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Die Reise
Nach einem pünktlichen Start in Zürich Kloten begann meine grosse Reise am 15. Januar 2006 um 18.45, ich sass in einer Maschine von Quantas für das erste Teilstück nach Frankfurt. Ich war nicht ganz 60, Single und ziemlich unglücklich und machte mich auf, alleine Australien zu entdecken! Nach 3 Stunden Aufenthalt auf diesem riesigen Flughafen ging es mit Quantas weiter nach Singapur. Ich war von den Vorbereitungen für diese grosse Reise, die 6 Monate dauern sollte, so erledigt, dass ich die meiste Zeit während des 12-stündigen Fluges schlief!
Während dem kurzen Transfer Aufenthalt in Singapur rannte ich in den riesigen Shop für elektronische Geräte und kaufte mir meine erste Digital-Kamera, eine Olympus 600, 6 Megapixel, 4-fach Zoom, 3-fach Digital Zoom mit einem Speicher von 600 Bildern! Ob ich wohl damit zurechtkommen würde? Die Beschreibung war wahlweise in chinesisch, indonesisch, japanisch oder englisch!
Die Gepäckkontrollen in Perth waren extrem, ich musste sogar meine mitgebrachten Päckchen Dörrbohnen öffnen damit der Zollbeamte daran schnuppern konnte. Ich hoffte inständig, dass er Dörrbohnen mochte und ein gewisses Verständnis für mein nicht alltägliches Reisegepäck aufbringen würde! (Sie waren für meinen Bruder in Thailand bestimmt, den ich auf dem Heimweg besuchen wollte.)
Per Taxi und mit einem ausserordentlich netten Fahrer mit dem ich mich während der Fahrt unterhielt und der mich mit einigen guten Tipps versorgte, bin ich schliesslich im Goodearth Hotel, einem typischen Stadthotel ohne jeden Reiz, angekommen. Von der Stadt hatte ich natürlich nicht viel mitbekommen während der Nachtfahrt! Todmüde bin ich ins Bett gefallen, das Gepäck stand unangetastet nahe bei der Türe damit ich am nächsten Morgen keinen Schritt zuviel mit der schweren Reisetasche machen musste. Es war auch in der Nacht noch sehr heiss und schwül, deshalb blieb auch mein Schlafanzug im Gepäck. Geschlafen habe ich gar nicht gut, war es die Zeitverschiebung oder die frohe Erwartung?
Ohne Frühstück verliess ich schon vor acht Uhr das Hotel, mein Gepäck durfte ich bis 11 Uhr an der Reception stehen lassen. Ich hatte nur für eine Nacht gebucht, was ich sehr bedauerte, Perth wäre durchaus wert, länger zu bleiben, aber mein Camper Van wartete auf mich und wollte noch am gleichen Tag abgeholt werden.
Auf dem Stadtplan von Perth fand ich den Automobil-Club der nur einen Häuserblock vom Hotel entfernt, aber leider geschlossen war. Ich hatte vorgehabt, mich dort mit Kartenmaterial einzudecken. Ich spazierte stattdessen durch die hübsche Fussgängerzone der Hay Street um die Zeit bis zur Oeffnung der Geschäfte und Banken, die nicht vor 10 Uhr öffnen, zu überbrücken. Bei Vodafon erstand ich nach einer netten, und wie mir schien kompetenten Beratung ein Handy mit Prepaid Karte. Noch Traveler Checks gewechselt (auch in Banken sind die Kontrollen sehr streng und es braucht viel Geduld bis man endlich die australischen Dollars in den Händen hält) und im Schnellzugtempo ging es zurück ins Hotel.
Das bestellte Taxi war pünktlich zur Stelle, ein uraltes Gefährt und auch der Fahrer schien mir nicht gerade ein heuriges Häschen zu sein. Sein mit tiefen Furchen und Falten durchzogenes Gesicht war wie eine Gebirgslandschaft und es schien, dass er kaum etwas sehen konnte, seine schweren Augenlider liessen nur einen schmalen Schlitz offen. Wir kamen schnell ins Gespräch und er erzählte mir, dass er gebürtiger Indonesier sei, im Krieg mit den Holländern gekämpft hatte und anschliessend 6 Jahre in Amsterdam lebte. Anfang der 50iger Jahre sei er nach Perth ausgewandert wo er seither lebt. Er möchte nirgends sonst auf der Welt leben, meinte er, es sei die schönste Stadt mit den nettesten Menschen und es gäbe kaum Kriminalität. Stolz bemerkte er, dass er schon einmal in Graubünden zum Skilaufen gewesen sei!
Wir hatten Mühe, den Vermieter des in der Schweiz durch Globetrotter vorbestellten Camper-Vans zu finden. Viele Nebenstrassen sind ohne Strassenschilder. Aber mit dem Gespür eines erfahrenen Taxifahrers entdeckte der Fahrer schliesslich die hinter einem grösseren Gebäude liegende kleine Garage von Travel Car Center. Ralf, ein Deutscher, führte mich kurz in die Geheimnisse des Radwechsels ein. Das mit dem Wagenheber war völlig entmutigend, ich müsste buchstäblich unter den Wagen kriechen um ihn anzubringen! Ich konnte nur hoffen, nie einen Platten zu haben oder wenigsten dann nur in der Nähe einer Garage!
Von aussen war mein Toyota Hi Top ganz passabel, aber von der Innenausstattung war ich arg enttäuscht, alles ur-uralt und etwas schmuddelig. Ich biss auf die Zähne – man kann schliesslich nicht alles haben – günstigster Preis und modernste Einrichtung! Ich hoffte fest, dass der Wagen im technischen Bereich und vom Motor her in Topzustand sei. Ralf hatte leider nicht viel Zeit mich in die Geheimnisse meines zukünftigen Zuhauses einzuführen und in Nullkommanichts, mein Gepäck war unausgepackt unter dem Tisch verstaut, befand ich mich auch schon auf der rechten Seite sitzend, auf der Strasse. Ich kreiste mehrmals um das Industriegebiet herum um meinen Camper etwas kennen zu lernen. Er hatte 5-Gang Schaltung, war gut zu fahren und hatte einen ganz passablen Einschlag! Mit dem Gefühl, mit der Gangschaltung gut zurechtzukommen (die letzten Jahre fuhr ich zuhause mit Automatik-Getriebe) machte ich mich auf den Weg ins Swan-Valley um von dort Richtung Norden zu fahren.
Und dann passierte es, schon nach der allerersten Kreuzung ausserhalb des Industriegebietes befand ich mich auf der falschen Strassenseite und frontal vor mir stand, mit kaum mehr als einem Meter Distanz, ein Auto. Dessen Fahrer bedeutete mir mit ruhigem Handzeichen, auf die andere Seite zu wechseln. Kein hupen oder schimpfen, nur ein leichtes Grinsen in den Mundwinkeln. Bei mir aber sass der Schock tief und ich nahm mir fest vor,“keep left„ in mein Gedächtnis zu brennen.
Fast zwei Stunden irrte ich durch die Aussenbezirke, bin durch Weinanbaugebiete und Einfamilienhausquartiere gefahren ohne die Ausfahrtstrasse nach Norden zu finden. Ich kam überhaupt nicht klar mit den Signalisationen und auch nicht mit den Himmelsrichtungen. Statt nordwestlich fuhr ich in östlicher Richtung.
In einem winzigen Supermarkt deckte ich mich noch schnell vor Ladenschluss mit dem Nötigsten ein, Oel und Essig, Gewürze, Teigwaren, Tomaten und Zwiebeln und in Ermangelung frischen knusprigen Brotes matschig anmutendes Toastbrot.
Als mir der Verkäufer auf meiner Strassenkarte zeigte wo ich mich befand, konnte ich das kaum glauben, ich hatte offensichtlich völlig die Orientierung verloren (auf die ich doch als Reiseleiterin immer so stolz war). Ich war nahe bei der Stadt York, also stark östlich. Das hiess, all die vielen Kilometer zurück zum Wanneroo Hayway. Ich habe mich noch einige Male kurz verfahren kam aber schliesslich noch vor Einbruch der Dunkelheit im Yanchep National-Park an. Ich parkierte mein Häuschen unter den grossen Eukalyptusbäumen und spazierte zum traumhaft schönen See, ein unglaubliches Vogelgezwitscher in den Bäumen und ein Geschnatter der vielen Enten die sich für die Nacht auf der Wiese einquartierten war zu hören. Und dann-O Freude, die ersten Känguruh`s. Ruhig grasten sie in einiger Distanz, schauten nur kurz auf. Es waren einige Jungtiere dabei und bei einem der Tiere hatte ich das Gefühl, dass in der Rundung des Bauches sich ein Kleines befinden musste!
Mein Magen knurrte laut, ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen und beschloss, die Nacht im Park zu verbringen. Auf Tafeln war zu lesen, dass der Park nur tagsüber geöffnet sei aber das Campieren wurde nicht ausdrücklich verboten. Irgendwo hatte ich gelesen, dass man in Australien fast überall campieren darf, ausser, es wird ausdrücklich verboten. Ein lustiges, improvisiertes Nachtessen, bestehend aus Tomatensalat mit viel Zwiebeln und Maccaroni mit einer Sauce aus Milch und geschmolzenem Briekäse, die wunderschöne Umgebung und die Ruhe im Park, liessen auch mich zur Ruhe kommen.
Nachdem ich meine 7 Sachen einigermassen verstaut hatte und die lange Liste mit den Ergänzungseinkäufen fertiggestellt hatte, merkte ich, wie müde ich war. Ich entschied mich, das untere Bett zu benützen, was bedeutete, Tisch mit Fuss aus der Verankerung rausziehen und eine Etage tiefer wieder einsetzen um mit den Sitzbänken und Rückenlehnen ein schönes breites Doppelbett zu machen und dieses halt jeden Morgen wieder wegzuräumen. Ich hatte Angst, dass wenn ich im Bett oberhalb der Führerkabine schlafen würde, ich wegen Platzmangel Albträume hätte oder dauernd mit Beulen am Kopf umhergehen müsste! Der Abstand von Bett zu Dach betrug nur etwa 40 Zentimeter!
Irgendwann in dieser Nacht musste ich mal, ich stand mit meinem Camper nahe bei den Toilettenanlagen. Und dann sah ich den Sternenhimmel, Einen, wie ich ihn schon lange nicht mehr gesehen habe. Milliarden von hellfunkelnden Sternen zum Greifen nahe, und erst die Milchstrasse, wirklich ein breiter Streifen milchigen Nebels. Ich staunte und lauschte auf die Geräusche der Nacht, Fledermäuse und Flughunde kreisten über dem See und den Bäumen und auch auf der Wiese huschten schattenhaft irgendwelche Tiere vorüber.
Happy Birthday Böbi, ich denke fest an dich! Das war mein erster Gedanke, als ich am 18.Januar meine Augen aufschlug! Wie schnell doch die Zeit verging. Mein 2.geborener Sohn Robert war immer ein bisschen unser Sorgenkind. Erst wollte er partout nicht auf dieser Welt erscheinen und als er nach mehrmaligem Einleiten der Geburt und unter Androhung eines Kaiserschnittes dann doch auf natürlichem Weg und innert einer Stunde ab der ersten Wehe erschien, waren mein Mann und ich überglücklich. Auf Anraten der Hebamme wanderte ich nach erfolgloser Einleitung der Geburt auf den Uetliberg. Oben angekommen, spürte ich die ersten Wehen und Panik kam auf. Keine Menschenseele weit und breit und ich in eleganten Stadtstiefelchen musste auf teils eisigen und mit schneebedeckten Wegen wieder hinunter und zwar so schnell wie irgend möglich. Mit nun heftigen Wehen kam ich bei der Bushaltestelle an und wie durch ein Wunder stand dort ein Taxi, das mich ins Bethanien-Spital brachte, wo ich tüchtig ausgeschimpft wurde. Die Wehen verschwanden wieder und ich konnte mich etwas erholen. Am nächsten Morgen um 5.30 erwachte ich und sogleich setzen die Presswehe ein und nach nur 1. Stunde lag Böbi in meinen Armen.
Bald schon stellte der Kinderarzt fest, dass bei unserem Sohn ein Hüftschaden vorlag der das Tragen eines Gipshöschens nötig machte. Als er ein Jahr alt war und sein Hüftgelenk noch immer nicht richtig in der Pfanne sass, mussten wir ihm schweren Herzens eine Art Prothese anfertigen lassen. Es war ein Stahlgerüst, überzogen mit Leder, das seine Beinchen extrem auseinanderspreizte um zu bewirken, dass der Gelenkknochen sukzessive in die Pfanne gedrückt wurde, was nach gut einem Jahr dann auch der Fall war.
Das Glück, ein gesundes Kind zu haben dauerte nur kurz. Er litt an Acetonaemie, einer Kleinkinderkrankheit die vor allem kleine Jungs betraf. Er konnte weder Nahrung noch Flüssigkeit behalten, erbrach während drei Tagen immer wieder und wir mussten ihn 1970, zwei Tage vor Weihnachten, notfallmässig ins Kinderspital einliefern. Es sah nicht gut aus für unseren total ausgetrockneten Jungen und die Chance, ihn wieder nach Hause zu holen war sehr gering. Aber er war ein Kämpfer, am 5. Tag behielt er die erste feste Nahrung immerhin während zwei Stunden, es war der erste Schritt zur Genesung und nach langen drei Wochen durften wir ihn endlich nach Hause holen. Obwohl er noch bis zu seiner Pubertät immer wieder an dieser Krankheit litt, war sie nie wieder so akut. Er wuchs zu einem äusserst lieben und intelligenten Menschen heran dessen Leidenschaften das Fischen und die Natur sind.
Anstatt direkt zum Brand Hwy. zu fahren nahm ich die parallel verlaufende Nebenstrasse die durch eigenartige Vegetation führte. Grasbäume, die lustig wie Struwwelpeter aussahen, prächtige gelb-orangeblühende Christmastrees, Casuarinen und die allgegenwärtigen Eukalypten säumten die Strasse.
Nur wenige Fahrzeuge begegneten mir auf dieser herrlichen Strecke. Das änderte sich erst, als ich bei Guilderton auf den Brand Hwy stiess. Hier war das Verkehrsaufkommen wesentlich stärker, viele Lastwagen waren unterwegs. Trotzdem ging es zügig weiter und um Punkt 12.00 überquerte ich die Grenze zum Nambung Nationalpark.

Zu Fuss durch die Pinnacles
Ich zog es vor, den 6 Km langen Loop durch die Pinnacles zu Fuss abzulaufen anstatt im Wagen durchzubrausen wie das die meisten Besucher tun. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt, Hunderte von erodierten Sandsteinkegel und -säulen stehen aufrecht im Sand. Das Gelände ist stark coupiert und ich erklomm mühsam eine hohe steile Sanddüne und wurde dafür mit einer unvergesslich schönen Sicht über die riesige Fläche der Pinnacles belohnt. Ein immenses Feld von bizarren Formen in ockerfarbenem Sand lag vor mir.
Die fahrenden Touristen staunten nicht schlecht, war ich doch die Einzige, die in der Bruthitze zu Fuss unterwegs war, aber so konnte ich querfeldein gehen und habe bestimmt viele interessante Details gesehen die von Fahrzeugen aus nicht zu sehen sind. Ich habe mich mehrere Stunden zwischen den Hexen, Gnomen, Hunden und Fabelwesen aufgehalten, habe an einer ganz besonders schönen Stelle mein Pick-Nick verzehrt und verliess erst gegen Abend den Park.
Leider ist es verboten, die Nacht im Park zu verbringen,E aber der Campingplatz in Cervantes, auf dem ich mich einquartiert habe, liegt sehr schön direkt am indischen Ozean und weist alle nötigen Einrichtungen wie Duschen und Campers-Kitchen auf.
Auch am nächsten Morgen stand ich schon um 6 Uhr früh auf. Keine Chance, länger zu schlafen und auch kein Wunder, wenn einem schon um 22 Uhr beim Lesen die Augen zufallen! So war ich schon um halbacht am Lake Thetis an dem ich die Stromatolithen bewunderte, 2,5 Milliarden Jahre alt sollen sie sein. Der Name aus dem altgriechischen, stroma = Decke und lithos = Stein. Es sind biogene Sedimentgesteine die CO2 bildenen und dafür verantwortlich sind, dass sich auf unserer Erde überhaupt Leben entwickeln konnte.
Die Seeufer sind überdeckt mit schäumendem Eiweiss. Es sieht lustig aus, wenn der Wind hineinbläst und sich kleine weisse Wolken dieses Eiweisses in der sonnendurchfluteten Luft tummeln. Auch wächst hier ein dickfleischiges Gras, das mich stark an den Queller im Wattenmeer in Norddeutschland erinnerte.
Beim Fotografieren zerriss ich mir meine schöne hellgrüne Seidenhose über der linken Poseite - wie praktisch war es, das Haus mit Kleiderschrank in der Nähe zu haben!
Auf Holperpisten bin ich zur Hanson Bay gefahren, auf Holztreppen zum Lookout hinaufgestiegen von wo ich den schönen Blick über die Küste genoss. Leider ist die Küste zum Schwimmen gar nicht geeignet, starker Wellengang und gefährliche Strömungen verunmöglichen ein solches Vergnügen! Dabei war ich schon so giggerig, endlich schwimmen gehen zu können!
Die 22 Kilometer nach Jurien, wo ich den neuerbauten Fischerhafen besichtigte und dann endlich zu meinem ersten Bad in Australien kam, waren im Nu abgefahren. Ich tauchte ein in das herrliche 25° warme türkisfarbene Wasser des indischen Ozeans und schwamm wahrscheinlich zum 1. Mal in meinem Leben nicht weit hinaus wie ich das so sehr liebe, sondern brav in nur 30 – 40 Meter Distanz der Küste entlang. Die vielen Zeitungsartikel über Unfälle mit Todesfolgen haben auch bei mir Spuren hinterlassen! Um Sonnenbrand zu vermeiden liess ich mich nur kurz in der Sonne trocknen bevor ich nach Cervantes auf den Campingplatz zurückfuhr.
Ich konnte mich einfach mit der mangelhaften Inneneinrichtung meines Campers nicht abfinden und hatte das Gefühl, ganz schön abgezockt worden zu sein. So schrieb ich einen langen Brief mit allen Beanstandungen und sandte ihn per Fax an Travel Car Center – mal sehen, dachte ich mir!
Mit den Ohrstöpseln in den Ohren, aus denen die Wassermusik von Händel ertönte, habe ich einen langen Spaziergang dem Strand entlang gemacht und den Sonnenuntergang genossen. Es war eine unglaublich schöne Stimmung, leichtes Abendrot über den Schäfchenwolken! Der Ozean relativ ruhig. Ich lief barfuss kilometerweit in den auslaufenden Wellen.
Mein Abendessen bestand aus einem gemischten Salat, Broccoli und gegrillten Lammkoteletten, dazu gabs ein Glas Rotwein, Cabernet Sauvignion von Hardy`s. Da ein starker Wind aufgekommen war, zog ich es vor, drinnen im Camper zu essen, jedoch mit geöffneter Seitentüre um noch möglichst viel von der Abendstimmung mitzubekommen!
Noch bis weit in die Nacht hinein habe ich Reisebücher und Karten studiert um die Route des nächsten Tages festzulegen! Das Ziel sollte das Avon-Valley sein! „Es isch uuhh dä Plausch“, waren meine letzten Gedanken am Ende dieses herrlichen Tages!

Kopflos
20.1. Ich hatte gemütlich gefrühstückt, mein Häuslein aufgeräumt und mit dem Gedanken, einen easy day zu haben, losgefahren. Ich wollte unbedingt an einen Fluss, um endlich meine 1. eigene Angelrute, ein Weihnachtsgeschenk meines Sohnes Robert der ein passionierter Fischer ist, einzuweihen und auszuprobieren. Ich hatte mit ihm als Lehrer an einem Wochenende das Anbringen von Vorfach und Haken geübt und beherrschte den Blutknoten bestens! Deshalb meine Entscheidung, an den Avon River zu fahren!
In Machea nahm ich die Nebenstrasse Richtung Sappers Camp, bis hierher dauerte die Fahrt 2 Stunden und ich schätzte, dass ich um die Mittagszeit im Nationalpark sein könnte. Bei Chittering Estate sollte ich laut Karte auf eine ungeteerte Strasse rechts einbiegen. Auf der Plunket Street fuhr ich ca. 4 Km, dann kam die Abzweigung in die Beachstreet (da war aber weit und breit keine Beach!) die nach weiteren 6 Km wieder in die Chittering Street führte. Als ich am Strassenrand stehend die Karte nochmals studierte, hielt ein Ehepaar an und fragte, ob ich mich verfahren hätte, (are you lost?). Zusammen stellten wir fest, dass es sich um die richtige Strasse handeln musste. Also fuhr ich nochmals hinein, suchte minuziös jede Abzweigung nach Hinweisen ab, nur um festzustellen, dass diese kurzen Einfahrten zu Farmen führten. Um 13 Uhr fällte ich schliesslich die Entscheidung, es über die südliche Zufahrt zu versuchen.
Kurz vor Toodyay überquerte ich tatsächlich den Avon River, es gab ihn also wirklich, aber leider keine Strasse dem Fluss entlang die ich hätte befahren können, es war zum verzweifeln. An einer Info-Bay habe ich die grosse Karte der Region sehr genau angeschaut – über den Morangup Nationalpark auf den Scenic Drive und nach 12 Km die rechte Abzweigung zum Avon NP und zum Homestead Campground! Mit höchstens 10 KM/Std. ratterte ich über die schlimmste Strasse die man sich vorstellen kann, tiefe Löcher und Wurzeln und grosse Steine verlangten totale Konzentration. Keine Menschenseele, keine Hinweistafeln mehr, kein Fahrzeug das ich hätte anhalten können um nachzufragen und dann, nach ¾ Std. endlich eine wunderschöne, dunkelbraune Holztafel auf der mit weissen Lettern geschrieben stand – Avon-Valley National Park Entrance Gate. Juhui, jubelte ich laut!
Und da stand es, das Ranger-Office, eine 2 x 2m kleine Holzbude, fest verschlossen und verriegelt! Dafür standen auf einem Holzbrett zwei Kassen, eine für Day-Visitors, die Andere für Camper, 3 oder 6 Dollar Eintrittsgeld. Ich hatte das Geld schon abgezählt, aber einer Eingebung folgend noch nicht in die Kasse gesteckt, zuerst reingehen und schauen, dachte ich.
Von Meter zu Meter wurde die Strasse mieser, es waren nicht die Löcher die mir am meisten zu schaffen machten, sondern diese eckligen Wellen, corrugated road genannt (Wellblech-Strasse), mein Geschirr klimperte in den Kästen und auch ich wurde extrem durchgeschüttelt, welch Balsam für meinen operierten Rücken! Trotz des eindringenden Staubes kurbelte ich das Fenster ganz hinunter und schrie völlig genervt in den Wald hinein. Was für eine gottverdammte Schlamperei – keine Distanzanzeige – keinen Hinweis auf den Strassenzustand. Mehrmals wollte ich diese Tortur abbrechen, aber gerade dann kamen einige Meter, die etwas besser befahrbar waren. Schlussendlich habe ich es doch geschafft, ein ausgeebneter Platz, ein Dach auf vier Pfosten und Riverside-Camp war erreicht!
Ich konnte nicht anders als schallend lachen, das durfte einfach nicht wahr sein, kein Wasser, kein Fluss, auch nach angestrengtem Horchen nicht das leiseste Gurgeln von Wasser. Aber dann entdeckte ich den Wanderweg und ich müsste nicht Reiseleiterin für Wanderferien gewesen sein, hätte ich mich nicht schnurstraks auf den Weg gemacht, ich wollte endlich meine Füsse im Avon River tunken!
Der Weg führte steil abwärts und nach 10 Min. galt es, halsbrecherisch Eisenbahngeleise zu überqueren. Und dann rauschte er – und wie - der Avon! Noch nie habe ich so schnell meine Schuhe ausgezogen, ich watete durchs Wasser das mir bis über die Knie reichte. Wegen der starken Strömung konnte ich allerdings nur wenige Meter in den Fluss hinein, kühlte Arme und Gesicht und kostete das frische Wasser.
Total kopflos, ohne Wasser und Kopfbedeckung, war ich losgerannt. Mir war richtig schwindelig und ich nahm mir fest vor, nie wieder so unvernünftig zu sein. Seit dem Frühstück hatte ich auch nichts mehr gegessen was sich beim Aufstieg in der brütigen Hitze nachhaltig bemerkbar machte. Immer wieder musste ich mich hinsetzen, ich hatte Probleme mit meinem Kreislauf! Wenn mir hier etwas zustossen würde – nur nicht an so was denken! Ich versuchte, ruhig durchzuatmen, ging extrem langsam weiter, Schritt um Schritt. Es waren lange 20 Min. bis ich endlich meinen Camper erreichte und mich in die Sitze fallen liess. Der Schweiss lief in Bächen an mir hinunter. Langsam, Schluck um Schluck habe ich lauwarmes, köstliches Wasser getrunken und als ich wieder in der Lage war aufzustehen, habe ich das beste Thunfisch-Sandwich zubereitet, das je ein Mensch zu essen bekam!
Mittlerweile zeigten die Zeiger auf halb fünf, höchste Zeit also, aufzubrechen, denn hier, das war mir längst klar, konnte ich für die Nacht nicht bleiben. So weit weg jeglicher Zivilisation und ohne eine Menschenseele, dafür reichte nicht einmal meine Abenteuerlust!
Also den ganzen Scheissweg wieder zurück und kaum zu glauben, 200 Meter vor dem Ausgang des Parks traf ich auf einen Parkranger. Sehr freundlich (wie alle Ranger), erkundigte er sich über das Woher und Wohin, fragte mich ob ich noch weitere Touristen im Park angetroffen hätte und schloss, nachdem ich dies mit gutem Gewissen verneinen konnte kurzerhand das Gate des Parks. Für mich gab es nur den einen Gedanken, so schnell wie möglich den nächstgelegenen Campground aufzusuchen.
Im Campingführer von Western Australia fand ich in der Gegend von Chidlow den Lake Leschenaultia an dem ein Campground liegen soll. Bis dahin waren viele kleine Abzweigungen zu beachten und um der Gefahr des Falschfahrens zu entgehen, hielt ich nach jeder Kreuzung und Abzweigung an um die Karte zu konsultieren. Endlich glitzerte es durch die Bäume- der See!
Mein Katzensee
Aber auch hier war das Parkoffice schon geschlossen. Ich fuhr dennoch hinein in den Park und suchte mir ein schönes Plätzchen. Es gab für mich nur noch Eines, rein in die Badehose und ab in den See. In dem Moment kam eine Rangerin um die Eintrittsgebühr von 6$ einzukassieren. Recht günstig, dachte ich mir, aber sie eröffnete mir sogleich, über Nacht dürfte ich nicht bleiben der Platz sei nur zum campieren mit Zelten vorgesehen! Sorry, no licence, erklärt mir die Dame, da half auch kein Bitten und Jammern. Innerlich fluchte und tobte ich, aber zum Schwimmen ging ich doch, auch wenn’s nur für eine halbe Stunde war. Im braunen Wasser des Moorsees entspannte ich mich schnell. Ruhig durchschwamm ich den ganzen See, die vielen Enten liessen sich kaum durch mich stören und in den umliegenden Bäumen zwitscherten und tirilierten hunderte von Vögeln die sich für die Nacht einnisteten. Es fühlte sich genauso an wie viele viele Jahre zuvor im Katzensee. Wir wohnten damals in Zürich-Oerlikon an der Affolternstrasse nur etwa 5 Kilometer vom Katzensee entfernt und bei schönem Wetter raddelten mein Bruder Roland und ich jeweils Mittwoch nachmittags mit unseren Velo`s zum See. Etwas gruselig war der Einstieg in den Moorsee schon, der Grund war weich und schlammig und die Farbe des See`s genau so braun. Der See war klein und wir schwammen mehrmals rundherum und trockneten uns auf Waldboden an der Sonne. Als ich mit 14 meine erste Lewis Jeans kaufte stieg ich damit in den Katzensee und trocknete sie anschliessend an meinem Körper damit sie perfekt satt und enganliegend sass!
Meine Sekundarschulzeit war nicht gerade die Beste, mein Hauptlehrer Pletscher und ich, wir mochten uns gar nicht. Er ignorierte mich meistens und ich verlor leider meinen Ehrgeiz, Klassenbeste zu sein. Nach meinem Jeans-Kauf beschlossen zwei meiner Mitschülerinnen und ich, erstmals mit Jeans in die Schule zu gehen, das war 1960 für Mädchen noch strikte verboten. Am nächsten Tag erschien aber nur ich in Jeans, den anderen Mädchen wurde es von ihren Eltern verboten. Da meine Mutter jeweils viel früher aus dem Hause zur Arbeit musste, wusste sie nichts von meiner Aktion. Herr Pletscher sah mich mit seinen Froschaugen an, hob nur einen Arm der zur Türe zeigte und ich wusste, was das hiess – ab nach Hause. Nach 1 oder 2 Wochen versuchte ich es nochmals, das gleiche Prozedere. Nach weiteren Wochen, nun waren wir aber schon 4 Mädchen, die es versuchen wollten und siehe da, Pletscher übersah gefliessentlich die Jeans und im ganzen Schulhaus Käferholz sassen in allen Klassen Mädchen mit langen Hosen, hurra!
Ueber Mundarin fuhr oder besser gesagt raste ich nach dem Bad auf dem Great Eastern Hwy. Richtung John Forst NP, da musste es doch bestimmt einen Campground geben. Aber nein, ums verrecken nicht, überall Verbotsschilder- No Camping. Ich entschloss mich, kein Risiko mehr einzugehen und auf dem schnellsten Weg, und das ist der Great Eastern Hwy., eine richtige fünfspurige Autobahn, nach Freemantle in den Village CG zu fahren. So schnell ging es dann doch nicht, der Weg zog sich noch lange über viele Kilometer hin und es herrschte Rush-Hour! Einerseits war ich froh, als endlich die mich stark blendende Sonne unterging, andererseits erschwerte die schnell hereinbrechende Dunkelheit die Suche nach den Strassennamen gewaltig.
Nach einem extrem langen und sehr anstrengenden Tag kam ich schliesslich nach 21 Uhr todmüde an, bekam den schönsten Platz zugeteilt, allerdings auch den teuersten mit 31 $ die Nacht. Ich fing sogleich mit Kochen an und bereitete mir ein 5-Gang Menu zu: Gemischten Salat, Rührei mit Käse, Toast, Wein, Wasser! Es schmeckte herrlich, köstlich, gourmetmässig. Ich wäre aber während des Essens fast eingeschlafen, so müde war ich!
Am nächsten Tag sass ich erst gegen Mittag im öffentlichen Bus zur City. Ralf vom Travel Car Center kam am Morgen vorbei, brachte neue Schlafsäcke, einen etwas besseren Campingtisch und einen neuen Toaster. Auch hatte er nigelnagelneues Besteck eingekauft, schönes mit blauen Griffen! Er versprach mir neue Vorhänge die ich allerdings erst in Adelaide in Empfang nehmen könnte, da sie erst bestellt werden müssten! Na also- geht doch!! Ich hatte mir bereits ein hübsches Tischtuch genäht um ein bisschen mehr Wohnlichkeit in den Camper zu bekommen.
Freemantle ist eine bezaubernde Stadt mit vielen guterhaltenen und renovierten Häusern im Kolonialstil. Ich habe das Shipwreckmuseum und das Castell am Hafen besucht, mich bei Kailie`s an der Sonne mit einer Seefood-Delight verwöhnt und bin mit Musse durch den Fischmarkt geschlendert. Nicht nur frischen Fisch gibt’s da, knuspriges frischduftendes Brot, Früchte und Gemüse, Biokost, Kerzen und Duftstoffe, auch ausgeflippte Kleider und T-Shirts mit den verrücktesten Aufschriften. An jeder Ecke geben Strassenkünstler ihre Performance, musikalische, akrobatische und was mir besonders gefiel – pantomimische.
Meine Nachbarn auf dem Campingplatz habe ich aufgrund der Sprache als Schweizer Mitbürger erkannt und wir kamen ins Gespräch. Sie konnten kaum glauben, dass ich wirklich ganz alleine unterwegs war und fragten mich, ob ich denn keine Angst hätte? Nein- Angst hatte ich bis jetzt wirklich nicht, ich habe mich noch in keinem Land so sicher gefühlt wie hier in Australien. Ich weiss nicht ob es daran liegt, dass die Distanzen so gross sind und das Land so extrem schwach besiedelt ist. Welcher Glünggi wartet da ausgerechnet auf eine alte Schachtel wie mich die eh nicht viel besitzt? Die Beiden waren seit drei Wochen unterwegs in Australien, haben einige tausend Kilometer absolviert und mussten bereits wieder ans heimgehen denken. Wie gut hatte ich es doch, ich durfte es viel ruhiger angehen und hatte noch so viel Zeit vor mir!
Gut ausgeruht, hübsch angezogen und mit diskretem obligatem Augen-make-up (ich komme mir sonst so nackt vor) machte ich mich auf den Weg nach Rockingham, machte einen Abstecher zur Point Peron und einen Spaziergang um den Zipfel der Halbinsel. Bizarre Sandsteinformationen und durch Errosion gebildete Höhlen stehen im tosenden Meer. Es blies ein starker Wind und riesige Wellenberge türmten sich auf. Auch hier war ich alleine unterwegs, was machen nur alle die Aussie`s an Sonntagen?
Gegen 10Uhr traf ich in Shoalwater ein und stürzte mich ins Badekleid, schnappte mir die gefüllte 1,5 lt. Wasserflasche und watete etwa 500 Meter durch knietiefes kristallklares Wasser zur Penguine Island hinüber. Im Visitor Center kam ich mit einer jungen Rangerin ins Gespräch, sie schwärmte sofort vom Zugerberg und von Montana als sie erfuhr, dass ich Schweizerin bin. Ihr Boyfriend hatte dort eine Schule besucht und sie verbrachte zweimal mehrere Wochen in der Schweiz. Sie lud mich ein, die Fütterung der Pinguine um 12.30 zu besuchen. Bei diesen Pinguinen handelt es sich um die kleinste Art die höchstens 30 cm gross wird. Ihre Deckfedern sind von einem irisierendem dunkelblau und ihr Gang ist aufrecht und graziös, kein watscheln wie bei den grösseren Artgenossen!
Vor der Aufführung hatte ich genügend Zeit, die winzige Insel zu entdecken. Am nördlichen Ende hatte sich eine kleine Pelikankolonie niedergelassen die hier brütet und ihre Jungen aufzieht. Um ihr Verhalten nicht zu stören bleibt der Mensch auf Distanz was das Beobachten ohne Feldstecher schwierig macht. Am rückwärtigen Strand lag ein Seelöwe mit einer grässlichen Wunde am hinteren Rückenteil, ein Hai hatte ihm ein riesiges Stück Fleisch herausgerissen. Er lässt sich von den Rangern füttern und wartet fast reglos die Heilung der Wunden ab. Auch hier brachten die Ranger eine Abschrankung an um das Tier vor zu neugierigen Touristen zu schützen.
Die Fütterung der Pinguine wird in einer Art Minizirkus abgehalten. Die 8 Protagonisten bestehend aus zwei uralten Herren, einem Liebespaar das hier brütet und 4 Waisenkinder von 4 Monaten. Das Futter besteht aus frischen Fischen die die Tiere geschickt mit ihren Schnäbeln auffangen.
In der Zwischenzeit hatte die Flut eingesetzt weshalb ich mich entschloss, mit der Fähre aufs Festland überzusetzen. Ich wollte meine neue Digitalkamera nicht durch das Salzwasser gefährden!
Am weiten Sandstrand der Safety-Bay habe ich mich zum Pick-Nick niedergelassen, Brot mit Knoblauchbutter (ich war ja alleine unterwegs), Tomaten und Gurken und das teuerste je gekaufte Wasser, die Flasche zu 7$!
Ich wollte ganz gemütlich auf der Old Coast Road über Mandurah in den Yalgorup NP tuckern. Die Strasse entpuppte sich aber als getrennt geführte Autobahn und das liebe ich nun mal gar nicht, wenn ich auf Reisen bin. Zweimal versuchte ich, Ausfahrtsstrassen nach rechts zu nehmen um dem schnellen Hayway zu entgehen, aber diese führten lediglich in Villen- und Einfamilienhausquartiere in denen die Strassen dann endeten! Dann halt eben doch Autobahn, dem Peel Inlet entlang weiter.
Obwohl es ganz in der Nähe einen Campground gab wollte ich noch ein Stück weiter zum Yalgorup NP, ein kleiner Abendspaziergang im Park würde mir guttun! Zurück auf der Old-Coast Road kam auch schon bald die Abzweigung Yalgorup-Drive, also nichts wie hinein. Ich las Strassenschilder wie Florida, Melrose, Bouvard, aber nichts von einem Nationalpark! Schlussendlich landete ich wieder auf dem Highway, nur wenige Kilometer weiter südlich! Ich nahm die Karte zu Hilfe und studierte sie diesmal etwas genauer und entdeckte, dass ich nach Preston Beach musste. Yalgorup Drive ist nicht gleich Yalgorup National Park! Und diese Abzweigung fand ich dann auch problemlos und landete gegen 17 Uhr auf dem kleinen Campground.
Ich war enttäuscht, denn unter einem Nationalpark verstehe ich etwas ganz Anderes. Ca. 300 Meter nördlich gab es einen 2 Km langen Trail durch Buschwerk dem Strand entlang, das war aber auch schon Alles! Das ganze Gebiet steht zwar unter Schutz, ich habe allerdings nicht herausgefunden unter Welchem! Dicht stehen die vielen Ferienhäuser an den niederen Hängen und Weitere sind im Entstehen begriffen, Tennis- und Golfplätze mit ihren sterilen und gedüngten Rasenflächen und sogar das Angeln ist erlaubt!
Eine nette Familie die meine Nachbarn für die zwei kommenden Tage werden sollten, begrüssten mich aufs herzlichste. Ich hatte einige Mühe, ihr Aussieenglisch zu verstehen. Sie versprachen mir, während meines Abendspazierganges auf mein Fröschlein (ich habe mein Gefährt natürlich getauft) aufzupassen!
Nach 200 M der Strasse entlang erreichte ich den wunderschönen Sandstrand an dem man in beiden Richtungen kilometerlang spazieren gehen kann. Ich entschied mich spontan für die linke Seite. Es tummelten sich noch einige Familien mit Kindern am Strand, die grösseren Kinder vergnügten sich damit, mit den anrollenden Wellen mitzurennen. Niemand traute sich aber ins Wasser hinein, das Meer war ganz schön wild und herrlich anzuschauen. Schon bald liess ich die Menschen hinter mir, vor mir nichts als einsamer Strand so weit das Auge reicht. Barfuss watete ich durch die auslaufenden Wellen. Nun war ich schon eine Woche in Australien, war mit den vielen neuen Eindrücken so in Anspruch genommen, dass ich gar nicht ins für mich typische Grübeln kam. Aber die Vergangenheit holte mich wieder ein!
Die misslungene Operation
Der Grund nämlich, warum ich überhaupt auf diese Reise ging, war ein tiefes Loch in das ich im Frühjahr 2005 hineinfiel und keinen Weg fand, da wieder herauszukommen. Mein ganzer Optimismus, meine sonst unerschütterliche Lebensfreude waren verschwunden.
Im September 2003 wurde ich in der Klinik Balgrist in Zürich, die für orthopädische chirurgische Eingriffe bekannt ist, an der Wirbelsäule operiert. Es war schon meine 3. Wirbelsäulen OP.
Seit ich mich zurück erinnern kann litt ich unter oft sehr starken Rückenschmerzen. Es gab Zeiten, wo ich mich kaum bücken konnte und bei Stellungsänderungen meines Körpers hätte laut aufschreien mögen. Die erste Operation, ich war damals 25 und hatte Lähmungserscheinungen, brachte mir immerhin drei schmerzfreie Jahre. Die Zweite, bei der nur ein Wirbel mittels einer Schraube oder Stift versteift wurde, dann leider gar nichts. Die unteren 3 Lendenwirbel sollten bei der 3. Op mit Titanschienen und Schrauben fixiert werden, Spondylodesis oder so ähnlich genannt.
Bei den Voruntersuchungen stellte es sich als sehr positiv heraus, dass ich vor 3 Jahren mit dem Rauchen aufhören konnte. Der Heilungsprozess sei wesentlich besser und kürzer und auch die Dosierung der Anästhesie besser zu berechnen, versicherte mir der griechische Anästhesist. Er freute sich, als ich ihn in griechisch ansprach und fragte mich, weshalb ich seine Muttersprache so gut beherrsche. Ich erzählte ihm von meinem Beruf als Reiseleiterin und dass ich oft in dieser Eigenschaft auf den griechischen Inseln mit Wandergruppen unterwegs war.
Obwohl es sich um die 3. Rückenoperation handelte war ich voller Vertrauen auf ein gutes Gelingen, auch weil mein operierender Arzt mir versicherte, dass keinerlei Risiken, ausser natürlich dem Restrisiko einer jeden Operation, zu befürchten seien und er als Oberarzt mich persönlich operieren würde.
Ich wurde als erster Patient früh um 7 Uhr in den OP gebracht und nach dem über 6 Stunden dauernden Eingriff erwachte ich im Aufwachraum aus der Narkose. Weder mit der Herztätigkeit noch mit der Atmung gab es irgendwelche Schwierigkeiten, einzig, ich wollte einfach nicht richtig wach werden! Nicht verwunderlich, war ich doch total übermüdet und geschafft ins Spital eingerückt, ich musste natürlich meine Wohnung auf Hochglanz poliert haben – man weiss ja nie!
Irgendwann an jenem Abend wurde ich von einer Krankenschwester gewaschen. Sie bat mich, das rechte Bein etwas anzuheben aber ich wusste gar nicht, wo mein rechtes Bein war, spürte absolut nichts. Sie kniff mich an verschiedenen Stellen so fest sie konnte, aber nichts- ich spürte einfach nichts! Langsam kam Panik in mir auf, war es nicht gerade das, was Herr Boos, mein Arzt, ausdrücklich ausschloss? Eine Lähmung? Auch die Schwester machte sich Sorgen, sofort holte sie den diensthabenden Arzt der Intensivstation. Nach kurzer Untersuchung verschwand dieser wortlos! Es dauerte aber nicht lange und die an der OP beteiligten Aerzte standen an meinem Bett, untersuchten mich eingehend und an ihren Gesichtern konnte ich ablesen, dass sie alle sehr betroffen waren. Dr. Boos erklärte mir, dass wahrscheinlich eine der 6 Schrauben auf Nerven drücken würde!
„Was hast Du nur gemacht?“ hörte ich deutlich den Assistenzarzt sagen, konnte mir aber in dem Moment keinen Reim darauf machen. In aller Eile wurde ich zum Röntgen und zur Computer Tomografie gebracht. Nach kurzer Besprechung wurde beschlossen, sofort eine Not-OP durchzuführen um zu retten, was noch zu retten war!
Dieser Eingriff dauerte nur etwa eine Stunde und ich erwachte recht schnell wieder aus der Narkose. Mit spitzen Nadeln tastete ein Neurologe meinen Unterkörper und die Beine ab. An einigen Stellen des zuvor komplett gelähmten Beines spürte ich doch deutlich die Nadelstiche, was zu grossen Hoffnungen auf Besserung Anlass gab. Es folgten 5 Tage der absoluten Ruhestellung um die gestörten Nerven sich erholen zu lassen. Dann eine lange, recht schmerzhafte neurologische Untersuchung beider Beine um genaue Vergleiche anzustellen. Der Neurologe schien mir ein sehr kompetenter und netter Arzt zu sein und er betonte, dass ich grosses Glück im Unglück hätte, er sei überzeugt, dass sich grosse Teile der Nerven wieder regenerieren würden. Allerdings müsste ich sehr, sehr viel Geduld, Wille und Energie aufbringen, es könnte sich über 2-3 Jahre hinziehen. Mit einer Restbehinderung müsste ich aller Wahrscheinlichkeit nach rechnen, aber es sei nur eine Frage der Zeit um zu lernen, mit dieser Behinderung umzugehen und die Klinik Balgrist würde mir jede nur erdenkliche Hilfe bieten. Ich war so froh, wenigstens etwas in meinem rechten Bein zu spüren, dass ich mir dachte, OK, Wille und Energie habe ich mehr als genug, nur mit der Geduld hapert es bei mir!
Auch Dr. Boos bot mir jede Hilfe an, er entschuldigte sich ausdrücklich bei mir, dass ihm so etwas hätte passieren können und versprach, dass ich keinerlei finanzieller Zusatzkosten die auf mich zukommen würden, selber aufbringen müsste. Eine Beamtin des Sozialdienstes würde sich bei mir melden, was dann wenige Tage später auch geschah.
Im Rollstuhl, den ich nach kurzer Zeit selbständig vorwärts, rückwärts und seitlich zum Rollen bringen konnte, und der mir ein Minimum an Selbständigkeit brachte, besuchte ich Frau Cotti, die Sozialbeamtin, in ihrem Büro. Sie wurde von Dr. Boos ausführlich über meine Behinderung informiert, auch wie es dazu kam, denn sie versicherte mir mehrmals, wie sehr Dr. Boos seinen Fehler bedaure und auch dazu stehen würde. Sie riet mir, sämtliche Belege und Rechnungen aufzuheben und ihr periodisch zuzustellen. Als Soforthilfe übergab sie mir mehrere Vouchers für Taxifahrten, da ich ja nicht mehr in der Lage war, selber ein Auto zu steuern!
Nach 3 Wochen verliess ich die Klinik, nachdem ich während 10 Tagen mit meiner wunderbaren Physiotherapeutin, Frau Lemaire gelernt hatte, an Stöcken zu gehen. Das war etwas Wunderbares, wieder selbständig zu sein, selber gehen zu können, auch wenn es noch sehr mühsam war. Die Hände und Arme schmerzten und ich hatte richtigen Muskelkater bis hinauf zu den Schultern.
Mit einem Spezialtransport, von der Klinik Balgrist organisiert, ging es nach Davos ins schöne Bündnerland. Es war ein wunderschöner Herbst und ich freute mich, aus dem Spital heraus zu kommen. Schon vor der OP war ausgemacht worden, dass ich 2 Wochen in Davos zur Erholung verbringen würde. Zwecks intensiver Pflege und Therapie zur Rehabilitation setzte sich Dr. Boos für einen mindestens 4-wöchigen Aufenthalt ein.
Obwohl schon Ende September und immerhin auf 1800 Meter Höhe, war es immer noch sehr heiss. Ich verbrachte viele Stunden zwischen meinen Einsätzen in Wassertherapie, Elektrostimulationen, Massagen, Bewegungstherapie und Untersuchungen auf meinem Balkon mit weitem Blick über das Tal und in die Berge. Ich war glücklich, obwohl nur allgemein versichert, ein Einzelzimmer bekommen zu haben. Allerdings schlief ich meist sehr schlecht. Ich träumte immer wieder, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte, dann knipste ich das Licht an und las eben eine Weile. Ich konnte mich ja tagsüber immer wieder mal hinlegen und ausruhen.
Hatte ich in der Klinik in Zürich jeden Tag irgendwelche Besucher, musste ich mich hier oben in Davos mit Tagen des Alleinseins abfinden. Für meine Familie und Freunde bedeutete ein Besuch in Davos einen Tagesausflug zu machen was natürlich nur selten möglich war. Meine langjährige Freundin Esthy kam dann aber als Ueberraschung mit Ehemann und neuem Motorhome gleich für 2 Tage zu Besuch, das war ein Riesenaufsteller. Wir verbrachten viele gemeinsame Stunden, ich durfte meine Therapien auf die Randstunden verlegen um tagsüber mit meinen Freunden zusammen zu sein. Natürlich gab es noch das Telefon, meine Tochter Jacqueline rief mich alle 2-3 Tage an und sogar mein sonst Telefonfauler Sohn Robert rief mich öfters an.
Meine Mutter fehlte mir sehr, sie starb nur ein halbes Jahr zuvor ganz plötzlich an Leukämie. Wir beide hatten immer ein sehr inniges Verhältnis und haben viele gemeinsame Reisen unternommen! Ich hätte sie jetzt so sehr gebraucht, sie hätte sich ganz bestimmt ein Zimmer in meiner Nähe genommen um mir beizustehen.
Ich begann, mit meinem Schicksal zu hadern und weinte sehr viel. Dabei hatte ich eigentlich gedacht, ich hätte mir das Weinen schon lange abgewöhnt. Was für ein Irrtum- nur gut wusste ich nicht, wie viel ich noch weinen würde!
Seit meiner Ankunft kümmerte sich der Chefarzt persönlich um mich und bat mich, mit allen Fragen und Problemen mich an ihn zu wenden. Das Problem war aber, dass ich nie gelernt hatte, meine Probleme irgendwo oder irgendjemandem anzuvertrauen. Da ich zusammen mit meiner 7 Jahre älteren Schwester und meinem jüngeren Bruder ohne Vater aufwuchs und meine Mutter immer berufstätig war, lernte ich schon früh, alleine zurechtzukommen. Bestimmt hatte der Arzt bemerkt, dass bei mir trotz des von mir verbreiteten Optimismus nicht alles so gut läuft. Anlässlich einer Untersuchung riet er mir dringend, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich sah aber keine unbedingte Notwendigkeit, liess mir aber doch einen Termin geben. Komischerweise bekam ich diesen gleich am nächsten Tag was mich vermuten liess, dass dieser Termin schon vor unserem Gespräch abgemacht wurde! Mein Gott, dachte ich, was redet man denn mit einem Psychologen eine ganze Stunde lang? Ich hatte eine Behinderung, ja, aber doch nicht im Kopf!
Natürlich fand ich mich pünktlich zur Sitzung ein und zu meiner Erleichterung handelte es sich beim Psychologen um eine Sie, eine gebürtige Holländerin mit reizendem Akzent. Ich weiss bis heute nicht, wie sie mich dazu brachte, zu reden. Aber ich redete und redete, und die Stunde war längst um, als sie sanft auf die Unterbrechung zusteuerte. Sie gab mir gleich für den nächsten Tag einen neuen Termin und bat mich noch, Tränen ohne Scham zuzulassen. Es tat mir unheimlich gut mich ihr anzuvertrauen, sie gab mir keine Ratschläge oder Verhaltensweisen mit, aber sie lehrte mich, kein Uebermensch sein zu wollen und Schmerz über Verluste zuzulassen. Sie machte mir klar, dass ich in meinem Leben ganz grosse Verluste hinnehmen musste, diese aber samt und sonders völlig verdrängt hätte wie etwa das Nichtvorhandensein eines Vaters als Kind und die arbeitsbedingte Abwesenheit tagsüber meiner Mutter, die extrem frühe Heirat mit 17 und den damit verbundenen Verlust meiner Jugendzeit, den Verlust unseres Hauses durch den Konkurs der Firma meines Mannes, in das ich mit Malen und tapezieren, mit selbstglasierten Fliesen und selbstentworfenem Cheminee so viel investierte, die Scheidung von meinem Mann nach 26 Ehejahren, die Aufgabe meines heissgeliebten Berufes als Reiseleiterin und schliesslich den Tod meiner geliebten Mutter.
Zulassen, loslassen, adieu sagen auch vom gesunden, leistungsfähigen Wanderbein! Ich wusste All das eigentlich schon, tief drinnen oder ganz weit hinten im Hirn, aber lieber liess ich all das Unangenehme in Schubladen verschwinden. Wahrscheinlich hatte ich schon immer ganz einfach Angst vor dem Oeffnen der Schachtel der Pandora! Aber schon vor meiner Scheidung gingen einige der Schubladen nicht mehr ganz zu, es war eindeutig zu viel drin, Verletzungen durch viele Ehebrüche, den Ersten übrigens schon 2 Wochen nach unserer Eheschliessung!
Auf vier aufeinanderfolgenden Tagen besuchte ich meine Psychologin für jeweils eine Stunde, danach noch alle drei Tage. Ich glaube, ich hatte mein ganzes bisheriges Leben noch einmal durchgelebt und vieles wurde mir klarer. Eines stand für mich fest, ich wollte nicht mehr länger Weltmeisterin im Verdrängen sein!
Nach 4 Wochen intensivster Therapien freute ich mich auf zu Hause. Mein Bruder holte mich im grossen Mercedes ab (der Kauf dieses Occasionswagens war ein richtiges Schnäppchen, wie er stolz verkündete) und brachte mich auf die komfortabelste Art nach Hause.
Ich stufte meine Fortschritte als eher kümmerlich ein, ich brauchte noch immer beide Gehstöcke, konnte keine Treppen gehen und abschüssiges Terrain wurde zum unüberwindbaren Hindernis. Auch hatte ich noch starke Schmerzen an der Stelle, wo man im Hüftbereich Knochen entnommen hatte um in sogenannten Körbchen irgendwo zwischen den Wirbeln einzusetzen.
Mein kleiner Bruder
Mein Bruder Harry-Roland (zuhause nannten wir ihn ausschliesslich Roland) hatte während meines Aufenthaltes in Davos seinen gesamten Hausstand aufgelöst, verkauft was er verkaufen konnte. Aber immer noch stapelten sich Schachteln und Tüten, Koffer und Rucksäcke an jedem möglichen und unmöglichen Platz in meiner 2,5 Zimmer-Wohnung in Russikon. Er hatte sich innerhalb von nur 2 Wochen entschlossen, zu seiner Internet-Chat-Freundin nach Thailand auszuwandern, ohne sie je zuvor gesehen zu haben, deshalb offerierte ich ihm, die verbleibenden Tage bei mir zu verbringen.
Chaotisch, wie nur mein Bruder sein kann, klappte rein gar nichts. Er bekam seine Möbel, seinen Mercedes, seine Bilder und Münzsammlung nicht zum vorgestellten und total überhöhten Preis los, auch wartete er noch immer auf einen Schnäppchen-Preis für sein Flugticket! Ich wurde halb wahnsinnig, fand kaum Platz, meine Gehstöcke zwischen all dem Schutt zu platzieren was mir das Gehen noch schwieriger machte. Auch nervten mich seine fast ununterbrochenen Telefongespräche, natürlich auf meine Kosten was ich im ganzen Ausmass allerdings erst nach seiner Abreise bei Eingang der Telefonrechnung feststellte.
Nach 2 Wochen Chaos übte ich Druck auf ihn aus, ich wollte endlich wieder daheim sein, meine Ruhe haben und überhaupt, mein lieber kleiner Bruder ging mir wieder einmal gewaltig auf den Wecker!
Dann, nur zwei Tage nach unserem Gespräch, hatte er seinen Flug gebucht. Er wollte mich, wie schon als kleiner Junge, auf keinen Fall verärgern. In erstaunlichem Tempo leerte sich meine Wohnung. Ich hatte keine Ahnung, wie er all das Zeug los wurde.
Am Morgen seiner Abreise packte ich ihm 2 riesige Koffer (im Packen hatte ich schliesslich Uebung), er selber packte noch einen mittelgrossen Trolley als Handgepäck und einen überdimensionierten Rucksack. Dann zog er 3 Schichten Kleider übereinander an und mein sonst schlanker Bruder sah wie ein aufgeblasener Clown aus, fehlte nur noch die rote Nase die bestimmt noch mit der ansteigenden Körpertemperatur kommen würde!
Dann, kurz vor Abfahrt zum Flughafen die Eröffnung, dass er noch seinen Mercedes seiner ehemaligen Freundin Silvia bringen müsste, er konnte ihn ihr für gerade mal 2000 Franken verkaufen. Dabei hätte er ihn auf der Rückfahrt von Davos für 5000 verkaufen können. Auf einem Karton am Rückfenster seines Mercedes angebracht stand in grossen Buchstaben «Zu Verkaufen». Ein hinter uns fahrendes Fahrzeug betätigte immer wieder die Lichthupe und als wir anhielten und mit dem Fahrer ins Gespräch kamen, offerierte er eben 5000 Fr. aber nicht mehr. Mein Bruder liess sich leider nicht darauf ein. Dafür erledige Silvia aber das mit dem Strassenverkehrsamt und der Versicherung, tröstete sich mein Bruder!
Ich hatte mir in der Zwischenzeit einen kleinen Citroen gekauft den ich mir als Invalidenauto zum Fahren mit dem linken Bein und Fuss umbauen liess, hatte die erforderliche Fahrprüfung abgelegt und alle notwendigen Bewilligungen eingeholt. Damit wollte ich Roland zum Flughafen bringen, und zwar auf direktem Weg. Stattdessen fuhr ich geduldig hinter dem Mercedes her, mit Umweg von 20 Min. über Neuaffoltern zu Silvia, die Gott Sei Dank schon am Strassenrand wartete. Als sie ihren ehemaligen Liebhaber sah, prustete sie los und konnte sich kaum erholen, sie krümmte sich vor lachen! Roland aber blieb gelassen, drückte ihr die Schlüssel in die Hand und schon brausten wir wieder los.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass wir es noch rechtzeitig zum Flughafen schaffen können. Aber dann musste ich noch nach Schwamendingen fahren, der Garageschlüssel musste noch abgegeben werden um die 50 Fr. Depot abzuholen, die er einst einbezahlt hatte! Ich weiss nicht mehr, wie wir schlussendlich doch noch rechtzeitig im Flughafen Kloten ankamen. Ich schwor, sämtliche Bussen von seinem Bankkonto abzuheben, ich hatte eine Vollmacht dafür um allfällige noch einkommende Rechnungen zu begleichen und um ihm sporadisch Geld zu überweisen.
Roland lud all sein Gepäck auf einen Gepäcktrolley und mein kleiner Citroen entpuppte sich als richtige Wundertüte, es kamen nebst den beiden Koffern, Trolley und Rucksack noch ein Karton mit Computer und einer mit dem Drucker zum Vorschein plus eine Golfausrüstung, die er vor Urzeiten von unserer Schwester Ruth geschenkt bekam. Es war der totale Wahnsinn, sämtliche Leute denen wir begegneten, und es waren deren Viele, drehten sich nach uns um.
Die junge Dame am Check-in Schalter purzelte fast aus ihrem Schalter als sie realisierte, dass all das Gepäck nicht für eine noch ankommende Gruppe, sondern ganz allein für meinen verrückten Bruder war. Wortlos schüttelte sie mehrmals den Kopf, sie wusste offensichtlich nicht mit dieser Situation umzugehen. Da half ihr Roland voller Charme weiter und sagte ihr ganz genau, was zu tun sei, nämlich beide Augen ganz fest zuzudrücken und ja nicht auf die Waage schauen. Langsam löste sich ihre Starre und ein symphatisches Schmunzeln breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus. Sie dirigierte die beiden Koffer auf das Gepäckband, jeder mit einem Gewicht deutlich über 30 kg, dann den Trolley mit nochmals 10 kg, den riesigen Rucksack übersah sie geflissentlich. Die Schachteln mit dem Computer und Drucker und die Golferausrüstung lehnte sie dann aber kategorisch ab, da half auch kein Charme mehr. Roland bekam seine Bordkarte und ich schaute ungläubig den entschwindenden Koffern nach.
Mit Computer und Golfausrüstung spurtete Roland in die Parkebene zurück, verstaute Alles im Kofferraum meines Autos und kehrte schweissgebadet und einem Kollaps nahe zu mir zurück. Jetzt hatte er definitiv seine rote Clownnase bekommen. Er nahm mich in die Arme, merkte nicht einmal, dass meine Stöcke scheppernd zu Boden fielen, drückte mich kurz aber umso heftiger an seinen schweissnassen Körper und schon spurtete er der Passkontrolle entgegen. Ein letztes Winken und schamlos freches Grinsen- und weg war er!
Jetzt, so lange Zeit später, am Strand von Preston Beach musste ich herzlich lachen, ich sah die ganze Situation ganz plastisch vor mir und fragte mich, was er wohl gerade jetzt im fernen Thailand machte!
Es war gut, dass ich in jenem Augenblick am Flughafen nicht wusste, was noch an Therapien und Aerger auf mich zukommen sollte!
Ich verbrachte noch mehr als 4 Wochen stationär in der Paraplegieabteilung des Spitals Balgrist, wo ich dann endlich grosse Fortschritte erzielte, alles auf Kosten der Klinik!
Als ich einige Wochen später die vielen aufgelaufenen Rechnungen für Therapien, die meine Krankenkasse nicht zu bezahlen brauchte, Frau Cotti brachte, fing ein Spiessrutenlauf an. Herr Dr. Boos, ich vermutete, dass er sich mit seiner Versicherung in Verbindung gesetzt hatte und diese ihm riet, seine Schuld abzustreiten, eröffnete mir im Korridor, (er hatte nicht einmal den Anstand, mich in sein Büro zu bitten) dass er jede Schuld von sich weise. Er hätte mich auf die Gefahren hingewiesen und ich hätte das ja mit meiner Unterschrift auch bestätigt! Bumm, das war ein Hammerschlag! Wie konnte sich ein Mensch so plötzlich so verändern!
Ich setzte mich mit der Patientenorganisation in Verbindung wo mir grosse Hoffnungen gemacht wurden, die einige Tausend Franken selbstbezahlter Rechnungen für zusätzliche Therapien und Hilfsmittel und den Umbau meines Fahrzeuges in ein Behindertenauto von der Versicherung der Klinik oder des Arztes zurückzubekommen. Der Anwalt meinte, es gäbe durchaus eine gute Chance, eine Abfindung zu bekommen, allerdings könnten sich Verhandlungen und ein allfälliger Prozess über mehrere Jahre hinziehen! Nach langem Ueberlegen und Erkundigungen bei meinem Neffen, der Anwalt war, liess ich dann die Sache auf sich beruhen, ich wollte nicht meine Kraft und Energie in Streitigkeiten und Prozessen mit unsicherem Ausgang investieren, diese Kraft brauchte ich dringend für meine Genesung!
Wieder kam mir die Galle hoch ob dieser Ungerechtigkeit! Ich riss mich von diesen negativen Gedanken los, schaute über die unendliche Weite des Ozeans und wurde wieder ganz ruhig! Ich hatte richtig entschieden, es ging mir ja wieder viel besser und ich konnte mittlerweilen eigentlich fast All die Sachen machen, die mir Freude bereiten, gehen, schwimmen, reisen!
Hunger und Durst beschleunigten meine Schritte, mein Häuslein, mein Castle, wartete auf mich! Ich nahm mir wieder einmal mehr fest vor, den tiefen Groll gegen Dr. Boos zu überwinden! Manchmal in Gedanken gab ich ihm Boxhiebe dass er hinfiel, zerkrazte ihm das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit oder stellte ihm ein Bein, dass er umfiel und völlig gelähmt zurückblieb.
23.1. Ausgeschlafen! Dann als Erstes das Geschirr vom Vorabend abgewaschen. Gegen meine Gewohnheit liess ich am Vorabend nach dem Essen alles stehen, ganz einfach deshalb, weil es zu dunkel war und der Abwasch mit Taschenlampe zu umständlich! Später richtete ich mich an meinem Campingtisch ein und schrieb, bis mir die Augen tränten, es lag ein eigenartiger Nebel über der Gegend. Nicht weit weg, in den Dwelling-Ups gab es einen grösseren Waldbrand und fast so schnell wie das Feuer selbst verbreitete sich diese Nachricht auf dem Camp-Ground. Einige Leute mussten in der Nacht vom dortigen Campingplatz flüchten und installierten sich auf unserem Platz und brachten die Neuigkeiten. Scheinbar wurde der Brand von betrunkenen Campern verursacht die verhaftet werden konnten. Das Tragische daran war, die Besitzer des Campingplatzes wollten an jenem Sonntag gerade den 40. Jahrestag ohne Feuer feiern! Welch eine Ironie des Schicksals!
Die Luft füllte sich immer dichter mit Rauch und die Sonne schien nur noch durch eine dichte Nebeldecke, es wirkte richtig gespenstisch. Mein Camper war in kurzer Zeit aussen und innen mit einer dünnen grauen Ascheschicht bedeckt. Nach Aussagen des Platzwartes sollte die Luft unten am Meer wesentlich besser sein, weshalb ich mich meiner tränenden Augen wegen sofort dorthin auf den Weg machte. Ich blieb eine gute Stunde, kehrte dann aber zum Campground zurück da am Strand kein Zentimeter Schatten zu finden war und es sehr heiss war. Ich schrieb weiter fleissig an meinem Tagebuch, aber gegen 16Uhr hielt ich es nicht mehr aus, ich stürzte mich in meine Wanderstiefel und machte mich auf, den Natur-Trail zum Cliftonsee unter die Füsse zu nehmen.
Es war immer noch sehr heiss, aber langsam wurden die Schatten länger und eine leichte Brise wehte vom Meer her. Links des Weges zog sich ein lichter Wald aus Erikabäumen hin aus dem ich ein dumpfes Klopfen zu hören meinte. Aber als ich stehen blieb und lauschte blieb alles still. Kurz darauf, nach etwa 20 Min. Gehzeit stand ich vor einem fast gänzlich ausgetrockneten See, grosse Teile waren mit einer Salz- und Muschelschicht bedeckt und nur ein schmales Band von Wasser zog sich in der Mitte hin. Darin hielten sich Hunderte von Enten auf die alle miteinander aufflogen, als ich, zwecks Föteli schiessen, näher ging. Rauschend flogen sie auf, kehrten nach einer grossen Runde dann aber wieder auf ihre Plätze auf dem See zurück.
Ich wollte nicht auf demselben Weg zurückgehen, erinnerte mich an meine vielen Reko‚s (das Ausfindigmachen von Wanderwegen für neue Touren) während meiner Reiseleitertätigkeit und mein Instinkt war geweckt. Beim Weitergehen kam ich zu einer grossen Lichtung auf der Dutzende von Känguruhs im Schatten der grossen Eukalyptusbäumen lagen oder auf den dürren Wiesen grasten. Tagsüber verstecken sie sich in Wälder oder Büschen, wo man sie kaum entdeckt. Aber hier schienen sie sich sicher zu fühlen! Wahrscheinlich wurde das Klopfen, das ich im Erikawald hörte, auch von Känguruhs, die mit ihren langen und dicken Schwänzen auf den Boden schlagen, verursacht. Einige der Tiere liessen mich bis auf 5 Meter herankommen und ich konnte die aus dem Beutel heraushängenden Beine ihrer Jungen sehen. Scheinbar hängen die Kleinen kopfüber da drinnen, muss ganz schön heiss sein!
Ich hatte schlussendlich eine wunderschöne kleine Rundwanderung gemacht die mich in grossem Bogen auch wieder zurück zum Preston-Beach und Campground führte.
Dort wurde ich schon erwartet- wie schön. Meine Nachbarn Helen, Mike und die Kinder Vanessa und Lithon (weiss nicht, ob sich der Name wirklich so schreibt, jedenfalls hörte es sich wie Lison an) wollten genau wissen, wo ich gewandert sei. Sie wohnen in den Perth-Hills und gehen dort oft auf Wanderschaft. Mit Vanessa versuchte ich französisch zu sprechen, Helen erklärte mir nämlich ganz stolz, dass ihre Tochter, die die 5. Klasse besucht, schon ganz gut französisch könne. Das Zählen von “un à dix“ ging tatsächlich fliessend und praktisch akzentfrei, erstaunlich für ein englischsprechendes Mädchen. Viel weiter reichten dann allerdings ihre Sprachkenntnisse nicht mehr und ich wechselte schleunigst ins Englische, um die Mutter nicht zu enttäuschen. Es ist doch etwas wunderbares wie Eltern auf der ganzen Welt sich ähnlich sind, wenn es um Ihre Kinder geht!
Ich hatte einen Bärenhunger und suchte meine winzige „Küche“ nach etwas Essbarem ab, hatte aber absolut kein Bock, mich an den Herd zu stellen um ein Riesengeköch zu veranstalten. Im Kühlschrank fand ich den Rest der Rösti vom Vorabend, eine angefangene Dose Thon, das letzte Viertel eines Eisbergsalates, 1 Tomate und ein Stück Gurke, ebenso eine angeschnittene Zwiebel und eine Avocado. Das Alles richtete ich auf einem grossen Teller (Porzellan-nicht etwa Plastik) an, träufelte ein Dressing darüber und schon war mein Gourmetmenue angerichtet, dazu das übliche Toastbrot und was nie fehlen durfte, ein Glas Rotwein, diesmal einen Shiraz von de Bortholi aus den Sacred Hills, na dann santè et bon apetit!
Der Abschied am 24. Januar war richtig rührend, Helen hatte sogar einige Tränen kullern lassen und hatte mich ganz fest an ihren grossen weichen Busen gedrückt, die Kinder mir artig eine gute Weiterreise gewünscht, Vanessa hatte ein au revoir gehaucht und Mike - die Verlegenheit in Person, hatte mir an einem steifen Arm die Hand hingestreckt. Hier in Australien wird in der Regel nicht so gerne und häufig geküsst wie bei uns in der Schweiz wo die Küsserei manchmal groteske Formen annimmt. Dreimal ist das absolute Minimum! Ich gestand mir ein, dass mir Körperkontakt doch anfing zu fehlen. Sämtliche Mitglieder meiner Familie sind nämlich richtige Schmusekatzen und drücken und herzen gehört bei uns einfach dazu.
Ueber Waroona fuhr ich nach Pinjarra, ein ganz bezaubernder Ort, klein und übersichtlich, gross markiert dafür das winzige Visitor Center. Darin zwei ältere Ladies die aussahen als wenn sie eben aus England gekommen wären und Schwestern seien. Sie übertrafen sich gegenseitig, suchten Broschüren, Heftchen mit Tipps und Wanderkarten der Umgebung. Das Visitor Center selber ist ein Teil des Edenvale Pathway to Pinjarras Past und mit dieser Beschreibung in einem nett aufgemachten Heft spazierte ich den Nummern entsprechend den Sehenswürdigkeiten entgegen. Ich habe übrigens immer Wanderstöcke bei mir, sobald ich längere Strecken gehe.
Der Weg verläuft dem träge dahinfliessenden Murray-River entlang an dem auch uralte Bäume ins Heritage aufgenommen wurden. Nr. 8 auf der Liste beispielsweise ist ein uralter, riesiger Eukalyptus Calophylla. Windmill, old Butschershop, old Schoolhouse aus 1896, bathing sheds (Badestuben) und die älteste Kirche Westaustraliens –St.John Glebeland mit verwitterten Grabsteinen auf dem kleinen Friedhof. Interessiert schaute ich mir die Grabstelen näher an, immer wieder tauchten die zwei gleichen Familiennamen, Fawcett und McLasty, auf.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, einige Tage im Yonderup Wildlife Reserve zu verbringen um endlich meine neue Angelrute auszuprobieren. Die Campingplätze wie auch die Ortschaften Ravenswood, North- und South-Yongarup waren aber extrem steril und touristisch, links und rechts der künstlich angelegten Kanälen Luxusvillen, das war nichts für mich und ich verliess fluchtartig diese Gegend und fuhr zurück nach Pinjarra. Ich wollte weiter zum Lake Navarino in der Nähe von Waroona.
Ich war den beiden Damen vom Visitor Center im Nachhinein noch dankbarer für die vielen Unterlagen, denn ich entdeckte darin eine Broschüre von Old Blythwood, das ich auf dem Weg besuchen wollte. Es handelt sich um ein Farmerhaus von 1849 und wird vom National Trust verwaltet, der Eintrittspreis ist mit 4$ eher bescheiden. John, der Verwalter (er hat sich mir gleich nach dem Bezahlen des Eintritts mit dem Vornamen vorgestellt) bemühte sich unglaublich und gab mir eine Privatführung. Er beschrieb jeden Stuhl und Tisch, woher das Geschirr und die Standuhren stammten, wusste über den Gebrauch der alten Küchenutensilien und der landwirtschaftlichen Gerätschaften Bescheid. Erbaut wurde das Anwesen vom schottischen Pionier und Farmer John MacLasty (Aha, einer vom Friedhof) und seiner Frau. Die Beiden hatten 10 Kinder, Misses McLasty muss eine überaus tatkräftige Frau gewesen sein, hatte sie sich nicht nur um Haus, Kinder und Gemüsegarten zu kümmern, sondern in einem Anbau war noch das Postoffice untergebracht das sie betreute. Vor der Veranda, deren Boden noch die originalen handgearbeiteten roten Lehmfliesen aufweisen, gibt es wunderschöne Blumenrabatten und Obstbäume, Quitten-, Granatäpfel-, Aprikosen- und Maulbeer-Bäume.
Eine ältere, elegant gekleidete Dame bewunderte die reifen und rotglänzenden Granatäpfel. John stellte mich ihr als mutige alleinreisende Schweizerin vor die auch schon mehrmals in Schottland gewesen sei (Da die Mac Lasty Familie aus Schottland eingewandert waren, erzählte ich ihm, dass ich vor einigen Jahren mehrere Wochen in Edinbourgh verbracht hätte um mein Diplom in Advanced English zu absolvieren!). Sie begrüsste mich etwas von oben herab, sie war ja schliesslich eine MacLasty, allerdings aus einer anderen Linie die nach Südafrika auswanderte, aber immerhin! Sie spürte hier ihren Vorfahren und Verwandten nach, wie sie mir eher widerwillig erklärte. Sogleich näherte sich auch ein jüngerer Mann der uns aufs herzlichste begrüsste, ein direkter Nachkomme des John McLasty. Die heutigen MacLasty`s, zwei Brüder, besitzen unheimlich grosse Ländereien und verdienen sich ihr Brot wie ihre Urur- Grossväter mit Rinderzucht und sind dabei sehr bescheiden geblieben!
Ich verabschiedete mich und musste John, dem Verwalter versprechen, fest auf mich acht zu geben, keine Autostöpler mitzunehmen und nie auf ungeteerten Strassen zu fahren! Franz Hohler, ein Schweizer Cabarettist, Musiker und Liedermacher hatte einst ein Lied komponiert das mir in den Sinn kam, «es si aui so nätt» (es sind Alle so nett).
Bei der Abzweigung zum Lake Navarino war die Strasse verbarikadiert. Ein Arbeiter in grell-orangem Overall erklärte mir, dass der Buschbrand in den Dwelling`s sich weiter ausgebreitet hatte und sämtliche Strassen Richtung Darling Range gesperrt seien. Pech gehabt, dachte ich, aber gleichzeitig auch Glück, da es mich ja nicht direkt betraf, ich hatte ja nichts verloren, kein Haus, keine Existenz wie so viele der dort lebenden Menschen.
Unverzagt fuhr ich weiter und nach dem Studium meiner Karte beschloss ich, zum Lake Brockman zu fahren. Ich kam gerade mal 3 Kilometer weiter als ich auch hier auf Strassensperren stiess. Die Ordnungshüter waren wie überall in Australien sehr nett und hilfsbereit. Nachdem ich ihnen von meiner Odyssee erzählt hatte, entschuldigten sie sich mehrmals für die inconviniences, es sei aber doch auch zu meiner Sicherheit. Wahrscheinlich sei ich jetzt sehr enttäuscht und wütend auf Australien, fragten sie mich. Aber nein, ganz im Gegenteil, ich wäre sehr dankbar für ihren Einsatz, erklärte ich ihnen, worauf sie alle strahlten, mich mit Tipps für Sehenswürdigkeiten versahen und mir beim Weiterfahren nachwinkten.
Der Highway war also über viele Kilometer auch gesperrt und mir blieb nichts anderes als auf die Parallelstrasse auszuweichen. Mit Schaudern dachte ich an die vielen Tiere die beim Brand ihr Leben verlieren, an die Bäume und Pflanzen die verbrennen und über viele Jahre als schwarze Skelette in den Himmel ragen werden. Ich habe öfters auf meinen Touren in Griechenland solche Auswirkungen von Waldbränden gesehen. Eine der schrecklichsten Erinnerungen war ein immenser Waldbrand auf Euböa, einer griechischen Insel, verbrannte Schildkröten und Eidechsen die auf unseren Wanderwegen lagen, noch glühende und rauchende Olivenbäume –verlorene Existenzen von Bauern!
Der einsetzende Regen wurde immer stärker und es goss in Strömen, ob das den Waldbrand stoppen konnte?
Leschenault Conservativ Park schien mir weit genug vom Feuer entfernt und sollte mein Ziel sein. Als ich auf die schmale Strasse zum Park abzweigte hüpfte mein Herz vor Freude. Obwohl alles grau in grau und die gegenüberliegende Leschenault Peninsula kaum sichtbar war, wusste ich mit Sicherheit, dass es hier was werden würde! Ich bekam den letzten verfügbaren Platz auf dem Campground, ein gutes Omen. Froh, nicht noch weiter fahren zu müssen, die letzten Kilometer waren eine Tortur, richtete ich mich ein. Ich kroch umständlich über die Fahrersitze nach hinten in meine gute Stube um nicht in Sekundenschnelle durchnässt zu werden! Der Regen prasselte auf mein Camperdach und bald bildeten sich draussen kleine Seen, nicht gerade anmachend um die Dusche und Toilette aufzusuchen. Es wurde extrem schwül und drückend heiss im Camper und an den Scheiben bildeten sich kleine Rinnsale von Kondenswasser, mir lief der Schweiss aus allen Poren! Aber bald schon lugten die ersten zaghaften Sonnenstrahlen zwischen den dunklen Wolken hervor und der Regen wurde zu feinem Nieselregen.
Darauf hatte ich nur gewartet um einen Spaziergang dem Peel Inlet entlang zu machen. Aus den Broschüren ging hervor, dass es hier viele verschiedene Vogelarten zu beobachten gibt und die Zeit vor Sonnenuntergang war dafür wie geschaffen! Kurz nach dem Campground führt eine Sandstrasse in westlicher Richtung die bald in einen schmalen Fussweg übergeht, hinein in die Uferlandschaft. Die Vegetation besteht aus verschiedenen Binsenarten und Gräsern, immens hohen Kanonenputzer und 3-4 Meter hohen Erikabäumen die hier Paperbrack genannt werden. Der Inlet, eine Lagune die eher an einen See erinnert, scheint nicht sehr tief zu sein. Weit draussen sammelten einige Männer in hohen, bis unter die Arme reichenden Gummistiefeln mit Feumern Krabben. Ueberall dem Uferweg entlang sind Schilder angebracht auf denen die Regeln des Krabbenfangens vermerkt sind, z.B.: Krabben müssen mind. 12 cm Panzerdurchmesser aufweisen, wenn kleiner, müssen sie innert 5 Min. wieder ins Wasser zurück, pro Person dürfen höchstens 20 Stück pro Tag gefangen werden, usw.
Nach zwei wunderschönen Stunden kehrte ich total zufrieden zurück. Im Supermarkt von Pinjarra hatte ich mir für $3.80 ein riesiges T-Bone-Steak gekauft (zuhause hätte ich dafür glatte 20 Franken hinblättern müssen) und zusammen mit gebratenen Kartoffeln und einem Gurkensalat mit viel Knoblauch und Dill ergab das wiederum ein grandioses Nachtessen. War der wunderbare Duft von gebratenem Fleisch verantwortlich dafür, dass, wie mir schien, auffällig viele Camper vorbei kamen um mir „enjoy your meal“ zu wünschen?
Am 26.1.sass ich an meinem Esstisch auf dem Bänkli und hatte durch die weit geöffnete Schiebetüre den schönsten Blick den man sich vorstellen kann, weisser Sand, türkisfarbener indischer Ozean! Zuvor war ich für eine halbe Stunde im kristallklaren Wasser und lag anschliessend für 20 Min. an der Sonne! Ich befand mich in der Meelup Bay, die zurecht als eine der Schönsten angepriesen wird. Der ganze Parkplatz und weiträumige Spiel- und Liegewiesen liegen im Schatten mächtiger Eukalyptus- und Jarrahbäumen.
Der gestrige Tag war ganz eigenartig, irgenwie konnte ich mich überhaupt nicht entscheiden, wohin ich fahren oder was ich anstellen sollte. Ich fuhr am Morgen vom Campground los, nahm zuerst unschlüssig die Strasse dem Peel Inlet entlang Richtung Norden, kehrte aber bald wieder um und fuhr die wenigen Kilometer direkt zum Visitor-Center das in der alten Railway-Station von Bunbury aus dem frühen 19. JH untergebracht ist. Mit Stadtplan bewaffnet machte ich mich schlechtgelaunt auf, die Altstadt zu erkunden.
Nur wenige Strassen lohnen allerdings den Besuch, aber in diesen stehen noch viele der alten Häuser aus der Gründerzeit der Stadt und die Meisten geschmackvoll renoviert. Es war herrlich, so mit Musse durch die Strassen zu schlendern, in die kleinen Geschäfte reinzugehen um die Auslagen zu bewundern. Meine Laune besserte sich schlagartig! In der Casa Antica, ein richtiges italienisches Comestiblesgeschäft, kaufte ich den in keinem Supermarkt gefundenen Risottoreis, ein wunderbares kaltgepresstes Olivenöl und ein kleines Fläschchen Balsamico-Essig. Ich hatte dafür ein kleines Vermögen ausgegeben, aber- man gönnt sich ja sonst nichts!
In einem Hardware-Shop hatte ich auch endlich eine Teflon-Bratpfanne eingekauft, in der von der Vermietfirma mitgelieferten blieb nämlich alles kleben und ich hatte beim schrubben schon manchmal geflucht.
Die Angst vor Moskitostichen war grundlos und der Spaziergang auf schön angelegten Holzstegen sehr eindrücklich, ich war wieder einmal mutterseelenallein unterwegs. In einem überdachten Unterstand, der wie ein kleiner Tempel aussah, er war ganz aus Holz gefertigt und mit Schnitzereien verziert, verzehrte ich mein Pick-Nick. Wie schon oft auf meiner Reise durch Australien, wand ich in Gedanken den Nationalparkbehörden ein Kränzlein für die gut beschilderten und in Topzustand gehaltenen Trails. Was mir auch immer wieder auffiel waren die behindertengerechten Einrichtungen, sei es bei Toilettenanlagen oder Treppen und Wegen, da könnte sich die Schweiz ein Beispiel nehmen! Man achtet nämlich erst auf solche Details, wenn man selber betroffen ist! Oft hatte ich zuhause das Fehlen von Treppengeländer oder hohen Stufen bei Tram und Zug, bemängelt!
Das Wichtigste von Bunbury hatte ich wohl gesehen und bald schon befand ich mich auf dem wunderschönen Scenic-Drive der Küste entlang nach Capel. Da las ich doch etwas von einem ganz besonderen Waldgebiet – Tuart Forest, dem 1. staatlichen Forestpark in Westaustralien und dem einzigen dieser Art in der Welt! Auf dem mit roten Punkten markierten Possum-Trail wanderte ich von einer Infotafel zur Nächsten. Es gab interessantes über das Leben dieser Pelztiere, die ihr Leben vorwiegend in den Bäumen verbringen, zu lesen. Sie gehören zu den bedrohten Tierarten. Die Possums sind nachtaktive Tiere und somit hatte ich natürlich nicht das Glück, auch nur eine Spur oder einen Laut von ihnen mitzubekommen. Dafür konnte ich mich nicht sattsehen an den riesigen und uralten Bäumen und ich wurde nicht müde, auf dem weichen Waldboden umherzugehen!

