szene zu setzen wusste, verbarg sich hinter weich fliessenden Stoffen und adretten Schuhen eine verwundete Frau, die sich nicht begehrenswert fühlen konnte. Dafür trumpfte sie mit ihrer Weltoffenheit, ihrem Flair für Zahlen, Sinn für Ästhetik und einer Raffinesse, die ihre Persönlichkeit so ausdrucksvoll erscheinen liessen. 
Sie begleitete Opapa auf seinen beruflichen Reisen nach Dänemark, Belgien, Australien - seine Aufenthalte in Belgisch-Congo und Uruguay wurden vom Nathan Institut für seine Ehefrau nicht mitfinanziert, weshalb sie während dieser Zeit ohne ihn in Auxonne bei ihrer Familie weilte. Bevor sie mit Opapa - auch geschäftlich bedingt - in New Rochelle, N.Y. vom 06.1933 - 02.1937 sesshaft werden konnte, mussten die Papiere bei der CH-Botschaft organisiert und neue Pässe ausgestellt werden. 


Omama und Opapa in der Wohnung in Randers, Dänemark, 1926



Omama auf dem Schiff nach Melbourne, Australien, 1927

 

Omama in Auxonne, FR, 1931; mit ihren Halbbrüdern Paul und Georges

 

Omama auf dem Schiff nach New York, 1933

 


Omama mit Fernand Francis am Strand von Long Island, N.Y. - 1935

 

Omama mit Fernand Francis auf der Rückreise nach Europa, 1937

 

Omama mit Fernand Francis und Henri René in der Actienbrauerei, Gundeldingerstr. 285, Basel - 1939

 

Mein Vater beschrieb Omama als eine Mutter, die ihn stets unterstützte und ihm alle Türen für seinen Werdegang offen hielt; sie ermöglichte es ihm, sich sportlich auszutoben (Velo- und Skifahren, Fussball, Schwimmen, Tennis), seine Stärken zu entdecken, sein Potential zu nutzen und sich zu entfalten. Er schilderte seine Kindheit mit ihr als schön, abwechslungs- und geistreich, inspirierend. Obwohl es mich auch interessiert hätte, wie er gefühlsmässig zu ihr stand, äusserte er sich nicht gross darüber. Wenn ich die beiden beobachtete, wie sie miteinander umgingen, war dies weniger von Herzlichkeit erfüllt als von Respekt, Höflichkeit, intellektuellem Austausch. Ich mag mich nicht erinnern, dass sie sich (vor mir) umarmt hätten. Auf mich wirkte die Verbindung, die sie miteinander pflegten, alles andere als gefühlsbetont. Was aber keinesfalls bedeutete, dass sie sich nicht sehr nahe standen; ihre Sprache der Liebe offenbarte sich einfach anders.
Ihre spitze Zunge konnte Omama als Waffe gegen Opapa benutzen, das schmerzte auch mich. Was ich damals noch nicht wusste: Opapa hatte sie in Belgisch-Congo betrogen und eine Tochter gezeugt, von deren Existenz sie erst später erfuhr. Das muss für sie in vielerlei Hinsicht eine Ernüchterung und leidvolle Erinnerung an ihre eigene Kindheit gewesen sein. Bewusst oder unbewusst waren ihre Wortgeschütze ein Rachefeldzug gegen das, was er verbrochen hatte. Omama war zwar als Neunjährige in die Kommunion eingegangen (wohl eher traditions- als glaubensbedingt), doch Verzeihen schien für sie ein Fremdwort zu sein. Nein, mit dem christlichen Glauben hatte sie wirklich nichts am Hut!



Henri mit Fernand Francis und Nanny, Omamas Mutter, im Sommer in Grindelwald, 1948

 


Erstes Farbfoto der Familie: Henri René, Omama und Fernand Francis in Basel, 1950.

 

Was Omama nicht wissen konnte: Mein kindlicher Körper war nach einer Vergewaltigung mit sieben zerschunden; sie wunderte sich zu der Zeit nur, warum ich mich praktisch von einem Tag auf den anderen vom verträumten, puppenspielenden Mädchen zu einer burschikosen Gestalt entwickelte. Meine instinktive Reaktion auf dieses Trauma: Nur nicht mehr ich, verletzlich, mädchen- und märchenhaft sein! Meine unbewusste Transformation im ersten Jahr nach dieser Erschütterung zeigte sich in der Verdrängung meiner weichen, sanften Wesensart. Ich fing an, meine Ohnmacht in Macht und körperliche Stärke umzuwandeln. Ich schloss mich der Knabenhaftigkeit meiner Brüder an, zog deren Kleider an und wurde in der Schule Leader einer Gang, in der ich das entfachte Feuer der Rebellion ausleben konnte. Die Kämpferin in mir war zum Glück - ähnlich wie bei Omama - stärker als die still Erduldende, die dadurch Gefahr laufen konnte, sich in sich selbst zu verkriechen, wo das Grausame drohte, sich weiter in die Seele zu fressen. Der Schatten des Peinigers blieb dennoch bis heute in mir lauernd und schlummernd, hält mich in meiner Sexualität immer noch befangen. Deshalb konnte ich mich gut in Omama hineinversetzen, als sie sich mir diesbezüglich anvertraute. Im Gegensatz zu ihr fühlte ich mich schuldig an dem, was mir widerfahren ist. Wie sie blieb ich eine den Widerständen trotzende Rebellin, die sich nicht unterkriegen lässt. Was uns ebenfalls verband: die Liebe zu den schönen Dingen im Leben; Kunst- und Schokoladengenuss, Shoppen, feines Essen, von der Muse geküsst zu werden und sich allmählich wieder in schöne Kleider zu hüllen. Sie deckte mich mit allem ein, was ich brauchte, um wieder "ihr" hübsches, süsses Mädchen zu sein. Ohne sich dessen bewusst zu sein, verhalf sie mir so, mich wohler in meiner Haut zu fühlen. 
Dadurch, dass sich Omama als Freigeist entpuppte und genug Selbstvertrauen in ihre Fähigkeiten zeigte, bewies sie Mut und Innovationstalent, ihren Traum einer Galerie zu verwirklichen. Damit konnte sie sich ganz ihrer Leidenschaft für die Kunst hingeben und unbekannten, einheimischen Künstlern die Chance bieten, gesehen und anerkannt zu werden. Während Opapa sich nach seinen aktiven Berufsjahren in Johannesburg (im November 1966) zur Ruhe setzen konnte, blühte sie in ihrer neuen, sinnerfüllten Aufgabe auf (bis 1977). Ihr Sohn Fernand Francis, in dem ebenfalls ein Künstlerherz schlug, übernahm die Geschäftsleitung der Galerie seiner Mutter im Jahre 1972 und führte diese mit noch hingebungsvollerem Engagement weiter.


Omama bei Ndebele Haus, nahe Pretoria (Südafrika), 1957

 



Opapa, Omama und Fernand Francis beim Tennis in Johannesburg, 1957





Kleine Sandra in gallery 101, 1972, Johannesburg

 



Omama an Art Dealers Fair in Johannesburg, 1973, mit Fernand Francis (der "Wilde" mit den langen Haaren) Joe Wolpe, Gia Lindstam

 

Im Oktober 1978 musste ich mit meiner Familie schockartig mein Geburtsland verlassen, was auch bedeutete, mich von meinen "südafrikanischen" Grosseltern auf ungewisse Zeit zu trennen (nachdem mein Vater wegen eines Finanzdelikts in die Schweiz geflohen war, durfte er das Land 10 Jahre nicht mehr betreten). Vier Jahre später sah ich Opapa und Omama wieder, nachdem sie in Johannesburg einen gewaltsamen Raubüberfall überlebt hatten und sich bei uns in Hasli in Sicherheit brachten.



Rückkehr in die Schweiz: Opapa und Omama vor ihrer Wohnung im umgebauten Tenne, Hasli - 1982

 

 

Hasli, 1983 - an meinem 16. Geburtstag - mit Eistorte E.T. und zuckersüsser Omama


1993 kehrte Fernand Francis mit seiner Frau Caroline aus wirtschaftlichen Gründen in die Schweiz zurück. Omama gesellte sich zu ihnen und durfte ihren Lebensabend in Beatenberg hoch über dem Nebelmeer mit traumhafter Aussicht auf den Thunersee und die Berner Alpen geniessen.
Sie verstarb am 20. Juli 2000, 96-jährig, im Spital Interlaken.



Omama 1992 in Beatenberg, Gartenwohnung


Ja, Omama hatte eine zuckersüsse Schokoladenseite, aber auch eine andere, weniger schöne Veranlagung zur Boshaftigkeit und Hinterlist; ein "Poker Face".
Ich möchte sie in meiner Autobiographie als die charmante Lady und Förderin meiner Künstlernatur in Erinnerung behalten, die sie für mich war.


"Sur la toile de notre vie
Je te peins avec un sourire
Colorant mes souvenirs
Avec la force qui nous unifie

Toi, avec les pieds sur la terre
Moi, flottant dans le ciel
Notre danse à travers les étoiles
Même si c'est de l'art surréel
Se réalise dans l'amour éternel."




One of my favourites - Marc Chagall

 



 




 




 

 



 







 

 


 

 

 

Tango
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2.15.  Gesellschaftstanz – Tango.
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Finesse, Sanftheit, Einfühlungsvermögen, Leidenschaft, Sinnlichkeit und emotionale Intelligenz in einem Wort vereint: EMani. 

Dieser Tango (Musik: Loreena McKennitt: "Tango to Evora") gehört nur uns zweien.

Während ich in meiner Erinnerung zurück gleite ins Tiefste, was mich als Frau je bewegte, erkenne ich einmal mehr, dass du zu jenen Funken in meinem Leben gehörst, die nie verglühen.

Februar 2008
Deine ersten Worte, nachdem ich dich mit meinem Gedicht berührt hatte; du wirktest am Anfang noch zaghaft, vorsichtig, hinterfragend, zögerlich - meine Überschwänglichkeit hatte dich überrumpelt:
"Too much, too fast"... 

Mein Bangen und Hoffen: Ratio/Vernunft oder Emotion/Herz - welcher Impuls würde stärker sein als die natürliche Angst und Unsicherheit?

Dann, endlich:

"Wollen Sie, sehr geehrte Dame
Mit mir ein paar erste Schritte machen
Zu einer noch fernen Musik,
die es erst noch zu komponieren gilt?

Dann reichen Sie mir doch Ihre Hand
und lassen es uns guten Herzens und Willens versuchen...

Aus einem Schritt werden zwei
Aus zwei bald deren drei
Und wer auch den vierten wagt
Ermutigt den, der immer noch zagt."


Ja, wir waren mutig genug, uns aufeinander einzulassen. Ich, die Poetische, Träumende, dem Innersten und Kindlichen Zugewandte - Du, der Denker, Wissenschaftler, Erschaffer komplexer Welten. Mit der Zeit erkannten wir die wundersamen Facetten, die uns verbanden: Tiefgründigkeit, hochsensible Wahrnehmungsfähigkeit, Schöpfertum, Idealismus, Hingabe an das Göttliche, Selbstauflösung.
Empfinden der Vereinigung von Mann und Frau als im Heiligen vollendet.

Wohin würde uns dieser Tanz führen; in die Seelenverwandtschaft oder Erfüllung der Sehnsucht nach "Anima und Animus"?

Gemeinsam waren wir offen und neugierig, dies zu entdecken. In unserem poetischen Reigen fanden wir Resonanz in der Komposition, die unser Denken und Fühlen in Einklang brachte, bis hin zu einer Verschmelzung dieser Pole. Unsere Schritte wurden fliessender, beschwingter - unsere Bewegung zueinander inniger, vertrauter, intimer. Mit viel Fingerspitzengefühl, Geduld, deinem unglaublichen Einfühlungsvermögen und Respekt vor meinem verletzlichen Frausein führtest du mich während unseres Tanzes in die Unversehrtheit zurück. Was sich so rein, echt und wahrhaftig anfühlte, war das, was wir im Innersten, Unergründlichen spürten. Doch würde dies der Realität standhalten? Würden wir unser harmonisches Gleichgewicht bewahren können? Fragen über Fragen, vielleicht zu viele...? 
Du hast mich auf Händen getragen, mich mit köstlichen Menüs verwöhnt, mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen; warst grösster Bewunderer meiner Hingabe als Mutter, Tänzerin und Künstlerin. Du wolltest mich so oft wie möglich bei dir zuhause in Bülach in diese Oase des sich-fallen-Lassens und Wohlfühlens entführen. Wie gut dir dies gelungen ist, mich wie eine Königin zu behandeln, mich emporzuheben aus meinem Schattendasein in die EMani-Wolke, die mich so zärtlich umgab! Kein Mensch zuvor vermochte mich so zu erfassen, spüren, in meiner Weiblichkeit wertzuschätzen.
Dein Lieblingsfoto von mir versinnbildlicht die Sandra, die ich in mir wahrnehme und die du wachgeküsst hast. 

2008 - 2009
Unsere Reisen nach Frankreich, Rom und Elba. Ein wahrgewordener Traum! Die schönen Schuhe mit den blumigen, lachsfarbenen Bändeln, die du mir in Elba gekauft hast, trägt heute Joya weiter.
Wir gehen gemeinsam "zu Berg", geniessen das Waldbaden, lauschige Stunden in der Natur, die Idylle, in der wir eingebettet sind. Ich lerne deinen Freundeskreis kennen, wir tanzen auf der Hochzeit deiner lieben Bekannten, besuchen das Filmfestival in Locarno und tauchen noch leidenschaftlicher ein in's Sinnliche, das weitere Kreise zieht: Noch tiefer, höher und losgelöster ins Sakrale, als wir es je zu ahnen und beschreiben wagten.

(Ich stöbere durch meine Schatzkiste mit all den romantischen, leidenschaftlichen Liebesbekenntnissen, die nur du so auszuschmücken und auszudrücken verstehst.
Die Fotos von uns als verliebtes Paar sind herzerwärmend.
Das, was wir zusammen kreieren und erleben durften, war ein grosses Geschenk an uns, wofür ich zutiefst dankbar bin.)

2010
Meine stille Ahnung bewahrheitet sich:
Du bist zwischen zwei Welten hin- und hergerissen; zwischen Helgisried und Bülach, zwischen deinem Herzensbegehren und den disziplinierten Arbeiten an deinem künstlerischen und wissenschaftlichen Projekt, zwischen Hingabe und Verantwortung, zwischen Traum und Wirklichkeit, Vision und existenzieller Unsicherheit.
Unsere Schritte zueinander kommen in's Wanken; wir teilen denselben Gedanken: Voneinander loslassen, eigene Wege gehen, sich selbst wiederfinden im grossen Ganzen.
Ich konnte deine Beweggründe verstehen; auch wenn es sich für uns beide sehr schmerzhaft anfühlte, tröstete uns diese Einsicht:
Ein Teil von dir würde mich immer begleiten und ich dich als dein "Papillon" ebenso.



"EMani-me" in Rome, 2009, your favourite

 

"Lilac days and velvet nights
Colours of a world in sight
Prosperous and in full bloom
As we dance through the room
Touching a dream deep within
Understanding its' blessing
With each tender caressing

As one

And yet apart
Creating a masterpiece of art
Velvet nights and lilac days
Awakening within sunrays
Chasing away shadows of the night
Ready for an adventurous flight
Over the rainbow into the light."

Sandi, 2008

 

 

Flamenco
Seite 26
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2.16.  Gesellschaftstanz – Flamenco.
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"Mamsli, Mamushka... so zärtlich möchte ich dich immer nennen können - Mama - kein Mensch hat mich jemals so an sich gebunden, mich innerlich aufgesogen, in den Schmerz gezogen. Keine Frau hat mich jemals so gerührt, fasziniert, in die Sterne gehoben. Ja, zwischen diesen spannungsgeladenen Polen suche ich heute noch festen Boden, Halt, einen Schlupfwinkel im Mütterlichen, aus dem ich einst geboren. Tanzende Füsse hast du mir geschenkt, lange, schmale Künstlerhände, deine Hochsensibilität - feine Antennen, die Fähigkeit, träumend zu entschweben, deine grosszügige Wesensart.

"Getragen sind Mutter und Kind
Wissen, dass sie unzertrennlich sind."

Heute kann ich sagen: Dafür lohnt es sich, auszuharren, zu kämpfen, an das Unverwüstliche, Lichterfüllte und Liebenswerte zu glauben. Ja, das sehe ich immer noch in dir, nach allem, was wir durchmachen mussten. Unaufhörlich versuche ich mir einen Reim aus dir zu machen, dich zu verstehen, dir zu verzeihen, dich an mein Herz zu drücken - auch wenn es manchmal noch schmerzt - ich gebe nicht auf: Eines Tages kann ich dich in die Arme schliessen; erlöst, befreit, geheilt. Du weisst, als Erwachsene bin ich stark, doch das Kind in mir ist traumatisiert. Ich lerne, es selbst zu trösten, beschützen, umsorgen, pflegen, es zu beachten und ernst zu nehmen.
Du weisst, ich liebe dich, auf ewig.
Meine Poesie schenke ich dir, weil ich weiss, dass du sie verstehst. Sie hat unsere Verbindung wiederbelebt, weil sie wie ein Engel über uns schwebt, uns über das Schwere erhebt und Funken in unsere Herzen sprüht.
Nun nehme ich dich mit auf meine Tanzbühne; stell dir vor, du trägst ein romantisch-fliessendes Kleid, das deine Figur betont, dich in deiner Weiblichkeit erstrahlen und die Frau sein lässt, die zu verkörpern du dir immer gewünscht hast. Folge deinen intuitiven Bewegungen, lass dich fallen, tragen, begleiten. Wenn du möchtest, führe ich dich durch das Feurige des Flamenco, damit du deine Gefühle ausdrücken kannst, ohne Scham, Schuldgefühl, schlechtes Gewissen. Hier sind wir frei, uns selbst zu sein." 

So oder ähnlich würde ein Brief an meine Mutter lauten...noch ist sie nicht gefestigt genug, zu erfahren, wie sehr ich als Kind und bis zum heutigen Tage gelitten habe. Das möchte ich ihr immer noch nicht zumuten; ich beschütze sie vor der Härte dieser Realität. Sie würde sich noch mehr in ihre "Seifenblase" flüchten und das Verdrängte mit Alkohol zu betäuben versuchen. Und ich kann durchaus verstehen, warum. Ich weiss aus ihren Erzählungen, dass sie es im Leben nicht einfach hatte; sich minderwertig und "dumm" fühlte, mit Komplexen, Ängsten und Unsicherheiten rang.

Maria Magdalena - Marlen - "Leneli" kam schon "blau" auf die Welt.
Die Folgen des Sauerstoffmangels während ihrer Geburt wirkten sich auf ihre Entwicklung aus: Sie litt darunter, sich Gesichter nicht merken zu können, keinen Orientierungssinn zu haben und bemerkte auch in der Schule, dass sie nicht mit den anderen mithalten konnte. Sie verwechselte Buchstaben (heute nennt man dies Legasthenie), hatte grosse Mühe in Mathe und generell ein verlangsamtes Auffassungsvermögen was das "Kopflastige" anbelangte. In einer Rudolf Steiner Schule wäre sie mit ihrer hochsensiblen Veranlagung und ausgeprägten Wahrnehmung für das Feinstoffliche wohl besser aufgehoben gewesen.
Dass sie es überhaupt in die erste Klasse schaffte, grenzt an ein Wunder. Mit fünf erkrankte sie an Diphterie (diese gefährliche, bakterielle Infektion war damals eine unheilbare Krankheit und ein definitives Todesurteil). Die Erfindung des Penicillin während dieses Zeitraums rettete ihr das Leben. (1945 erhielten Erfinder Fleming, sowie die an den klinischen Tests beteiligten Wissenschaftler Chain und Florey gemeinsam den Nobelpreis für die Entdeckung dieses lebensrettenden Antibiotikums. Heute wissen wir, welch Meilenstein damit in der Medizin zur Behandlung von bakteriellen Infektionen gesetzt wurde). 
Mama's Eltern waren beide Lehrer: Muetti, Paula (ledig Kistler) und Dädi - Edmund wohnten zuerst in Niederwil (ZG); als meine Mutter sieben war, zogen sie in die Villa "Johannesburg" in Cham (ZG). Innerhalb von neuneinhalb Jahren gebar Muetti acht Kinder - vier Mädchen, vier Jungs. Mama war die Drittälteste und mit ihrer angeschlagenen Gesundheit (Asthma) das zerbrechlichste Kind in der Familie Schönenberger. 
Sie war Dädi's Lieblingskind und auch Muetti nahm sie unter ihre schützenden Flügel.
Verständlich, dass ihre Geschwister Leneli neidisch beäugten und sich das Gefühl in ihnen regte, sie nutze ihre Schwäche aus, um gewisse Ämtli nicht erledigen zu müssen. Es herrschte das unausgesprochene Gesetz des Stärkeren, mit dem Mama schon früh konfrontiert wurde.
Meine Mutter beschrieb Dädi als ein sehr gutaussehender, humorvoller Mann mit sagenhaften Kochkünsten, der es liebte, seine Gäste zu bewirten und sich in geselliger Runde ausgelassen und fröhlich zeigte. Immer hatte er einen feinen Tropfen zum Feiern bereit.
Auch Mama schilderte mir die "reservierte" Erziehungshaltung ihrer Eltern so:
"Schöseli höcklä und hin- und här gwiegelet wärdä", war schon ein für damalige Verhältnisse fortschrittliches Zeichen elterlicher Zuneigung und Nähe. 


1944 - Leneli als Dreijährige mit ihrem Dädi

 

1946 - Dädi und Muetti mit sieben Kindern - die Jüngste (Witle) noch nicht geboren, Mama (fünfjährig) oben in der Mitte



Im Verlauf der Jahre entlarvte sich Dädi als Frauenheld und verliebte sich unsterblich in Heidi P., die selbst noch im Ehestand - jedoch im Prozess der Scheidung - und Mutter zweier Kinder war. Sie wollte eine feste Beziehung mit Edi, machte Druck und verlangte von ihm die eheliche Trennung. Sie gingen bis vors Bundesgericht, das das Scheidungsbegehren eines Vaters von acht Kindern nicht bewilligte; eine Trennung Edmund Schönenbergers von seiner Ehefrau konnten die Gesetzeshüter aber nicht verbieten.

Mama litt sehr unter der zerrütteten Beziehung ihrer Eltern, vor allem aber traf sie das Leiden ihrer Mutter: Muetti weinte nächtelang, es brach ihr fast das Herz. Sie beteuerte, dass sie Dädi immer lieben werde - bis sie sterbe, und so war es denn auch.
Muetti erhielt die Villa in Cham, Dädi das "Schwendeli", ihr Ferienhaus hoch über dem Zugersee. Die Kinder wurden teils der Mutter, teils dem Vater zugeteilt (sie durften wählen, zu wem sie hinziehen wollten).
Muetti zog in die Innerschweiz nach Wolfenschiessen (NW); dort hatte sie durch Dädi eine verlockende Stelle als Lehrerin in Aussicht. Er hatte sie mit dieser Lüge vorerst mal "getröstet": Es sei ihre einmalige Chance und nur vorübergehend, bis die Sache mit Heidi geregelt sei...somit machte er ihr (bewusst) Hoffnung auf eine Wiedervereinigung. Muetti fiel auf seine strategische "Manipulation" ein, und ihr Schicksal nahm unaufhaltsam seinen Lauf.
Dädi zog nach Zürich mit Marlis, Leneli, Chrigeli. Die Jüngste, Witle, blieb bei ihrer Mutter; sie war noch klein. Mama erzählte mir, dass ihr Eindruck von ihrem Vater sich allmählich ins Negative wandelte: Er nutzte die Mädchen für die Arbeiten im Haushalt aus, lästerte über Muetti, und als Leneli diese verteidigen wollte, kassierte sie eine derart schallende Ohrfeige, dass sie beschloss, zu ihrer Mutter zu fliehen. Da Dädi sie in der Wohnung eingeschlossen hatte, kauerte sie weinend auf dem Balkon. Der drei Jahre ältere Nachbarsjunge rettete sie vom Balkon und verhalf ihr zur Flucht; er organisierte ihre Tram- und Zugfahrt und bezahlte ihr Ticket nach Wolfenschiessen, wo eine völlig überraschte Muetti Leneli tröstend bei sich aufnahm. Obwohl es in der Dachwohnung in einem Chalet, in dem sie eingemietet war, kaum mehr Platz hatte für ein zusätzliches Kind, wurde die kleine Kammer, die als Stau- und Nähraum benutzt wurde, umfunktioniert zur neuen Schlafstätte Lenelis, die sich dort gemütlich einnisten konnte und sich in ihrer neuen Bleibe sehr wohl fühlte.
Mama lobt bis heute Muettis Intelligenz (im Lehrerseminar nur Bestnoten) und ihre vielfältigen, künstlerischen Begabungen. Sie strickte, stickte, häkelte, nähte, malte, dichtete, spielte Klavier (vertonte auf Anfrage für Hochzeitgesellschaften die dazu passende Poesie) und war bekannt für die Inszenierung von Theaterstücken. Unter einem Pseudonym gab sie Bücher und Rätselhefte heraus; von einem durfte ich im Alter von 14 Jahren das Cover gestalten. Mamsli betont immer wieder:
"Du hesch vil vom Muetti, sie wäri so stolz uf dich! Wär sie no am läbä, würd sie dich förderä und unterstützä."
Glücklicherweise konnte Muetti zeitlebens ein Support für Leneli sein: Finanziell, bei der Berufswahl und in den Phasen ihrer noch zarten Entwicklung, die besondere mütterliche Fürsorge und Begleitung benötigten. 
Ein paar "müschterli" möchte ich mit euch teilen, nachdem mir Mamushka kürzlich während eines zweieinhalbstündigen Telefonats ihre Kindheitserlebnisse schilderte. Ich hatte sie gefragt, wie sie in der Beziehung zu ihren Eltern stand; daraufhin sprudelte es locker, sehr amüsant und befreiend aus ihr heraus. Was mich mit einem Glücksgefühl beschenkte (und auch sie, so wie ich es anhand ihres Lachens und ihrer entspannten Stimme beurteilen konnte). 
Im Alter von drei- bis vierjährig (zu Niederwil-Zeiten) war Leneli oft in den Ferien bei ihrer Grosstante Elsi im Balsthal. Elsi und ihr Mann Ferdinand waren kinderlos, weshalb sie sich besonders über Lenelis Besuche (dreimal pro Jahr) freuten. Sie hatten so "de narre" an ihr gefressen, dass sie sie sogar adoptieren wollten. Leneli sonnte sich in ihrer Gunst, bis sich eines Tages das Blatt nach einem einschneidenden Ereignis wendete. Mit ihren "gschpänli", ebenfalls im Spielgruppenalter, war sie draussen damit beschäftigt, sich gegenseitig zu untersuchen - sie ahmten das nach, was sie bei den Arztbesuchen beobachtet hatten und in diesem Alter völlig normal ist: "S'dökterlä". Die Mutter eines der Kinder schaute zu und empfand das aneinander "umefingerlä" als anstössig; interpretierte das Verhalten der Kleinkinder als sexuelle Anspielung: "...u das scho i däm auter, auso nei, das geit gar nee!" Sie brachte ihre Empörung derart heftig zum Ausdruck, was Leneli sehr erschreckte. Sie lief zu ihrer Tante und berichtete ihr den Vorfall, aufgewühlt, ohne zu verstehen, was sie angestellt hatte. Sie wollte augenblicklich nach Hause. Anstatt ihr den Rücken zu stärken, schalt sie auch noch Elsi mit den Worten:
"Ja, gang nur, chasch dis köfferli packe!" Daraufhin brach Leneli auf den Stufen des Treppenhauses herzzerreissend in Tränen aus. Frau Probst, die liebe Nachbarin, die im gleichen Gebäude wohnte, tröstete die Kleine und benachrichtigte ihre Eltern. Muetti machte sich "gschwind" auf den Weg, um Leneli zurück nach Hause zu holen.
Dädis Worte legten sich wie ein warmes, schützendes Mänteli um sie:
"Bieneli, buhneli, bohneli, bähneli, ich hätti dich nie deet ane ga la!"
Als Elsi und Ferdinand kurze Zeit danach auftauchten, um die Sache in Ordnung zu bringen, versteckte sich Mama im "thujahaag", weil sie befürchtete, wieder nach Balsthal geschleppt zu werden. Doch Dädi und Muetti verteidigten ihre Tochter, und als Elsi und Ferdinand wieder abgereist waren, kam sie aus ihrem sicheren Versteck wieder hervor.
Eine weitere "Rettungsaktion", die mir Mamsli berichtete, geschah in ihrem 17. Altersjahr.
Als Übergangslösung wurde Marlen für drei Monate als Haushaltshilfe zu einer wohlhabenden Industriellenfamilie mit zwei Kindern geschickt. In der dreistöckigen Villa roch es schon nach einem sauren Braten, und tatsächlich schikanierte die Hauslady Mama andauernd, indem sie ihr fast unlösbare Aufgaben zum Erledigen gab (erinnert an Aschenputtel...) - sie musste zum Beispiel innert einer Woche ein paar Socken gestrickt haben. Dies setzte sie sosehr unter Druck (Mama konnte nie gut mit Belastung/Überforderung umgehen), dass sie einen Monat lang im stillen Kämmerlein weinte. Rosa, die ältere Kinderfrau, die selbst bei der Familie aufgewachsen war, hatte Marlen schon oftmals vor dem "Drachen" in Schutz genommen. Sie erkannte, dass nun die Schmerzgrenze erreicht war und liess Mama "heimlich" nach Hause telefonieren. Muetti war sofort zur Stelle, um sie wieder in ihre Obhut zu nehmen.
Zuvor schon war Marlen nach ihrem versuchten "Welschlandjahr" in Genf vorzeitig von der Gastfamilie nach Hause geschickt worden, weil sie fast nie anwesend war, des Nachts aus dem Fenster stieg, um mit ihrer Freundin Nicole um die Strassen zu ziehen und mit Jungs abzumachen. Die Gasteltern waren in Sorge, es könne noch "Schlimmeres" passieren...
Et alors - quoi faire avec cette "enfant terrible"?
Muetti bewahrte Nerven, blieb lösungsorientiert und suchte nach einer neuen Nische für Marlen; bei einer Bekannten, Frau Christen, konnte sie eine Saallehre absolvieren - dies war in zweierlei Hinsicht ein Volltreffer: Es gefiel ihr, und sie verliebte sich in Christens Sohn Roland.
Die Idee, Frisörin zu werden, ergab sich folgendermassen:
Muettis Schwester Pia und dessen Ehemann Jacques, sesshaft in Brüssel, kamen jeweils mit ihrem chicen Jaguar in die Schweiz, um ihnen einen Besuch abzustatten. Jacques war ein Kriegsverletzter; er humpelte, ging an einem Stock, was seinen Eindruck auf Marlen jedoch keineswegs minderte. Als Industrieller war er reich, und das war für sie äusserst erstrebenswert; sie malte sich ihre Zukunft in den goldensten Farben als ebenso gut situierte Lady aus. Pias "Turmfrisur" hob sich so imposant vor ihren staunenden Augen empor, dass sie Marlen dazu inspirierte, den ersten Schritt in Richtung eines besser gestellten Lebens (sie war ja bescheiden aufgewachsen) mit einer Coiffeuse-Lehre zu beginnen. Marlen, inzwischen achtzehnjährig, zog nach Zürich in eine Mädchenpension und startete mit ihrer Ausbildung beim Coiffeur "Starch". Das Glück war ihr hold, denn sie traf Alfons Bischof, ihre erste wirklich ernsthafte, grosse Liebe. "Fonsli" (wenn er unartig war, nannte sie ihn "Fötzeli") absolvierte sein Studium am Lehrerseminar. Er war aus wohlhabendem Hause, aufgewachsen in einer Villa in Wil (SG), wo sein Vater, Zahnarzt, eine Praxis führte. Fonsli war ein Romantiker und verwöhnte Marlen mit Hotelübernachtungen, kulinarischen Genüssen, Wanderungen in den Bergen (er konnte sich das alles leisten) und brachte ihr das Schlittschuhlaufen bei.
Ihr Lieblingslied trug den verheissungsvollen Titel:
"In den Himmel der Liebe".
Muetti war inzwischen nach Horgenberg (ZH) umgesiedelt, wo sie oft zu Besuch waren. Sie mochte Alfons sehr und war erleichtert, dass ihr "Sorgenkind" nun endlich ihren Weg gefunden hatte. Doch das Leben wäre nicht "Leben", gäbe es nicht immer wieder eine Richtungsänderung: 
Lehrmeister "Starch" erhielt einen Anruf von Vater Bischof, der Marlen auch schon in seiner Villa empfangen hatte und bat ihn, seiner Lehrtochter den Umgang mit Alfons zu verbieten, da dieser durch seine Liebschaft mit ihr zu sehr von seinem Studium abgelenkt werde. Die Ermahnung zeigte wenig Wirkung; Fonsli und Marlen trafen sich - wenn auch weniger häufig - heimlich. An einem dieser Treffen lernte Mama Papa im "Chindli" im Niederdorf kennen. Alfons hatte seinen Freund Henri, der an der ETH studierte, im Schlepptau. Es erstaunte mich von meiner Mutter zu erfahren, dass mein Vater sie mit seinen Tanzbewegungen schwer beeindruckte! Oh-oh; sie war drauf und dran, sich in ihn zu verlieben...Eine Zeit lang gingen sie zu dritt in den Ausgang, bis Henri eine Entscheidung von ihr verlangte: Fonsli oder er.
Mamsli's Wahl führte sie direkt in den sicheren Hafen der Ehe.
Muetti konnte ihre wichtigste Aufgabe, Leneli in ihrem unsteten Leben zu begleiten, nun getrost an Henri René abgeben.
Während eines Telefonats mit Pia (das Mama belauscht hatte) äusserte sie sich so:
"Jetzt bin ich froh, isch mis Leneli mittem herr dokter guet versorget!"