Camping am Pfäffikersee
Zuhause, im Zürcher Oberland, verbrachten wir, mein Exmann, ich und unsere Kinder Jacqueline und Böbi, viel Zeit mit dem Suchen von Pilzen und Beeren, dem Entdecken von Fuchsbauten und Dachshöhlen. Mein Exmann brachte mir, die ich ausschliesslich in der Grosstadt aufwuchs und mit Natur bis zu meiner Heirat nicht viel am Hut hatte, die Freude an der Natur bei. Nachdem wir unser zweites Kind bekamen, entschlossen wir uns, von Schlieren, einem Vorort von Zürich aufs Land zu ziehen. Es verschlug uns in ein dazumal kleines Bauerndorf, nach Fehraltorf wo wir ein kleines älteres Einfamilienhaus mieten konnten. Der Pfäffikersee lag nur drei Kilometer entfernt was für meinen Mann etwas eminent Wichtiges war, hatte er doch so sein zweites Anglerparadies fast vor seiner Haustüre, das Erste lag an der Thur, wo er ein Anglerpatent besass das ihn berechtigte, von Bischofszell bis nach Andelfingen in diesem wunderschönen Fluss nach Forellen und Aeschen zu fischen.
Gott, wie viele Stunden und Tage haben wir am See in Auslikon verbracht, wir kauften uns sogar eine komplette Zeltausrüstung um auch die Nächte dort verbringen zu können, denn natürlich waren die grössten Fische bei Einbrechen der Dunkelheit oder aber ganz früh morgens zu fangen. Es gab deswegen manchen Streit, ich beklagte mich oft darüber, dass er mich vernachlässigte und mich zu oft mit den Kindern alleine liess. Ich schämte mich auch ein bisschen vor meinen Zeltnachbarn, diese Männer feuerten abends ihre Grill`s ein und bekochten ihre Frauen und Kinder. Nach dem Essen sassen alle bei einem Glas Wein oder Bier beisammen und ich wurde immer auch eingeladen, damit ich nicht so allein sei, wie sie meinten. Während vieler Jahre verbrachten wir den Sommer auf diesem Campingplatz, die Saison begann jeweils im April und dauerte bis Ende Oktober. Am Eröffnungstag standen die Dauercamper bereits um 4 Uhr früh vor dem Tor um in Rekordverdächtigen Spurts Ihren Platz zu reservieren. Da wir jedes Jahr mit den gleichen Freunden in Nachbarschaft sein wollten, konnten wir uns diesen Stress ersparen, da für uns immer mitreserviert wurde. Die Kinder tummelten sich den ganzen Tag auf dem Spielplatz oder bauten im kleinen Bach Dämme um später auf Krebsjagd zu gehen. Abends erzählte Liliane, ein 14-jähriges Mädchen, den Kleineren eine Gutenacht-Geschichte bei der meine Kinder öfters einschliefen und in ihre Kajüte getragen werden mussten. Meine kleine Jacqueline war zum ersten Mal schrecklich verliebt, in Hans-Ruedi, den grossen Bruder von Liliane. Auch sie denkt heute noch gerne an diese Zeit zurück. Ein Foto aus diesen Tagen zeigt unseren kleinen Sohn mit einem Karpfen, der fast so gross und schwer war wie er.
Im nahen Busselton wollte ich die Nacht verbringen, vielleicht beim Hafen, bestimmt aber nahe dem Wasser. Nur gab es weit und breit keinen Campground, nur neuerstellte Villen mit direktem Zugang zum Kanal und Meer. Riesige Flächen wurden urbanisiert und parzelliert und zum Kauf angeboten. Alle paar hundert Meter stand eine riesige Tafel mit den verlockendsten Angeboten. Ich fuhr mitten in die Stadt hinein, sie war grösser als ich gedacht hatte und es herrschte extrem starker Verkehr, wohl wie bei uns bei Rushhour am Feierabend! Ich erwischte noch einen der letzten Parkplätze am Meeresufer, nur 100 Meter vom längsten Holzsteg der Welt entfernt. Den Eintritt von $ 2.50 auf den Steg bezahlte ich gerne und lief bei starkem Wind dem 1850 Meter entfernten Café und Aquarium entgegen. Auch heute noch verkehrt zu gewissen Zeiten eine kleine Bahn auf der Brücke. An diesem Tag wurde der Betrieb des starken Windes wegen eingestellt. Trotzdem wagten sich viele Menschen auf den Steg, auffallend viele japanische Touristen die sich gegenseitig in allen möglichen und unmöglichen Stellungen fotografierten. Ein junger Mann kletterte gar auf das Holzgeländer und wurde von einer starken Böe beinahe vom Steg gefegt was bei seinen Freunden Anlass zu schallendem Gelächter war!
Ich befand meinen Platz auf dem mein Fröschlein stand als durchaus würdig, die Nacht darauf zu verbringen. Zum Kochen hatte ich keine grosse Lust, das Strandbeizli lockte mit Fish and Chips! Toilettenanlagen standen auch zur Verfügung!
Die Nacht verlief ruhig, aber ich fror entsetzlich und schlief gar nicht gut! Es war mir doch nicht ganz so wohl, an einem öffentlichen Platz die Nacht zu verbringen, deswegen legte ich mich mit Trainingsanzug bekleidet auf meine Sofabank und deckte mich nur mit dem Schlafsack zu. Den Zündschlüssel steckte ich vorsichtshalber ins Zündschloss, so, dass ich, über die Sitze geklettert, sofort hätte losfahren können, hätte eine Gefahr gedroht.
Um viertel vor sechs wurde ich dann brutal mit Musik geweckt, aber mit was für Einer. Eine Musikkapelle, bestehend aus lauter älteren Männern marschierte laut spielend an meinem Camper vorbei. 26. Januar- Australien-Day!
Ohne mich gross umzuziehen fuhr ich los, aber nur etwa 500 Meter der Esplanade entlang. Die Sonne schien wunderbar und wärmte meine steifen Knochen während ich frühstückte. Ha, ich hatte mir in meiner neuen Bratpfanne Spiegeleier mit Speck gebrutzelt, dazu gab es Vollkornbrot vom Vortag, gekauft in einer der wenigen Bäckereien die noch selber Brot aus verschiedenen Mehlen und mit Samen und Kernen backen, mein obligates Glas Orangensaft und frisch aufgebrühten Filterkaffee – wie schön kann das Leben sein.
Kurz nach 8, Fröschlein war wieder voll aufgetankt (eine Füllung kostete gegen 50$ und reichte für rund 450 Km) stieg ich vor dem weissleuchtenden Leuchtturm von Cape Naturalist aus, meine Stimmung war grossartig. Der Leuchtturm stand nicht direkt am Ufer des Meeres, sondern etwa 300 Meter im Landesinnern. Um diese Zeit war er noch geschlossen, sonst hätte ich das Maritim Museum im Innern besucht. Auf einer Infotafel waren sämtliche Wanderwege bis hinunter zum Cape Leuwin eingezeichnet. Jeder Trail in einer anderen Farbe und einem dazugehörenden Symbol, die genauen Distanzen, die Wegbeschaffenheit, Schwierigkeitsgrad und Dauer wurden angegeben. Ich entschied mich, ein kurzes Stück zurückzufahren um von der Canon Bay zum Leuchtturm zu wandern. Mein Herz hüpfte vor Freude, denn durch die Bäume beim Carpark konnte ich eine türkisfarbene Bucht sehen, und mir war sofort klar, dass ich nach der Wanderung dort unten baden würde!
Ich montierte also meine Wanderschuhe, meine heissgeliebten Lowa`s, richtete die neuen Wanderstöcke, ein Weihnachtsgeschenk meiner Tochter Jacqueline, und mit einer grossen Flasche Wasser und einem grellgrünen Granny Smith Apfel im Rucksack machte ich mich auf. Der schmale, steinige Weg stieg erst ziemlich steil an, führte über eine wackelige Holztreppe und durch dichtes Gebüsch. Zu beiden Seiten ein Wildwuchs aus Erikabäumen die hübsche gelbe und haarige Kugelblüten trugen. Strauchähnliche Bäume mit hellgrünen, ledrigen Blättern die an die Erdbeerbäume in Griechenland erinnern, eine weitere Art die wie Steineichen aussehen. Ich konnte es kaum glauben, da wanderte ich nun wieder fast so wie früher vor der Operation, auf Wegen, wie ich sie viele Jahre als Reiseleiterin gewandert bin.
Je länger die Wanderung dauerte, je besser kam ich mit den Stöcken zurecht, ich hatte ja noch immer eine Behinderung, mein Quadrizeps im rechten Bein war noch immer gelähmt und auch im rechten Fuss hatte ich Lähmungen, sodass ich meinte, mein Fuss stecke in einem Amboss.
Die australischen Behörden wollen offensichtlich auf jede erdenkliche Gefahr aufmerksam machen, auf den Wegen stehen grosse Tafeln die warnen: Achtung Kante, Achtung riskanter Abhang, Achtung giftige Pflanzen, passen Sie auf sich auf, überwachen sie ihre Kinder, usw. und sofort! Dafür sind aber alle Verzweigungen mit Wegskizzen und Distanzangaben bis zur nächsten Tafel sehr gut ausgeschildert. Immer wieder hatte ich den Leuchturm gesehen, mal rechts oben, dann wieder durch Gebüsch und Bäume voraus, immer weiss leuchtend mein Ziel anzeigend. Ein schöngebauter Shelter stand für Wale Whatching bereit, aber leider gab es zu dieser Jahreszeit hier keine Wale zu beobachten. Ich genoss stattdessen die wunderschöne Sicht auf das Meer und die wilde Küste.
Erst gegen Ende der 2-stündigen Wanderung begegneten mir andere Wanderer, man lachte sich an und Alle machten wir die gleichen Handbewegungen – fächeln vor dem Gesicht um die Myriaden von Fliegen wenigstens ein bisschen abzuwehren! Mein Bruder, der einige Jahre in Australien lebte, gab mir vor der Reise den guten Tipp, sofort nach Ankunft einen Hut mit Fliegennetz zu erstehen, was ich bis anhin versäumte. Oh, wie recht er hatte! Ich nahm mir vor, dieses Versäumnis so schnell wie möglich nachzuholen.
Im Camper hatte ich mich umgezogen, rein ins Badekleid und die wenigen Schritte hinunter zum Strand. Es stehen riesige Pinien am kleinen Sandstrand die den nötigen Schatten spenden. Einige Familien hatten sich schon niedergelassen, Kinder und Hunde spielten im Sand und auf den Felsen die die Bucht begrenzten sah ich viele Angelruten die sich in den Himmel reckten. Leider entpuppte sich das Schwimmen oder besser gesagt das ins Wasser kommen als sehr schwierig. Der ganze Bereich vom Uebergang ins Wasser war mit vielen Felsbrocken übersäht, ich fand kaum eine Stelle, wo ich meine Füsse auf festen Grund stellen konnte. Meine Behinderung, mein nicht funktionierender gelähmter Quadrizeps im rechten Bein erwies sich einmal mehr als sehr störend. Ich konnte vor allem mein Knie nicht richtig stabilisieren, vorsichtig tappte ich zwischen den Steinen herum und robbte schliesslich auf meinem Hintern ins tiefere Wasser. Ich hätte jauchzen mögen vor Freude und Vergnügen!
Fast wie auf ein geheimes Kommando zogen sich die meisten Anwesenden an, es war gegen 11 Uhr, packten ihre sieben Sachen zusammen und verschwanden. Das muss wohl mit den gefährlichen UV-Strahlen über Mittag zu tun haben. Die vielen TV-Spots und Aufklärungen scheinen Früchte zu tragen und mir war schon mehrfach aufgefallen, dass Kleinkinder mit Bodys mit langen Aermel und Beinen geschützt werden. Auch ich blieb nicht mehr allzu lange bevor ich mich wieder auf den Weg machte.
Nach wenigen Fahrkilometern entdeckte ich ein kleines Holzschild das auf die Meelup-Bay aufmerksam machte. Der grosse Parkplatz war gut besetzt und zum ersten Mal befand ich mich in Massen von Menschen, es handelte sich scheinbar um eine beliebte und bekannte Beach. Grosse schattige Spielwiesen mit Klettertürmen und Schaukeln waren für die Kleinen aufgestellt und unter den riesigen Karribäumen sass schwatzend oder dösend ein Club von Senjoren, erkennbar an ihren einheitlichen T-Shirts. Mit schwimmen, sünnelen und schreiben verflogen 3 Stunden wie im Flug.
Am 27. Jan. erwachte ich auf einem richtigen Luxus Campground in Yallingup. Dringende Haarwäsche und das Aufladen der Autobatterie für meinen Kühlschrank hatten mich dazu bewogen, 30$ pro Nacht zu bezahlen. Dafür hatte ich mein eigenes Badezimmer, ein kleines Haus mit Dusche, WC und Küche. Meine am vorabend gewaschene Wäsche flatterte schön aufgehängt im Morgenwind.