Papa, Mama und Muetti am Hochzeitsfest in Thalwil, 1962

 

Ihr erstes Kind liess nicht lange auf sich warten: Mein Bruder Fernand wurde im August 1963 geboren. Dank Muettis Finanzspritze konnten sie sich in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung, im Wiesenbeetli 2 in Zürich, über ihr Familienglück freuen. 

 

1963, im Wiesenbeetli: Mama (22) im Mutterglück; fürsorglicher Blick auf Baby Fernand

 

 
Vier Jahre später erblickte ich in Johannesburg (ZA) das Licht der Welt; über diese spannende Reise berichte ich in meiner ersten Autobiographie "Atemzüge, Himmelsflüge".
(Achtung: nicht ohne Rettungsweste und Gemütspuffer ins Boot steigen...)

 

"Meine Gedanken reisen zu dir
Mamsli, du Sonnenverwöhnte
Dieser Moment lullt mich träumerisch ein
Sagenhaft, berauschender als Wein
In deinem Herzen kann ich deine Kleine sein

Es war des Flieders süsser Ruf
Der Rosen betörender Duft
Der Milane geschmeidiger Flug
Mutter Erde, die mich heute trug
In friedliche, sanfte Engelsgeduld

Ich schicke dir Sternenlicht
Trost, Hoffnung, Zuversicht
Dass die innere Schau nicht erlischt
Jeder Morgen soll dich lieblich küssen
Meine Worte dir die Tage versüssen."


 



Open Space Dance
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2.17.  Gesellschaftstanz – Open Space Dance.
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In dieser offenen Gesellschaftstanzsequenz lasse ich nun diejenigen Menschen in Erscheinung treten, die mit mir verwandt sind, eine Rolle in meinem Leben spielen oder gespielt haben und die ich in meinen autobiographischen "Schwung" mit(einbe)ziehen möchte. Bei diesem Tänzchen ist nicht die lang anhaltende Pose wichtig, nein, auch ein flüchtiger "Schweifer" kann viel über deren Persönlichkeit und Bedeutung in meinem Leben preisgeben.

Edi, der ein Jahr jüngere Bruder meiner Mutter, fiel mir schon immer dadurch auf, dass er seine krasse Meinung über die "Obrigkeiten" und deren unfairen Machenschaften in unserem Land kundtat: "Nieder mit der Demokratie!" bringt es wohl am unmissverständlichsten zum Ausdruck, in welch fanatische Richtung sein Gedanken- und Glaubensgut seit seinem Jusstudium geraten war. Schade eigentlich, denn Edmund war blitzgescheit, was ihm Tür und Tor zu einer erfolgsversprechenden Laufbahn als Anwalt öffnete. Offenbar sah sein forschender Blick im Laufe seines Studiums im Staatsapparat etwas Bedrohliches, das die Schwächeren in der Gesellschaft systematisch niederdrückt und aussperrt; in seinen Augen: "...schlimmer als der Holocaust!" 
Anfang der Siebzigerjahre war er Mitbegründer des linken Zürcher Anwaltskollektivs. Bekannt wurde er durch die Gründung des Vereins "PSYCHEX", der sich für Menschen einsetzt, die gegen ihren Willen in einer psychiatrischen Anstalt festgehalten und zwangsbehandelt werden. Ich dachte mir schon damals, dass Edi mit seiner sehr direkten, konfrontativen, hitzigen Ausdrucksweise über das Ziel hinausschiesst und damit eher das Gegenteil bewirkt, als sich als Helfer der Eingeschlossenen Respekt zu verschaffen. 
Er vertrat die Notleidenden "ad extremum" (erinnert an Robin Hood...) und musste sich wegen Beleidigung der Justiz sogar vor Gericht selbst verteidigen (er riskierte, sein Anwaltspatent zu verlieren)! Damit schlug er auch in der Medienlandschaft einen gewaltigen Pflock ein. (siehe Videobeitrag SRF vom 04.11.1999. Charakteristisch auch der Bericht WOZ vom 04.10.2012 und eine auf plaedoyer.ch aktualisierte Version, 12.10.2022).
Seine Beschwerden unterzeichnete er mit: "Sein eigener Souverän" und zog diese Souveränität konsequent durch, indem er mit seiner Frau Natascha und dem jüngsten Spross nach Serbien auswanderte, wo er als Selbstversorger sein unabhängiges Leben verwirklichen konnte. Bis zum letzten Atemzug kämpfte er als "Fanatiker der Freiheit" weiter und hinterliess bei mir einerseits Bewunderung, andererseits Bedauern.

Seine zwei Jahre ältere Schwester Marlis hingegen war mit ihrer diplomatischen, sozialen Wesensart für mich in der Schweiz wie ein mütterlicher Schoss, in den ich hineinkriechen konnte, wenn wir bei ihr im "Stählibuck", ihrem Restaurant auf einem Hochplateau über Frauenfeld, zu Besuch waren. Sie hatte eine besondere Begabung, mich zu spüren und auf meine (nicht einmal mir bewussten) kindlichen Bedürfnisse einzugehen. Obwohl sie als Wirtin und Mutter dreier Söhne viel um die Ohren hatte, fand sie immer eine Nische für mich. Ihre Stimme legte sich samtweich wohlklingend um mich, flösste mir Vertrautheit und Geborgenheit ein. Ich fühlte mich in ihrer Gegenwart herzlich "angenommen" und geliebt. Sie war für mich auch in späteren Jahren immer wieder ein Leuchtturm, der mir in meiner Not Licht, Orientierung und Zuflucht bot. Sie war eine starke, in vielerlei Hinsicht intelligente Frau, die sich im Ständerat für Umweltthemen einsetzte und mich mit ihrem Engagement und ihrer Weitsicht sehr beeindruckte. Sie lebte ihren Respekt vor der Natur und der Erhaltung unserer lebensnotwendigen Ressourcen vorbildlich vor. In den Jahren nach ihrer Trennung von ihrem Ehemann Hugo (outete sich als homosexuell) lernte sie einen neuen Lebenspartner kennen, der sie nach Mammern in ein wunderschönes Riegelhaus am Bodensee zog. Dort betrieb sie bis zu ihrem Tod mit viel Herzblut ein B&B. Ich durfte als Alleinerziehende mit meinen Töchtern einmal im Jahr unbeschwerte Ferien bei ihr verbringen. Ich bin meiner Tante Marlis heute noch dankbar, hat sie mich wie eine Tochter behandelt und mir sicheren Halt gegeben.

Sein auf Zehenspitzen tänzelnder Gang fiel mir schon vor 30 Jahren auf, als ich Röbi zum ersten Mal begegnete während meinem Aufenthalt in der PUK Zürich. Sein Bruder Franz war mit mir auf der Station und rührend um mich besorgt. Röbi brachte ihm die Fruchtsäfte, Badezusätze und Schleckereien, die er für sich und mich benötigte. Meine Wahrnehmung von meinem zukünftigen Schwager war im April 1994 vorerst darauf beschränkt, wie er sich bewegte und wie tief verbunden sich die beiden Brüder zeigten. Ich war gerührt, wie treu und fürsorglich er sich um seinen acht Jahre älteren Bruder kümmerte. Wer hätte damals gedacht, dass sich eine Liebesbeziehung aus Franz und mir entwickeln würde; wir, zwei Schiffbrüchige, vom Taifun unserer Erlebnisse durchgeschüttelt, nun gestrandet und in ärztlicher Pflege? Unser erstes Gespräch bleibt mir ebenso eindrücklich in Erinnerung, weil ich mich von Röbi verstanden, akzeptiert und respektiert fühlte, obwohl er allen Grund gehabt hätte, mich in eine Schublade zu stecken. Franz hatte nach seiner zweiten Ehe immer wieder wechselnde Beziehungen; seine Frauengeschichten rückten ihn in ein unvorteilhaftes Licht. Und nun war ich seine neuste Eroberung...ja, so hätte er es sehen können. Stattdessen hielt er zu seinem Bruder und seinen Entscheidungen; auch wenn diese nicht immer nachvollziehbar waren und ihm teilweise grosse Sorgen bereiteten, blieb er standhaft in seiner Liebe und Achtung seinem älteren Bruder gegenüber. Er besuchte uns mit seiner Frau Arlette auch auf der Insel, wo Franz und ich fernab der Reize des Zürcher Stadtlebens zur Ruhe und körperlichen Regeneration finden konnten. Röbi war erst einjährig, als seine Mutter starb und wurde mit Reini, dem mittleren Bruder, damals fünfjährig, in einem Heim für jüngere Kinder untergebracht. Die Beziehung zu Vater Emil entwickelte sich im Verlaufe der darauffolgenden Jahre sehr problematisch bis hin zum völligen Bruch. Was sicherlich auch dazu beitrug, dass sich Röbi und Franz so innig-vertraut aufeinander verlassen konnten. Röbis Charakter lässt sich so beschreiben: Auf Anhieb sympathisch, gewinnend, offen, gesellig, humorvoll, geistreich und sprühend vor Lebenslust. Ein inspirierender Gesprächspartner, der vielschichtig interessiert und orientiert ist. Arlette und Röbi gibt es meist "nur" im Doppelpack; sie haben sich sehr jung kennen- und lieben gelernt. Arlette passt immer gut auf, dass sich Röbi gesund ernährt, nicht zu viel Süsses schlemmt, sich genügend bewegt und wacht über ihn wie eine fürsorgliche Mutter. Sie ist schon früh (unbewusst) in diese "bemutternde" Rolle geschlüpft, was Röbi - wie er selbst sagt - auf die "rechte Bahn" zurückgebracht habe, war er doch in jungen Jahren schon noch wild und an der Grenze zum Legitimen unterwegs. Das Glück eigener Kinder wurde ihnen leider nicht beschert, dafür darf Röbi als Jasmin's (inoffiziell auch Joya's) Pate in den Genuss ihrer wichtigsten "väterlichen" Bezugsperson kommen und seinen feinfühligen Familiensinn ausleben. Umso mehr, als er im Frühling 2014 innerhalb eines Monats beide Brüder verlor.

Wie ein kleiner Engel kam sie mir vor: zart, ätherisch-schwebend, fast zerbrechlich, mit langen weissen Haaren um sich selbst drehend, währenddem wir unserer Grossmutter ein Tänzchen aufführten. Obwohl Françoise, die älteste Tochter meines Onkel Fernand Francis, nicht oft bei uns in "Steepways" (Johannesburg) zu Besuch war, bewegten wir uns als Kinder auf einer Wellenlänge, spürten intuitiv, welcher Schritt in unserem spontanen Ausdruckstanz zum nächsten führte. Ihre Begabung führte sie in den Ballettunterricht, der sie inspirierte, von einer Profikarriere zu träumen. Da sie auch im Schulischen hochbegabt war, musste sie sich als Teenager entscheiden, in welche Richtung sie ihr Potenzial weiterentwickeln wollte. Nach bestandener Reifeprüfung besuchte sie uns mit achtzehn in Begleitung ihres Vaters in Hasli, wo wir seit 1981 sesshaft geworden waren. Die Weichen stellten sich von alleine - die Liebe half mit, ihr auf die Sprünge zu helfen: Mein Bruder Fernand und «Fafa» wurden ein Paar, was Françoise dazu bewog, definitiv in die Schweiz zu ziehen. Nach ihrem Studium zur Geologin zog es sie berufsmässig weiter in ihre heutige Tätigkeit als Dozentin an der FHNW (Pädagogische Fachhochschule), wo sie Lehrpersonen im Fach Englisch ausbildet. Eine Zeitlang unterrichtete sie an der Primarschule Riggisberg Frühenglisch, später durfte ich diese Aufgabe übernehmen. In den Jahren unserer Mutterschaft konnten wir uns gegenseitig unterstützen und aushelfen. Fafa beweist immer wieder Stärke in ihrem lösungsorientierten Denken, ihrer ruhigen, besonnenen Art, ihrer Weitsicht und ihrem Einsatz für die Familie. Uns verbindet die Liebe zur Natur, den schönen Künsten, unserer Muttersprache (für mich immer noch Englisch) und die Hingabe zu den geliebten Menschen in unserem Leben. Um ihre Sensibilität hat sich mittlerweile eine Schutzschicht gelegt; sie ist tief verwurzelt im Glauben und hat immer ein offenes Ohr für ihre Nächsten. Ich staune, wie sie ihre Herausforderungen meistert und es schafft, so ziemlich alles unter einen Hut zu bringen!

Sein träumerischer Blick brachte mich schon damals, als ich ihn als Baby stundenlang auf den Armen trug, zum Schmelzen.
Mein Patenkind Daniel ist mittlerweile erwachsen (gleicher Jahrgang wie Joya) und ein wahrlich galanter Gentleman. Seine schlanke, hochgewachsene Statur lässt auf seine Vorfahren angelsächsischer Herkunft schliessen, ebenso sein für mich typisch "lord-like"-es Gesicht: Grosse Augen, lange, schmale, spitze Nase, ebenmässige Konturen, fast durchschimmernde, elfenbeinfarbene Haut. Wie ich hinkt er den Minuten ein bisschen hinterher, bestimmt durch die sensible Wahrnehmungsfähigkeit, der Veranlagung zum Tagträumen und zwischen den "Welten" gleiten. Früher war er viel auf seinem Fahrrad im nahegelegenen "Hasli-Wald" unterwegs, auf Wandertouren mit seiner Familie; auf dem Fussballfeld und beim Schwimmen ebenso stilsicher sportlich begeistert. Heute reicht die Zeit fürs körperliche Auspowern kaum mehr; wenn, dann im Winter auf dem Snowboard oder zuhause im Krafttraining. Als Geomatiker bewegt er sich viel draussen beim Vermessen der Erdoberfläche und Aufzeichnen der geographischen Veränderungen.
Dani ist ein ausgesprochener "Frauenversteher", der sich diplomatisch auszudrücken weiss und durch sein differenziertes Betrachten Anregung schafft. Er versteht es, auf das Gegenüber einzugehen, dessen Sichtweise nachzuvollziehen, auf andersartige Meinungen feinsinnig zu reagieren und kann genauso überzeugend seinen Standpunkt vertreten. Als nähere Bezugsperson fühle ich mich geehrt, dass er mit mir offen und authentisch über seine Gedanken und Gefühle zu sprechen vermag. Dann denke ich jedes Mal, wie "gesund" sich die Herren der Schöpfung heute äussern können, im Vergleich zu damals (siehe Kapitel Opapa), als die Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen (aus verschiedenen Gründen) systematisch verdrängt wurde.
Daniel ist ein Mann der "leisen Töne", dessen Bewusstsein geschärft ist durch seine ausserordentliche Beobachtungsgabe; bringt er dies zu Papier, erkennt man sein (von seinem Vater) geerbtes Talent zum Zeichnen. 

Salsa, Rumba
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2.18.  Gesellschaftstanz – Salsa, Rumba.
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Ihnen traue ich diesen Hüftschwung zu den mitreissenden Rhythmen des Salsa und Rumba durchaus zu: meinen Freunden und Bekannten, die ich nun in diesen funkensprühenden Tanz integriere; mit Freude, Spass und prickelnder Begeisterung, dass es (hoffentlich) ansteckend sein darf und den einen oder anderen Leser vom Hocker haut und dazu inspiriert, ebenfalls mitzuschwingen.

Ich sehe ihre Augen glänzen; sie lässt sich ebenso mitreissen, wie ich - Robyn, meine kleine Wundertüte, ein einziges Bündel freigesetzter Energie. Mit 70 immer noch feurig-leidenschaftlich auf der Tanzfläche. Wir haben uns in der Abegg-Stiftung kennengelernt, vor 13 Jahren. Sie fiel mir mit ihrer spritzigen, kecken, humorvollen Wesensart augenblicklich auf. Als sie mich auf Schweizerdeutsch ansprach, war ich entzückt - ihr Akzent: charmant, entwaffnend, süss. Sie wuchs in Australien auf, reiste zweimal um die Welt, lernte ihren zukünftigen Mann kennen, wurde dadurch sesshaft in der Schweiz, das sie als schönstes Land preist. Wie glücklich war ich, mit ihr in meiner Muttersprache (Englisch) kommunizieren zu können! Sie war mein "motörli", zog mich mit ihrem temperamentvollen Enthusiasmus mit ins Pulsierende, Befreiende, Losgelöste. Mit ihr zusammen auf Reisen zu gehen, in unserer Oase am Thunersee aufzutanken, an Musikfestivals und Konzerten abzutanzen, liess mich wie ein Teenager ausbrechen aus den Fesseln meines Alltags (als Alleinerziehende). Wir befeuerten uns gegenseitig, fühlten uns hemmungslos, befreit, berauscht. Sie lehrte mich, ein Bierchen zu geniessen, nach den Sternen zu greifen, die Träume auszuleben. In meiner Erinnerung wirbelt sie immer noch, schelmisch lachend, heissblütig auf den Schauplätzen des gemeinsam Erlebten herum - dankbaren Herzens musste ich von ihr Abschied nehmen.

Bodenständig, geerdet, in ihrer Mitte verankert: Carine Karin K. und Karin N. - beide aufgeweckt, neugierig, selbstbewusst und offen, etwas Neues zu erfahren, entdecken, auskosten. So unterschiedlich sie sich im Leben bewegen, so verbindend ist ihre Spontanität, Aufnahmefähigkeit, Zuverlässigkeit und ihr Feingefühl. Dem Unvorhergesehenen begegnen sie mit "Contenance", Optimismus, einem gelassenen Lächeln und Humor. Sie inspirieren mich mit ihrer lockeren, liebenswürdigen Persönlichkeit in meinem Prozess der heilsamen Selbstentfaltung. Sie bleiben treu an meiner Seite, ermutigen, stärken und animieren mich.
Auf meine Hüftbewegungen reagieren sie intuitiv, natürlich, experimentierfreudig, sodass die Funken nur so sprühen!

Rolf, auf fitten, schön eleganten Beinen
Erklimmst du die Lebensmeilen
Findest deinen ruhenden Pol auf Reisen
In der Natur, im Familienkreise
Auf verschneiten Berggipfeln
Den verträumten Tannenspitzen
Deinem lauschigen Plätzchen vor dem Haus
Siehst deine Blumenkinder spriessen
Farbenfroh die Sonne geniessen
Mit lächelndem Gesicht unter Freunden
Darfst auch du mal überschäumen
Dich herzhaft unbeschwert zeigen
Wenn Charme und Witz überfliessen
Schaffst du Leichtigkeit und menschliche Tiefe
Ja, all deine lebhaften Seiten
Können sich in dir vereinen
Dein inneres Strahlen 
Sollst du dir bewahren
Ebenso dies Tänzchen mit mir wagen
Aber vorher noch deine Liebste fragen...

Mein Sonnenschein Beatrice W. ist immer für ein Spässchen und Schwätzchen zu haben. Wir schaffen es locker, zwei bis drei Stunden zu plaudern, die Zeit zu vergessen, uns an weltlichen Themen zu erlaben. Seit Jahren tauschen wir uns leidenschaftlich gerne über Menschen und ihre spannenden Geschichten aus. Das "Persönlich", eine Live-Radio-Talksendung verfolge ich, wann immer möglich, zuhause; Beatrice reist auch gerne zu den Orten, an denen zwei unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinander treffen und aus ihrem Leben erzählen. Ein tolles Format: bereichernd, inspirierend, spontan, spritzig, witzig, menschlich-nah. 
Manchmal möchte ich "mis sünneli" noch tiefer ins Innerste, in meine "Mondlandschaft" mitziehen, was sie reflexartig in die Defensive treibt, weil zu unergründlich, dunkel, intensiv. Da ist ihr das gemeinsame Tanzen, lässig-gechillt, spielerisch-leicht aus der Hüfte heraus, schon lieber. Ihr herzhaftes Lachen ist so ansteckend, dass ich es vermisse, wenn ich es lange nicht gehört habe.

Heidi, du ängu uf ärdä
mini wunderbari perlä
filigran u doch ärdig-starch
i dir inne volländät-autarch
dini nüancä sy mer so vertrout
dis lächlä erheut mini wäut

Wenni bi dir z'visite bi
füehläni mi wienä königin
verwöönt, verchöschtigt
vo dir, begnaadeti chöchin
di yschtee isch ds beschtä gäg de durscht
u diner dessärli machä sowyso gluscht

Uf diä chüschtigä tomätli us dim gartä
mani aubä chuum wartä
ja, aus, was bi dir wachst u blüäät
tuet ou em gmüeet nährend guät
du tröii seeu, bisch überuus-güätig
danke, luegsch du aunä so guät
 
Aus familiefrou vou im schuss
trotzdäm no zyt für gnuss 
äs tänzli mit dinä fründinnä 
lyt ab u zue ou dinnä
hesch geng äs louschigs ohr
äs offnigs härz, äs tröschtends wort

Ein nach über 30 Jahren immer noch wie frisch verliebtes Paar, gütig aufeinander abgestimmt, darf ich zu meinen Freunden zählen: Trixlä u Schämpu - manch einer hat sie noch aus der TV-Sendung "Happy Day" (vom 23.10.2021) in Erinnerung. Romantiker Schämpu wollte seiner Herzensdame ihren Kindheitswunsch erfüllen und damit einmal mehr seine Liebe, Wertschätzung und Dankbarkeit zeigen. Als er mich in sein Vorhaben einweihte, war ich, zugegeben, zuerst etwas neidisch, jedoch zutiefst berührt über seine Liebesbekundung und freute mich mega für Beatrix, die überwältigt sein würde. Wenn ich heute die Bilder von ihr auf dem Karussell anschaue, sprühend vor Freude, happy in der Erfüllung ihres Traumes, bekomme ich jedes Mal Hühnerhaut und bin selbst einfach nur glücklich, durfte sie diesen magischen Moment erleben und den Ausdruck seiner Zuneigung noch eindringlicher erfahren. Ja, durch dick und dünn, Wind und Sturm reiten sie heute noch gemeinsam in die gleiche Richtung, Hand in Hand, durch dies starke Band - komme was wolle - und das Schönste: Es ist nicht bloss ein Märchen! Ich darf ein wertvoller Teil davon sein. Trixlä und mich verbindet etwas Tiefes, Unauslöschliches, Ewiges, Engelhaftes - eine Auffassungsgabe, die über die Grenzen des rein "irdisch" Wahrnehmbaren hinaus reicht und das grosse Ganze tangiert. Sie gehört zu den Menschen, die mit dem Herzen sehen können, weshalb ich mich in ihrer Gegenwart "heimisch" und verstanden fühle. Sie empfindet es auf dieser Ebene ebenso mit mir, was uns beide sehr happy macht.

Dass ein junger Pastor so aufgeschlossen, human, ansprechend seine "Schäfchen" in die Gegenwart Gottes zu führen vermag, hätte ich nicht gedacht, als ich Robby vor sieben Jahren zum ersten Mal am Talweg begegnet bin. Sein für den christlichen Glauben brennendes Feuer lässt bis zum heutigen Tage seine leidenschaftliche Hingabe spüren, die ich so an ihm liebe. Was ich ebenso an ihm bewundere: Seine herzhafte Ehrlichkeit, die seine Berufung als Christenmensch derart glaubhaft herüber kommen lässt. Offen und authentisch kann er zu seinen Verfehlungen und Macken stehen, schildert derart vergnüglich und herrlich erfrischend seine Unzulänglichkeit, dass es einem leicht(er) fällt, sich seine eigenen Schwächen einzugestehen. Seine Kindheit verbrachte er in Südafrika, was ich lange nicht gewusst hatte. Vielleicht fühlte ich mich deshalb in seiner "warmen" Gegenwart von Anfang an wohl. Dass er als Führer einer Gemeinde und Vater von drei kleinen, süssen "meitschi" sich die Zeit genommen hat, mich daheim zu besuchen während meiner "akuten" Krankheitsphase; sich an mein Bett gesetzt hat, um mir Gesellschaft zu leisten, mich aufzumuntern und für mich zu beten, in aller Herzlichkeit, werde ich niemals vergessen. Zumal ich spürte, dass Robby dies nicht aus Pflichtempfinden getan hat, sondern aus aufrichtigem Mitgefühl. Obwohl er sich als bekennender Nichttänzer offenbart, sehe ich ihn mit unverhofftem Hüftschwung an einem Anlass in naher Zukunft abrocken!

Die tapferste Frau, die ich in Montana kennenlernen durfte, Lisa, lässt mich immer wieder mit einem Gefühl der aufrichtigen Bewunderung zurück. Trotz der Schwere ihres Leidens hat sie ihren Humor und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, bewahrt. Sie ist klug, emotional intelligent, breitgefächert interessiert, weltoffen orientiert sowie kreativ begabt. Sie könnte Bücher füllen mit den Lebenserfahrungen, die sie auf all ihren Reisen gesammelt hat und schillernd zu berichten weiss. Dass sie - wochenlang auf der Intensivstation gelähmt und unter grausamen Schmerzen - einen Höllentrip (Guillain-Barré-Syndrom in seiner schlimmsten Form, ausgelöst durch Vireninfektion) überlebt hat, verdankt sie ihrer (unbewussten) Kämpfernatur und heutigen Spitzenmedizin. Unsere Verbundenheit vertieft sich in der freundschaftlichen Begegnung, die wir pflegen, auch wenn ein Treffen momentan nicht so oft (wie wir es wünschen würden) umsetzbar ist: Die Essenz, die wir daraus gewinnen können, ist tiefschürfend, wahrhaftig, inspirierend, berührend, mittragend. Wir haben vieles gemeinsam: Die Verwurzelung im Ursprünglichen, Schöpferischen, kindliche Begeisterungsfähigkeit, Spontanität, das Empfinden unserer Weiblichkeit, heilsame Erleben in der Natur, unser Bewusstsein der Ressourcen, unseren Sinn für Gemeinschaft, Familie, Freunde. Wir teilen unsere "Erschöpfungsgeschichte", die Schatten der Vergangenheit, die wir zu überwinden versuchen und die zu "überstrahlen" wir meisterhaft gewohnt sind; unser inneres Bestreben, die Zusammenhänge zu verstehen, Herzhaftes freizusetzen; unsere Sehnsucht nach Liebe, Wertschätzung, Anerkennung und Verbindung zu den Menschen, die wir bedingungslos zu lieben glauben - denn:
Ist Liebe derart naiv, sich der Verwundbarkeit immer wieder auszusetzen; bis über ein erträgliches Mass hinaus sich selbst aufzuopfern, leidenschaftlich-hingebungsvoll, ständig Gefahr laufend, sich im so Geliebten aufzulösen - sich selbst in dieser geglaubten "Liebe" zu entwürdigen? Gewiss könnte man diesen Aspekt psychologisch, philosophisch oder gar intellektuell beleuchten und individuell zu verstehen versuchen.
Ich finde meine Antwort - tief verwurzelt im Biblischen - einerseits im zweitwichtigsten Gebot: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", andererseits im ersten Korintherbrief (1. Korinther 13) von Paulus, dem Hohelied der Liebe:

"1.Wenn ich die Sprachen von Menschen und Engeln sprechen könnte, aber keine Liebe hätte, wäre ich ein schepperndes Blech, eine lärmende Klingel.
2. Und wenn ich weissagen könnte und alle Geheimnisse wüsste; wenn ich jede Erkenntnis besässe und einen Glauben, der Berge versetzt, aber keine Liebe hätte, wäre ich nichts.
3. Und wenn ich meinen ganzen Besitz zur Armenspeisung verwendete, ja wenn ich mich selbst aufopferte, um berühmt zu werden, aber keine Liebe hätte, nützte es mir nichts.
4. Liebe hat Geduld. Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid. Sie macht sich nicht wichtig und bläst sich nicht auf;
5. sie ist nicht taktlos und sucht nicht sich selbst; sie lässt sich nicht reizen und trägt Böses nicht nach; 
6. sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, sie freut sich, wenn die Wahrheit siegt. 
7. Sie erträgt alles; sie glaubt und hofft immer. Sie hält allem stand.
8. Die Liebe wird niemals aufhören. Prophetische Eingebungen werden aufhören, das Reden in Sprachen wird verstummen, die Gabe der Erkenntnis wird es nicht mehr geben.
9. Denn wir erkennen und weissagen ja nur einzelne Dinge.
10. Wenn dann aber das Ganze kommt, wird alles Unfertige beseitigt werden.
11. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, tat ich das Kindliche ab.
12. Jetzt sehen wir wie in einem blank polierten Metall nur rätselhafte Umrisse, dann aber werden wir alles direkt zu Gesicht bekommen. Jetzt erkenne ich nur Teile des Ganzen, dann aber werde ich sie so erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin.
13. Was bis dahin bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Und die grösste davon ist die Liebe."
Quick Step
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2.19.  Gesellschaftstanz – Quick Step.
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Eine Soulstimme, die man nicht mehr vergisst! Seit ihrem "The Voice Switzerland" - Sieg im Jahr 2013 lasse ich mich von ihrer lebendigen Persönlichkeit beeindrucken: Kraftvolles Frausein, Musik, die bewegt, berührt, ins Gefühlvolle führt - ursprünglich und pur: Nicole Bernegger ist nicht nur auf der grossen Bühne eine stimmgewaltige Faszination; ihr ist der "engere" Kontakt zum Publikum ebenso wichtig. In der "moschti" in Mühlethurnen sowie der "mühli", einem Konzertsaal in Rubigen, durfte ich diese Powerfrau mit meinen Freundinnen körpernah erleben. Solch magische Momente sind noch nach Jahren spürbar und entfalten ihre vitalisierende Wirkung in diesem "Quick Step" - auch wenn die live-Begegnungen mit den Künstler:innen (viel zu) schnell verflossen sind, bleiben sie in schöner Erinnerung und beleben stets aufs Neue.


Nicole Bernegger ir "moschti" - 2019



Die Highlights mit Baschi, Kunz, Pegasus, Anna Rossinelli, Dada Ante Portas, Marla Glen, Supertramp (am Seaside Festival Spiez, 2018), Stefanie Heinzmann und weiteren Topstars gehen immer noch unter die Haut! Ich staune, wie viele herausragende Talente in den letzten dreissig Jahren in der Schweizer Musikszene wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Im Mai 2019 schaffte es Luca Hänni mit seinem ESC-Song auf den sensationellen vierten Rang. Mich hat er mehr mit seinem tänzerischen Können überzeugt als mit seinem Gesang.
Beatrice Egli wurde - wie Luca - an einer deutschen Castingshow entdeckt und eroberte daraufhin im Sturm die Herzen der Schlagerfans. Ihre natürliche, sonnige Ausstrahlung ist wahrlich herzlich-ansteckend und raumfüllend - seit 2022 moderiert sie ihre eigene Show.
Im Mai dieses Jahres hat Nemo das Unglaubliche geschafft: Sieg am ESC in Malmö! Dabei zeigte er eine atemberaubende Performance, singend und gleichzeitig balancierend auf einer sich drehenden Scheibe. Mit seinem Lied bewies er Mut, seine Story darzustellen und knackte damit den Code der Herzen. Mich hat er mit seiner Originalität, Kreativität und Gesangskunst (von Pop, Rap bis zur Oper) schlichtweg umgehauen.

Der damals erst 21-jährige Remo Forrer sang sich mit seinem zeitgemässen, aussagekräftigen Song "Watergun" ins ESC-Finale 2023 und belegte damit Platz 20. In einer musikalischen Familie aufgewachsen, wurde sein Potential schon früh gefördert - das beste Fundament, um seinen eigenen Musikstil weiterzuentwickeln. Trotz Ruhm und Ehre bleibt er bodenständig, umgänglich, souverän, seinem Naturell treu. Remo nahm sich nach seinem unvergesslichen Auftritt auf der Openair-Bühne der "mühli" auch für uns Zeit für eine ungezwungene Begegnung mit Erinnerungsfoto. 



Remo Forrer ir "mühli", Juni 2023



Ein Jahr zuvor machte ein weiterer Musiker die Schweiz gleichermassen stolz mit dem 17. Platz am European Song Contest. Mit seiner Message im Song "Boys Do Cry" (auch Jungs können weinen), konnte er zwar nicht alle erreichen, zeigt jedoch (für mich persönlich) etwas Wesentliches auf: Hey boys: Habt Mut zum Gefühlsausdruck! Ich fühle mich von seiner tiefen, eindringlich-Armstrong-mässigen Stimme jedes Mal umarmt, wenn ich meine Lieblingslieder von ihm höre: Marius Bear gelingt es, eine einzigartige Stimmung allein mit seinem Timbre zu erschaffen, ins Herz zu schleichen und dort einen bleibenden Raum einzunehmen. Er besitzt die seltene Gabe, Vertrautheit hervorzubringen, nahbar und doch ganz bei sich zu sein. 

 

Marius Bear ir "mühli" - Bühne am Teich, 24. August 2023

 
Manchmal sagen Bilder mehr als Worte und entführen mich ins Zeitlose und den Tanz mit den Musen - so let the music play and join this dance...

♥ Playlist: (some of my favourites)

♥ Nicole Bernegger: "The Fool"
♥ Baschi: "Ehrlich"
♥ Kunz: "Chliini Händ"
♥ Pegasus: "Metropolitans"
♥ Anna Rossinelli: "Head In The Sky"
♥ Pegasus & Anna Rossinelli: "Victoria Line"
♥ Dada Ante Portas: "Without You"
♥ Marla Glen: "Believer"
♥ Supertramp: "Child Of Vision"
♥ Stefanie Heinzmann: "Diggin' In The Dirt"
♥ Remo Forrer: "Watergun"
♥ Beatrice Egli: "Balance"
♥ Nemo: "The Code"
♥ Marius Bear: "Boys do cry" & "Wish I Could Tell The Moon"











Cat Dance
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2.20.  Gesellschaftstanz – Cat Dance.
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Sie bringen mein Tanzparkett auf samtigen Tatzen zum Glühen und sind meine treusten Begleiter auf der Bühne meines Lebens. Sie schnurren mir herzerwärmend ins Ohr, beschenken mich (mit stolzem Miauen) zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Mäusen, inspirieren mich mit ihrer instinktiven Wesensart, ihrer Anmut und Tapferkeit. Katzen widerspiegeln einige Facetten, die ich in mir erkenne: sie sind verspielt, verschmust, beweglich, sanftmütig, zäh, anhänglich und doch unabhängig. Ihre Sorglosigkeit und Seelenruhe beginnt sich allmählich auf mich abzufärben - ja, ich kann von ihnen lernen, auf Erschütterungen gelassener und geschmeidiger zu reagieren (oder auch gar nicht...) und der Intuition zu vertrauen. Als Balancekünstler und Mystiker auf vier Pfoten bewundere ich sie gleichermassen. Sie lieben mich, so wie ich bin, sei es zerzaust im Zwiebelschichtlook dahinschlurfend, zu lauter Musik ausgeflippt tanzend oder wie ein "Gemüse" im Bett liegend, abwesend, dann wieder hemmungslos liebkosend. Unter ihrem Blick darf ich die ganze Palette meines Seins ausleben, ohne Scham, Schuldgefühl, Verleugnung meiner Selbst. In ihrer Gegenwart darf ich ich sein. Frei von Be- und Verurteilung. Mich völlig losgelöst in meinem emotionalen Ausdruck authentisch- offenherzig zeigen.  
Mich nimmt es manchmal schaurig wunder, was in ihren süssen "grindli" vorgeht - wieviel annähernd "Menschliches" sie zu denken und wahrzunehmen vermögen. Dass sie Gefühle äussern können, die dem Homo Sapiens bekannt sind, lässt sich durchaus beobachten: Freude, Vertrauen, Furcht, Eifersucht, Trauer, Aggression, An- und Entspannung, Unsicherheit, Unwohlsein. Dass sie sieben Leben haben und übersinnlich mehr spüren können als ihre Menschenfreunde, finde ich ebenso wundervoll und ehrwürdig. Ja, ihr merkt es schon: Ich bin eine ausgesprochene Katzenliebhaberin und verwöhne meine "büsi" natürlich ausgiebig. Wir verstehen uns einfach auch ohne Worte so prächtig. Ich bin überaus dankbar, mit ihnen unterwegs zu sein und schätze ihre feinfühlige Gesellschaft in dieser Phase meiner "Transformation" besonders. Sie faszinieren mich jeden Tag von Neuem, wickeln mich um ihre Pfötchen und machen mich einfach nur glücklich mit ihrer kuschelig-weichen Anwesenheit. Ich staune immer wieder, dass diese zahmen Stubentiger ursprünglich von Afrikanischen Wildkatzen abstammen und mit Puma, Löwe und Tiger verwandt sind. Abenteuerlich haben sie ihren Weg zu uns gefunden, gottlob!
In ihrer Nähe fühle ich mich zauberhaft berührt und zeitlos verbunden.
Heutzutage zeigen sich einige Menschen besorgt über die ausufernde Überpopulation der Katzen, die für das natürliche Gleichgewicht zunehmend bedrohlich werde und sehen ihre Rolle in der Steuerung des Geschehens, etwa durch systematische, breitflächige Kastration oder (in der Landwirtschaft) Tötung der Jungtiere. Obwohl ich meine Hauskatzen ebenfalls habe kastrieren lassen, komme ich nicht umhin zu denken:
"Und wie sieht es bei der Menschenrasse aus? Wie "gefährlich" sind wir für unseren Planeten, die Artenvielfalt, ein Leben in Respekt gegenüber allen Lebewesen auf der Erde, der Schöpfung, dem wundersamen Zusammenwirken aller im grossen Ganzen? Inwieweit sind wir selbst bereit, uns persönlich einzuschränken in unserer Lebensqualität, Selbstbestimmung- und Entfaltung sowie unsere Fortpflanzung dahingehend zu regulieren, der Überbevölkerung entgegenzuwirken, unseren eigenen ökologischen Fussabdruck zu verbessern, unsere Individualität einzudämmen zugunsten dem Wohlergehen einer (harmonischen) Gemeinschaft?"
(Gewiss liegt eine wohlwollende Absicht hinter dem Eingriffen des Menschen in das schöpferische Geschehen, nur sollte er/sie/es dabei seinen eigenen Part nicht ausser Acht lassen und sich nicht - bewusst oder unbewusst - über den Schöpfer stellen). 

Im "alten" Ägypten wurden Katzen so sehr verehrt, dass sie als heilig und göttlich galten und sogar mumifiziert wurden.
In der Schweiz geniessen sie dennoch den Status als beliebtestes Haustier und dürfen in meiner Poesie natürlich ebenso gewürdigt und verewigt werden:

"Traumtänzer auf Samtpfoten
Man findet sie an allen Orten
Des Menschen eigensinnige Gefährten
Liebe und Treue sich bewährten
Ebenso durch stürmische Zeiten
Meine echten Freunde und Begleiter

Katzenaugen, mal lieblich, mal funkelnd
Ertasten meisterhaft das Dunkel
Mutig verteidigen sie ihr Revier
Bereit, so manches zu riskieren
Sieben Leben und nichts zu verlieren

Nicht nur auf der Jagd nach Mäusen
Streifen sie durch Land und Häuser
Auf der Suche nach einem wärmenden Platz
Verschmelzen Instinkttier und Miezekatz
Wenn sie dann von uns gehen
Wird ihre Spur nie verwehen."


Nun - darf ich vorstellen?

♥ Lucky-boy:

Lucky hatte einen problematischen Start ins Leben im Mai 2014. Er wurde als letztes von vier süssen, kleinen Fellknäueln in unserer Stube (während meiner WG-Zeit in Hasli) geboren. Seine Mutter, eine wilde, zugelaufene Katze, kümmerte sich vorbildlich um ihren zweiten Wurf und fühlte sich offensichtlich wohl, auf meinem Sofa eine sichere Gebärstätte und ihr Wochenbett gefunden zu haben. Ich hatte das grosse Glück, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein, um das wunderschöne Geschehen zu beobachten. Mir fiel auf, dass das Jüngste auf der Couch umherirrte, währenddem seine Geschwisterchen schon an Mamas Brust saugten. Ich getraute mich noch nicht, einzugreifen, da ich wusste, dass die Mutter es verstossen könnte, wenn ich es berühren würde und es dadurch anders roch. Es war an einem Sonntag, frühmorgens, als ich beschloss, noch vor den Konfirmationsfeierlichkeiten meiner Tochter Jasmin, den Kleinen in der Tierarztpraxis Längenberg (24 h Notfalldienst) in Riggisberg untersuchen zu lassen. Ohne Milch würde er nicht lange überleben. Joya trug den Winzling auf ihren Armen, damit ich mich ganz aufs Fahren konzentrieren konnte. Frau Dr. Eder empfing uns herzlich, was mich augenblicklich von meiner Angst um das "Sorgenkind" erlöste. Sie vermutete, dass das Katzenbaby Probleme hatte beim Suckeln, denn seine Mutter "Momi" hatte ihn nach seiner Geburt nicht abgeschleckt, was wichtig sei, um den Saugreflex auszulösen. Zum Glück war ich bei der Geburt dabei gewesen, um ihr dieses relevante Detail zu berichten. Offenbar war Lucky als Letzter zu schnell rausgeflutscht, sodass es Momi nicht bemerkt hatte. Frau Dr. Eder bot uns an, ihm das Saugen "beizubringen" und ihn über Nacht zu sich nach Hause zu nehmen, um ihm alle paar Stunden das Milchpulver mittels einer Pipette einzuflössen. Durch ihr aussergewöhnliches Engagement hat diese Frau einen unauslöschlichen Funken in mein Gedächtnis versprüht, denn dies hat dem süssen Kerlchen das Leben gerettet (darum heisst er Lucky). Am Montagmorgen konnte ich Lucky, der das Essentielle inzwischen gelernt hatte, wieder abholen. Frau Eder hatte mir den Tipp gegeben, ihn zuerst - damit es Momi nicht bemerken konnte - an seine Geschwister zu reiben, um deren Geruch zu übertragen. So würde die Katzenmutter nichts "Fremdes" wittern...ich war erstaunt, wie gut das klappte und verbrachte den ganzen Tag damit, die Kleinen anzuhimmeln, die genüsslich und friedlich an den Zitzen ihrer Mutter hingen.
Lucky und Nikita, seine ältere Schwester, hatten im zarten Alter von vier Wochen noch mit Katzenschnupfen zu kämpfen; Momi hatte sie angesteckt, und eine Impfung dagegen war so früh noch nicht möglich. Dank einer Antibiotikatherapie, viel Pflege und Geduld konnten sie sich allmählich davon erholen. Lucky's überdimensional grossen Pfoten fielen mir schon damals auf und liessen erahnen, dass er als Ausgewachsener von stattlicher Postur sein würde. Tatsächlich gedieh er prachtvoll und entwickelte einen liebevollen, sensiblen und kecken Charakter. Lucky ist witzig, lebhaft, zärtlich und überaus treu. Obwohl ich seine Hauptbezugsperson bin (und am meisten Zeit mit ihm verbringe), bleibt Joya, die ihn als Baby in seinem kritischen Zustand beschützend an sich schmiegte, die "Number one" seiner "Lieblingsmenschen". Eine Katze vergisst solche Momente nicht und vermag dies auch durch ganz klare Signale und Verhaltensweisen zu zeigen - Lucky ist das eindrücklichste Beispiel hierfür. Er ist sehr verschmust und immer für ein Tänzchen auf meinen Armen zu gewinnen. Dabei kann er sein Wohlbefinden genüsslich zum Ausdruck bringen. 



Lucky, 2021, zu Besuch in der Krippe



 


Lucky auf dem Balkon, 2023

 

Lucky hanging in there - on his favourite tree - 2024



Lucky & I, 2020



♥ Nikita:

Nikita stammt wie Lucky aus dem zweiten Wurf Momi's und ist die Erstgeborene. Ich durfte von der ersten Sekunde an zusehen, wie sie das Licht der Welt erblickte. Ich war hin- und weg, denn sie glich meinem ein paar Wochen zuvor (in Hasli) verstorbenen Kater Niki, den ich von klein auf bis zum hohen Alter von 20 Jahren meinen liebsten Gefährten nennen durfte und der mit mir viele Abenteuer erlebt hat (siehe erste Autobiographie).
Es war klar, dass ich sie aufziehen und - wie Lucky - unter meine Obhut nehmen würde. Ich benannte sie nach meinem geliebten Niki, in weiblicher Form, da sie ihm so ähnlich sah - doch ihr Charakter würde sich ganz anders entpuppen als derjenige ihres Namensvetters, der sich im Laufe seiner Lebensjahre eher menschliche Wesenszüge und Gewohnheiten angeeignet hatte. Er genoss die Gesellschaft der Menschen lieber als die seiner eigenen Spezies. Mit Niki konnte man alles machen - beispielsweise liess er sich wie eine Puppe im "bäbiwägeli" meiner Töchter herum chauffieren und harrte ebenso gutmütig unter einer Schicht von Decken oder einem Häubchen Badeschaum aus. Niki half mir während Jasmins "chindschi" - Zeiten, sie morgens aus dem Bett zu locken, indem er mit ihr kuschelte, mit dem Pfötchen über die Wange strich und herzzerreissend miaute, bis sie Mitleid zeigte, aus ihrem weichen Federbett hüpfte, um seinen Futternapf zu füllen. Er sass auch gerne auf einem Stuhl neben uns am Esstisch und wartete geduldig darauf, einen feinen Happen zu erhaschen. Anders Nikita, die sich artgerecht eigenwillig, manchmal auch launisch und zickig verhält und sich gar nicht gerne herumtragen oder führen lässt. Wenn sie Streicheleinheiten braucht, holt sie diese ab und erweist sich durchaus als anschmiegsames "kuscheltierli", das wie ein Steinböckchen "köpfelt" (mit ihrem Köpfchen an meines stösst und dabei innig schnurrt). Meinen unverhofften Schmuseattacken weicht sie elegant aus und gibt mir körpersprachlich deutlich zu verstehen, dass sie entscheidet, wann und wieviel sie gehätschelt werden will. Nikita kann zeitweilen ziemlich eifersüchtig reagieren; ihrem Bruder verpasst sie auch mal fauchend ein paar Ohrfeigen, meistens dann, wenn ich ihm mehr Aufmerksamkeit schenke als ihr oder aus Rache, weil Lucky sich den Spass erlaubt, seine Schwester auf unseren gemeinsamen Spaziergängen zu jagen und sie sich deswegen immer mit einem gewissen Abstand vor ihm verstecken muss. Dafür bekommt er ihren Unmut darüber auf diese Weise im Haus zu spüren...
Nikita ist eine sehr fleissige Jägerin, die mir ihre Beute phasenweise mitten in der Nacht auf dem Bett präsentiert und eine Vorliebe hat, ihre Leckerbissen neben meinem Kopfkissen zu verzehren - mit einem eindringlichen Geräusch, das sich wie das Knabbern von knackigen Chips anhört. Ich muss sie daraufhin ein paar Nächte ins Gästezimmer verbannen, denn dies ist selbst für mich, eingefleischte Katzenversteherin, too much!
Wie man folgerichtig erkennen kann, wird es mir in Gesellschaft meiner "Samtpfötler" nicht langweilig - sie bereichern mein Leben, durchdringen mein Dasein mit ihrer unbeschwerten, ehrlichen und liebevollen Zuneigung und heitern mich an den grauen Tagen mit ihrem feinsinnigen Naturell auf. Inzwischen sind wir noch harmonischer aufeinander abgestimmt, was mich mit Dankbarkeit erfüllt.



Nikita auf der Wiese hinter dem Haus, 2020



Nikita 2021

 

Nikita - Profimäusejägerin, 2023

 


Nikita & Lucky, friedlich neben mir, 2024



Am Morgen nach "Vollendung" - Nikita & I am 27.11.2024 - Zeit zum Aufstehen und mit einem feinen Schmaus in den sonnigen Tag starten.

 

 

 

 

 

 

 

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Heilsamer Tanz
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3.  Heilsamer Tanz
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Erinnerungen bleiben in unseren Gedanken, Gehirnwindungen und im Innersten mehr oder weniger omnipräsent haften; sie schlagen sich in unseren Empfindungen und Gefühlen nieder, ziehen jenseits unseres Bewusstseins weitere Kreise. Was wir sehen können, ist nur die "Spitze des Eisbergs". Das, was sich durch sie zu offenbaren vermag, darf wie ein ungeschliffener Diamant als Schatz erfahren und ans Tageslicht gehoben werden.
Dadurch, dass ich wegen meiner postviralen Erschöpfung nun schon seit einem Jahr "ausgebremst" bin und auf mich selbst und das Existenziellste (Umgang mit der Fatigue und deren Auswirkung in meinem Alltag) zurückgeworfen bin, habe ich die Chance, diesen Diamanten zu schleifen und die freigesetzten Facetten zu erkennen und beschreiben. Die wohl wichtigste Erfahrung, die ich während diesem autobiographischen Prozess gewinnen konnte: Meine Erinnerungen und Traumas sind genauso in meinem Körper abgespeichert wie im "Immateriellen, Emotionalen, Geistigen"; sie haben mehr Kraft, jede Zelle zu beeinflussen, als ich es mir je hätte vorstellen können. Deshalb ist es ebenso spannend, dem nachzuspüren und auf den Grund zu gehen.

Der gewaltige Dominoeffekt begann am 23. Juni 2022; ich war spätnachmittags auf dem Weg in mein wöchentliches Krafttraining (mit anschliessendem Wellness zur Belohnung) in den Fitnesspark Oberhofen am malerischen Thunersee. Noch deutete nichts auf eine Schlechtwetterfront hin, ich hatte auch nicht auf die Prognosen geachtet. In Seftigen musste ich vor einem Fussgängerstreifen halten, weil ein Fahrradfahrer vom Velo gestiegen war und beabsichtigte, über dem Zebrastreifen weiterzuziehen.
Da krachte es.
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe ich begriffen hatte, was passiert war. Mein Körper fühlte sich wie in Watte gepackt an, war durch die Krafteinwirkung in den Sicherheitsgurt gestossen und nach vorne gedrückt worden. Allmählich dämmerte mir, was geschehen war: Der PW-Lenker hinter mir war dem "Mitsu" (Joya's Mitsubishi Colt, den ich mitbenutzen durfte) ins Heck gefahren! Ich schaltete den Motor aus, die Warnblinker ein und stieg wie benommen aus dem Auto, um die genaue Sachlage beurteilen zu können. Der junge Unfallverursacher blieb erstaunlich gelassen; seine ersten Worte "das isch wohl ä sach für d'versicherig", leuchteten mir auch ein. Im Handschuhfach hatte ich noch ein Unfallprotokoll liegen, welches ich ihm als Hilfestellung anbot. Wir konnten gerade noch unsere Handynummern austauschen, da grollte es auch noch vom Himmel herab: Riesige Eisklumpen prasselten urplötzlich auf uns nieder! Ich verabschiedete mich aufs Schnellste, stieg ins Fahrzeug und versuchte mich mit der kleinen Blechbüchse bei einer nahegelegenen Autowerkstatt in Sicherheit zu bringen. So rasch fand ich keine Unterschlupfmöglichkeit, weshalb ich der geballten Ladung Hagel im Wagen ausgesetzt war. Um nicht in Panik zu geraten, redete ich mir gut zu:
"Das geit ume verby, das mag das chlyne druckli sho uushalte...ou - aber was seit ächt Joya dezue? Wird sie mi zämäschysse?" und versuchte, meinen zitternden Körper mit Atemtechniken zu beruhigen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sich der Hagelsturm gelegt. Ich stieg erleichtert aus, um auch noch diesen Schaden zu begutachten. Die Karosserie war mit Einschlagsbeulen übersät, was ich nicht anders erwartet hatte. Ich konnte bloss noch staunen, wie stabil dieses kleine Gefährt gebaut war und mich vor der Naturgewalt zu beschützen vermochte.
"Hhhhmmm, und jetzt - trotzdem weiter ins Training oder nicht?" Während es im Gedankenkarussell ratterte, setzte ich mich wieder ins Auto, um eine Entscheidung zu treffen. Ich war hin- und hergerissen zwischen Vernunft und Leichtsinn, eisernem Willen und Leidenschaft.
"Jetzt bini scho so wyt choo, itz chehreni gwüss nüm um, lah mi vo däm ned la unterkriegä - also, los, wytter nach Oberhofe, das wird dir guet tue!" dachte ich, drehte den Schlüssel im Zündschloss um und manövrierte Mitsu vorsichtig durch die überfluteten Strassen. Ich versuchte, die sintflutartige Zerstörung auf und neben der Fahrbahn auszublenden, angetrieben von meiner mentalen Stärke; nur noch das Ziel vor Augen. 
Nach absolviertem Muskeltraining, das ich wohl dank zusätzlich ausgeschüttetem Adrenalin so mühelos schaffen konnte, machte ich es mir in der Wellnessoase bequem und freute mich wie immer auf meine drei Saunagänge. Die Wärme brachte mich nicht nur ins Schwitzen, sie öffnete auch alle Poren zur Entspannung. Nach meinem ersten Schweissbad duschte ich mich ab, stieg ins Kaltwasserbecken, danach erneutes Abduschen. Währenddem ich das prickelnde Wasser über meinen Körper rieseln liess, verspürte ich am unteren Rücken einen heftigen, stechend-brennenden Schmerz. Ich dachte, eine Wespe hätte mich gestochen, schaute mich um, konnte aber kein summendes Insekt entdecken. Ich vergewisserte mich noch ein paar Mal, bevor ich mich in mein Saunatuch einwickelte und mich auf dem Ruhebett zu erholen versuchte. Komisch, in all den Jahren meiner Besuche in der Saunalandschaft hatte ich nie ein "wäschpi" gesichtet, geschweige denn jemals damit gerechnet, hier von einem gestochen zu werden. Ein "beieli" konnte es nicht sein, das hätte ich tot beim Abfluss oder auf den weissen Fliesen aufgefunden. Das Brennen hielt noch lange an und liess mich nicht in das friedvolle, wohlige Körpergefühl gleiten, das ich gewohnt war. Der Schmerz wurde schlimmer, mir wurde schwindlig und übel. Mein Spa-Erlebnis hatte ich mir anders vorgestellt! Es half nichts, ich musste mir eingestehen, dass ich meinen Stresslevel gehörig überreizt hatte, nun auf die physischen Warnsignale achten und die Heissluftbäder vorzeitig beenden sollte.
Anderntags musste ich meinen Hausarzt aufsuchen. Der Schock sass tief, als er, mit einem einzigen Blick auf die stark gerötete Stelle, diagnostizierte:
"Das isch ganz klar ä gürtelrose!" 
Die Sauna sei für den Kreislauf sonst schon eine starke Belastung; nach so einem Unfall-Hagel-Ereignis erst Recht einfach zu viel für den Körper gewesen. Er verschrieb mir ein Virostatika, ein Medikament das gut wirke, wenn es innerhalb von 72 Stunden nach Ausbruch der Windpocken-Viren eingenommen wird. Ibuprofen und Dafalgan gegen die Schmerzen sowie eine weisse Lotion, die ich auf die entzündeten Hautstellen auftragen solle. Mindestens eine Woche Bettruhe!
Ich fragte bei meiner Mutter nach, ob ich als Kind "spitzi blattere" gehabt hätte. Sie reagierte erstaunt und verneinte. Mumps hätte ich durchgemacht - ja, an diese schmerzhafte Virusinfektion konnte ich mich noch erinnern; sie hatte die Ohrspeicheldrüsen befallen, dadurch waren beide Backen stark angeschwollen, ich konnte nichts mehr essen, und das Schlucken tat höllisch weh.
Wie ich auf verschiedenen Internetseiten lesen konnte, handelt es sich bei der Gürtelrose um eine Reaktivierung der Varizella-Zoster-Viren im Körper. Ihr muss also eine Ersterkrankung an Windpocken vorausgegangen sein. Meine Töchter hatten die spitzen Blattern als Kleinkinder erwischt, an diese Zeit konnte ich mich gut entsinnen.
Nach zwei Wochen hatte ich das Gefühl, das Gröbste sei vorbei, nahm meine Tätigkeiten in der Abegg-Stiftung (AS) wieder auf und pflegte die immer noch "wandernden" Hautausschläge mit der Wundercreme, die mir Dr. Wälti mitgegeben hatte. Ich hatte auch noch Schmerzen, doch das hinderte mich nicht daran, mich meiner Arbeit zu widmen und dadurch wieder zu einer "Normalität" zurückzufinden. 
"Was, du bisch scho ume da!?!", meine Arbeitskolleginnen waren erstaunt, dass ich schon durch die Räume wirbelte, wie wenn nichts gewesen wäre. Mein inneres Feuer - die Urkraft in mir - überstrahlte erneut alles, was mich körperlich zwar noch eingrenzte, ich aber wegzulächeln gewohnt war.
Mit (körperlich) angezogener Handbremse meisterte ich die nächsten Wochen, bis ich einen Monat nach dem Unfall einen neuen heftigen Herpes Zoster Schub bekam, diesen ignorierte, weiter wirkte wie bisher und erst durch meine zweite Corona-Infektion in diesem ereignisreichen Jahr 2022 wieder gestoppt wurde. Kaum wieder in die Gänge gekommen, musste ich wegen starken Zahnschmerzen am Sonntag, 4. September notfallmässig zu Dr. Stengler, meinem Dentisten in der Zahnklinik Freienhof in Thun. Am abgestorbenen Zahn hatte sich ein Abszess (bakterielle Infektion) gebildet; der Zahn musste in drei Sitzungen wurzelbehandelt werden.
Ufff - ich dachte schon, jetzt kann nichts Schlimmeres mehr geschehen, als sich nochmals eine Zahnwurzel entzündete und am Mittwoch, 19. Oktober wiederum eine Wurzelkanalprozedur bevorstand.
Zwei Tage später - vormittags während meinem Bürodienst in der AS - spürte ich von einem Moment auf den anderen, wie mich die körperliche Kraft verliess, mein Herz raste, mir sehr schlecht wurde und mein Kreislauf schlapp machte. Nach dem Mittagessen in der Cafeteria ging es mir immer noch nicht besser, weshalb ich mich für die Nachmittags-Arbeiten abmelden musste und mich nach Hause schleppte. Dort war mir so übel, dass ich mich übergeben und ergeben musste.
(Sorry - es geht leider noch so dramatisch weiter - der Horror hat aber bald ein Ende...)
Am Tag darauf, Samstagmorgen, konnte ich nicht mehr aus dem Bett steigen. Alle Kraft war weg. Ich vermutete einen Zusammenhang mit meiner Zahngeschichte, weshalb ich bei Dr. Stengler (24 Stunden Notfalldienst) nachfragte, woher diese totale Schwäche rühren könnte - eventuell von der Behandlung vom Mittwoch...? Er konnte dies aus der Ferne auch nicht recht einschätzen, woraufhin er mir riet, mich bei einem Arzt zu melden, falls es nicht bessere. 
Die Notfallärztin in der Längenbergpraxis in Riggisberg, die ich dank Jasmins Hilfe aufsuchen konnte, wollte zuerst wissen, was alles geschehen war. Ich berichtete:
Im Februar 2022 Corona, Anfangs März Tod des Vaters, im Juni Unfall, daraufhin Gürtelrose, im Juli nochmals Corona, September, Oktober Zahnwurzelbehandlungen und nun diese niederschmetternde Schlappheit. Frau Dr. Deloséa bemerkte mit einem Seufzer: 
"Kes wunder sytter so zwäg - nach au däm, was passiert isch: i rate nech zunere kur, mindestens zwe monet." Sie wollte noch auf Nummer sicher gehen, dass sich keine Bakterien (durch Infektion am Zahn) am Herzen angesiedelt hatten und riet mir, am Montag durch meinen Hausarzt einen Termin für die Herzuntersuchung in die Wege zu leiten.
Der Kardiologe im Spital Thun konnte anhand der Ultraschallbilder nichts Ungewöhnliches feststellen; das Belastungs-EKG auf dem Fahrrad schaffte ich kräftemässig nicht, weshalb diese Werte nichts aussagen konnten. Ich erinnere mich noch, wie ich - in leiser Vorahnung - die Bemerkung fallen liess: "Vilech sys die herpesvire, wo mir so z'schaffe mache...?!?" Der Arzt nickte und antwortete, dies könne durchaus sein. 
Im November dann endlich - nach einem grossen (700.- fränkigen) Labor - die genaue Diagnose: Herpes Zoster, Epstein Barr und Cytomegaloviren alle aktiv! Dr. Wälti hatte den richtigen Riecher gehabt und nebst der Gürtelrose noch weitere Viren der Herpesfamilie vermutet, ausgelöst durch die Zahnwurzelbehandlungen, die das sonst schon geschwächte Immunsystem völlig ausufern liess und meinen Körper "an die Wand" fuhr.