Ende Urlaub
Während meines Frühstücks wurde mir ein bühnenreifes Schauspiel geboten. Das Stück könnte heissen: Ende Urlaub! Ich hatte Logenplatz, 1. Kategorie. Eine Grossfamilie, bestehend aus zwei Brüdern, dem Aussehen nach italienischer Abstammung mit ihren blondhaarigen Ehefrauen, alle im Alter zwischen 30 und 40, eine Menge Kinder 8 oder 9 die ich aber nicht den jeweiligen Eltern zuordnen konnte und noch Grossmama und Grosspapa machten sich laut bemerkbar. Sie verbrachten scheinbar längere Zeit auf diesem Platz in einem riesigen Zelt, bestimmt 10 mal 5 Meter im Ausmass und waren im Begriff, zusammenzupacken. Zuerst wurde ein Kühlschrank (ich habe überhaupt noch nie einen so immens Grossen gesehen) auf einen uralten und total verbeulten Toyota Pick-up verladen, ganz dick mit Wolldecken eingepackt um dann aber mit einem eher schwachen Seil am Gestänge des Wagens festgebunden zu werden. Immer wieder wurden die Arbeiten unterbrochen um die kleinsten der Kinder aufzunehmen, sie zu hätscheln und zu verschmusen. Auch ein etwa 10-jähriges, schon ziemlich übergewichtiges Mädchen drängte sich an ihren Daddy, und auch sie wurde liebevoll gestreichelt und bekam eine kurze Rückenmassage. Dann kamen die schweren Gasflaschen auf den Wagen, ein Bierchen zwischendurch, ein Schwätzchen mit Vorübergehenden, dann überdimensionierte Plastikbehälter mit Lebensmittel, Hausrat, Kleider, Spielsachen. Drinnen im Zelt betätigten sich die Frauen offensichtlich wesentlich effizienter als ihre Männer. Immer wieder kam die laute Aufforderung „Ready for take off“. Es wurden sogar richtige Etagenbetten rausgetragen und zerlegt und in dafür vorgesehene Säcke verpackt. Von Oma kriegten die Kinder ihr Frühstück serviert, ich offerierte ihnen meinen Campingtisch den sie aber lachend ausschlugen, sie deckten den Tisch auf der heruntergeklappten Lade des Toyotas. Die Kinder hüpften umher, pickten von Cornflakes und Toast, dazu gab’s Orangensaft und eine 5-literflasche Milch aus der das Trinken für die Kleinen des Gewichtes wegen recht schwierig war, ich stellte mir vor, wie sie alle auf der Heimreise nach Joghurt riechen werden! Oma versuchte sich an den Häringen, sie drehte und zog, schuftete, völlig vergebens. Sie bewaffnete sich mit einem Fleischermesser, aber da kam ihr Sohn angerannt und konnte sie gerade noch zurückhalten, wollte sie etwa das Zelt zerschneiden? Wieder ein Riesengelächter, Wangen tätscheln und liebkosen. Endlich war das Zelt an der Reihe, alle Mann auf die Plätze, Stangen knickten ein und die Zelthülle wurde um die Hälfte der Höhe heruntergefahren. Mittels Reissverschlüssen lösten sie nun einzelne Teile heraus, rollten sie zusammen, die Frauen würgten sie in die entsprechenden Säcke in verschiedenen Farben. Die sind total durchorganisiert und machen das nicht zum 1. Mal, dachte ich bei mir! Nach mehreren Stunden war der Platz geleert, der Toyota bis auf 2 Meter Höhe beladen, vom Kühlschrank sah man nichts mehr!
Die Kinder wurden schliesslich in einen zweiten grossen Pick-Up geladen und winkend und hupend fuhr die aus vier Fahrzeugen bestehende Karawane davon!
Corneaux, das schönste Dorf im Welschland
In der eintretenden Stille schweiften meine Gedanken nach Corneaux. Da lebte ein Teil, ein ansehnlicher Teil, meiner Verwandtschaft auf einem Bauernhof. Mein Onkel Walti und meine Taufpatin, Gotti Elisabeth mit meinen 4 Cousin`s Walter, René, Rolf und Markus und meiner Cousine Sünneli (Sonja). Gott, war das wundervoll wenn ich ins Welschland in die Ferien durfte. Für mich als Stadtkind waren das mit Abstand die schönsten Ferien. Schon mit 5 Jahren wollte ich unbedingt von Onkel Walti morgens um 5 geweckt werden um mit ihm auf die Felder zum Grasen zu fahren. Ich sass auf dem improvisierten Sitz auf der Radabdeckung des Traktors, halten konnte ich mich an einer Metallhalterung. Dazumal störte sich noch Niemand an fehlenden Sicherheitsvorschriften. Wir zwei sangen aus vollem Hals, immer nur die gleiche Strophe eines Schlagers – is it Istanbul or Konstantinopel- hundert Mal immer nur diese Strophe, (Onkel Walti sprach kein englisch) es war wundervoll. Nach Hause zurückgekehrt gab es in der grossen Küche ein üppiges Frühstück mit Rösti, Butter, Käse und das köstlichste Brot. Freitag war grosser Backtag und Grossmutter (die Mutter von Onkel Walti, die mit Grossvater auch auf dem Hof lebten und bei den Arbeiten mithalfen) buck für die kommende Woche viele Laibe Brot, die sie im draussen liegenden Backhaus buck. Wenn der Duft vom frischgebackenen Brot durch Haus und Garten zog, verliess ich den Platz neben Grossmutter nicht mehr. Wenn sie dann die Laiber mit einem langen Holz aus dem Ofen holte und in Reih und Glied auf ein Brett legte, brach sie kleine knusprige Erhöhungen ab und steckte sie mir in den Mund, es war der Himmel auf Erden. Auch Grossvater liebte ich von ganzem Herzen, er war derjenige, der mich in den Stall mitnahm und mir die Namen der Kühe beibrachte. Ihm durfte ich beim Ausmisten helfen, die Mistgabel war fast so gross wie ich. Als ich noch kleiner war, habe ich ihm angeblich den Kosenamen gegeben, den er bis zu seinem Tod behielt, „Grossvater Z`Nüni näh“. Ich war immer hungrig und bettelte schon kurz nach dem Frühstück Grossvater an, mit mir zum 2. Frühstück, eben zum Z`Nüni zu gehen.
Wir 6 Kinder teilten uns zwei Schlafzimmer und es war jeden Abend ein Fest mit Kissenschlachten, Gespenstergeschichten und Bettentausch, bis wir endlich Ruhe gaben und einschliefen. Ich habe nie erlebt, dass wir für irgendetwas gescholten wurden. Onkel Walti und Gotti Elisabeth liebten Kinder über alles. Wenn Gotti ihre Tage hatte, blieb sie für 2 Tage im Bett. Ich besuchte sie dann im Schlafzimmer und legte mich neben sie ins Bett. Dann gab es eine Geschichte und ein kleines Stück Schokolade, das schönste aber war das Kuscheln im warmen Bett. Von meiner Mutter kannte ich das nicht, sie hatte eine 6-Tage Arbeitswoche mit 10 Stunden pro Tag und brachte so uns 3 Kinder auch ohne Alimentenzahlung meines Vaters durch.
Dort in Corneaux lernte ich auch, was «Kinder machen» bedeutet. Der jüngste Bruder von Onkel Walti, Hans-Peter, nur Pitsch gerufen, nahm mich eines Tages mit auf die höchste Etage des Tenns (Heuboden). An diesem Tag wurde uns aufgetragen, unbedingt im Haus zu bleiben und ja nicht auf den Hof zu gehen. Dort auf dem Hof passierte «es» nämlich. Onkel Walti besass einen wertvollen Zuchtstier und Bauern aus der ganzen Umgebung kamen mit ihren Kühen zum Decken und das war nichts für die Augen der Kinder. Aus einer Dachlucke konnte ich also zum ersten Mal mitansehen, wie ein Stier eine Kuh deckte, damit die dann ein Kalb zur Welt bringen konnte. Ich hatte unheimliches Erbarmen mit dem Stier, denn Onkel Walti riss am Seil, das durch einen Ring in der Nase des Stiers gezogen war um ihn auf die Kuh zu dirigieren. Er blutete schon nach kurzer Zeit schrecklich aus der Nase, was für mich eine Greueltat war, vom Akt selber war ich nicht sonderlich beeindruckt. Hans-Peter zeigte mit noch sein errigiertes Glied und behauptete, dass auch er sowas wie der Stier machen könnte. Das glaubte ich ihm nun ganz und gar nicht und ich stieg schnell hinunter zu meinen Cousins und Cousine. Ein bisschen haderte ich immer noch mit meiner Mutter, ich wäre so viel lieber in La Neuveville geblieben, wo wir wohnten als ich geboren wurde.
Auf der schönsten Strasse der Welt, der Cave-Coast-Road, fuhr ich am nächsten Tag ungefähr 30 km, bog auf eine brandneue Strasse links ein um nach weiteren 5 km in totaler Wildnis auf Ellenbrook zu stossen. Das Farmhaus aus 1857, auch dieses vom National-Trust verwaltet, lohnt unbedingt einen Besuch.
Ein 10-minütiger Spaziergang durch einen verwunschenen Märchenwald führt zum Mekkadarribee Wasserfall. Auf einer Infotafel kann man die traurige Geschichte von Mitane nachlesen die mit einem alten Mann ihres Stammes verheiratet werden sollte. Sie fürchtete sich aber sehr davor und verliess eines Nachts ihr Lager, um Madakaree, den Mond, zu befragen. Beim Wasserfall traf sie auf Nobel, einen schönen jungen Mann. Die Beiden verliebten sich und flüchteten gemeinsam in den Busch wo sie versteckt zusammen lebten. Mitane kannte alle Pflanzen und Wurzeln die essbar waren und Nobel ging nachts auf die Jagd. Eines Morgens blieb Nobel aus und Mitane ging, ihn zu suchen. Schliesslich fand sie ihn unter einem Baum, schwer verletzt durch den Pfeil eines Kriegers den der Aelteste des Stammes ausschickte, um Nobel zu töten. Nobel starb in ihren Armen und sie musste ins Dorf zurückkehren, wo sie noch am selben Tag mit dem Alten verheiratet wurde. Sie musste jeden Tag die schwersten Arbeiten verrichten und wurde wie eine Dienstmagd gehalten. Niemand bemerkte, dass sie weder ass noch trank und es dauerte nicht lange bis sie eines Morgens tot auf ihrer Matte lag. Bei Vollmond soll man beim Wasserfall Mitane und Nobel zusammen lachen hören!
Gomera, meine geliebte kanarische Insel
Diese Geschichte erinnerte mich an die Insel Gomera, die ich oft als Reiseleiterin mit Wandergruppen besuchte. Dort gibt es den Berg Garajonay der den Namen von Gara und Jonay trägt, einem Liebespaar, dessen Geschichte praktisch identisch ist mit der von Mitane und Nobel. Auf dem Rückweg schwelgte ich in Erinnerungen an diese wunderschöne Insel mit den liebenswerten Menschen, den himmlischen papas arrugadas (Kartoffeln in der Salzkruste) mit Mojo (eine scharfe Sauce aus Pfefferschoten und Olivenöl) und den herrlichen Wanderungen. In der Mitte der praktisch kreisrunden Insel, in Höhen um 800 Meter, gibt es einen richtigen Regenwald aus Erika- und Lorbeerbäumen und dort zu wandern ist ein ganz besonderes Erlebnis.
Und hier in Australien, weit weg von zu Hause und Gomera erinnerte ich mich an Ruedi, einen liebenswerten und leicht geistig behinderten Teilnehmer einer Gomera-Tour dem ich die Aufgabe des Schlusslichtes übergab und das er so stolz ausführte. (Diese Geschichte beschrieb ich in meinem Buch «Vollamtlicher Schutzengel gesucht») Es schien mir, wie wenn es gestern gewesen wäre! Meine nächste Reise, zurück von Australien, sollte nach Gomera sein! Davon war ich in diesem Moment überzeugt!
Margaret River, wo ich gegen Mittag ankam, ist das Zentrum eines grossen Weinanbaugebietes, es gibt über 35 Kellereien. Im Visitor-Center ist deshalb der grösste Teil des Raumes dem Wein vorbehalten. Die meisten Weingüter bieten Bed and Breakfast an und haben ein Cafè oder sogar Restaurant angeschlossen. Erstaunlicherweise sind fast alle im Vergleich zu französischen oder spanischen Gütern vom bebauten Land her eher klein, was vielleicht die recht hohen Flaschenpreise erklärt. Die günstigsten Preise lagen bei 12$ die Flasche, nach oben gibt es wohl keine Grenzen!
Ich spazierte die Hauptstrasse entlang, d.h. den Busselton Hwy. einmal rauf und runter, in den Geschäften war Sale (Ausverkauf), bis zu 50% Rabatt wurde auf grossen Tafeln angepriesen, aber ich liess mich zu keinem Schnäppchenkauf verführen. Im echt irischen Pub setzte ich mich draussen bei überlauter Technomusik, pardon, Sound, hin und bestellte mir ein Cheese and Ham-Sandwich, die grosse Portion, ich hatte einen Heisshunger. Es kam aussergewöhnlich schnell und 4-stöckig; wie kriegt man 12 cm Höhe in den Mund? Bin ich eine Schlange die die Kiefern ausrenken kann? Nun denn, alle Kraft zusammengenommen und mit beiden Händen den Wolkenkratzer fest zusammengedrückt auf 5 cm, Mund weit auf und abgebissen! Ich konnte kaum kauen, so voll war mein Mund, aber es schmeckte herrlich und hinuntergespült wurde Alles mit Light-Beer.
Per Handy rief ich Bruno von TCC an um zu fragen, was mit meinem nichtfunktionierenden Kühlschrank (allerdings nur, wenn er auf Batteriebetrieb gestellt war) zu tun sei. Er riet mir, einen Autoelektriker aufzusuchen und das auf seine Kosten reparieren zu lassen. Die erste Frau die an mir vorüberging wurde deswegen befragt und zu meinem Erstaunen beschrieb sie mir ohne Zögern den genauen Weg zu einem Autoelektriker. Im Industriegebiet, etwas ausserhalb, fand ich den Laden auf Anhieb, ich war richtig stolz auf mich und klopfte mir in Gedanken auf die Schultern. An der Türe aber dann ein handgeschriebenes Blatt, Geschäftsaufgabe Ende 2005! Nicht verzagen, weiter fragen. 2 Häuser weiter habe ich mein Problemchen in einer Garage erzählt und wurde eine Strasse weiter geschickt, wo ein anderer Autoelektriker tätig sein soll. Dieser aber hatte sich erlaubt, anlässlich des Australien-Day gleich das ganze Weekend frei zu nehmen! Die Chancen standen schlecht für gekühlte Drinks! Also warten bis Montag!
Ich hatte Lust, schwimmen zu gehen. In dieser Gegend Südwest Australiens ist das Meer nie weit und so fuhr ich zur Hamlin Bay, bekam auf dem dortigen Campground zum 1. Mal als alleinstehende Lady einen Preisnachlass von $5 die ich versaufen würde!
Dem Strand vorgelagert sind eine kleine Insel und einige wie hineingeworfene Felsbrocken, was der Bucht mit dem kilometerlangen weissen Sandstrand eine unglaubliche Schönheit verlieh. Es lagen viele Boote und Jachten im Wasser und während ich im ruhigen Wasser schwamm, wurde ein Boot nach dem Anderen mit Jeep und Anhänger aus dem Wasser gezogen. Viele der hier Campierenden machten sich auf, nach Hause zu gehen, die Kinder begannen am nächsten Mittwoch wieder mit der Schule, die grossen Sommerferien (im Dez. und Jan.) waren vorbei! Hoffentlich werden die Preise der Ausflüge und Campingplätze etwas günstiger, denn nach 11 Tagen unterwegs und einem Kassensturz musste ich feststellen, dass ich über mein Budget gelebt hatte, ich hatte 80$ pro Tag eingesetzt, hatte aber bereits 1200$ ausgegeben. Allerdings war ein neues Handy für 200$ dabei mit dem ich überhaupt nicht zurecht kam. Die Sprachauswahl war von malayisch, chinesisch, japanisch zu englisch! Meine SMS kamen bei meinen Lieben zu Hause nie an, wurden aber brav alle verrechnet, als Krönung antwortete mir Bruno von TCC nicht etwa mit einem gewöhnlichen SMS, sondern schickte mir seine Stimme per Voicemail, etwas von dem ich noch nicht einmal etwas gehört habe! Ich sollte mir wohl oder übel ein anderes Handy posten, eines das weiter gestreutes Network besitzt. Vodafon war ausser in den Grossstädten noch nicht weit verbreitet. Das würde natürlich wieder etwas kosten, womit ich wieder bei meinen Finanzen angelangt war. Die Campgrounds waren wesentlich teurer als in den Verzeichnissen aufgeführt, steht dort 16$ sind es dann an Ort und Stelle 25$ oder mehr! Auch säuft mein Toyota ganz schön, ca. 12 Liter pro 100 Km, obwohl ich doch sehr bedacht oekonomisch fuhr, schnell in den 5. Gang schaltete und nie schneller als mit 80 unterwegs war. Natürlich ist der Beginn einer Reise immer der teuerste Teil, nur schon die Grundausrüstung für die Küche und einige fehlende Utensilien wie Bratpfanne, Tupperware`s‚ Waschpulver usw. strapazieren das Budget.
Was soll`s, zum Ausgeben ist das Geld schliesslich da und ich genoss mein Leben von Tag zu Tag mehr und kam mit dem Alleinsein erstaunlich gut zurecht. Ich nahm jedoch die sich bietenden Gelegenheiten für einen kurzen Schwatz mit irgendwelchen Leuten immer wahr. Z.B. bei der Wein-Degustation mit einer Besitzerin eines Weingutes. Als ich auf den Merlot zu sprechen kam, fragte sie, ob ich Italienerin sei was ein Gespräch über italienische Weine ergab. Auch mit Tankstellenbesitzer, Schuhverkäuferinnen, mit einem jungen und charmanten Rezeptionisten eines Campgrounds und immer wieder mit den überaus freundlichen und kompetenten Rangern in National-Parks liess ich mich auf ein Schwätzchen ein.
Auf dem Weg nach Augusta war ich top im Timing um bei der 1. Führung durch die Jewel-Cave um 9.30 mit dabei zu sein. Vorsichtshalber zog ich Jacke und Wanderschuhe an, Höhlen sind ja meist nasskalt und glitschig! Nicht so hier, wo es hätte glitschig sein können wurden die Betonstufen mit Handläufen gesichert und mit Plexiglashauben überdeckt. Es handelt sich tatsächlich um ein Juwel, die Decken sind mit so filigranen Gebilden überdeckt, dass man eher an Fäden, Schnüre oder herabhängende Gazetücher denn als an Stalaktiten denkt. Aber es gab auch mächtige Gebilde wie die Orgelpfeifen, einen schönen, überdimensionierten Phallus, einen weiblichen Höhlengeist, ein Kamel und ein Pinguin, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Beleuchtung war optimal gesetzt um die Besonderheiten ins rechte Licht zu rücken.
Später in Augusta war nicht gerade viel los, wieder so ein Ladendorf, deshalb fuhr ich schnell durch um zum Leuchturm am Cape Leuwin zu gelangen. Nach der Schönheit des Cape Naturalist hatte ich eigentlich mehr erwartet, dieser Leuchtturm steht auf kargem, felsigen Grund, fast auf Meereshöhe, hier konnte man unmöglich wandern! Ein Deutscher, gut als Wanderer ausgerüstet und erkennbar, hatte es auf alle Seiten hin versucht um dann resigniert aufzugeben und war mit seinem weissen Mercedes davongefahren. Natürlich hatte er den nicht von Deutschland hierher mitgenommen sondern „nur“ gemietet, wie er mir erzählte! Aber immerhin-standesgemäss!
Nach Augusta geht rechts der Brockman Hwy weg der nach wenigen Kilometer über die Alexander-Bridge den Blackwood River überquert. Die holprige Erdstrasse brachte mich zum Warner-Glen Nationalpark und zur Bushcamp-Aerea. Dabei handelt es sich um weit im Wald verstreute abgeholzte und ausgeebnete Plätze von ca. 20 m2 mit privater Feuerstelle, einer runden Eisentonne mit Haken zum Aufhängen einer Pfanne. Ich suchte mir Platz Nr. 8 aus. Die 8 ist in China die absolute Glückszahl und bringt mir vielleicht, obwohl Nichtchinesin, auch Glück!
Warner Glen ist vor Allem bei Kanuten sehr beliebt, am Fluss unten, einem Nebenarm des Blackwood-Rivers, gibt es sogar eine kleine Bootsrampe. Ich hatte gehofft, hier endlich fischen zu können, aber leider wieder nichts, die Ufer sind viel zu steil und mit dichtem Unterholz mit stacheligen Büschen überwachsen. Es sollte einfach nicht sein, dann halt wieder wandern!
Auf einer schmalen Forststrasse ging ich durch lichten Eukalyptuswald, viele Stämme sind bis auf 6 Meter Höhe schwarz verbrannt, oben aber die Kronen noch schön grün. Die Stämme schiessen weit hinauf ohne Aeste, manche über 40 Meter hoch, um dann die nicht weitausladende Krone zu bilden was dem Wald etwas Heiteres und Lichtes verleiht. Wieder kamen Gedanken an die Zeit als Reiseleiterin auf, es waren 18 wunderschöne Jahre die ich für die Nummer eins der Wanderferien-Anbieter in der Schweiz tätig war. Der Hauptsitz der Firma Baumeler befindet sich im schönen Luzern.Gomera,
Juhui, ich bin Reiseleiterin
Ich erinnerte mich an den Tag, an dem ich zum -ganz unverbindlichen- Vorstellungsgespräch nach Luzern eingeladen wurde!
Nachdem ich zusammen mit meiner wanderwütigen Mutter meine ersten Wanderferien auf Karpathos auf einer Gruppen-Wanderreise, organisiert von Baumeler, verbrachte, reifte in mir der Wunsch, den Beruf als Reiseleiterin ins Auge zu fassen. Während der vergangenen Jahre als Mami, Hausfrau und Bürogummi meines Ehemannes lernte ich eifrig Sprachen. Französisch, das ich nach der obligatorischen Schulzeit während eines 13-monatigen Klosteraufenthaltes in Angers, im Departement Maine et Loire erlernte, sprach ich fliessend. Englisch lernte ich erst autodidaktisch während den Mittagspausen, als ich zurückgekehrt aus Frankreich, Hausmannequin in einer Konfektionsfirma war und mein Geld für die Mittagessen für die abendlichen Ausgänge sparte (ich musste sowieso auf meine Figur achten und durfte nicht über Kleidergrösse 36 gehen).
Mein favorisiertes Lokal als Teenager war das Bali in der Nähe der Bahnhofstrasse in Zürich, es waren immer einige englischsprechende Jungs dort anzutreffen mit denen ich mich in Englisch unterhalten konnte und die mich auch korrigierten!
Später dann als verheiratete Frau ging ich einmal die Woche abends in einen Spanischkurs. Ich erinnere mich noch so gut an meinen Lehrer-Don Fernando- ein älterer Herr mit langem, schlohweissem Haar! Er war Lehrer durch und durch und legte grossen Wert auf die Grammatik, was mir persönlich nicht so gut gefiel. Für mich war immer wichtig, mit Menschen kommunizieren zu können und oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich meine Gesprächspartner sehr bemühten, meine Fehler zu korrigieren und dies sogar die kulturellen Schranken abzubauen half. Ich kaufte mir Kurzgeschichten, die in verschiedenen Kenntnisstufen eingeteilt waren.
Als meine beiden Kinder in die Schule und Kindergarten gingen, besuchte ich in Winterthur zweimal wöchentlich einen Englisch Intensivkurs, den ich mit dem First Certificate Diplom abschloss!
Immer mehr war ich auch von der Geschichte der Antike fasziniert, besonders das alte Aegypten hatte es mir angetan und Bücher und Fotobände darüber stapelten sich in meiner Bibliothek.
Familienangehörige und Freunde beschenkten mich mit Neuerscheinungen und Broschüren, unter Anderen eine sehr wertvolle Ausgabe über die mathematischen Entdeckungen in der Cheops Pyramide. Meine Mutter schenkte mir auf meinen 30. Geburtstag eine Reise nach Aegypten, und dort nahm es mir den Aermel vollständig hinein! Nach Hause zurückgekehrt, fing ich gleich an, arabisch zu lernen. Ich kaufte mir für teures Geld einen Kursus. Erst wollte ich es rein phonetisch versuchen und vielleicht später noch die Schrift dazu nehmen! Ich büffelte wie eine Wilde um ein Jahr später bei einer neuerlichen Aegypten-Reise feststellen zu müssen, dass mein gelerntes arabisch eine reine Schriftsprache war und mich die meisten Menschen nicht verstanden. Für eine reine Gelehrtenschrift wollte ich nicht so viele Energien einsetzen und so beendete ich mein Studium.
Aber bald schon fehlte mir das Lernen! Befasst man sich mit der Geschichte der Antike, führt der Weg automatisch nach dem alten Griechenland, zu Uranos, Kronos, Zeus und Konsorten! Ich versuchte es also 1984 mit Griechisch, besuchte aber erst 2 Probelektionen in verschiedenen Schulen. Ein Kursus der mich auf Anhieb begeisterte, begann allerdings schon ein Jahr zuvor. Ich besprach mich mit dem Lehrer, einem jungen griechischen Sportstudenten. Er meinte, mit grossem Einsatz würde ich die Gruppe einholen können. Er versah mich gleich mit Büchern und bot mir an, einmal pro Monat zur Lektion zu kommen und ihm meine Aufgaben zur Korrektur mitzubringen. Von diesem Tage an hat mich die Welt nur noch mit meinen Lehrbüchern gesehen. Wohin ich auch ging, ob mit meiner Mutter an Tagesausflüge, in die Ferien, zu Gartenfesten bei Freunden, ich nutzte jede Gelegenheit, um schnell zwischendurch einige Vokabeln zu büffeln. Auf diese Weise brachte ich es gut und gerne auf 12 – 15 Std. Lernzeit pro Woche und holte die bestehende Gruppe nach etwa 4 Monaten ein und integrierte mich rasch in die Gruppe.
Zum Lehrplan gehörten auch gemeinsame Ausflüge und Essen in einer griechischen Taverne in Zürich, dabei durften wir uns ausschliesslich in Griechisch unterhalten. Nach einiger Zeit wurde ich immer unzufriedener, es ging mir viel zu langsam vorwärts. Meine Mitschüler konnten und wollten natürlich nicht in meinem Tempo weitergehen und mich nervte wahnsinnig, wenn sie die Hausaufgaben nicht machten. Christos, unser Lehrer, gab mir spezielle Aufgaben, er freute sich natürlich über meinen Einsatz und war bereit, mich zu unterstützen.
Es war im Sommer 1985, meine Mutter besuchte uns für einige Tage und wir genossen die warmen Tage. Ausser dem Frühstück nahmen wir alle Mahlzeiten im Garten ein und oft gesellten sich abends unsere Freunde und Nachbarn, mit denen wir zusammen unser Doppeleinfamilienhaus in Adetswil gebaut hatten, dazu. Bei einem Glas Wein fragte meine Freundin Esthy (sie trägt denselben Vornamen wie ich, nur habe ich es gar nicht gerne, wenn man mich Esthy nennt, ich bevorzuge den vollen Namen Esther!) ob Mami und ich nicht Lust hätten, eine zweiwöchige Wandertour mit Baumeler nach Karpathos mitzumachen. Seit einigen Jahren bestehe eine Gruppe von Wandervögeln, die jedes Jahr gemeinsam eine Reise buchen und dazu gehörte auch, dass sie immer dieselbe Reiseleiterin wählten. Dieses Mal fehlten noch mind. 2 Teilnehmer um die geplante Reise durchführen zu können! Meine Mutter, die schon öfters mit Baumeler unterwegs war, schon 1966 machte sie ihre erste Wanderreise, war sofort Feuer und Flamme. Aber ich, ich konnte mich gar nicht für eine Gruppenreise erwärmen- und dazu noch Wanderferien- so mit roten Socken und Kegelfängerhosen (Knielange Wanderhose) nein Danke!
Plötzlich lagen auf dem Gartentisch Stapel von Fotoalben, Walter, der Mann meiner Freundin, hatte sie hervorgeholt und mit den wirklich schönen Aufnahmen von vielen Reisen in den verschiedensten Ländern Europa`s, einer sogar im Westen Amerika`s, überzeugten mich die Drei schliesslich.
Nachdem auch mein Mann sich bereit erklärt hatte, für zwei Wochen auf meine Gesellschaft und vor allem auf Haushalt- und Büroführung zu verzichten, stand der Buchung nichts mehr im Wege. Je näher der Termin der Abreise näher rückte, desto mehr freute ich mich auf Griechenland. Ich hatte mir in der Bibliothek weitere Bücher und Reiseführer von Griechenland und im Speziellen von Karpathos besorgt.
Dann endlich begann die Reise nach Karpathos, ich freute mich riesig darauf, mein Griechisch zum ersten Mal im Lande selber anwenden zu können. Schon beim ersten Versuch, mit einem Einheimischen ins Gespräch zu kommen, kam dann die grosse Enttäuschung. Ich verstand nur Bahnhof! Ich hätte weinen mögen, so viel Einsatz und Energie um jetzt dazustehen wie der Esel am Berge, das durfte doch nicht wahr sein. Unsere Reiseleiterin Rosemarie, die meinen kläglichen Versuch mitverfolgte, tröstete mich, ihr sei es genau gleich ergangen. Man muss die Sprache zuerst ins Ohr bekommen, meinte sie bestimmt und garantierte mir, dass ich schon während der zwei Wochen auf Karpathos grosse Fortschritte machen würde. Und tatsächlich, sie hatte Recht. Mit jedem Tag verstand ich die netten und gastfreundlichen Karpathioten besser. Ueberhaupt war es eine zauberhafte Insel, in weiten Teilen sehr karg der vielen Waldbrände wegen, aber 1985 vom Tourismus noch weitgehend unberührt, ein richtiger Geheimtipp. Auch die Kombination von Geschichte, Kultur und wandern, die einfachen, aber äusserst schmackhaften Essen in den winzigen Tavernen und die Begegnungen und Gespräche mit Gruppenmitgliedern und den Einheimischen begeisterten mich vollkommen. Ich hatte lange Gespräche mit Rosemarie, sie unterstützte mich in meinen Wunsch, Reiseleiterin zu werden und schlug mir vor, mich nach unserer Rückkehr bei Baumeler zu bewerben.
Immer noch kann ich die Freude, die mich nach der Einstellung als Reiseleiterin, gleich beim so unverbindlichen Vorstellungsgespräch, auf der Rückfahrt in meinem Wagen nach Hause erfasste, nachempfinden. Ich habe gejauchzt und gelacht und Kapriolen vollführt. Wahrscheinlich bekamen einige Autofahrer die mich beobachteten, Angst, dass eine Irre sich auf der Strasse befände! Ich war selig, hatte ich doch drei Reisen in der Tasche, ich sollte schon drei Wochen später eine Assistenz und gleich anschliessend meine erste Reiseleitung machen, das „ Klassische Kreta“! Aber damit nicht genug, von Kreta direkt nach Athen fliegen um noch vor den Sommerferien die Assistenz auf Euböa mitzumachen! So wurde ich also Reiseleiterin und blieb es bis zu meiner unfreiwilligen Frühpensionierung wegen meiner Rückenproblemen 18 Jahre später!
Nach 2 Wanderstunden war ich glücklich zurück bei meinem Fröschlein, stellte Campingtisch- und Stuhl nach draussen und genoss meinen Kaffee. Obwohl die Sonne schien, war mir kühl und ich zog meine neue warme Fleesjacke an und mit Strassenkarten und Reisebüchern, Campingführer und lokalen Broschüren plante ich die nächsten Tage. Es mag ja schön sein, planlos in den Tag hinein zu leben, aber man verliert sich leicht und es passieren Leerläufe, die dann viel Zeit kosten!
Lange überlegte ich, was ich zum Abendessen kochen sollte- es sollte etwas sein, das nicht viel Wasser benötigte, (auf dem Platz gab es kein Frischwasser) also sicher keine Teigwaren, auch sollte es keinen grossen Abwasch geben! Aber mein Magen knurrte laut und wollte mit etwas Gutem gefüllt werden! So begann ich zu schnetzeln und schneiden, 2 Tomaten, ½ Gurke und eine Zwiebel, alles in feine Streifen, Salz, Pfeffer und Oregan darüber, noch etwas Balsamico und Olivenöl und schon war mein griechischer Salat bereit. Nochmals eine Zwiebel und eine Kartoffel in Scheiben geschnitten, in der Bratpfanne weichgebraten, zwei verquirlte Eier darüber, scharf gewürzt mit Chili und meine spanische Tortilla war ebenfalls bereit. Ein Glas australischen Shiraz dazu- kali orexi- buon aprovecho-cheers!
Gleich neben meinem Camper hauste der Platzwart, ein Volunteer, ein Freiwilliger der hier mit seiner Frau für einige Wochen lebte und super eingerichtet war! Neben seinem riesigen Wohnwagen mit Vorzelt hatte er ein separates Toilettenzelt, ca. 2 m2 Sonnenkollektoren für Strom, eine TV-Schüssel für Satelitenempfang und einen schweren Range Rover 4WD der das Alles jeweils transportieren musste! Er erzählte mir, dass er vor zwei Jahren seinen Job als Computer-Ingenieur aufgegeben hatte, sein Haus und seine ganze Habe verkaufte und seither mit seiner Frau von Nationalpark zu Nationalpark ziehe. Als Volunteer der Nationalparkbehörde übernimmt er dann jeweils das Einkassieren der Platzgebühren, sorgt für Ruhe und Ordnung und anstelle eines Salärs werden ihm die Gebühren für die Platzbenützung erlassen. Solche Volunteers tragen während ihres Einsatzes (vielleicht zweimal täglich eine Stunde) das grüne T-Shirt mit oranger Stickerei der Nationalpark-Behörde. Es gibt viele solcher Volunteers die sich nach einigen Wochen ablösen und auf diese Weise ihr unermesslich grosses Land kennen lernen und erst noch die Lebenskosten sehr niedrig halten können. Wie er mir glaubhaft versicherte, gefalle ihnen dieses Leben so gut, dass er nie und nimmer zurück möchte. Seine Frau allerdings plage oft das Heimweh nach ihren Kindern und Enkeln, was ich gut verstehen konnte. Das war auch bei mir das Einzige, was ich vermisste, meine Kinder und die Enkel! In diesen beiden Jahren hätten weder er noch seine Frau je einen Arzt gebraucht, sie seien viel gesünder und hätten die früher angefressenen Kilo`s wie von selbst verloren. Ich bin ja auch noch als schlank zu bezeichnen, mit meinen 58 kg bei 165 cm Grösse, aber die Beiden sind doch eher mager, ja spindeldürr. Ich fragte mich, ob die nur essen was sie in der Natur finden? Die Frau sagte übrigens nicht viel, was natürlich wiederum viel besagte!
29.1. In der Nacht regnete es heftig, ich hatte die Stühle und den Tisch draussen stehen lassen, alles war klitschnass. Um halb zwei in der Nacht hatte ich noch die Vorhänge aufgezogen und den wunderbaren und klaren Sternenhimmel bewundert. Es gab keine einzige Lichtquelle auf diesem Buschcamping, es war stockfinster, nur aufwärts, gegen die Baumkronen hin, sah ich die Konturen. Ich lag wach auf meinem Doppelbett und genoss diesen einmaligen Ausblick bis ich irgendwann wieder einschlief!
Der Wetterwechsel musste wohl gegen drei Uhr früh eingesetzt haben. Beim Frühstück schien aber schon wieder die Sonne, ich hatte mich doch tatsächlich verschlafen! Eine Katzenwäsche die nur aus Zähneputzen und etwas Parfumspray bestand dauerte nicht lange und schon war ich wieder „on the road again“, ein Lied, das mir schon immer sehr gut gefallen hatte, wie auch die gleichnamige Sonntagabendsendung im Schweizer Radio. Ich mag Country Music sehr und bin regelmässiger Gast am Country Festival im Albisgüetli in Zürich!
Im nahegelegenen Warren NP fuhr ich im Schritttempo den grossen Big-Tree-Drive von ca. 15 Km. ab. Die rote Erdstrasse, natürlich wieder mit diesen eckligen wellenförmigen Bumps, führte durch Karri-Wald. Die gewaltigen Bäume waren wunderschön. Für ganz Mutige und Schwindelfreie, hoch-hinauf-Wollende, ist der Bicentennial-Tree genau das Richtige. 153 in den dicken Stamm spiralenförmig geschlagene Eisenrohre dienen als Treppe um auf die hölzerne Aussichtsplattform in 60 M Höhe zu gelangen. Ursprünglich diente diese Einrichtung zur Feuerbekämpfung. Zwei junge Franzosen schafften unter Anfeuerungsrufen ihrer Freundinnen den Aufstieg, ob und wie sie wieder herunterkamen habe ich nicht mitbekommen. Ich wollte unbedingt noch zum Big Brook Arboretum, da gibt es nämlich eine Rundwanderung auf der viele Bäume mit Tafeln angeschrieben sein sollen. Die Tafeln schienen tatsächlich schon in die Jahre gekommen zu sein, ich konnte die Namen (sogar in Latein) kaum entziffern. Karri ist also ein Eukalyptus diversicolor (mehrfarbig, pink, creme und verschiedene Grüntöne). Es gibt über 150 verschiedene Arten von Eukalypten, oft regional vertreten mit nur kleinen Abweichungen. Ich spazierte gemütlich an Pinien canariensis vorbei, eine Art, die ich tatsächlich auf den kanarischen Inseln kennen lernte, entdeckte die dunkelgrünen, hartblättrigen Sikapalmen und schaute zu den mir von den Seychellen bekannten Casuarinen empor.

Seychellen, Paradies im indischen Ozean
Dort, auf den Seychellen werden diese Koniferen Fil en haut genannt, da diese Bäume sehr schnellwüchsig sind! Meine Gedanken schweiften zu den fernen Seychellen, wo ich letzten Herbst anlässlich der zweiten Heirat meines Sohnes mit Monica, einer Seychelloise, drei herrliche Wochen verbrachte.
Mein ehemaliger Ehemann Robert lebt schon seit 1992 auf Praslin, der 2.grössten Insel des Seychellen Archipels. Er baute sich direkt am schneeweissen Sandstrand von Grand Anse ein Traumhaus (es ist zwar klein und einfach im Standard, liegt dafür aber eben an einer Traumlage) und er hat mittlerweile die seychellische Staatsbürgerschaft erhalten. Diese Auswanderungspläne hegte er seit er 1978 das erste Mal auf den Seychellen seine Ferien verbrachte. Er verbrachte die 1. Woche auf Mahé in dem winzig kleinen Guesthouse Bellevue der Familie Adam. Die 2. Woche dislozierte er nach Praslin, wo die Adams ein einfaches Hotel mit 6 Bungalows besassen. Er war so begeistert, dass er ein Jahr später unbedingt wieder dort die Ferien verbringen wollte. Dieses Mal durfte ich mitdabei sein, unsere Kinder wurden von meiner Mutter im neubezogenen Haus in Adetswil betreut.
Im nächsten Jahr wurden wir dann die Pflegeeltern von Gervais, dem einzigen Sohn der Adam`s. Es wurde vereinbart, dass ich in der französischen Schweiz ein Internat suche, in dem Gervais das Gymnasium besuchen sollte. Während der Wochenenden und Ferien, war er bei uns in Adetswil und wurde unser 2. Sohn. Als er im 1. Winter von Versoix zu uns kam, es lag meterhoher Schnee, jauchzte er vor Freude und legte sich in den Schnee und deckte Gesicht und Kopf mit dem Pulverschnee zu. Ich hatte für ihn eine Winterausrüstung im Secondhand-Laden organisiert und wir machten mit ihm und unseren Kindern wunderschöne Spaziergänge durch den weissen Wunderwald ganz in unserer Nähe. Später lernte er sogar noch das Skifahren. Als Ausgleich waren wir fortan als Freunde bei den Adam`s kostenlos auf den Seychellen, Robert mein Ex-Mann jedes Jahr, erst 3, dann 4 und schliesslich 6 Wochen.
Bis er dann nach unserer Scheidung endgültig nach Praslin zog. Er hatte das grosse Glück, dass Boris Adam ihm ein wundervolles Stück Land direkt am langen Sandstrand von Grande Anse zu einem Spottpreis verkaufte.
Mein Sohn lernte seine zukünftige Frau 2005 kennen als er bei seinem Vater in den Ferien weilte. Die Beiden vertelefonierten daraufhin ein kleines Vermögen.
Monica besuchte ihren geliebten Robert zweimal in der Schweiz für jeweils 2 Wochen, was jedes Mal mit viel Umtrieb und hohen Kosten verbunden war da die Bürger der Seychellen zur Einreise in die Schweiz ein Visum benötigen. Monica musste dafür auf die Hauptinsel Mahè fliegen, wo sich die Schweizer Botschaft befindet. Das und die Liebe- oder in Umgekehrter Reihenfolge- war der Grund für die schnelle Heirat!
Während zweier Wochen hatte ich meine beiden grossen Enkelsöhne Enrico und Riccardo, die Kinder meines Sohnes aus seiner ersten Ehe, bei mir und wir hatten viel Spass. Ich lebte in dieser Zeit im Hause meiner Schwester und meines Schwagers, auch sie bauten sich kurz nachdem Robert auf die Seychellen auswanderte, ein solches Traumhaus, etwas grösser und luxurieuser, auf dem danebenliegenden Grundstück.
Mein Ex-Mann war jeweils für das Frühstück zuständig und ich übernahm die Abendessen! Mittags hatten die Jungs natürlich auch Hunger und ich bereitete jeweils einige Sandwichs und Teller mit wunderbar saftigen Mangos, Papayas, Passionsfrüchte und was halt gerade reif war, zu. Etwas ganz Wunderbares ist es, vor dem Abendessen den Aperitiv im 30° warmen Wasser des direkt vor den Häuser liegenden indischen Ozeans zu schlürfen, das ist wahrer Luxus! Mit einer farbigen Kunststoffschlange um den Bauch, die einem an der Oberfläche hält und eine entspannte Stellung ermöglicht, lagen wir, mein Ex und ich, meist fast eine Stunde mit dem Glas Gin Tonic in der Hand im Wasser und bestaunten den Sonnenuntergang. Das ganze Jahr über geht die Sonne dort praktisch zur selben Zeit unter, so gegen halb sieben, und verschwindet zwischen den kleinen Inseln Cousine und Cousin.
Als Ehemann taugte mein Ex-Mann nicht viel, er betrog mich häufig und war nicht gerade ein Ausbund an Fleissigkeit, er half praktisch so gut wie gar nicht im Haushalt und auch der Garten war ausschliesslich mein Resort. Sein Spruch lautete jeweils, willst Du einen Garten, musst du ihn auch selber pflegen und oft hörte ich, wenn ich ihn um Hilfe bat, „das ist nicht mein Resort“! Aber das sind Tempi passati, heute haben wir einen sehr freundschaftlichen Umgang und als Freund taugt er wirklich! Wir waren ja schliesslich 26 Jahre verheiratet gewesen und haben zwei Kinder zusammen grossgezogen und das verbindet und gibt natürlich auch genügend Gesprächsstoff. Auch die bevorstehende Heirat unseres Sohnes gab viel zu reden, sie fand im grossen Garten der die beiden Häuser verbindet, unter Kokospalmen und unter dem grossen Takamakabaum statt.

Geuggis, Jenny und Co.
Robert wurde mit 3 Jahren vom Jugendamt von seinen leiblichen Eltern die in Basel lebten, getrennt und in eine Pflegefamilie nach Weinfelden gebracht. Sein Vater soll ein Alkoholiker gewesen sein und seine Mutter nicht in der Lage, ihren Sohn zu erziehen. Komisch war, dass seine 2 Jahre ältere Schwester unter diesen angeblich so schlechten Verhältnissen bei ihren Eltern bleiben durfte. Nach massivem, jahrelangem Druck der Behörden und der Pflegefamilie gab seine inzwischen geschiedene Mutter die Bewilligung zur Adoption. So wurde aus der Pflegefamilie die Adoptivmutter und der Adoptivvater, die Geuggis aus Weinfelden. Seine neue Mutter konnte selber keine Kinder bekommen, und war eine recht herrschsüchtige Frau die im Hause Geuggis sowie in der ganzen Sippe der Jenny`s und Geuggis die Hosen anhatte. Vati dafür war die Liebe in Person, etwas klein geraten und ziemlich korpulent und mit dem lustigsten Lachen ausgestattet das man sich vorstellen kann. Er hatte sehr viel Humor und jedermann mochte ihn. Er war Besitzer einer Garage in Frauenfeld mit 2 Angestellten und einem Lehrling und spezialisiert auf Bührer Traktoren. Dank dieses Umstandes waren die Jahre während dem 2. Weltkrieg nicht mit grossen Mängeln verbunden, denn die Bauern bezahlten ihre Rechnungen in Form von Naturalien, Butter, Speck, Würste etc.
Am Anfang unserer Ehe, wir wohnten die ersten 3 Jahre in Schlieren, kam er meist einmal pro Woche mit einem Limburgerkäse und einem Schüblig zu Besuch. Mutter mochte den stinkigen Geruch dieses Käses in ihrem Hause nicht, deshalb ass er ihn mit Genuss bei mir. Der Schüblig (eine Trockenwurst) war für mich bestimmt und oft landete eine 20 Frankennote in meinem Portemonnaie.
Einmal pro Monat fuhren wir mit unserem alten Peugeot an einem Sonntag nach Frauenfeld zum Mittagessen. Tante Helene, eine Schwester von Mutter, war eine wunderbare Köchin und half oft im Haushalt mit, war als unverheiratete Jungfer ein Familienmitglied und bekochte uns an diesen Sonntagen. Als unsere Tochter Jacqueline gerade zu sprechen anfing, Vati hielt sie auf seinem Arm und kitzelte sie, sagte sie ihm laut und deutlich, dass Alle es hörten: Du
Fäche Siäch, dummi Keibi – frecher Siech, dummer Kerl!
Vati`s Bauch schwabbelte und er gluckste und konnte sich kaum mehr erholen vor Lachen was Mutter aber gar nicht gefiel. Sie war der Meinung, man müsste das Kind bestrafen, so unterschiedlich waren die Beiden. Als mein Exmann 20 war und nach dem KV Lehrabschluss in die französisch Schweiz zog, adoptierten meine Schwiegereltern ein einjähriges Mädchen, Regine, aus wiederum zerrütteten Verhältnissen. Ich lernte sie kennen, als sie neun war und angezogen wie eine Urgrossmutter. Zu Weihnachten und an ihren Geburtstagen schenkte ich ihr Gutscheine, um mit mir zum Shopping zu gehen. Da durfte sie sich dann ein Kleidungsstück nach ihrem Geschmack aussuchen. Wir Beide hatten und haben ein sehr inniges Verhältnis und obwohl sie in Genf lebt häufigen Kontakt. Vati starb 1972 an Krebs und Mutter nur 2 Jahre später. Dafür meldete sich eines Tages die leibliche Schwester von Robert, Hanny, mit der er keinerlei Kontakt hatte. Sie bat ihn, seine im Sterben liegende leibliche Mutter in einem Basler Spital zu besuchen, es wäre ihr letzter Wunsch vor dem Ende. Ich begleitete ihn als wir am nächsten Tag nach Basel fuhren. Es war ein erschütterndes Wiedersehen, seine Mutter, die nach einem Schlaganfall nicht mehr reden konnte, konnte nicht mehr aufhören zu schluchzen und streichelte „ihren Bub“ unaufhörlich über Haare und Gesicht.
Erstaunlicherweise erholte sie sich zusehends und wir besuchten sie regelmässig. Sie stickte sogar in der Therapie mit grossen Stichen Kissenüberzüge und Decken für uns.
Nach einem weiteren Schlaganfall etwa 1 Jahr später, starb sie dann aber sehr schnell. Den Kontakt mit seiner Schwester Hanny und ihrem liebenswerten Ehemann Roland behielten wir bei und besuchten uns gegenseitig. Hanny war die liebevollste Mutter die man sich vorstellen kann und so stolz auf ihre 2 Mädchen und ihren Jüngsten. Stefanie, die Aelteste besuchte Robert auf den Seychellen kurz vor der bevorstehenden Hochzeit unseres Sohnes.
Freundinnen von Monica kamen am Samstag, dem Tag der Eheschliessung, frühmorgens an. Sie waren schwer beladen mit Schachteln, Stangen und Säcken und schleppten alles erst mal auf Robert`s Veranda. Junge Männer mit Schaufeln und Pickeln bewaffnet kamen an und begannen, tiefe Löcher in den Rasen zu graben. Da der Boden in Meeresnähe sehr sandig und locker ist, muss man tief graben, sollen Stangen und Aufbauten dem manchmal starken Wind standhalten. Sie bauten nämlich einen Baldachin, unter dem das Paar getraut werden sollte. Die Mädchen waren fleissig damit beschäftigt, die Bambusstangen mit Bändern und Girlanden zu umwickeln, sie webten frische Blumen- Bougainvillea, Frangipane und Hibiskus-blüten ein, da und dort steckten sie junge Palmwedel in zartem grün ein. Gegen Mittag war das Gebilde soweit fertig, dass es in hauruckweise in die Löcher eingepflanzt werden konnte, es sah grossartig aus. Ein riesiger weisser Korbsessel aus Rattan der einem König alle Ehre gemacht hätte, wurde unter den Blumenbogen gestellt und ein Tisch, mit weissen Tüchern eingepackt, kam dazu.
Robert senj. und ich hatten alle Hände voll zu tun, wir stellten Gläser für den Champagner bereit, schichteten Bananen- und Brotfruchtchips auf, steckten die am Morgen ausgestochenen Früchtekugeln auf bunte Plastikspiesschen, diese wiederum steckten wir in grosse Melonen und Kürbisse und verteilten alles auf die verstreut im Garten stehenden Tische die wir von Nachbarn geliehen bekamen, ebenso Kartonteller, Servietten und Becher. Auch diese Tische waren zuvor mit vielen Blumen geschmückt worden, kein Fest auf den Seychellen ohne üppigen Blumenschmuck, wobei auch viele Blätter von Bäumen und Sträuchern–gestreifte, maserierte und mehrfarbige, Verwendung finden.
Gegen 15 Uhr trudelten die ersten Gäste ein, alle in festlicher Kleidung! Die Hautfarbe der Gäste spiegelte die Zusammensetzung der Bevölkerung der Seychellen wider, von dunkelschwarz über braun bis zum hellen weiss, von schwarzem Kraushaar bis zu steckengeradem schottischen Rotschopf waren alle Rassen und Farben vertreten, es gab Menschen gemischter Provenienzen, aber wahrscheinlich nur ganz wenige „Reinrassige“ und das Bild das sich mir bot, war etwas ganz wunderbares. Da ist ein schrankenloses Zusammenleben verschiedener Rassen, Religionen und Kulturen Realität! Sogar ein Minister dunkler Hautfarbe befand sich unter den Gästen, auch er ohne irgendwelche Allüren, er verteilte Küsschen und bekam natürlich auch welche, genau wie alle anderen auch.
Mit einer halben Stunde Verspätung, was ausser mir niemanden zu stören schien, (ich habe später erfahren, dass, wenn die Braut pünktlich erscheinen würde, das Unglück für die Ehe bedeutet) erschien endlich das Hochzeitspaar, die Standesbeamtin wartete gelassen mit ihrem grossen Buch, wies dann das Paar auf ihre Plätze und die Zeremonie begann. Für mich war es die erste Freiluftheirat, aber sie war zauberhaft, fast unwirklich. Meine neue Schwiegertochter sah wunderschön aus in ihrer in der Schweiz gekauften türkisfarbenen Robe die auf ihrer dunklen Hautfarbe so richtig zum leuchten kam, im Haar steckten einige Perlen mit denen sie um die Wette strahlte! Mein Sohn in seinem dunkelgrauen Anzug mit ganz dünnen türkisfarbenen Streifen, dem weissen Smokinghemd und türkisfarbiger Krawatte war eindeutig der schönste Mann auf dem Platz und ich habe einige Blicke von einheimischen Damen aufgefangen, die für sich sprachen! Ich selber trug ein Paillettenbesetztes Top mit dazu passendem Schultertuch und eine weit geschnittene Hose in Crepe de Chine, alles in schwarz, wahrscheinlich sah ich ganz passabel aus, mein Ex hätte mich am liebsten auch gleich wieder geheiratet (wie man mir später mitteilte)! Enrico und Riccardo, unsere Enkel, waren in bunte Tropikhemden und Bermudashorts gekleidet und durften seitlich ihres Vaters stehend, die Trauung mitverfolgen.
Viele Korken flogen beim Oeffnen der Champagnerflaschen und die Häppchen verschwanden in für Seychellen Verhältnisse Wahnsinnstempo in den verschiedenen Mägen! Für das festliche Dinner wurden wir in einem der schönsten Restaurant, im Le Rocher, erwartet.
Die Kulisse dort ist der absolute Wahn, die vorgelagerten Granitfelsen wurden von orangem Licht angestrahlt und spiegelten sich im Meer. Es war mega-geil, wie meine Enkel begeistert bemerkten! Das obligate Creolische Buffet, dem Anlass entsprechend überaus üppig, ein Traum!
Früh am nächsten Morgen flogen Böbi und Monica mit einem der kleinen Flugzeuge der Air Seychelles auf die Insel Desroche zu ihrem 3-tätigen Honeymoon. Zwei Tage später packte ich die Jungs ein um mit ihnen einige Tage auf La Digue zu verbringen, wo wir uns dann mit Monica und Böbi trafen. Ach, war das eine herrliche Zeit.

Heirat in weiss
Ich erinnerte mich an meine Heirat im April 1964! Ich war noch nicht ganz 18 und brauchte noch die Bewilligung des Kantonrates von Zürich! Meine grosse Schwester Ruth war mit Ralf verlobt und die Beiden hatten geplant, im Sommer zu heiraten. Da es bei Robert und mir eilte, ich war schwanger, entschieden wir uns gemeinsam mit unserer Mutter, eine Doppelhochzeit zu feiern. Ruth und ich trugen die gleichen wunderschönen Brautkleider die wir gemietet hatten und die im Empire-Stil gehalten waren (mein Bäuchlein war darin nicht sehr auffällig) und Ralf und Robert die gleichen Anzüge und Smokinghemden. Der Tag vor der Trauung begann mit einer grossen Aufregung, uns fehlten noch die Dokumente meiner Heimatgemeine. Robert fuhr mit seinem Peugeot nach Murgenthal und eine Spende von 20 Franken half, die Papiere ausgehändigt zu bekommen.
Für das Standesamt bekamen wir aus reinem Goodwill einen ausserordentlichen Termin vor der kirchlichen Trauung morgens um 7 Uhr! Das hiess, extrem früh aufstehen!
Gegen 9 war ich beim Coiffeur angemeldet, mit einer Aufsteckfrisur, die damals sehr in Mode war und mit schon eingestecktem Brautschleier ging es per Taxi zurück nach Hause um das Brautkleid anzuziehen. Zwischendurch gab es gegrillte Poulets und riesige Züri-Bürli. Unsere Wohnung an der Affolternstrasse in Oerlikon glich eher einem Irrenhaus, es wurde durcheinandergeschrien und es herrschte das bare Chaos. Nur Mami war die Ruhe selber, auch sie hatte sich eine bodenlange und wunderschöne Robe ausgeliehen und sah umwerfend aus. Mit ihren 44 Jahren war sie immer noch eine sehr schöne und begehrte Frau. Nach 13 Uhr fanden wir uns auf dem Vorplatz der katholischen Kirche in Seebach ein, wo die eingeladenen Verwandten und Freunde schon anwesend waren. Die Kirchenglocken läuteten schon die Trauung ein, aber Pfarrer Zingg, der die Trauung vornehmen sollte, fehlte noch.
Er war unser Lieblingspfarrer, besuchte uns früher oft abends und spielte mit meinem Bruder und mir Eile mit Weile. Immer hatte er eine Tafel Schokolade mit dabei, die er an die Sieger verteilte. Erst später entdeckte ich, dass er diese Siege so manipulierte, dass jedes von uns etwa die gleiche Menge Schokolade abbekam. Er war auch derjenige der mich auf die Firmung vorbereitete. Als Mami ihn anfragte, ob er die Trauung vornehmen wolle, sagte er mit Freude zu, aber wo blieb er nun?
Punkt halb zwei brauste er auf einer schweren BMW Maschine an, kaum zu erkennen unter dem schwarzen Helm und der Lederjacke. Im Laufschritt entledigte er sich der Jacke und des Helmes und verschwand in der Sakristei.
Als wir Brautpaare vor dem Altar erschienen, war auch Pfarrer Zingg standesgemäss angezogen und vollzog die Trauung.
Während der Zeremonie ertönte die Stimme meines jüngsten Cousin Markus „was macht dä bös Ma det vornä?“ Pfarrer Zingg unterbrach kurz die Zeremonie und winkte Markus zu sich, nahm ihn sogar auf den Arm und erklärte ihm kurz, was er tat, dann setzte er ihn zu uns auf die mit rotem Samt bespannte Bank.
Es war eine schöne Hochzeit, eine Carfahrt rund um den Zürichsee mit Z`vieri unterwegs und ein wunderbares Dinner mit anschliessendem Tanzen und feiern beendeten den angeblich schönsten Tag!
Für mich war es ein Wechselbad an Gefühlen, in die Freude und den Stolz, so schnell erwachsen geworden zu sein, mischte sich auch eine gewisse Angst vor den Anforderungen die auf mich warteten. Ich war mir bewusst, dass ich noch keine Ahnung von Hausarbeiten und kochen hatte.
Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, wie weit ich schon gegangen war als plötzlich mit grossem Lärm ein Kauz aus dem mit dürrem Laub dicht bedeckten Boden aufflog. Er erschrak mindestens so stark wie ich, denn er liess die angefressene Maus liegen und machte sich aus dem Staub. Einen Moment lang war ich starr vor Schreck, freute mich dann aber umso mehr als ich realisierte, was die Ursache des Schreckens war. Im Unterholz flogen kleinere Vögel, die unseren Spatzen oder Sperlingen ähnlich sind, meist paarweise herum. Die Schwanzfedern allerdings sind doppelt so lang wie ihre Körper und das Männchen wartet mit einem schillernden blauen Brustteil auf. Ich begab mich auf Pirsch, um noch mehr Vögel zu beobachten!
Wiederum lernte ich im nachbarschaftlichen Gespräch, ich hatte mich auf dem Brook-Dam Campingplatz einquartiert, eine Lebensgeschichte kennen. Mae war ca. 55 und unterwegs mit einem schönen, offensichtlich noch neuen Wohnwagen der toll ausgerüstet zu sein schien, einem gutaussehenden Partner und zwei Hunden. Letztere waren winzig kleine, beigefarbene Kerlchen die ein Mäntelchen mit Dalmatiner-Dessin trugen, was doch etwas komisch wirkte! Sie hopsten dauernd an meinen Jeans hoch und ich fragte mich, ob es daran lag, dass ich seit 2 Tagen nicht geduscht hatte? Also, Mae war während 20 Jahren in Cairns glücklich verheiratet aber kinderlos geblieben. An Wochenenden oder während der Schulferien, ihr Mann war Rektor an einer höheren Schule, reisten sie oft und gerne in die Northern Territories und hatten mit der Zeit gute Beziehungen zu einigen Clan`s der Aborigenes aufnehmen können und leisteten dort immer wieder Direkthilfe. Sie brachten Baumaterialen, elektrische Kabel, Werkzeuge oder was gerade gebraucht wurde dorthin. Dann, ganz unerwartet, starb ihr Mann an einem Herzinfarkt, obwohl er, wie sie betonte, keinerlei Stress gehabt hätte da er ein sehr bedachtsamer, ruhiger Mensch war der zuerst überlegte und dann handelte. Tatkräftig wäre er schon gewesen, meinte sie und Tränen kullerten über ihre Wangen, die Erinnerung schmerzte wohl noch immer!
Sie fuhr fort, sie hätte sich furchtbar einsam gefühlt und da immer ihr Mann den grossen Wagen fuhr, war auch das Reisen nicht mehr möglich für sie und sie sass monatelang allein zu Hause. Mit ihren Freunden wollte sie trotz vieler Einladungen nicht mitfahren, nur nicht aufdringlich oder hilfsbedürftig erscheinen (erkenne ich mich etwa wieder in dieser Frau?).
Dann aber erwachte in ihr der Wille, wieder ein lebenswertes Leben führen zu wollen. Sie setzte ein Inserat in die Lokalzeitung indem sie einen unternehmungslustigen Witwer zwecks Reisen und Verbringen der Freizeit suche. Es hätten sich 4 Herren bei ihr gemeldet, aber sie habe sich schon aufgrund des 1. Briefes für Mikel entschieden und seit 10 Monaten reisten die Beiden nun schon zusammen durch Australien. Jetzt, da sie sicher seien zusammen zu passen, würden sie ein geeignetes Haus oder ein Stück Land auf dem sie dann bauen können, suchen. Mae hatte sich immer gewünscht, in West-Australien zu leben, war jetzt aber wegen des ewigblasenden Windes davon abgekommen. So ziehen sie weiter auf der Suche nach einem neuen Zuhause, haben es aber gar nicht eilig wieder sesshaft zu werden. Sie hatte ihre Stelle als Sekretärin in Cairns aufgegeben und das Haus verkauft, genau das Gleiche machte auch Mikel und so hatten sie keinerlei finanzieller Probleme.
Wir stiessen auf eine für uns alle glückliche Zukunft an, sassen vor einem lodernden Feuer das Mikel gut unterhielt, damit bei uns Frauen alles schön warm bleibe, wie er schmunzelnd von sich gab! Ja, mit so einem Mann umherziehen, das wäre schön!
Von Wetzikon nach Russikon
Seit der Scheidung 1990 lebte ich nun schon als Single. Erst mietete ich eine 4-Zimmer Wohnung in Wetzikon, wo ich mich eigentlich nie so richtig zuhause fühlte. Sie lag nahe an der Bahnstation, für mich als Reiseleiterin ein grosser Vorteil. Hatte ich vor meiner Scheidung 6 Reisen pro Jahr geleitet, konnte ich dank meiner Vielsprachigkeit praktisch das ganze Jahr arbeiten. Obwohl dieser Beruf nicht gerade gut entlöhnt wird, es wurde ein Tageslohn ausbezahlt, konnte ich die Tagesspesen fast gänzlich zum Lohn dazurechnen, da ich praktisch nirgends für Essen und Getränke bezahlen musste. Auch die Trinkgelder der Teilnehmer waren ein toller zusätzlicher Verdienst und gingen vollumfänglich auf mein Sparkonto. Ich bekam natürlich auch eine Abfindung von meinem Ex-Mann Robert für das gemeinsame Haus und die Spareinlagen. Damit konnte ich mir 1998 eine sehr schöne 73m2 grosse 2,5 Zimmer-Wohnung in Russikon, in meinem geliebten Zürcher Oberland, kaufen. Sie lag ebenerdig und hatte einen riesigen Sitzplatz und auf der Rückseite einen grossen Garten, den ich mit Sträuchern und Blumenrabatten verschönerte. Die wenige Zeit die ich jeweils zuhause verbrachte, genoss ich in vollen Zügen, bekochte meine Kinder und Enkel und lud meine wenigen Freunde ein.
Am frühen Morgen des 30.Januar ging ich nochmals auf Vogeljagd, nicht mit dem Gewehr, sondern mit der Kamera bewaffnet. Aus einem kleinen Weiher der gänzlich mit Wasserpest bedeckt war, kam ein hundertfaches Quaken von Fröschen, dann vernahm ich ganz in der Nähe, es schien aus dem Gebüsch zu kommen, ein Wimmern, so als würde es sich um ein junges Tier handeln. Ganz vorsichtig, Schritt um Schritt, ging ich dem Wimmern nach, aber mit jedem Schritt den ich ging, änderte sich auch die Position des Geräusches. Irgendwann gab ich schliesslich auf ohne die Ursache entdeckt zu haben und kehrte trotzdem glücklich auf den Campground zurück.
Pemberton, das ich nach nur 40 Km Fahrt erreichte, bot einen traurigen Anblick, viele der Häuser und auch der Supermarkt, standen leer und verfielen. Umso mehr erstaunte mich das hübsch hergerichtete Visitor-Center das von einer richtigen englischen Lady aus Cornwall betreut wurde. Dank meines roten Rucksackes mit dem weissen Kreuz darauf kamen wir schnell ins Gespräch. Sie schwärmte von Interlaken und Grindelwald und von der Kartause Ittingen, was mich doch sehr erstaunte, wer kennt schon Ittingen! Das ist ein kürzlich renoviertes trutziges Schloss, das Seminarräume und wundervoll restaurierte Räumlichkeiten für Familien- oder Firmenfeste anbietet. Oft werden Ausstellungen und Vernissagen angeboten! Die Lady immigrierte erst 1980 mit ihrem Ehemann wo sie die ersten 6 Jahre in Perth lebten bevor sie hierher nach Pemperton kamen. Wie kann man nur in so ein Kaff wollen, dachte ich. Sie gab mir noch viele gute Tipps mit auf den Weg und meinte, Windy Harbour würde sich nicht lohnen zu besuchen, umso mehr aber der Shannon NP.
Trotz dieses gutgemeinten Ratschlages fuhr ich die 22 km von North-Cliff hinunter und war dann tatsächlich sehr enttäuscht. Der Namen machte dem Ort alle Ehre, ich musste alles festhalten, Hut und Rucksack! Es war extrem windig in Windy Harbor. Der Campground, obwohl als modern und mit allen Facilities ausgerüstet angepriesen, machte einen verlotterten Eindruck. Genauso erschienen mir die Zelte und Wohnwagen der Jahresaufenthalter. Das Einzige, was ich noch sehen wollte, war Point d`Entrecasteaux. Dort stürmte es allerdings so stark, dass ich, so schnell es gegen den Wind möglich war, wieder zu meinem Fröschlein zurückkehrte und nur noch weg wollte.
Der Shannon NP ist ein eher unbekannter Park, obwohl er sich auf über 53 000 Hektaren ausbreitet. Es gibt den Great Forest Tree Drive, der 22 Km lang und auch für 2 WD befahrbar ist, den ich aber nur auf einer Teilstrecke bis zum Shannon Dam befuhr.
An einem wunderschönen Platz mit Blick auf das Wasser habe ich mein Häuslein parkiert, habe mir Thonsandwiches zubereitet, Tomaten und eine Flasche Wasser eingepackt, die Wanderstiefel angezogen, mich mit den Wanderstöcken versehen und mich auf den Rock-Trail aufgemacht. Erst ging es während 15 Min. steil bergauf, dann etwas geruhsamer auf fast zugewachsenen Wegen durch eine Vegetation mit vielen Grasbäumen, akazienartigen Sträuchern mit hübschen gelbgefiederten Blütenkugeln, Sikapalmen, aber auch Veilchen und Verbenen und das Schattengewächs Soldanum das auch bei uns in der Schweiz als Topfpflanze so populär geworden ist, begegneten mir.
Nach 30 Min. Wanderzeit erreichte ich die Felsen, riesige Granitblöcke aus der Zeit des Grosskontinentes Gwondanaland und ca. 500 Mill. Jahre alt. Ein wunderbar weicher Moosteppich, allerdings recht ausgetrocknet aber von schöner rotbrauner Farbe, bedeckte weite Teile der Felsen. Vielfarbige Lories flogen erschreckt auf und verführten einen grossen Lärm über den Baumkronen. Die 187 Meter Höhenunterschied mussten auf der folgenden Strecke auch wieder nach unten überwunden werden. Was ich noch vor 2 Jahren hüpfend und easy hinter mich gebracht hätte, bereitete mir dank meiner Behinderung doch etwas Mühe. Dank meiner Stöcke aber gewann ich immer mehr Vertrauen und bald ging es recht zügig weiter. Die wunderbare Stille wurde nur durch aufflatternde Vögel unterbrochen. Ich entdeckte zwei schwarze, etwa krähengrosse Vögel im Geäst eines Baumes. Vorsichtig ging ich näher, zentimeterweise, bis ich erkennen konnte, dass es sich um schwarze Kakadu`s handelte. Es waren wohl die Männchen die unter dem Schnabel einen beigefarbenen Kropf hatten der aussah wie ein Geschwür. Sie mussten mich bemerkt haben, denn sie flogen mit lautem Gekreische auf, es waren etwa 8 Kakadu`s die in den nahen Bäumen gehockt waren. Ich wäre beinahe ausgeflippt vor Freude und vergass wieder einmal mehr, zu fotografieren!
Auf den letzten 45 Min. verlief der Weg eben dem Shannon River entlang. Erstaunlicherweise gab es überhaupt keine Mücken, obwohl es sumpfig war. Fast am Ende der 2-stündigen Wanderung begegneten mir 2 Waldarbeiter die damit beschäftigt waren, den Weg freizuschneiden. It`s too late for me, rief ich ihnen lachend zu worauf der Aeltere mit ernster Miene erwiderte „it`s never too late, Lady“. Recht hatte er!
Ich war richtig stolz auf mich, 2 Std. wandern mit happigen Auf- und Abstiegen, und das, nachdem ich 10 Wochen vor Beginn meiner Australienreise in Rom die rechte Kniescheibe, die Patella, gebrochen hatte und deswegen lange Zeit nicht nach draussen gehen konnte.
Kurzes Rom
Auf der Rückreise von den Seychellen, nach der Hochzeit meines Sohnes, hatte ich einen 4-tägigen Aufenthalt in Rom geplant. Mit den gesammelten Meilen bei Swiss hatte ich für meine Tochter Jacqueline ein Flug-Ticket nach Rom eingelöst und wir trafen uns Ende Oktober im Black Hotel in einem Vorort von Rom. Wir freuten uns, nach vielen Jahren wieder einige unbeschwerte Tage miteinander zu verbringen. Es war für Jacqueline gar nicht so einfach gewesen, von Mann und den Kindern wegzukommen. Ihre Schwiegermama hatte sich bereit erklärt, ihre Kinder Joshua und Sharon zu hüten. An jenem ersten Abend nahmen wir den öffentlichen Bus um in eine typisch römische Osteria zum Dinner zu fahren. Wir wurden wahrlich nicht enttäuscht! Vollgefressen, müde aber glücklich kehrten wir in unser Hotel zurück. Am nächsten Tag besorgten wir uns eine 3-Tageskarte für die Metro und fuhren in die Innenstadt. Aus Erfahrung gelernt, buchten wir als Erstes eine Sight Seeing Tour die uns an viele der weltberühmten Sehenswürdigkeiten brachte. Das Schöne ist, dass man die Tour immer wieder unterbrechen konnte um nach 20, 40 oder 60 Min. wieder in einen der Busse einzusteigen. So hatten wir das Colosseum, den Trevi Brunnen, die spanische Treppe und den Vatikan im Schnellzugstempo durchlaufen, wir hatten ja zur intensiven Besichtigung noch 3 volle Tage Zeit! Der Tag war allzu schnell vorüber und todmüde kehrten wir ins Hotel zurück. Wir wollten nicht mehr weit gehen um unser Abendessen einzunehmen und entschieden uns, in das schön beleuchtete Lokal, das wir vom Bus aus gesehen hatten und das nur 2 Busstationen vom Hotel entfernt lag, zu gehen. Bei dem Feierabendverkehr und der enormen Velocita mit der die Römer unterwegs waren zogen wir es vor, die relativ kurze Distanz doch mit dem Bus zu machen.
Um an die entsprechende Haltestelle zu gelangen mussten wir die Stadtautobahn via einer Passarelle überqueren. Der gerippte Kautschukbelag war wegen des Nebels feucht und glitschig. Da passierte es, ich rutschte aus und fiel mit meinem ganzen Gewicht auf das rechte Knie. Der Schmerz liess mich fast ohnmächtig werden. Nach einer Weile half mir Jacqueline aufzustehen und obwohl es grausam schmerzte, konnte ich doch humpelnd gehen. Der Bus kam und wenig später sassen wir bei einem feinen ital. Essen mit Anitpasti, Pasta, Dolci und Wein.
Die Bescherung kam, als wir das Lokal verlassen wollten, es ging gar nichts mehr mit meinem Knie, es war überdimensional angeschwollen und ich konnte bei allem auf die Zähne beissen das Knie nicht mehr belasten. Wir hatten vorsichtshalber schon ein Taxi bestellt, und so hüpfte ich auf einem Bein, unter erstaunten Blicken der Gäste, hinaus. Die Nacht verbrachte ich damit, Eiswickel aufzulegen und Schmerztabletten zu schlucken. Es half nichts, am Morgen musste ein Arzt her. Nach kurzer Untersuchung bestimmte er, dass das Knie in der nahe gelegenen Klinik geröngt werden musste. Dort stellte sich dann heraus, dass die Kniescheibe zwar schön glatt, aber eben doch gebrochen war und an ein Gehen nicht mehr zu denken war. Aus-Amen-Vorbei! Scheisse, Shit, Merde, es half nichts, es hiess, ab nach Hause und ins Spital! Als grosse Hilfe erwies sich nun die Annullations- und Rückreiseversicherung. Wir bekamen noch für denselben Abend einen Flug zurück nach Zürich. Es tat mir entsetzlich leid für Jacqueline, sie hatte sich so auf diese Reise gefreut!
Auch im Spital Wetzikon bestätigten die Röntgenaufnahmen, dass es sich um einen schönen glatten Bruch handelte, der ohne eingipsen zuwachsen würde! Doch noch Glück im Unglück gehabt!
Die folgende Nacht verbrachte ich im Nationalpark, mitten im Wald auf einem wunderschönen Platz mit Feuerstelle und Holztischen, sauberen Toiletten und, oh Wonne, Duschen mit heissem Wasser! Auch hier wieder ein sehr liebenswürdiges, älteres Camp Host Ehepaar. Ausser mir kam noch etwas später eine alleinreisende junge Frau die den Platz neben mir, d.h. in 100 M Entfernung, mit ihrem Zelt belegte. Nachdem sie ihr Zelt in Rekordzeit aufgestellt hatte setzte sie sich im Schneidersitz auf ein buntes Kissen das aus Indien stammen könnte und meditierte lange Zeit. Es hatte etwas unglaublich Beruhigendes sie so in den letzten Sonnenstrahlen sitzen zu sehen und in Gedanken wünschte ich ihr viel Liebe und Harmonie. Auch ich meditiere oft, allerdings selten so unbekümmert und ohne sich um andere Menschen zu kümmern, ich verkrieche mich lieber in eine stille Ecke! Eigentlich schön, wenn man sich um nichts schert, das sollte ich mir merken!
Der letzte Tag des Monats! Ich erwachte früh, es war noch nicht mal 6 Uhr aber schon taghell. Ich blieb noch eine Weile liegen und döste vor mich hin bis ein Tappen mich aufhorchen liess. Da hoppelte ein ganzer Clan von den grossen, grauen Känguruh`s umher und frassen die durch Bewässerung grünen Wiesen ab. Lange Zeit konnte ich sie so beobachten, immer wieder setzte sich Eines auf seine Hinterbeine, schaute forschend umher um wahrscheinlich bei Gefahr die Anderen warnen zu können.
Zum Frühstück habe ich mir das mittlerweile nicht mehr ganz so frische Brot getoastet und gleich 2 Spiegeleier gebraten, zusammen mit einer grossen Tasse Nescafe ein richtiges Luxusfrühstück!
Schon gegen 9 Uhr kam ich in Walpole an, ein winziger Ort mit Tankstelle, Post, Souvenirgeschäft und dem obligaten Visitor Center. Ich fand endlich einigermassen schöne Ansichtskarten, Briefmarken gabs gleich nebenan auf dem Postbüro.
Walpole liegt traumhaft schön am gleichnamigen Inlet, aber an diesem Morgen war es doch etwas zu kühl um schwimmen zu gehen, obwohl es ideal ohne hohe Wellen gewesen wäre.
Lieber fuhr ich den Knoll Drive ab, hielt mehrmals an um zu Fuss einige hundert Meter zu den verschiedenen Look Outs zu kommen. Der Inlet erinnerte mich ein wenig an den Greifensee, an dessen Ufern ich oft wanderte. Im umliegenden Walpole und Nornalup NP sind die meisten Pisten nur mit 4WD zu befahren was mir Grenzen setzte und mich zum Weiterfahren ins Valley of the Giants (Tal der Riesen) bewog.
National Geographic nannte diesen Wald und den Franklin River, der ihn durchfliesst „The River of the perfect reflexions“. Die Red Tingle Trees die hier beheimatet sind erreichen eine Maximalhöhe von nur 70 Meter, dafür kann ihr Umfang bis zu 20 Meter betragen. Im Gegensatz zu den Karribäumen, die wesentlich höher werden, über 100 M., sind die Red Tingles richtige Dickhäuter, ihre Formen an der Basis erinnern an Elefantenfüsse und mit etwas Fantasie erkennt man in einem der Stämme einen Samichlaus (St. Niklaus) mit Bart und Zipfelmütze! Tingle bedeutet in der Sprache der Aborigenes rot, es handelt sich tatsächlich um wunderschöne rotfarbige Stämme, obwohl sie zu den Eukalyptenarten gehören die sonst meistens mit Farben wie grau oder beige aufwarten!
Die 6.50 $ Eintritt zum Tree Top Walk sind mehr als wert, bezahlt zu werden. Bei der Jetty ist Start für den 600 M langen Walk hoch oben in den Bäumen. 60 M Höhe erreichen die durch Plattformen verbundenen Stahlbrücken, die wie Hängebrücken stark ins Wanken geraten sobald mehrere Menschen darüber gehen. Die ganzen 600 M sind an 5 Stahlträgern, die, im Gegensatz zu den aus glänzendem Stahl bestehenden Brücken total rostig und zwischen den Red Tingles kaum sichtbar sind. Nach 120 M ist die Maximalhöhe erreicht und man befindet sich auf Augenhöhe mit den Baumkronen. Und wirklich, hier oben gibt’s eine Menge Vögel die von unten weder zu sehen noch zu hören sind. Der Blick kann in die Weite schweifen, das Gelände ringsum wird zunehmend hügeliger, die Stirling Range in nördlicher Richtung ist in der Ferne schon gut sichtbar.
Die Brücke neigt sich anschliessend sanft wieder dem Boden und Ausgang zu. Ein sehr eindrückliches Erlebnis!
Unten angekommen geht die Entdeckung dieses auf der Welt einmaligen Waldes, der zum Nornalup-Walpole NP gehört, auf einem gut ausgeschilderten Weg weiter, um in direkten Kontakt zu den Baumriesen zu gelangen. Diese sind Relikte aus der Zeit Gwondanaland`s, des Ur-Grosskontinents. Einer der Bäume, der mir immer in Erinnerung bleiben wird, ist über 350 Jahr alt und hat schon mehrere Waldbrände überlebt. Sein Inneres ist vollständig ausgebrannt wobei eine grosse Höhle entstand in der mehrere Leute Platz finden. Seine Krone ist zwar etwas ausgelichtet aber immer noch mit grünen Blättern versehen. Ein weiteres Feuer aber würde der Baum wahrscheinlich nicht mehr überleben. Dann wird er sich mit lautem Krachen auf den Waldboden legen und wichtiges Habitat für viele Pflanzen und Lebewesen werden. Zur Fortpflanzung seiner Art hat er über die Jahrhunderte schon längst seinen Anteil geleistet, in dem er Hunderttausende oder gar Millionen von Samen produzierte!
Auf meinen Wanderungen hatte ich schon öfters einen Strauch mit sternenförmigen, hellgrünen Blättern angetroffen und hier endlich fand ich eine beschilderte Pflanze, es handelte sich um die Tassel-Flower, ein dem Bambus verwandter Busch. Auch ganz zart gefiederte Akazien gedeihen zwischen den Red- und Yellow Tingle`s, die Wattle Karri genannt werden.
Eine ganz andere Welt erwartete mich in der Peaceful Bay. Ein wahrhaftig sehr friedvoller Ort, nur einzelne, weit verstreute Campervans und Zelte standen auf dem grossen Campground. Ich durfte mir meinen Platz aussuchen und stellte mich direkt an das angrenzende Wäldchen. Das Meer zog mich magisch an, aber ich widerstand der Versuchung sogleich hineinzuspringen und erledigte erst meine Pflichten die darin bestanden, die Bettwäsche zu wechseln und zu waschen. Die Gebühren für einen Waschgang in den grossen Waschmaschinen belaufen sich fast auf jedem Platz auf 2$. Als meine Wäsche lustig im Winde flatterte, schmiss ich mich in die Badehose, wickelte mir meinen schwarzen Pareo mit den hübschen roten Hibiskusblüten um die Taille und machte mich auf zum Strand. Ein Strand wie im Bilderbuch, weisser Sand, viele vorgelagerte Granitfelsen und ruhiges Wasser, keine hohen Wellen. Hier konnte ich nun wirklich ausgiebig schwimmen. Nach einer guten Stunde wärmte ich mich im warmen Sand schnell wieder auf und blieb noch lange Zeit sitzen, lauschte dem Plätschern des Wassers und genoss das Leben ganz bewusst, wie gut es mir doch ging! Und doch, ich fühlte mich etwas einsam, wie schön wäre es, hier mit einem Partner händchenhaltend zu sitzen, träumte ich vor mich hin!
Februar. Eigentlich hatte ich mir den Sommer in Australien wärmer vorgestellt, die Nächte waren recht kühl und ich musste mich gut einpacken, um nicht zu frieren. Frühmorgens, aber gut ausgeruht, (Lichterlöschen war bei mir neuerdings schon gegen 22Uhr) schrieb ich erst 2 Stunden in meinem Tagebuch bevor ich alles dicht machte, d.h. alle Knöpfe der Kästen und Schubladen gut hineindrücken, Gasflasche aussen zudrehen, Stromkabel ausziehen und Verstauen, Frischwassertank auffüllen, um dann weiter zu fahren.
In Denmark, einem hübschen Städtchen das aussieht wie in einem Westernfilm, fragte ich an der Tankstelle nach einem Autoelektriker um endlich wieder meinen Kühlschrank, die Wasserpumpe und das Licht benützen zu können. Etwas mit der zweiten Batterie die dafür zuständig war schien nicht in Ordnung zu sein, sie lud sich auch nach langem Fahren nicht auf!
Der Tankwart Eingang des Ortes, den ich danach fragte, schien meinem Orientierungssinn und meiner Auffassungsgabe wenig zu trauen, er fertigte umständlich eine Skizze an, setzte Pfeile nach rechts und links, schrieb jede Strasse mit Namen an, (auch solche die ich gar nicht zu befahren hatte) und drückte sie mir in die Hand mit der Ermahnung, mich ganz genau daran zu halten. Er strahlte mich an und war sichtlich stolz auf sein Oeuvre. Ich bog dann gerade mal zweimal ab und stand vor einem Schuppen, der gross mit Auto Electricity angeschrieben war. Innerhalb von 10 Min. hatte Paul, Mechaniker und Besitzer, alles in Ordnung gebracht, irgendein Zugangskabel war der Grund. Bezahlt wurde alles durch die Vermieterin meines Campervans, der TCC, die ich zuvor angerufen hatte. Wegen so einem Klacks hatte ich 2 Wochen lang doch erhebliche Umtriebe gehabt und musste deswegen öfters auf Campgrounds mit Stromanschluss, die natürlich einiges teurer sind. Das Positive daran, ich brauchte nicht den Umweg über Albany, der Riesenstadt mit 30 000 Einwohner, zwar Perle des Southern Ocean genannt, zu fahren.
Um in die Berge, in die Stirling Range zu kommen, bog ich in die Mount Barker-Street ein, die in das gleichnamige Dorf führt. Das dortige Visitor Center ist ähnlich wie in Bunbury im ehemaligen Bahnhof untergebracht und ich besorgte mir die üblichen Unterlagen wie Ortspläne, Vorschlägen für die Besichtigung der Umgebung, Broschüren der Campingplätze und bekam ein ganzes A4 Blatt voller Wandervorschlägen. Sogar Distanzen, Zeitdauer, Höhenunterschiede und Wegbeschaffenheit waren darauf vermerkt.
Beim Näherkommen wirkten die Berge der Stirling Range nach den riesigen Ebenen die ich bisher befahren hatte, dunkel und extrem hoch! Eine Bergspitze reiht sich an die Andere, der höchste ist der Bluff Knoll mit 1073 M. Bevor ich mich zum Wandern aufmachen konnte verbrachte ich die Nacht auf dem Mount Trio CG, ein Platz im absoluten Nowhere, nahe der nordöstliche Grenze des Nationalparks. Dank sei Gott, da war wenigstens noch ein anderes Motorhome mit dazugehörendem englischem Ehepaar. Die Beiden waren so etwa in meiner Altersklasse, also so um die 60, und ich kam sofort mit ihnen ins Gespräch und somit stand einer geruhsamen Nacht ohne Schaudern nichts im Wege.
Wir sassen noch lange am lodernden Feuer zusammen und genossen bei feinem Earl-Grey-Tea die wunderbar klare Nacht, vom Mond war nur eine schmale Sichel sichtbar. Ich schlief tatsächlich wunderbar.
Gegen Mittag des nächsten Tages sass ich schon unterhalb des Mount Hassel. Ich brauchte für die ganze Wanderung 2,5 Stunden. Was für ein Gefühl!
Ein schmaler, steiniger Pfad führt durch eine Art Macchia hinauf auf 847 M. Den Aufstieg schaffte ich in einer knappen Stunde. Auf halber Höhe kreiste mehrmals ein Sportflugzeug über mir in extrem niedriger Höhe über den Büschen. Ich machte mit meinem Weissen Hut, den ich über meinem Kopf hin und her schwenkte, auf mich aufmerksam und das Flugzeug flog in einem Bogen weg um gleich darauf wieder auf mich zugeschossen zu kommen. Ich sah, dass aus vielen Düsen an den Flügeln eine Flüssigkeit ausgesprüht wurde. Schnell drückte ich meinen Hut vor Augen, Nase und Mund um mich zu schützen, dann gab ich Tempo, um aus der „Schusslinie“ zu geraten.
Wenig später, nur noch knapp unter dem Gipfel, hörte ich ein leises Singen, eindeutig eine Männerstimme, und tatsächlich, hinter der nächsten Biegung sass Einer, ein sehr grosser und kräftiger, braungebrannter Mann mit dunkelgrünem T-Shirt und breitkrempigem Schlapphut, ein Ranger des NP. Gesungen hätte er nur, damit ich mich nicht erschrecken würde, wenn da so plötzlich ein Mann stehe, bemerkte er lächelnd. Er hatte mich schon längere Zeit beobachtet (gut, dass ich nicht nasengrüble und auch nicht Pipi gemacht hatte).
Ich setzte mich zu ihm um mit ihm zu plaudern, fragte ihn, ob er vielleicht Maori wäre (er schien mir so auszusehen) und tatsächlich stammte er aus Neuseeland, von der Nord-Insel. Ich schwärmte von Rotorua, dem Champagne-Pool und den riesigen Solfataren- und geothermischen Gebieten, auch von der dort ansässigen Maori Kunsthandwerkerschule. Er war ganz gerührt und es schien mir, als schwinge in seiner Stimme Heimweh mit. Wie es kam, dass er hier in Australien sei, wollte ich wissen, worauf er mir direkt in die Augen sah und antwortete, er hätte als junger Mann eine Riesendummheit gemacht! Aber eines Tages würde er ganz bestimmt wieder zurückkehren in seine Heimat! Offensichtlich musste dieses Etwas so schlimm gewesen sein, dass er darüber nicht sprechen wollte.
Ob ich auch ja genügend Wasser bei mir hätte und ein Handy mit CDMI für alle Fälle, wollte er wissen. CDMI? Davon hatte ich noch nie gehört, deshalb erklärte er mir dieses System das über Satellit funktionieren soll. Mein Handy, das ich am ersten Tag in Perth bei Vodafon kaufte, war definitiv für die Füchse. Ausser in grösseren Städten war ich dauernd ohne Network! Ich nahm mir vor, sobald ich wieder in der Zivilisation wäre, ein neues Handy mit diesem CDMI zu kaufen. Natürlich musste ich dem Ranger auch von mir erzählen, auch er fragte viel und bekam auch ehrliche Antworten! Ich erzählte ihm von mir und meinem Zuhause!
Dann nahm ich die letzte Steigung in Angriff, derweil er sich auf den Abstieg machte, er hatte von hier oben das Pflanzenschutzmittelversprühende Flugzeug dirigiert. Die Vegetation in diesem Teil wird nachdrücklich geschützt und gepflegt, da es sich um endemische Sträucher handelte die von einem Schädling befallen waren.
Nachdem ich auf der kleinen Plattform des Gipfels viel getrunken und eine halbe saftige Melone verdrückt hatte und Millionen von Ameisen zuschaute, wie sie sich über die Reste der Melonenschalen hermachten, nahm ich mir noch Zeit für eine kurze Meditation. Ich habe danke gesagt, danke dafür, dass ich hier oben sitzen durfte und habe um Kraft für den Abstieg und für ein Fortschreiten der Heilung meiner Behinderung gebeten.
Für den Abstieg brauchte ich wesentlich länger als für den Aufstieg, es war ganz schön happig. Stellenweise war der Weg sehr steil und über und über mit rutschigen, schieferartigen Steinen übersäht. Ich liess mir Zeit, setzte jeden Schritt bedachtsam auf und stützte mich fest auf meine Wanderstöcke. Ohne den geringsten Zwischenfall und Ausrutscher erreichte ich den Parkplatz, wo mein Camper einsam in der Sonne stand. Ein dickes, mit Senf bestrichenes Schinkensandwich hatte ich mir redlich verdient.
Ursprünglich hatte ich vorgesehen, noch eine weitere Wanderung zum Talyuber Peak zu machen, entschied mich dann aber dagegen. Ich spürte mein rechtes Knie und wollte nicht übertreiben! Wohin des Weges also? Zum Meer hinunter, die Distanz, nur gerade mal 80 Km nach Albany, der „Grossstadt“.
Unterwegs hatte ich die Fahrt immer wieder unterbrochen, es galt, ganze Emu-Familien zu beobachten die nur wenig abseits der schwach befahrenen Strasse auf einer Wiese nach Futter suchten. Stolz reckten sie ihre langen Hälse, stolzierten im Gras umher und bewachten ihre Jungen!
An der belebten York-Street in Albany sass ich in einem Strassencafè, trank einen Capuccino mit Schokohäubchen und ass dazu das obligatorische Muffin und beobachtete die Menschen. Wieder einmal fiel mir auf, dass es viel weniger hektisch zu und her ging als bei uns in der Schweiz. Das Stadtzentrum wirkt kleinräumig und beschaulich, die Yorkstreet ist die Flaniermeile und viele gut erhaltene Häuser aus der Gründungszeit von 1826 sind zu bewundern.
Stolz wird darauf hingewiesen, dass Albany den grössten und besten Naturhafen der Welt besitzt. Tatsächlich liegen riesige Tanker und Containerschiffe im Hafen und nur 2 Km von der Stadt entfernt liegen die grossen Oeltanklager. Eine direkte Pipeline auf Stelzen bringt das Rohöl aus den Tankern direkt in die grossen Lager.
Leider ist die Zeit des Wale-Watching für dieses Jahr auch hier endgültig vorüber. Zwischen September und Dezember ist hier einer der erfolgversprechenden Plätze um Wale zu beobachten. Es werden viele Trips in verschiedenen Preisklassen angeboten und auch vermehrt sogenannte Oekotouren, bei denen nicht mehr so extrem nahe an die Tiere herangefahren wird um sie nicht zu stören und schlussendlich zu vertreiben!
Als ich am Morgen des 3. Februar erwachte und noch auf dem Bett liegend die Vorhänge aufzog, hatte ich einen Ausblick, wie man den sonst nur in den Ferien haben kann!! Ich konnte den ganzen Princess Harbour überblicken, mein Camper stand als Einziger quer zum Meer, direkt an der leicht zum Wasser abfallenden Kante. Drei sich aufplusternde Pelikane standen flügelschwingend ganz nah bei mir und es machte Spass, ihnen zuzuschauen. Ewas weiter rechts stand regungslos ein grosser dunkler Vogel der Aehnlichkeit mit einem Marabu aufwies, auf einem Stein. Unter den vielen Möwen war ein fürchterliches Gekreische ausgebrochen, wahrscheinlich flogen deswegen viele grau- und pinkgefärbte Lori`s die ich in den Aurankarien bisher gar nicht bemerkte, auf und davon.
Es gibt enorm viel zu sehen in dieser Gegend und als ersten Höhepunkt besuchte ich The Gap und die Natural Bridge. Vom Parkplatz am South-Coast Hwy. führt ein zementierter Weg durch die wie von Zyklopen hingeworfenen Granitbrocken. Das Wasser tost und donnert unter der durch hunderte von Millionen Jahren ausgespülten Steinbrücke an die Felsen. Es ist ein Schauspiel, von dem man nicht genug bekommen kann. Ich machte es mir dank meiner weichen Fleecejacke auf einem ebenen, in verschiedenen Farben marmorierten Granitsockel bequem, schaute und staunte.
Obwohl der Southern Ocean an diesem Tag nicht besonders rauh war schlugen immer wieder riesige Wellen auf die kleinen Granitinseln, abgebrochene Teile des Festlandes, auf. Ich musste mich förmlich losreissen von diesem Naturschauspiel, es gab doch noch The Gap anzuschauen. Es handelt sich dabei um einen 5M breiten Durchlass zwischen etwa 30 M hohen, senkrechten Steilwänden und bei jeder Welle, die hereinbricht, meint man, das ganze Meer wolle sich mit aller Kraft hineinzwängen. Bei ganz starkem Wellengang soll die Gischt bis zur Aussichtsplattform hochspritzen. An diesem Tag kam sie auf knapp die Hälfte, was dem Schauspiel aber keinen Abbruch tat. Ueber eine Stunde habe ich mir nur für diesen Ort Zeit genommen, dabei gab es doch noch so viel Anderes, das auch lohnt, angeschaut zu werden.
Als nächstes fuhr ich am Leuchtturm von Cave Point vorbei zu den Blow Wholes. Ein langer, heisser Kilometer zu Fuss durch Macchia muss man auf sich nehmen, um zu einem besonderen Spektakel zu kommen. Es wird gewarnt; Leute die nicht schwindelfrei sind, sollen sich nicht über die glattpolierten Felsplateau`s wagen. Ein ganz klein wenig mulmig war mir schon zumute, denn nur zwei Meter Platz und die Felsen brechen steil ins Meer ab. Das Blow Whole ist ein ca. 50 M langer, nur wenige cm breiter Schlitz im Gestein. Vom Meer her ist dieses Gestein bis weit hinein vom ewigen Schlagen der Wellen ausgespült. Dringen bei rauer See, was an diesem Tag leider ganz und gar nicht der Fall war, Wellen mit grosser Wucht ein, wird das Wasser bis zur Oberkante gepresst und spritzt dann durch den schmalen Schlitz heraus. Heute hörte ich nur ein recht lautes, dumpfes Grollen, immerhin! Eindrücklich ist es allemal.
Die Salmon Holes liess ich aus um an die Misery Beach ins Walmuseum zu gehen. Eine sehr interessante Tour führt durch die Geschichte des Walfanges von 1850 bis in die neuere Zeit, in der die Wale als lebende Wesen endlich wichtiger sind als wenn sie in Dosen oder Lippenstifte abgefüllt wären. Der Schutz und die Erforschung dieser Meeressäuger sind die besonderen Anliegen dieses Museums.
Obwohl das ganze Gebiet zum Torndirup NP gehört ist ein grosser Teil des Landes, vor allem der Küste entlang, in Privatbesitz. Da stehen Villen mit allem erdenklichen Luxus die ebensogut in Nizza, Cannes oder bei uns am Zürichsee stehen könnten. Langsam fuhr ich zurück nach Albany, musste mir endlich das neue Handy besorgen, eines mit CDMI! (Ich wollte mein Versprechen, das ich dem netten Maori-Ranger auf Mt. Hassel gegeben hatte, einlösen).!
Vom Mount Adelaide, auf einem Hügel nahe der Stadt gelegen, gibt`s einen wunderschönen Blick über die ganze riesige Lagune. Das Fort, das heute Militärmuseum ist, beherbergte einst Unterkünfte für Soldaten, Küchen, Marställe, Munitionskammern und wurde sowohl im 1. wie auch im 2. Weltkrieg als Verteidigungsbastion benutzt. Ich gestehe, mich interessierte das nicht sonderlich, bin ich doch durch und durch Pazifist und unterschrieb seinerzeit die Initiative für eine Schweiz ohne Militär aus Ueberzeugung, dass eine Schweiz prädestiniert wäre, ohne Militär auszukommen und dafür mit den eingesparten Milliarden Friedensforschung zu betreiben! Halt eine schöne Illusion!
Die Frage des Uebernachtens wurde langsam aktuell, Emu Point tönte nicht schlecht, entpuppte sich dann aber als riesige Ferienanlage mit vielen Einrichtungen für Fun, also nichts für mich. Ich habe allerdings noch bei der Reception (die meisten Holiday und Campingparks haben wie Hotels Receptionen) die Preise erfragt-viel zu teuer- 25$ die Nacht! Zu gleicher Zeit war da auch ein braungebrannter und unverschämt gutaussehender Mann, ich wage zu behaupten in meinem Alter (ich sehe ja schliesslich viel jünger aus als ich tatsächlich bin!!!!). Er verwickelte mich gleich in ein Gespräch und bemerkte, er hätte mich bereits im Valley of the Giants gesehen mit meinem roten Rucksack auf dem schön weiss das Schweizerkreuz heraussteche. So wurde ich immer wieder als Schweizerin identifiziert. Er sei Engländer, von Cambridge, und seit er vor zwei Wochen in Perth seine 8-wöchige Tour durch Westaustralien begonnen hätte seien ihm auf den diversen Campingplätzen immer wieder Schweizer begegnet, meinte er. Mit einem frechen Grinsen fragte er „are you travelling on your own”? Reisen Sie alleine?
Wir haben noch ein bisschen rumgeflirtet und im Cafè nebenan zusammen einen Capuccino getrunken. Als es dann darum ging, die Nacht gemeinsam auf einem einsamen Campground zu verbringen, habe ich abgewunken und mich schleunigst aus dem Staube gemacht.
Beim Weiterfahren machte ich mir dann so meine Gedanken, wie es wohl gewesen wäre, wenn-! Vielleicht sollte ich ein Päcklein Präservative besorgen, für alle Fälle, man weiss ja nie!
Am 4. Februar war das Erwachen alles Andere als sanft, um 5.30 ging ein ohrenbetäubendes und nervendes Gekreische los. Hunderte, wenn nicht gar Tausende oder Millionen von diesen ach so hübschen Loris`s, die Grauen mit der Pinkhaube, erwachen offensichtlich nicht friedlich und ruhig, sondern streitsüchtig und gehässig und vor Allem laut! Während mehr als einer Stunde war es unmöglich, nochmals einzuschlafen. Ich mochte aber noch nicht aufstehen und verfolgte das Spektakel vom Bett aus und fand schlussendlich sogar noch Gefallen daran. Als wieder Ruhe einkehrte schob ich, so leise es ging, die seitliche Schiebetüre auf und erschreckt floh ein Känguruh das wahrscheinlich nach Essbarem suchte. Es hinterliess seine runden braunen Exkrementenkügelchen vor meinem Camper. Dafür stolzierte ein schneeweisser Kakadu mit wunderschönen gelben Kopffedern zu einem gutnachbarlichen Besuch heran. Ich fütterte ihn mit meinem Vollkorntoast was ihm sichtlich schmeckte. Die Melonenstücke verschmähte er dann, absolut kein Gesundheitsbewusstsein! Er hockte sich auf meinen Campingtisch und schaute mir zu, wie ich mein Bettzeug verstaute und mir mein Frühstück zubereitete. Er wurde immer mutiger, hüpfte die beiden Stufen des Campers hinauf und ihm lief wahrscheinlich beim Anblick von Toastbrot mit Butter und Waldbeerenconfiture das Wasser im Schnabel zusammen. Nach dem gemeinsamen Frühstück liess er sich von mir den Hals kraulen, er genoss es sichtlich, denn sobald ich aufhörte, reckte er mir erneut seinen Hals entgegen. Ich war mächtig stolz, mein Charme kam scheinbar wie in alten Zeiten, gut an. Erst der Engländer und jetzt der Kakadu, mein Palmarais wuchs!

Meine Ausbildungen
In der Sekundarschule bekam ich im 2. Jahr immer mehr Probleme, meine Noten rutschten in den Keller. Lehrer Pletscher hasste mich und ich ihn. Gegen Ende des Schuljahres diskutierten meine Mutter und ich, wie es weitergehen sollte. Ich wollte unbedingt das Gymnasium besuchen, was mit den Zeugnisnoten aber unmöglich schien. Meine Mutter schlug mir vor, ein Jahr in einem Kloster in einem französisch sprechendem Land zu verbringen. Ich war ausser mir vor Freude und siehe da, meine Noten wurden mit jeder Prüfung besser.
Angers im Departement Maine et Loire war die Destination meiner Träume und Pfarrer Zingg kannte das Kloster der Franziskanerinnen, die jedes Jahr 3 ausländische Mädchen aufnahmen, natürlich auch in der Hoffnung, Nachwuchs zu bekommen.
Am Bahnhof von Angers wurden wir, Erika, Vreni und ich von 2 Klosterfrauen in Empfang genommen. Sie stammten aus dem Süden und ihr französisch war gar nicht so, wie ich es in der Schule von Pletscher lernte, ich verstand kein Wort und war masslos enttäuscht.
Jeweils am Morgen hiess es, putzen, putzen und nochmals putzen Böden, Fenster, Zimmer. Nachmittags war Schule angesagt, erst Religion als wichtigstes Fach und weiter französisch, Zeitunglesen und Aufgaben machen. Gegen Abend ging es eine Stunde in die Stille, in der ich Flickarbeiten ausführen musste. Einmal im Monat durften wir drei in den Ausgang, alleine. Meistens besuchten wir ein Cinema in der Stadt. In den Sommerferien besuchten mich meine Mutter, Schwester und Bruder und wir unternahmen tolle Ausflüge zu Schlössern der Loire entlang, machten sogar einmal Autostop, ein Coca Cola Lastwagenfahrer nahm uns auf und machte sogar einen grossen Umweg um uns eine Freude zu bereiten.
Als sich das Jahr zu Ende neigte, machte mir die Mutter Oberin den Vorschlag, als Novizin im Kloster zu bleiben und eine Ausbildung zur Aertzin zu bekommen. Es war ein verlockender Vorschlag, aber da ich immer wieder zu hören bekam, dass ich nicht gehorchen könnte und mein Wille erst gebrochen werden müsste, entschloss ich mich, nach hause zu gehen.
Als ich 1962 von meinem einjährigen Aufenthalt nach Hause zurückkehrte, besuchte ich neben meiner Arbeit als Hilfs-Fotolaborantin bei der Firma Bührle (wo auch meine Mutter arbeitete) eine Mannequin Schule und bekam mit diesem Diplom eine Stelle als Hausmannequin in einer Damen- und Girlkonfektionsfirma. Ich reiste mit meinem Chef, einem jüdischen Geschäftsmann in der Schweiz umher um die Kollektionen an exklusive Geschäfte zu verkaufen. Oft logierten wir in teuren Luxus-Hotels wo uns unsere Kunden besuchten. Ich war für die Kleider, die ich den Geschäftskunden vorführen musste, selber verantwortlich, musste abgefallenen Knöpfe annähen und Flecken entfernen. Die Familie meines Chefs kam aus der Romandie und so konnte ich meine Französisch Kenntnisse anwenden und verbessern. Während des Kurses in der Mannequinschule lernten wir auch, uns als Fotomodels zu bewegen und der Fotograf, der das Casting für die Abschluss-Fotos machte, heuerte mich für einige Aufnahmen für Frauenzeitschriften an. Ich erinnerte mich gut an eine Serie von Hut-Aufnahmen die für eine amerikanische Zeitschrift aufgenommen wurden. Das Honorar war für jene Zeit fürstlich, 60 Franken pro Aufnahme und es waren einige Aufnahmen die veröffentlicht wurden! Meine Mutter verdiente damals keine 700 Franken pro Monat! Ich war froh, ihr damit echte Hilfe zu leisten. Bald aber brach die Zeit an, wo man nicht mehr von Mannequins, sondern von Models sprach und die Models eine Mindestgrösse von 1.70 haben mussten. Ich war mit meinen 1.65 zu kurz geraten und habe mich dann für eine Lehre beim Fernamt der PTT entschieden. Ich wollte unbedingt Air Hostess bei Swissair werden und brauchte für die Aufnahmeprüfung eine abgeschlossene Berufslehre. Aus diesen Träumen wurde durch meine frühe Heirat aber nie etwas. Während meiner Ehe habe ich aber immer irgendwelche Kurse besucht, doppelte Buchhaltung nach Ruf, Englisch Intensiv Kurse, ich habe getöpfert bis sämtliche Familienmitglieder und Freunde mit Vasen und Schalen versehen waren. Ich habe meine Garderobe mit Hilfe von Midinette-Nähkursen selber angefertigt und schliesslich kamen noch Spanisch- Arabisch und Griechisch-Kurse dazu und nicht zu vergessen die Abendkurse in Geologie und Geschichte an der Abenduniversität in Zürich. Bereue ich es eigentlich, dass ich keine Karriere gemacht hatte? Ich dachte lange darüber nach, konnte es aber nicht eindeutig entscheiden. Auf meine Kinder hätte ich natürlich nie verzichten mögen, die sind doch eindeutig das Beste in meinem Leben und auch sonst gab es schon sehr viele gute und schöne Zeiten auch ohne das Herumfliegen in luftigen Höhen und in alle Kontinente. Und meine Reiseleitertätigkeit hat mich in dieser Beziehung schon sehr entschädigt. Eigentlich bin ich ein echter Glückspilz! Es kam Alles zur richtigen Zeit!
Der Kalgan River hatte es mir definitiv angetan, ein einmalig schöner Fluss mit absolut intakter Ufervegetation, nichts begradigt, keine Hochwasserverbauungen. Ich wollte unbedingt noch die in einem Wanderbüchlein beschriebene Flussuferwanderung machen. Ich fuhr also nach Kalgan, parkte meine Luxuslimousine, zog die Wanderstiefel an, richtete meine Wanderstöcke auf die richtige Länge und marschierte los. Ja, ich weiss, ich bin süchtig- süchtig nach wandern! Während des Gehens geht da schon was ab- wahrscheinlich wird irgendein Hormon freigesetzt. Auf jeden Fall kann und konnte ich schon immer Widrigkeiten und Schicksalsschläge damit verarbeiten. Gedanken kommen und Erinnerungen werden wach.