Wieviel kann ein Mensch verkraften? Wie weit kann man gehen, bis Sprit und "Spirit" aufgebraucht sind? Das ist natürlich individuell unterschiedlich; wenn ich meinen bisherigen Weg anschaue, wird mir klar: Ich gehöre wohl eher zur Sorte zäh, widerstandsfähig, hart im Nehmen, nicht unterzukriegen - bis zum letzten Atemzug schöpferisch und kämpferisch eingestellt. Ohne das nötige "Rüstzeug" dazu, wäre ich höchstwahrscheinlich schon längst an meiner Lebensaufgabe gescheitert. Je mehr schillernde Facetten ich im Diamanten entdecke, desto ehrfürchtiger darf ich die Gnade erkennen, die dadurch sicht- und spürbar wird. Durch das Leidvolle hindurch leuchten immer wieder hoffnungsvolle Glanzlichter auf, die mich eine Spur erahnen lassen, die zum Wesentlichen führt.
Das Jahr 2023 war geprägt durch eine innere Schau, zu der ich aufgrund der postviralen Erschöpfung "gedrängt" worden war... anfangs fragte ich mich schon:
"Warum Gott, warum so heftig, unausweichlich, schmerzhaft, erdrückend?"
Bis ich merkte, dass ich selbst keine annähernd plausible Antwort darauf finden würde, es mir nur noch mehr Energie raubte und meinen Fokus nicht mehr auf den Sonnenstrahl am Ende des Tunnels richten liess. Ja, ich verstand so eindrücklich wie nie zuvor, dass mir auch in dieser Situation eine Entscheidungsfreiheit offen stand: Entweder mich noch mehr im Dunkel verlieren oder meine winzigsten, möglichen Schritte ins Verheissene, Lichte führen (zu lassen). Im Loslassen wurde ich geläutert. Während den langen, bangen Stunden, die ich im Bett verbringen musste, reiste ich in die Sphären meiner Erinnerungen, in die Vergangenheit, meine Kindheit und prägendsten Jahre. Unbewusst bediente ich mich meiner kreativen, schöpferischen Ressourcen, die es mir erlaubten, mich über das Fesselnde zu erheben, mich aus der Kraftlosigkeit ins Wunderbare tragen zu lassen. Das autobiographische Schreiben beflügelte mich, je tiefer ich auf den Grund meiner körperlichen Verfassung stiess. Ein Puzzleteil passte plötzlich zum anderen, machte Sinn und besänftigte meinen fragenden Intellekt. Ich stiess zum Kern meiner Krankheitsgeschichte vor und lernte, mich selbst (das sehnsüchtige, verlassene Kind in mir) so zu lieben und wertzuschätzen, wie meine Liebsten: mit Geduld, Sanftmut, Achtsamkeit, Respekt und Barmherzigkeit. Mein jahrelang verinnerlichtes Verhaltensmuster warf mich immer wieder zurück in die Sandra, die sich erbarmungslos selbst schändet, antreibt, sich überfordert und überschätzt im Bestreben, die Kontrolle zu bewahren, aus Furcht, grausam verletzt zu werden. Aus einem winzigen Fortschritt wurden zwei, aus derer drei, dann vier...mit zunehmendem Vertrauen wurde ich aufs Tanzparkett meiner zweiten Autobiographie geführt. Wie befreiend sich dies anfühlte, mich so losgelöst und vertrauensvoll dem "inneren Schwung" hinzugeben! Diesen Tanz mit den wichtigsten Menschen in meinem Leben zu beschreiben, liess mich leibhaftig spüren, wie tiefdurchdrungen die Verbindung zueinander ist, auch wenn das trügerische Gefühl der Einsamkeit zeitweilen unter meine Bettdecke kroch.
In der Reha in Montana anfangs Februar 2024 lernte ich, ganz praktisch für mich einzustehen, Hilfe anzunehmen und die Grenzen des Möglichen zu akzeptieren. Ich durfte erfahren, welch Linderung im geteilten Leid liegt, was für ein Segen es ist, mich selbst sein zu können! Einen Teil von mir wiederzufinden im inspirierenden Gefüge der Mitpatientinnen, die mich so gut zu verstehen und nachzuvollziehen vermochten, weil sie ähnliche Not erfahren hatten, war die beste Medizin nebst den humorvollen Stunden, in denen wir gemeinsam herzhaft lachen konnten!
Wieder zuhause, konnte ich auf diesem "bödeli" weiter aufbauen: Ich gehe regelmässig in die Massage, bleibe dran an den immunstärkenden Therapien (zur Virenbekämpfung hat die ärztliche Heilkunst noch kein geeignetes Mittel gefunden), dem liebevollen Umgang mit meinem Körper. Ich lerne, auf ihn zu hören, wenn er "nein!" sagt, auch wenn der Kopf sich immer wieder etwas Schönes ausmalt, das sich physisch aber noch nicht umsetzen lässt.
Ende September wurde eine Zyste (kann sich klammheimlich ohne grosse Schmerzen entwickeln) an der Zahnwurzel 35 entdeckt und behandelt. Damit fiel ein weiterer Störfaktor weg, was die Regeneration noch mehr begünstigt.
Wieder etwas mehr Kraft zurückerobert, wagte ich doch noch den Hüpfer in ein verlängertes Wochenende in Italien. Joya chauffierte mich mit ihrem "Mitsu" über den Sankt Bernard (Pass) sechs Stunden nach Arenzano an der ligurischen Küste. Dort konnte ich der Leichtigkeit des Seins frönen, am Ufer des Meeres entlang schlendern, genüsslich schlemmen und unbeschwerte Mutter-Tochter-Energie auftanken. 
Obwohl Joya darauf geachtet hatte, im Ablauf genug Erholungsinseln für mich einzuplanen, warfen mich die "Nachwehen" der ganzen Reise vier Tage wieder in die Horizontale. Davon liess ich mich aber nicht entmutigen!
Dass mich eine wieder aufflammende Kinderkrankheit im Erwachsenenalter derart aus der Bahn werfen konnte, verwundert im Nachhinein wohl niemanden mehr. Wer meine Story bis jetzt gelesen hat, mag erkennen, wie aus einem still erlebten, dramatischen Ereignis mit anfangs leichtem Wellengang im Laufe der Jahre ein unterdrückter Tsunami entstehen kann. Ich staune immer noch, wie es unser "Wunderwerk" Körper schafft, die potenzielle Bedrohung und Zerstörungsgewalt in Grenzen zu halten - solange, bis die Reserven aufgebraucht sind. Je nach Prägung, erlernten Strategien, genetischer Veranlagung und Einsichtsvermögen haben wir es schon in der Hand, wie weit wir uns selbst in eine Richtung steuern, die zum Crash führt. Damit will ich keineswegs andeuten, dass wir selbst "schuld" sind an den Krankheiten, die naturgemäss entstehen - im Sinne von: Krankheit, Unfall, Naturkatastrophen, Schicksalsschläge und Tod gehören zum Leben auf diesem Planeten leider dazu. Ich glaube aber doch, dass es möglich ist, das Geschehen positiv zu beeinflussen - mit zunehmendem Wissen, Bewusstsein sowie einer wachsenden Achtsamkeit - im Idealfall Liebe - sich selbst und den Mitmenschen gegenüber. Diese (ist mir bewusst) zu simple, vereinfachte Formel (Formulierung) lässt sich genauso auf unser Verhalten der Umwelt, einer anderen Spezies und allumfassenden Schöpfung gegenüber, übertragen. Bei sich selbst hinschauen (zu müssen) birgt Transformierendes (auch wenn dies schmerzhaft sein möge), Heilsames, Hoffnungsvolles, Neues. Leichter gesagt-geschrieben, als getan-umgesetzt. Deshalb sind diese Themen eine grosse Herausforderung und ein lebenslanger Prozess. Ich persönlich habe eine grosse Lehre daraus gezogen; in vielerlei Hinsicht hat mir mein "Diamant", den ich stetig schleife und poliere, zum Dreh- und Angelpunkt meines Seins verholfen.
Betrachte ich es aus einer anderen Perspektive als der rein irdischen, bin ich zudem überzeugt, dass unser Leben einem Plan folgt, den wir im Verlaufe unserer Entwicklung erahnen, spüren, fortwährend klarer erkennen dürfen. Immer dann, wenn wir "in Frieden" und in Einklang mit uns selbst sind, schwingen wir mit, mit dem, was sich (durch uns) erfüllen soll. Zu abgehoben, "esoterisch"? Für manche von euch, vielleicht; ich beschreibe dies aber nicht grund- oder haltlos...erfahre es selbst leibhaftig!
Darüber hinaus lassen sich diesbezüglich eindrückliche Berichte meiner "ARTgenossen" in Erfahrung bringen. (ART im Gegensatz zur Einstellung sogenannter "Vernunftsmenschen", die skeptischer dem Irrationalen gegenüberstehen...)
Nach diesen (philosophischen) Luftsprüngen lande ich nun wieder auf dem Tanzboden oben in meinem Dachstock, wo ich momentan die meisten Stunden verbringe.
Mein Alltag sieht so aus:
♥ an guten Tagen:
Einigermassen gut ausgeschlafen, hinein ins "slow jogging" (an Ort und Stelle).
Anschliessend bereite ich mein Frühstück vor (variiert je nach "gluscht": Früchtemüesli mit Leinsamen und Chiasamen, Tee / "käfeli" oder Zwieback mit "hüttechäs" und Traubencaramelmelasse aus Kreta), geniesse es, füttere die schmusenden Kätzchen, lege mich wieder hin.
Stille Zeit.
Ich lasse mich im Bett mit Bach, Chopin, Mozart, Beethoven und Co. ins schöpferische Schreiben begleiten. Folge dem Flow, bis sich der Körper meldet (Erschöpfung, Kopfschmerzen). Zeit für eine Dusche oder ein entspannendes Bad (dieses nur alle zwei Wochen einmal). Haut- und Haarpflege. Je nachdem, wie müde ich danach bin, schlafe ich ein bis zwei Stunden tief und fest. Ein knurrender Magen führt mich meist wieder die Treppe hinunter in die Küche. Für gewöhnlich muss ich nur noch die Resten vom Vorabend aufwärmen oder koche Reis mit Gemüse. Salat zuzubereiten ist eine grössere Anstrengung, die ich lieber vermeide und auswärts bestelle oder fixfertig kaufe.
Wieder hinlegen, mich mit schöner Musik berieseln lassen, einfach so sein. Ein- und Ausatmen. Lauschen.
Je nach Wetter einen Spaziergang im wunderschönen "waud" oder ans Schwarzwasser (muss mit dem Auto drei Minuten hinfahren, um Energie zu sparen) oder einfach mit den Büsi "de hogger deruuf" - den Hang hinauf zum Nachbarhaus, das zurzeit unbewohnt ist. Phantastische Aussicht auf die hügelige Landschaft und weissen Bergspitzen (Eiger, Mönch, Jungfrau).
Alle haben erneut Hunger oder Durst (Zvierinaschzeit für die Samtpfötler und mich).
"Pleggärä im bett " oder auf dem sonnigen Balkon.
Zwischendurch ein Tänzchen, je nachdem, wie mich die Musik dazu packt und der Körper mag... (nicht jeden Tag - alle zwei Wochen Therapie oder Massage).
"Znacht" mit Joya - manchmal bringt sie eine Überraschung ("too good to go"...) mit, d.h. Essen, das sonst weggeworfen wird zu einem bescheidenen Preis: Eine geniale Idee, sehr zu empfehlen!
Rückzug in meine Komfortzone, schreiben, mich von der Musik tragen lassen. 
Abendritual, "pyjämändelä", träumen.
Wenn ich Glück habe, schlafe ich ein paar Stunden durch. (Schlafrhythmus instabil)
Unter der Woche staubsaugen, grad so, wie's kräfte- und zeitmässig passt oder eine kleine Wäsche aufhängen. An ihren Home-Office Tagen oder samstags hilft mir Joya mit der "grösseren" Putzerei und Wäsche. Wir gehen gemeinsam einkaufen oder Joya bringt mir das Nötigste mit. An sehr guten Tagen gehe ich alleine in den nahegelegenen Coop, auch so als Übung, um mich wieder unter die Leute zu mischen (klappt schon erstaunlich gut).
Einmal im Monat Ausflug zu Jazzeli u Tömu, mit übernachten oder Ausfahrt an den See. Ich vermisse mein Training in Oberhofen, das ich als Erstes wieder (behutsam) aufnehmen werde, sobald dies möglich ist...(habe es letztens mal versucht, war daraufhin prompt drei Tage "grippelig" krank im Bett - so ein Rückschlag wird "crash" genannt).
Raum für Spontanität: Highlights mit Freunden, je nach Input und Tagesform.
So ist's ein steter Balanceakt: wie weit, wie hoch, wie tief, wie stark, wie beweglich, wie riskant, wie lieblich...dabei kann ich proaktiv doch - mit zunehmendem Erfahrungswert - diesen Tanz allmählich heilsam gestalten. Wenn ich Grenzen überschreite, wirft es mich zurück, daraus lerne ich fürs nächste Mal - wichtig ist, nicht aufzugeben, wieder aufzustehen und noch anmutiger, achtsamer meine Schritte lenken.

Dancing gracefully to Sarah McLachlans' meaningful song:

"Answer

I will be the answer
At the end of the line
I will be there for you
While you take the time

In the burning of uncertainty
I will be your solid ground
I will hold the balance
If you can't look down

If it takes my whole life
I won't break, I won't bend
It will all be worth it
Worth it in the end

'Cause I can only tell you
What I know
That I need you in my life
When the stars have all gone out
You'll still be
Burning so bright

Cast me gently
Into morning
For the night
Has been unkind

Take me to a place so holy
That I can wash this from my mind
The memory of choosing not to fight

If it takes my whole life
I won't break, I won't bend
It will all be worth it
Worth it in the end

'Cause I can only tell you
What I know
That I need you in my life
When the stars have all burned out
You'll still be
Burning so bright

Cast me gently
Into morning
For the night
Has been unkind."
Feierlicher Tanz
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4.  Feierlicher Tanz
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Bei all den "struggles" und "challenges", die das Leben mit sich bringt, gibt es immer wieder Lichtblicke; Funken, die in den Alltag sprühen, kleine Feuer, die auflodern und mich leidenschaftlich spüren lassen, was wesentlich ist und mich mit dem verbinden, was nicht nur innerlich erfüllt; der schönste Tanz ist derjenige, der im "Aussen" - beim geliebten  "Andern" auf Resonanz und Liebe stösst. Wenn Trauer, Krankheit, Sorgen, Ängste und Schicksalsschläge über uns hereinbrechen, ist es schwerer, den Fokus auf das Lichterfüllte, Strahlende, Wärmende, Tröstende und Lebensspendende zu richten. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, all die damit verbundenen Gefühle zwar wahr- und ernst zunehmen (und tänzerisch auszudrücken), mich jedoch nicht in deren Sog derart tief hinabziehen zu lassen, dass ich im dunklen Loch lande - aus diesem nämlich wieder hervor zu kraxeln ist umso kräfteraubender, je tiefer man hinabgezogen wird. Das Gleichgewicht zu finden zwischen Verdrängen (hat auch seine Berechtigung) und sich der unangenehmen Emotion zu stellen, diese umzuwandeln in schöpferische Energie, ist gleichsam ein Tanz um eine Mitte, die mich verwurzelt und verankert mit dem, was immer da sein wird, unabhängig davon, wie schwer sich das Erlebte anfühlt. Mit dieser Urkraft verbunden zu bleiben ist ein bewusstes Training, das man sich durchaus aneignen kann. Bildlich lässt sich dies so beschreiben: Wenn dunkle Wolken aufziehen, kann sich daraus eine Gewitterfront entwickeln - mal mehr, mal weniger heftig - Sturmböen, Blitz, Donnergrollen - die ganze Palette bis hin zu einem Tornado, aus dem eine verheerende, lebenslänglich aufzuarbeitende Zerstörung resultieren kann. Nun kann ich mich entscheiden: Sehe ich nur noch Verwüstung, Elend, Leid, Schmerz, meine eigene Verletzlichkeit im Katastrophalen - lasse ich mich lähmen, ohnmächtig in eine abgrundtiefe Verzweiflung ziehen oder wende ich meinen Blick hin zum Sonnenlicht, das ich zwar noch nicht sehen (und spüren) kann, das aber immer da ist. Lasse ich in meiner Vorstellung nun die Wolken, das Gewitter und den Tornado vorbeiziehen, kann sich dadurch auch im Emotionalen eine Beruhigung einstellen, eine gewisse Gelassenheit den Geschehnissen gegenüber und damit eine Souveränität, die hilft, sich selbst nicht zu verlieren und die Ohnmacht in wundersam Mächtiges (Konstruktives) umzuwandeln. So einfach, wie ich dies zu umschreiben vermag, ist die Umsetzung nicht, doch sie ist möglich, wenn man dies einmal erkannt hat und wie das Muskeltraining als genauso wichtige, mentale und emotionale Konditionierung in seinen Alltag integriert. Das gelingt gewiss nicht jeden Tag, doch dran bleiben lohnt sich, denn die Vitalität, die daraus gewonnen werden kann, kommt auch dem Nächsten zugute. Jeder kleiner Sieg darf gefeiert werden: Heute darf ich dankbar zurückschauen auf das Überwundene, denn auch wenn ich mich oftmals schwach fühlte, durften immer wieder neue Kraft, Hoffnung, Zuversicht und Vertrauen aufkeimen und meinen Charakter stärken.
In der Adventszeit erinnere ich mich besonders an diese Herzensenergie, dank derer ich mein persönliches Potenzial (trotz schwierigen Umständen) ausschöpfen kann. Für mich war es wichtig, meinen Töchtern eine Haltung des Schenkens, der Güte vorzuleben, mit bescheidenen materiellen Ressourcen, um ihnen aufzuzeigen, dass man "qualitativ" so viel mehr geben kann, wenn es von Herzen kommt; wenn es aus Liebe geschieht. Als Alleinerziehende hatte ich ein kleines Budget für Geschenke zur Verfügung, da ich aber gerne grosszügig Freude schenke, musste ich das ganze Register meiner Kreativität ziehen. Gerade während der Adventszeit lässt sich dieser Wunsch so wundervoll mannigfach gestalten. Ich machte es zur Tradition, jedes Jahr einen Adventskalender für Jasmin und Joya zu kreieren. Ich selbst war nicht damit aufgewachsen (vermisste es auch nicht), konnte so jedoch mein essenzielles Bedürfnis, Vergnügen zu bescheren, ausdrücken. In jedes "fächli" legte ich zum einen etwas ganz praktisch Brauchbares (Handschuhe, Kuschelsocken, Papeterie, etc.), zum anderen kleine Zettelchen mit den Highlights, die wir zusammen erleben konnten: Eine Schnitzeljagd im verschneiten Wald, ein Schlaraffenlandprogramm mit ihren Freunden, eine wohltuende Massage (das liebten sie), einen Ausflug ihrer Wahl (ihre Wünsche waren stets bescheiden), alles kindgerecht spielerisch-erfinderisch inszeniert - auf einem Zettel stand zum Bsp. "Überraschung" - das hiess, auf die Suche gehen und das, was nicht im Adventskalender Platz hatte, finden. 
Was ich damals nicht ahnen konnte: Damit hatte ich für die Zukunft einen Samen gepflanzt, dessen Aufblühen mich heute so viel mehr als alles Materielle auf der Welt belohnt und mit unbeschreiblicher Freude erfüllt. Denn meine Töchter führen diese Tradition mit viel Liebe und Begeisterung fort; sie verwöhnen mich und lassen mich spüren, dass auch sie zu jenen Menschen gehören, die anderen auf diese Weise eine Freude bereiten möchten. Diese zu teilen: umso schöner! Ja, es braucht oft nicht viel, um dem Nächsten Glück zu bereiten; am wichtigsten - wie ich erkennen durfte - ist die verbindende und damit beziehungsschaffende Haltung und Ausdrucksweise, mit der man dem anderen begegnet.
Seit sie erwachsen sind, pflegen wir eine neue Tradition: Wir wählen jeweils alljährlich: "Christmas stocking" oder Adventskalender (als Kind gab es für sie beides)? Ich wähle die Adventsüberraschungen, denn beide Töchter übertreffen sich jedes Jahr neu in der Umsetzung dessen und ihrer kreativen Gestaltung. Sie beschenken sich auch gegenseitig - was enorm ins Geld gehen kann...

Deshalb habe ich in der Nacht auf heute impulsiv beschlossen, in diesem Kapitel jeden Tag ein Adventsgeschenk zu teilen und eröffnen, auf meine ganz individuelle Art und Weise; hier auf "meet-my-life" - wie könnte es anders sein - in den (schönen) Erinnerungen schwelgend, ebenso im poetischen Reigen.



Adventsbox von Joya für Jasmin, Dezember 2024



Adventskreationen von Joya (links) und Jasmin (rechts) für mich, Dezember 2024

 

 

Erstes Adventstürchen: 1.12.2024
Seite 33
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4.1.  Feierlicher Tanz – Erstes Adventstürchen: 1.12.2024.
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Quelle surprise:

Heute hab ich eine süsse kleine Glücksfee und ein Subito-Los im ersten "gschänksäckli" aus Jasmins Adventsbox ausgepackt. Hab tatsächlich Glück gehabt: einen Franken gewonnen!


Surprise 1 aus Jasmin's Box

  

Joya hat mir gleich zwei Rubbellose zum ersten Advent geschenkt. Hab natürlich gleich gerubbelt und 5.- gewonnen.
Ich errate schon, dass dieses Jahr alles im Zeichen der "lösli" steht...


Surprise Türli 1 aus Joya's Box

 


Glück gehabt...gewonnen!

 

♥ Zudem werde ich heute zusätzlich überrascht mit einer spontanen Einladung meines Bruders zum Raclette in Hasli. Yummy - das wird ein Sonntag zum Geniessen, dankbar überfliessen...


Für euch hab ich dieses Gedicht im ersten "türli":


"Buchstäblich Gefühle ausdrücken
Poetisch die Welt entzücken

Nicht wortlos verschwinden
Neue Reimpaare finden

Raum für Klang
Lyrischen Gesang

Prosaische Träumerei
Im alltäglichen Allerlei

Dichterisch vermählt und vereint
Was auch sinnvoll erscheint

Innere Bilder beschreiben
Dadurch lebendig bleiben

Mich selbst so zeigen 
Im poetischen Reigen

Lyrisch umarmen, streicheln und küssen
Nicht mehr sprachlos sein müssen."


2008, aus "Anima schreibt Animus"
2.12.2024
Seite 34
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4.2.  Feierlicher Tanz – 2.12.2024.
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Als Erstes hüpfe ich "gwundrig" aus dem Bett, um die Nummer 2 in den Adventsboxen zu suchen. Mmmmh - Jasmin schenkt mir "mon chéri", eine kleine Fünferpackung - zwei davon nasche ich gleich schon vor dem Frühstück. Noch während ich die von schwarzer Schokolade ummantelte Kirsche, getränkt im Alkohol, im Mund zergehen lasse, poppt eine Erinnerung auf: Anfangs März 2014, etwa drei Wochen vor seinem Tod, besuchte Franz mich in meinem abgedunkelten Schlafzimmer in Hasli. Ich hatte eine mittelschwere Kopfverletzung erlitten und musste diese (seit Januar) auskurieren. Er kämpfte sich die Stufen hinauf - seine Arthrose machte ihm oftmals schwer zu schaffen; der Termin für ein künstliches Kniegelenk war auf den 31. März im Salemspital in Bern schon festgenagelt. Er gesellte sich zu mir und legte eine Schachtel "mon chéri" auf das Nachttischchen neben meinem Bett. 
"Wie geits?", fragte er mich in einem liebevollen Ton, der immer noch in mir nachhallt, weil mir diese gefühlsbetonte Note an ihm nicht typisch vorkam und mir in dem Moment auffiel.
"Noni vil besser - u i ha so angscht, dassi nie meh zu däm zuestand use chume - das zieht sich jetzt scho so lang dähy..."
"Das chunnt scho guet - muesch eifach geduld ha"
, versuchte er mich zu trösten. Er stand auf, schritt durchs Zimmer ans Fenster, schob den Vorhang etwas beiseite und schaute traumverloren (fiel mir wiederum auf, weil Franz immer sehr erdig-präsent war) hinaus - diesen Blick, im Tageslicht gestochen klar ablesbar, werde ich nie vergessen. Ich spürte, dass er irgendwie anders war als sonst - konnte es zwar wahrnehmen, damals aber nicht einordnen. Eine Sanftheit hatte sich um seinen Körperausdruck gelegt, etwas ganz weiches, tief Durchdringendes, das ich an ihm noch nie derart intensiv bemerkt hatte.
"U bi dir? Hesch fescht schmärzä?" erkundigte ich mich.
"Geit scho..." entgegnete er knapp und hörbar seufzend, immer noch in Gedanken versunken, abwesend.
"Merci für d'mon cheri - möchtisch au eis?" -  ich versuchte, den Kleber an der festen, roten Plastikumhüllung mit meinen Fingernägeln weg zu klauben, was die traumverhangene Stimmung im Raum durchbrach. 
"Nei danke - die sind für diich", murmelte er fast flüsternd, traurig, was mich beunruhigte. Ich versuchte, ihn mit einem kleinen Scherz aufzuheitern:
"Globuli wäred jetzt für dich genau das, was würd häufä, gäu...?"  Mit Globuli waren nicht die homöopathischen, kleinen, weissen Kügelchen gemeint, nein, Franz pflegte die zartschmelzenden Lindor-Kugeln so zu nennen - die hatten für ihn, Naschkatze, eine viel wohltuendere, therapeutische Wirkung.
Er lächelte kaum sichtbar, aber immerhin: Er lächelte.

Joya's Subito-Los, das ich heute freirubble, wandert direkt in den Abfalleimer. Was beweist, dass ich gestern wirklich einen Glückstag hatte. Heute auch, einfach anders. Mit einer schönen Erinnerung bestückt darf ich - wohl auch melancholisch - mich erfüllen lassen von einem unvergänglichen Gefühl, einer Verbindung zu Franz, der dadurch wieder lebendiger ins Bewusstsein gerückt ist und mich mit seiner Liebe gänzlich umhüllt. 

Mein Gedicht heute für euch: 

"Manchmal die Augen verschliessen
Mitten im Sturm, wenn Ströme überfliessen
Den ruhenden Pol in sich finden
Dunkle Wolken türmen sich auf
Lass sie einfach weiterziehen

Zuflucht, Oase, erholsame Insel
Mitten im Leben Rast von der Reise
Erholung vom menschlichen Treiben
Ja, genau hier finden wir dich...
...im Auf und Ab der Meereswogen
Auf verschneiten Berggipfeln
Der Wiese hinter dem Haus
Im Lächeln eines Kindes

Wie wandelbar der Erde Kleid
So auch der Mensch mit Wonne und Leid
Meisterhaft sein Innerstes versteckt
Mit Schuld und Scham bedeckt
Alles Mögliche kontrolliert, bedenkt
Sich im Vergleichen noch mehr verrennt
Auf Sehnsuchtsflügeln immer Höherem zustrebt
Bis er loslassen muss und erkennt:
Hier finde ich dich, Liebe."








3.12.2024
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4.3.  Feierlicher Tanz – 3.12.2024.
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Wo Schatten ist, ist auch Licht



Heute lasse ich mich fallen
Nichts mehr, das mich entstellt
Auch nicht die Schatten 
Dieser entzweiten Welt



Heute suche ich nicht
Was mich bindet
Lasse los, was hindert
Lasse zu, was lindert



Heute tauche ich ein
Darf ganz mich selbst sein
In Seinem hellen Schein
Sind wir friedvoll vereint



Heute nehme ich an, was mir geschenkt
Heilsam meine Schritte lenkt
Ein Tropfen Liebe versenkt
Was schmerzlich lange verdrängt



Dankbar teile ich mit dir
Erkenntnis, tiefes Empfinden
Ja, alles, was du brauchst
Kannst du im Herzen finden



So tanzen wir unsere Kreise
Wie ein Gebet, meditativ, leise
Erfahren am eigenen Leibe
Wie jede Zelle lebt und bebt
Das Schöpferische sich erhebt



Heute lasse ich mich fallen
Muss niemandem gefallen
Mein himmlischer Vater
Hält mich zärtlich liebend
In seinen ewigen Armen."




Mein Gedicht aus dem Jahre 2022, neu aufgepeppt, im 3. Türli.


4.12.2024
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4.4.  Feierlicher Tanz – 4.12.2024.
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Während den grauen Wintertagen brauche ich bunte Farben, die ich in der Adventszeit beim Basteln, Malen der Weihnachtskarten, Stricken und Häkeln mit einbeziehen kann. Die Vorfreude, die ich dabei empfinde, erinnert mich an dieses lichterfüllte Zusammenspiel zwischen einer Spannung, was uns erwartet, und der Gewissheit, dass uns dies Schöne begegnen wird, unabhängig von unseren Lebensumständen. Auch hier dringt immer wieder Hoffnung durch, dass das liebevolle, friedliche Miteinander, ein Zusammengehörigkeitsgefühl und die Rückbesinnung auf unseren gemeinsamen Ursprung unsere Welt zunehmend erhellen wird. Nur schon wenn ich mir diesen Gedanken verinnerliche, strömen Glücksgefühle durch meinen Körper. Advent bedeutet Ankunft...eine Vorbereitung auf das Weihnachtsfest - das Fest der Liebe - der Geburt Jesu und sein Wiederkommen, so wie es in der Bibel prophezeit wird: So wie er in den Himmel hinaufgefahren ist, kommt er auf einer Wolke wieder zurück, in vollumfänglicher Strahlkraft. Das allesumfassende Licht (der Liebe) ist nie von uns gegangen, hält bis heute alles zusammen - auch in meiner Lebensgeschichte ist dies deutlich zu lesen, sehen, verstehen. Durch die Risse, die mir das Leben zugefügt hat, scheint jenes Licht hindurch, bis in jedes Wort, das ich hier schreibe und lässt mich demütig das unfassbare Geschenk (der Liebe) allmählich begreifen, fühlen, in vielfältiger Weise erfahren. Mein entdeckter Diamant widerspiegelt die bedingungslose, reine Liebe Gottes, seine Gnade, Allmacht und Barmherzigkeit. Ich habe das grosse Glück, dies genauso empfinden zu dürfen. Hätte ich sonst all die Traumas einigermassen unversehrt überlebt? Dr. Gabor Maté, eine Koryphäe auf diesem Gebiet, sieht einen Zusammenhang zwischen kindlichen Traumas und den chronischen Krankheiten, die später dadurch entstehen können. Seine jahrelange Erfahrung, Forschung und wissenschaftliche Studie haben weltweit Wellen geschlagen. Er ist Autor mehrerer Bücher, eines davon hat mir meine Therapeutin Regula Rellstab kürzlich empfohlen:
"When the body says no - the cost of hidden stress."
Anhand von Fallbeispielen, mit kurzen Schilderungen von Biografien der Betroffenen, veranschaulicht er das Gemeinsame, das diese Patient:innen aufweisen: Sie haben in der Kindheit Ablehnung, Missbrauch oder enorm Traumatisches erlebt und haben gelernt, sich selbst und ihre Bedürfnisse zu unterdrücken. Laut Matés Studien sind es meistens die "Caretakers", die sich leidenschaftlich-hingebungsvoll mehr um die anderen als um sich selbst kümmern; diejenigen, die von diesem Impuls "getrieben" sind, die dadurch über lange Jahre ihrem Körper grosse Belastung (und Stress) zumuten, die chronisch erkranken und früh sterben. Sie haben das Gleichgewicht zwischen Liebe am Nächsten und Liebe zu sich selbst ausser acht gelassen, im unbewussten, sehnsüchtigen Bestreben, wahrgenommen, akzeptiert und geliebt zu werden. Ein Teil von mir kann sich sehr gut mit dem Beschriebenen identifizieren, ein anderer hat immer instinktiv "gewusst" (schon als Kind), dass ich - unabhängig von der Liebe der Menschen um mich herum - bedingungslos geliebt werde. Dieses Bewusstsein der unverwüstlichen Liebe Gottes zu mir, seinem geliebten Kind, zu bewahren war nicht immer einfach, doch es hat mich bis heute nicht losgelassen.