Konkurs
Nach dem Konkurs der Firma meines Mannes, es war die Zeit der grossen Rezession in den 70iger Jahren des 20. JH, verloren wir alles was wir uns bis dahin erspart und aufgebaut hatten. Mit einem Partner, mit dem er einige Jahre gemeinsam bei Eschler Urania in Lausanne gearbeitet hatte, baute er diese Firma die mit Hydraulik handelte, auf.
Er hatte unser Haus ohne meine Einwilligung hochverpfändet und die Bank forderte die Bezahlung der Schulden. Es blieb uns nichts anderes übrig, als dieses wunderschöne Haus direkt am Waldrand in Fehraltorf gelegen, zu verkaufen. Zu unserer Familie gehörte auch ein Dobermann, mit dem ich zweimal wöchentlich im Hundeclub trainierte. Er war ein wunderschöner Rüde, für einen Dobermann allerdings viel zu zahm weshalb er die Zuchtprüfung nicht schaffte. Für mich war er der beste Freund und auf den langen Spaziergängen, auf denen ich über den Verlust von Haus und Garten weinte, legte er oft tröstend seine Schnauze in meine Hand.
Um finanziell über die Runden zu kommen, nahm ich eine Stelle als Aushilfs-Serviererin an. Tagsüber bereitete ich den Umzug in eine Wohnung in Wetzikon vor, packte Geschirr und Haushaltsgegenstände in Bananenschachteln und versuchte, überzählige Möbel zu verkaufen. Abends, wenn die Kinder versorgt waren fuhr ich nach Gossau zum Restaurant Oele und arbeitete dort bis nach Mitternacht. Es war frustrierend, oft kam ich gerade mal mit 20 Franken Trinkgeld nach Hause da diese Beiz nicht gut lief. Der Besitzer brachte sich auf grausame Weise selber um in dem er Säure schluckte, wie verzweifelt muss ein Mensch sein, um so etwas zu tun. Vielleicht mieden deshalb die alten Kunden fortan dieses Lokal.
Wir verkauften unsere geliebte Campingausrüstung und alles was einen Wert besass. Schmuck hatte ich praktisch keinen, da mir dies nie viel bedeutete. Mein Mann war während zwei Jahren nicht in der Lage, eine Stelle anzunehmen, er war angeblich psychisch nicht in der Lage um sich in einer Firma vorzustellen!
Kurz vor Uebergabe des Hauses an die neuen Besitzer starb meine Schwiegermutter. Wir hatten nicht gerade das liebevollste Verhältnis, trotzdem war ich erschüttert und mein erster Gedanke war, auch das noch!
Es ging also von einem Hausputz zum nächsten. Sie lebte in einem Haus in Frauenfeld das an den Mann verkauft wurde, der einige Jahre zuvor schon die Garage und Werkstatt nach dem Tod von meinem Schwiegervater übernahm. Vati war ein herzensguter Mensch und half mir am Anfang meiner Ehe oft mit einem 20iger Nötli aus, wenn mir das Haushaltsgeld vor Monatsende ausging. Wehmütig dachte ich an ihn, aber 20 Franken hätten uns in diesem Moment nicht viel nützen können.
Die Auflösung des Hauses der Schwiegereltern und des 4-stöckigen Estrichs bewältigte meine Schwägerin Regine und ich in einer arbeitsreichen Woche, wir teilten die Sachen die wir nicht verkaufen oder dem Brockenhaus geben wollten friedlich und in gegenseitigem Einverständnis. Abends holten wir uns den Wein aus dem Keller, wo Dutzende von Einmachgläser mit in den Jahren steinhart gewordener Konfitüre lagerten. Viele der 30 und 40-jährigen Weine waren nicht mehr geniessbar und wir schlossen Wetten ab, bevor wir eine Flasche öffneten, ist sie geniessbar oder nicht?
Wir dachten, eine Welaki-Mulde würde ausreichen um die gesamten Unterlagen von Jahrzehnten der Buchhaltung, Korrespondenz und was sich so an Ordnern anhäufte sowie den Inhalt der uralten Gestelle, Kästchen und Schränke zu entsorgen, schlussendlich wurden drei Mulden gefüllt. Als eine Nachbarin, von der wir wussten dass sie kein gutes Verhältnis mit Mutter hatte, in den Mulden herumschnüffelte, hat sich meine Schwägerin, eine der friedfertigsten Menschen die ich kenne, furchtbar aufgeregt und hätte ich sie nicht zurückgehalten, mit Fäusten auf die Frau losgegangen. Ich drohte der Frau mit einer Klage was ausreichte, um sie von den Sachen fernzuhalten.
Der Erlös aus dem Hausverkauf kam uns natürlich sehr gelegen und erlöste uns von den grössten Sorgen. Ich war in Wetzikon eigentlich nicht unglücklich, nach dem grossen Haus in Fehraltorf war diese Wohnung im Handumdrehen aufgeräumt und sauber, unsere Kinder Jacqueline schon in der Sekundarschule und Böbi schon in der 6. Klasse. Ich arbeitete Teilzeit als Sekretärin im gleichen Betrieb wie mein Mann. Endlich hatte er doch eine Stelle angenommen, lustiger Zufall- bei seinem ehemaligen Lehrling der den Betrieb seines Vaters übernommen hatte.
Immer noch wunderte ich mich, wie gut ich diese schwere Zeit überstanden hatte, ich war weder verbittert noch wütend, nur eben manchmal ein bisschen traurig! Mein nicht unterzukriegender Optimismus bewährte sich einmal mehr.
Ich musste die Erste gewesen sein, die diesen schmalen Pfad beging, denn nach kurzer Zeit war ich eingewickelt in Spinnenfäden, überall kitzelte es. Ganz nah hörte ich das Lachen der Kokaburra`s, Eidechsen machten sich schleunigst aus dem Staub und in einer Baumhöhle verschwand ein dunkler Schatten, bevor ich erkennen konnte, um welches Tier es sich handelte. Da standen Sträucher mit zierlichen, fast unnatürlich wirkenden blauen Blüten am Wegrand, wieder viele verschiedene Eukalyptenarten, aber auch riesige Pinien mit wunderschönen Zapfen. An einem dieser Riesen habe ich Stöcke und Rucksack abgestellt und meine Arme um den Stamm geschlungen, ich konnte kaum einen Viertel seines Umfanges mit meinen beiden Armen umfassen. So stand ich einige Minuten und habe mir wiederum viel Kraft bei ihm geholt indem ich mich in Gedanken mit meinem Körper in seine Wurzeln, seinen Stamm und in seine Aeste hinein begeben habe, habe mich bei ihm bedankt und ihm noch viele guten Jahre gewünscht. So gestärkt ging ich auf gleichem Weg zurück. Den Rest des Tages würde ich mit Fahren verbringen, 400 Km bis Stokes-Inlet. So viele Kilometer hatte ich noch an keinem Tag gefahren, aber es sollte ein Test für die Durchquerung der 1400 Kilometer langen Nullarborplaine sein, die ich in wenigen Tagen unter die Räder nehmen würde.
Mit aufgesetzten Kopfhörern habe ich während der Fahrt die CD`s von Elvis Presley mit seinen grössten Rock-n-Roll Hits wie Jailhouse Rock, Love me tender, Tutti Frutti etc., Ray Charles und The Platters angehört, dazu oft laut (und falsch) mitgesungen und im Takt bei konstanten 90 Km/Std. aufs Steuerrad geschlagen. Auf halber Distanz, das Kaff hiess Jerramungup, aufgetankt und eine gute Stunde Siesta gehalten.
Der Stokes-Inlet im gleichnamigen NP ist unglaublich schön und idyllisch, ich weiss, ich wiederhole mich ständig mit schön, wunderbar, traumhaft, aber ich kann nicht anders! Nach den 400 Km ein bisschen eintöniger, weil immer gleichaussehender Strecke mit nur spärlicher Vegetation, war das das reinste Paradies.
Der Stokes NP liegt etwa 10 Km abseits des South Coast Hwy und ist auf einer Schotterstrasse erreichbar. Mittlerweile hatte ich herausbekommen, dass, wenn man mit ca. 60 Km/H über diese Buckelpisten fährt, es viel weniger schüttelt, es braucht einfach etwas Ueberwindung um aufs Gaspedal zu drücken, ist aber die einzige Möglichkeit, nicht dauernd das ganze Geschirr neu einkaufen zu müssen!
Jeder der von 1 – 10 nummerierten Plätze auf dem kleinen Campground liegt ganz versteckt im Grünen und ist ca. 30 m2 gross, dazu gehört wieder ein massiver Holztisch mit angeschraubten Sitzbänken, ob es wohl Leute gab, die Sitzbänke stehlen? Sogar eine BBQ-Einrichtung, einen gasbetriebenen Grill, ein Häuschen mit chemischer Toilette und frisches Wasser war vorhanden. Alles picobello sauber.
Mit der Kamera bewaffnet spazierte ich dem markierten Trail entlang, langsam brach der Abend herein, die Sonne stand schon recht tief im Rücken, ein atemberaubender Anblick. Am Wegesrand standen die noch immer gelbblühenden Banksien. Ihre riesigen zapfenähnlichen Blüten wachsen schön senkrecht dem Himmerl entgegen. Es ist erstaunlich, wie vieles dank dem Regen der letzten Nächte noch blühte.
Kalte Küche war angesagt, ich mischte mir aus verschiedenen Resten der Vortage einen Salat zusammen, öffnete eine Dose Patè au Champagne die ich in dem schönen italienischen Geschäft in Bunbury gekauft hatte, dazu gab’s, da kein Strom vorhanden, kaltes Toastbrot, saure Gurken und ein Glas Wein. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich in einem Liquor-Store einen Shiraz im 2-liter Tetrapack gekauft. Was für ein Stilbruch, hätte mein lieber Schwager und Chevalier du Tastevin, kritisiert. Man stösst im Unteren Teil des Kartons die perforierte Stelle durch und zieht eine Art Stöpsel heraus, ein Druck auf den roten Gummiknopf und schon läuft der rote Saft heraus. Und schmecken tut er sehr gut!
Am frühen Morgen zu schwimmen finde ich immer besonders reizvoll, meist trifft man nur auf Seevögel die im Wasser auf Futtersuche sind. Mit über dem Badekleid geknotetem Pareo ging ich die 50 M zum Wasser des Inlet, die Bäume und Sträucher wachsen fast bis ins Wasser hinein und an der freien Stelle, wo ich hineingehen wollte, war der Grund so weich und sumpfig, dass ich schnell wieder auf festen Boden zurückging. Da waren auch überall weisse Schaumkronen die auf eine gewisse Verschmutzung hinwiesen. Ich tröstete mich damit, dass ich spätestens in 2 Std. in einer Traumbucht bei Esperance schwimmen könnte.
Und genauso war es auch, nach 80 Km Fahrt, und noch vor 10 Uhr, erwischte ich den noch letzten freien Parkplatz im Schatten der Blue Haven Beach. Ich realisierte, dass Sonntag war, denn es hatten sich schon viele Familien am Strand eingerichtet, so viele wie ich bis dahin noch nie an einem Strand angetroffen hatte. Es muss sich herumgesprochen haben, dass das eine absolute Traumbucht ist, die sich mit den Schönsten der Welt messen konnte. Weisser, feiner Sand, türkisfarbenes Wasser das weit draussen in ein dunkles blau übergeht, kleine Granitinseln auf die man klettern kann. Obwohl das Wasser kühle 20° misst, blieb ich eine ganze Weile in diesem herrlichen Wasser und schwamm zügig um eine der Insel herum. Dann genoss ich für einmal ein Sonnenbad, 15 Min. auf dem Bauch und 15 Min. auf dem Rücken.
Leider ist auf dem ganzen langen Strand entlang kein Schattenplätzchen auszumachen, die Einheimischen haben sich mit Sonnenschirmen und Zelten eingedeckt. Für mich hiess es deshalb, zusammenpacken und Abschied nehmen. Es wäre Wahnsinn, noch länger in der prallen Sonne zu bleiben, es war schon fast Mittag.
Ich fuhr anschliessend den Pink Lake Loop ab, ein rosafarbener Salzsee und landetet schliesslich in der City von Esperance. Da war aber wirklich tote Hose, alle Geschäfte geschlossen und die Strassen ausgestorben, hier wird offensichtlich die Sonntagsruhe eingehalten.
Nach dem Auftanken fuhr ich wohl oder übel weiter und zwar zum 55 Km entfernten Cape le Grand NP. Das brauchte ich aber gar nicht zu bereuen, wenn es noch eine Steigerung zum Morgen in der Blue Haven Beach gab, war es die Lucky Bay.
Auch hier traumhaftes türkisfarbenes Wasser, eher sanfte Wellen die man herrlich durchschwimmen oder durchtauchend oder hüpfend überspringen konnte. Die geologischen Gegebenheiten erinnerten mich stark an die Seychellen, uralter, über 800 Millionen Jahre alter Granit dessen Kristalle in der Sonne funkelten. Riesige Blöcke lagen herum, der englische Bildhauer Moore hätte seine grosse Freude daran.
Aber auch die Vegetation die ich am Abend auf einem Spaziergang entlang der Piste Richtung Rossiter Bay erlebte, war ganz einmalig schön. Ich hatte winzige, rosa Orchideen gefunden, gelborange blühenden Kriechginster, ein zierliches, weissblühendes Kraut das dem Oregano ähnlich sieht, einen Strauch, dessen knallrote Blüten an Granatapfelblüten erinnern und Banksien, die hier nur etwa einen Meter hoch wachsen. Die Humusschicht über dem Granit und Sand ist hauchdünn, deshalb die eher kleinwüchsigen Sorten hier. Ich wollte unbedingt im nächstgrösseren Ort ein Pflanzenbestimmungsbuch kaufen, ich war mir sicher, dass ich einige Wolfsmilchgewächse in endemischen Arten gesehen hatte.
Spät am Abend kam ein Ranger vorbei um die Campinggebühren zu kassieren, er verlangte die angeschriebenen 12.50$ die allerdings für zwei Personen berechnet waren. Da ich ja alleine unterwegs war, machte er auf dem Quittungszettel einen Vermerk, dank dem ich auf dem in der le Grand Beach gelegenen Platz in der nächsten Nacht nichts zu bezahlen hätte!
6.2. Kurz nach acht bin ich losgefahren, wollte mir die anderen Buchten ansehen um zu entscheiden, in welcher ich tagsüber bleiben wollte. Rossiter Bay, östlich der Lucky Bay, war riesengross, hier könnte ich viele Kilometer dem Strand entlang spazieren.
Seit dem frühen Morgen war es stark bewölkt und nach wenigen Schritten war mir schon richtig kalt, also kein Badewetter!
Auf der Strasse ging`s 5 Km zurück zur Thistle Cove, ähnlich der Lucky Bay, auch da hielt mich nichts und so gings weiter zur Le Grand Beach. Auf der Strasse dorthin stand eines dieser braunen Holzschilder mit weisser Schrift auf dem geschrieben steht: „Trail to Frenchman Peak“! Ich konnte nicht anders, ich fuhr in die Abzweigung hinein und nach wenigen hundert Meter stand ich am Fusse dieses mächtigen Granitkolosses. Leider stand auf der Infotafel nichts über die Höhenmeter die bis zum Gipfel zu überwinden waren, ich schätzte so gegen 4 -500 Meter. Das mach ich, das schaffe ich, redete ich mir ein!
Das Wetter mit bewölktem Himmel, jedoch ohne Gefahr von Regen war ideal für den Aufstieg. Erst ging es dem Bergfuss entlang durch blühende Busch- und Strauchvegetation, ähnlich derer vom Vortag, dann, ziemlich plötzlich, eine erste Steigung die ich dank morgendlicher Energie und Wanderstöcken gut hinter mich brachte. Weiter gings auf dem Weg, d.h. es war eigentlich gar kein Weg, sondern barer Fels auf dem es in Abständen weissgestrichene Holzlatten als Markierungshilfen gab. Man musste selber schauen wie man am besten zur nächsten Markierung gelangte.
Das Gelände wurde immer steiler, aber dank den in Erosion begriffenen, rutschfesten Granitplatten fand ich guten Halt für meine Füsse. Den aufkommenden Gedanken, wie ich wohl wieder hinunterkommen würde mit meinem noch immer nicht intakten Quadrizeps, schob ich ganz schnell und ganz weit weg. Ab etwa Mitte des Aufstieges wurde der Wind immer stärker und machte mir arg zu schaffen, aber aufgeben war das Letzte was ich wollte. Schritt um Schritt gings aufwärts, einige Male hielt ich mich statt an den Stöcken an Felsen fest und zog mich so hoch. Trotz der Kälte rann mir der Schweiss über die Augen und den Hals hinunter, meine Nackenhaare waren pflotschnass. Und dann war ich oben bei der auch von unten her sichtbaren Höhle. Millionen von Jahren Wind, Regen und Sand, Hitze und Kälte haben es geschafft, 20 Meter unterhalb des Gipfels eine durchgehende Höhle auszubilden, eine Art Halle von etwa 80 m2 Grösse.
Natürlich gibt es auch vom Frenchman Peak eine Geschichte, allerdings Eine ohne Happy End! Und wieder stammt sie von den Aboriginese und hört sich wie folgt an: Zwei Adler, Walich genannt, flogen einst vom Inland von Keppa Kurl (Esperance) nach Mandooboornup (Cape le Grand). Mutter Walich baute ein Nest und legte ihre zwei Eier hinein, Vater Walich flog unermüdlich hin und her um Futter im Stokes Inlet zu besorgen. Eine Gruppe Urmenschen liess sich in der Nähe nieder und die Eltern ermahnten ihre Kinder, den Platz nicht zu verlassen während sie sich auf Nahrungssuche begaben. Zwei der Kinder aber gingen trotz der Warnung zusammen weg, sie wollten die Gegend erkunden. So fanden sie das Nest von Mutter Walich und stahlen die beiden Eier, brachten sie zum Camp zurück, wo die Eier gegessen wurden. Als Mutter Walich entdeckte, dass ihre Eier verschwunden waren, flog sie umher und entdeckte die beiden Diebe. Sie begann, auf die beiden Kinder einzupicken und zwang sie ins Meer hinein, immer weiter hinaus. Immer, wenn die Kinder zurück wollten, pickte Mutter Walich auf sie ein bis sie schliesslich ertranken. Immer noch sind die beiden Kinder als versteinerte kleine Inseln unweit des Strandes zu sehen.
Ich sass in einer Nische die wie eine Wiege aussah, auch hier nicht vom starken Wind verschont, und machte eine kurze Meditation. Ich bat alle meine Lieben die mir ins Jenseits vorausgegangen sind um Kraft und Geduld zum langsam sein, langsam sein für den Abstieg, bat inbrünstig, mich zu beschützen und dankte für das grossartige Erlebnis, hier oben sein zu dürfen.
Nachdem ich viel Wasser getrunken hatte machte ich mich auf, den restlichen kurzen Aufstieg zu bewältigen. Es ging besser als ich erwartet hatte, in nur wenigen Minuten war ich auf dem Gipfel. Wegen des schon fast sturmartigen Windes machte ich mich unmittelbar wieder auf den Rückweg, obwohl die Rundsicht mit mittlerweile Sonnenschein, fantastisch war.
In der Gegend der Höhle hatte ich wohl nicht auf die Markierungen geachtet und war prompt falsch gegangen. Ich stand plötzlich vor einem so steilen Abhang, dass ich es mit der Angst zu tun bekam. So gut es in halbgebückter Stellung ging, versuchte ich mich zu orientieren. Ueber mir waren glücklicherweise gerade zwei junge Leute, scheinbar auf dem rechten Weg und ich entschloss mich, nochmals dort hinauf zu kraxeln. Das war nun wesentlich mehr als eine Wanderung, mehr als ein kleines Abenteuer, mir kamen die Wanderstöcke in die Quere da ich mich mit den Händen an den Felsen hochziehen musste. Ein ganz intensives Stossgebet ging los und zeigte prompt Wirkung. Heil kam ich wieder oben bei der Höhle an und stellte mit Schaudern fest, dass ich vergessen hatte, erst den weiten Bogen nach links zu machen. Tapfer ging ich weiter, nun auf der richtigen Route, ganz langsam und gezielt suchte ich festen Stand für meine Füsse, ging erst wieder weiter, nachdem ich die nächste Markierung ausmachte und stützte mich auf die Stöcke. Vor lauter Anstrengung schwitzte ich wieder wie ein Schwein (schwitzen Säue eigentlich?), und das beim Abstieg! Es kamen mir nun viele Leute entgegen, das junge Paar von oben hatte mich längst überholt, die hüpften wie junge Ziegen hinunter. Ich musste und wollte Niemandem etwas beweisen, ich schämte mich meiner im steten Einsatz stehender Stöcke nicht und auch nicht meiner Langsamkeit wegen, im Gegenteil, wenn die Alle wüssten, mit welcher Behinderung ich das hier leistete, Chapeau, sagte ich zu mir und schlug mir in Gedanken auf die Schultern!
Nach einer guten Stunde Abstieg erreichte ich mit schmerzendem Knie, erleichtert und glücklich mein Fröschlein. Gerne habe ich die Wanderstiefel ausgezogen und die Stöcke weggeräumt, habe noch einige Foto`s geknipst die mich stets an diese Wanderung erinnern sollten!
Der Himmel war wieder wolkenlos und von einem so intensivem blau, wie ich es bei uns in der Schweiz noch nie gesehen habe, höchstens vielleicht auf den griechischen Inseln. Der Wind aber wollte sich nicht legen, nach kurzer Zeit in der Le Grand Bay war mein geliebtes Zuhause übersäht mit feinem Sand, auch zwischen meinen Zähnen knirschte es, Ohren und Nasenlöcher, alles war voller Sand. Morgen würde ich bis Norseman, dem Tor zur Nullarbor-Plaine (ohne Baum Ebene) fahren, auf einem schönen und teuren Holiday Park Haare, Kleider und Bettwäsche waschen, das Fröschlein innen und aussen gründlich reinigen und wieder einmal richtig einkaufen gehen.
So ziemlich nach Plan, mit nur ¼ Std. Verspätung bin ich am 7. Feb. Um 7.00 früh von Le Grand losgefahren. Genau zu dem Zeitpunkt, als ich die Fahrertüre zuzog, fing es zu regnen an was mir gar nicht so unangenehm war, wurde es deswegen im Wageninnern nicht gar so heiss wie wenn die Sonne unbarmherzig brennt. Um diese Zeit waren überhaupt keine Camper unterwegs und auf den 60 Km bis Esperance kamen mir gerade mal zwei Auto`s entgegen. Mehrmals musste ich dafür brüsk bremsen, Känguruh`s rannten immer wieder vor meinen Wagen, rannten seitlich neben mir her als wollten sie mir ein Rennen liefern. Kein Wunder, liegen so viele tote Tiere an den Strassenrändern! Ich kam zur Ueberzeugung, dass Känguruh`s zu den dümmsten Tieren gehören müssten!
Ich konnte es mir nicht leisten, unkonzentriert zu fahren und habe sogar das Radio ausgeschaltet. Zwischen Esperance und Norseman liegen 200 Km, die Meisten davon schnurgerade, die Gegend war aber trotzdem alles andere als langweilig. Immer wieder wechselt die Vegetation, Wetland-Sümpfe wechseln ab mit trockenem Farmland, dann wieder kilometerlange Forste, in denen die Bäume von Holzbetrieben aufgeforstet, in exakten Reihen nebeneinanderstehen. Riesige, ca. 10m hohe Hügel, mit blauen Plastikplanen abgedeckt, stehen komisch in der Landschaft. Bei einer dieser Anlagen stieg ich aus und schaute mir das genauer an. Es handelte sich um riesige Weizenlager die zu Cooperativen der umliegenden Farmen gehören.
Immer wieder glitzerte ein See in der Ferne auf, aber es regnete die ganze Zeit ziemlich stark und so blieb die Sicht beschränkt! Ich erreichte Norseman, das Tor zur Nullarbor-Plaine. Ich wollte nicht glauben, was ich bei der Rundfahrt durch den Ort sah. Er bestand aus nur zwei Parallelstrassen und armseligen Häuser. In einem der 3 Roundabout`s standen Wellblechkamele, die an die Zeiten erinnern, als mit Kamelen Waren und die Post transportiert wurden. In einem anderen steht das Pferd „Hardy Norseman“, das angeblich seinen Besitzer, Laurie Sinclair, zu einem ungeheuer reichen Mann machte. Als er nämlich auf der Durchreise seinen Bruder in Dundas besuchen wollte, scharrte das Pferd auf dem Boden und förderte so ein Riesennugget zu Tage.
Bis heute wurden über 5 Millionen Unzen Gold gefördert, was allerdings sehr hässliche Spuren hinterliess. Immense Aushubhalden türmen sich am Stadtrand. Auf dem Weg zum Woodland Trail bin ich durch ein Wohnquartier der Ureinwohner, der Aborigenese, gefahren, es war schrecklich! Als erstes begegneten mir zwei völlig betrunkene ältere Männer, sie waren so was von vergammelt und schmutzig und ballten die Fäuste, als ich langsam an ihnen vorüberfuhr. Ebenso schlimm wirkten die Häuser, besser gesagt die Verschläge, alle aus grauem oder schmutzig blauem Wellblech und rund um die Häuser eine unbeschreibliche Unordnung, alles lag herum, Flaschen und Plastikbidons, verrostende Autowracks, vermoddertes Holz, Reste von Kleidern, unvorstellbar schmutzig! Mit den Frauen stand es nicht besser, ich habe einige von ihnen im Supermarket angetroffen, verfilzte Haare, schmutzige Kleider und auch sie nach Alkohol riechend. Man kann auch mittels Alkohol ein Volk ausrotten, ging es mir durch den Kopf.
Es regnete immer noch, und leider funktionierte ausgerechnet an diesem Tage der Wäschetrockner auf dem Campingplatz nicht. Ich spannte also in 30 cm Abständen mein Wäscheseil im Innern von Fröschlein und hängte die Wäsche auf. Ueber dem Fahrer- und Beifahrersitz drapierte ich die Jeans, sämtliche Türen der Kästen mussten herhalten und so baumelten, hingen und lagen alle meine Wäschestücke, nur ich, ich hatte kaum noch Platz.
Von Kochen im Camper konnte keine Rede sein, also habe ich meine Fressalien zusammengepackt, Teller und Besteck, Glas und Weinflasche, und habe mich in der Camper`s Kitchen breitgemacht. Mit meinem Lammgigot-Steak, den Karotten aus der Büchse und den Nudeln habe ich mich zu einer Familie, bestehend aus Vater, Mutter, Tochter und Sohnemann und einem kleinen Hund, gesetzt. Mit Letzterem habe ich mich auf Zürichdeutsch unterhalten, (er wollte unbedingt mein Steak versuchen), was natürlich die Neugier der beiden Kinder weckte. Nachdem ich ihnen erzählt habe, woher ich komme und dass ich während 6 Monaten ihr Land bereisen wolle, haben sie mir ihre Geschichte erzählt.
Vor ca. einem Jahr hat Papi im Lotto gewonnen, sehr, sehr viel gewonnen, sage und schreibe 1 Million $, erzählten sie mir. Lange hätten sie sich überlegt, was sie mit dem Geld anfangen sollten, erzählten mir die Eltern weiter. Da sie bis anhin nicht gerade auf Rosen gebettet waren konnten sie es sich nie leisten, so richtig in die Ferien zu fahren. Sie träumten aber schon lange von einem Camper oder Motorhome und das kauften sie sich von dem gewonnenen Geld. Es war ein riesengrosser, mit allem erdenklichen Luxus ausgestattetes Wohnmobil, dazu das entsprechende Zugfahrzeug, einen Range Rover, wunderschön braun-gold metallisiert! Und dann nahmen die Eltern sich ein Jahr frei, suchten um die Bewilligung zum Fernunterricht für die Kinder nach die sie auch problemlos bekamen da beide Kinder gute Schüler waren, und machten sich auf, ihr Land zu entdecken! Trotz dem Geldsegen müssten sie sparsam damit umgehen und wenn sie nach diesem Jahr (sie waren bereits seit 4 Monaten unterwegs) nach Hause zurückkehrten, wollten sie wieder so leben wie zuvor, nur einmal pro Jahr und vielleicht ab und zu für ein verlängertes Wochenende, mit ihrem Wohnwagen wegfahren.
Ich mache doch auch schon seit Jahren Lotto – wo bleibt eigentlich mein Gewinn? Na ja, hoffen, glauben und abwarten!
10.2. Die letzten Tage war nicht viel los, es hiess fahren, fahren und nochmals fahren. Ich hatte befürchtet, dass die über 1280 Kilometer durch die Nullarbor Plain eintönig und einschläfernd seien, aber dem war überhaupt nicht so. Die ersten 200 Km bis Balladonia regnete es ununterbrochen, die einzige Abwechslung war das Betätigen der Scheibenwischer. Die Vegetation links und rechts der Strasse war für die Saison noch sehr grün, über viele Kilometer durchfuhr ich einen lichten Wald, dann standen silbrig grüne, niedere Sträucher mit grossen Blättern die im Regen und Wind glänzten, der Strasse entlang. Es herrschte kaum Verkehr und mir begegneten gerade mal zwei Wagen und die sah ich jeweils schon mindestens 5 Kilometer voraus, was bewirkte, dass ich mich nicht so sehr auf die Strasse zu konzentrieren brauchte und Zeit hatte, aus den seitlichen Fenstern zu schauen. Diese Fahrweise war denn auch überhaupt nicht anstrengend!
Eigentlich wollte ich in Caiguna zum ersten Mal übernachten, aber das war so trostlos anzuschauen, eine Tankstelle mit Shop und ein lausiger Campground, was sollte ich da den ganzen Nachmittag nur tun? Weiterfahren also, vielleicht bis Cocklebiddy, das tönte wahnsinnig interessant, war es aber ganz und gar nicht, noch trostloser, wenn das noch möglich war. Das Benzin wurde bei jeder Tankstelle teurer, mittlerweile schon satte 1.58$, in Esperance hatte ich noch für 1.23$ getankt!
Nur 92 Km weiter, in Madura das nächste Roadhouse, und da wurde ich tatsächlich richtig wütend, zum ersten Mal überhaupt seit ich in Australien war, 1.68$ pro Liter und ein schmuddeliger Campground für 30$.
Ich studierte intensiv die Landkarte, nächste Tankstelle war in Mundrabilla, nochmals 125 Km Entfernung. Ich tankte nur die nötigen 25 Liter und fuhr nach Mundrabilla! Mir schien die Gegend nun doch etwas eintönig, war es, weil ich doch schon recht müde war? Ich hatte immerhin schon 600 Km in den Knochen! Fuhr ich bis Madura regelmässig mit 100 Km die Stunde, legte ich etwas an Geschwindigkeit zu und erhöhte auf 120, obwohl dies Mehrverbrauch an Treibstoff bewirkte.
Um 18.00 fuhr ich bei der Mobile Tankstelle in Mundrabilla ein, Benzinpreis auf 1.54$ gefallen, schon mal positiv, aber Campground wegen Renovation geschlossen! Das hiess, nochmals 100 Km bis Eucla, dort solle es einen wunderschönen Platz geben und es gäbe sehr interessante Sehenswürdigkeiten in jener Gegend, tröstete mich die Shopverkäuferin. Es dämmerte schon und keine Menschenseele war mehr auf der Landstrasse anzutreffen. Ich versuchte zweimal, auf sogenannten 24 Stunden Rastplätzen die Nacht zu verbringen. Wäre dort auch nur ein einziger Camper gestanden, wäre ich geblieben, aber es sollte nicht sein.
Aber schliesslich Ende gut Alles gut, gegen 19.15 erreichte ich den wirklich extrem, mega, super-geilen Campground. Ich war genau 12 Std. und 45 Min. on the Road! Ich war nicht etwa erschöpft nur einfach froh, mich bewegen zu können. Ich war mir sicher, bei Sonnenschein und Hitze hätte ich diesen Trip von 728 Km nicht so easy geschafft!
Ich kochte sogar noch, d.h. habe Resten des Vortages aufgewärmt, dazu einen Tomatensalat zubereitet, und dann übermannte mich doch die Müdigkeit, schon um 21 Uhr war ich in der Klappe und bei mir gingen die Lichter aus!
Bettgeflüster
Ich musste augenblicklich eingeschlafen sein und vom prasselnden Regen, der meine deutschen Nachbarn wie sie mir am Morgen versicherten, nicht schlafen liess, hatte ich nichts mitbekommen. Nach dem ungewohnt frühen Abtauchen in die Federn war dafür schon um 5.30 am Morgen Ende Bettgeflüster. Ich erinnerte mich, dass ich letztes Frühjahr eine wunderschöne Bibliothek in amerikanischem Nussbaum bei einer Firma in Zürich, die sich „Bettgeflüster“ nennt, kaufte. Was für ein Name für ein Möbelgeschäft! Lange Zeit hatte ich auf Messen und Ausstellungen und auch aus Zeitschriften Broschüren gesammelt bis ich endlich auf den total durchgestylten, coolen, auf Purismus getrimmten Katalog von Polyform, einer italienischen Firma, gestossen bin. Auf der Rückseite dieses Kataloges wurde die Vertriebsfirma für die Schweiz aufgeführt und eines Tages machte ich mich nach Zug auf, meine Bibliothek, die ich mit den aus dem Katalog ausgeschnittenen Teilen nach meinen Wünschen wie ein Puzzle zusammensetzte, zu bestellen.
Nach langem Umherirren und nachfragen fand ich schliesslich die noble Firma in einem unglaublich schönen alten Patrizierhaus! Nichts von Möbelausstellung, nichts mit grossen Leuchtreklamen, hier ist Polyform nur auf einer in Messing, ganz bescheiden gehaltener Tafel mit der Anschrift der Firma, sichtbar. Wahrscheinlich sah ich viel zu „schäbig“ aus wie ich mit meinem uralten, 15-jährigen, aber immerhin schön jadegrünem VW Golf vorfuhr, denn auch nach mehrmaligem Klingeln an der edlen Messingglocke wurde mir die Türe ins Paradies nicht geöffnet. Durch das seitliche Fenster konnte ich einen Blick in einen wunderschönen Rittersaal werfen. Enttäuscht fuhr ich nach Hause und versagte mir, auf dem Heimweg in eines der grossen Möbelhäuser zu gehen um womöglich einen Frustkauf zu tätigen. Ich war fest entschlossen meine italienische Bibliothek in mein Wohnzimmer zu kriegen. Tage später probierte ich es per Telefon und es klappte. Ein überaus charmanter Mensch männlichen Geschlechts wollte gleich einen Termin ausmachen um mit mir nach Como in die Möbel Ausstellung zu fahren. Aus Termingründen war mir das nicht möglich und so bekam ich endlich den Firmenname von „Bettgeflüster“ mit der Adresse in Zürich und der Bestellung meiner Bibliothek stand definitiv nichts mehr im Wege. Nein, den Preis verrate ich nicht, sonst bekomme ich womöglich noch mehr Bettelbriefe!
Eine Katzenwäsche, ein kurzes Frühstück und weiter ging die Fahrt durch die Nullarbor-Plaine, fast vergessen hatte ich zu erwähnen, dass sich zwischen Balladonia und Caiguna die längste, absolut gerade und kein Grad Abweichung aufweisende asphaltierte Strasse der Welt befindet, sie misst 146.9 Km.
Nur 12 Kilomter von Eucla entfernt befindet sich die Grenze zu South-Australia, Staatenwechsel! Bei der gossen Infotafel hielt ich kurz an um meine zwei noch vorhandenen Pfirsiche zu verdrücken, es ist nämlich streng verboten, Früchte und Gemüse nach Südaustralien einzuführen. Ich holte meinen Pass und das Rückflugticket hervor und legte beides auf dem Beifahrersitz bereit, und so, gut vorbereitet fuhr ich in gemässigtem Tempo, Sonnenbrille abgenommen, dem Grenzübergang entgegen. Dabei handelt es sich um eine Art strassenüberspannender Halle. Immer noch ganz langsam fahrend realisierte ich schliesslich, dass es keinerlei Kontrolle gab und ich längst im Staate Südaustralien war. Und erst dann kam die eigentliche Nullarbor, also die ohne Baum Ebene. Während der 200 nächsten Kilometern kein Baum, was nicht etwa heissen will, dass es sich um Wüste handelt, nein, es gab viel Gebüsch, halt nur ganz niederes, aber sehr vielfältig und durchaus hübsch anzusehen. Da ich wusste, dass die Tagesetappe mit den verbleibenden 540 Km wesentlich kürzer sein würde als die vom Vortag, habe ich mehrere Pausen eingelegt und die Schönheit der Plaine, die wilde Küste und die schönen Look Outs bewundert.
Eine besondere Ueberraschung war der Check-Point 1 Km vor Ceduna! Nicht im Traum hätte ich mir vorstellen können, dass noch eine Wagenkontrolle anstand! Ein nicht besonders netter Polizist der Behörde für Seuchengefahr hatte mir all mein Gemüse abgenommen. Peperoni`s, Tomaten, Gurken, sogar Zwiebeln und Knoblauch, nur die Patates hat er mir gelassen. Ich fragte ihn, ob er Kartoffeln nicht mag worauf er mich nur mit strenger Miene ansah und mich zum Weiterfahren aufforderte.
Ein traumhaft schöner Campground, direkt am Meeresufer, einen Platz mit Sicht auf`s Meer und die Welt war für mich wieder in bester Ordnung! Ceduna ist ein richtiges Provinznest, immer wieder war ich enttäuscht von Ortschaften weil ich mir ganz falsche Vorstellungen machte, weisse Kreise auf der Karte bedeutete für mich einen grösseren Ort mit vielleicht 2000 Einwohner, wie etwa zu Hause Russikon oder Zweisimmen, oder noch Ober-Ottikon, hier aber, auf diesem riesigen Kontinent, der dazu noch eine Insel ist, bedeutet eben so ein weisser Kreis gar nicht viel. Das kann ein Roadhaus, eine Tankstelle mit Kiosk sein, was ja das Ueberleben schlechthin bedeuten kann, oder ein Kaff wie eben Ceduna oder sogar ein grösserer Ort!
Am Abend wollte ich dort im Best-Western-Hotel dick essen gehen! Habe mir dann auch das teuerste Menue bestellt. Ganz so nobel war es dann doch nicht, ich musste erst einen nummerierten Tisch ansteuern um dann an der Kasse die Bestellung aufzugeben und natürlich erst bezahlen, sicher ist sicher, dachte sich wohl der Wirt. Den Wein musste ich mir an der Bar holen und auch dort sofort bezahlen!
Noch ein Garlicbread? Fragte mich die Bedienung und mir lief das Wasser im Munde zusammen. Zum Menue gehörte der obligate Kohl-Karotten-Salat an einer dicken süssen Mayonnaise. Ich mag es sehr, wenn`s beim Auswärtsessen schön gemütlich zugeht, erst in aller Ruhe den Salat, nach einer angemessenen Pause dann den Hauptgang. Aber die hier hattens scheinbar wahnsinnig eilig mich wieder los zu werden. Kaum stand der Salat vor mir auf dem Tisch, erschien auch schon meine Seafood-Platter, gebracht von einer richtigen Service-Angestellten in schwarzem Rock und weisser Bluse. Enjoy your Meal, flötete sie.
Die Platte sah toll aus, eine ovale, nicht gerade kleine Steingutplatte in Form eines Fisches, auf der einen Seite zwei frische Austern und zwei riesige Scampis, quasi als kalte Entrees gedacht, in der Mitte ein 20 cm langes Fischfilet, dick paniert leider, rechts Calamares und Crevetten, auch paniert, und ein grosser Berg mit Chips. Ich hätte mir noch Saucen vom Buffet holen dürfen, rosarote Cocktailsauce, dicke Tartarsauce oder BBQ-Allerweltssauce. Ich hätte Zitrone vorgezogen, aber die waren leider ausgegangen. Es war nicht gerade überwältigend aber ich ass brav alles auf und brauchte danach unbedingt einen Verdauungsspaziergang. Mit Schmunzeln erinnerte ich mich. Ende der 60iger Jahre kam in der Schweiz Eisbergsalat als absoluter Gourmet-Höhepunkt in den besseren Restaurants auf. Bei wichtigem ausländischem Geschäftsbesuch reservierten wir lange im Voraus bei der Columna zur Treu, geführt vom Sternekoch Gusti Egli, für ein Dinner. Als Vorspeise gab es jeweils einen Viertel eines Eisbergsalates mit schön dick drapierter rosaroter Cocktailsauce, der Hit!
Für den Spaziergang bot sich der lange Steg hinaus aufs Meer an. Es war mir nicht ganz wohl dabei, denn auch hier lungerten viele betrunkene Ureinwohner herum. Wenn man die fatalen Auswirkungen der weissen Besiedelung dieses Kontinentes bedenkt, 50 000 Jahre haben Menschen hier gelebt und überlebt, 400 verschiedene Sprachen wurden gesprochen, die einen haben Tauschhandel mit Ocker, Andere mit Opalen oder Jade betrieben, sicher auch Stammesfehden ausgetragen, und dann dauerte es keine 50 Jahre bis der sogenannt zivilisierte Weisse sie fast ausgerottet und in die totale Agonie getrieben hatte.
Es gibt Bestrebungen einer Wiedergutmachung, es soll eine Entzugstherapieklinik für benzinschnüffelnde abhängige Jugendliche Aborigines eingerichtet werden. Dieses Projekt, das 2002 gestartet wurde, kostet sage und schreibe gerade mal 1,2 Millionen $, ist aber noch immer nicht realisiert!
Und da war ich, eine bald 60-jährige Europäerin, noch dazu aus der reichen Schweiz, und regte mich masslos auf über diese Ungerechtigkeiten! So was wäre bei uns ja nie passiert, wir sind ja höchstens mit Hellebarden ins Italienische oder ins Burgund eingedrungen um dort Ansässige niederzumetzeln, (man hat uns diese Gebiete aber wieder weggenommen, wie gemein, sonst wären wir heute ein bisschen grösser)! Haben uns erfolgreich aus dem 2. Weltkrieg heraushalten können (dank unserer Banken?) und wir sind ja auch heutzutage immer ganz lieb mit unseren „Gastarbeitern“ und Asylanten!
An diesem Tage sollte Alles ganz anders werden nahm ich mir beim Aufwachen vor, keine Distanzen-Raserei, sondern pures Vergnügen! Eine Bucht schöner wie die Andere! Ich nahm also nicht die Diretissima über Kimba nach Port Augusta sondern wollte die ganze Eyre Peninsula bis hinunter zur Coffin Bay und über Port Lincoln und Wyhalla fahren. In der Smokey Bay gemütlich Kaffee trinken und den Fischern beim Einbringen ihres Fanges zuschauen. Aber Smokey Bay existierte gar nicht, waren es zwei oder drei Häuslein?
Dann halt eben die angepriesene Streaky Bay. Immerhin ein Oertchen mit einem sehr schönen Hotel aus dem 19 JH., aber los war auch da nichts, rein gar nichts und keine Chance zu baden. Es war Ebbe und der Strand voller Schlick.
Auf der Regionalkarte hab ich sie dann entdeckt, meine Bucht, die Baird-Bay, mit Look Outs zum Beobachten der Seelöwen! Die Abzweigung war gut ausgeschildert und nach nur 4 Km die einmaligen Granitfelsen von Murphis Hay Stakes die im Umkreis von ca. 200 Metern wie von Ausseriridischen hingeworfene Mahnmale in einer sonst steinlosen Ebene liegen. Sehr schön an ihnen abzulesen, wo einst der Meeresspiegel stand, über 230 M höher als heute!
Dann erst kam der eigentliche Wegweiser zur Baird-Bay, 42 Km Gravelroad! Eine mit tiefen Schlaglöchern aufweisende Erdpiste! Langsam zerrann meine Euphorie meine Traumbucht zu finden, ich wollte nach der Durchquerung der Nullarbor-Plaine meinem Rücken diese Qual ersparen. Port Kenny, das tönte doch nach etwas, nur 60 Km zur Wiederherstellung des Buchten-Images! Ich habe es gesucht, wirklich gesucht, aber ausser 2 armseligen Schuppen am Meer unten und einigen weitverstreuten, armseligen Häuslein fand ich nichts. Tapfer stieg ich aus, die Kamera in Händen haltend und dann hats einfach gelacht, laut und glucksend brach es aus mir heraus, ich krümmte mich buchstäbliche vor Lachen. Mann beobachtete mich, zwei Männer um genau zu sein, sie blieben in angemessener Distanz stehen und kamen nicht näher. Ich konnte ihre Gedanken ablesen, eine Irre! Die Gefahr der Benachrichtigung zur Einlieferung in eine Irrenanstalt war aber nicht gross, ich schäzte dass auf 2000 Km Distanz es wahrscheinlich keine solche Einrichtung gab. Die Beiden waren offensichtlich froh, mich wieder abfahren zu sehen.
Von der Venus-Bay erwartete ich nicht mehr viel Gutes, fuhr aber trotzdem hinunter. Und siehe da, endlich endlich das, wonach ich mich so gesehnt hatte. Es gibt`s noch das Paradies auf Erden, die Bucht war wunderschön, steile Felsküste, lieblicher Sandstrand. Eine Wanderung über dem Kliff liess ich mir nicht nehmen und sie liess nichts zu wünschen übrig. Der Wind zerzauste mein Haar und die Luft schmeckte schön salzig!
Uebernachtet habe ich in Elliston und bekam von Mike, dem CG Besitzer den schönsten Platz, schön windgeschützt und erst noch zum Spezialpreis von 13$. Mike wirkte sehr schmuddelig, war unrasiert und steckte in schmutzigen Kleidern und roch nicht eben nach After Shave, war aber sehr nett und zeigte mir den hinter einem niedrigen, mit Büschen bewachsenen Hügel liegenden Strand an dem ich einen Abendspaziergang unternahm und eine Weile am Strand sitzend den Wellen zusah.

Kochen ist Glückssache
In Bunbury hatte ich mir in einem Naturladen ein Kilo Naturreis gekauft und hatte Lust, diesen zuzubereiten. Ich dachte, das wäre die beste Gelegenheit, die Mikrowelle auszuprobieren, da Naturreis sehr lange braucht bis er schön weichgekocht ist.
Nach 10 Min. knackte es komisch in der Mikrowelle, der Reis, dem ich die gleiche Menge Wasser, Zwiebeln und Currypulver beigemengt hatte, war noch steinhart. Also nochmals Wasser dazu und weitere 10 Min. in die Mikrowelle. Beim Piepston wieder raus, aber immer noch viel zu hart, das Prozedere nochmals wiederholt. In den Zwischenzeiten hatte ich schon mal den Gurkensalat und die schon gargebratenen Pouletschenkel verzehrt, das altbackende Brot in der Salatsauce getunkt, den Wein ausgetrunken, aber, der Reis war immer noch hart! Nach einer weiteren Stunde mit Rein und Raus verging mir die Lust auf Curryreis und ob der noch als Naturreis zu bezeichnen war, wagte ich zu bezweifeln, also fegte ich Alles weg in den Müll! Als ich frisch verheiratet war, wollte ich meinem Ehemann mit einem seiner Lieblingsessen zum Abendessen überraschen, Spätzli mit Schabziger die eine Hälfte und die Andere mit in Butter gerösteten Zwiebeln. Von Kochen hatte ich noch keine grosse Ahnung, dachte mir aber, dass ich doch mehrmals meiner Mutter zusah, die eine supergute Köchin war und aus nichts etwas wunderbares hervorzaubern konnte, wie sie einen Spätzliteig zubereitete. Ich weiss heute noch nicht, was ich falsch gemacht hatte, auf jeden Fall konnte man meine Spätzli nicht essen, sie waren innen hart und aussen schwammig! Mein Mann bemerkte, warum ich denn nicht im Kochbuch nachgeschaut hätte, worauf ich zur Antwort gab: dort steht es nur für 6 Personen! (Rechnen ist doch Glücksache) Ich musste jahrelang diesen Spruch hören, wurde dennoch mit derZeit eine ganz passable Köchin. Bis heute koche ich sehr gerne, auch für grössere Gesellschaften. Wenn die ganze Familie zusammenkommt, sind das gerne 15 – 16 Münder. Sehr gerne stelle ich ein griechisches Vorspeisenbuffet zusammen. Taramo- und Melizanasalate, Calamares, Keftedes, Dolmades, gegrillten Oktopus, fritierte Zucchini, Hummus und den obligaten Choriatiki (Bauernsalat).
Mike kam nochmals vorbei, geduscht und rasiert und sauber gekleidet! Er stand quasi an meiner Haustüre und fragte und fragte, ich habe nie einen neugierigeren Menschen kennen gelernt. Alles wollte er von mir wissen, ob verheiratet, wie viele Kinder, Job, Wohnung, wie viel ich auf der hohen Kante hätte und vieles mehr. Er erzählte mir auch von sich, dass er eine Freundin hätte die wie er einen Campingplatz besitze, allerdings weit weg und sie sich deshalb nicht so oft sehen könnten! Sein Handy klingelte ungeduldig und nachdem er endlich geantwortet hatte, machte er sich sofort aus dem Staube! Ob das wohl die Freundin war? Und ich hatte mir schon etwas eingebildet!
Meine erste Jeans
In meinem letzten Schuljahr hatte ich ein Auge auf einen Jungen aus der Parallelklasse geworfen und gab mir alle Mühe, auf mich aufmerksam zu machen. Ich zog am Morgen meine hübschesten Sonntagskleider an. Die Werktagsklamotten versteckte ich im Keller, dort wo alle Mitbewohner des Hauses ihre Milchkessel hinstellten die vom Milchmann gefüllt wurden. Jede Familie hatte ihr Milchbüchlein in das der jeweilige Betrag eingeschrieben wurde und Ende des Monats legte man den geschuldeten Betrag hinein. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals etwas von diesem Geld gestohlen wurde. Da meine Mutter morgens schon nach 6 Uhr das Haus verliess um zur Arbeit zu gehen, abends dafür manchmal schon um 5 wieder zuhause war, musste ich mich nach Schulschluss im Keller umziehen. Es hätte schon was abgesetzt, hätte meine Mutter mitbekommen, was ich trieb. Aber Helas, alles Umziehen und Schönmachen nützte nichts und Hans hatte sich für Alle ersichtlich in ein anderes Mädchen verknallt. Sie war lange nicht so hübsch wie ich hatte krumme Beine und schielte!!! Das Leben kann ganz schön gemein sein, ich hatte bei vielen Jungs Chancen aber ausgerechnet der, den ich wollte, verschmähte mich. Ich war nicht etwa traurig oder frustriert, nein, ich war wütend und habe mich dann doch bei Mami ausgeweint.
Während meinem letzten Schuljahr habe ich mir mein Taschengeld mit Putzen in einer Bäckerei selber verdient. Meine Mutter konnte mir mit ihrem geringen Lohn keines geben, da ja unser unauffindbarer Vater seit der Scheidung keine Alimente bezahlte und ich mich heute oft frage, wie sie es schaffte, uns eine so schöne Kindheit zu bieten mit immer wieder schönen Ausflügen und Wanderungen an Sonntagen. Ich bat Frau Meier von der Bäckerei, mir das Geld erst nach 3 Monaten auszubezahlen. Ich kannte mich gut genug um zu wissen, dass ich die wenigen Franken, die ich an einem Mittwochnachmittag verdient habe, in Creme-Schnitten und Patisserie umgesetzt und massiv an Gewicht zugelegt hätte. Nein, ich hatte ganz genaue Pläne, wofür ich zu sparen gedachte. Und tatsächlich, nach 3 Monaten hatte ich gegen 100 Franken ausbezahlt bekommen. Ich nahm schnurstraks die 11er Tram und fuhr an den Helvetiaplatz, da gab es das erste Geschäft mit echten Lee Jeans, und genau solche wollte ich unbedingt haben. Zum horrenden Preis von 60 Franken erstand ich sie mir, dazu gab es noch eine blau-weiss karierte Bluse und wunderhübsche Ballerinaschuhe. Ich war ausser mir vor Freude und stolz. Meine Mutter sah die Sache aber völlig anders, sie schimpfte mich aus und meinte, das Geld hätte ich besser ausgeben können und ich hätte sie zuerst fragen müssen, was mit dem Geld geschehen sollte. Ich war ausser mir vor Empörung, das war doch mein sauerverdientes Geld und ich konnte doch damit machen, was ich wollte. Ich war damals schon extrem selbständig für mein Alter und fühlte mich schon voll erwachsen, wie hätte ich da meine Mutter fragen sollen, was ich mit meinem Geld anstelle!
Eine weitere Einnahmequelle waren verschiedene Messen und Ausstellungen an denen ich für Jelmoli Girlkleider vorführen durfte, auch dies wurde für damalige Verhältnisse sehr gut bezahlt.
Am nächsten freien Mittwochnachmittag fuhr ich mit dem Velo und meinen neuen Jeans los zum Katzensee, der etwa eine Stunde Fahrt von zuhause in Neu-Affoltern lag. Es war ein absolutes Muss, mit neuen Lee Jeans ins Wasser zu gehen und sie anschliessend am Leibe trocknen zu lassen. Nur so sassen sie perfekt am Körper. Ich muss wohl ganz schön frech und sexy ausgesehen haben!
Wir waren unserer drei Mädchen in der Klasse, die alle etwas rebellisch waren und alles in Frage stellten, die absolute Herrschaft der Lehrer nicht mehr hinnehmen mochten. Wir beschlossen also, dass wir am nächsten Tag mit unseren neuen Jeans in die Schule kommen würden. Dannzumal war es uns Mädchen noch verboten, mit Hosen die Schule zu besuchen! Den Rock also wieder im Keller versteckt und in den Jeans zur Schule. Meine Freundinnen – in Röcken kamen sie daher, welche Enttäuschung. Ihre Eltern hatten es ihnen verboten und so blieb ich die Einzige in Hosen. Herr Pletscher, mein Seki Lehrer, sah mich über seine dicken Brillengläser mit Froschaugen an, sagte kein Wort, zeigte aber mit ausgestrecktem Arm zur Türe. Ich wusste, was das hiess und rannte nach Hause, tauschte meine Jeans gegen den Rock aus und sass in der nächsten Schulstunde brav auf meiner Bank. In Abständen von etwa ein oder zwei Wochen habe ich dieses Experiment wiederholt bis Herr Pletscher es schliesslich vorzog, nicht mehr unter die Bank zu schauen. Es dauerte nicht lange, und eine ansehnliche Schar Mädchen kam in den verschiedensten langen Hosen zur Schule.
Noch nie war ich so schnell in meinen Kleidern, es war 9.30, als ich aufwachte und auf die Uhr schaute. Normalerweise ist um 10 Check-out-Time. Mike winkte lachend ab, als ich ihm versprach, so schnell es irgend ginge, zu verschwinden. Ich durfte in aller Ruhe frühstücken, habe sogar noch die Fensterscheiben von Fröschlein rundherum sauber gemacht und wollte dann losfahren. Als ich auf die Uhr schaute war es 10, da hatte ich mich wohl vor lauter Schreck beim Aufwachen verguckt! Mike wollte noch unbedingt meine Heimadresse, falls er es sich mal leisten könnte in die Schweiz zu kommen.
Die Fahrt Richtung Halbinselspitze war sehr abwechslungsreich, mal führte die mit rotem Teer belegte Strasse durch herrlich grüne Pinienalleen, dann wieder an weiten, immensen Feldern vorbei die mit gelben Blumen übersäht waren und auf denen sich tausende von Schafen tummelten. Es schien sich um eine besonders grosse und dicke Rasse zu handeln und die Tiere wiesen keinerlei Spuren von Schur auf, es lohnt nicht mehr! Die Preise für Rohwolle liegt im Keller, wie ich in einem der Visitor Center vernommen hatte.
Die Strecke verlief über weite Distanzen wellenförmig, ein stetes Auf und Ab über hügeliges Gelände. Ich fuhr an einem See, dem Lake Hamilton, vorbei. Er erinnerte mich ein bisschen an unseren Greifensee (im Kanton Zürich). Viel Schilf und Gruppen von Birken an den Ufern. An einem Rastplatz gabs einen feinen heissen Kaffee und Ingwerbiscuits. Beim Weiterfahren liess ich mir viel Zeit, fuhr nicht schneller als 80 und liess keinen Lookout aus. Die steilen Felsenriffe faszinierten mich, Ich werde wahrscheinlich am Ende meiner Reise hunderte von Foto`s von Felsenküsten und tosenden Ozeanen geschossen haben!
Mike hatte mir die Coffin Bay als besonders schön empfohlen, wie auch den dortigen CG. Dort, im winzigen Visitor Center das im Lebensmittelgeschäft untergebracht ist, habe ich mir den Orts- und Wanderwegplan des Coffin Bay NP geholt und fuhr gleich weiter zum Eingang des NP. Der Park umfasst die ganze vorgelagerte Landzunge und ist immerhin etwa 150 km2 gross. Mit meinem 2 WD konnte ich nur einen kleinen Teil befahren, aber was ich da zu sehen bekam war irre schön! Atemberaubend war der Anblick des weit unter mir tosenden Meeres vom Golden Island Lookout aus, nur gerade 2 Km weiter konnte ich den Blick über die 20 Km entfernte Avoid Bay schweifen lassen. Lange Zeit hockte ich auf einem dieser ausgewaschenen, nicht gerade weichen Stein und spürte wieder die unendliche Kraft, die im Wasser steckt und auch, wie winzig, winzig klein ich doch war. Und doch, etwas von dieser immensen Energie ging auf mich über, ich fühlte mich stark und wichtig! Tief atmete ich die salzige Luft ein und füllte damit nicht nur meine Lungen, sondern meinen ganzen Körper. Erst als ich zum Camper zurückkehrte, näherte sich ein PW, ich blieb die ganze Zeit alleine und konnte so diese wunderbare Stimmung voll und ganz geniessen.
In der Yangie Bay, der Endstation für 2WD, suchte ich mir einen schönen Platz mit Blick auf die wie an einem See liegende Bay. In meinem Campingstuhl, mit Kissen gepolstert, verbrachte ich den Nachmittag lesend und zwischendurch träumend, am Wasser. Keine Wolke am tiefblauen Himmel, des Windes wegen war es aber überhaupt nicht heiss. Was sie wohl zu Hause machen, ging es mir durch den Kopf, sind sie tief eingeschneit? Ich stellte mir vor, wie die Menschen mit dicken Schals und Handschuhen umhergehen und wie meine Enkel auf dem Hügel direkt neben ihrem Haus schlitteln. Je älter ich werde, je weniger mag ich Kälte und Schnee, das muss wohl eine Alterserscheinung sein, weshalb sonst wandern so viele ältere Schweizer in wärmere Gegenden aus! Obwohl ich ohne herumvagabundieren nicht leben kann, brauche ich doch mein festes Zuhause in der Schweiz, nahe bei meinen Kindern und Enkel, auch meine Schwester Ruth, die nur wenige Kilometer im nächsten Dorf lebt, steht mir sehr nahe. Sie ist 7 Jahre älter als ich und als Kinder hatten wir keinen sehr engen Kontakt, sie ging denn auch schon mit 15 weg um in einer Krippe die Lehre als Kleinkinderzieherin zu machen. Erst als wir verheiratet waren, wir feierten eine Doppelhochzeit, ich weil ich schwanger war und meine Schwester weil es für sie mit 24 höchste Zeit war, lernten wir uns besser kennen und fanden zusammen!
Sie litt sehr darunter, dass sie ein uneheliches und dazu noch mit italienischer Staatsbürgerschaft geborenes Kind war und nie erfahren durfte, wer denn ihr Vater war. Darüber hat sich unsere Mutter bis zu ihrem Tod eigensinnig ausgeschwiegen! Sobald Ruthli volljährig wurde, hat sie sich einbürgern lassen und dafür sage und schreibe 4000 Franken bezahlt, obwohl sie nie auch nur einen Fuss in Italien setzte. Also diese Italianita geht sehr weit zurück, Mami war eine Peloli mit Heimatort Como, wurde erst durch die Heirat mit meinem Vater Schweizerin, obwohl auch sie nie in Italien war! Sie war ebenfalls ein uneheliches Kind meiner Grossmutter und diese, obwohl in der Schweiz um 1900 geboren, mit italienischer Staatsbürgerschaft weil ihre Mutter usw und sofort! Ich weiss wirklich nicht ob das bis ins Mittelalter zurückführt, ich fand es toll, eine italienische Mutter zu haben, die allerdings kein Wort italienisch sprach!
Gegen Abend raffte ich mich doch noch auf, um ein bisschen die Beine vor dem Abendessen zu vertreten.
Auf dem 1-stündigen Kallanda Trail, der durch üppiges Buschwerk führt, scheuchte ich viele Eidechsen auf, hin und wieder hoppelte ein Kaninchen davon und auch einige Känguruhs liessen mich sehr nahe an sich herankommen. Bisher konnte ich die roten Känguruhs in der Wildnis noch nie von so nahe beobachten. Es sind nämlich ausgesprochen scheue Tiere, ihr Fell in einem warmen rostrot, mit grossen dunklen Augen. Sind sie am fressen oder äsen, stützen sie sich auf ihre Waden, dann wirken sie nicht so gross, fliehen sie aber vor uns Menschen, machen sie riesige Sätze und stützen sich nur kurz zwischen jedem Satz auf die wie es scheint viel zu kurz geratenen dünnen Vorderbeine.
Auf einer Anhöhe setzte ich mich auf eine verwitterte Holzbank und konnte die Wasservögel beobachten wie sie im seichten Wasser nach kleinen Fischen und Krebsen fischten. Mike hatte mich gefragt, als er erfuhr dass ich geschieden war, ob ich jetzt glücklich sei! Ich war etwas überrumpelt von dieser schlichten Frage und stotterte nur, well-yes, I think I am! Und auf dieser Bank mit herrlichem Blick auf das träge, sich nur sanft kräuselnde Wasser, hörte ich diese Frage wieder ganz deutlich, bist Du jetzt glücklich? Ja- in diesem Moment vollkommen, in diesem und enorm vielen Momenten zuvor in meinem bald 60-jährigen Sein bin und war ich glücklich. In vielen Momenten nicht so sehr, und in einigen war ich sogar sehr unglücklich! Elke Heidenreich, die ich sehr verehre, schrieb in einer Kolumne, „Was ist Glück“, dass es wahrscheinlich die Summe vieler glücklicher Momente in einem Leben sei. Das Glück kann nicht allgegenwärtig sein, man würde es nicht mehr als Solches erkennen. Ich bin überzeugt, dass das Empfinden von Glück, ob Jemand Positives stärker gewichtet und Negatives schneller vergessen kann, eine Frage des Charakters ist. Bei mir gab es immer wieder Erlebnisse, Begegnungen, Orte, wo ich mich als ausgesprochenen Glückspilz fühlte. Es waren keine weltbewegenden Ereignisse, kein Lottogewinn, kein Märchenprinz, aber eben, Momente des Glücks. Hätte mir Mike die Frage, are you happy, da oben gestellt, ich hätte ohne zu zögern mit yes antworten können!
Auch in der nächsten Nacht war mir das Glück hold, es fehlte nur noch eine Nacht bis Vollmond, die ganze Gegend erstrahlte im Mondlicht. Ich lag in meinem Nest, hatte es mollig warm, und konnte den Känguruhs, die sich an den roten Beeren der wildwachsenden Sträucher gütlich taten, zusehen. Lange konnte ich sie so beobachten, bis sie sich durch ein Geräusch aus einem der Camper gestört fühlten und sich in grossen Sätzen aus dem Staub machten. Glücklich schlief ich ein!