Ein Schnappschuss von Jasmin, die mich genau im versinnbildlichsten Moment abgelichtet hat, zeigt die Sandra, die sich fürsorglich, caring and loving um den traurigen Sträfling Chaplin kümmert. Mein zweiter Besuch im Chaplin-Museum in Vevey mit den Mädels, Röbi und Arlette diente primär dem Zweck, ihnen diese faszinierende Welt zu zeigen, in der man sich als Part Chaplin's beeindruckenden Lebens zu fühlen vermag.


Chaplin - care, im Oktober 2021

 

Der zweite Schnappschuss (Joya's) ist ebenso ein gelungenes Abbild meiner beschwingten Persönlichkeit - auf den Photos und in den Filmaufnahmen, die mich tanzend zeigen, bin ich immer glücklich, in meinem Element, mit mir selbst im Einklang, verbunden.



Chaplin - dance: Jasmin and I

 

Meine Adventsgeschenke von gestern und heute:
Ein paar Kuschelsocken (natürlich mit Herzen), Haarklammern und 1.- Gewinn aus dem Rubbellos.



Advents-Surprise 3 und 4

 

Für euch mein kurzes, winterliches Gedicht vom 17. Dezember 2023, im 4. Adventsfenster:


"Eine Schneeflocke auf dem Nasenspitz
Wie schnell sie dahinschmilzt
Sowie die Blüten des Glücks
Ins Bewusstsein gewachsen, dann wieder entrückt
Umso kostbarer jene Momente, verwoben
Mit Hoffnung, nichts ist verloren
Sie schlummern und keimen bloss
Der Frühling hält sie in seinem Schoss."


 

 

5.12.2024
Seite 37
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4.5.  Feierlicher Tanz – 5.12.2024.
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Yes, I'm a "sweet tooth", indeed!

Meine Schleckermäulchen - Erinnerungen wurden heute wachgerufen durch das 5. Adventsgeschenk Joya's: Mentos - pure fresh - Kaugummi.
Ich war etwa neun Jahre alt, als ich meinen Vater fragte, ob er uns (Henri wollte dieses Geschmackserlebnis, das wir uns schon sehr lange wünschten, ebenso sehnsüchtig ausprobieren wie ich) das Kaugummi-Kauen erlauben würde, jetzt, da wir schon älter waren. Denn Papa hatte uns immer explizit vor den Kaugummis gewarnt: Wenn man diese verschluckt, landen sie als unverdauliche Klumpen im Magen, was grosse Probleme und Schmerzen mit sich ziehen könne...
...alles Betteln half nichts - er blieb bei seinem strikten: "Nein!"

Irgendwann war der "gluscht" stärker als die Vernunft; Henri und ich schmiedeten gemeinsam einen Plan, wie wir uns unseren chewing gum - Traum erfüllen konnten. Bei meiner nächsten Shopping-Tour mit Omama und Mama würde er mitkommen und die beiden Frauen ablenken, währenddem ich mich davonschlich, um im Candy-Shop, wo Mama uns auch schon Süssigkeiten gekauft hatte, endlich eine Packung zu erwerben. Ich weiss nicht mehr, von wo wir die Cents (Währung Südafrikas: Rand and Cent) aufgetrieben hatten; gut möglich, dass ich Jeneva darum gebeten hatte, mir ein paar Münzen zu schenken, doch dies entzieht sich meiner Erinnerung. Auf jeden Fall klappte unser Vorhaben; wie einen kostbaren Schatz trugen wir unsere heimliche Eroberung nach Hause. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich in meinem Zimmer, auf dem Bett, die langersehnte, süsse Verführung in den Händen hielt. In diesem Augenblick kann ich die "excitement" - Sensation erneut spüren, die ich damals empfunden habe beim Öffnen der viereckigen Packung der "Juicy Fruit", das Kribbeln in den Fingern beim Entfernen des farbigen Kaugummipapiers. Henri's Kulleraugen strahlten mich erwartungsvoll an; ich sehe ihn wieder vor mir, wie er ganz "giggerig" jedes meiner Handlungen beim Auspacken beobachtete. Dann endlich konnten wir die Geschmacksexplosion geniessen - sie übertraf alles, was wir uns je hätten vorstellen können!


A dream come true: Juicy fruit, my first chewing gum

 


Chewing gum dreams...

 

Meine kulinarische Erinnerungsreise geht weiter in Richtung meiner (bis heute) Lieblingsschokolade, die inzwischen (im Online-Markt) auch in der Schweiz angekommen ist: FLAKE. Ein luftig-leichtes Träumchen feinster Milchschokolade, die nicht so süss ist, dafür umso zartschmelzender - wahrhaftig wie eine himmlische Wolke, die sich in den Gaumen legt. In Südafrika schlemmte ich die Flake auch zusammen mit Soft-Ice, wie ich später (als ich in London war) erkannte, kam auch diese Süssigkeit ursprünglich aus Grossbritannien (wie so vieles in ZA; zum Beispiel der Jelly-Wackelpudding, den ich aber nie wirklich toll fand).

Flake - in der Schweiz angelangt :-D



Yummy - softice with my favourite flake

 

"Kentucky Fried Chicken" war damals Papa's beliebtestes Fast Food, das auch ich liebte, weil es eine ganz spezielle, meine Geschmacksknospen stimulierende Gewürzmischung beinhaltet, dessen Wirkung mich immer noch "catch-t".
KFC ist gegenwärtig auch in der Schweiz verbreitet.


KFC - Kentucky Fried Chicken

 

Nikita dachte am Morgen wohl: "Und, was springt für mich dabei heraus?!?" währenddem sie mir bei der Plünderung der Adventsgeschenke neugierig zuschaute...ihr schnupperndes Näschen roch allerlei, leider war nichts Verlockendes für sie dabei. Dafür durfte sie später beim Mittagessen ein paar Happen zartes Hähnchen futtern. Nun liegen wir beide wunderbar gesättigt (und schnurrend) auf der Couch und leisten einander Gesellschaft.



Adventsüberraschung zum 5.



Ich muss zugeben, dass mein süsses Naschverhalten im Winter (in der Schweiz) deutlich intensiver ist als in den Frühlings-, Sommer- und Herbstmonaten. Schoggi tut - in Massen - bekanntlich der Seele gut, was ich nur bestätigen kann.
   
Ein Seelenwärmer-Kneipp Bad, das ich heute zusammen mit der OVO-Crunchy-Schoggi von Jasmin geschenkt bekommen habe, erwartet mich zur Entspannung nach diesen Zeilen. 


Passend zum Thema, meine kleine süsse Praline für euch zum 5. Adventstag:

"Ein bisschen Genuss an diesem Tag
Wovon ich stets träumen mag
Schokolade verschmilzt zu einem Gedicht
Ja, Reim auf Reim offenbart es sich
Das Verführerische, das ich vermisst

Reines Vergnügen, das mein Leben versüsst
Durch kulinarische Erinnerungen wachgeküsst
Davon wird auch die Seele satt

Ja, Wort für Wort ein Flake-Ersatz
Krönend vollendet im letzten Satz."






6.12.2024
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4.6.  Feierlicher Tanz – 6.12.2024.
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Adventsgeschenke am Chlousätag - 6.12.2024


Am heutigen "Chlousätag" habe ich einen Schoggiweihnachtsmann zum Reinbeissen erhalten, ein Subitolos, das aber keinen Gewinn brachte und zwei Packungen Taschentücher: Minnie & Micky Mouse - HUG ME!
Hug me - herze, umarme mich - ja, meine Töchter kennen mich in- und auswendig, wie sehr ich zärtliche Umarmungen liebe, sie meinen Liebsten allzu gerne verschenke; von ihnen geherzt zu werden ist sogar lebensnotwendig für mich. Dies führt mich direkt in die grundlegende Frage:
"Was sind die Grundbedürfnisse des Menschen; was braucht er/sie/es für ein gesundes, ausgeglichenes Wachstum?" 
Ich kann dies nur aus meiner persönlichen (instinktiven) Sicht beantworten; die Wissenschaft hat sicherlich auch manch Spannendes auf diesem Gebiet erforscht und erkannt. 
Nebst Wasser, Nahrung, Kleidung, ein warmes Zuhause, gute Hygienebedingungen, medizinische Versorgung, Bildung und eine gesicherte Existenzgrundlage erachte ich diese Bedürfnisse als wesentlich:

1. Liebe; so geliebt zu werden, wie ich bin - wahrhaftig
2. Nähe; ein Gefühl der Verbundenheit mit den Menschen
3. Geborgenheit, Schutz, das fürsorgliche aufeinander Achten
4. Akzeptanz; das Gefühl, dazuzugehören, so wie ich bin: ich darf authentisch sein
5. Wertschätzung: Ich werde respektiert, unabhängig von dem, was ich leiste
6. Herzliche Berührung: ohne diese verkümmere ich
7. Das Eingebettet-Sein in einem sozialen Netzwerk; konstruktives Mitgestalten
8. Tanz, Musik, Kunst; schöpferischer Ausdruck des Innenlebens, der Gefühle

Jetzt könnten wir stundenlang darüber philosophieren, wie ihr es seht...zudem:
Werden diese grundlegenden Bedürfnisse in unserer Gesellschaft beachtet, gelebt, angestrebt? Könnte es sein, dass unsere Welt so am A.... ist, gespalten, zerstritten, verzweifelt, aus den Fugen, weil dieses Bewusstsein in den Hintergrund gerückt ist?
Wie gehen Eltern mit ihren Kindern um, wie wurden sie selbst als Kind "gestillt"?
Was für Folgen hat die Missachtung dieser Grundbedürfnisse, des Wesentlichen gesundheitlich, individuell, gesellschaftlich, ökologisch, ökonomisch, global, universell, intergalaktisch?

Eine brennend-heisse Diskussion würde immer wieder beim näheren Betrachten dieser Fragen entflammt...doch sie ist notwendig, wenn uns etwas an uns, der fantastischen Welt um uns herum und unserer Beziehung zum grossen Ganzen liegt...
...liegt es uns wirklich am Herzen, ohne als Moralaposteln aufzutreten?
Der erste Schritt beginnt bei jedem Einzelnen selbst. Dieser muss nicht gross sein, eher bewusst, liebevoll, achtsam. (An diesen winzigen Schrittchen bin ich zurzeit dran; mein Körper hat mich sozusagen dazu "gedrängt", indem er "Nein!" gesagt hat zur Art und Weise, wie ich mit mir selbst umgegangen bin. Es ist ein existenzieller Prozess, ohne den ich das Zeitliche früher als gedacht segnen würde. Ich lerne enorm viel - am eigenen Leibe. Zu einem späteren Zeitpunkt darf ich darüber berichten und meine daraus gewonnenen Einsichten und Erkenntnisse mit euch teilen.)

Nun mache ich es wie mein Kater Lucky: Ich suche mir ein warmes Plätzchen zum Chillen, bis der Magen wieder knurrt.


Chilling Lucky - cat, 6.12.2024

 

Meine Sehnsuchtspoesie schenke ich euch heut:


"In deiner Liebe bin ich eingehüllt wie in einen Mantel
Geborgen, warm, geschützt durch jeden Wandel
Ich finde dich im Strahlen von Sonne, Mond und Sterne
Im Schweben der Ozeane in weiter Ferne

In deiner Liebe fühle ich mich aufgenommen, so wie ich bin
Heute, morgen, schon seit Anbeginn
Herzschlag für Herzschlag deine Liebe neu zu entdecken
Lässt betende Hände nach dir ausstrecken
Nichts bewegt sich ohne Dich mit mir im Einen
Das Licht der Liebe wird immer scheinen."

Aus "Anima schreibt Animus", 2008





 






7.12.2024
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4.7.  Feierlicher Tanz – 7.12.2024.
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Caffè? Solo von Giotto!

 
Es gibt Werbeslogans, die haben sich ins Gedächtnis eingebrannt - beim Auspacken der 7 in den Adventszauberschachteln fiel mir dieser sofort wieder ein:

"Caffè? Solo con Giotto!"

Giottos sind Mini-Gebäckkugeln gefüllt mit einer Milchhaselnusscremefüllung (längstes bisher geschriebenes Wort...) umhüllt von einer knusprigen Waffel mit knackigen Haselnussstückchen. Eine wirklich gelungene Rezeptur der italienischen Firma Ferrero; ebenso hinreissend verführerisch ist der Werbespot: Eine schöne, junge Italienerin mit sinnlichen smokey eyes und wellenden, braunen Haaren zählt ihre begehrte männliche Begleitung zum Kaffeetrinken - mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck - auf, bis zur schlussendlichen Pointe, als sie mit einem strahlenden Lächeln gesteht:
Kaffeegenuss ist nur perfekt mit Giotto...! 

"Un caffè con Giacomo, con Francesco e con Paulo...ma il caffè è veramente perfetto solo con Giotto!"

Daraufhin reisst sie die Packung am praktischen, dafür vorgesehenen Streifen auf, nimmt eine goldene Kugel mit Fingerspitzengefühl (manch einer wünschte sich so zart berührt zu werden) auf und schiebt sie sich genüsslich in den Mund. Ja - Giotto kann verführen wie kein anderer, ist das befriedigendste Geschmackserlebnis überhaupt und erst noch luftig-leicht zu verdauen: Einfach nur herrlich! Also, wenn schon eine süsse Versuchung, dann nur mit Giotto...!



Giotto macht glücklich wie kein anderer...

 

 

Eine Verführung: Nur mit Giotto!

 

Einer solchen Verführungskunst wäre auch ich tatsächlich fast verfallen. Einen Tag nach meiner Entlassung aus Montana schleppte mich Joya an die Neueröffnung des "Kafi Riggi" im nahegelegenen Riggisberg. Ein reichhaltiges Buffet lockte uns also in die gemütliche Lokalität im Dorfzentrum. Allein die italienische live-Musik brachte mein Blut in Wallung - ich tänzelte zum Eingang, hielt inne, um die Stimmung auszukosten; nach der langen Reha war dies mein erster pulsierender Sprung ins sinnliche Erleben, was sich überwältigend anfühlte. Alle Tische waren schon besetzt, schade, wir hätten reservieren sollen. Mein Blick wanderte weiter, bis ich - völlig perplex - einen Kellner beobachtete, der sich wie Franz bewegte und sich beim näheren Hingucken als das fast identische Model - nur kleiner, feiner, flinker - dessen enthüllte. Ich blieb wie erstarrt stehen, dachte, ich träume und suchte Halt bei Joya, die ebenso ungläubig auf den Italiener blickte. Dieser bemerkte uns, kam auf uns zugeschossen und fragte einladend lächelnd:
"Un prosecco?"
Ich dachte mir: "Si, ma solo con te...!" - konnte aber nur noch nicken, währenddem Joya gut hörbar und entschieden "si!" antwortete. 
Er führte uns ans Buffet, das er in aufwendiger Hingabe vorbereitet hatte (dies betonte er mit noch charmanterem Lächeln und umwerfendem Augenaufschlag). Währenddem er eine neue Flasche des prickelnden Durstlöschers öffnete, führte er uns in die verschiedenen Leckereien ein...kleine Hackbällchen, Tomaten-Mozarella-Salami-Spiessli, knusprige, salzige Teigkreationen mit pikanter Gemüsefüllung, daneben auch noch die ganze, süsse Palette an Schlemmereien. In diesem Moment war mir das alles Wurst, ich war immer noch unwiderstehlich in seinen Bann gezogen, fasziniert, überwältigt, emotional aufgewühlt. Ich liess mir dies natürlich nicht anmerken, doch als er wieder davondüste, um die nächsten Gäste zu begrüssen, sagte ich zu Joya:
"Das hout mi itz fasch um, dä glycht so äm daddy!"
"Ja, gäu, hani ou grad dänkt!"
antwortete sie mir mit erstaunlicher Gelassenheit.
Wir reservierten für den nächsten Tag gleich einen Tisch, um im Genuss der Italienità, die nun bei uns Einzug gehalten hatte, zu schwelgen. Prompt bediente uns Marco, wie er sich uns spontan - offenherzig vorstellte. Wir bestellten eine Pinsa, Joya mit Buffalo-Mozarella, ich eine mit Gemüse und Jasmin (ebenso verdutzt über die verblüffend ähnliche Erscheinung) einen saftigen Burger mit Pommes und Salat. Dazu einen erfrischenden, hausgemachten Eistee. Ich war mir nicht sicher, ob Marco mit mir flirtete, denn jedes Mal, wenn er uns bediente, lächelte er mich an und machte mir ein schmeichelndes Kompliment: "So schöne Augen...e le figlie - belle come la mamma..." 
Joya und Jasmin waren schon am Schlemmen, da hörten wir ein Scheppern in der Küche; Marco hatte meine Pinsa fallen gelassen...er kam auf mich zu, entschuldigte sich nervös und sichtlich erregt; es war ihm sehr peinlich. Ich versicherte ihm, dass es mir nichts ausmache, auf eine neue zu warten (was ja stimmte, denn dann konnte ich ihn noch länger beobachten) - das könne passieren. Joya und Jasmin merkten sofort, dass die Funken zwischen Marco und mir nur so sprühten und waren sichtlich amüsiert:
"O-ou - Mama, was louft da zwüschä euch?" witzelten sie neckisch, was mir die Röte ins Gesicht jagte. Immer wieder suchte ich seine Blicke und er meine - das war den Mädchen also nicht entgangen. Die Anziehungskraft war stark zu spüren. Es knisterte förmlich im Raum! Zum Abschied liess es sich Marco nicht nehmen, unsere Hand zu halten und uns nach unseren Namen zu fragen.
Traumwandlerisch verliess ich das Restaurant und schwebte noch lange in meinem eigenen Film. 
Jedes Mal, wenn wir einkehrten und Marco uns bediente, fühlte es sich magisch an. Meine Töchter versuchten mich zu besänftigen, indem sie mir rieten, mich nicht allzu sehr in etwas hineinzusteigern. Deshalb beschloss ich, eine Weile nicht mehr dort aufzutauchen. Er schien mich zu vermissen, denn er richtete Joya Grüsse an mich aus, wenn er sie sah. Daraufhin ging ich allein hin, um zu spüren, in welche Richtung seine "Absichten" sich entwickeln würden. Ich wurde nicht wirklich schlau aus ihm, denn er wich meiner Einladung aus, ihm einen Drink zu spendieren. Mir dämmerte, dass Marco sich dem Bann entziehen musste, aus welchen Gründen auch immer - seine Körpersprache drückte dies ganz deutlich aus. Das war für mich auch okay, denn meine gesundheitliche Verfassung liess es noch nicht zu, etwas Ernstes daraus entstehen zu lassen.

Meine kurzen Verse fassen es so zusammen:


"Il caffè solo con Giotto
Un prosecco solo con Marco

Ja, süss-prickelnd und lichterloh
Sprühende Funken ins Nirgendwo

Unser Universum zu erhellen
An der Grenze zu zerschellen

Sinneslust und süsser Genuss
Dauern ein paar Stunden bloss

Was aber länger währt
Bleibt im Herzen unversehrt."













 

 

 

 

8.12.2024
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4.8.  Feierlicher Tanz – 8.12.2024.
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Der heutige, regnerische zweite Adventssonntag lud ins Kino ein. Ich hatte den Trailer von "Conclave" gesehen und war mir sicher, dieser Film sei perfekt für eine Einladung meiner Töchter und Tömu ins Westside. Meine Adventsüberraschung sollte ein besonderes Highlight sein und mit einem feinen Essen im "Tres Amigos" abgerundet werden. Dieses Jahr schenke ich vor allem (kostbare) gemeinsame Zeit und kulinarischen Genuss - nebst dem Millionen-Adventslos, das ich den Mädels jedes Jahr schenke, obwohl sie sich ihren "stocking" zu Weihnachten wünschen. Solange ich es mir leisten kann, sollte beides mein herzliches Bedürfnis, Freude zu schenken, zum Ausdruck bringen. Heute hat Jasmin schon mal einen Gewinn von 50.- freigerubbelt :-D - wie wunderbar; dafür war der Thriller nicht so nach ihrem Geschmack (zu wenig Action, mörderische Spannung, Drama). In der Tat ist die Wahl eines neuen Papstes, der sogenannten Konklave, in der Sixtinischen Kapelle kein Thema, das "oberflächlich" inszeniert werden kann. Geheimnisvoll und tief in die menschlichen Abgründe schauend widerspiegelt die Thematik die machthungrigen Impulse einiger Kardinäle, die den begehrten Kelch unbedingt für sich gewinnen wollen. Der Dekan Thomas Lawrence hat die undankbare Aufgabe, die Papstwahl zu leiten, muss in feinsinniger Detektivarbeit ein Geheimnis aufklären und kommt selbst in die engere Wahl, obwohl er schon lange abtreten möchte. "Kein vernünftiger Mensch will auf den Papststuhl, doch die gefährlichen Männer sind die, die es doch wollen", konstatiert einer der Kandidaten. Ein Satz, der mir geblieben ist, weil er aufzeigt, wie Ehrgeiz, Streben nach Macht und Anerkennung im Gegensatz stehen zur ehrbaren Würde, Demut und reinherzigen Hingabe zu Gott, mit der ein solch heiliges Amt besetzt werden sollte.
Ralph Fiennes spielt den Hauptdarsteller unglaublich glaubwürdig, demütig, brilliant; man nimmt ihm die Verkörperung des Berufenen, der diese verzwickte Herausforderung meistern soll, 1:1 ab. Mir gefiel vor allem die Kameraführung, die den Fokus auf die Mimik und den Ausdruck der Emotionen legte und die urmenschlichen Charakterzüge meisterhaft einzufangen vermochte. Ja, mehr noch, der Film beinhaltet auch Poesie, zum Beispiel in der Szene mit den weissen Regenschirmen - ein so einfaches, dennoch sinnlich-berührendes Bild der Kardinäle, von oben gefilmt, farblich rot-weiss einfach gehalten, dafür mit umso poetisch-imposanterem Gehalt.
Was ich hiermit ebenso in Erinnerung behalten möchte, ist die Aussage von Thomas Lawrence: "Es gibt eine Sünde, die ich zu fürchten gelernt habe, mehr als alle anderen: Die Gewissheit. Gäbe es nur die Gewissheit und keinen Zweifel, gäbe es kein Mysterium und folglich keinen Grund für den Glauben." 
Einfach göttlich - auch der Schluss ist überraschend geistreich und unerwartet...


Conclave - movie on 8.12.2024




Cardinals in Rome - a scene of Conclave

 

Poetic...

 

 

Tres Amigos - Mexican restaurant in Westside, Berne, 8.12.2024

  

 
Meine Poesie aus dem Jahre 2018 passt zu diesem herrlichen Sonntag:


"Ja, unendlich tiefgründig ist die Liebe
Welche wohl für immer stetig bliebe?

Augenblicke wie heute, auf seligen Flügeln
Lassen sich kaum noch in Grenzen zügeln

Jeder Kampf war es wert
Zu überleben unversehrt

Atemzug für Atemzug
Am Liebesgewand zu weben
Es weiter zu vererben 

Sich wahrhaftig zu vereinen
Mit dem Ewigen, Höchsten, Einen."


 



 

9.12.2024
Seite 41
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4.9.  Feierlicher Tanz – 9.12.2024.
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Gestern und heute war mir das Rubbel-Glück hold: Insgesamt 10.- flossen in die Geschenkekasse. Zudem erhielt ich noch meinen Lieblingstee - Rooibos orange, ein "Scrunchie" (Haargummiband) und Beeren-Fruchtgummis mit dem spielerischen Namen "Forest Gum" - sehr gelungen! Denn dadurch denkt man automatisch an den preisgekrönten Film aus dem Jahr 1994 mit Tom Hanks: "Forest Gump", mit der berühmten Szene, auf der er auf einer Bank sitzt und aus seinem Leben erzählt - einer meiner Favoriten unter den Top Movies. Meine Erinnerungen ziehen weiter zu meinen ersten Filmerlebnissen mit der Familie in Südafrika; die "drive-in"s (Autokinos) fand ich ganz toll. Papa besorgte uns immer eine Packung Schoko-Haselnüsse, die wir währenddessen knabbern durften. Die Haselnüsse mit Milchschokoladenüberzug, die ich in der Schweiz bis anhin ausprobiert habe, schmecken bei weitem nicht so gut! Ich habe jahrelang nach diesen schokolierten Haselnüssen in Schachteln gesucht, vergebens. Zum Glück bleiben sie in meiner Erinnerung eine unvergleichliche Köstlichkeit, umso kostbarer, als ich sie mit den unbeschwerten Stunden mit Papa, Mama, Fernand und Henri verknüpfe und mich dabei ein wohliges, süsses Gefühl ummantelt. Ein Filmhighlight, das wir 1978 "en famille" noch gemeinsam geniessen konnten, bevor wir in die Schweiz umsiedeln mussten, war ABBA - der Film - unvergesslich, die Stimmung, die diese Musik bis heute noch hervorzuzaubern vermag. Wer hätte damals gedacht, dass diese Band Songs für die Ewigkeit komponieren und zur lebenden Legende heranwachsen würde? Ich liebe diese Lieder, die zeitlos, immer und überall ihre unbeschreibliche Wirkung entfalten und im Innern auch dann noch nachhallen, wenn sie schon ausgeklungen sind.

Here some of my favourite movies and series:

1.  "Saturday Night Fever" with John Travolta as awesome dancer (1977)
2.  "Grease" with John Travolta and Olivia Newton-John (1978)
3.  "My Fair Lady" with Audrey Hepburn (1964)
4.  "Breakfast at Tiffany's" with Audrey Hepburn (1961)
5.  "Gone With The Wind" with Vivien Leigh and Clark Gable (1939)
6.  "Out Of Africa" with Meryl Streep and Robert Redford (1985)
7.  "E.T." with Drew Barrymore (1982)
8.  "Flashdance" with Jennifer Beals (1983)
9.  "Amadeus" with Tom Hulce and F. Murray Abraham (1984)
10. "Velvet" with Alberto Marquez and Ana Ribera (2014)
11. "Suits" with Gabriel Macht and Sarah Rafferty, Meghan (2011)
12. "Downton Abbey" with Michelle Dockery, Maggie Smith and Hugh Bonneville (2010)

Die Liste liesse sich noch endlos fortführen - so viel Geniales hat die Menschheit hervorbringen können; ich bin oft sprachlos, wenn ich erleben darf, wie sich diese schöpferische Kraft, die im Menschen steckt, derart zu offenbaren vermag, dass sie dauerhaft Freude, Leichtigkeit, Inspiration, Begeisterung und "goose bumps" zu sprühen vermag; ähnlich wie jene Funken, die niemals verglühen...



Forest Gum - yum, yum

 

Rooibos orange tea

 


Floral Scrunchie



Tauchet nun ein in meine märchenhafte Romanze:


"Nun wieder stiller
Dem Rauschen 
Des Baches lauschen
Mit den Wolken 
Lautlos dahinziehen
Mit den Schmetterlingen
Dem alltäglichen Grau
Entfliehen

Ich lege mich 
Auf bunten Wiesen nieder
Horche
Altvertrauten Liedern

Im sanften Streicheln
Des Windes
Lasse ich mich umschmeicheln
Unter der Linde

Möchte mich traumverloren
An die Birke schmiegen
Auf ihren Wurzeln liegen

Die Erde wieder spüren
Übersinnlich berühren
Mit nackten Füssen
Den Boden küssen

Im Schweigen
Die Welt erfahren
Wundervolles
Im Herzen bewahren

Animus, liebster
Alle Schätze der Natur
Offenbaren sinnlich
Deine Spur

Intuitiv
Folge ich ihr
Auch wenn ich mich
Manchmal
Zeitlos verlier."


Aus "Anima schreibt Animus", 2008



 

10.12.2024
Seite 42
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4.10.  Feierlicher Tanz – 10.12.2024.
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Haselnüsse können auch in einem cremigen Bett aus weisser Schokolade und Caramel liegen. Heute darf ich eine Packung Toffifee "white chocolate" auspacken. Diese hatte ich mir schon lange gewünscht, denn die ursprünglichen sind mit Milchschokolade - auch sehr fein, doch die weissen sind zarter im Geschmack und harmonieren wunderbar mit dem Carameligen. Zum morgendlichen Rotbusch-Orange-Tee mundeten sie himmlisch. 


Toffifee - juhee!

 
Zum Toffifee-Genuss ist folgender Witz ein Muss (er kommt mir immer in den Sinn, wenn ich diese nasche):

Eine ältere Dame fährt jeden Tag mit dem Bus. Und sie gibt dem Fahrer immer ein kleines Tütchen mit Nüssen. Nach einer Woche fragt der Fahrer: "Woher haben Sie so viele Nüsse?"
Die Dame antwortet: "Wissen Sie, ich esse immer Toffifee so gerne, nur die Nuss innen drin kann ich nicht beissen."   (LOL!) 
Also alle Postautofahrer in meiner Gegend aufgepasst: Wenn ich mit 88 Jahren Haselnüsse schenke, dann könnte es sein, dass diese ursprünglich von meiner Toffifee-Schlemmerei stammen...


À propos Haselnüsse: Nun erinnere ich mich an einen weiteren Lieblingsfilm, der um die Weihnachtszeit natürlich Kult ist: "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" aus dem Jahr 1973 mit der traumhaften Libuše Šafránková (inzwischen leider schon verstorben) und Pavel Trávnicek.

Heute entsteht spontan meine poetische Haselnussrezeptur:


"Haselnussgenuss
Weckt Sinneslust
Ein Animus-Kuss
Mit himmlischem Guss
Und märchenhaftem Schluss

Drei Wünsche hab' ich frei
Liebe, Frieden, Einssein
Einen Garten Eden für allezeit
Der Mensch mit allem vereint
Das göttliche Licht, das heilt

Tanz, Trance, Traum
Im kosmischen Raum
Haselnüsse, die fliegen
Die Schwerkraft besiegen
Sich im Gereimten wiegen."

















 

11.12.2024
Seite 43
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4.11.  Feierlicher Tanz – 11.12.2024.
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Die gestreiften Socken, die ich zusammen mit einem Subito-Los (1.- Gewinn) als 11. Adventsüberraschung öffne, erinnern mich an Mama's Vorliebe, uns mit Streifen einzukleiden. Auf den Kindheitsfotos fällt auf, dass wir oftmals etwas Gestreiftes tragen; mit schicken, dazu passenden Schuhen, farblich harmonisch aufeinander abgestimmt.
Meine Mutter ist eine wunderschöne Frau, die immer sehr Wert auf schöne Kleidung und ihr Äusseres gelegt hat. Sie hat einen exzellenten Geschmack und ein besonderes Gespür dafür, was zusammen passt und die Persönlichkeit optimal zum Ausdruck bringt. Sie pflegt einen verspielten, romantischen Stil, verbunden mit sportlicher Lässigkeit und catch-t das Auge des Betrachters mit aussergewöhnlichen Kombinationen und Accessoires, die das Gesamtbild wie ein atemberaubendes, lebendiges Kunstwerk erscheinen lassen. Seit ich sie kenne färbt sie ihre Haare hellblond, was sie wie ein Engel aussehen lässt. Noch heute geht sie regelmässig zum Frisör, um dieses traumhafte Bild (von sich) aufrechtzuerhalten. Sie ernährt sich sehr gesund, ist jeden Tag noch vor dem Frühstück in Bewegung mit ihren Hunden und hat ein riesengrosses Herz für Tiere. Sie füttert die wilden Katzen, kümmert sich leidenschaftlich um die Vierbeiner und bringt ihren eigenen Rhythmus mit dem ihrer Menagerie in Einklang. Sie braucht diese Struktur, um einen gewissen Halt im Alltag und Sicherheit in einem bewegten Lebenslauf zu finden. Ihre Hochsensibilität und ein Manko, mit Überforderung, Unvorhergesehenem und ihren Ängsten umzugehen, treibt sie (heute wohl seltener als damals) in hochprozentig Tröstendes, Betäubendes. Auf Kreta lebt sie in ihrer Villa Cosmos zusammen mit ihrem langjährigen Partner ein für sie stimmiges Einzelgängertum und darf ihren Ruhestand in diesem kleinen Paradies hoffentlich noch lange geniessen. Sie freut sich immer, wenn Besuch kommt und verwöhnt ihre Gäste grosszügig mit wunderbaren Kochkünsten, gespickt mit einer Prise Originalität und Humor, was ich an ihr bewundere. 
Meinen eigenen Kleiderstil würde ich so beschreiben: Dem Körperempfinden angepasst mal romantisch-verträumt, mal sportlich-praktisch, mal alltäglich-bequem. In der Abegg-Stiftung trage ich im Kassen- und Aufsichtsdienst die massgeschneiderte Uniform bestehend aus dunkelblauem, tulpenförmigem "jüpli", einem Blazer sowie weichfliessendem Schal mit kariertem Grunddesign und orangem Saum als Farbtupfer. Dazu die passenden, feinen Strümpfe und adretten Schuhe. Darin fühle ich mich wohl - was sonst nicht immer der Fall ist. Im Bürodienst (Sekretariat, Buchversand, Bibliothek) muss es vor allem komfortabel sein. Ich habe noch oft das Gefühl, die "weltliche" Kleidung passt nicht vollumfänglich mit meiner innersten Wesensart zusammen - mir "fehlt" wohl eine spirituelle Schicht der stofflichen Umhüllung. Anders kann ich es mir nicht erklären.


Mama mit Henri & Sandra am Zoo Lake in Johannesburg, 1972

 

Parktown West, Johannesburg, 1973. Fernand, klein Henri und Sandra

 

 

Parktown West, Johannesburg, 1973: Wunderschöne Mama

 

 

Schick für das Weihnachtsfest an der Oberen Hauptgasse in Thun, 1980




Massgeschneidertes Kostüm der AS, 2013, mit Freundin Sigrid neben mir

 

 

 


 
Im Dezember 2018 versuchte ich dieses Gefühl so zu verdichten:


"Welt zerrt am festlichen Gewand
Die gewirkten Maschen fallen
Flinke Hände versuchen zu fangen
Was längst schon ausser Rand und Band
Loslassen, was schon aufgelöst
Denn durch die Hohlräume hallen
Chöre des Himmels
Des Einen
Leuchtend im neuen Kleid
Schlüpf einfach hinein
Es könnt nicht schöner sein."

 

 

12.12.2024
Seite 44
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4.12.  Feierlicher Tanz – 12.12.2024.
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"Auf dem leeren Blatt Papier

Durchbrechen Buchstaben Pforten
Wie Knospen im Winterschnee
Durch die weisse Decke sehn

Einzeln sind sie nur Worte
Zusammen ein Gedicht
Sehr zur Freude der einen
Andere verstehen es nicht

Jahrtausende geschlummert
Bis der Mensch mit Stift
Nicht nur mit dem Munde
Seine Gedanken ausspricht
Schweigende Mauern durchbricht

Loslassen, im Moment verweilen
Die Finger fangen an zu schreiben
Lautlos, beschwingt und frei
Zu entdecken das versteckte 
Überraschungsei

Wer haucht diesen Zeilen
Ihr beseeltes Leben ein
Wer webt am poetischen Kleid
Verfeinert das bunte Muster
Die Essenz von ganz allein?

Es mag wohl entzücken
Aufrütteln oder entrücken
Inspirieren, entfremden oder
Beglücken
Füllen die unbewohnten Lücken


Und dennoch:
Ist es nicht faszinierend
Aus dem Nichts und doch existierend
Fliessend und doch statisch
Geformt und doch uferlos
Vereinend und doch geteilt
Heute für das Morgen bereit."


Meine philosophische Parodie aus dem Jahr 2023 heut für euch... 

Ebenso erfüllend erlebe ich den künstlerischen Prozess, wenn nämlich aus dem Leeren etwas Schöpferisches entsteht, das sich offenbart durch das Wirken des Künstlers; einfach aus einer Idee, Vision, Inspiration oder einem Gefühl heraus. Wo "nichts" war kann vieles das Licht der Welt erblicken, den Betrachter begeistern oder befremden. Immer aber löst das Dargestellte etwas im Menschen aus - keiner kann sich dem entziehen, was sich kreativ manifestiert hat. Dadurch merken wir, dass wir lebendig sind, im Gegensatz zur KI, die nur riesige Mengen an Daten für deren Intelligenzzuschreibung und Daseinsberechtigung zur Verfügung hat, jedoch keine Gefühle. Werden menschliche Emotionen eines Tages ebenfalls programmierbar sein? Wird eine KI uns in Zukunft empathisch, liebevoll, gar lieblich begegnen können? Wird es möglich sein, der KI dieses beseelte Leben einzuhauchen? Kann eine perfekte, vollkommene, künstlerische KI den unvollkommenen Menschen einmal ersetzen? Ich glaube nicht, denn hinter dieser KI steckt schon ein fehlerhafter Mensch, der zuerst die göttliche Allwissenheit, Barmherzigkeit, Reinheit und Liebe verkörpern müsste, um sowas zustande zu bringen. Unser Leben ist mehr als ein Algorithmus, eine Anhäufung von Daten. Die Silicon-Valley-Factory mag eine Vision verfolgen, die Optimierung des Menschlichen zu erschaffen; dieser Versuch, Perfektion und Manipulation anzustreben, mag gelingen. Doch den Menschen als lebendiges, geistiges, emotionales, schöpferisches Wesen vollständig auszutauschen wird darum "Science Fiction" bleiben, weil sich kein noch so machthungriger Tech.-Gigant über Gott stellen kann.



Liebliche Gesellschaft ...Jasmin's Geschenk heut an mich, zudem 4.- Franken Rubbelglück!

 


Adventsüberraschung am 12.12.2024


 

 

 

13.12.2024
Seite 45
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4.13.  Feierlicher Tanz – 13.12.2024.
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Rudolph stickers - Jasmins surprise for me on 13.12.2024

 

Do you recall
The most famous reindeer of all?

Rudolph the Red-Nosed-Reindeer
Had a very shiny nose
And if you ever saw it
You would even say it glows

All of the other reindeer
Used to laugh and call him names
They never let poor Rudolph
Join in any reindeer games

Then one foggy Christmas Eve
Santa came to say
"Rudolph, with your nose so bright
Won't you guide my sleigh tonight?"

Then how the reindeer loved him
As they shouted out with glee
"Rudolph, the Red-Nosed-Reindeer
You'll go down in history."


Ja, auch dieses Weihnachtslied aus dem Jahr 1949 weckt Kindheitserinnerungen; ich höre es heute seit langem wieder so bewusst und lasse mich inspirieren vom süssen, aussergewöhnlichen Rentier mit der leuchtend roten Nase. Seine Geschichte bewegt mich seit jeher: Weil Rudolph mit seiner Eigenart aus dem Rahmen fällt, wird er von seinen Artgenossen ausgelacht und ausgegrenzt. Er bekommt erst Anerkennung, als Santa ihn gerade wegen seiner speziellen Leuchtkraft für seine Schlittenfahrten gebrauchen kann. Und siehe da, nun schätzen auch die anderen Rentiere seine Besonderheit und erkennen, dass Rudolph damit sogar in die Geschichte eingehen wird. Einst missachtet, wird er geliebt, bewundert und zum berühmtesten Artgenossen aller Zeiten.
Mich hat Rudolph erneut bezaubert und dazu animiert, ihm dieses Jahr in meinen selbst kreierten Weihnachtskarten einen besonderen Platz einzuräumen. Innerhalb meines Energiefensters habe ich aus dem Vollen geschöpft und meinen ersten Entwurf für alle folgenden, die ich heuer verschicken werde, gestaltet. Ich setzte Rudolph unter einen Tannenbaum und liess ihn dort nicht alleine auf Santa warten - er bekommt Gesellschaft von Ina, die sich hierhin verirrt hat. Sie ist auch besonders: Sie hat eine hellblaue Nase, was erahnen lässt, dass sie durch den Himmel schwirren kann und weit darüber hinaus. Meine Phantasie wurde angeregt; daraus hab ich mir auf Schweizerdeutsch etwas ausgeheckt...



Rudolph and Ina in Wonderland - first design for Christmas cards 2024

 

"Ungerem gschmücktä tannebäumli

Im wiehnachtswunderwaud
Wartet dä Rudolph verträumt
Ufä Santa Claus

Es schneielet ganz fyn
U usem nüt erschynt
Äs rentierängeli, äs rüeft:
Tschou Rudolph, darfi zueder choo
Bevor mi d'chraft verloht...

Iu, lue ou aa  - nanu
Wer bisch de du? 
Ig bi d'Ina 
Ha mi verirrt da
I diä ärdäwäut -
Aber vo dir wird viu verzeut...

Freut mi, Ina, vo wo bisch de genau?
E auso - dini nase isch ja blau!

Ig chume vo wytt, wytt här
Genauso wie du, userä mär
Flüge scho syt schtundä
Himmus-schtärnä-rundä
Uf dä suechi nach minä fründä
Ufs mau sy sie verschwundä
Wo chönntä sie äch sy
Das frageni mi...

Da chräschlets im geäscht
Ä buntä tupfer hett säch bewegt
Das isch ja gar ke schmuck
Äs paar näsli farbig u keck
Aha, itz hani nech entdeckt
Los, chömed usem versteck!"

(Fortsetzung folgt...)




Rudolphinas - second idea for Christmas cards

 

 

 

 



  








 





 








 

14.12.2024
Seite 46
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4.14.  Feierlicher Tanz – 14.12.2024.
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"The Lord is my shepherd, I shall not want.
He maketh me to lie down in green pastures: he leadeth me beside the still waters.
He restoreth my soul: he leadeth me in the paths of righteousness for his name's sake.
Yea, though I walk through the valley of the shadow of death, I will fear no evil: for thou art with me; thy rod and thy staff they comfort me.
Thou preparest a table before me in the presence of mine enemies: thou anointest my head with oil; my cup runneth over.
Surely goodness and mercy shall follow me all the days of my life: and I will dwell in the house of the Lord forever."

Psalm 23, King James Version.


Heute muss ich strikte Bettruhe einhalten. Hab gestern zu viel gestaltet. Doch es war der Mühe wert, im Innersten bleibe ich unversehrt.



Sonnenglanz im Helgisrieder Wald, Herbst 2024

 

"Ach wie tröstlich goldener Strahl
Durchflutest so manches Tal
Dein ätherischer Duft ist überall
Lädst ein zum sinnlichen Mahl

Ja, Hand aufs Herz, es mundet sehr
Man wird nicht satt, will noch mehr
Denn Sinnliches ist nicht genug
Zieht leidenschaftlich in den Sog

Meine Augen und mein roter Mund
Möchten davon kosten zu jeder Stund
Auch mein Verstand und meine Hände
Deinen Glanz ertasten ganz behende

Ach, könnt man's doch leibhaftig erfassen
Vollumfänglich durch den Körper fliessen lassen
Tief hinein ins menschliche Herz
Als Balsam gegen den Schmerz."



San♥Poetry, 2017
15.12.2024
Seite 47
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4.15.  Feierlicher Tanz – 15.12.2024.
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"Hands
To lay
On your shoulder
My friend
I trust you
On the way

Hands 
To fold
In prayer
Connect
To the Divine
Blessed
Every single day

Hands 
To protect
Grab and hold
Love
Let go
Reach out
For what will stay

Hands
To create
Masterpieces
Of Art
Express
What lies within
Dance and sway

Hands
To worship
Caress
Touch
With tenderness
Showing
Signs of peace
What is written
Dare to say

Hands 
To rest
Silently
In Yours
Safe and sound
Truely
Embraced
Carried away."


San♥Poetry, 2019



Dritter Adventssonntag, im Zeichen des Spielglücks

 

Schöne Erinnerungen werden wach, wenn ich an die Spielabende denke, die ich gemeinsam mit meinen Freundinnen erleben durfte - wir trafen uns ein paar Mal im Jahr zum Jassen, ein Kartenspiel, das ich liebe und von Muetti (Grossmutter mütterlicherseits) gelernt habe. Wie es im Leben so ist, sind Freundschaften, Begegnungen mit Menschen, die man liebgewinnt, auch dem Wandel unterworfen. Nicht alle können auf der Reise mithalten und den Erschütterungen stand halten. Umso kostbarer sind jene, die geblieben und mit mir gewachsen sind; die treu, vertrauenswürdig, unerschütterlich ein fester Bestandteil meines Lebens sind. Dennoch sprühen die Funken der Verflossenen unauslöschlich weiter, denn alle meine Wegbegleiter:innen haben dauerhaft ihre Spuren hinterlassen und sich in meinem Herzen verewigt. Dafür bin ich jeden Tag dankbar.


Herzdame ist Trumpf!

 




16.12.2024
Seite 48
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4.16.  Feierlicher Tanz – 16.12.2024.
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Vollmondnacht hat mich schlaflos gemacht

 

In der Nacht auf heute hat mich die helle Vollmondnacht um einige Stunden Schlaf gebracht...was mich aber nicht sonderlich aus dem (ohnehin schon wandlungsfähigen) Rhythmus geschleudert hat. Ich habe dafür in den frühen Morgenstunden im Sonnenschein geschlummert und mich einfach dem hingegeben, was sich ergeben wollte. In der Tat erweist sich dieses "ganz-bei-sich-und-in-sich-Sein" als ebenso heilsam, wie die Achtsamkeit und bewusste Auseinandersetzung mit mir, meinen Bedürfnissen, den Signalen des Körpers. Wenn dieses "Loslassen-um-meiner-selbst-Willen" allmählich auch auf der Gefühlsebene mitschwingt, erlebe ich dies als enorm befreiend, beglückend. segnend, veredelnd. Mit mir selbst im Reinen zu sein liess sich bis jetzt "nur" im Tanz, wenn ich im Einklang mit der Urkraft in mir bin, erfahren. Es nun sozusagen als "Grundzustand" zu entdecken, lässt ein neues Körperempfinden erwachen, einfach nur wunderschön, sich in seiner Haut so wohl und stimmig zu fühlen.
Ist dies für euch nachvollziehbar, ähnlich erlebbar oder gar eine Selbstverständlichkeit? Diese Frage stelle ich mir erst jetzt, da ich diese Grundschwingung auf alltäglicher Basis bewusst wahrzunehmen lerne. Sie unterscheidet sich vom im Kapitel 1.1 (Er-schöpft) beschriebenen Zustand des Grenzenlosen, in den ich hineinschweben kann, der als ein "in-bedingungsloser-Liebe-sich-Auflösen" Befinden nur annähernd erklärt werden kann. Vielleicht sowas wie ein körperlicher Höhepunkt, einfach auf "seelischer" Ebene...? Um dies adäquater zu umschreiben fehlen mir (in meiner Begrenztheit) momentan die Worte. Aber vielleicht "wissen" einige von euch, was ich damit meine...



Voll des Mondes

 

Gestern und heute hatte ich kein Rubbelglück, dafür eine erneut sehr herzige Überraschung in Jasmins Adventstüte 16: Ein Engel mit lächelndem Gesicht, die ein golden glitzerndes Herz in den Händen hält. Da sie morgens schon früh unterwegs war zur Frauenärztin (die sie auf die Welt gebracht hat), bedankte ich mich für die lieblichen Figuren, die sie mir bis jetzt geschenkt hat. Daraufhin bemerkte sie: "So wie du..." - was mich natürlich sehr berührt und zu Tränen gerührt hat.



Noch mehr Mondzauber - zum Greifen nah...


Meine Vollmondpoesie teile ich heut mit euch; ich fühle es immer noch so, wie damals im Mai 2018:


"Ein Traum aus Vollmondschein
Aus dem Himmel gegossen
Könnt nicht schöner sein
An keine Grenzen stossen
Alles zerfliesst in eins

Ins helle Licht getaucht
Sogar die Tannenspitzen
Der Täler feiner Hauch
Durchflutet alle Ritzen

Und aus der Erdenmitte
Entweicht ein dunkler Ton
Ein Abend in friedlicher Stille
Des Tages gerechter Lohn."


San♥Poetry





Mondglanz, himmlischer Tanz

 

 

 









17.12.2024
Seite 49
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4.17.  Feierlicher Tanz – 17.12.2024.
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"Seifenblasen
Schweben schillernd
Luftig leicht
Regenbogenfarben
Ohne zu fragen
Getragen

An manchen Tagen
Darf auch ich
Schwerelos
Befreit sein
Der Welt 
Entflogen."


San♥Poetry



Seifenblasenphasen 2024

 


18.12.2024
Seite 50
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4.18.  Feierlicher Tanz – 18.12.2024.
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Precious memories


In den schönen Erinnerungen zu schwelgen kann den Menschen erfüllen, über das Schwere erheben. Sich mit dem damit verbundenen Gefühl tragen zu lassen in das einst Erlebte durchflutet das Erinnern im Jetzt mit noch intensiver Kraft als das einst Erfahrene. Rückblickend vermag man (aus einer gewissen Distanz) auch mehr zu erkennen, intellektuell einzuordnen, verstehen, (wie Puzzleteile) zusammenzufügen; aus dem Stückwerk wird schlussendlich das ganze (Lebens-) Bild sichtbar. Je mehr Bruchstücke ich einzuordnen vermag, desto eingehender (ehrfürchtiger) erahne, spüre und erfasse ich das Gesamtkunstwerk, sodass reine Freude mich durchflutet in sanften Wellen, die nirgends zerschellen. Zu Beginn habe ich tief graben müssen, um meinen Schatz zu entdecken; meinen rohen Diamanten, den ich stetig fein schleife und aus dem Dreck (der traumatischen Schicht) befreie. Darin widerspiegelt sich mein wahrhaftiges Sein, das sich immer mehr offenbaren will. Ein unbeschreibliches Gefühl, das mich gestern und heute auf einer Wolke dahinschweben liess. Um 9:00 Uhr heute Morgen "landete" ich für ein paar Stunden in Seftigen, um der Einladung meiner Kollegin Ruth (aus der AS) zum Brunch nachzukommen. Sie hatte einen Gutschein zu ihrem 70-sten (im September) erhalten und wollte ihn mit mir an einem märchenhaften Ort einlösen. Bilder sagen oft mehr als Worte, die die Magie nur einengen würden...:


Sweet dreams coming true...




Schlaraffenschoggiland



Schlaraffenlandträume




Augen zu und durch...

 


Flowers in Paradise

 

Adventsstimmung 18.12.2024


 

A fairy tale world not so far...



"Herzlichen Dank, liebe Ruth

Mit dir sind drei wundervolle Stunden
Wie im Flug entschwunden
Hast mich märchenhaft umschlungen
Uns mit soviel Genuss verbunden

Ich sehe dich schon bald im neuen Jahr
Mit Schneeflocken und Sonnenstrahlen im Haar
Lächelnd, beschwipst vor Glück
Mit Perlen der Freude bestückt
Von Hoffnung und Zuversicht erfüllt
In den Mantel der Liebe gehüllt."


San♥Poetry







 







 




 

 




 

19.12.2024
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4.19.  Feierlicher Tanz – 19.12.2024.
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"Ja, hier finden wir uns wieder
Fröhlich, lächelnd oder verzweifelt, verletzt
Im Auf und Ab der Emotionen
Urmenschlich miteinander verwoben
Zwischen spannungsgeladenen Polen
Unzertrennlich
Durch unzählige Fäden vernetzt

So spinnt das Leben uns 
Ins unbekannte Kunstwerk fort
Licht, Hoffnung, Liebe
Spannen den Bogen 
Unmerklich und tief
Höher und weiter als wir ahnen
Bis wir aus dem Rahmen fallen."



San♥Poetry, Dezember 2021


Seit die Viren mich in die Erschöpfung getrieben haben, lerne ich loszulassen - meinen Rucksack voller Ballast (schweres Material mit hohem Gewicht aber geringem Wert) abzuwerfen. Vielleicht werde ich den Erregern eines Tages rückblickend einmal wohlwollender begegnen, als ich dies auf meinem Höllentrip in den letzten zwei Jahren leibhaftig habe erleben müssen. Die ausgedehnten Tage im Bett liessen mich fast verzweifeln, zumal ich gerne die Kontrolle über mich, mein Leben, mein Schaffen und Wirken habe. Im fleissigen Herumwirbeln urplötzlich gestoppt zu werden, damit hatte ich anfangs grosse Mühe. Bis ich mich entschied, auch aus dieser misslichen Situation mit schöpferischer Energie - nun gezwungenermassen nach innen gerichtet - etwas Konstruktives zu gestalten. Wiederum ein Herzensimpuls, der das Unausweichliche mit Kreativität, Optimismus, Glauben an einen guten Ausgang und Gottesvertrauen (immer noch unerschütterlich) umzuwandeln versuchte. Gehe ich noch tiefer, in dem, was mir im Prozess offenbart wurde, kann ich mit Gewissheit schreiben: Es musste so kommen. Und es musste derart heftig sein. Auf mich selbst und meine Unzulänglichkeiten, Schwächen und das Existenziellste zurückgeworfen zu werden. (Dankbar, noch atmen zu können, trotz Schmerzen sanftmütig zu bleiben, jeden Tag neu etwas Kraft zurückzuerobern, zwei Schritte vor, einen zurück, dazwischen einen Sprung, Rückfall zu Boden, nicht aufgeben, wieder aufstehen, noch kleinere Schrittchen, noch mehr Ausdauer, Geduld, Sanftmut). Denn dadurch wurde ich mir der Endlichkeit bewusst, dem allmählichen Ende meines Bewusstseins in meinem weiblichen Körper. Dieses Erkennen zog mich auf diese geniale Plattform, wo ich mich in meiner Unbeweglichkeit dennoch frei bewegen konnte: Innerlich, emotional, geistig, intellektuell. Einige Fragen rückten augenblicklich mehr in den Vordergrund: 
♥ Wenn ich morgen nicht mehr erwache, was hinterlasse ich (ausser dem materiellen Besitz) meinen Nachkommen?
♥ Wie kann ich mich, meine Gedanken, Gefühle, Erlebnisse, Erinnerungen, Träume selbst entdecken, verstehen, offenbaren, beschreiben?
♥ Wie kann ich die Sehnsucht, die mich zerreisst in meinem unflexiblen Zustand des "auf-mich-selbst-zurückgeworfen-Seins" stillen? Warum ist sie gerade jetzt so intensiv? Vielleicht, weil ich es zu wenig zugelassen habe, geliebt zu werden?
♥ Habe ich mich jemals selbst geliebt und so akzeptiert, wie ich bin?
♥ Nun, da ich auf Hilfe und Zuneigung angewiesen bin: Warum habe ich so Mühe, dies anzunehmen?
♥ Was kann ich meinen Töchtern an Weisheit, Inspiration und Erkenntnis mitgeben auf ihrem Weg (falls sie diesen schon bald ohne mich weitergehen müssten)?
♥ Wird die Kraft schneller in meinen Körper zurückkehren, wenn ich das Traumatische im Schreibprozess (auf meet-my-life) verarbeite?
♥ Was wird diese ehrliche Konfrontation mit der authentischen Sandra alles auslösen oder neu in Bewegung setzen können?
♥ Was kann ich noch geben in meinem Zustand, was an Freude dennoch weiterschenken? 
♥ Finde ich nachhaltig Frieden in meinem Menschsein?
♥ Was macht mein Leben sinnvoll, erfüllt, wertvoll?
♥ Werde ich der Unendlichkeit; dem Ewigen, Einen, meinem "Animus" dadurch auf die Spur kommen?
♥ Werde ich näher zu Gott, der Schöpfung, mir selbst im grossen Ganzen finden?
♥ Wird die "Liebe", die ich im Innersten spüre, erfahrbar bleiben, gar wachsen, mich durch alles hindurchzutragen vermögen?

Indem ich mich dem Schreibfluss hingegeben habe, sind schon viele meiner Fragen beantwortet worden. Noch nicht genug: Es fliesst ja noch weiter ins Unentdeckte, Spannende, Geheimnisvolle. Und ich merke einmal mehr: Der Weg ist das Ziel. Im Hier und Jetzt ist's schon vollendet. Das, was mich nicht loslässt und in mir weiterkeimt, darf in die Zukunft hinein blühen, auch wenn ich schon längst verwelkt bin. Denn alles ist in allem, verwoben, verbunden, vernetzt, vereint. 
Das Loslassen fällt mir immer leichter. Doch, das, was mich nicht loslassen will, hält mich eng umschlungen, in unbeschreiblicher Liebe: Und dies ist die wohl erfüllendste Antwort auf alle meine Fragen.
20.12.2024
Seite 52
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4.20.  Feierlicher Tanz – 20.12.2024.
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Eine Packung Sicherheitsnadeln, kein Rubbelglück, dafür ein erfreuliches Telefonat hat diese 20. Adventsüberraschung mir beschert. Einst weinte ich Krokodilstränen, heute sind es Freudentränen. Im Sommer darf ich meiner Lebensgeschichte eine Stimme verleihen, sie mit Gleichgesinnten teilen, was mich derart tief berührt, dass mich nach einem beschwingten Tänzchen zu Bachata-Rhythmen die Glückswellen überrollen. Nach dieser langen Leidenszeit ein sehr intensives, beflügelndes Gefühl, das mich den ganzen Tag begleitet. Diesen Schwung nehme ich mit in die Gestaltung der letzten Weihnachtskarten, die ich morgen verschicke. Das Leben; meine Berufung ruft nach mir, und ich folge ihr. Ja, das Schöpferische zieht mich in eine Richtung, die ich mir so nie hätte vorstellen können. Doch es fühlt sich richtig gut an, friedlich, verbunden mit allem und funkensprühend.
Yes: This is the way to go, to continue.
Herzenswünsche erfüllen, im Einklang mit mir und den anderen schwingen; gespannt, was sich alles noch offenbaren darf in diesem feierlichen Tanz, der schon bald in mein nächstes Kapitel "Paartanz" führen wird, dies spüre ich noch tiefer in mir.
Wieder durchfluten mich Freudentränen, und ich kann es kaum erwarten.
Im Loslassen habe ich auch aufgehört zu suchen, um mich finden zu lassen.

Vor sieben Jahren "prophezeiten" meine Reime diese Entwicklung so:

"Tanz der Sinne durch das All
Auf der Suche hier und überall
Was ist's denn, das uns so treibt
Spannt den Bogen in die Unendlichkeit?

Wo sich alles wieder findet
Genährt, gestillt, gelindert
Wo Tränen verwandelt im Freudenfluss
Sanftmut und Liebe im Überfluss
Vollendet in einem einzigen Kuss."


San♥Poetry, 2017
21.12.2024
Seite 53
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4.21.  Feierlicher Tanz – 21.12.2024.
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Endlich wieder Rubbelglück! 2 Franken, eine Bio-Nussschoggi und kleine Schneemanns-Kerze runden das süsse Bouquet heute ab. Ich sonne mich in meinem Wohlgefühl, sehe die Wolken wie Sahnehäubchen luftig leicht verheissungsvoll davonschweben. Wie wohl das Wetter am 24. aussehen wird? In den letzten Jahren hatten wir an Weihnachten kaum Schnee, vielleicht legt sich dieses Jahr die weisse Pracht märchenhaft über unser sinnliches Geniessen. 
We shall see. Während ich mich von Chris Rea mit "Driving Home For Christmas" berieseln lasse, fahre ich in meiner Vorstellung durch stimmungsvolle, traumverhangene Winterlandschaften, die im Sonnenlicht glitzern und funkeln, was mich an meinen wertvollen Diamanten erinnert, der mit jedem Tag mehr leuchtet.


"Dieses Jahr Weihnachten ohne Schnee
Sattes Grün mit Hase, Fuchs und Reh
Laues Lüftchen in der Vollmondnacht
Ich komme zur Ruhe in stiller Andacht

Ein bewegtes Jahr geht zur Neige
Ehe ich in Santas Schlitten steige
Blicke ich zurück
Auf Gnade, Gesundheit, Glück
Vor Dankbarkeit entrückt

Ja, nicht nur im Lichterglanz
Darf sich gebärden mein Weltentanz
In stürmischen Zeiten kann ich reifen
Die leidenschaftliche Bewegung begreifen
Gegensätze in meinem Herzen vereinen."



San♥Poetry, 2018




Let it flow, at long last...

 

 

 

22.12.2024
Seite 54
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4.22.  Feierlicher Tanz – 22.12.2024.
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Surprise, surprise...

 

Oh, my goodness! Dieser vierte Adventssonntag ist voller Geldsegen. Joya's Traumlos schenkt mir einen Gewinn in einer Höhe von 200.- ! Noch nie habe ich soviel Geld gewonnen. Insgesamt haben die Lösli bis jetzt 233 Franken hergegeben - sagenhaft! Morgen hole ich eine Fondue-Chinoise-Platte in der Dorfmetzgerei ab für unser Familienessen (Joya, Luis, Arlette, Röbi, Tömu, Jasmin und ich) am 26.12. im Diemtigtal. Mit dem Lösli-Geld werde ich diese nun (ohne die vorgesehene Beteiligung von Joya) vollständig finanzieren. Etwas ausgeben, etwas sparen (für Geschenke) und etwas spenden. So lautet meine Devise seit ein paar Jahren, der ich treu zu bleiben versuche. Ich esse sonst kein Fleisch (Ausnahme: Das Huhn, das ich für die stärkende Hühnersuppe brauche), ausser an Geburtstagen, Feiertagen und wenn ich eingeladen bin. Während den Schwangerschaften musste ich eisenhaltiges Fleisch (läberli) essen, weil ich die Eisenpräparate nicht vertrage; diese Unverträglichkeit habe ich von Muetti geerbt, die während ihrer Mutterschaft aus Verzweiflung sogar rohe Kalbsleber verzehren musste. 
Die letzten Weihnachtskarten sind für den Versand bereit, und nach getaner Arbeit darf ich mir nochmals ein entspannendes Bad gönnen; Jasmins Badekristalle "Hab Dich LIEB" duften herrlich fruchtig nach Himbeere und Preiselbeere. Nach der Festtagszeit versuche ich wieder sparsamer mit dem (Bade)-Wasser umzugehen. In diesen Tagen des Genusses darf ich auch mal etwas über die Stränge schlagen, ohne schlechtes Gewissen.
Wir feiern traditionell mit einem geschmückten Weihnachtsbaum; in Jasmin und Tömus heimeliger Stube hat nur ein kleines Bäumchen Platz, weil die Dachschräge (sie wohnen in ihrem Häuschen zuoberst) das Höhenmass vorgibt. Heute schickt mir eine Kollegin (die weiss, dass ich Katzen habe) ein derart witziges, treffendes Foto, dass ich es hier unbedingt mit euch teilen muss:


Chat de Noël

 

 
Zum Schluss für heute ein paar besinnliche Zeilen zum Jahresende:

"Was dich wohl beglückt
Mit Hoffnung erfüllt
Wenn du ins Neue blickst
In stiller Zärtlichkeit gehüllt

Wie magst du es denn sehen
Mal dunkel, hell oder bunt
Welche Wege treu begehen
Mutig, stark, bewundernswert

Was bewegt dich fortan

Gedanken klar oder betrübt
Hörst du hier das Lachen
Dort der Schrei, der niemals lügt

Welch Gewissheit, welche Fragen
Erreichen dein empfängliches Herz
Dankbarkeit übertönt das Klagen
Getragen sind wir in Leid und Schmerz

Liebe heisst auch geben
Sich selbst verlieren
Nicht nur Höherem zustreben
Das Leben, sich selbst riskieren

Was auch immer kommen mag
Neues Jahr, neue Chancen
Wir geben uns die Hand
Wachsen im gegenseitigen Vertrauen."