Fischen
Trotz allem Glück habe ich gar nicht gut geschlafen, entweder war das Kissen nicht am richtigen Ort, oder die Decke zu kurz so dass ich an die Füsse fror. Ich war froh, als ich aufstehen und mich in der Sonne aufwärmen konnte. Die Nächte waren recht kühl, das hatte ich überhaupt nicht erwartet, warme Pijama`s befanden sich nicht in meinem Gepäck.
Es war Sonntag, ein Tag für ein besonderes Frühstück, eines mit Spiegelei und Speck! Ich besass noch immer keinen Eierbecher, ich hätte ansonsten ein weichgekochtes 4-Min. Ei vorgezogen. Im Ort Coffin Bay war Markttag, da wollte ich unbedingt hin, es lag ja eh auf meinem Weg nach Port Lincoln. Der Markt bestand gerademal aus zwei Ständen, einen mit Gemüse und Früchten, der Andere mit lauter Krimskrams, Seifen, Kerzen, einige Tassen mit zweideutigen Sprüchen und sonstigem Kitsch eben.
Am Hafen gings wesentlich interessanter zu, mehrere Boote standen Schlange um mit Jeeps und Bootsanhänger an Land geholt zu werden. Es gab auch einen langen steinernen Tisch am oberen Teil der Rampe an dem ein Ehepaar fleissig Fische entschuppte. Die Frau, in fürchterlich verfleckten und alten Trainingshosen und einem durchlöcherten Wollpulli, darüber eine Gummischürze die auch schon bessere Tage gesehen hatte, der Mann in einem Mechanikeroverall und riesigen, gelben Stiefeln. Ob sie professionelle Fischer seien, ob sie die ganze Nacht draussen auf See verbrachten und ob ich eventuell einige Fische kaufen könnte, fragte ich. Aber nein, sie schauten sich an und lachten, sie würden nur für sich und ihre Familie fischen und wären von 5 Uhr früh bis gegen 9 Uhr draussen gewesen. Der grosse Eimer, voll mit Salmon Trouts, sei das Ergebnis. Schuppen und filetieren müsse halt auch sein, eine etwas schmutzige Arbeit, meinte die Frau mit einem Blick auf ihre Kleidung. Seit wann müssen denn Forellen geschuppt werden? Nach meiner Kenntnis hatten Forellen keine Schuppen (mein Ex-Mann war schliesslich ein grosser Forellenfischer vor dem Herrn, er fischte in der Thur die von Forellen und Aeschen nur so wimmelte). Ja, das sei schon richtig, meinte der Mann, er kenne die Forellen aus Süsswasser, hier in Australien Frischwasser genannt, die Salmon Trouts seien eben gar keine richtigen Forellen da aus dem Ozean stammend! Aber sie sehen den Forellen sehr ähnlich mit den gelben und rötlichen Punkten. Verkaufen würden sie keine Fische meinte er, sie hätten auch gar keine Bewilligung dazu. Ich war sehr enttäuscht, hatte ich im Geiste schon die Filets in meiner Bratpfanne bruzzeln gesehen, aber schenken würden sie mir sehr gerne so viele ich haben wollte, offerierte mir die Frau. Ich brauchte nur eine Plastiktüte aus dem Camper zu holen, die wurde dann mit den schönpräparierten Filets gefüllt und mit dem Versprechen, an sie zu denken, wenn ich sie esse, verabschiedete ich mich. Da sonst nichts weiter los war nahm ich mir vor, in Port Lincoln zu shoppen und zu flanieren. Von Geschäft zu Geschäft wollte ich schlendern, am Hafen Kaffee trinken!
Port Lincoln weist zwar eine Bevölkerung von 15 000 Einwohner auf, aber die wohnen scheinbar Alle ausserhalb. Auf gerade mal zwei Strassen und einer Esplanade sind die Geschäfte, Post und Cafè`s konzentriert, und- es war ja wieder einmal Sonntag, bis auf die Apotheke alles geschlossen. Dafür hatte ich viel Zeit im Visitor Center, ganze Wände mit vollgestopften Regalen, darin Broschüren für sämtliche touristischen Angebote Südaustraliens, und alles gratis zum Mitnehmen. Den einen Arm hatte ich schon schwer beladen mit Katalogen der Flinder`s Range, Murray River und Barossa Valley als ich von der Dame am Schalter eine Plastiktüte und nochmals viele Hefte, Städtekarten und was da noch alles in den Gestellen auflag, erhielt. Um das Alles durchzuackern brauchte ich unbedingt ein paar Tage Ferien!
Die Strasse stadtauswärts gehört zu den Traumstrassen, sie verläuft direkt dem Meer entlang, lange Zeit mit Blick auf die Lincoln Halbinsel. Gerne machte ich Denen Platz, mich zu überholen, die es eiliger hatten. Die Distanzen von einem Ort zum Nächsten sind auf der östlichen Seite der Eyre Peninsula wesentlich kürzer, nach nur 50 Km tauchte schon der Wegweiser zur Tumby Bay auf. Als Erstes tauchten riesige Silos und Halden mit Weizen auf. Während der Fahrt hatte ich bemerkt, dass der Weizen vor nicht langer Zeit abgeerntet worden war und in solchen Anlagen auf den Weitertransport wartet.
Tumby Bay machte einen sympathischen Eindruck, nicht eben gross aber sehr sauber mit den hübschen alten Häusern aus dem vorletzten JH. In einem schnusigen Cafè mit Terrasse auf`s Meer hinaus bekam ich meinen Capuccino, einen Echten, mit Schokopulver auf der Schaumhaube!
Da es erst gegen Mittag ging, wollte ich auf dem Weg nach Port Augusta noch ein Stück weiter vorankommen, ich tuckerte mit Musik aus dem Radio8 (ich bekam jeden Tag mehr Sender rein) nach Arno Bay. Bei der Abzweigung nach Port Neille hielt ich rechts der Strasse auf dem Kiesbett kurz an, ich wollte mich anhand der Karte nochmals vergewissern, richtig zu fahren. Im Rückspiegel beobachtete ich, wie der Polizeiwagen, der schon längere Zeit hinter mir herfuhr, gleich hinter mir zum Stehen kam. Ui, habe ich etwas angestellt? Fuhr ich zu schnell, war ich angegurtet? Schon stand der Polizist, er war alleine unterwegs, an meinem Fenster das ich herunterkurbelte. Hi dear, how are you, nice day today, isnt`it? Der Polizist, ein junger Strahlemann, ich schätzte ihn unter 25, stand an mein Fenster gelehnt. Hab ich was falsch gemacht?, fragte ich ihn und total perplex starrte er mich an. Nein, nein, ganz und gar nicht, not at all, er hätte es richtig genossen, in angenehmen Tempo hinter mir herzufahren. Als ich dann anhielt, glaubte er, ich hätte Schwierigkeiten mit dem Wagen und bräuchte vielleicht Hilfe. Er fragte mich, ob ich denn Angst vor Polizisten hätte. Nicht Angst, aber Respekt, antwortete ich ihm. Und dann klopfte er sich kräftig auf seine Schultern und sagte laut, siehst du Junge, du bist eine Respektperson. Lady`s von-und mit einem Seitenblick zu mir, wo kommen Sie her? Also, Swiss Lady`s finden dich respektvoll. Er war wirklich ein drolliger Kerl und ich musste herzlich lachen. Er wünschte mir noch eine gute Fahrt und etwas das ich immer wieder gesagt bekam, „drive safe“ fahre sicher!

Wie das Wattenmeer
Des Strandes wegen müsste man nicht nach Arno Bay, das Seegras häufte sich zu riesigen Bergen, aber schön war es trotzdem. Es roch nach Tang, Fisch und Meer und auf meinem 20 m2 grossen Platz mit Meeranstoss hatte ich wieder eine tolle Sicht. Nach dem gelungenen Fischmahl, bei dem ich dankbar an das nette Paar dachte, hörte ich noch bis weit in die Nacht hinein das Rauschen der Brandung. Den Nachmittag hatte ich nicht nur mit dem Studium der tonnenschweren Unterlagen aus dem Visitor Center verbracht, sondern hatte mich einer Seniorengruppe angeschlossen, die etwas ausserhalb des CG den Mangroven-Walk abwandern wollten, unter kundiger Führung und Infos eines Rangers, über die Salzmarschen. Diese Wanderung erinnerte mich stark an das Wattenmeer bei Westerhever im Norden Deutschlands. Auch der Salzbusch hatte grosse Aehnlichkeit mit dem Queller und schmeckte genauso salzig, wenn man ihn kaute. Und hier wie dort, gibt es die 4 verschiedenen Uferzonen, das Weideland für Schafe, die Salzwiese oder Marsch, die Uebergangszone und die eigentliche Uferzone. Die Gezeiten spielen auch hier eine Rolle, wenn auch nicht in gleicher Weise wie im Wattenmeer mit seinen Prielen. Obwohl auch hier Gefahr durch Verschmutzung droht, sieht es nicht gar so schlimm aus wie im deutschen Wattenmeer, wo in wenigen Jahren die Anzahl Lebewesen pro Quadratmeter um die Hälfte zurückging! Das erfuhr ich von Bernd, dem Biologen, der meine Gruppe jeweils zu den Wattwanderungen begleitete als ich noch Reiseleiterin bei Baumeler war. Die Tour Holsteinische Schweiz machte mir immer sehr viel Spass, es war eine sogenannte Schoggitour, 1Vogel Wanderungen, eher Spaziergänge, gute Hotels, gutes Essen und eben wunderschöne Landschaften und Orte wie aus dem Bilderbuch. Husum und Friedrichstadt liebte ich sehr und ich nahm mir vor, diese Gegend nächstes Jahr zu besuchen. Immer wieder dachte ich darüber nach, ob ich mir einen Camper kaufen sollte, denn es gab auch in Europa noch viel für mich zu entdecken.
An diesem Abend ging ich mal ausnahmsweise nicht in den „Ausgang“, im Pub hatte es zu viele ältere Herren und so ging ich Nachtschwärmer halt wieder einmal mehr, früh ins Huschi! (Bett, auf Zürichdeutsch)

Mein Glückstag
Der 13. war wieder ein absoluter Glückstag, 350 Km bis Hawker gefahren und nichts passiert, keine einzige Situation in der mein Adrenalinspiegel hätte steigen müssen. In Port Augusta verbrachte ich die Mittagszeit und wollte unbedingt Wolle einkaufen um ab und zu abends ein Stündchen zu stricken. Wolle habe ich gefunden, aber leider keine Stricknadeln und mit den Fingern kann man zur Not häkeln, aber beim besten Willen nicht stricken! Ich überlegte mir, wie ich allenfalls aus Holzstäbchen welche anfertigen könnte, liess es dann aber bleiben. Die Holzsplitter im Pulli wären nicht das was man sich wünscht!
Die Fahrt über Quorn war wiederum traumhaft schön, eine ganz andere, neue Vegetationsart. Es ging durch kleine, mit alten Kastanien bewachsene grüne Täler mit weit entfernt liegenden Farmen. Die Besiedlung wurde immer schwächer, da und dort schon verfallene Bauernhäuser und verlassene Felder. Es wurde zusehends heisser und das grün wechselte über in gelb und braun.
Hawker ist ein kleines verschlafenes Nest mit wenigen Häuserzeilen, einem Pub, einem Postoffice und einem Lebensmittelgeschäft. Auf dem 500 Meter vom Dorf entfernten Campingplatz erhielt ich einen sehr günstigen Preis, ich war der einzige Gast! Zum erstenmal seit ich in Australien unterwegs war, merkte ich, dass es Sommer war! Nach 18 Uhr zeigte das Thermometer immer noch 36° an, kein Lüftchen sorgte für Abkühlung, im Camper war es extrem heiss. Ich lauerte buchstäblich auf den Sonnenuntergang, nicht etwa um noch einen weiteren zu fotografieren, sondern um den alten, berühmten Bahnhof „the Ghan“ in der Abendsonne abzulichten! Der Name Ghan erinnert an die Arbeiter, die die Eisenbahnstrecke gebaut hatten, es sollen vorwiegend afghanische Männer gewesen sein. The Ghan, dieser nostalgische Zug, fährt auch heute noch die Strecke Adelaide - Port Augusta-Coober Pedy-Alice Springs-Darwin. Es muss ein tolles Erlebnis sein, hat aber auch seinen Preis, die einfache Fahrt im 2-Bett Abteil mit einem 4-Gang Dinner und Frühstück kostet rund 700$ pro Person.
Die Umrisse der Flinders Range sind schon weit voraus sichtbar, eine wunderschöne Silhouette in sanften Blautönen. Riesige, topfebene Felder werden vor allem für die Schafzucht genutzt, auch hier liegen die Farmen weit auseinander und meist weit abseits der Strasse, der dazugehörende Briefkasten steht jeweils an der Strasse vorne. Ich habe viele Schilder neben den Briefkästen gesehen auf denen gross angeschrieben war, Ranch to sell! Der Trend geht auch in Australien dahin, dass viele der Jungen die Farmen ihrer Eltern nicht übernehmen wollen, es zieht sie in die grossen Agglomerationen wo sie mit weniger Arbeit wesentlich mehr verdienen! Für viele Farmer, die bereits in 3. oder sogar 4. Generation in dieser Gegend leben, lohnt sich die harte Arbeit kaum noch. Die Preise für Fleisch, Wolle und Getreide sind so stark gesunken, dass ein Ueberleben kaum mehr möglich ist. Farmen, die in touristisch interessanten Gegenden liegen werden, wie hier in Hawker, zu Campingplätzen umfunktioniert oder können als Feriensitze gut verkauft werden. Viele aber sind unverkäuflich und gammeln vor sich hin, bis sie zu Ruinen geworden sind und schlussendlich wieder zu attraktiven Fotomotiven werden.
Auch während der Nacht gingen die Temperaturen kaum zurück, ich wälzte mich auf meinem Lager bei offenstehender Türe und schwitzte arg!
Schon gegen halb neun stand ich bereits mit den Wanderschuhen an den Füssen am Eingang des Flinders NP um zum Arkaroo Rock zu wandern. Es war noch angenehm kühl, der schmale, steinige Fussweg führte durch herrlichen Pinienwald und stieg stetig an, es duftete nach Harz. Zwei oder drei Kaninchen huschten über den Weg vor mir, immer wieder schreckte ich Vögel auf die laut mit den Flügel schlagend das Weite suchten. Der Weg verläuft entlang dem Arkaroo Creek, der völlig ausgetrocknet scheint. An einer Stelle, nach einem recht starken Gefälle von 2 Metern, leckten drei Känguruh`s die letzten Wassertümpel auf. Ich konnte es kaum glauben, aber da standen auf den gegenüberliegenden Felsbrocken zwei Ziegen, klein zwar, aber recht kräftig aussehend mit schwarzem Fell. Ich hörte schon, dass sich in der Gegend Haustiere aus früheren Beständen von Farmen ausgewildert haben und sich teilweise stark vermehrten. Dies gilt auch für andere Haustiere wie Katzen, Kaninchen, Mäuse und Ratten! Vor lauter anschleichen und beobachten bemerkte ich gar nicht, dass nur wenige Meter weiter zwei Frauen, auch in Wanderschuhen und Rucksäcken, genauso ruhig standen und die Tiere beobachteten.
Nach den angegebenen zwei KM Wanderung stand er dann plötzlich vor mir, der Arkaroo-Fels, die beiden Frauen blieben etwas zurück. Zum ersten Mal konnte ich Felsmalereien der Urbevölkerung bewundern! Da gab es in kräftigem rot Menschen in verschiedenen Grössen, Eidechsen, Sonnen, Striche und Punkte, und in einem immer noch frisch wirkenden gelb einen Baum, der es mir besonders angetan hatte. Diese Malereien sind vermutlich 20- oder 30 000 Jahre alt, wenn nicht noch älter, wurden durch nachkommende Generationen immer wieder nachgemalt und aufgefrischt. Das geschah jeweils anlässlich wichtiger religiöser Zeremonien, es soll sich um Initiationsriten gehandelt haben.
Der Stamm der in dieser Gegend ansässigen Adnyamathanka hat vor tausenden von Jahren die wunderschöne rote Ockererde, ein ins violett zielendes rot, abgebaut und damit Handel mit weit entfernten Stämmen betrieben. Lange blieb ich auf der vor dem Fels stehenden Holzbank sitzen und stellte mir das Leben dieser frühen Menschen vor! Wortlos setzten sich die jungen Frauen neben mich und genossen ebenso still diesen besonderen Platz.
Im schön eingerichteten, schon fast als luxuriös zu bezeichnenden Visitor Center am Eingang zum Wilpenapound, wurde mir versichert, dass alle Gravelroads, ausser die als speziell 4WD markierten, einfach mit dem 2WD zu befahren seien und so machte ich mich auf die Erkundung der Flinders Range. Die ersten 15 Km ging alles bestens, ich fand immer wieder eine Spur auf der Piste, die mich und mein Fröschlein nicht ganz so arg durchschüttelten, ich konnte mich endlich überwinden, auf das Gaspedal zu drücken um auf die für Gravelroad notwendige Geschwindigkeit von 60 Km/h zu kommen! Dann, ohne Vorwarnung, ging die Gravelroad in eine ausgewaschene, löcherige Piste über, sämtliches Geschirr schepperte so laut in den Kästen, dass ich annehmen musste, kein ganzes Stück mehr zu besitzen. Der Campingtisch, den ich seit einigen Tagen aus Bequemlichkeit nur auf die Sitzbank legte, schlitterte auf den Boden hinunter, Hefte, Bücher, Jacken, Alles was ansonsten auf dem dafür vorgesehenen Platz lag, flog umher. Ich musste mich am Lenkrad festkrallen um nicht auch durch die Luft gewirbelt zu werden. Aber es kam noch schlimmer, noch viel schlimmer!
Die Strasse wurde zusehends schlechter und schmaler, ich kroch stellenweise im Schritttempo, dabei wurde es immer heisser und staubiger, die 4Wheeldrivler nahmen keine Rücksicht beim Ueberholen und hinterliessen lange Zeit in der Luft liegende Staubwolken. Zum Glück waren es nicht viele! Zwischendurch gab es einige Kilometer, auf denen es recht zügig voranging, kaum freute ich mich darüber und hoffte, das Schlimmste überstanden zu haben, kamen wieder Schlaglöcher und Felsbrocken! Gemäss Plan wollte ich im Acraman CG mich häuslich niederlassen um noch eine Wanderung durch die geologisch einmalige Bunyeroo Gorge zu machen,
aber als ich dort ankam, war nichts, rein gar nichts, kein Wasser, keine Toiletten, kein Baum der hätte Schatten spenden können, es war immerhin weit über 40° heiss.
Da die Strasse weiterführte, folgte ich ihr. Bald darauf war die Piste, schon lange nicht mehr als Strasse zu bezeichnen, ein Bachbett, nach Regenfällen wahrscheinlich wasserführend, jetzt aber trocken. Es war der absolute Horror! Nach einigen hundert Metern, ich brauchte eine Ewigkeit dafür, hatte ich die Nase gestrichen voll, ich fürchtete auch um Fröschlein der mich bisher nie im Stiche gelassen hatte. Das wollte ich ihm und auch mir nicht antun! Aber in diesem engen, mit teils riesigen Steinen belegten Bachbett wenden? Mit zentimeterweisem vor- und zurücksetzen, mit spulen und aechzen gelang es schliesslich und ich musste diese verdammten 29 Kilometer wieder zurück!
Irgendwie ging das Zurück ein klein wenig besser, und als ich in die Blinmanroad, diese absolute Luxus-Gravel-Road, einbog, konsultierte ich die am Strassenrand stehende Infotafel. Wäre ich nach Wilpena Pound, den ich noch gar nicht besucht hatte, zurückgekehrt, hätte ich für den dortigen Campground extrem mehr bezahlen müssen, (es soll sich um einen der teuersten Campgrounds der Nationalpark Behörden handeln). Ich wollte nicht so sang- und klanglos aufgeben und entschloss mich deshalb, den Blinman Highway Richtung Oraparinna zu nehmen. Kurz vor mir bog ein schöner, silbrigfarbener Ford in diese Strasse ein und beschleunigte auf gute 55 Km/h. Ich hängte mich sofort an ihn an, blieb aber nicht wie Dieser stur auf der linken Seite, sondern nahm, wenn immer möglich, die ganze Breite der Strasse in Anspruch und konnte so Schlaglöchern besser ausweichen. In einem Creek (Bachsenke, es geht meist wenige Meter steil hinunter und sofort auch wieder ebenso steil hinauf) geriet der Ford in ein ziemlich tiefes Loch, ich sah, wie der Wagen heftig durchgeschüttelt wurde und sofort anhielt, ich ebenfalls. Eine Frau stieg zuerst aus und hielt sich mit beiden Händen ihren Rücken und schimpfte und jammerte. Da ich nicht helfen konnte und auch nichts Schlimmes passiert war, überholte ich die Beiden die offensichtlich einen Break, eine Pause, benötigten.
Oraparinna ist nicht etwa ein hübscher Ort wie ich ihn mir erträumte, sondern eine wichtige Service- und Feuerstation der NP-Verwaltung und für Normalsterbliche nicht zu betreten! Da ich mit dem Fahren immer besser zu Rande kam, nahm ich kaum noch den Fuss vom Gaspedal, auch nicht, wenn vor einer Krete gewarnt wurde. Seit dem Zwischenfall mit dem Ford begegneten mir keine weiteren Fahrzeuge mehr.
Ich atmete erst tief durch, habe mich mehrmals kräftig druchgestreckt als ich auf dem unter riesigen Eukalyptusbäumen liegenden CG von Trezona ankam. Es war noch keine Menschenseele da, war aber ja auch erst 17.00. Ich suchte mir einen Platz aus der nicht zu weit vom WC und Wasser weg war aber schön unter einem Baum gelegen, dem mächtigsten und wahrscheinlich ältesten Eukalyptus am Platze, der wird mich beschützen und während der Nacht mich mit seiner Energie auffüllen!
Beim Rumgehen und Auskundschaften der Umgebung sah ich den Einstieg für die Wanderung, die ich am nächsten Tag unter die Füsse nehmen wollte. Eine wunderbare Stille lag über Allem, das Knistern der abfallenden Baumrinde schreckte Känguruhs auf die ich gar nicht wahrgenommen hatte. Aus kurzer Distanz, nicht mehr wie 5 Meter entfernt, sah ich zum ersten Mal die hübschen Gelbfuss-Känguruhs. Diese Art gilt als besonders gefährdet, es handelt sich um wesentlich kleinereTiere als die weitverbreiteten grauen Riesenkänguruhs auch sind sie feingliedriger.
Ich nutzte die Zeit um wie gewohnt, mein Tagebuch zu füllen. Ich habe mir vorgenommen, möglichst jeden Tag einige Seiten zu schreiben und habe das mit wenigen Ausnahmen auch eingehalten.
Direkt neben meinem Camper, bei einer Feuerstelle die zwischen dem 1. Dezember und Ende März wegen des Ban of Fire, Feuerbann, nicht benutzt werden darf, lag eine Tischplatte aus einem ca. 1M hohen und 2 M im Durchmesser messenden Stein aus wunderschönem, rotem Sandstein. Auf diesem werde ich mir mein Abendbrot servieren, dachte ich!
Dann wartete ich geduldig, mit der Kamera in Händen, auf den Sonnenuntergang. Ich hatte einen wunderschönen, fotogenen Eukalyptus entdeckt der auf einer leichten Anhöhe als Solitär stand, es sollte eines meiner schönsten Bilder werden.
Nach acht wurde es sehr schnell dunkel, noch immer keine Menschenseele angekommen und die Chance, in nützlicher Frist einen anderen CG zu erreichen, war gleich null. Etwas mulmig war mir schon als ich realisierte, dass ich die Nacht ganz alleine am Ende der Welt verbringen musste. Ich hätte mir so sehr gewünscht, jemanden bei mir zu haben, diesen Gedanken hatte ich bereits mehrmals tagsüber während der mühsamen Fahrt. Es wäre doch schön, dieses Abenteuer mit Jemandem zu teilen, sich mitzuteilen und sich ein bisschen bemitleiden zu lassen. Jemand neben sich sitzen zu haben, der einem Mut macht und aufmuntert, wenn man fast aufgeben möchte, mit dem man sprechen könnte um sich nicht so einsam zu fühlen. Stattdessen sprach ich mir selber Mut zu, wer sollte mich denn schon hier im Nowhere suchen? Der CG war kilometerweit weg, nur über eine Nebenstrasse erreichbar und erst noch nicht einsehbar von der Strasse her und die vielen Bäume dämmen jeden Lichtstrahl. Und es half, ich wurde ganz ruhig, setzte mich unter meinen Baum und machte es mir mit einem schnell zubereiteten Mahl gemütlich.
Bevor ich zu Bett ging holte ich mir vom grossen Wassertank Regenwasser, das ich in grosse, 1.5 Liter Plastikflaschen abfüllte. Ich zog mich vor meinem Camper splitternackt aus und duschte mich, indem ich den Inhalt einer Flasche genüsslich über meinen Körper goss, mich einseifte um dann die zweite Flasche Wasser über mich zu giessen. So abgekühlt und erfrischt, legte ich mich bei weit geöffneten Türen und Fenstern auf mein Sofabett. Es war immer noch sehr heiss und ich lauschte auf die Laute der Nacht. Die Vögel hatten schon längst ihre Schlafplätze aufgesucht und um Känguruhs zu sehen, war es zu dunkel. Dann plötzlich sah ich durch die Bäume hindurch, Richtung Eingang des CG, ein schwaches Licht. War, ohne dass ich etwas hörte, doch noch jemand gekommen? Und wirklich, da waren zwei kräftige Lichter, das musste ich aber genau wissen. Ich nahm die grosse Stabtaschenlampe und machte mich auf den Weg, die Ursache des Lichts zu ergründen. Ich brauchte allerdings nicht weit zu gehen, da schimmerte das Licht, es war der Mond der aufgegangen war und durch die Bäume schien! Keine Spur von Mensch oder Camper!
Es war einmalig schön, mit dem Höhersteigen des Mondes wuchsen die Schatten und es wurde immer heller. Lange Zeit lag ich einfach da bis ich schliesslich eingeschlafen war.
Mit einem Riesenschreck wachte ich mitten in der Nacht auf, etwas hatte an meiner hinunterbaumelnden Hand geleckt! Mit klopfendem Herzen knipste ich die Taschenlampe an, sah aber nichts. Als ich gerade die Türe schliessen wollte, bemerkte ich ein junges Känguruh das sich wahrscheinlich genauso erschreckt hatte wie ich und nun in einiger Distanz vorsichtig zu mir hin äugte. Ich nahm ein Stück Gurke aus dem Kühlschrank und warf ihm ein Stück hin. Mit jedem Bissen kam es ein Stück näher bis ich es sogar streicheln konnte. Gemeinsam assen wir die Gurke auf, wobei das Känguruh weit mehr abbekam! Ich hätte jauchzen mögen vor Glück, dass ich so etwas Einmaliges erleben durfte! Um noch ein bisschen Schlaf zu bekommen, schloss ich dann doch die Türen.
Da es in der Gegend der Brachina Gorge extrem heiss wird, sollte man Wanderungen auf den frühen Morgen verlegen, ich war schon um sechs aufgestanden und habe mich für den 3-stündigen Yongonna-Trail entschieden. Es gibt unzählige Möglichkeiten im über 10 000 Hektar grossen Flinders Range NP zu wandern. In meinem Rucksack trug ich 2 Liter Orangensaft, mit Wasser verdünnt mit, dazu ein Snickers als Zwischenverpflegung. Ich trug den Rangerhut mit dem Fliegennetz (den hatte ich mir in einem Outback-Laden besorgrt) der mich vor den Sonnenstrahlen, aber auch vor den lästigen Fliegen schützte. Die Vegetation bestand aus vielen niedrigwachsender Sträuchern die wie Koniferen büschelige Nadeln aufweisen und in einem lichten grün sind, vereinzelte Akazien und in den vielen Creeks die ich durchwanderte, Ansammlungen von riesigen Eukalypten. Schon von Weitem sah ich sie jeweils und habe mich auf ihren Schatten gefreut.
Gegen halb neun war es schon wieder sehr heiss, ich schätzte die Temperatur auf nahezu 30° und mir schien, als ob diese im Minutentakt anstieg! Der Weg war ein richtiger Spazierweg, (ein Schnorriweg, wie ihn Wanderer bezeichnen würden, nur hatte ich niemanden mit dem ich hätte schnorren können) eine Forststrasse, die im Sommer zur Ueberwachung allfälliger Feuer abgefahren wird. Alle paar Kilometer stehen Schilder, die auf Feuerstationen hinweisen.
Morgens, bei noch angenehmen Temperaturen wandern die Wildtiere auf ihrer Nahrungssuche weit umher und immer wieder begegneten mir Familien von Känguruhs. Es handelte sich um verschiedene Arten, die am weitest verbreiteten grauen-, einige Gelbfuss- und wenige rote Känguruh`s, sie hopelten nur wenige Meter vor mir über den Weg. Nur wenige Augenblicke lang konnte ich jeweils die umherhuschenden, fast goldenglänzenden Skinks beobachten, da sie sehr scheu sind.
Dann kreisten zwei Raubvögel hoch über mir, zwar noch in grosser Distanz, aber schon gut erkennbar. Ich setzte mich auf einen Stein und brauchte nicht lange zu warten bis sie kreisend näherkamen. Es handelte sich um Steinadler, auch sie vermutlich auf Futtersuche, Ausschau haltend nach lebendem Kleingetier.
Auf halbem Wege liegt Yangoona Recreation Aerea, aber auch dort keine Menschenseele anzutreffen. Die Wanderung ist sehr gut markiert, von Zeit zu Zeit stehen Holzlatten mit dem entsprechenden Trail-Symbol am Wegesrand. Das Besondere dieser Wanderung sind eindeutig die geologischen Gegebenheiten. Im Kalkgestein und den dazwischenliegenden Sedimenten findet man früheste Beweise von Leben, versteinerte Pflanzen und Tiere.
Während der kurzen Besiedlung durch die Weissen veränderte sich das Bild dieser Landschaft ganz massiv, durch Holzschlag und Waldrodung erwarben sich die Siedler grosse Graslandflächen zur Haltung von Schaf- und Rinderherden. Seit 1979 stehen grosse Flächen unter Naturschutz und haben sich teilweise wieder erholen können, aber immer noch befinden sich riesige Gebiete in Privatbesitz.
Gegen 11 Uhr muss sich die Hitze auf über 40° hochgeheizt haben, kein Hauch eines Lüftchens, mein Rücken, vor allem unter dem Rucksack, war tropfnass wie auch mein Hosenbund! Gott sei Dank gab es in der Regentonne nach der Rückkehr zum CG noch genügend Wasser um mich ein bisschen abzukühlen, ich goss es literweise über meinen Kopf und mein rotes Gesicht bekam allmählich wieder eine normale Farbe. Ich wäre sehr gerne zum Wilpena Pound zurückgegangen, hatte ich doch gar nicht viel von dieser riesigen Schüssel gesehen. Es handelt sich dabei um eine eigenartige Formation vulkanischen Ursprungs deren Ausmass eine Fläche von 185 km2 einnimmt. Die Hitze hielt mich allerdings davon ab, die 59 Km auf dieser grässlichen Piste zurückzufahren. Mit Hilfe der Karte rechnete ich aus, dass es zur nordwestlichen Grenze des NP nur 20 Km seien und entschloss mich für den geological Trail, der zwischen der Brachina Gorge und East Teamster liegt.
Bei einer Geschwindigkeit von 15 km/h konnte ich ohne Angst, mir eine Erkältung zu holen, wagen, die Wagenfenster ganz nach unten zu kurbeln. Die ersten 6 km gings ganz ordentlich, auf jeden Fall besser als ich befürchtet hatte und als ich am East Brachina Point ankam, war ich frohen Mutes und freute mich auf die Kalksteinformationen, die es hier zu bewundern geben soll!
Die Brachina Gorge tat sich vor mir auf, was für eine Schlucht! Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, dass es möglich wäre, durch so eine Geröllwüste mit einem Camper durchzufahren, wandern, ja, unbedingt, aber fahren? Auf gar keinen Fall! Aber ich, ich musste da durch, denn jetzt umkehren wäre echt blöd, komm, das schaffst du, redete ich mir Mut zu und dann gings über Geröll und zwischen riesigen Felsbrocken hindurch, kaum mehr als im Schritttempo. Die Schlucht verlief nicht etwa gerade, alle 50 Meter hatte ich das Bachbett zu überqueren, meist folgte darauf eine Biegung, ein steiler Anstieg auf eine Krete und wieder steil hinunter zur nächsten Senke. Die Schlucht war nur wenige Meter breit und links und rechts türmten sich die Steilwände 400 bis 500 Meter in die Höhe! Alle paar Meter warf ich einen Blick auf den Kilometerzähler, nur um festzustellen, dass nach elend langem Schütteln und Rütteln nur wenige Meter gefahren waren.
Die ersten Tafeln, die auf besondere geologische Gegebenheiten hinwiesen, habe ich erst gar nicht wahrgenommen, so verkrampft sass ich hinter dem Lenkrad. Doch dann, ganz plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen, ich war doch da um die wunderbare Natur zu erleben, und endlich konnte ich mich aus meiner Verkrampfung lösen und schaute die Steilwände hoch. Es verschlug mir fast den Atem so unglaublich schön war die Gegend. Das fast waagrecht liegende, aufgefaltete Gestein leuchtete im schönsten Manganrot, dazwischen zogen sich weisse Quarzbänder in Schlaufen hin, die oberen Schichten leuchteten in hellgrauem bis weissem Löss. Ich musste einfach anhalten und aussteigen, ich wollte das Gestein anfassen. Ich brauchte nur wenige Schritte zu gehen und wäre schnell wieder beim Wagen zurückgewesen, hätte ich einem anderen Fahrzeug Platz machen müssen.
Es sollte allerdings noch einige Zeit dauern bis ein Allradler kam und mich natürlich problemlos überholen konnte.
An einigen Stellen öffnete sich die Steinwüste etwas und wurde breiter, Wasser floss in einer Senke über die Strasse. Ich wusste nicht, wie tief es war und mit gemischten Gefühlen fuhr ich hindurch. Alles verlief gut und ich tätschelte mein Fröschlein, redete ihm gut zu, sprach mit ihm wie mit einem ganz guten Freund (und das war er auch), wir zwei schaffen das!
Der Schweiss rann an mir hinunter und in die Augen, ich spürte es kaum, ich war in einer totalen Euphorie, noch nie hatte ich etwas Schöneres gesehen, Felsgestein in herrlichen Farben und Mustern, auf den Kuppen und an nicht zu steilen Borden niedrige Bäume mit hellem grünem Laub, ein schier unglaublicher Kontrast. Dann gab es wieder eine kaum wagenbreite Ausfahrt mit Hinweisschildern, Limestone, 500 – 600 Mill. Jahre alt. Es wurde immer noch fantastischer, je enger die Schlucht, je schlechter allerdings die Strasse. Ich befand mich in einem ständigen Wechsel der Gefühle, von erhabenen, überströmenden Glücksgefühlen um Sekunden später voller Verzweiflung am Lenkrad festgekrallt zu sein. Wie kann man so eine Strecke für 2 WD freigeben! Aber dann wäre ich ja nie hierhergekommen, hätte nie die Trezona, Brachina und Cambrian Steinformationen gesehen!
Für 11 Km benötigte ich mehr als 1 ½ Std. und war selig, auf eine ganz normale Gravelroad zu gelangen, Eine, von der ich am Vortag noch mit Ekel und Abscheu gesprochen hätte! 12 Km noch, mit Tempi zwischen 15 und 50 gefahren, und dann, ganz plötzlich, von einem Meter zum Anderen, Asphalt, wunderschöner schwarzgrauer Asphalt, noch nie liebte ich Asphalt mehr! Mir kam die Teilnehmerin in den Sinn, die jedes Mal, wenn wir während einer unserer Wanderungen im Westen Kreta`s wieder auf Asphalt trafen, jubelte und mit ihrem italienischen Akzent bemerkte, dass das doch die schönsten Wanderstrassen seien, da man nicht auf jeden Schritt achten müsste und sich viel besser unterhalten könnte! Damals konnte ich nur ungläubig den Kopf schütteln und wäre jede Wette eingegangen, dass ich nie im Leben jemals eine Asphaltstrasse bejubeln würde! Wie tief der Mensch nur sinken kann!!!
Für die 50 Km zurück nach Hawker nahm ich mir viel Zeit, das Panorama der zu meiner Linken liegenden Flinders Range war dermassen schön, dass ich immer wieder anhalten musste, um es zu bewundern. Die Farben waren unbeschreiblich, da wo Schatten lag waren sie in dunklen Grau- und Blautönen, die Kuppen leuchtend rot, das Vorgebirge in tiefem violett. Ich überlegte mir ernsthaft, hier zu malen, hatte ich doch meine Maluntensilien mit dabei, fand aber nirgends ein Schattenplätzchen und liess es deshalb bleiben.
Der gleiche Campingplatz in Hawker nahm mich nochmals für eine Nacht auf und ich schuftete regelrecht, Camperwaschen war angesagt. Es war unglaublich, wie viel Sand ich aus der Flinders Range mitgenommen hatte, ein Wunder dass noch welcher dort vorhanden ist nach all den Touristen, die tonnenweise Staub in ihren Autos, Kleidern und Haaren mithinaus nehmen! Da ich sehr sparsam mit dem Wasser umgehen musste, dauerte die Prozedur eine ganze Weile, auch der Innenraum musste gereinigt werden. Der Staub drang in jede Ritze, die Gläser, das Geschirr, alles war mit einer feinen, roten Staubschicht bedeckt.
Nach dem Wagen war ich an der Reihe, es war einfach herrlich, unter der Dusche zu stehen und das Wasser über den Körper rinnen zu lassen, der grossen Hitze wegen war das Wasser wunderbar lauwarm.
Ein alter Witz
Mein starkes Bedürfnis, mich mit jemandem zu unterhalten blieb unerfüllt, ausser einem jugendlichen Liebespaar, das wahrscheinlich nicht gerade eager war sich mit einer älteren Dame zu unterhalten, war keine Seele anwesend. Die Besitzer des Platzes hatten sich bestimmt in die kühlste Ecke ihres Häuschens verkrochen. So hing ich einfach rum und machte sogar ein Nickerchen -alleine!
Da gibt`s doch einen Witz, einen Uralten, an den ich mich nach dem Aufwachen erinnerte; Ein Dorf bekam einen neuen reformierten Pfarrer und dieser wollte am Sonntag, nach dem Mittagessen, seinem katholischen Kollegen einen Antrittsbesuch machen, wie es guter Sitte entsprach. Als sich auch nach mehrmaligem Klopfen an der Türe nichts rührte, ging er um das Haus herum und warf einen Blick durch das Fenster. Er sah den kath. Pfarrherrn, wie er mit seiner Köchin Wuppee-Wuppee machte! Er beschloss, später nochmals vorbeizugehen, was er nach der Vesper dann auch tat. Nach kurzem Klopfen schon öffnete der kath. Pfarrer die Türe und war hoch erfreut, seinen protestantischen Kollegen zu begrüssen. Nach einigem Geplauder erwähnte dieser, dass er kurz nach Mittag schon einmal da war- Ach ja, nach dem Mittagessen pflege ich ein kurzes Nickerchen zu machen, antwortete der katholische Pfarrer worauf der Protestantische erwiderte, ja, ja, ich hab`s durchs Nensterchen gesehen! Ha-ha!
Nach Sonnenuntergang machte ich mich zum alten Bahnhof des Ghan auf um in dem bekannten Gourmet-Restaurant, das sich darin etabliert hat, ein schönes Abendessen zu geniessen. Als ich es zwei Tage zuvor fotografierte, schaute ich natürlich durch die Fenster und sah, dass die Tische sehr geschmackvoll mit dunkelgrünen Tischdecken und leuchtend gelben Servietten, gedeckt waren. Auch die ausgehängte Speisekarte sah verlockend aus und die Oeffnungszeiten waren in grossen Lettern angeschrieben: Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag von 8.30 AM bis 10 PM. Es war Mittwoch, also war das Lokal geöffnet, wie schön! Aber leider hing ein Schild über dem Eingang, der sich hinter dem Haus befindet „Sorry, we are closed“.
Im 500 M entfernten Hawker gibt es zwar ein Hotel mit Restaurant, aber ich hatte keine Lust, dort einen tanggigen Hamburger oder Fish-n-Chips hinunterzuwürgen.
Dann halt eben selber kochen, war die Devise. Olivenpaste, Käse, eingelegtes Gemüse, griechischer Salat, Brot und Wein, wenn das kein Gala-Dinner ist! Anschliessend mochte ich weder lesen noch schreiben und ging deshalb einmal mehr früh zu Bett.
Das abendliche Zurechtmachen meines Körbchens braucht eh seine Zeit, zuerst Fahrer- und Beifahrersitz herunterklappen, vordere Vorhänge zuziehen, die Rückenlehnen der Sitzbank irgendwo deponieren, Sitzbankschloss lösen und Bank nach vorne ziehen, immer aufpassen, dass ich nicht rückwärts die Stufen bei der seitlichen Schiebetür hinunterfalle, Bettwäsche, Decke und Kissen aus dem unteren Teil der Bank herausfischen und die Rückenlehnen in die Freiräume einfügen, so entstand jeden Abend eine schöne und die ganze Wagenbreite einnehmende Liegefläche von 2 Meter Länge auf der ich meistens wie ein Murmeltier schlief! Am Morgen jeweils das gleiche Prozedere, in umgekehrter Reihenfolge natürlich!
Mount Remarkable NP eigne sich vorzüglich zum Wandern, heisst es im Beschrieb, und das wollte ich auch. Dieser wunderschöne Nationalpark liegt nur 40 Km südlich von Port Augusta. Bevor ich mich am Self-check-in einschrieb wollte ich mich erst ein bisschen umsehen. Am Strassenrand waren nämlich Schilder angebracht, die auf Strassenarbeiten hinwiesen und tatsächlich, kurz nach Einfahrt in den Park roch es ganz stark und unangenehm nach Teer. Die Arbeiten waren in vollem Gange, Lastwagen mit heissem Asphalt beladen, Walzen und Maschinen standen bereit. Ich konnte problemlos passieren um auf den Campingplatz zu gelangen. Der Lärm und Gestank drangen aber bis dorthin und als ich einige Schritte umhergegangen war, war ich schon wieder schweissgebadet.
Nein, das wollte ich mir nicht antun, in dieser extremen Hitze zu wandern wäre absoluter Wahnsinn und verantwortungslos. Der Platz wäre traumhaft um eine Nacht zu verbringen, mit vielen herrlichen Bäumen bestanden, aber der Gestank des frischen Asphalts der sich bestimmt noch lange halten würde und die Hitze, veranlassten mich, den Park zu verlassen.
Gerade als ich wegfahren wollte, sah ich eine Riesenechse von einem Baum herunterkriechen, sie war über 2 Meter lang, in dunkler Farbe mit weissen oder gelblichen Flecken. Vorsichtig stieg ich aus, die Fotocamera schussbereit. Aber kaum bemerkte sie mich, flüchtete sie auch schon auf den nächstgelgenen Baum und ich schoss nicht gerade das beste Foto, aber immerhin, ich hatte sie, digital!
Mich packte das unsägliche Verlangen, schwimmen zu gehen, und zwar im Meer! Der nächste Strand musste sich in Port Wakefield befinden und in Gedanken zog ich bereits die Badehose an was mich veranlasste, die erlaubten 110 Km/H aufzusetzen. Ich rechnete mit 2,5 Std. Fahrzeit für die 220 Km, und dann sah ich vor lauter Seegras das Wasser nicht.
Irgendwo weit draussen musst es sein, das Wasser, aber nicht hier in Port Wakefield. Auch hier, wie in fast allen Orten die am Meer liegen, gibt es eine Jetty, einen teils weit ins Meer hinausführenden Steg für die Fischer, die so auch bei Ebbe ihre Ruten oder Angelhaken auswerfen können. Als die Stege in den Jahren 1860 –1890 gebaut wurden, waren sie allerdings zum Verladen von Güter in Schiffe gedacht.
Um nach konzentrierter Fahrt, in dieser Gegend herrschte wesentlich mehr Verkehr, ein wenig zu entspannen, nahm ich die Gelegenheit wahr, um auf einem Gang über die Jetty die Beine zu vertreten. An mehreren Stellen waren unterhalb des Steges Holzplattformen angebracht auf denen die Fischer standen oder sassen. Jeder hatte mindestens zwei Ruten oder mehr und sie hatten alle Hände voll zu tun, die Leinen rauszuwerfen und wieder einzuziehen.
Zwei ältere Männer die in der Mittagshitze umhergingen, verwickelten mich gleich in ein Gespräch. Der ältere der Beiden, über 90 wie er mir sagte, fing gleich an, italienisch zu sprechen als er hörte, dass ich aus der Schweiz komme. Sein Urgrossvater, der 1870 in diese Gegend einwanderte, stammte aus Italien. Er nannte mir auch den genauen Ort, aber natürlich kenne ich nicht jedes Dorf in Italien, obwohl meine Mutter auch Italienerin war. Es war extrem schwierig, mich mit ihm zu unterhalten, der vielen Zahnlücken wegen zischte es eigentlich nur und sein italienisch war auch nicht mehr das Reinste!
Sein Compagnon mischte sich immer wieder ins Gespräch ein (so es überhaupt Eines war), aber dessen englisch verstand ich noch weniger. Was ich herausfand und auch dem Aussehen nach vermutete, war, dass er 75% Ureinwohnerblut in sich hätte. Viele der älteren Aboriginese sprechen noch immer einer der 400 Clansprachen und erst die jüngeren Generationen sprechen dank Schulbildung englisch. Trotz aller Mühsal war es eine lustige und kurzweilige Abwechslung und die Beiden machten mir klar, dass mit schönen Stränden erst kurz vor Adelaide zu rechnen sei. Das hiess, nochmals 90 Km fahren, aber solche Distanzen liessen mich nach 5 Wochen Australien total kalt, ein Katzensprung war das!
In Glenelg habe ich mich für zwei Nächte im Big 4 Camping an der West Beach einquartiert, sackteuer mit 28$ die Nacht und alles andere als Big, eher mittelmässig, dafür aber direkt am Meer gelegen und per öffentlichem Bus nur gerade 15 Min vom Stadtzentrum von Adelaide entfernt. Der Strand war sehr schön, so weit man sehen konnte Sand, und ich jauchzte schon bald mit anderen Schwimmwütigen beim Wellenhüpfen um die Wette.