San♥Poetry





23.12.2024
Seite 55
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4.23.  Feierlicher Tanz – 23.12.2024.
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Winter Wonderland on 23.12.2024


Das erste, das ich morgens beim Erwachen sehe: Die Landschaft mit weisser Pracht überzuckert - märchenhaft! Ich liege noch lange im Bett, schaue den Schneeflocken zu, wie sie federleicht vom Himmel herabgleiten, sich weich an die Tannen schmiegen, samtig auf den Boden legen; welch ein Segen: Endlich einmal weisse Weihnachten (im Diemtigtal wird der Schnee sicherlich morgen auch noch dies traumhafte Versprechen halten). 
Jasmin schenkt mir Ohrringe, Bio-Haferkekse, und ich bin fast froh, dass Joyas Los heute keinen Gewinn einbringt; das wäre nach dem Glück gestern zu viel des Guten und schon fast "spooky" gewesen!

Guetzlibacken, Stockings füllen, Tanzen und Träumen füllen diesen Tag im Nu aus; morgen dafür wieder etwas mehr ausser Haus.


Spitzbuben, unsere Liebsten...



Try me!

 

1. Stocking - zum Bersten gefüllt :-D

 

Vorfreude auf all das Schöne strömt unaufhaltsam durch meinen Körper, was mich an diese kurze Poesie aus dem Jahr 2017 erinnert: 


"Freude durch ein Lächeln verbindet
Den kürzesten Weg zum Nächsten findet
Tag für Tag lässt sie dich strahlen
Optimismus, Kraft und Schwung bewahren
Jeder Moment, glücklich gewirkt
Grosses im Kleinen bewirkt."


San♥Poetry

 

 



 

24.12.2024
Seite 56
Seite 56 wird geladen
4.24.  Feierlicher Tanz – 24.12.2024.
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In the wake of our dreams, 24.12.2024



A gift from Heaven ... 24.12.2024

 

 

Into the Divine

 

 

Most wonderful Christmas Words, 24.12.2024

  

24.12. - letzte Adventsüberraschungen für dieses Jahr 2024

 

Stockings ready - Lucky not yet (still needs to be decorated) LOL

 

Mit diesen Bildern braucht es für Heiligabend keinen lyrischen Tanz mehr...aber die versprochene Fortsetzung der "Rudolph-Ina-Mär" schenke ich euch doch noch (später; bin auf dem Sprung).


"Eis nachem angere
Itz vorem tannli 
Steuä sech vor:
S'Schneewittli
Dornrösli 
Ascheputtel
Rapunzel
Meerjungfrou u co.

Am heiligaabe sy aui zämächoo
Aber ei überraschig wartet no:
Ds märli, wo wahrhaftig wird
Im neuä jahr gfyret, zelebriert
D'Anima u dr Animus
Finge zämä imne kuss
Doch mit däm
Isch no lang ned schluss

Wunderbari neui gschichtä
Chöi sech so verdichtä
Äs neus buech mit vilnä kapitlä
Wird die wichtigschti botschaft vermittlä:
D'Liebi kennt kener gränzä
Kes auter, ke zyt, ke begränzig
Was Gott zämäfüehrt isch heilig
Bringt freud, friede u macht seelig."


San♥Poetry, 25.12.2024




 

 

Frohe Weihnachten ♥
Seite 57
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4.25.  Feierlicher Tanz – Frohe Weihnachten ♥.
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Christmas Tree, Tömu's choice from the woods nearby and Jazzy's decoration

 

Der Festschmaus gestern im idyllischen Diemtigtal mit Tömu's Eltern (seine Mama hat Filet im Teig, Wildreis, dazu eine feine, weisse Sauce und verschiedene Salate zubereitet) mundete so gut, dass ich mich zu satt gegessen habe. Ihre Weihnachtskekse schmeckten auch wunderbar. Die kleine, gemütliche Stube füllte sich mit Herzlichkeit und dem Gefühl der Verbundenheit und Gemeinschaft, das ich so liebe. Joya fuhr nachts wieder nach Hause, ich übernachtete im Gästezimmer. Am Morgen weckte mich eine strahlende Sonne, die nach dem Frühstück zum gemeinsamen Weihnachtsspaziergang einlud. Die Landschaft einfach magisch, wie im Winterwunderland, mit der glitzern funkelnden Schneedecke, so wie ich es ein paar Tage zuvor erträumt hatte...


Weihnachtsspaziergang

 



Funkelnde Schneekristalle

 

Wieder zuhause, tauche ich in die Abendstimmung ein, um diesen Tag ausklingen zu lassen und mich an den Weihnachtskarten zu erfreuen, die ich erst heute (gestern hatte ich keine Zeit) aus dem Briefkasten fischte. Zu schön, um sie einfach für mich zu behalten:


Christmas Card handcrafted from Dänu, always very beautiful :-D



Christmas is a feeling (of deep love and belonging together).

 


Rezept von Monique für Glückssterne




Herzliche Weihnachtspost, alle Jahre wieder von Moni

 

 

Weihnachtskarte von der treuen Eva

  

 

Latest news from my everlasting friend Eva

  


Card from the Abegg-Foundation

 

Lucky to be a part of them


 

From Heidi

 


True friends: In our hearts, always!

  

Sehr müde und erschöpft versinke ich im Bett, von Glückseligkeit und Dankbarkeit erfüllt. So viel Liebevolles umarmt mich jeden Tag; in dieses wärmende Mäntelchen eingelullt finde ich nach all den wunderschönen Eindrücken zur friedlichen Nachtruhe.



Sunset - view from my balcony

 


Magical



♥ Let love embrace you today and always ♥

 


"Im Taumel irdischer Zeit

Liebevolle Spuren auf Eis
Wo Menschlichkeit verweht
Trägt die Hoffnung neue Knospen
Göttlicher Glanz legt sich in unsere Herzen
Löst die Schleier dieser Welt
In den Fluten Seiner Liebe
Sind dunkle Mächte vertrieben."


San♥Poetry, February 2017

 



 

 

Love, love, love
Seite 58
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4.26.  Feierlicher Tanz – Love, love, love.
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Love, love, love



Joya-Anais and Luis, 26.12.2024


 

Tömu u Jazzy, 26.12.2024




Röbi & Arlette, 26.12.2024

 

 

Sandra, 26.12.2024


                                

                                                               

                                                               I
                                                           LOVE  
                                                      you, always                     
                                                            Love                          
                                                            YOU                                                 
                                                           forever
                                                            more
                                                              …
                                                               .
                                                               ♥





"Federleicht haben sie mein Herz erreicht
Schwebende, belebende Worte
Eroberer geistiger Pforten
Ja, poetischer Reigen wird nimmer schweigen
Legt sich schwindelerregend ums Gemüt
Hat nicht nur innere Welten berührt
Fliegt nun auch dem Aussen zu
Noch mehr Wahrhaftiges zu entdecken
All die Schlafenden zu wecken..."


San♥Poetry, February 2017





                                                             

Paartanz
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5.  Paartanz
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"Sehnsuchtswellen, die mich durchfluten

Zaghafte Schritte auf irdischen Stufen
Führen mich zu dir, in Gedanken versunken
Dieses Kapitel lässt Wundersames vermuten

Nun losgelöst, über die Massen
Mich verführen zu lassen
Von allen bösen Geistern verlassen
Dich, Animus, leibhaftig zu erfassen."

 

1. Akt: Wunsch und Wirklichkeit
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5.1.  Paartanz – 1. Akt: Wunsch und Wirklichkeit.
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Das traumverhangene Kostüm hatte sie abgelegt. Einmal so ganz in die leibliche Rolle schlüpfen, entseelter, in das stille Verlangen einer Frau, die sich auf puren Genuss einlässt und sich ins körperliche Vergnügen stürzt, so als gäbe es kein Morgen. Versuchsweise streift sie die poetischen Hüllen ab, um ihren weiblichen Körper zu entdecken, die Lust zu leben, lieben. Leben im Sinnlichen, der Leidenschaft ganz ergeben. Dafür musste sie Schutzschichten ablegen, sich ihrer Nacktheit stellen. Mit der Zeit würde das Phantastische sie über das Gefühl der entblössten Scham hinwegtragen. Sie brauchte sich nur vorzustellen, wie es einst - ursprünglich - gewesen sein musste, frei von ihrer Geschichte, einem hemmenden Bewusstsein, diesem kontrollierenden Verstand; einfach nur geliebt in seinen Armen, losgelöst - unbefangen. Das muss einfach himmlisch gewesen sein, damals, im Garten Eden, als sich die Liebenden einander hingaben, jenseits von Erkenntnis, Angst, Unsicherheit, Schamhaftigkeit.

Wie könnte es gelingen, zu diesem Zustand zurückzufinden? Die Sünde, Verwundbarkeit, menschliche Tiefe einfach abstreifen? Nach einem Glas Wein oder zwei die Besinnung vernebeln? In die Imagination eintauchen, um dem Physischen Leben einzuhauchen?

Mal schauen, wie sie sich anstellt in diesem fiktiven Akt einer Vorstellung, wie es sein könnte…

Das Publikum ehrte die Tänzerin mit tosendem Applaus. Die schönste Belohnung für eine Künstlerin, die ihrem Körper viel abgerungen hatte, um eine herausragende Darbietung zu präsentieren, die Zuschauer zu berauschen und beglücken. Ihre nächste Performance stand noch offen, da sie das Privileg genoss, frei zu entscheiden, auf welche Bühne sie hüpfen wollte. Nach Paris würde es sie wieder in den Süden ziehen; an der Mailänder Scala wurde sie immer herzlich empfangen, da sie die Opernwelt mit ihrem spontanen Ausdruckstanz durcheinanderzuwirbeln verstand. Als Freigeist hatte sie sich diesen Platz dank ihres Erfolges sichern können. Dahinter steckte viel Schweiss, Fleiss, Ausdauer und Hingabe. Aber auch Verzicht. Dieser schmerzte zeitweilen, vor allem dann, wenn sie nach den Autogrammrunden müde in ihre bescheidene Wohnung zurückkehrte, wo sie in den Stunden der Melancholie niemand wirklich vermisste. So plötzlich von schweigenden Mauern umgeben zu sein bedrückte sie zunehmend, auch wenn sie wusste, dass ein Knopfdruck auf ihrem Handy am anderen Ende eine freundliche Stimme ertönen liesse, die sie aufmuntern und zu einem Drink einladen würde. Warum eigentlich nicht? Wann hatte sie sich zuletzt so richtig amüsiert, sich unter Freunde und flüchtige Bekanntschaften gemischt? Den Wunsch, eine feste Beziehung einzugehen, hatte sie bis jetzt verdrängt, sich von der Seele getanzt.

Warum nicht mal mutig neue Sprünge wagen, vom Solotanz in einen Paartanz schreiten, sich auf ein romantisches Tête-à-Tête einlassen – Verehrer gab es genug.  

Die jüngeren fielen schon mal weg, da sie sich immer schon von älteren, reiferen Männern angezogen fühlte. Die Auswahl war auch hier eingeschränkt, da die meisten, interessanten Kaliber schon vergeben oder verheiratet waren. Eine Affäre, nur um ein Sexbedürfnis zu stillen, war für sie ebenso absolut tabu; sich einem One-Night-Stand zu öffnen, genauso unvorstellbar. Waren ihre Vorstellungen einer vertrauenswürdigen Bindung überhaupt realistisch oder von zu hohen Erwartungen verzerrt? Fragen über Fragen: viel zu viele!

Einfach loslassen und sich in das Unglaubliche, Lustvolle fallen lassen, wie wenn es kein Morgen mehr gäbe. Nur noch den einen, zugefallenen Moment, in dem sich Anima und Animus begegnen und ein erster Funke hinüberspringt. Schlägt sein Herz in einem Tänzer? Muss nicht sein. Tanz beginnt dort, wo die Musik erklingt. In einem bewussten Schrittchen hin zum Begehrten, der Manifestation des Unbewussten, der Berührung zweier Welten.
Aus der vertrauten Ummantelung herausschlüpfen in die Zurückeroberung des Augenblicks, der weder Vergangenheit noch Zukunft kennt.

Sie packte ihre Tanzbekleidung in einen Beutel, den sie in den Rucksack steckte, der sie auf das Nötigste beschränken würde, immerhin war noch Platz für ihren gestrickten Lieblingspullover mit den Puffärmeln, ein paar Jeans, Unterwäsche, Socken, Hygieneartikel, ihr Handy mit Ladekabel, ID, CC, SwissPass für den Trip in den Süden, einen grossen Schal (zur Benutzung als Tuch oder Bedeckung), eine Wasserflasche und die Tagesration Nahrung, die sie nun - als Durchreisende ohne Obdach - von der Hand in den Mund besorgen musste. Als Vagabundin nach Italien zur nächsten Vorstellung zu reisen, was für ein Abenteuer! Sie kramte noch eine Sonnenbrille, den dunkelbraunen Hut, der ihre Identität zu verhüllen vermochte, hervor und stopfte sie in den schon aus den Nähten platzenden Back Pack. In ihren Alltagsklamotten und den bequemen Turnschuhen, in aller Schlichtheit gekleidet, fühlte es sich so an, als wäre sie heimgekehrt in die Einfachheit ihres Seins. Würde sich dadurch allmählich eine Unbeschwertheit einstellen? So ganz ohne zu entschweben? Sie musste sich schon noch daran gewöhnen, wie es nun sein würde, das Ungewisse zu erleben, ohne auf einer Wolke getragen zu sein.

«Ich bin dann mal weg, zur nächsten Vorführung in zwei Wochen», verschickte sie als WhatsApp-Nachricht an Familie und Freunde, damit sie sich nicht um sie sorgten, und sie spürte, wie ihr dadurch unmittelbar eine grosse Last von den Schultern fiel. Sie hatte sich auch fest vorgenommen, IHN nicht zu suchen, sondern dem «Zufall» zu überlassen oder der Führung Gottes, je nachdem, wie sie es rückblickend erkennen würde. Sich nun losgelöst(er) von einem einengenden Bewusstsein dem Lauf des Unvorhergesehenen anzuvertrauen, auch das sehr gewöhnungsbedürftig. So viel wie möglich und soweit sie ihre Füsse ohne Schmerzen zu tragen vermochten, würde sie auf Transportmittel verzichten. Per Anhalter weiterzufahren, wäre nur die letzte aller möglichen Optionen, weiterzukommen – eher eine Art Challenge, wie sie sich ihrer Angst stellen würde.

Neben ihrem Fussweg schlängelte sich der Fluss mal zischend, mal geschmeidig schweigend durch die sommerliche Landschaft. Die Mittagshitze drängte dazu, im Schatten der Bäume auszuruhen und sich zu verpflegen. Ihre schwitzenden Füsse waren auch froh um eine Abkühlung; sie zog die (wie ihr schien) dampfenden Schuhe und Socken aus, ahhh - welche Wohltat. Unter ihrem Hut perlten Schweisstropfen, die sich ebenso im langen, kupferroten Haar verfingen. Sie würde sie zu einem Rossschwanz zusammenbinden, dem Schweisstreibenden zum Trotz. Dies erinnerte sie an damals, als...als... - a..l..s...  -  a....l....s  -  sie hielt inne; ihre Gedanken kamen ins Stottern, die inneren Bilder ebenso - STOP - Filmriss! Bis hierhin und nicht weiter: Bewusstes Loslassen begann hier und jetzt, in ihrem stets regen Intellekt. Wie sie erst kürzlich in einem Gespräch mit einer Kollegin erfahren hatte, sei dieses schwer zu bremsende Gedankenkarussell ein Zeichen für "overthinking" - zu viel des Guten, folglich für eine Vagabundin nicht typisch...und in diese Haut war sie ja nun entschieden geschlüpft: Neue Rolle, neue Ufer, neu zu entdeckende Freiheit!
Während sie in einen knackigen Apfel biss, zog eine Mutter mit Kleinkindern fröhlich singend, verspielt vorbei - sie sah ihnen noch lange hinterher; das Unbeschwerte trällerte dahin, bis es an der nächsten Biegung nur noch wie ein leises Echo nachhallte. Sie hatte sich schon überlegt, wann ihr hier zu dieser Tageszeit jemand begegnen würde. Die Sommerferien würden erst noch beginnen, und unter der Woche waren viele im Arbeitsmodus. Ihr Denkapparat war wieder voll in Fahrt, ein Zeichen, wieder weiterzuziehen und das Grübelnde in den Boden zu stampfen. 
Der späte Nachmittag kündigte sich an - schon bald würde sie den Campingplatz erreichen, wo sie in die Aare springen und sich erfrischen konnte; sich befreien, von dem, was an ihr klebte. Sie widerstand einem Impuls, auf ihr Handy zu schauen - eigentlich gehörte dieses nicht zum Allgegenständlichen einer Streunenden, ebenso wenig wie ihre Kreditkarte, die sie in Sicherheit wog und für die Zeit nach dem Vagabundieren vorgesehen war; ihre erste (geplante) Übernachtung im Hotel in Milano würde sich anfühlen, als wäre sie im Himmelbett gelandet. 
Nach so langer Zeit des stillen Dahinziehens drang das fröhliche Gelächter der tröpfchenweise sich einfindenden Badenden tröstlich ins Besinnen. Auch darauf hatte sie absichtlich verzichtet: sich von ihren Lieblingsmelodien berieseln zu lassen - schliesslich wollte sie den Charakter einer Vagantin so aufrichtig wie möglich verkörpern. 
Ihr Nachtlager unter Sternenhimmel würde sie hier aufschlagen, am lauschigen Ufer, im Schutze der Eschen und den Stimmen der Nachteulen. Sie war erschöpft und überzeugt, dass sie leicht in den Schlaf finden würde; eine Einladung zum Wurstessen über einem Feuer, das eine Gruppe von Campern gemeinschaftlich entzündet hatte, lehnte sie dankend ab. Ihr Körper schmerzte vom stundenlangen Laufen, und auf Smalltalk hatte sie am ersten Tag ihrer Wanderschaft keine Lust. Nur schnell einen Blick auf ihr Handy - zwei Nachrichten waren zu lesen:
"Gute Reise, melde dich, wenn du gut angekommen bist, bb, Tom."
"Ci vediamo presto a Milano, baci, Cinzia." 
Sie schloss die Augen und versuchte, die noch vorüberziehenden Gedankenfetzen zu ignorieren, um in die wohlige Müdigkeit hinein zu versinken.
Das lallende Rufen eines Betrunkenen und Klirren von Gläsern waren die letzten Geräusche, die sie vernahm, bevor es dunkel wurde.

"Hello darkness, my old friend;
I've come to talk with you again.
Because a vision softly creeping
Left its seed while I was sleeping,
And the vision that was planted in my brain
Still remains within the sound of silence.

In restless dreams I walked alone,
Narrow streets of cobblestone.
'Neath the halo of a street lamp,
I turned my collar to the cold and damp
When my eyes were stabbed by the flash of a neon light
That split the night, and touched the sound of silence.

And in the naked light I saw
Ten thousand people, maybe more.
People talking without speaking,
People hearing without listening, 
People writing songs that voices never shared.
And no one dared disturb the sound of silence.

"Fools", said I, "You do not know
Silence like a cancer grows.
Hear my words that I might teach you,
Take my arms that I might reach you."
But my words like silent raindrops fell,
And echoed in the wells of silence.

And the people bowed and prayed
To the neon god they made.
And the sign flashed out its warning, 
In the words that it was forming.
And the sign said, "The words of the prophets
Are written on the subway walls
And tenement halls,
And whispered in the sounds of silence."

Paul Simon

Sie sang diesen Song, währenddem sie ihren Weg am zweiten Tag der Reise fortsetzte. Ihre Füsse brannten schon, die Sonne war erst kurz aufgegangen; auf dem Kieselpfad konnte sie die Turnschuhe schlecht ausziehen, um dem Schmerz Linderung zu verschaffen. In Bern würde sie sich ein paar Sandalen kaufen, sie durfte nicht zu streng mit sich sein - was zählte war nicht nur die Rückkehr zur Schlichtheit und Wahrnehmung ihrer Bedürfnisse, noch wichtiger war es, auf ihren Körper und dessen Signale zu hören.
Der Geruch von Kaffee und frisch gebackenem Brot lag in der Luft, sie hielt kurz inne, überlegte...:
"Soll ich, soll ich nicht, mich von diesem Duft verleiten lassen, mir diesen Genussmoment gönnen; "darf" ich dies als Vagabundin überhaupt können...?" Wieder wurde ihr bewusst, dass sie sich von ihrem grübelnden Verstand eher leiten liesse, als von einem (existenziellen) Verlangen ihres Leibes. Sie hatte zwar noch genügend Proviant für den heutigen Tag, dennoch war dies nun eine zu verlockende Gelegenheit, sich hinzusetzen und ein ausgiebiges Frühstück zu schlemmen, ohne schlechtes Gewissen.
Sie setzte sich an einen kleinen Tisch, der für zwei Personen gedeckt war; die Kellnerin der Gartenwirtschaft hatte ihr gedeutet, dieser sei erst ab Mittag besetzt; und so freute sie sich auf einen - wenn schon, dann schon - üppigen Brunch. Sie bestellte das volle Programm: Croissant (die mit Laugen) mit Frischkäse, ein Birchermüesli, extra sämig und einen Cappuccino - aber bitte mit viel Schaum und einem bittersüssen Topping Schokoladenpulver; am liebsten in Herzform verziert.
Der Ballerina-Summton ihres Handy kündigte eine neue Nachricht an: Bruderherz wollte wissen, wie weit sie schon gekommen sei und ob alles nach Plan liefe...
Sie würde ihm erst nach der Schmauserei kurz antworten; damit er sich nicht sorgte.
Es mundete herrlich, so herrlich, dass sie die schmerzenden Füsse für einen Moment vergass. Für gewöhnlich frühstückte sie nicht so majestätisch wie eine Königin - wie jetzt, da sie nur dem Drängen ihrer Gelüste gefolgt war.
Wie leicht sich dieses Stillen anfühlte, wie wohlig-sättigend-befriedigend. Konnten sich Verzicht und Disziplin wirklich unbemerkt derart schwerfällig in ihr (Tänzer) Leben gedrängt haben, dass es sie nun - unfreiwillig um eine Erkenntnis reicher - zu quälen begann? Ihr Sinnieren wurde von einer Stimme unterbrochen:
"Isch hie no frei?"
Bevor sie verdutzt antworten konnte, hatte sich ein sportlicher Typ in Radlerhosen ihr gegenüber auf den freien Stuhl hingesetzt; schweissgebadet wischte er sich die kleinen Rinnsale von dir Stirn - behelfsmässig mit der Serviette, die auf dem sauberen Gedeck vor ihm lag. Mit einem verlegenen Lächeln entschuldigte er sich, er sei wohl zu beflissentlich in die Pedale getreten; die Wetterfrösche hatten wohl recht behalten, als sie für heute den ersten Hitzetag prognostizierten. 
"Sytter vo hie?" fragte er neugierig, oder eher, um sich aus der Unannehmlichkeit zu retten? Ja, doch, in seiner Stimme klang echtes Interesse.
Mit einer unbewussten Geste zog sie sich ihren Hut noch tiefer ins Gesicht, um sich unerkennbarer zu geben - seinem geschätzten Alter zufolge (so Mitte 40) könnte er sich schon in der europäischen Tanz- und Theaterszene auskennen. Sicher war sicher.
In einer anderen Sprache zu sprechen, würde noch mehr Schutz bieten; ehe sie sich des Besseren besann, entgegnete sie dem Fremden:
"Beg your pardon, what was the question?" 
"Where are you from?" fragte der Biker in fast akzentfreiem Englisch, sodass sie ihre Verwunderung (man konnte in ihrem Gesicht wie in einem offenen Buch lesen) auch noch cachieren musste.
Oo- ou - this is getting out of control...what next? - dachte sie - okay, let's see where it leads to:
"I'm on a journey...will see, where it leads me to..." antwortete sie vage.
"Interesting - how long?" wollte der inzwischen genüsslich an einer Stange (Bier) nippende Unbekannte (mit echter Neugierde) wissen.
"As long as it takes..." 
"Go with the flow..." bemerkte er lächelnd.
Sie nickte, nun auch lächelnd.
"And you? Still far to go?" fragte sie (mehr aus Höflichkeit als aus Neugier).
"Two and a half hours - I'm on my way to Spiez, will have a swim there in the lake of Thun and dinner with a friend", war seine ausführliche Erklärung.
"Sounds great, good luck then, enjoy your day", wünschte sie ihm (mit ehrlichem Wohlwollen), währenddem sie der Kellnerin winkte, um zu bezahlen.
"May I offer you a drink before you go?" fragte er rascher, als die Serviertochter anzurauschen vermochte.
"Actually..." 
"You're not in a hurry, going with the flow..." wandte er ein, rascher als sie verneinen konnte.
"Okay, I'll have a beer, too, thanks."
Er bestellte sich auch noch eines, was angesichts der Strecke (ca. 40 km), die er noch zu bewältigen hatte, und erst noch bei der Hitze, ihr doch unvernünftig erschien. 
Stop caring, it's none of your business, sagte sie sich.
"Cheers, ..., what's your name?" wollte er dann doch noch wissen.
"Gina", log sie (sie hatte sich auf diese Frage schon vorbereitet und sich für Gina, wie Gina Lollobrigida, die wunderschöne, italienische Schauspielerin, die die absolute Weiblichkeit verkörperte, entschieden).
"Sounds Italian", bemerkte er klug.
Sie nickte, ohne näher darauf einzugehen. 
Silence. Eine gefühlte Ewigkeit lang. Schweigen. Dann fragte er sie:
"Why are you hiding?"
Auf frischer Tat ertappt, schluckte sie erst einmal leer, liess sich vorerst nichts anmerken, bis die Tränen aus ihr herausflossen. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, so als könne sie ihre Scham und Schande damit verdecken.
"It's okay, you don't have to explain", versuchte er sie zu beruhigen.
"You know who I am?" stammelte sie.
"Yes."
"Es tuet mer leid, i bi ä schlächti lügneri u schouspileri", musste sie sich auch selbst eingestehen; die Rolle als Vagabundin war ihr nicht auf den Leib geschrieben, das war nun offensichtlich, und es war ihr peinlich.
"Scho okay." antwortete er mit (echtem) Verständnis, "i finges o ned eifach, geng mi z'sy."
Sie war ihm eine Erklärung schuldig, weshalb sie den Fremden (sie hatte nicht einmal seinen Namen gefragt) über ihre Beweggründe aufklärte. 
"Aber mir hei aui mit ängscht, scham, unsicherheitä, mankos z'kämpfä. Das cha niemer uf duur verlüügnä", belehrte er sie.
"Das weissi. Isch ä dummi idee gsi."
"Defür muess sech o niemer schämä, das isch mönschlech." - auch das leuchtete ihr ein.
"Schwach u verletzlech sy isch o okay. Du bisch okay, so wie du bisch."
"I weiss, aber es füehlt sech ned so aa", gestand sie ehrlich.
"Wäg loufä isch o ke lösig..." - damit traf er den Nagel auf den Kopf.


Noch bist du da

Wirf deine Angst
in die Luft

Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine Träume
ins Nirgends

Noch duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da

Sei was du bist
Gib was du hast.

(Rose Ausländer, 11.05.1901 - 13.01.1988)

Dieses Gedicht sagte sie auf, als sie nach Bern weiterzog und in die Heiliggeistkirche eintrat, um zu beten und ein Licht für die Verstorbenen anzuzünden. 
Jeneva, Opapa, Omama, Marlis, Franz, uncle Fernand, Papa.
Sie waren immer noch da, in ihrem Herzen; in ihren Erinnerungen, Gedanken, Gefühlen, Träumen. Weder Raum noch Zeit vermochten dies auszulöschen! Sie waren zwar körperlich nicht mehr da, dafür breiteten sie ihre Flügel aus, um sie im Innersten zu berühren und führen. Ihr wurde bewusst, dass sie durch deren Lebenskreise, die ihr Wachsen tangierten, in einer Geschichte verwurzelt war, die erst durch die gemeinsame Verbindung ihre eigene Identität ausmachte und in deren Verflochtenheit das Gesamtwerk Gottes zu erkennen war. 

Sei was du bist
Gib was du hast

Sie machte sich ihren eigenen Reim daraus: 

"Sei was du bist (Nicht was du fühlst)
Ein Kind Gottes
Gewollt, geliebt
Auch ohne Worte

Gib was du hast (Nicht nur was du fühlst)
Liebe, Sanftmut
Gebe ohne Rast
Du bist genug

Noch bist du da
Dich zu verschenken
Mit all deinen Gaben
Mit Ihm, dich zu lenken

Wie im Himmel 
So auf Erden
Geschehe Sein Wille
Bis ans Ende."

Nun wieder dankbarer, demütiger löste sie eine Fahrkarte nach Zürich. Sie würde ihre Cousine besuchen und mit ihr eine Auszeit geniessen - der Himmel war hier und jetzt, über ihr und unter ihren Füssen. Der Gesang der Sommervögel und Duft der Blumen ein einzig Frohlocken über das, was ihr auf ihrem Weg noch begegnen würde. Ihre Träume fielen noch nicht ins Nirgends, sondern erhoben sie in das, was sich erfüllen sollte.
Und dann?
Dies würde sie im vollen Vertrauen darauf, geführt zu sein, schon noch entdecken.


"Next Day

Late night train
You went there 
But you failed again
You're coming back home
To things that you own
Try again 
Tomorrow might not be the same
As long as you're on
You might find the song
In your darkest hour
There will be a silver lining

Shine and be great
You're amazing, you are
There's a story behind your every scar
There's a next day
There's always a next day
Shout if you dare
And you wanna be found
Rise from the ashes 
Aiming the ground
There's a next day
There's always a next day

Someone to hold you tight
You might not make it through the night
And just slip away
Before the break of day
In your darkest hour
You will find a silver lining

Shine and be great
You're amazing, you are
There's a story behind your every scar
There's a next day
There's always a next day
Shout if you dare
And you wanna be found
Rise from the ashes 
Aiming the ground
There's a next day
There's always a next day
For you to try
There's a next day
There's always a next day
For you to try

Next day
Everything changes
The next day
Everything changes
There's a next day
There's always a next day
Next day
Everything changes
The next day
Everything changes
There's a next day
There's always a next day
For you to try."

Noah Veraguth, Pegasus



Reales Geschehen am Montag, 17. Februar 2025:

Lexi und ich machen uns auf den Weg zum Uni-Turm, wir sind beide funkensprühend vor Begeisterung, die Award-Verleihung gemeinsam zu feiern. Sie weiss noch nichts, dass ich einen Preis gewonnen habe, und ich staune selbst über mich, es während meinem Aufenthalt bei ihr nicht herausgeplappert zu haben. Es soll eine Überraschung für sie sein - sie weiss nur, dass wir zu einem feinen Mittagessen im kleinen, festlichen Rahmen von "meet-my-life" eingeladen sind. 



Lexi and I ready for an adventure ...

 
Mein aktives "Zeitfenster" von inzwischen sechs Stunden, die ich ohne Erschöpfungssymptome und einen "Crash" bei Überschreitung der körperlichen Grenzen zu befürchten habe, liegt also durchaus im Machbaren dieser Ehrungszeremonie. Alexia hatte ein fürsorgliches Auge auf mich; mich am Sonntag davor im Bernbiet mit ihrem weissen, schnittigen Audi abgeholt und nach Weiningen chauffiert - special service - damit ich meine Energien aufsparen konnte für das herzerfüllende Ereignis. Geschlafen hatte ich immerhin ein paar Stunden, trotz der Aufregung, und auch das lange geübte (von Joya instruierte) Schminken (Eyeliner musste meine zittrige Hand aushalten) zeigte ein einigermassen befriedigendes Resultat - betonte meine dunkelblauen Augen - zwar noch gewöhnungsbedürftig, aber wichtig, um für die Erinnerungsfotos wirkungsvoll zu sein. Mein Outfit hatte ich zusammen mit meinen Töchtern auserkoren - es war klar, dass ich, meiner Tänzernatur gerecht, ein beschwingtes (jedoch nicht zu beschwingtes) Röckchen mit meinen schwarzen Lieblingsstiefeletten und mein über dreissigjähriges, schwarzes Lieblingsbody mit dem besonders flügelhaften Akzent am Ende der Ärmel tragen würde. Das feurig-rote Jäckchen war eine spontane Idee Jasmins, die mich pushte, von meiner etwas diskreteren, ersten Auswahl eines passenden Oberteils (zugeknöpft bis an den Hals) wegzukommen in das Lebendig-Pulsierende. Schliesslich sei ich ja nun offen für die Begegnung mit meinem "Animus" - irgendwann, irgendwo - und dies bedeute nun halt auch, mich aus meiner Komfortzone zu wagen, so die bestimmt zur Aussage gebrachte, unmissverständliche Formulierung meiner knackigen Jazzy - ja, wenn es jemand wissen sollte, mit den Reizen der Weiblichkeit zu spielen, dann sie und ihre Schwester.
Ich fühlte mich darin auch wohl, was eher selten ist, und wusste, dass meine poetisch-kindliche Wesensart so oder so das Weltliche überstrahlen würde. Glücklicherweise fühlte ich es an dem Tage genauso.

Auch während der Autofahrt zur Uni stecken Lexi und ich uns immer wieder mit unbändiger Freude an, und ich denke mir einmal mehr, was für ein harter Kampf um jede zurückeroberte Minute im letzten Jahr mich bis hierhin gebracht hatte; mein Wille, nicht aufzugeben und ein unbändiger Glaube an das Gute, das mich erwarten würde, wenn ich nur sanftmütig und standhaft bliebe und mich von den Rückschlägen nicht entmutigen liesse. Dass ich mit meiner ersten Autobiographie "Atemzüge, Himmelsflüge" doch noch eine kulturwissenschaftlich - orientierte Jury hatte überzeugen können, übertraf alles, was ich mir je hätte vorstellen können. Meine bisherige Reise, von Tiefgang bestimmt, darf einem Weltdokumentationserbe zugute kommen - wie erfüllend ist das denn!
Dies sieht man meinem Strahlen auf diesem Foto an (Hintergrund nachträglich in Hellblau getaucht, um den Himmel zu symbolisieren - hatte ich doch darin gedichtet): 


"Immer wird die Liebe Hoffnung gebären
Uns hineintragen in himmlische Sphären."



Award für "Atemzüge, Himmelsflüge" - einfach himmlisch


Wie würde die erste Begegnung mit den klugen Köpfen hinter dieser unvergleichlichen Plattform sein? Dieses virtuelle Parkett, das mir meinen inneren Tanz ermöglicht hatte, als mich das Ausgepowert-Sein während Wochen ans Bett fesselte; meinen Weg in die Freiheit, in die Eroberung der Weiten und Räume, die ich mir gewohnt war. 

Wir steigen in den Lift, der uns ins Stockwerk M (wie Moment) befördert, dem "realen" Himmel erneut so nah. Ich hatte erwartet, dass mein sonst so auf die Stimmungen und Töne der Umwelt reagierendes Herz lauthals pochen würde, doch es blieb erstaunlich ruhig - dies ein weiterer Gewinn meines bewussten "Loslassens" - Impulsgebend ein Essay über die Gelassenheit, den ich im Januar 2024 notgedrungen gelesen hatte. Dabei fiel es mir wie Schuppen von den Augen, die Erkenntnis, dass im vertrauensvollen "sich-Ergeben" Kräfte eingespart und erst dadurch neue, schöpferische Energien mich hinwegzutragen vermochten.
Mit diesen achtsam umzugehen mein feinfühligster, alltäglicher Tanz. 

Doch heute, im märchenhaften Turm, darf ich einfach nur in den Moment eintauchen und dieser reinen Freude freien Lauf lassen, mich so beglückend durchfluten lassen, als gäbe es kein Morgen - umso schöner, in der Gemeinschaft, im Teilen dieser Emotionen, die ansteckender und heilsamer sein können als ein noch so heimtückischer Virus. 



Freudentänzchen, ohne zu Schwitzen ;-D


Unbeschwert, locker, beschwingt und humorvoll zeigen sich die eleganten Herren, die uns in Empfang nehmen und in die Feierlichkeiten einstimmen. Es überrascht mich vor allem, wie herzhaft sich Herr Bohli und Alfred Messerli in das Gefüge einzuordnen wissen. Ein Wort ergibt das andere, eine Begegnung die nächste, eine Bewegung die darauffolgende - so vertraut und natürlich, als wäre dieser Akt schon längst einstudiert ...



Lustige Augenblicke ... erquickend


Ungewollt, völlig unbeabsichtigt bewege ich mich in dieser entspannten Atmosphäre losgelöst, was eine Spannbreite meiner unbewussten Mimiken und Posen erst möglich macht. 
So im Mittelpunkt zu sein ist mir sonst eher unangenehm; heute jedoch, umarme und feiere ich diesen Sieg, der mir einen der schönsten Augenblicke (seit langem) beschert. 
Wenn ich in die lächelnden Gesichter von Rita, Nicole und Andras schaue, glaube ich zu erkennen, dass es ihnen ähnlich geht.



Fröhliche Preisempfangende Awards 2025 (für 2024): Nicole, Sandra, Andras, Rita

 



Awards - Gruppenbild: Dankeschön an alle auch im Hintergrund Wirkende (Bitterli und co.)!

Auch das Menu, der Prosecco, Wein und das Dessert mundeten sehr. Die drei Stunden vergingen wie im Flug, und es "schmerzte" fast, als Herr Bohli mit einem Klirren der bauchigen, leeren Weingläser das Ende dieser achten Award-Verleihung einläutete.
 
Zum Schluss ein Schnappschuss hoch über den Dächern von Zürich, heute unpassend in nebligen Dunst gehüllt.



Über den Dächern von Zürich - mit Lexi, my eye opener.

 

 

 


 

 





 































 








 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Akt: Starke Herzen
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5.2.  Paartanz – 2. Akt: Starke Herzen.
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"Wir sind am Leben

Hast du alles probiert?
Hast du alles versucht?
Hast du alles getan?
Wenn nicht, fang' an

Hast du wirklich gelebt?
Hat deine Welt sich wirklich gedreht?
Hast du alles getan?
Wenn nicht, fang' an

Was willst du sagen?
Wen willst du fragen?
Was willst du erleben
Und was willst du geben?
Wer gibt dir den Frieden
Und was ist liegen geblieben?

Ich kann deinen Herzschlag hören
Keiner wird dich zerstören
Du bist am Leben
Du bist am Leben
Weil dein Herz noch Feuer fängt
Weil dein Herz die Liebe kennt
Du bist am Leben
Du bist am Leben

An was willst du glauben
Oder glaubst du an dich?
Wie oft wirst du betrogen?
Wie oft belügst du dich?
Wie viel Türen wirst du öffnen?
Welches Schloss knackst du nie?
Wie oft kannst du widerstehen
Und wann gehst du in die Knie?

Warum wirst du weinen
Und wie oft bleibst du stumm?
Und für wen wirst du beten
Weisst du wirklich warum?
Und bei wem wirst du schlafen
Und vor wem rennst du weg?

Ich kann deinen Herzschlag hören
Keiner wird dich zerstören
Du bist am Leben 
Du bist am Leben
Weil dein Herz noch Feuer fängt
Weil dein Herz die Liebe kennt
Du bist am Leben
Du bist am Leben

Und hast du dich verlaufen
Ich bin da, bring dich nach Haus'

Ich kann deinen Herzschlag hören
Keiner wird dich zerstören
Du bist am Leben
Du bist am Leben

Wir sind am Leben
Wir sind am Leben

Ich kann deinen Herzschlag hören
Keiner wird uns zerstören
Wir sind am Leben
Wir sind am Leben
Weil unser Herz Feuer fängt 
Weil unser Herz Liebe kennt
Wir sind am Leben
Wir sind am Leben."

Peter Plate / Ulf Leo Sommer, Rosenstolz


Während Vergangenes den Augenblick und Zukünftiges durchdringt, erklingt das Herz mit stetem Pochen, mal lauter, mal leiser, durchdringt den Verstand, immer weiser. Und ich erinnere mich daran, wie ich vor 50 Jahren intuitiv aus einer kindlichen Erkenntnisfähigkeit heraus die Dissonanzen schon früh wahrzunehmen vermochte. Das, was sich jetzt so offensichtlich im aktuellen Weltgeschehen (März 2025) widerspiegelt, war damals im Keim schon das, was ich instinktiv ablehnte. Ohne zu wissen, warum - mit einer Ahnung, die sich erst allmählich in einem konkreten Begreifen und Verstehen der Zusammenhänge bewahrheitete. Was ich aber immer wusste, war, meinem Herzen zu folgen, diesem Klang im pochenden Innern an der Quelle der Weisheit zu lauschen. Umso mehr fühle ich mich heutzutage mit den Menschen verbunden, die die Problematik mit dem Herzen zu sehen und erfassen vermögen. Ja, jene Stimmen, die sich gegen die Ungerechtigkeit, Unmenschlichkeit und den Machtansprüchen der Korrumpierten auflehnen, werden nie verstummen. Da kann man weit in die Menschheitsgeschichte zurückgehen: Das, was schlussendlich aus dem (wie es scheint) nie endenden, brodelnden Herd der Zerstrittenheit und Zerstörung wie aus einem ständig gebärenden, weiblichen Schoss lebendig das Sterbliche durchbricht, bleibt im Innersten unzerstörbar mit der schöpferischen Nabelschnur verbunden. Deshalb sind wir noch am Leben, atmen, hoffen, kämpfen. Unser eigener Körper lehrt es uns: Jeden Tag sterben Zellen, um neue entstehen zu lassen. Folgt der Mensch diesem unbewussten Zyklus des Sterbens und Aufkeimens, indem er sich zu destruktiven Verhaltensweisen hinziehen lässt, schon seit Anbeginn? Gibt es einen Frieden ohne kriegerische Auseinandersetzungen? Und was wird am Ende auf unserem Planeten siegen? Wird die Erde wirklich wie ein Feuerball untergehen, so wie es in der Bibel prophezeit wird? Einige Fragen dürfen unbeantwortet bleiben, weil unser menschlicher Verstand begrenzt ist - aber dort, wo wir keine Antworten mehr finden können, füllt sich ein Wissen, das tief in uns verankert ist. Es darf sich zur rechten Zeit offenbaren, nicht zu früh, aber auch nicht zu spät. Im Herzen diese Stärke zu spüren, erstrahlen lassen und - allen Widerständen zum Trotz - dieser zu vertrauen, womöglich ein Weg aus der Verstrickung, in der wir uns momentan weltlich befinden; eine Wandlung, die nicht durch Gewalt geschieht, sondern mit einer leisen, sanften Melodie der Herzen.
"Die demütige Liebe ist eine gewaltige Kraft, die stärkste, die es gibt, eine Kraft, der nichts gleichkommt", lese ich in der Autobiographie des Papstes Franziskus; Worte, die meine Besorgnis um uns und die kommenden Generationen tröstlich umgarnen und an das Ineinander-Verwoben-Sein anknüpfen. Diese Spannung zwischen dem Schmerz, Verfall und dem Bösen auszuhalten im Glauben an diese alles durchströmende Kraft der Liebe wohl der schwierigste Tanz, weil das Gleichgewicht alleine nicht zu halten ist. Da braucht es das Herzen-Hören, das Wahrnehmen des Herzschlages des Andern. Dadurch wird uns bewusst, dass wir aus einem Fleisch und Blut geboren worden sind und es nicht zulassen dürfen, dass uns negative Gefühle wie Hass, Neid, Eifersucht, Missgunst und Gier übermannen. 
Wir sind am Leben, weil unser Herz Feuer fängt, weil unser Herz Liebe kennt. Auch dieser Reim lässt uns den Fokus wieder auf das Wesentliche richten: Durch diese "ansteckenden" Funken der Liebe können unsere menschlichen Unzulänglichkeiten ausbalanciert werden. Wie; was aber kann jeder Einzelne zu diesem Wandel hin zu einem friedvollen Miteinander beitragen? Habe ich genug getan? Wo bin ich verstummt, anstatt laut herauszuschreien? Habe ich mich in die Knie zwingen lassen, es einfach geschehen lassen, mich selbst belogen, um angepasst und in meiner Komfortzone zu bleiben? Auch ich beschäftige mich heute noch mit solchen Gedanken, die ehrlich durchleuchtet werden wollen.
Kürzlich, in der philosophierenden Runde, bemerkte Stephan, mit einem Handicap an den Rollstuhl gefesselt, er schäme sich manchmal, nicht genug zu diesem Wandel beitragen zu können. Ohne zu Zögern entgegne ich ihm:
"Du kannst vielleicht nicht mit Taten viel dazu beitragen, aber mit deiner inneren Haltung, mit deiner positiven Ausstrahlung, mit dem Strahlen in deinem Herzen, der Stärke, die darin ist. Das kann wirkungsvoller sein als jede Atombombe." Daraufhin fasst er sich ans Herz, nickt zustimmend und lächelt mich glücklich an. Ja, auch darin können wir stärker werden im Kampf gegen den Wahnsinn in den Köpfen der Herrschenden: Aussprechen, was belastet, einengt, immer lauter ertönen will als unser Herzschlag, der uns verbindet und Lösungen aufzeigt, uns aus der Geissel und dem Teufelskreis zu befreien.
Starke Herzen braucht es und die darin liegende Weisheit, die an keiner Uni gelehrt werden kann. 
Wie würde ich meine philosophischen Beweggründe meinen Enkelkindern möglichst einfach zu erklären versuchen? Gleich zu Beginn in einem Tanz zu diesem Lied von Rosenstolz, in dem spürbar wird, was den Ton, Takt und den Klang angibt; was stärker verbindet als alles, was uns zu entzweien versucht. So, wie Jeneva (und später auch Jesus) es mich damals gelehrt haben: Im Rhythmus der Herzen lassen sich Einklang, Liebe und Frieden finden. In dieser Verbindung; in diesem Urvertrauen verwurzelt, schwingen wir mit und bleiben heilsam am Leben.
Und hast du dich verlaufen: Ich bin da, bring dich nach Haus'.





3. Akt: Lessons
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5.3.  Paartanz – 3. Akt: Lessons.
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"It's hard to turn the page when you know someone won't be in the next chapter. Their absence is a hollow space in your heart. A silence that lingers where laughter once lived. Grief isn't just sadness, it's love that has nowhere to go. A longing that time can't erase.
You find them in familiar songs and places you once shared, in the habits they left behind. The world moves forward, yet a part of you remains frozen in the past. But turning the page doesn't mean forgetting, it means carrying them with us in the lessons they taught, the love they gave, the strength they left behind. The page turns, not because we want it to, but because life demands it. And they would want us to keep writing..."

1. Jeneva's lesson: Don't dance with too many partners!

Damals, (1974-1978) auf unserem riesigen Anwesen in Steepways (Johannesburg), gingen im Bediensteten-Haus unserer dunkelhäutigen Angestellten auch deren Besucher rege ein- und aus. Dies konnte ich, die ein inniges Verhältnis zu meiner Nanny Jeneva (ausgesprochen Dscheniiwa) pflegte, sehr gut beobachten. Obwohl der Zutritt für uns weissen Kinder strengstens verboten war,  schlich ich mich jeweils meistens nach dem Lunch zu ihr in das bescheiden eingerichtete Zimmer. Alles, was mit Jeneva zu tun hatte, interessierte mich, denn für mich verkörperte sie Mutter, Tänzerin, Lehrmeisterin und Freundin. Sie gab mir Urvertrauen, Halt, Weisung und Zuflucht. Ganz natürlich liess sie mich ins Intimste ihres Lebens hineinblicken, wobei ihr sehr wahrscheinlich nicht bewusst war, welche Wirkung dies auf mein sehr feinfühliges kindliches Sehen und intuitives Erfassen haben könnte. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie befremdlich mir ihre immer wieder wechselnden männlichen Bekanntschaften vorkamen. Ich weiss nur noch, wie ich mir wünschte, sie würde mir eines Tages eröffnen, dass sie heiraten und eigene Kinder haben würde, mit denen ich dann in unserem grossen Garten spielen könnte. Ein Neffe (Sohn ihrer Schwester) besuchte sie mehrmals ein paar Tage, wir nannten ihn "Docter" - keine Ahnung, ob er wirklich so hiess, das fragte ich mich zu der Zeit nie. Meine Brüder und ich fanden ihn sehr lieb, lustig und aufgeschlossen. Er durfte etwa sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, wir freuten uns sehr auf die spielerische Begegnung mit ihm draussen, wo dies unbeschwert möglich war. Jedes Mal, wenn wir uns verabschieden mussten, war ich traurig, was diesen Wunsch nach schokoladig-farbigen "Geschwistern" nährte. Denn ich wusste, dass meine leibliche Mutter nach der Totgeburt eines weiteren Kindes keine mehr zur Welt bringen würde. 
Meine Erinnerung an die eine Frage, die ich Jeneva schon lange stellen wollte und mich endlich getraute, reicht zurück in den Augenblick, in dem ich (inzwischen zehn- oder elfjährig; nach dem Besuch von Alexia bei uns in Südafrika) in der Badewanne mit dem Schaum spielte und meiner Nanny, die neben der Wanne hinkniete, neckisch einen Tupfer auf die Nase klatschte. Sie lachte und setzte mir eine Schaumkrone auf die nassen Haare. In diese entspannte Stimmung hinein schoss es plötzlich wie ein Pfeil aus meinem Munde: 
"When will you marry? Do you love one of the men you spend time with?"
Sie zuckte mit den Schultern, kicherte und griff mir plötzlich zwischen die Beine, kitzelte mich mit dem Zeigfinger, was mich zuerst erschrak, doch das Kitzeln fühlte sich angenehm an. Noch währenddem sie mir zuzwinkerte, schob ich ihre Hand weg, impulsiv, doch ich hatte begriffen, was sie mir mit dieser Geste zu verstehen gab. 
Immer wenn ich an diese Szene zurückdenke, komme ich nicht umhin zu mutmassen, dass Jeneva aufgrund ihrer wechselnden Sexualpartner an Aids gestorben sein musste, denn alle Spuren, die mein damals noch in Südafrika lebender Onkel Fernand Francis später zur Auffindung von Jeneva Mabote verfolgte, führten ins Nichts. 
Eine der wichtigsten Lektionen hatte ich daraus lernen können, obwohl ich der Sexualität bis zur Begegnung mit Franz instinktiv und aus einer tiefliegenden Furcht sowieso entfloh.

2. Mama's lesson: A woman's "weapons" don't lead to true love!

Die Erotik einer Frau, die es versteht, zu verführen, kann ein Männerhirn innert Sekunden ausser Gefecht setzen. Meine Mutter war das eindrücklichste Beispiel hierfür. Sich ihrer Schönheit und erotischen Ausstrahlung so bewusst zu sein und damit eine elektrisierende Wirkung auf die Männer zu erzielen, faszinierte mich einerseits im Laufe der Jahre, in denen ich dies beobachten konnte - andererseits verstärkte es meine «Abscheu» vor einer rein sexuellen Triebhaftigkeit. Diese Aversion versuchte ich mit Verständnis für die Beweggründe solch (nymphomanischen) Verlangens zu neutralisieren: Sehnsucht nach Liebe, Anerkennung, Aufwertung des Selbstwertgefühls, bewusstes Einsetzen der «Waffen» einer Frau und damit Macht über die als «stark» gepriesene männliche Spezies. Zwischen der Bewunderung, wie sie es schaffte, ihre Reize derart wirkungsvoll einzusetzen und dem Entsetzen, dass damit anderen auch weh getan wird, schwankten meine Gefühle hin und her. Umso intensiver wuchs ich im Bewusstsein, dass dies nicht zu wahrer Erfüllung und dem Stillen einer (unbewussten) Sehnsucht nach Liebe führen konnte. Und deshalb für mich niemals nachahmenswert sein würde; nebst der Tatsache, dass ich praktisch gegensätzlich geprägt und zur Treue veranlagt bin. Es liegt mir fern, darüber zu urteilen, wie sich eine erfüllende Partnerschaft entwickeln sollte; vielmehr war mir dieses Exempel eine abschreckende Lektion in Bezug auf das lustvolle Erleben bis hin zu einem unstillbaren Drang, sich geliebt zu fühlen, auf einer sexuellen Ebene ausgelebt - abgekoppelt von einem Bedürfnis, sich emotional zu binden.

In der Ehe meiner Eltern war beides spürbar: Körperliche Zugkraft, die sich zwischen feuriger Leidenschaft und echtem Begehren hinzog, gegenseitige Abhängigkeit, ein Spiel zwischen Anziehung und Abstossung, das ausarten konnte ins Extreme; eine "Hass-Liebe", die sich immer wieder vor unseren Augen entlud. Ich realisierte erst mit der Zeit, dass Mama ihre Minderwertigkeitskomplexe und "negativen" Gefühle mit dem Ausleben ihrer Hypersexualität zu übertrumpfen versuchte und sich damit selbst das grösste Leid zufügte.


3. Witle's lesson: Sexuality is the most natural thing in the world!

Meine Patentante Witle war es, die mich aufklärte und das natürlich-Erotisierende zwischen Mann und Frau sehr schön zu schildern vermochte. Ich erinnere mich noch sehr genau an diesen Moment, an der Heimstrasse in Winterthur, in der heimeligen Stube ihrer bescheiden eingerichteten Wohnung. Caveh, der Älteste und Lilly, die Nächstgeborene (von zukünftig insgesamt fünf Kindern) waren schon auf der Welt. Ich strickte gerade an einem Strampler für mein geliebtes "Sasha-Baby". Dieses hatte ich mir seit unserer Ankunft in der Schweiz sehnlichst gewünscht. Diese Puppen, die die Künstlerin Sasha Morgentaler zu der Zeit (zwischen 1964 bis 1974) kreiert hatte, wirkten auf mich so echt und waren beweglich; nebst den Armen und Beinen konnte mein Puppenbaby den Kopf bewegen. Mir war augenblicklich bewusst, dass ich nicht nur eine sehr süsse Nachahmung eines Säuglings, der dennoch in seinem Ausdruck reif und erwachsen wirkte, in den Armen hielt - vielmehr ein Kunstwerk, das ich mit grossem Respekt behandelte. (Ich besitze es heute noch :-D ). Während meine Tante mir weitere Instruktionen, wie ich das Stricken der Beine bewerkstelligen konnte (sie selbst war eine begnadete Strickerin, die ihren Töchtern die schönsten Strickröckchen fabrizierte, was ich sehr bewunderte und meine Lust an der Strickerei erst recht vorantrieb), fragte sie mich, ob ich denn schon darüber Bescheid wisse, wie Babies entstehen? Nach meinem verdutzten Blick (bis anhin hatte ich mich nie wirklich mit dieser Frage beschäftigt) und einem verlegenen Lächeln (sollte ich dies denn wissen?), klärte sie mich sehr behutsam darüber auf. Keine/r hätte mir die Sexualität sagenhafter und magischer zu erzählen vermocht, wie sie. Während sie mir die damit verbundenen Gefühle ganz offen und als ob es das Natürlichste auf der Welt wäre, darzustellen wusste, überrollte mich eine Welle erahnten Glücks, das mich erwartete, wenn ich dies einmal als Erwachsene erleben würde. So, wie es Witle beschrieb, musste es der Himmel auf Erden und das Wunderbarste sein, was eine Frau und ein Mann zusammen erleben durften. Ich staune immer noch, wie sie es schaffte, mich so in diese Dimension der Verschmelzung zweier sich liebenden Körper hineinzutragen, dass es in mir schon das Gefühl von Ehrfurcht vor diesem "sakralen" Akt auslöste. Emotional das Heilsamste, was mir passieren konnte, ohne dass sie sich dessen bewusst sein konnte. Ich bin heute noch sehr dankbar für diese sanfte, zärtliche, heilvolle Berührung in meinem Innersten - mit ihren damals sehr weise gewählten Worten - die in mir bis zum Schreiben dieser Zeilen noch nachhallt und mich aus meiner Verletzlichkeit emporhebt. In die Vorstellung dessen, was auf einer tieferen Ebene, fernab des rein körperlich Erlebten, noch zu entstehen vermag: Higher than ecstasy.




Sasha in meinem 1979 gestrickten Strampler.

 

 

Sasha in der Holzwiege, die Dädi, mein "Götti" und Grossvater mütterlicherseits, ca. 1947 gefertigt hat.

 

 

 

Liebevoll verziert durch Malerei von Muetti (Grossmutter mütterlicherseits) - ca. 1947

 





 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 













4. Akt: Out of the ordinary
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5.4.  Paartanz – 4. Akt: Out of the ordinary.
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«Ich beuge mich den Umständen
Breche nicht, es darf sich wenden
Beweglich, schöpferisch
Vom Anfang bis zum Ende


Mein Körper, ein Wunderwerk
In dem Träume niemals welken
Ich lasse mich nicht blenden
Vom Schein der Welten

 

Anschmiegsam keimt das Lebendige
Gelebte, Geliebte, Wendige
Wortwörtlich – Verständige
Im Herzen Beständige

 

Und wenn ich mich nach dir sehne
Schaue ich ins Innerste
Wo alles schon vollendet
Voll Zärtlichkeit
In die Erfüllung fliesst
Währenddem sich
Der irdische Kreis
Wundersam schliesst.»

Die Fähigkeit, mit offenen Augen zu träumen, wird den Fische-Geborenen astrologisch zugeschrieben; bei mir trifft dies tatsächlich zu. Diesem naturgegebenen Geschenk habe ich es zu verdanken, meinem Körper das Reale vorzugaukeln, das in Wirklichkeit aber (noch) nicht existiert; das menschliche Gehirn kann jedoch (ist inzwischen wissenschaftlich bewiesen) nicht unterscheiden, ob das "Erlebte" in der Tat wirklich passiert oder "nur" phantasiert worden ist. Die lebhafte Vorstellung und das Tagträumen genügen, um es absolut real erfahrbar wirken zu lassen. Ist das nicht grossartig? Niemals hätte ich gedacht, dass diese Gabe mir in der schweren Zeit des Inaktivseins über die Bewegungslosigkeit meiner Physis hinweg helfen würde. Ich konnte mir ja alles ausmalen, was ich gerne unternommen oder erlebt hätte, das erfüllte mich mehr als ich es in der prekären Situation je für möglich gehalten hätte. Allerdings überfiel mich während dieses einfachen Tricks manchmal auch die Furcht, nicht mehr aus dem schrecklichen Gefühl des "in-seinem-Körper-Gefangenseins" herauszukommen. Niemand konnte in die Glaskugel schauen und voraussagen, wie lange und wie heftig die postvirale Erschöpfung sich dahinziehen würde. Dass dieser Zustand sich sogar über Jahre erstrecken konnte, war durch die Erfahrung mit den "Long-Covid"-Betroffenen allgemein bekannt. Bei mir waren es die Herpesviren, die mich derart ausgebremst hatten. Die Belastung für das Immunsystem, das hyperaktiv reagierte, war die Gleiche, sodass man durchaus eine Parallele zu diesen Patienten ziehen konnte. Zum Glück hatte ich im Verlauf meiner Entwicklung gelernt, diese dunklen Gefühlswolken ziehen zu lassen, mit dem Fokus auf das Machbare; die Entscheidung, nicht aufzugeben, an das Gute zu glauben und weiter zu hoffen, die mich aus den Fesseln dieser "Gefangenschaft" befreite. Das Träumen wandte ich mit der Zeit bewusst an, um mir auf psychosomatischer Ebene eine Unterstützung zu bieten - auch wenn ich meinen eigenen Leib dadurch "beschwindeln" musste. Eine instinktive Überlebensstrategie, die sich einfach aus meinem angelegten Potential wie von selbst ergab.
Vielleicht darf dieses Input andere inspirieren, die sich in einer ähnlichen Lage befinden und sich dieses einfachen Tools bedienen können. Die Möglichkeit, stundenlang Netflix-Serien anzuschauen fiel bei mir von vornherein weg, da ich mit heftiger Migräne und Lichtempfindlichkeit darauf reagierte. Lesen ging nur in kurzen Sequenzen, bevor Schmerzen wieder eine Grenze setzten. So erschuf ich mir selbst meine eigene, schöne, innere Filmwelt, die mich kurzweilig zu erfüllen und aus der Schwere emporzuheben vermochte. Abtauchen konnte ich (zu Beginn nur eine Viertelstunde lang) in die noch beglückendere Sphäre des Dichtens; meine Heimat, in die ich jederzeit zurückkehren konnte: Die Poesie. Auch sie half mir, der hässlichen Fratze dieser Krankheit die einmalige Süsse, Schwerelosigkeit und das Berauschende entgegenzuhalten. Sehnsucht gepaart mit dem Phantastischen: Ein ebenso wirkungsvolles Mittel gegen die latente Verzweiflung und trügerische Wahrnehmung des Ausgeliefertseins. Und natürlich die Musik, die mich immer begleitet, in ihrer Vollkommenheit besänftigt, belebt und harmonisiert, sowie die wahrhaftige Berührung der Menschen, die mir bis hierhin treu geblieben sind, mich gestärkt, inspiriert und mit ihrer Liebe getragen haben.

Mein "Animus", den ich in meinem neu entdeckten Zustand des Grenzenlosen aufzuspüren vermochte, stillte mein jahrelanges Sehnen während dieser Phase wundersam - ob nun real oder nicht - dies war die beste Medizin für mich. Paradoxerweise wurde ich mir, so losgelöst - jenseits aller Grenzen - der Endlichkeit bewusster denn je. Je mehr ich nach diesem Existenzkampf wieder Fuss fassen konnte, desto mehr keimte in mir der Wunsch, im Alltäglichen mein persönliches Meisterwerk zu erschaffen: Meine Lebensgeschichte, die ich meinen Töchtern, den Geliebten und der Nachwelt schenken wollte. Solange ich noch atmen, träumen, hoffen, schreiben und lieben konnte, war ich in meinem Transformationsprozess vertrauensvoll geführt. Die Kontrolle abzugeben, loszulassen, um gehalten zu werden, auf meinem virtuellen Tanzparkett weitere unabdingbare Lehrschrittchen, die ich auf die harte Tour erlernen musste. Anschmiegsam, beweglich und doch geerdet - stark, musste ich über mich selbst hinauswachsen, um das scheinbar Unaussprechliche in Worte zu fassen, mich authentisch und verletzlich - offenherzig zeigen und die Unsicherheit überwinden. Ja, die Scham musste endlich die Seite wechseln und der stumme Schrei trotz der vorherrschenden "Gleichgültigkeit" (oder das Verdrängen) in dieser Gesellschaft immer lauter werden.
Die Reaktionen auf mein autobiographisches "Stückwerk" fielen bisher wie erwartet vielschichtig aus: Viele bewunderten meinen Mut, so offen über das Geschehene zu berichten, andere schienen vor den Kopf gestossen, einige haute das Offenbarte gar um (im positiven Sinne). Doch ich bin mir gewiss: Die tiefen Wellen, die an der Oberflächlichkeit zerschellen, vermögen neue Wege, Denkweisen und Einsichten frei zu legen; vor allem auch Empathie und (dies wünsche ich mir sosehr) eine Rückbesinnung auf das, was uns (in aller Unterschiedlichkeit) zu verbinden und über das Gewöhnliche (das Vertraute, die Komfortzone) hinweg zu spülen vermag.
Mein Herzensbegehren mag im Innersten schon erfüllt sein, auf dem weissen Blatt Papier jedoch, möchte es sich sichtbar zeigen, alles, was noch in der Erinnerung schlummert und geborgen werden möchte.
Und - so Gott will - darf ich den dritten Teil (Zeitraum 1-10 Jahre) kräftemässig und mit ausdauernden Atemzügen auch noch zur Vollendung bringen.

 

Unsere Förderer
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