Tauchen verboten
Am Abend sass ich noch lange im warmen Sand und bedauerte, nicht mehr Tiefsee tauchen zu können. Als ich 15 war, ich war Mitglied im Schwimmclub Zürich, sprang ich anlässlich eines Tests im Hallenbad vom 5-Meterturm im Kopfsprung hinunter. Ich muss wohl einen schlechten Winkel erwischt haben, denn als ich weit unten am Beckenboden ankam, wusste ich nicht, was oben oder unten war, ich hatte überhaupt keine Orientierung mehr. Es stellte sich beim Ohrenarzt heraus, dass mein Trommelfell völlig zerstört war. Nach 3 Wochen Behandlung war die Entzündung so weit fortgeschritten, dass ich notfallmässig ins Spital eingeliefert wurde und eine lange Operation über mich ergehen lassen musste. Ein neues Trommelfell, den Gehörgang mit Oberschenkelhaut geflickt und den angefressenen Knochen abgefeilt, 4 Wochen Spitalaufenthalt und den Verlust des Gehörs im rechten Ohr zwangen mich, die Mitgliedschaft im Schwimmclub aufzugeben. Schnorcheln darf ich immerhin noch, was ja auch sehr schön sein kann!
Plötzlich stand Siegfried wieder vor mir, ein überaus hübscher junger Deutscher der in die Schweiz kam, um als Fotograf besser zu verdienen. Er arbeitete wie ich bei der Firma Bührle, war also ein Arbeitskollege. Bis zu dieser Operation hatten wir nur in der Firma Kontakt und auch da eher spärlichen. Aber als ich aus der Narkose erwachte, stand also Siegfried an meinem Bett. Erst sah ich nur Hosenbeine, langsam wanderten meine Augen den Beinen nach hinauf und hinauf bis ich nach einer Ewigkeit Siegfrieds Gesicht in meinem Blickwinkel hatte. Er strahlte mich an und zeigte auf einen Blumenstrauss auf dem Beistelltisch, den er mir brachte, wie süss! Ich erinnere mich nicht mehr, was aus ihm geworden ist, denn nach meiner Entlassung aus dem Spital und meiner Genesung nach dem Erholungsurlaub, habe ich ihn nie wieder gesehen. Ob er wohl zurück nach Deutschland ist?
Am 17.2 konnte ich bei Travel Car Center in Adelaide, der Zweigstelle der Vermieterin meines Campers, die neuen Vorhänge und einen intakten Campingtisch abholen. Ich fand die Strasse-oh Wunder- gleich auf Anhieb. Es stellte sich heraus, dass die einen Vorhänge zu kurz waren, dafür waren Andere wiederum zu lang, aber schön blau waren sie. Die Vertretung wird von einem Schweizer Ehepaar geführt und Sibylle war äusserst freundlich und hilfsbereit. Aufgrund meines Familiennamens (ich behielt den meines Ex), fanden wir heraus, dass wir sogar über einen Onkel ihrer Mutter verwandt waren. Wie klein die Welt doch ist! Ich habe irgendwo gelesen, dass jeder Mensch über 7 Ecken mit Jedem verwandt oder bekannt sein soll, hier wären es dann nur gerade drei Ecken!!!
Ist man einmal im Stadtzentrum, scheint einem Adelaide eher eine Kleinstadt zu sein die in rasterähnlichen Strassen angelegt ist. Die Gegensätze zwischen alt und neu könnten nicht grösser sein.
Zwischen unendlich hohen Wolkenkratzer stehen zweigeschossige, mit vielen Schnörkeln verzierte Häuser aus dem 19. und 20. JH.
An der North Terrace schaute ich mir eine Kunstausstellung eines der berühmtesten australischen Maler und Bildhauers, Dowie mit Namen, an. Er hat vieler Berühmtheiten Köpfe modelliert und erinnerte mich ein bisschen an Rodin. Die Malereien waren eher im Stile Matisse und Klee. Die Dame an der Reception hatte sich überschwänglich für meinen Besuch bedankt und mir das Gästebuch hingehalten! Ob sie mich mit jemandem verwechselte?!
Ich informierte mich in der National-Library per Internet bei der NZZ über den Medaillenstand der Schweiz an den olymp. Winterspielen in Turin – 1 Gold, 1 Silber und 1 Bronze Medaille. Die Spiele dauerten doch schon einige Tage, waren das nicht etwas gar wenige Medaillen?
Direkt von der Library gibt es einen Durchgang in`s National Museum. In der 1. Etage besuchte ich die unerhört schön gestaltete Aboriginese Abteilung. Der erste Saal war der Jagd gewidmet, es gab alle Arten von Speeren mit teils wunderschönen Verzierungen in der typischen Mal- und Punktetechnik. Auch über die verschiedenen Gifte mit denen die Pfeilspitzen präpariert wurden, wie auch über das Sammeln von Früchten, Pilzen, Wurzeln zum täglichen Verzehr und zur Herstellung von Medizin, über Drogen die zu halluzinären Sinneswahrnehmungen eingenommen oder geraucht wurden und über die Rituale und Zeremonien wurde ich informiert.
Was mich sehr beeindruckte waren die wunderschönen Flecht- und Websachen wie Vorratstaschen, Sammelbehälter oder Baby-Tragtaschen, das waren nicht nur Gebrauchsgegenstände, das waren regelrechte Kunstwerke und ich hätte viel dafür gegeben, so ein Wunderstück zu besitzen.
Da waren noch die verschiedensten Gegenstände aus Holz, geschnitzte und bemalte Gefässe in Form von Einbäumen, von winzig klein bis zur Bootsgrösse.
Am Ende der Ausstellung konnten die mit schönsten Malereien verzierten Gegenstände, die für die religiösen Riten Verwendung fanden, Schilder und Masken, Ketten aus Muscheln und Schneckenhäuser, Gefässe in verschiedenen Formen bewundert werden.
Der Capuccino im Museumsgarten war genauso wie er sein sollte, mit einer wunderbaren Schaumhaube die mit Schokopulver überzogen war, der Mandelkeks mit Honig allerdings so entsetzlich süss und kleberig, dass ich nur gerade zwei Gabelspitzen voll hinunterkriegte. Manche mögens eben süss!
In der Rundle Mall ging ich noch auf Schnäppchenjagd, es war gerade Ausverkauf – Sale! Ein paar hübsche Sandaletten, 50% Rabatt, einen schokobraunen Rock mit 70% Einschlag und ein dazupassendens T-Shirt für gerade mal 5$, alles bargains!
Der 18. Februar ist der Geburtstag meines Ex-Mannes, sein 70-ster. Als erstes an diesem Morgen sandte ich ihm ein SMS um ihm zu gratulieren.
Seit unserer Scheidung vor 16 Jahren haben wir ein sehr freundschaftliches Verhältnis und einem Freund gratuliert man schliesslich zum Geburtstag, auch wenn es der 70. ist!
Die Zürcher Tram`s
Vom Victoria Square fuhr ich mit der nostalgischen Tram zurück nach Glenelg, die mangelnde Geschwindigkeit macht sie mit grossem Gequitsche wett, es tönt genau so fürchterlich wie in Zürich, auch dort quitschen alle Trams. Ich habe mich schon oft gefragt, ob es im Zeitalter der High-Tech tatsächlich nicht möglich ist, uns lärmgeplagten Menschen von solchem Lärm, der durch Mark und Bein fährt, zu verschonen! Aber schön sind sie, die Zürcher Trams, blau-weiss. Früher gab es 3 Klassen, die 1. für die Reichen, die 2. weiss ich nicht für Welche, die 3. jedenfalls für uns. Die Nr. 6 war mir die Liebste, sie fuhr zum Zoo hinauf, war innen ganz aus Holz und wenn man ganz hinten stand, konnte man das Pedal am Boden betätigen und es klingelte wunderschön. Obwohl es verboten war, drückte ich dieses Pedal jedesmal per Aexgüsi!
Aus dem Fenster schauend bekam ich einen Eindruck von den Wohnvierteln, noch nie hatte ich in einer fast 1 Million Einwohner zählenden Stadt so viele Einfamilienhäuser gesehen. Die Meisten auf relativ kleinem Terrain, eine Einfahrt mit Garage, links und rechts gerade mal 2 oder 3 Meter Abstand bis zum nächsten Grundstück. Auf der strassenabgewandten Seite meist ein winziger Rasenblätz der mit obligatem Latten- oder Drahtzaun abgegrenzt wird und, wenn`s hoch kommt eine kleine Blumenrabatte. Die Häuser sind fast alle einstöckig und mit Wellblech in den Farben grün, blau, rot oder gelb gedeckt! 2-3 Schlafzimmer, Wohn-Esszimmer mit offener Küche und was nie fehlt, und wenn die Leute noch so arm sind, ist ein immenser Kühlschrank. Solche Häuser werden zu Preisen zwischen 350 000 – 600 000 A$ angeboten was mir für die doch einfache Bauweise sehr teuer schien. Immer wieder war ich erstaunt über das hohe Preisniveau, bis auf wenige Artikel, vor allem Fleischwaren, sind die Preise mit denen in der Schweiz durchaus vergleichbar.
Glenelg ist ein touristisch bekannter und dennoch sehr charmanter Vorort von Adelaide. Leider waren die meisten Geschäfte schon geschlossen, als ich endlich dort ankam. Die Strassen waren vor allem mit jungen japanischen Touristen bevölkert die sich gegenseitig ablichteten.
Auch die hübsche griechische Taverna war dabei zu schliessen, schade, ich hätte so gerne bei Bousoukimusik mein Abendessen eingenommen! Ich träumte von Psito Arni me patates tou fournou kai choriatiki salata – Lammbraten mit Ofenkartoffeln und griech. Salat mit echtem Schafskäse! Ein paar gewechselter Worte in griechisch mit dem Wirt liessen bei mir, und wahrscheinlich auch bei ihm, Heimweh nach Ellada aufkommen. Er erzählte mir, dass es in Adelaide viele Griechen gebe und für diese sogar einen Radiosender in griech. Sprache. Ich nahm mir vor, diesen Sender auf meinem Radio im Camper zu suchen. Englisch mag ja eine Weltsprache sein, aber griechisch ist eine wunderschön klingende Sprache!
Zum Abendessen landete ich schliesslich in einer Bio-Pizzeria mit herrlicher Sicht von der Terrasse im 1. Stock auf die Strasse und das Meer. Die Pizza Marinera war fabelhaft und der weisse Chardonnay passte hervorragend.
Auf den Ortsbus, der mich hätte zum Campground bringen sollen, musste ich über eine Stunde warten und als er endliche kam, war ich weit und breit der einzige Fahrgast.
Schon bevor die Fahrt begann, fing der Fahrer zu plaudern an und fragte mich bald einmal, woher ich käme. Er nickte und sagte nur ah-Elvetia! Da wusste ich natürlich sofort, dass es sich um einen Griechen handeln musste- schon wieder ein Grieche! Von Santorini, wie sein Vater bebeas, natürlich, sei er, seine Mutter stammte von Kos, dieser wunderschönen Insel. Er habe drei Jahre als Busfahrer in Heraklion gearbeitet bevor er mit Frau und zwei Kleinkindern hierherkam, das war vor 6 Jahren. Ob er denn je wieder zurück nach Griechenland wolle, fragte ich ihn. Auf jeden Fall, er nickte, dass ihm schier der Kopf wegflog. Vor allem seine Frau hätte grosses Heimweh und sage immer, das sei kein Leben hier, es gäbe absolut keine Gastfreundchaft – keine Xenofilia, keine griechische Musik und keine Feste mit gutem griechischem Essen und Tanzen, keine schönen orthodoxen Kirchen. Es sprudelte nur so aus ihm heraus, wir waren längst in Griechenland unterwegs. Alles was Griechenland so schön und begehrenswert macht führte er ins Feld und stiess bei mir auf hundertprozentiges Verständnis.
Was denn mit den Kindern sei, wollte ich wissen. Die Schulen seien miserabel, die Kinder würden nicht genügend lernen da keinerlei Disziplin herrsche. Seine Kinder wollten aber unbedingt hier bei ihren Freunden bleiben und ausserdem sprechen sie besser englisch wie griechisch und hätten wahrscheinlich grosse Schwierigkeiten, sich wieder in einer griechischen Schule zu behaupten.
Meine Haltestelle kam viel zu schnell und es hiess, Abschied nehmen. Manolis, wie der Fahrer hiess, stand von seinem Fahrersitz auf, umarmte und küsste mich, wie es bei Griechen Brauch ist und er hatte doch tatsächlich eine Träne in den Augen. Es war eine wunderbare Begegnung und ein schöner Abschluss dieses langen Tages.
Tiefe dunkle Regenwolken hingen am nächsten Morgen über Adelaide und mein Werweisen, ob ich noch einen Badetag am schönen West-Beach verbringen solle, hatte sich von selbst beantwortet. Ich packte gemächlich meine 7 Sachen und machte mich abfahrbereit. Mein Standplatz lag im Intern-Sektor, man hätte auch sagen können, im Schweizer-Sektor, denn in 5 der 6 dort stationierten Camper waren Schweizer. Nach einigen nachbarschaftlichen Tips fuhr ich schliesslich los.
Bis zur Ueberfahrt nach Kangaroo Island blieben mir noch zwei Tage. Ich konnte die Fähre vor einigen Tagen telefonisch buchen und bekam ohne danach zu fragen, eine beachtliche Preisreduktion, da die Hauptsaison zu Ende war.
Mehrfach wurde mir abgeraten, am Wochenende dorthin zu fahren, da wegen einem Reitderby halb Adelaide auf Kangaroo sei. Wenn man es sich wie ich, von der Zeit her leisten kann, ist es immer gut, auf solche Begebenheiten einzugehen. Allerdings gibt es auf der Strecke zwischen Adelaide und Cape Jervis, von wo die Fähre ablegt, nicht eben viele Sehenswürdigkeiten, ich nahm mir vor, möglichst viel auf kleinen Nebenstrassen zu fahren. Das ist einfacher gesagt als getan, denn immer wieder musste ich umkehren, sei es, weil ich in einer Strasse ohne Durchgang landete oder in einem Wohnquartier.
Bis Aldinga führten die engen Strassen meist der Küste entlang, rauf und runter, rauf und runter über unzählige Hügel. Ich hielt einige Male am Strassenrand an, um die hinter mir fahrenden Autos vorbei zu lassen. Dann geriet ich doch tatsächlich auf eine regelrechte Pass-Strasse, die Erste überhaupt hier in Australien, eine mit ganz vielen und engen Kurven und ich las, dass es sich um den Black Hill handelte. Es war eine wunderschöne Gegend, sehr grün, mit viel Wald und beidseits der Strasse wieder mächtigen Eukalypten.
Unten, in der Ebene von Myponga glitzerte ein See, der Myponga Stausee an dessen Ufer einige schöngelegene Rastplätze eingerichtet waren. Da machte auch ich Pause und spazierte eine zeitlang dem Seeufer entlang.
In Yankalilla, einem hässlichen Ort (wozu braucht der einen so schönen Namen?) machte ich die notwendigen Lebensmitteleinkäufe fürs Wochenende und fuhr weiter nach Normanville. Die letzte Ortschaft vor Cape Jervis die am Meer lag. Ich wollte bis Montag Morgen auf diesem CG bleiben, die Zeit mit lesen und schreiben verbringen und ein bisschen stricken, ich hatte endlich in Adelaide Wolle und Stricknadeln eingekauft. Einem ruhigen, gemütlichen Wochenende stand nichts im Wege.
5. Dezember 1946
Beim stricken schweiften meine Gedanken einmal mehr in meine Vergangenheit ab. Ich erinnerte mich genau an den 5. Dezember 1946! Frühmorgens um 6 entschloss ich mich, das Licht der Welt zu erblicken. Es wurde mir definitv zu eng in meiner Höhle, ich konnte mich kaum noch bewegen. Also kroch ich langsam dem Licht am Ende des Tunnels entgegen.
Meine Eltern wohnten zu der Zeit in La Neuveville am Bielersee und meine Mutter fuhr mit dem 8-Uhr Zug in die Maternité nach Neuchatel, alleine. Sie liess meine zukünftige Schwester, die 7 Jahre zuvor als uneheliches Kind auf die Welt kam, bei ihrer Mutter in Obhut. Grossmami, wie ich sie später nennen sollte, hatte selber noch 3 oder 4 minderjährige Kinder grosszuziehen, 6, darunter meine Mutter waren erwachsen und ausgezogen. Endlich, nach langen Stunden kam das Licht näher und näher und um 15.40 streckte ich meinen Kopf hinaus in die grosse weite Welt. Der Rest meines Körpers folgte schnell nach. Ich war ein Prachtsbaby, wog 4.4 kg und auch die Länge von 53 cm war doch ganz ansehnlich. Wir blieben nicht lange in der Klinik, meine Mutter war eine unheimlich willensstarke Frau.
Sie wollte so schnell wie möglich wieder arbeiten damit der Lohnausfall nicht zu schlimm wurde. Mein Vater war nicht gerade ein Ausbund an Fleiss und verlor immer wieder seine Stelle als Schriftsetzer und Buchdrucker. Er wusste angeblich immer besser wie man was machen sollte, ein richtiger Besserwisser.
Am 16. Jänner 1948 bekam ich noch einen Bruder, ein hübsches Bübchen mit rötlichen Haaren und bald schon vielen Sommersprossen, ganz der Vater, wie er immer wieder zu hören bekam. Zu meinem späteren Leidwesen zogen wir kurz nach meinem 3. Geburtstag wieder in die deutsche Schweiz, da meine Mutter eine besser bezahlte Stelle fand. Wir wohnten in einem kurz vor dem Abriss stehenden Mehrfamilienhaus an der Brauerstrasse.
Frühmorgens brachte uns Mami in die Kinderkrippe, fuhr mit der Tram nach Oerlikon zu Bührle zur Arbeit und holte uns abends gegen 7 wieder ab. Ich höre noch, wie mein kleiner Bruder jeden Morgen wie am Spiess schrie, es war schrecklich. Mir machte das nichts aus ich konnte und kann mich bis heute sehr schnell und gut an neue Gegebenheiten anpassen und ich habe ein grosses Vertrauen in Menschen. Dies kam mir oft zugute, denn in kurzen Abständen wechselten wir die Wohnungen. Von der Brauerstrasse in die Zwinglistrasse, dann gings ins Niederdorf an die Ankengasse, von dort an die Langstrasse bis wir als ich 9 war und meine Eltern geschieden, nach Oerlikon umzogen. Ganz genau erinnere ich mich noch an eine Nacht an der Zwinglistrasse, ich war etwa 4 Jahre alt. Unsere Eltern waren aus irgendeinem Grunde nicht zuhause und meine grosse Schwester hatte die wunderbare Idee, Nidelzältli zu machen. Dazu brauchte sie viel Zucker und Milch. Sie schob gerade das Kuchenblech mit der dicklichen Masse in den Ofen, als wir Schritte auf dem Korridor hörten. Ruthli hiess mich, durch das Schlüsselloch zu schauen, was ich sofort machte. Der Schock sitzt bis heute in meinen Knochen, auf der anderen Seite des Schlüssellochs war klar und deutlich ein riesiges Auge zu sehen. Ich schrie und schrie aus vollem Hals, was das Auge dazu veranlasste, Fersengeld zu geben und eiligst zu verschwinden. Wir haben nie wieder Nidelzältli gemacht.
An der Ankengasse mochte ich einfach alles, der Grossmünsterplatz war mein privater Spielplatz und der grosse Brunnen unten am Limmatquai unser Swimmingpool. An Sonntagen im Sommer stellte uns Mami eine grosse Zinnwanne gefüllt mit Wasser auf die Dachterasse, wir bewohnten die Wohnung im obersten 6. Stock, mein Bruder Roland und ich planschten munter darin. Eines Tages entdeckten wir ein sehr unterhaltsames Spiel, wir gossen kleine Spritzer Wasser hinunter auf die Gasse und freuten uns, wenn Flüche und Gezeter von unten zu uns hinaufdrangen. Aber o weh, nach einem solchen Scherz kam dann tatsächlich ein so Geschädigter die 6 Stockwerke hoch und beklagte sich lautstark. Ob das das Ende der Baderei war, weiss ich nicht mehr.
Aber eine wundervolle Erinnerung habe ich an das bis heute existierende Geschäft Schwarzenbach. Die Auslagen im Schaufenster waren wunderschön, getrocknete Aprikosen, Orangen, Zwetschgen und allerlei Nüsse und Rosinen liessen mir das Wasser im Munde fliessen. Um an diese Leckereien zu kommen dachte ich mir etwas Geniales aus. Ich spazierte in das Geschäft und wartete, bis Frau Schwarzenbach persönlich frei war und fragte sie, ob ich für sie Einkäufe besorgen könnte. Sie schaute mich lange an, dann zwitscherte sie mit der lieblichsten Stimme, nei Schätzeli, ich ha nüt z`bsorge, aber da häsch öppis zum chnabere! Das wiederholte ich öfters und jedes Mal gab es etwas Feines zum Knabbern. Es war eine herrliche Zeit, obwohl die Stunden im Hort (Tagesstätte) nicht gerade die schönsten waren. Die Tanten dort waren dumme Gänse und hatten überhaupt kein Gefühl für einen kleinen Jungen wie meinen Bruder, der ständig davonlief und stundenlang weinte. Des öfteren musste ich dann raus, ihn zu suchen. Ich wusste allerdings genau wo ich ihn finden konnte, auf dem Lindenhof. Da sass er dann mit verweintem Gesicht und wartete nur darauf, von mir gefunden zu werden. Viele Jahre blieb ich seine ihn beschüzende grosse Schwester.
Am 20. Februar habe ich schön lange geschlafen, stand erst gegen halb neun auf und nach einem ausgiebigen Frühstück mit Rührei und den längst zur Routine gewordenen Verrichtungen wie Gashahn schliessen, Kästen und Türen sichern, Kette am Kühlschrank einklicken, Fester schliessen, Vorhänge festzurren, Campingtisch auf dem oberen Bett angurten, loszufahren.
Ich war natürlich viel zu früh bei der Fährstation in Cape Jervis, die Abfertigung der früher abfahrenden Fähre war in vollem Gange und ich war ganz froh, zuschauen zu können wie das Alles vor sich ging. Nicht Wenige der Fahrer mit Motorhomes oder Camper überliessen das Einfahren auf die Fähre dem für den Verlad zuständigen Personal! Diesen Service konnte ich ja dann auch in Anspruch nehmen, dachte ich mir! Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich mit einem Camper auf eine Fähre wagte.
Punkt 11 Uhr öffnete sich der Check-in Schalter wieder für die 12 Uhr Fähre, auf der ich gebucht war. Ich stand als Vorderste in der Warteschlange, war ja schon seit zwei Stunden auf dem Gelände, und sollte als Erste einfahren. Nichts von Abgeben des Gefährtes an irgendein Personal, es war viel weniger Personal anwesend und die hatten schlicht keine Zeit, Touristen das Einfahren abzunehmen. Auf meine Frage „is it dificult to drive in“ verwarf der Platzanweiser seine Arme und meinte lachend, no, sweetheart, it`s easy, very, very easy! Und das stimmte auch, ich konnte nämlich schön vorwärts einfahren, was für später Einfahrende nicht mehr möglich war, die mussten nämlich rückwärts einfahren. Ich fuhr also in grossem Bogen durch die ganze Fähre um auf der linken Spur zuvorderst einzuparken. Das bedeutete, dass ich nach Ankunft auf Kangaroo, oder Kiai, wie die Einheimischen diese Insel nennen, auch als Erste die Fähre wieder verlassen konnte. Bestimmt kein Nachteil, wenn man an die Abgase der vielen Autos und Lastwagen denkt. Es können insgesamt 50 PKW und 12 Lastwagen auf dieser Fähre geladen werden.
Die Ueberfahrt verlief trotz stark bewölktem Himmel sehr ruhig, allerdings bin ich fast erfroren wegen der viel zu niedrig eingestellten Klimaanlage in den Salons der Fähre. Vielleicht verhindert ja Kälte Seekrankheit, wer weiss?
Ich freute mich riesig auf KI und der erste Eindruck nachdem wir anlegten war durchaus positiv. Nicht weit der Anlegestelle befindet sich das Island Visitor Center, das ich besuchte. Die Broschüre what`s to do-what`s to see, enthielt Kartenausschnitte und Wandervorschläge und die freundliche Dame am Schalter markierte mir zusätzliche Highlight`s wie etwa die Schafmilchkäserei, eine Lavendelfarm und verschiedene Art-Galleries.
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Schon nach wenigen gefahrener Kilometer empfand ich, dass auf dieser Insel das Leben noch viel gemütlicher abläuft wie auf dem Festland, man winkt sich aus den Auto`s gegenseitig zu und die Einheimischen wollten mich partout nicht überholen, obwohl ich sehr langsam unterwegs war. Ich musste jedes Mal, wenn ich einen Wagen im Rückspiegel sah, an den linken Strassenrand. Blinker rein und anhalten, erst dann fuhren sie an mir vorüber. Schon bald hatte ich wieder das Gefühl, alleine unterwegs zu sein, vor allem, als ich von der Hauptverkehrsroute nach American River abzweigte.
Ich fuhr mit kaum 60 und genoss die Fahrt, der Himmel über KI war blau, richtig schön tiefblau. Sanfte Hügel reihten sich aneinander, das Gras war bereits verdorrt und der Weizen abgeerntet, die Felder schimmerten golden, immer wieder unterbrochen durch Baumgruppen von Pinien und Kasuarinen. Es ging eindeutig dem Herbst zu. Natürlich fehlten auch hier verschiedene Arten von Eukalypten nicht.
American River ist kein eigentliches Dorf, es reihen sich einige Häuser entlang der Strasse, das einzige Geschäft war der Shop bei der Tankstelle, an der ich Fröschlein für die Tage auf der Insel voll tanken konnte. Bei 145 Km Länge und 48 Km Breite würde ich wohl nicht hunderte von Km fahren.
Viele Ortschaften waren nur mittels Gravel Roads erreichbar und ich hatte mir fest vorgenommen, nicht viele Kilometer auf solchen zu fahren!
Für die erste Nacht richtete ich mich direkt am Ufer der Pelican Lagoon ein und stellte meinen Camper so zum Ufer, dass ich vom Essplatz aus auf das Wasser sehen konnte. Noch nie sah ich so viele schwarze Schwäne, es waren bestimmt mehr wie hundert und alle fleissig damit beschäftigt, ihre Köpfe mit den Knallroten Schnäbeln unter Wasser zu tauchen um Futter zu holen. Es dauerte gar nicht lange bis 4 Pelikane angepaddelt kamen um von mir Futter zu erbetteln. An vielen Orten stehen grosse Tafeln die darum bitten, keine Tiere zu füttern, so liess ich das Füttern bleiben, obwohl sich bei mir eine Tüte mit Altbrot angesammelt hatte.
Ein kurzer Spaziergang ins Dorf liess mich eine Ueberraschung erleben! An einer Strasse, die steil in den oberen Teil des kleinen Ortes führte, stand ein Schild mit einem aufgemalten, fröhlich lachenden dicken Buddha das auf einen indischen Ashram mit Meditationsraum hinwies. Erst wollte ich hingehen, liess es aber dann doch bleiben. Meditieren konnte ich schliesslich überall und auch alleine.
Zurück auf dem Campground, es war schon gegen acht, war eben eine junge Familie angekommen. Die beiden Kinder waren im Alter von etwa 6 und 3 Jahren, sollten aber schon beim Aufstellen des Zeltes helfen, was sie eindeutig überforderte. Mutter und Vater hatten die grösste Mühe, Stangen einzufahren, zusammenzuhalten und mit Häringen zu befestigen. Immer wieder brach alles in sich zusammen und die Kinder stritten sich und weinten, es war das absolute Chaos.
Ich bot meine Hilfe an, obwohl ich von Zeltaufstellen keine grosse Ahnung hatte! Es stellte sich heraus, dass es sich um ein deutsches Ehepaar handelte, also war die Verständigung schon mal einfach. Erst als wir herausfanden, dass wir das Gestänge nicht in der geforderten Reihenfolge eingeführt hatten und nochmals ganz von vorne begannen, klappte es schliesslich!
Es war längst stockdunkel und sobald mir schien, dass der junge Mann und ich den Rest alleine schaffen könnten, schickte ich die Mutter, ihren Kinder Abendbrot zu geben. Und tatsächlich, sobald die Kleinen auf den Rücksitzen im Wagen mit einem Teller voller Marmeladenbrote sassen und mampften, kehrte Ruhe ein. Nun konnte auch die Mutter wieder mithelfen.
Das Zelt, das wie ein überdimensioniertes Iglu aussah, stand endlich, mit allen Häringen und Halteschnüren versehen, an seinem Platz. Der sehr starke, fast schon stürmisch blasenden Wind erschwerte das Aufstellen und wie mir das Paar erklärte, war es auch das 1. Mal, dass sie so ein Zelt aufzustellen hatten. Sie waren erst vor vier Tagen in Adelaide angekommen und verbrachten dort diese ersten Tage in einem Cottage. Nachdem ich für die Kinder in meiner Camperküche Milch aufwärmte, konnten die Kleinen endlich ins Bett gebracht werden.Vertrauen
Auch heute noch wundere ich mich über das immense Vertrauen, das meine Mutter in uns Kinder und die Menschen im Allgemeinen hatte. Sie liess uns, meinen Bruder und mich, schon im Alter von 11 und 12 alleine übers Wochenende per Velo an den Thürlersee zum Campieren fahren. Wir hatten ein winziges 2er Zelt, einen kleinen Gaskocher und einige Büchsen mit Ravioli und weissen Bohnen mitdabei. Mein Bruder Roland war schon als Kind handwerklich sehr geschickt und im Nu hatte er jeweils das Zelt aufgestellt. Wir schwammen und plantschten im Thürlersee ohne irgendwelche Aufsicht, spielten zusammen Federball und fühlten uns frei und glücklich. Am Sonntagabend gings dann wieder zurück nach hause. Um mir eine Freude zu machen, radelte er jeweils wie ein Verrückter voraus, und nachdem er seine Fracht abgeladen hatte, zu mir zurück kam, um meine Fracht zu übernehmen.
Das Zelt der Familie stand am nächsten Morgen noch – oh Wunder – und die Kinder tummelten sich fröhlich auf der grossen Wiese, alle vier winkten mir zu, als ich den Platz verliess, um nach Kingscote zu fahren.
Von den 5 000 Einwohner der Insel lebt der grösste Teil in und um die Hauptstadt Kingscote, dort gibt es alles, was zum Leben nötig ist. Ich bekam meine Gasflasche wieder aufgefüllt und deckte mich mit Vorräten für die 3 kommenden Tage ein. An Sehenswürdigkeiten gibt es nicht allzu viel, die Jetty und der Hafen vielleicht!
Mein nächstes Ziel war die Emu Bay im Nordosten. Auf dem Weg dorthin besuchte ich die Lavender Farm, leider war die Blütezeit der Pflanzen vorbei, aber der kleine Shop war den Besuch doch wert, ich erstand eine Kerze und einen Spray gegen schlechte Gerüche, natürlich mit Lavendel-Aroma.
Nur kurz war das Vergnügen, auf asphaltierter Strasse zu fahren, schon wenig ausserhalb Kingscote ging sie wieder in eine dieser schrecklichen Bukkelstrassen über, dabei sah es auf der Karte wie eine Hauptverbindung aus!
Ausser einem sehr schönen Blick auf das türkisfarbige Meer gab es in Emu-Bay nichts Besonderes, die Bucht war zum Schwimmen ungeeignet, kein Haus, kein Campingplatz, nichts. Also auf zur Stokes Bay die mir mehrmals empfohlen wurde.
Obwohl 36 Km Piste vor mir lagen, war ich guten Mutes, wer was Schönes sehen will, muss halt manchmal tief unten durch. Die ersten 10 Km waren ganz passabel, die Strasse wurde offensichtlich erst vor kurzer Zeit in Stand gestellt, aber dann kam`s halt wieder ganz arg, ich konnte die nötigen 60 Km/H unmöglich einhalten, es gab zu viele und zu tiefe Schlaglöcher. Es blieb mir nichts anders übrig, als ganz langsam zu fahren, diesmal nahm ich es aber äusserst gelassen, es gab ja viel Interessantes zu sehen.
Immer wieder kam ich an breiten Einfahrten zu Farmen und Villen mit riesigen Parkanlagen vorbei. Es schien sich um recht begüterte Einwohner zu handeln, die es vorzogen, jeden Tag auf staubiger Landstrasse zur Arbeit zu fahren, dafür den Feierabend in herrlicher Gegend und Stille zu verbringen!
Als ich in Stokes Bay einfuhr musste ich erst lachen, das also soll die berühmte Stokes Bay sein? Zählte ich 5 oder 6 Häuser? Am Strand grossspurig ein riesiger Parkplatz zu dem ein Kiosk und ein winziges Café gehörte, dahinter ein kleiner Campingplatz der alles andere als einladend wirkte. Während ich genüsslich das leckere Eis schlabberte, einem Magnum nicht unähnlich, spazierte ich zum Strand und entdeckte ein Schild –Rock Trail. Auf der Infotafel liess ich mich belehren, dass es ennet der Felsen einen wunderschönen Strand mit feinem Sand geben soll.
Nichts wie hin also, Badesachen, Wasser und Sonnenschutzmittel sind schnell aus dem Camper geholt und ich machte mich auf eine zwar nicht lange, aber doch über den Hügel führende steile Wanderung gefasst. Es ging auf Mittag zu und es war ganz schön warm. Der markierte Weg führte aber nicht etwa über den Hügel sondern unter diesem durch. Es gab nämlich einen Durchgang durch das zerklüftete Gestein, an der schmalsten Stelle gerade noch 40 cm breit und in nur 5 Min. erreichte ich diesen wunderschönen Strand.
Die ankommenden Wellen schlugen nur sanft auf und es war ein idealer Platz, um wieder einmal richtig zu schwimmen. Die 4 deutschen Wanderinnen, die ich zuvor am Kiosk antraf, planschten bereits im seichten Wasser einer durch grosse Steine abgeschirmten Lagune. Ich zog es vor, ins richtige Meer hinaus zu gehen und übersprang die 2, 3 ankommenden Wellen bis ich in ruhigerem Wasser landete. Ich schwamm trotz grossem Verlangen nicht weit hinaus, sondern parallel zum Strand wie ich es mir seit ich in Australien war, angewöhnt hatte. Ich blieb lange im Wasser, liess mich immer wieder an Land spülen um wie eine Robbe wieder in tieferes Wasser zu gelangen. Es gibt doch nichts Schöneres, als im Meer zu schwimmen, oben der blaue Himmel und ringsherum Wasser, Wasser und noch mehr Wasser.
Ueber Parnanda führte mich, immer noch Gravelroad, die Strasse zum Flinders Chase NP. Die 22 Km hatte ich gut hinter mich gebracht und durfte im Visitor Center, es handelt sich um eines der modernsten und schönsten Visitor Center`s, wo man auch die Campingplätze buchen und gleich bezahlen, anhand der Platzübersicht einen Platz aussuchen muss, natürlich den Schönsten (mit beratender Hilfe der Rangerin). Ich wollte zwei Nächte hier verbringen, denn es gibt enorm viel zu unternehmen. Im dazugehörenden Shop erstand ich zwei hübsche Tassen für Joshua und Sharon, meine Enkelkinder. Die eine war innen schwarz und aussen weiss mit aufgemalten Koalabär, die Andere konträr.
Gegen halb sechs abends startete ich zur Platypus Waterholes Wanderung, ich hatte ein Merkblatt mit den Wandermöglichkeiten im Park und den anzutreffenden Tieren dabei. Nachdem mir die Rangerin vergebens mit Händen und Füssen zu erklären versuchte, wie so ein Platypus aussieht, holte sie ein Buch hervor und zeigte mir ein Bild. Es handelt sich um ein Schnabeltier, vorwiegend im Wasser lebend und ausgewachsen etwa 50 cm lang inkl. Schwanz, mit braunem Fell bekleidet, nicht unähnlich eines Bibers in Kleinformat. Abends oder früh morgens soll die beste Zeit sein, um diese Tiere auf den dafür vorgesehenen Plattformen zu beobachten, dann sind sie auf Nahrungssuche!
Erst führt ein schmaler Fusspfad durch eine wunderschöne Ebene die über und über mit einer Art Segge bewachsen ist, Büschel an Büschel, wie wenn jemand sie gepflanzt hätte. Dann folgt ein Uebergang, ein Holzsteg, auf dem man die Schuhe an rauhen Bürsten putzen muss (um keine Samen die sich in den Rillen der Schuhsohlen befinden könnten, zu transportieren) zum Eukalyptuswald. Auf dem eigentlichen Rundweg des Platypus-Waterholes, der nur 1,5 Km misst, sind 6 verschiedene Plattformen angebracht die direkt an den Wasserteichen liegen um diese seltenen, und noch nicht im ganzen Lebensablauf erforschten Tiere beobachten zu können.
Das Glück war mir nicht hold, obwohl ich jede Plattform aufgesucht hatte und geduldig wartete und jeder noch so kleinen aufsteigenden Blase im Wasser meine vollste Aufmerksamkeit schenkte, konnte ich nicht den Schatten eines Tieres erhaschen. Traurig war ich deswegen keineswegs, hatte ich doch kurz nach Verlassen des Campgrounds zwei Koala`s gesehen, die ersten freilebenden Tiere dieser Art in meinem Leben. Eines war am Schlafen, was diese Tiere wegen der niederen Energiezufuhr ihrer Nahrung, die ja ausschliesslich aus Eukalyptusblättern besteht, während 19 Stunden am Tage tun, und das Andere war auch nicht gerade ein Ausbund an Sportlichkeit, bewegte sich aber immerhin und glotzte mich gelangweilt an! Das war schon einmalig.
Aber noch etwas anderes hatte ich entdeckt, ein Rascheln am Boden weckte meine Neugierde und so leise wie es auf dem mit trockenen Blättern belegten Boden möglich war, schlich ich mich an das Geräusch heran. Eine stachelige, braun-orange Kugel mit einer dünnen, langen Nase schnüffelte in den verrottenden Baumstämmen nach Essbarem. Als ich mich ihm näherte, rollte es sich schnell ein, dafür stellten sich seine Stacheln senkrecht auf. Sachte setzte ich mich auf einen danebenliegenden Baumstrunk und wartete geduldig mit der schon auf die richtige Distanz eingestellten Kamera. Es dauerte gar nicht lange und der kleine Rüssel kam wieder zum Vorschein und fing sogleich wieder mit dem Ablutschen der in einer Strasse wandernden Ameisen an. Es war gar nicht so einfach, den Echinda, wie das Tier heisst, schön ins Bild zu kriegen, denn sobald ich mich bewegte, zog es seinen Kopf wieder ein.
Ueberall in den Baumkronen wimmelte es von Vögeln die ich leider nicht zu Gesicht bekam, aber die verschiedenen Laute tönten wie E-gypt oder did-you! Auch ohne Platypus-Sichtung war es eine meiner schönsten Wanderungen bisher. Das letzte Teilstück musste ich bei Dunkelheit hinter mich bringen, leider hatte ich keine Taschenlampe mit dabei (wieder etwas gelernt). Aber mein Heisshunger trieb mich sowieso zu einer schnelleren Gangart und als ich im Camper ankam, stürzte ich mich förmlich in meine winzige Camperküche. Während ich damit beschäftigt war, Gurken, Tomaten und Zwiebeln für einen griechischen Salat zu schneiden, bekam ich Besuch. Ein Campsite Wallabie streckte frech den Kopf in meinen Camper und schickte sich an, die zwei Stufen hinaufzusteigen. Sanft bugsierte ich es hinaus, wo es die ganze Zeit während ich ass, sitzen blieb und hoffte, es würde etwas abfallen.
Ich hatte vergessen, den Wecker am Handy zu stellen, ich wollte doch schon um halb sieben losmarschieren. Die Rangerin hatte mir gesagt, dass die meisten Tiere frühmorgens zu beobachten seien und genau das wollte ich auf dem River Rock Trail auf einer 9 Km langen Rundwanderung machen! Weil ich also nicht früher aufwachte, meine innere Uhr schien stehen geblieben zu sein, ging ich „erst“ um 7.15 los, es war noch gar nicht lange hell und ich hatte den Eindruck, dass auch die Natur noch schlief, was sich dann sehr schnell änderte.
Wie die Sonne durchbrach ertönte über, neben und hinter mir ein Gezwitscher und Geflatter von tausenden der verschiedensten Vögel. Elstern mit ihrem lauten Wrah-wrah, Honigpicker, Papageien und viele andere Vogelarten die ich nicht kannte. Der Weg führte über weite Strecken dem Rock River entlang. In den Sümpfen, die ich nach den Platypuses absuchte, bewegte sich leider gar nichts. Als ich um eine Kurve bog, stand so plötzlich ein Possum vor mir auf dem Weg, dass ich mich im Moment erschreckte, das pelzige Tier mit dem Ringelschwanz übrigens auch. Es blieb eine Weile reglos stehen und schaute mich mit runden Knopfaugen an bevor es ins Dickicht trottete und verschwand.
Leider waren ausser einem wunderschönen farbigen Käfer und einer Riesenameise, die ich mit Hilfe meines Makros digital aufnehmen konnte, keine weiteren Tiere mehr zu entdecken, dafür zog mich die Vegetation total in ihren Bann. Riesige Kränze der stacheligen Grasbäume füllten grosse Flächen, darüber die verschiedenen Eukalypten, die sich auch in der Höhe sehr unterscheiden, gelbblühende Akazien und ein Strauch, der unserer Baumheide nicht un ähnlich ist.
Nach 2,5 Stunden zügigem wandern hatte ich mir mein Frühstück redlich verdient. Eigentlich hätte ich eine Dusche bitter nötig gehabt, aber es lockten die Remarkable Rocks und Admirals Arch, die nach 15, resp. 17 Kilometer auf juhui, geteerter Strasse zu erreichen sind. Beim Admirals Arch wurden im Zick-Zack Holzstege angelegt um die Küstenvegetation zu schützen. Diese führten zu dem bizarr geformten, von oben überhaupt nicht einsehbaren Steinbogen, dem Admirals Arch. Die Wellen klatschten mit lautem Getöse auf die abgeschliffenen Felsplatten und wohin man blickte, Seelöwen. Fast jeder Platz schien besetzt. Sofort fiel mir ein weisses Tier auf, scheinbar gibt es auch bei Seelöwen Albinos. Die ausgewachsenen Tiere sind immense Brocken! Einige von ihnen schienen gerade im Begriff zu sein, ihr Fell zu erneuern, lange Fetzen des alten Kleides hingen an ihnen hinunter.
Auch im Wasser tummelten sich Tiere, tauchten unter um kurze Zeit später neugierig ihre Köpfe wieder rauszustrecken und die Umgebung zu mustern, sie schienen das sehr zu geniessen. Ich meinerseits musste mich mit aller Kraft gegen den extremen Wind stellen der mir immer wieder Sand in die Augen trieb, aber es war ein unvergesslicher Anblick, sowohl was die Tiere betraf wie auch die geologischen Formationen.
Nur wenige Kilometer weiter erwartete mich das nächste Highlight, die Remarkable Rocks. Schon von Weitem sieht man am Rande der Klippen merkwürdige, in den Himmel ragende, steinige Gebilde! Je näher man kommt, desto markanter werden die aufeinandergetürmten Felsen. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass erlaubt wird, auf die Felsen zu steigen. Die Abnützung durch Millionen von Touristen muss weit geringer sein als die Erosion, die seit Milliarden von Jahren im Gange ist. Es handelt sich um grauen und roten Granit der bei der Entstehung der Erde vor ca. 4,5 Milliarden Jahren von heissem Magma zu langsam erstarrtem Gestein wurde. Es handelt sich also um sogenanntes Tiefengestein. Interessant und wunderschön anzuschauen waren die vielen Einschlüsse, die Schwarzen waren besonders attraktiv da sie sich stark vom umliegendem rotem oder grauem Gestein abhoben. Auf einigen stark erodierten Felsen bildete sich Leben in Form einzelliger Flechten die von blossem Auge nicht auszumachen, aber im Verband als Teppich gut erkennbar sind und die durch Absterben die erste mikroskopisch dünne Schicht von Humus bilden auf der sich wiederum Moose und Farne ansiedeln – die Pionierpflanzen! Und irgendwann, nach einer Ewigkeit, sieht man vor lauter Erde, Pflanzen oder Bäumen die Felsen nicht mehr!
Auf dem nahegelegenen Lookout habe ich mein Fröschlein so parkiert, dass ich während meiner Mittagsrast direkt auf die Felsen schauen konnte. Schlussendlich blieb ich noch bis drei Uhr dort, stieg nochmals auf die Felsen und habe die rauen Steine immer wieder angefasst und gestreichelt! Ich bat sogar Anwesende, mich vor den Felsen mit meiner Kamera abzulichten!
Kurz nach Verlassen des Flinders Chase NP machte ein Schild auf den Koala-Trail aufmerksam. Nur mit der Kamera bewaffnet, machte ich mich auf, Koala`s in Hülle und Fülle zu sichten. So intensiv ich auch in die rotstämmigen Eukalypten hinauf starrte, da war keine Verdickung in einer Astgabel, kein dunkles Wollknäuel, nichts bewegte sich.
Ich war schon fast am Trailende, als ich endlich so ein hellbraunes Fellknäuel erblickte. Noch während ich mit der Bildeinstellung beschäftigt war, wachte es auf und sehr langsam streckte es seine Beine von sich, guckte ruhig einen Moment auf mich hinunter um gleich darauf wieder einzuschlafen!
Vor lauter Freude über meine Entdeckung hatte ich gar nicht bemerkt, dass ich nicht mehr alleine war. Dicht neben mir stand ein Fotograf, ein englischer Fotograf (er stellte sich als solchen vor), der mir schon mehrmals an verschiedenen Orten mit seinen riesigen Objektiven aufgefallen war. Mit seinem Profi-Zoom konnte er den kleinen Kerl natürlich so nah heranholen, dass jede Einzelheit von ihm erkennbar war. Der nette Mister zeigte mir dann noch einen anderen Koala an dem ich, ohne ihn zu sehen, vorbeigegangen war. Zusammen spazierten wir, immer Augen in die Höhe, den Weg zurück und als wenn der Bann gebrochen wäre, haben wir beide nochmals je einen Koala in den Kronen der Bäume entdeckt. Es war ein erhebendes Gefühl, wildlebende Koala`s zu sehen, ich war richtig glücklich beim Anblick dieser drolligen Kerle. Hier werden sie hoffentlich überleben! Es sind nämlich nicht alle Einwohner für den Schutz der Koala`s, es gibt sogar eine Vereinigung von Farmern, die die Tiere abschiessen möchten, da viele Eukalyptus Bäume durch das Kahlfressen absterben und so das Holz nicht mehr verkauft werden kann.
Auf der Weiterfahrt, ich wollte unbedingt noch in die Vivonne Bay, machte ich einen Zwischenhalt im Hanson Sanctuary. Auch hier sollen Koala`s leben. Auf der grossen Wiese beim Eingang wurde ich von wunderschönen Graugänsen mit grellgrünen Schnäbeln empfangen. Sie pickten genüsslich die Schnecken aus dem Gras, waren aber sehr scheu. Sobald ich mich ihnen nähern wollte (um die grünen Schnäbel von schön nahe auf den Chip zu bannen) flogen sie auf, um sich 100 Meter entfernt niederzulassen. In der etwa 400 Meter langen Eukalyptusbaum-Allee entdeckte ich in kurzer Zeit 6 der scheuen Koala`s. Lange habe ich zwei von ihnen, die wach waren und sich, wenn auch langsam, bewegten, zugesehen wie sie Blatt um Blatt in den Mund schoben. Ich verliess den Platz erst, als mich mein Nacken vom steten hinaufschauen schmerzte. Und wenn ich fortan keinen einzigen Koala mehr zu Gesicht bekommen sollte wollte ich mehr als zufrieden sein, einige Tiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet zu haben.
Der Leuchtturm von Vivonne Bay sieht einer Schachfigur ähnlicher denn einem Leuchtturm, er ist richtig niedlich und klein, erfüllt aber dank Solarpanel seine Aufgabe ohne menschliche Präsenz. Auch an diesem Ort befinden sich wunderschöne, in Schräglage geschieferte Felsplatten und Verwerfungen die in der tosenden Brandung liegen. Auch hier ein langer Holzsteg ins Meer hinaus von dem die Fischer ihre Angelruten auswerfen. Die Bucht ist voller Fischerboote, offenbar handelt es sich um gute Fanggründe, schade nur, dass keines reinkam, damit ich frische Fische hätte einkaufen können. Es war eine Ewigkeit her seit Coffin Bay und ich hatte grosse Lust auf frische Fische!
Zum ersten Mal seit vielen Jahren (das letzte Mal muss es auf einer Aegypten Tour gewesen sein) schloss ich mich einer geführten Tour an. Erst sehr widerwillig, aber der Ranger im Visitor Center der Seal Bay überzeugte mich, anstelle des einfachen Eintritt-Tickets für 7.50 $ die geführte Tour für 13$ zu buchen, denn zum Strand hinunter, an dem die Seehunde gut zu beobachten sind, kommt man eben nur mit Führung eines Rangers.
Da noch etwas Zeit bis zur Führung blieb, machte ich den Boardwalk, das, was man mit dem einfachen Eintritt machen darf. Ein Holzsteg führt in vielen Windungen Richtung Strand. Bei einer Plattform, von der aus die Seehunde aus vielleicht 150 Meter Distanz zu beobachten sind, ist dann allerdings Ende. Einzelheiten kann man von so weit weg wirklich nicht erkennen.
Ein noch in Ausbildung zum Ranger befindlicher junger Mann begleitete die kleine Gruppe von 7 Personen die aus zwei Russen, zwei Japaner mit Baby, zwei jungen Italienern und meiner Wenigkeit bestand! Es regnete, nur leicht, aber ich war bald schon ziemlich nass, aussen vom Regen und innen durch das Schwitzen, denn es war sehr schwül! Das spürte ich allerdings alles nicht mehr als wir uns den Seehunden, die auf dem Sand herumlungerten, näherten. Der junge Ranger bemühte sich sehr, uns jede Einzelheit aus dem Leben der Seehunde zu vermitteln und es durften auch Fragen gestellt werden, wovon die Italiener auch ausgiebig Gebrauch machten. Sie löcherten den jungen Ranger buchstäblich mit den dümmsten Fragen, wollten sie ihn fertigmachen, oder waren die beiden wirklich so blöd wie sie schienen?
Plötzlich, mitten in den Erklärungen, näherte sich uns eine spielende Gruppe Seehunde und wir mussten uns schleunigst um einige Meter zurückziehen. Es war auch ein mächtiger Bulle dabei, das Oberhaupt dieser Familie. Die Männchen sind um einiges grösser als die Weibchen und können bis 400 Kg schwer werden, ihr Fell ist dunkler und hinter dem wuchtigen Kopf zeichnet sich ein goldfarbener Fleck ab. Schon kurz nach der Geburt eines Jungen sind die Weibchen wieder heiss, was die Bullen dazu bringt, sich in ihrer Nähe aufzuhalten um sich wieder zu paaren. Mir schien, dass sich die Halbwüchsigen genauso aufführten wie das bei den Menschen der Fall ist, protzen, sich grösser machen, so tun als ob!
Die Stunde, die die Führung dauerte, war viel zu schnell um und Regen und Schuhe voller Sand waren Bagatellen.
Ein wunderschöner Tag ging auf dem CG von Kingscote zu Ende. Allerdings folgte nochmals ein absoluter Höhepunkt beim abendlichen Spaziergang dem Strand entlang. Der Regen hatte aufgehört und hin und wieder drangen die letzten Sonnenstrahlen durch die Wolken. Zu meiner Linken, über das Meer Richtung Osten, bewegten sich die Wolken in dunkelgrau und orange, ein zarter Regenbogen schwang sich in grossem Bogen, Richtung Westen schimmerte der Himmel in den herrlichsten Farben die man sich nur vorstellen kann. Streifen von gold wechselten mit tiefviolett, gingen über in grelles gelb und durchschimmerndes helles blau. Von Minute zu Minute veränderte sich der Himmel, was gelb war wurde orange, kitschiges pink erschien um in unnachahmliches blau und lila überzugehen. Die Wolken zerfielen in Fetzen, wurden zu leuchtenden Fahnen, alle Farben dieser Welt versammelten sich am Himmel über Kingscote. Wie sollte es möglich sein, ein Abbild dessen herzustellen, sei es in Malerei oder Fotografie! Nie wird der Mensch fähig sein, etwas so Einzigartiges in irgendeiner Form wiederzugeben, aber in sich aufsaugen, sich mitreisssen lassen zu unerhörten Glücksgefühlen, das kann der Mensch, und daraus Kraft schöpfen und demütig werden!
Es war Sonntag der 26. Februar, ich sass vor meinem Camper, direkt am Murray River in Mannum. Am vergangenen Freitag fuhr ich die kurze Strecke von Penneshaw, einmal mehr auf Holperpiste, zur Antichamber Bay, ein lauschiger Ort an einer Lagune mit schönem Pick-Nickplatz unter Bäumen an dem ich ausgiebig badete und die letzte Nacht auf Kangaroo Island verbrachte. Es waren wunderschöne Tage, die ich auf dieser bezaubernden Insel verbracht hatte und auf der Fähre zurück nach Adelaide, lernte ich Maud, eine pensionierte Lehrerin, kennen. Lachend erzählte sie mir, dass sie gleich von zwei ihrer ehemaligen Schülerinnen die auf KI leben, wiedererkannt wurde. Als die Eine sie fragte, ob sie sich an sie erinnern könnte, hätte sie zur Antwort gegeben, sie könne sich nur an die Schlechten und Bösen erinnern, also müsste es sich bei ihr um eine der Guten handeln. Maud lachte wie ein Spitzbube, sie war eine äusserst charmante und junggebliebene Lady in den 80iger und liebte es, in ihrem Land umherzureisen. Sie besucht all die Orte, in die es ehemalige Schüler von ihr verschlagen hat und von denen sie weiss! Sie erzählte mir, dass sie mit 30 den Vater eines Schülers geheiratet hatte, ein Witwer mit 4 Kindern, dazu kamen dann noch 3 gemeinsame Kinder, schon fast eine ganze Schulklasse wie sie lachend meinte.
Meine Grossmutter
Ich erzählte ihr von meiner Grossmutter, die 16 Kinder gebar, vier oder fünf starben allerdings kurz nach der Geburt oder wurden tot geboren. Grossmami war eine unglaubliche Frau, in ärmsten Verhältnissen im Kanton Thurgau aufgewachsen musste sie als Aelteste schon als kleines Kind im Haushalt und bei der Betreuung der nachkommenden Kinder mithelfen. Sie erzählte mir, wie sie im Winter ganz nahe dem Holzofen Socken für ihren Stiefvater stricken musste. Vorne war es einigermassen warm, aber der Rücken und die Beine jeweils eiskalt. Ihr Stiefvater war ein armer Landarbeiter. Ohne Land und Hof als Gelegenheitsarbeiter war das Einkommen mit so vielen Kindern ungenügend und die Mutter musste mit Heimarbeit dazu verdienen, nähte Schürzen bis tief in die Nacht hinein. Sie erzählte mir, dass sie erst als erwachsene Frau zum ersten Mal Unterhosen trug und einfach die Beine ein bisschen auseinander stellte, wenn sie jeweils pinkeln musste. Die Schule durfte sie nur bis zur 6. Klasse besuchen, dann hiess es arbeiten in einer Fabrik, dannzumal noch 10 und mehr Stunden am Tag! Um von dieser Misere wegzukommen liess sie sich mit einem wie sie sagte besseren Herrn ein, in der Hoffnung, dieser Herr würde sie heiraten. Als er aber von der Schwangerschaft hörte verschwand er und wurde nie mehr gesehen.Dieses Kind wurde dann meine Mutter. Wenig später lernte sie einen armen Schlucker kennen, verliebte sich in diesen und sie teilte ein ganz ähnliches Schiksal wie schon ihre Mutter zuvor. Ich liebte sie von ganzem Herzen, sie war eine unglaublich warmherzige und liebevolle Grossmutter und ihr Sonntagsgericht, Kaninchen und Kartoffelpuree war unschlagbar. Mein Bruder Roland liess sich nur zu Einladungen bei Grossmutter dazubringen, das Sonntangsgewand mit Hemd und Krawatte anzuziehen. Später, als sie eigentlich schon fast im Rentenalter war, zog sie Bruno, meinen Cousin, das uneheliche Kind von Tante Edith, gross und arbeitete dafür noch viele Jahre über das Rentenalter hinaus. Als sie mit mit 84 ins Altersheim übersiedeln musste, war sie sehr unglücklich und empfand die Hausregeln als unausstehbar. Meine Schwester und ich wechselten uns ab und holten sie zusammen mit unserer Mutter alle 2 Wochen ab und machten mit ihr einen Tagesausflug. Sie wünschte sich jedesmal, ins Bernbiet gefahren zu werden, da sie die truzigen Bernerhäuser mit den üppigen Blumenkästen sehr liebte. Sie starb nur ein Jahr später und hinterliess eine grosse Lücke.
Auf dem Weg nach Murray Bridge, ins sogenannte Riverland, machte ich in Victor Harbour den empfohlenen Spaziergang über die lange Jetty zur Granit-Insel auf der man auf einem 2Km langen botanischen Rundgang die kleine Insel umrunden kann. Ich wähnte mich fast auf einer der Kykladeninsel, auch hier dufteten die Kräuter und Gräser in steinigem Gelände. Natürlich war auch der Blick auf Victor Harbour, ein sehr touristischer aber hübscher Ort, mehr als lohnenswert. Es ist herrlich, in einem der Strassencafè`s zu sitzen und den vorbeiflanierenden Menschen zuzuschauen. Auch hier gilt „Sehen und gesehen werden“.
Hier, wie im nahegelgenen Barossa Valley haben sich viele Deutsche Einwanderer niedergelassen, nicht zu übersehen das Cafè Bavaria mit einer Kuchenauswahl, die sich sehen lassen konnte und, gross angeschrieben, Jakob`s Filterkaffee! Wenn man genau hinhörte war auch die meistgesprochene Sprache deutsch. Auch auf dem grossen Platz beim Hafen entdeckte ich einen der vielen Fressalienwagen, der sich Klaus Wurstladen nannte und mit Bockwürsten, Frankfurter- und Weisswürstel Kunden anlockte.
Leider musste ich in Murray Bridge erfahren, dass die schönen Raddampfer-Schiffe nur noch die 5-Tage Cruise oder die 2-stündige Flussfahrt anboten. Ich wollte doch mit dem Zustupf, den mir meine Schwester Ruth bei unserem Abschied zusteckte, eine 2-tägige Flussfahrt, die ungefähr 350 $ kosten sollte, mitmachen. So eine 5-tägige Tour wäre schon was ganz Tolles, würde mich als Single allerdings gegen 1600$ kosten, was mir dann doch zu teuer war. Vielleicht, so hoffte ich, war ja in Mannum das nur 45 Km entfernt und auch am Murray lag, etwas zu haben. Dort befindet sich der Heimathafen der berühmten Murray-Princess, die ein breites Angebot anbietet. Aber leider hörte ich dort die gleichen Argumente wie in Murray River, dass die Hauptsaison zu Ende sei! Ich buchte also die Nachmittags-Tour mit High-Tea, Devontea mit heissen Scones, Erdbeermarmelade und Schlagsahne.
Helen, die Kapitänin, pries in ihren Ausführungen immer wieder die mit allem Luxus versehenen Hausboote die auf dem Fluss gemächlich dahin tuckerten, an.
Mannum ist ein idealer Ort, um solch ein Hausboot zu mieten und nicht Wenige der Einheimischen leben ganz gut von diesem Geschäft! Auch gibt es viele gute Parkmöglichkeiten, um den eigenen Wagen während Wochen günstig stehen lassen zu können.
Wir fuhren an einigen dieser Villenboote ganz nahe vorbei, sodass man einen Blick darauf werfen konnte, und tatsächlich, da ist enorm viel Luxus zu bewundern!
Was mich sehr erstaunte, waren die Ausmasse, 6 – 8 Meter breit und nicht selten über 20 Meter Länge. Helen schwärmte uns vor, dass sich meist in der unteren Etage grosszügige Salons, regelrechte Speisezimmer, Küchen mit den neusten technischen Apparaten und Badezimmer mit allem erdenklichen Luxus, befanden. Es gibt nicht wenige pensionierte Ehepaare die permanent auf so einem Hausboot leben, sie haben keinen festen Wohnsitz mehr und bezahlen somit auch keine Steuern, dürfen dafür aber nirgends länger wie 3 Monate bleiben. Na ja, der Murray River ist über 2375 Kilometer schiffbar, da gibt’s jahrzehntelange Möglichkeiten, an schönen Orten zu verweilen.
Bald, nachdem wir die Vororte von Murray passierten, an deren Ufer Villen mit zauberhaften Gärten liegen und deren Bewohner fast alle deutscher Abstammung sind, werden die Gestade grün und undurchdringlich. Viele Trauerweiden lassen ihre Aeste tief in den Fluss hängen und die darunter angeschwemmten Aeste werden von Vögeln gerne als Nistmaterial verwendet. Helen zeigte uns denn auch ein Nest, in dem sich 3 Jungvögel von Graureihern stritten. Wir konnten gut beobachten, wie sie ihre langen dünnen Hälse reckten und nach Futter schrien.
Es war eine wunderschöne Fahrt auf einem der schönsten Flüsse und ich bedauerte sehr, dass sie nicht länger dauerte.
Bei der Rückkehr hatte sich eine grosse Menschenmenge am Pier versammelt die anlässlich der Preisverteilung des alljährlich stattfindenden Fischerwettbewerbes auf der Wiese des Stadtparkes mit dabei sein wollten. Die freiwilligen Helfer putzten die Fische, es waren massenhaft riesige Spiegelkarpfen dabei die zu einer echten Plage im Murray River wurden. Einst von Deutschen ausgesetzt, haben sie sich so vermehrt, dass die einheimischen Fische, wie der feine Cod, auszusterben drohen. Ich erkundigte mich bei einem der Fischer, ob ich eventuell einen kleinen Karpfen erwerben könnte, worauf er mir prompt auf deutsch, mit einem unüberhörbaren englischen Akzent antwortete, nimm soviel du willst, einen Deckel einer Plastiktonne aufhob und mir die freie Wahl liess. Ein Teil der Karpfen kommt nämlich in eine Fabrik und wird zu Fischfutter verarbeitet, ein anderer Teil dient als Köder für die Fischer. Bedienen Sie sich, schöne Frau, meinte er galant!
Er erzählte mir, dass wer einen Karpfen wieder zurück in den Fluss wirft, eine Busse von 200$ bekäme, jedes Karpfenweibchen würde pro Gelege bis zu 600 Eier ablegen was schlussendlich zur Ausrottung der einheimischen Fische beitrage. Ob er sich denn nicht mehr an den Weihnachtskarpfen im fernen Deutschland erinnere, wollte ich von ihm wissen. Er lachte laut und meinte, die hätten nicht so stark nach Schlamm gestunken und überhaupt stamme er aus Kassel und nicht aus Hamburg, da sei die Weihnachts-Gans üblich die seine Frau auch hier jedes Jahr zu Weihnachten zubereite. Ob ihm wohl eine dieser Prachts-Villen gehört?Der Weihnachts-Karpfen
Mir kam mit einem Schlag die Errinnerung an „meinen Weihnachtskarpfen“ in den Sinn. Es mag 25 Jahre oder mehr her sein, mein Mann war ein passionierter Fischer vor dem Herrn und besass ja mehrere Patente, so auch Eines für den Pfäffikersee. Wir verbrachten viele Sommer mit dem Zelt auf dem Campingplatz direkt am See und ich sah meinen Ehemann meist nur zu Essenszeiten oder wenn er spät nachts zu mir ins Zelt kroch. Er verbrachte unzählige Stunden fischend auf dem See und zog manch einen Hecht und riesige, bis 20 kg wiegende Karpfen heraus. Zuhause wurden die Karpfen dann während mehrerer Wochen in unserem Fischteich gewässert und es kam oft vor, dass so ein grosser Kerl das Weite suchen wollte und aus dem einen halben Meter tiefen Teich heraussprang. Meist bemerkte ich von meinem Küchenfenster aus die armen, sich windenden Kerle und konnte sie mit Hilfe eines Nachbarn wieder ins Wasser bugsieren.
Eine meiner Freundinnen stammte aus Hamburg und als sie anlässlich eines Besuches bei uns einen grossen Karpfen im Teich sah, wurde sie ganz aufgeregt und ihr lief buchstäblich das Wasser im Munde zusammen bei dem Gedanken an den Weihnachtskarpfen. Da wir eh nicht mehr wussten, wohin mit diesen Viechern, versprachen wir Uschi, einen der Fische bis Weihnachten für sie durchzufüttern.
Der Weihnachtsmorgen kam und mein Mann schlachtete den vorgesehenen Karpfen im Garten, putzte ihn sauber und wickelte ihn in unheimlich viel Alufolie ein, so verpackt legte er ihn auf meinen Küchentisch. Othmar, Uschi`s Mann, sollte gegen 11 vorbeikommen und den Fisch abholen. Ich hatte alle Hände voll zu tun für die Vorbereitung des Weihnachtsessen, bei uns gab es Fondue Chinoise und ich bereitete die verschiedenen Saucen selber zu.
Plötzlich, während ich den Salat wusch, schälte sich der Karpfen aus seiner Folie und schlug wie wild um sich, fiel vom Tisch zwischen Eckbank und Wand und schlug mit der Schwanzfloss mit dumpfen Schlägen gegen die Wand. Erst war ich starr vor Schreck, versteckte mich hinter einem Küchentuch um dann so laut ich konnte um Hilfe zu schreien. Dies hörte mein Nachbar und kam angerannt, befürchtend, dass mir Schlimmes passiert sei! Ich konnte nur stumm mit der Hand auf den nun etwas ruhiger gewordenen Fisch zeigen, der, genau im Moment als sich mein Nachbar zu ihm hinunterbückte, wieder anfing, wie wild um sich zu schlagen! Kreidebleich und am ganzen Körper zitternd (mein Nachbar war ein eher zierlicher Mann, Richter und sehr intelektuell, immer, auch bei Gartenarbeit in Hemd und Krawatte und halt ein bisschen eigenartig), packte er mich am Handgelenk und zog mich aus der Küche. Schweratmend liess er sich auf das Sofa fallen und erklärte mir, dass er sich nicht in der Lage sehe, mir zu helfen. So rief ich meinen Mann im Büro an, er müsste sofort, diesmal wirklich sofort nach Hause kommen um den Fisch nochmals zu töten. Er machte mir klar, dass es nur die Nerven seien! Die Nerven? Welche Nerven? Meine waren zum Zerspringen angespannt und würden bald reissen, aber er liess sich nicht überzeugen und blieb fern.
Endlich war es 11, ich hatte die Küche nicht mehr betreten, und Othmar kam angefahren. Gott sei Dank hatte der wenig Zeit, packte den immerhin etwa 7 Kg schweren Karpfen in seinen Kofferraum, nachdem er ihn nochmals in meterlange Alufolie eingepackt hatte, und fuhr weg.
Eine knappe Stunde später rief er an und erzählte mir, dass er eine absolute Horrorfahrt hinter sich hätte, der Fisch sei während der ganzen Fahrt nach Hause wie wüst im Kofferraum herumgehopst und hätte einen Riesenkrach vollführt. Uschi hätte ihm dann aber kühl, und absolut gelassen erklärt, das seien nur die Nerven!
Der 27.Februar war wieder einmal ein ungeplanter Fahrtag, ich hatte gar nicht im Sinne gehabt, viele Kilometer zu blochen, sondern wollte mindestens eine Nacht im Little Desert NP verbringen. Dieser Park ist keine eigentliche Wüste wie man sie sich vorstellen mag, obwohl es wunderschöne Sanddünen zu bewundern gibt. Ueber weite Flächen ist er mit undurchdringlichem Niederwuchs, Bäumen und Sträuchern, bewachsen. Sehr hübsch nehmen sich die Büsche an den Strassenrändern mit fast weissem Schotter aus. Die Kronen der nur 1,5 Meter hohen Büsche sind dicht mit roten nadelähnlichen Blättern versehen.
Bei der grossen Pick-Nick und Camping Aerea angekommen, musste ich feststellen, dass wieder einmal mehr keine Menschenseele anwesend war, die Wassertanks leer waren und die Loops eher bescheiden, also kein Grund, hier zu bleiben. So endete ich schliesslich gegen Abend an dem Ziel das ich mir für den nächsten Tag vorgenommen hatte, in Halls Gap in den Grampians.
Schon die Fahrt ab Horsham durch den nördlichen Teil des NP war unglaublich schön. In der Ferne, an den Hängen der Berge, dehnten sich die saftig grünen Rebhänge aus und die Berge leuchteten in der Abendsonne in einem tiefen dunkelrot. Die anfangs pfeilgerade Strasse wand sich später in unzähligen Kurven bis Halls Gap. Spektakulär der Lookout „the Balconies“ und der kurze Loop, auf dem man einen guten ersten Eindruck über die Grösse der Grampians erhält. Auch das Ausmass des Waldbrandes, der sich vor 6 Wochen hier ereignete, war sichtbar. Mehr als die Hälfte des Waldes war abgebrannt und die Ueberreste der Bäume heben sich schwarz gegen den blauen Himmel ab. Es roch noch stark nach verbranntem Holz und meine weisse Hose war bald mit schwarzen Streifen und Punkten versehen.
Nachdem ich mich im Ort mit Lebensmitteln eingedeckt hatte, quartierte ich mich auf dem Lakeside CG ein. Von einem See sah ich allerdings nichts, der versteckte sich hinter dem Damm. Der Platz war eine richtige Oase, ganz im grünen und vom Feuer verschonten Wald. Der Brand war nicht nur für die Natur ein Desaster, viele der hier lebenden Menschen leiden unter dem Wegbleiben der Touristen. Die Hotels, B B`s wie auch die Campingplätze waren fast leer und ich konnte auf dem grossen Platz meine Bleibe frei wählen!
Es war schon gegen 23 Uhr, ich kam gerade vom Duschen, als ich auf eine Gruppe Leute stiess, die mit Taschenlampen in die Bäume zielten und aufgeregt flüsterten. Meine Neugierde war geweckt und ich schlich mich dazu. Und da hockte doch tatsächlich eine Eule auf einem Ast, nicht etwa hoch oben, sondern nur 3-4 Meter ab Boden. Mit ihrem starren Blick musterte sie uns und liess sich sogar fotografieren, flog dann aber nach einem mit Blitzlicht gemachten Bild mit lautem, rauschendem Flügelschlag davon in die dunkle Nacht. Rundum grasten Känguruh`s, was für eine Idylle!
Am 28. Februar informierte ich mich im Visitor Center genauestens über die Auswirkungen des Feuers und musste erfahren, dass viele Strassen zu Sehenswürdigkeiten und leider auch die meisten Wanderwege gesperrt werden mussten. Es wurde mir ein aktuelles Infoblatt übergeben auf dem sehr detailliert die noch bestehenden Möglichkeiten aufgeführt wurden. Auch im persönlichen Gespräch bemühten sich die anwesenden Ranger, die wenigen Besucher auf das immer noch vorhandene Schöne aufmerksam zu machen. Dem VisitorCenter angeschlossen ist ein in fünf Kreisen angelegtes Zentrum der Kaori`s, der aus fünf Stämmen oder Clans bestehenden Ureinwohner die schon seit mehr als 20 000 Jahren hier leben. Eine eindrückliche Bildergalerie mit Portraits von Königen und ihren Frauen, von Kindern und Jägern und in europäische Kleider gezwängten Familien. Natürlich existieren solche Bilder erst ab dem 19 JH., nachdem die Europäer hier eindrangen und die Missionare sich diesen armen, heidnischen Wilden annahmen! Von 500 Kaori`s (Aborigines ist übrigens ein von Weissen geprägter Name) lebten nach 10 Jahren gerade noch ein halbes Dutzend, die Anderen starben an den von Weissen eingeschleppten Krankheiten wie Masern, Pocken oder Aehnlichem oder wurden zu unmenschlich harter Arbeit gezwungen bei der viele aus Erschöpfung starben, Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung, und all das nannte man christlich!
Im angeschlossenen Shop kaufte ich für meinen 14jährigen Enkel Enrico einen wunderschön bearbeiteten und bemalten Bumerang aus Eukalyptusholz. Rund um das VC wurde ein kurzer Rundgang durch Wetland, Feuchtgebiete, angelegt und die Pflanzen schön mit Namenstafeln versehen.
Langsam fuhr ich an vielen vollständig ausgebrannten Bäumen, von denen nur noch die äussere Hülle stehen blieb, vorbei Richtung Mount Williams. Auf dem Waldboden grünte es bereits wieder, Millionen von Sporen der Farne begannen zu spriessen und einige Pflanzen waren teilweise schon wieder gegen 30 cm hoch, auch an den Bäumen entdeckte ich bei genauerem hinschauen wie aus schwarzverkohlter Rinde winzige grüne Blätter hervorsprossen. Viele dieser Bäume werden sich wohl wieder erholen und nach dem nächsten Regen wieder mit grüner Krone dastehen.
Vom Car-Park bis zum höchsten Punkt der Grampians, dem Mount Williams, gilt es ca. 2 Kilometer zu Fuss zu gehen, leider auf geteerter Strasse. Aber diese Strasse spielte beim Brand eine wichtige Rolle als Feuerschneise, rechts der Strasse war alles abgebrannt, links aber blühten Myrthenbüsche und gelbe Akazien, Alles war grün und vollkommen intakt, was für ein Gegensatz!
Der Grund dafür war offensichtlich, die Feuerwehr musste ganz gezielt die riesige Radarstation auf dem Gipfel retten. Millionen von Litern Wasser wurde mit Flugzeugen rund um den Gipfel versprüht! Dieser Gipfel besteht nicht etwa aus einer Spitze, sondern ist eher als eine Mesa, oder Hochplateau zu bezeichnen. Von Wasser, Wind und Temperaturschwankungen erodierte Felsen wurden zu flachen und gut begehbaren Steinplatten und boten die Möglichkeit, eine Rundumsicht zu geniessen. Von oben war das ganze Ausmass des Feuers erst richtig sichtbar, der schiere Wahnsinn, und dennoch etwas brutal Schönes. Auf der einen Seite die zackigen roten Felsen der Serra Range, auf der Anderen der Blick weit hinaus ins Farmland. Lange Zeit blieb ich still auf einem Fels sitzen und wie oft, wenn ich in den Bergen weile, überkam mich ein Gefühl der Erhabenheit und ich fühlte mich dem Himmel so nahe. Und da kullerten sie wieder, die Tränen.
Meine Mutter fehlte mir immer noch entsetzlich, denn eigentlich hätte sie da oben mit dabei sein sollen.
Meine Mutter
Sie starb völlig unerwartet vor zwei Jahren. Zehn Tage vor ihrem plötzlichen Tod waren wir noch eine Woche zusammen im Beaujolais und unternahmen einige ausgedehnte Wanderungen auf denen sie gut mithalten konnte, keinerlei Anzeichen von Krankheit oder Schwäche! Sie war allerdings seit einiger Zeit in aerztlicher Behandlung und erwähnte so nebenbei, dass anlässlich einer Kontrolle eine Abnahme der roten Blutkörper festgestellt wurde. Ich erinnerte mich, sie nach dem Stand der Entwicklung gefragt zu haben, aber sie gab nur vage Erklärungen ab und wechselte schnell das Thema! Am darauffolgenden Samstagmorgen, wir kehrten in jener Woche am Sonntag davor zurück, traf sie sich wie gewohnt mit ihren Freunden vom Pensionärskreis in einem Café und erzählte, wie mir später berichtet wurde, voller Freude von unserer Reise. Als sie gegen Mittag in ihre Wohnung zurückkehrte und sich bückte, um die Schuhe auszuziehen, traf sie mit voller Wucht ein grausamer Schmerz in der Nierengegend. Der herbeigerufene Arzt vermutete einen Hexenschuss und gab ihr eine krampflösende und schmerzstillende Spritze. Leider war ich beim Einkaufen und Mami konnte mich nicht erreichen, so rief sie meinen Bruder, der ganz in der Nähe wohnte, an, der auch sofort zu ihr eilte.
Die Schmerzen wurden zusehends schlimmer und meine Mutter verlor zeitweise gar das Bewusstsein, weswegen sie mit der Ambulanz in ein Spital eingeliefert wurde. Als ich sie am Sonntag mit meiner Tochter besuchte, waren wir total geschockt, meine so starke und fröhliche Mutter lag bleich wie ein Häuflein Elend in den Laken und war völlig erschöpft und abwesend. Die Krankenschwester stellte mir viele Fragen die sie säuberlich in die Akten eintrug. Unter anderem fragte sie mich, ob wir denn noch irgend welche Pläne gemacht hätten? Ja sicher, antwortete ich, wir haben zusammen eine längere Chinareise gebucht die in 6 Wochen stattfinden würde. Ich glaube nicht, dass das möglich sein wird, meinte die Pflegerin sachlich, aber das wollte ich in jenem Moment gar nicht gehört haben. Wir blieben vielleicht eine Stunde, ich sah, wie sehr sie nur schon das Zuhören ermüdete und wollte sie schlafen lassen. Als ich mich an der Türe nochmals zu ihr umdrehte, um ihr wie gewohnt nochmals zuzuwinken, sagte sie mit so leiser Stimme, dass ich sie kaum hörte, bitte, gib auf dich acht! Und das waren die letzten Worte, die meine Mutter zu mir sagte. Am darauffolgenden Montagmorgen um 5 Uhr, bekam ich die Nachricht vom Spital, meine Mutter befinde sich im Koma und würde wahrscheinlich nicht mehr lange leben. Sie starb um 11.30, meine Schwester, mein Bruder und ich waren bei ihr und begleiteten sie. Seit wir gegen sechs bei ihr ankamen, hatte sie das Bewusstsein nicht wiedererlangt, nicht der leiseste Druck ihrer Hand, kein Zeichen, dass sie merkte, dass wir bei ihr waren.
Ich hatte stets ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Mutter und es war offensichtlich, dass ich ihr Liebling war, vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein. Wir Beide unternahmen viele Reisen und meist, wenn ich für meine Firma unplanmässig und ohne vorherige Assistenz auf eine neue Destination geschickt wurde, hatte sie mich begleitet und gab mir jeweils ein Gefühl der Sicherheit. Sie glaubte immer so felsenfest daran, dass ich das mit Bravour schaffen würde.
Wir erlebten eine wundervolle Zeit, als wir zusammen in einem Motorhome den Westen Amerikas bereisten und gar noch schöner waren die zwei Monate in Neu-Seeland. Die letzte grosse Reise war die nach Hawai, allerdings ohne Motorhome, dafür mit tollen Amerikaner-Schlitten in denen sich meine Mutter wie ein Filmstar fühlte. Auf einer dieser Inseln, war es Kauai? bekamen wir einen roten Ford Mustang und meine Mutter nannte es unser Nutten-Auto.
Die halbe Welt nannte sie einfach Omi, sie war überall sehr beliebt und genoss es sehr, dass sie von Allen geliebt wurde! Ach, was hätten wir noch alles unternehmen können! Und wie sehr hätte ich sie gebraucht nach meiner Rückenoperation, wie hätte sie mir Mut gemacht, hätte sich, als ich in Davos zur Reha war, ein Zimmer in der Nähe genommen um mir beizustehen!
Sie wollte doch unbedingt 100 werden! Aber wahrscheinlich wusste sie bereits schon vor unserer Beaujolaisreise, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. Sie stand in ihrem 82. Lebensjahr und litt an akuter Leukämie, wie uns vom behandelnden Arzt im Spital mitgeteilt wurde! Der einzige Trost für uns Kinder war, dass sie nicht lange zu leiden brauchte!
Meine Mutter war wie Grossmutter, unglaublich arbeitsam und stark. Sie wuchs im Thurgau in einem kleinen Nest auf und wie ihre Mutter 20 Jahre früher, musste auch sie schon als kleines Kind mithelfen. Sie erzählte mir einmal, dass sie im Winter, nur in vom Stiefvater hergestellten Holzschuhen, 2 Stunden ins nächste Dorf marschieren musste, um die Heimarbeit ihrer Mutter abzuliefern. Wie sie vor Kälte und Angst fast gestorben sei um in der Dunkelheit wieder zurück zu gehen. Ihr Stiefvater war ein italienischer Schuhmacher der früh starb. Sein Nachfolger wurde ein noch ärmerer Schweizer ohne Ausbildung. Dafür sehr potent, denn es folgte ein Kind nach dem Anderen. Mhhfami sagte einmal, wenn er seine Unterhose auf den Stuhl neben dem Bett ablegte, war Grossmutter schon wieder schwanger! Nachdem sie mit 19 meine Schwester bekam, es war ein uneheliches Kind, zog sie von der Deutsch-Schweiz um in die Romandie nach La Neuveville und arbeitete dort in einer Fabrik. Ruthli, meine Schwester, blieb tagsüber bei Grossmutter und wuchs zusammen mit ihren Tanten und Onkeln auf, zwei von ihnen sogar jünger als sie.
Mami war eine überaus schöne Frau, dichte schwarze Haare und feingeschnittene Gesichtszüge und dunkle Augen. Sie hatte eindeutig die italienischen Merkmale ihres Vaters mitbekommen.
Irgendwann lernte sie dann meinen Vater kennen und als sie mit mir schwanger war, zogen sie nach Airolo, wo Vater eine Stelle antrat. Durch sein rechthaberisches Verhalten behielt er diese aber nicht lange und es ging zurück nach La Neuveville wo ich und ein Jahr später auch mein Bruder zur Welt kamen. Aber schon bald hiess es für meine Mutter wieder packen und umziehen. Da mein Vater arbeitslos war, bemühte sie sich um Arbeit, die sie schliesslich in Zürich bei der Firma Bührle fand. Ich hatte es immer ein bisschen bedauert, dass wir nicht in der Romandie geblieben sind.
Mir wurde bewusst, dass ich nun an der oberen Spitze stand und Familien-Oberhaupt war, was für eine Verantwortung!
Der nächste Ausflug führte mich in entgegengesetzter Richtung zum Boroka Lookout. Viele der Strassenschilder standen, auch schwarz angebrannt, die Schrift kaum noch lesbar, bei den Abzweigungen. Die meisten Strassen waren mit Barrieren abgesperrt und es war nur eine kurze Wanderung möglich auf der ich die traurigen Ueberreste von verbrannten Eidechsen sah. Mir wurde bewusst, dass nicht nur Pflanzen Schaden nehmen sondern auch sehr viele Tiere, Koala`s die zu entkommen zu langsam sind, Papageien und Jungvögel in ihren Nestern, alle die Kriechtiere, Insekten und Schmetterlinge, die fürchterlichen Qualen, die sie erleiden mussten!
Ob der Name des Zumstein Pick-Nick-Platzes, der auf einer verkohlten Tafel angezeigt wird, wohl von einem Schweizer Einwanderer stammt? Es soll deren ja viele gegeben haben die nach Australien auswanderten, um ihr Glück zu finden!
Der Tag war voll ausgefüllt mit vielen Eindrücken und ich kehrte erst nach Sonnenuntergang zum CG zurück wo ich beschloss, nach einer dringend benötigten Dusche (alles an mir roch nach Verbranntem) in Halls Gap im Dritzi Restaurant essen zu gehen. Der Fisch des Tages an Champagnersauce war nicht schlecht, etwas trocken vielleicht und das Gemüse halt nach englischer Art nur aus dem Wasser gezogen, aber was soll`s, sich wieder einmal bedienen zu lassen war doch sehr schön und ich genoss es sehr. Auch hier waren gerade mal drei Tische besetzt.
Ob zuhause die Schneeglöcklein schon hervorlugen? Es ist ja schliesslich seit heute März, fragte ich mich als ich am Morgen des 1. März die Augen aufschlug. Ich bin recht früh losgefahren und habe nicht die direkte Strecke zur Great Ocean Road gewählt. Aufgrund der Lektüre wollte ich unbedingt über Ararat und dort das Morgala Museum besuchen.
Es dokumentiert die Geschichte der chinesischen Goldgräber. Einer von ihnen hatte es zu grossem Reichtum gebracht und viel Geld zum Bau schöner Gebäude investiert. Es gibt einen hübschen chinesischen Garten mit Tempel, leider nur an Wochenenden geöffnet.
Gerade rechtzeitig zum Beginn einer geführten Tour erreichte ich das old Jail, das Gefängnis, das heute Museum ist. Unser Führer Georg war ein ehemaliger Gefängniswärter als das Gefängnis noch in Betrieb war und sehr engagiert. Mit Hingabe erzählte er uns, dass von 1860 – 1910 dieses Gefängnis für 30 Kriminelle war und während dieser Zeit drei Hinrichtungen ausgeführt wurden. Der Balken und das Seil, an dem die wegen mehrfachen Mordes Verurteilten aufgehängt wurden, befindet sich im oberen Stockwerk, das wie eine Galerie angelegt ist.
Die Zellen waren winzig klein, nur 2x2 Meter gross, ein Strohsack auf dem nackten Boden und eine Decke aus Segeltuch die kaum zu falten war um Selbstmorde (wie sie mit dünnen Bettlaken möglich sind) zu verhindern.
Ab 1910 wurde angebaut und ein Trakt für psychisch Kranke, die wegen Gefährdung der Gesellschaft oder ihres eigenen Lebens eingeschlossen werden mussten, angegliedert. Die Zellen waren nicht viel grösser, hatten aber einen rechteckigen Holzkasten der auf dem Fussboden festgeschraubt war und als Bettstatt diente und ein kleines, vergittertes Fenster. Einer der ehemaligen Insassen, er hatte den Mann, der ihm seine Frau wegnahm, umgebracht, sass 77 Jahre in diesem Gefängnis. Im Alter von 105 wurde er entlassen und starb zwei Jahre später in einem Altersasyl!
Jede Zelle hatte ihre Geschichte, in Einer war Bill untergebracht, der als Akrobat bekannt war und den unser Führer Georg eines Morgens wie üblich in den Hof hinaus liess. Dieser Häftling wollte unbedingt im dahinterliegenden Garten, der durch zwei Eisentore gesichert war, arbeiten. Da er ein eher angenehmer „Gast“ gewesen sei wurde ihm das anstandslos gestattet. Die Tore wurden also nacheinander geöffnet und gleich hinter dem Häftling wieder geschlossen. Im Garten, der mit 4 Meter hohen massiven Drahtgittern rundum gesichert war, waren zwei Wärter zur Aufsicht stationiert. Kaum war der Häftling Bill im Garten, da nahm er schon Anlauf, kletterte wie ein Affe am Gitter hoch, überquerte die Stacheldrahtrolle, ennet der Mauer überquerte er die Strasse und verschwand in den Büschen des Strassenbordes. Alles hätte sich so schnell abgespielt, dass die überrumpelten und völlig entgeisterten Wärter viel zu spät den Alarm auslösten, dies geschah im Jahre 1983. Bill blieb verschwunden und man hörte nie wieder etwas von ihm!
Obwohl es sich um eine eher kleine Anlage handelte, dauerte die Führung über zwei Stunden, Georg wollte gar nicht mehr aufhören, uns Episoden aus seinem Berufsleben zu erzählen und die waren weiss Gott, sehr spannend. Für meinen armen Rücken war das aber zuviel und er meldete sich mit Schmerzen. Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit machte ich mich diskret aus dem Staube!
Im angrenzenden botanischen Garten habe ich mich schnell wieder erholt. Im Städtchen Ararat, das einen Abstecher wirklich lohnt, sind etliche historische Gebäude aus der Zeit des Goldrausches die sehr gut erhalten sind. Die pompöse Town Hall mit weissem Stukkdekor, das Court House, bei dessen Bau ein einheimischer Basalt Verwendung fand und das alte Post Office wie auch die aneinandergebauten Häuser in einer Art Jugenstil der Hauptstrasse entlang. Und ein guter Champagner soll auch aus dieser Gegend stammen, Seppelts!
Die Strecke zwischen Ararat und Mortlake ist gekennzeichnet von Landwirtschaft und Viehzucht, ich sah innerhalb von 2 Stunden mehr als eine Million Schafe und Rinder.
Den Nachmittag verbrachte ich in Warrnambool, das direkt am südlichen Ozean an der Fairy Bay liegt. Eine quirlige Kleinstadt mit viel Verkehr und schöner Einkaufsmeile. Nur 10 Km östlich soll es einen schönen CG am Hopkins River geben. Zum ersten Mal hiess es, Sorry, fully booked (alles besetzt), Jugendliche eines Colleges verbringen hier eine Art Klassenlager, man hat`s gehört!
Für mich hiess das, nochmals 70 Km zu fahren, Sch...., ich war echt sauer, weil schon recht müde! Nach einigen Kilometer ein Schaudern, eiskalt lief es mir den Rücken hinunter, die Benzinuhr stand schon in der Reserve und auf der B 100 schien es in absehbarer Zeit keine Tankstelle zu geben. Zurück oder vorwärts war die Frage! Ich wendete und fuhr so benzinsparend wie möglich zurück auf den Hwy 1 auf dem reger Abendverkehr herrschte, nur nicht stehen bleiben betete ich inbrünstig. Und dann kam die Erlösung, eine Tankstelle. Noch nie in den vergangenen 6 Wochen passten 58 Liter in den Tank (bei einem Fassungsvermögen von 60 Lt.), das war Rettung in letzter Minute. Ich war so happy und aufgekrazt, dass ich sogar noch bis zur Bay of Island, einem Coastal Park gefahren bin und mir die Kalk- und Sandsteinformationen in der rauen See angeschaut habe. Es war eine ganz besonders schöne und entspannende Stimmung und ein Dankeschön ging nach oben ab!
Aufgrund detaillierter Karte der berühmten Great Ocean Road nahm ich mir vor, an sämtlichen der aufgeführten Sehenswürdigkeiten und Lookouts zu halten und mir viel Zeit für diese wunderschöne Gegend zu nehmen. London Bridge, The Arch, Sentinel Rock, Loch Ard Gorge und der absolute Höhepunkt, die Apostel.
Einmalige Ansichten von errodierten Felsen und Küsten, weit hinaufspritzenden Wellen aus türkisfarbenem Wasser- grandios! Und überall gibt es längere und kürzere Wanderungen, z.B. zu einem alten Friedhof oder zu geologischen Besonderheiten und als ich vor einem vor Millionen von Jahren noch zum Festland gehörenden Broken stand, kam ich mir ganz klein und nichtig vor. Wir glauben doch fast Alle, mit unseren 70 – 80 Jahren Lebensdauer, wie wichtig wir seien. Und dann steht man da, einem Ort wo von hunderten Millionen Jahren die Rede ist, Ewigkeiten!
Als ich so dasass und dem stetigen Aufschlagen der Wellen zuschaute, kam mir der Gedanke, dass jede Welle die an diese Felsen klatscht, einen Bruchteil an Material ausschwemmt, wenn auch noch so winzige, unmessbar scheinende Teilchen oder Körnchen, so ist doch jedes davon nötig, um mit der Zeit zu massiven Veränderungen zu führen. Also kann und ist auch jeder einzelne Mensch, mag er noch so unbedeutend erscheinen, wichtig! Wichtig wozu? Zur Entwicklung des menschlichen Bewusstseins? Oder vielleicht auch zu einer Art Erosion und schliesslichen Auflösung oder Vernichtung? Wozu eigentlich braucht die Erde uns Menschen, es wäre ihr bestimmt wohler ohne uns! Aber wir, oder jedenfalls ich, genoss es, auf der Welt zu sein und diese Wunder der Erde zu bestaunen! Hier zu sitzen und in Gedanken zu philosophieren war doch eigentlich purer Luxus! Ich entschied, dass ich ein Luxusweib sei!
Nach der Passfahrt über den Lavers (nicht etwa Lovers) Hill, bei der ich durch immense Tannen- und Pinienwälder fuhr und hunderte von Kurven gut meisterte, war ich froh, im Otway NP den Lighthouse Trail machen zu können. Man darf sogar den Leuchtturm besteigen und hat eine traumhafte Aussicht von da oben. Im dazugehörenden Café habe ich mir ein Stück Schokokuchen und einen Capuccino, was denn sonst, an einem Tisch in der Sonne genehmigt, herrlich wars!
Am Marengo Storm Point, der überhaupt nicht stürmisch erschien, habe ich mich für zwei Nächte einlogiert. Mein Campingtisch stand direkt an der nur 2 Meter hohen Klippe, darunter die Wellen, die eher sanft auf den felsigen Strand aufschlugen. Mein Blick konnte weit übers Meer schweifen, keine Inseln waren zu sehen, nur Wasser- Wasser und nochmals Wasser! Als es dunkel wurde entdeckte ich eine zarte Mondsichel, aber in umgekehrter Position wie bei uns. Da stimmte wohl die Eselsbrücke mit Z- wie zunehmend und A- wie abnehmend nicht überein. Was wohl die Aussies für eine Eselsbrücke haben um zu wissen, wann OBSI oder NIDSI ist? (aufgehend oder abnehmend)
3.März! War das ein herrlicher Faulenzi-Tag! Am Morgen ausgeschlafen, ein bisschen Ordnung gemacht, ins Städtchen Apollo Bay geschlendert, im Strassencafè einen Eisbecher geschlürft, am Strand gelegen und im kühlen Meer geschwommen und erst noch etwas ganz Wichtiges erledigt; die Fährenüberfahrt nach Tasmanien gebucht! Ich bekam einen sagenhaft günstigen Tarif. Die Dame am Telefon hatte eine Engelsgeduld, sie zählte mir sämtliche Möglichkeiten auf, rechnete wieder und wieder bis sie das günstigste Angebot fand, erklärte mir in jeder Einzelheit das Check-in Prozedere und jeden Winkel der scheinbar superschönen Fähre mit den Möglichkeiten zur Verbringung der 11 Stunden Ueberfahrt. Per Master Card Nummer bezahlte ich für die Hin- und Rückfahrt gerade mal 219$, in meinem Budget hatte ich 500 $ eingesetzt, ha, das gibt wieder einen schönen zusätzlichen Ausflug!
Die Weiterfahrt auf der Great Ocean Road, kurz GOR genannt, war einmalig, alle 100 Meter bot sich mir ein noch schönerer Blick, sei es auf die wilde Küste die mal tief unten lag oder auf gleicher Höhe wie die Strasse, oder auf Buchten und vorgelagerte Felsen an die schäumende Gicht hochschlug. Unzählige Male hielt ich an um gefahrlos die wilde Schönheit dieser nicht zu Unrecht als eine der schönsten Strecken deklarierten Strasse zu bewundern, die jedoch volle Konzentration beim Fahren erforderte. Es ist eine überaus kurvenreiche Strecke mit teilweise extrem engen Kurven und oft betrug die vorgegebene Geschwindigkeitslimite 25 Km/h.
Als ich daran dachte, dass ein deutsches Ehepaar auf dem letzten Campingplatz mir diese Strecke ausreden wollte, wurde ich richtig wütend. Es war auf dem CG in Halls Gap, wir kamen ins Gespräch und setzten uns abends zu einem Glas Wein zusammen und da sagten sie mir, dass sie es nicht verstehen würden, warum viele Leute von der GOR so schwärmen könnten, sie hätten sie nicht der Rede wert empfunden, ja wären sogar regelrecht enttäuscht gewesen! Nur gut, höre ich in solchen Momenten auf meine innere Stimme die mir riet, halt eben doch die GOR zu befahren und sich mein eigenes Urteil zu bilden! Schon eigenartig, wie Menschen über eine Sache so unterschiedlich urteilen können. Na ja, Gott sei Dank sind wir so verschieden!
Bis Lorne waren es 45 Km, und dafür habe ich mir fas 2 Stunden Zeit genommen. Ab Lorne veränderte sich das Bild fast schlagartig. Anstelle von wenigen Pick-Nick Plätzen in den Flusstälern, den Creek`s, zeigte sich die Küste als touristisch sehr gut erschlossen. Mondäne Orte wie Fairhaven, Aireys Inlet und Angleseas mit Hotels der oberen Kategorie, tauchten auf. Dieser Abschnitt der Küste, zwischen Lorne und Torquay, wird auch Surfer`s Coast genannt. Und was für den Surfer gut ist, ist für Schwimmer nicht unbedingt ratsam. In die hohen, mit lautem Getöse sich brechenden Wellen, traute ich mich auch als recht gute Schwimmerin nicht.
Aufgrund des grünen Triangels, Campingplatz-Symbol, auf der Strassenkarte, erkor ich Altona zu meinem nächsten Ziel. Ich wollte die zwei verbleibenden Nächte vor dem Start nach Tasmanien dort verbringen damit ich am Sonntag schon mal nach Melbourne, das nur 16 Km von Altona entfernt liegt, fahren konnte. Ich wollte mir den Einsteige-Pier und den Weg dorthin anschauen.

Die holsteinische Schweiz und Altona
An Altona habe ich schöne Erinnerungen, da stiegen wir all die Jahre die ich jeweils im Juli und August die Holsteinische Schweiz geleitet habe, aus dem ICE aus und wurden dort am Bahnhof vom Fahrer einer in Hamburg ansässigen Busfirma erwartet. Der Busfahrer Sigi war ein prächtiger Kerl, immer gut gelaunt, mit einem Humor, an den man sich allerdings erst gewöhnen musste, halt ein bisschen seemännisch rauh, hamburgerisch eben! Wir haben viele Touren zusammen gemacht, 2 oder 3 Mal war auch seine Frau mitdabei, mit der ich mich sehr gut verstand, das durfte aber sein Chef nicht wissen.
Einmal auf solch einer Tour hatte ich ein schon älteres Ehepaar mitdabei an das ich mich meiner Lebtage erinnern werde. Auf dem Hauptbahnhof Basel war Treffpunkt, und zwar direkt am Perron unseres Zugabteils. Meine Teilnehmer stiessen von Zürich, Bern und Luzern zur 28 Personen umfassenden Gruppe. Mit meiner Liste in der Hand stand ich vor der Zugstüre als plötzlich Koffer und Taschen die Treppe hinunter polterten. Ich konnte mich gerade noch mit einem Sprung zur Seite vor dem Erschlagenwerden retten. Es handelte sich um das Gepäck dieses Paares. Der Mann war in seinen 80igern, die Frau einiges jünger, vielleicht 70. Der alte Herr stellte sich als Herr Müller vor, er hatte trotz des Vorfalls seine Ruhe nicht verloren und lächelte mich verschmitzt an. Da es sich um eine einfache Ein-Vogel Tour handelte, machte ich mir wegen seines Alters keine allzu grossen Sorgen, die Wanderungen waren eher leichtere Spaziergänge und es blieb meistens genügend freie Zeit zum Ausruhen und entspannen.
Auf der allerersten Wanderung von Travemünde nach Niendorf spazierten wir in mässigem Tempo unterhalb der Klippen entlang und genossen als reine Binnenländer die würzige Meeresluft. Nach etwa 20 Min. mussten wir einen unfreiwilligen Halt einschalten, es hiess Schuhe und Strümpfe ausziehen. Durch die starken Regenfälle der letzten Wochen rutschte ein riesiges Stück des Hanges an den Strand hinunter. Lehm und Schlamm häuften sich bis zur Wasserlinie. Kein Problem, dachte ich mir, wir können barfuss im seichten Wasser diese Klippe umgehen. Das erste Problem kam aber unmittelbar, eine Teilnehmerin trug unter ihrer Wanderhose Strumpfhosen, was bedeutete, dass sie nicht so mir nichts die Strumpfhose ausziehen konnte. Ich stellte ihr meinen Anorak als Umkleidekabine zur Verfügung und da ich sehr schlank, und die Dame eher etwas füllig war, blieb immer irgendwo eine unbedeckte Stelle. Mit höchst akrobatischen Einlagen schafften wir es gemeinsam und nach „nur“ 15 Min. präsentierte sie sich wieder mit Wanderhose, der Strumpfhose entledigt, und dem Weiterwandern stand nichts mehr im Wege.
Dachte ich! Aber ein Hilfeschrei ertönte und mit Entsetzen sah ich einen im Schlamm wild um sich fuchtelnden, halb stehend, halb sitzenden Herr Müller. Da ihm die Kraft fehlte, seine Füsse mit den schlammgefüllten Wanderstiefeln aus der lehmigen Masse zu ziehen, blieb mir nichts anderes übrig, als mit meinen Händen und Armen in den Schlamm zu tauchen und seine Füsse Schritt um Schritt herauszuziehen. Dabei fasste er mich immer wieder mit seinen lehmverschmutzten Händen an, meine Haare klebten mir am Kopf und auch mein Oberkörper war mit Dreck überzogen, na ja, Wasser gabs ja genug und nach geglückter Rettung konnten wir uns reinigen. Seine Schuhe, die er vorher partout nicht hatte ausziehen wollen, sahen schlimm aus und er konnte unmöglich darin weitergehen, hatte aber erhebliche Schwierigkeiten, barfuss zu gehen.
Mit anderen Teilnehmern zogen und schoben wir Herr Müller den steilen Hang hinauf!
Es erwies sich als grosses Glück, dass ich unseren Busfahrer zur Zwischenstation bei einem Ausflugslokal, das sich gerade oberhalb befand, hinbeordert hatte.
Er nahm sich rührend des alten, fast erschöpften Mannes an, wusch ihm sogar die Füsse und brachte ihm seine Halbschuhe aus dem Bus. Bei anschliessendem Kaffee und Cognac erholte sich Herr Müller sehr schnell wieder, wollte aber vom Weiterwandern (Gott sei`s gedankt) nichts mehr wissen.
Geschniegelt und gebürstet erschien Herr Müller gutgelaunt mit seiner Frau, die übrigens nichts vom Missgeschick ihres Mannes mitbekam, da sie, nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen hatte, zügig weiterggegangen war und erst in Niendorf ihren Mann vermisste, in unserem 4-Sterne Hotel zum Abendessen. Er hakte sich bei mir unter und führte mich an den von ihm zuvor reservierten Tisch, er wollte sich unbedingt für die glückliche Rettung mit einem erlesenen Wein bedanken und entschuldigte sich in aller Form für seinen Eigensinn, die Schuhe partout nicht ausziehen zu wollen!
Die nächste Katastrophe kam am vierten Tag! Auf dem Programm stand eine abendliche 3-Seenbootsfahrt. Der Einsteigesteg lag nur wenige Schritte von unserem Hotel in Malente entfernt, die Tickets hatte ich am Vortag bereits besorgt und wir bekamen unser eigenes Schiff mit Kapitän und Gehilfen.
Ich weiss bis heute nicht, wie es geschehen konnte, aber Herr Müller schaffte es, nicht ins Schiff hineinzusteigen sondern zwischen Boot und Kaimauer ins Wasser zu fallen! Natürlich waren sofort viele hilfreiche Hände zugegen die mir halfen, ihn über Wasser zu halten, der Kapitän war vor allem besorgt, das Boot von der Mauer wegzustossen, damit Herr Müller nicht eingeklemmt wurde. Schliesslich war er wieder oben, allerdings triefend nass, nicht wie ein Puddel, eher wie ein Bernhardiner. Ich liess die Gruppe in Obhut des Kapitäns und brachte mein Sorgenkind ins Hotel, wo er ein heisses Bad nahm und sich vom Schrecken erholte. An jenem Abend gab es nicht nur eine Flasche Wein, nein, ein Champagner musste her und seit dem Moment nannte mich Herr Müller „mis Schutzängeli“(mein Schutzengel).
Auf einer Tour im Norden Deutschlands darf natürlich auf keinen Fall eine Wattwanderung fehlen. Diese hatte ich nach Absprache mit Heiko, dem Schutzwart des Leuchtturmes von Westerhever auf den Freitag gelegt. Dieses Mal lag die Ebbe zwischen 9 und 13 Uhr, für uns ideal.Aus Erfahrung weiss Heiko, dass Wattunkundige bei Nebel sehr schnell die Orientierung verlieren, deshalb, und auch aus Gründen des Naturschutzes, lässt er uns schön in 2-er Reihen hinter sich herwandern und bat mich, den Schluss zu machen.
Immer wieder liess er anhalten und uns im Kreise aufstellen, Dann stach er mit seiner Gabel tief in den Wattboden und suchte nach Wattwürmern und Herzmuscheln. Unter einem m2 Wattboden leben über eine Million kleinster Mikroorganismen, im Wattenmeer gibt es etwa 2000 verschiedene Tierarten, die Kleinsten davon nur 1/10 Millimeter, die Grössten, die Seehunde, bis 3 Meter lang. Die Wattwürmer fressen sich durch den Sand und wälzen so etwa 1000 Tonnen Sand pro Hektar und Tag um, die Produktion der Tiere im Wattboden entspricht der eines guten Weizenfeldes. Miesmuscheln pumpen das gesamte Wasser des Wattenmeeres in wenigen Wochen durch ihre Kiemen und im Spätsommer gibt es die meisten Vögel im Watt, über 1,5 Mill. Viele von diesen Vögeln fressen sich hier ein Fettpolster für ihren Zug ins Winterquartier an.
Das Wetter wurde zusehends schlechter und Heiko drängte uns, damit wir noch die Stelle mit dem zähen, fast schwarzen Schlick besuchen konnten. Wir waren ziemlich weit vom Leuchtturm entfernt und gingen in einem der vielen Priele dicht hintereinander. Nicht Alle hatten Lust, ihre Füsse in den eigenartigen Schlick zu stecken, aber Diejenigen die es wagten, freuten sich am blubbernden mampfen zwischen ihren Zehen, rabenschwarz klebte der zähe Schlick an ihren Füssen. Langsam füllten sich die Priele wieder mit Wasser und wir wuschen darin unsere Füsse wieder sauber. Da- ein Krächzen und Stöhnen, ich traute meinen Ohren nicht, das ist doch die Stimme von – Herr Müller. Er steckte tief im Schlick und fuchtelte wie wild mit den Armen, seine Frau eilte ihm geschwind entgegen um ihm zu helfen. Heiko rief sie energisch zurück, Einen aus dem Dreck zu ziehen würde ihm reichen.
Im Flüsterton bat er mich mitzugehen da er es alleine nicht schaffen würde, die schweren und gstabigen Beine von Herr Müller rauszubekommen bevor diese immer tiefer in den Schlick einsinken würden. Während Heiko tief in den Schlick griff und einen Fuss zu fassen bekam und ein Stück vorschob, hielt ich Herr Müller am Oberkörper fest, damit er nicht noch das Gleichgewicht verlieren konnte und womöglich mit dem ganzen Körper im Dreck landen würde. Wir kämpften uns buchstäblich Zentimeter um Zentimeter vorwärts, Heiko half auch mir, die Beine zu bewegen und ich meinerseits zog wiederum an seinen Beinen. Zwischendurch bekam ich immer wieder meine Streicheleinheiten in Form von schwarzverschmierten Händen von Herr Müntener. Meine von Natur aus dunklen Haare wurden noch dunkler und vor allem klebriger und strähniger. Heiko musste sich schweren Herzens von einem seiner Stiefel trennen, ich half ihm, sich im Schlick davon zu befreien.
Meine Gruppe stand in einiger Entfernung im Halbkreis und viele hielten sich die Bäuche vor Lachen, es schien scheinbar, als führten wir ein urkomisches Cabaret-Programm vor und der Ernst der Situation war ihnen gar nicht bewusst!
Nach einer schier endlos scheinenden Zeit schafften wir es. Alle drei hatten wir wieder festen Boden unter den Füssen und wuschen uns notdürftig. Plötzlich schrie Frau Müller, „wo sind denn die teuren Wanderschuhe geblieben? Jemand muss die da rausholen“! Heiko und ich schauten uns sprachlos an und wie aus einem Munde sagten wir; „ich bestimmt nicht“, bevor jemand aus der Gruppe bemerkte, dass alle unsere Schuhe doch bei der Schutzstation beim Leuchtturm deponiert seien!
Auf dem Rückweg, wir mussten uns wirklich beeilen da die Flut stetig anstieg, steigerte ich mich so richtig schön in eine grosse Wut hinein. Lieber Gott, mit was habe ich das verdient, einen solchen Trampel mit dabei zu haben. Ich hadderte echt mit meinem Schicksal, ich war von den Haaren bis zu den Zehen nass und fror erbärmlich und dachte mir aus, was ich dem sauberen Herrn Alles an den Kopf werfen würde.
Beim Abschiednehmen von Heiko und der Schutzstation Wattenmeer bekam ich dann eine wunderbare Lehre in Nächstenliebe, Heiko bedankte sich herzlich im Namen seiner Gesellschaft und auch bei Herr Müller für seinen Ausrutscher in den Schlick. Damit hätte er uns Alle auf die realen, aber oft unterschätzten Gefahren des Watts aufmerksam gemacht und auch ihm selber wieder einmal vor Augen geführt, wie schnell sich eine gefährliche Situation ergeben könne. Er ging hin, nahm Herr Müller in seine Arme und verabschiedete sich in rührender Weise. Keine Vorwürfe, kein Wort vom verlorenen Stiefel! Ich nahm den festen Händedruck von Heiko entgegen und niemand nahm den Wechsel eines Geldscheines zwischen den beiden Händen von Heiko und Herrn Müller wahr! Die Schutzstation kann das Geld gut gebrauchen, und auch ich durfte jeweils im Namen meiner Firma eine Spende abgeben!
Ich staunte nicht schlecht, als beim Mittagessen im Ratskeller in Husum Flasche um Flasche von sehr gutem Weisswein ausgeschenkt wurde, dann aber schnell belehrt, dass der Wein von Müller`s gespendet wurde, und zwar während des gesamten Essens, von der würzigen Kartoffelsuppe mit Speck über den berühmten Ratsherrentopf mit verschiedenen Meerfischen, Lagustenschwänze, Hummer und Muschel, bis zum Parfait mit frischen Früchten. Es ging hoch her und zu, die Geschichte im Wattschlick wurde von Minute zu Minute dramatischer und schon sprach man von akuter Lebensgefahr und wundersamer Rettung durch zwei Engel. Längst schon war meine Wut verflogen und ich war einfach nur noch froh, dass nicht wirklich Schlimmes passiert war. Am Ende der Reise war auch mein Couvert ganz schön gefüllt! Ich nahm mir in jenem Moment fest vor, bald wieder einmal ans Wattenmeer zu fahren, wenn auch nicht als Reiseleiterin!
Das australische Altona war keinesfalls mit dem deutschen vergleichbar, es war ein eher kleiner Ort, direkt am Meer gelegen in der grossen Port Philips Bay. Es schien einiges los zu sein, die Strasse zum Pier war gesperrt und es bewegten sich Massen von Menschen durch die Hauptstrasse, trotzdem fand ich einen schönen schattigen Parkplatz. Das Erste was ich sah nachdem ich ausgestiegen war, war eine Sacharoplastiia, eine griechische Patisserie. Natürlich sass ich unmittelbar danach bei einem griechischen Kaffee und nacheinander kamen die Familienmitglieder, mich zu begrüssen und nach dem Woher und Wohin zu fragen. Sie wanderten vor 20 Jahren aus und fanden hier eine gute Existenz. Die Eltern möchten unbedingt wieder in die alte Heimat zurück, aber die Jungen haben keinerlei Beziehungen mehr, sind sie doch noch nie in der alten Heimat in Griechenland gewesen.
Immer wieder höre ich solche sich ähnelnde Geschichten! Einmal mehr wird mir bewusst, dass Australien ein Einwanderungsland ist und Menschen aus allen Ländern der Erde herkamen und sich eine bessere Zukunft erhofften.
Nach dem Kaffee machte ich mich auf zum Strand, es war herrlich unter all den Menschen zu sein. Sogar Hunde, und es waren derer viele, waren hier erlaubt (an vielen Stränden sind Hunde nicht zugelassen), es wurde offenbar ein Fest gefeiert, Gründungstag des Ortes vielleicht? Trotz starkem Wind war es sehr heiss und Schatten gab`s am Strand keinen was für mich bedeutete, nach 1,5 Stunden, von denen ich die Hälfte im Wasser verbrachte, einzupacken und zu verschwinden. Das Letzte was ich gebrauchen könnte, wäre ein Sonnenbrand.
Ich hab ihn in Altona gesucht, wirklich überall gesucht, aber nirgends gefunden- den Campground! Auch die Leute die ich auf der Strasse fragte, wussten von Keinem, dabei war auf der Landkarte das grüne Dreieck klar eingezeichnet, da war guter Rat teuer. Nach meinen Unterlagen zu schliessen gab es mehrere Plätze in Melbourne. Einen 50 Km nördlich, Andere irgendwo in einem der 1000 Vororte. Deshalb entschloss ich mich, an der Küste um St. Kild herum nach einem Platz Ausschau zu halten.
Das erste grosse Strassenabenteuer von Australien kam auf mich zu! Ich musste über die West Gate Bridge, eine 4 Kilometer lange 8-spurige Autobahnrücke über den Jarra River, Wahnsinn! Ich hasse Autobahnen und Freeways und West Gate Bridges, trotzdem schaffte ich es, rüber zu kommen. Niemand kam durch mich zu Tode, es hat nicht mal jemand gehupt meinetwegen! Und das Wunder war vollends als ich auf Anhieb die richtige Ausfahrt erwischte, Intuition oder Führung? Was auch immer, ich war weg von diesem grässlichen, überdimensionierten, landfressenden, Menschen nervös machenden Monster von Strasse, es ging wieder gemütlich zu und her, mit Ampeln alle 100 Meter und natürlich Alle auf rot, wie herrlich! Ich konnte die neben mir haltenden Fahrer nach dem Ferry-Terminal fragen und wurde so richtiggehend hingelotst.
Im Wissen darum, am Sonntag den Weg zur Fähre in Melbourne zu finden, fuhr ich weiter auf der Küstenstrasse. Kilometer um Kilometer, es gab elend viele Pakrplätze, aber keinen einzigen der frei gewesen wäre und weit und breit kein Camping. Dafür extrem starker Verkehr und heiss war es, sehr heiss. Ampeln über Ampeln, Roundabout nach Roundabout. Nach mehr als 40 gefahrenen Kilometern und zwei Stunden im siedendheissen Fröschlein, machte ich rechtsumkehrt, total genervt und frustriert!
In Brighton stürzte ich mich trotz der abendlichen Zeit ins Meer, nicht so sehr aus Verzweiflung als vielmehr zur Abkühlung! Wo ich schliesslich nach 20 Uhr gelandet bin? Na, in Altona natürlich, und ich sang vor mich hin, „ach, wär ich doch in Altona geblieben“!
Der Strand war um diese Zeit menschenleer und Parkplätze gab es zum aussuchen, ich stellte mich auf einen Platz nahe bei den öffentlichen Toiletten. Und dann holte ich mir im Take-Away etwas wunderbares, Shrimps with Garlic, Fried Rice und fertig gerüsteten Salat. Ein Draughts Beer dazu vollendete das köstlichste aller Gerichte und auf dem Parkplatz habe ich schliesslich sogar ausgesprochen gut geschlafen bis mich um acht Uhr morgens die Putzequipe weckte, aber nicht etwa vertrieb.
In aller Gemütsruhe frühstückte ich, zog mich besonders hübsch an und fuhr los, in die Stadt! Stinkwichtig über die West Gate Bridge, wagte mehrere Blicke Richtung Skyline und Hafen. In einer Seitenstrasse, der Beaconsfield Parade, der Melbourner Esplanade, fand ich einen Parkplatz unter schattigen Bäumen, nur wenige Häuserblocks von der Tramstation entfernt. Ich liess Fröschlein stehen und machte mich auf, Melbourne Down-Town zu entdecken!
Ich liess mich gleich vom Tramfahrer ein bisschen informieren, ich sass direkt neben ihm und wir konnten uns gut unterhalten. Ich nehme mal an, dass es auch für ihn eine angenehme Abwechslung war, zumal ich einziger Fahrgast war. An der Achse Flindersstreet hiess er mich aussteigen und zeigte auf das gegenüberliegende Visitor Center. Ich stieg mit Stadtplan und jeder Menge Broschüren der Sehenswürdigkeiten und Ausflugsmöglichkeiten (man müsste mindestens zwei Wochen hier verbringen) ins Cirkle Tram ein, eine wunderbare Einrichtung um einen ersten Eindruck von der Stadt zu bekommen. Ich fuhr die ganze Strecke ohne Zwischenhalt, hörte mir die Kommentare während der Fahrt an und machte mich anschliessend zu Fuss auf, Einzelnes näher anzuschauen.
Die Kathedrale beeindruckte mich sehr, in neugotischem Stil erbaut und mit wunderschönen, in rot und goldtönen gehaltenen Bodenfliesen und schönen farbigen Bogenfenstern und einer wunderschönen Altarwand.
Das riesige Bahnhofsgebäude mit seiner langen, knallgelben Hauptfront, der Eingang fast wie bei einer Kirche mit Kuppel und rundem Kupferdach, wirkte inmitten der Wolkenkratzer wie ein Puppenhaus!
Von der Terrasse des höchsten Gebäudes genoss ich die fantastische Aussicht. Obwohl ich ganz und gar kein Stadtmensch bin, konnte ich mich kaum lösen von dieser faszinierenden Sicht von so hoch oben hinunter auf diese quirlige Stadt. Gleich unter mir die Windungen des Yarra Flusses mit den unzähligen Ausflugs- und Shuttlebooten, die riesigen Hafenanlagen und die Hochhäuser, die nicht so dicht gedrängt wie in anderen Grossstädten aufragen. Auf wohnlichen Dachterrassen in luftiger Höhe gibt es japanische Gärten mit Wasserteichen, Swimming-Pools und sogar Tennisplätze, der Ballverlust muss enorm sein!
Dann schlenderte ich an der Uferpromenade des Yarra Rivers entlang, sah mir im Laden der Warner Brother`s all die Kleidungsstücke mit den dazugehörenden Masken, Schwertern, Pistolen, Kronen und Glitterzeug an die in den Comicfilmen wie Batman, Peter Pan oder Cinderella vorkommen. Für Joshua, meinen 7-jährigen Enkel wollte ich die Ausrüstung zum Spiderman kaufen, aber die Qualität schien mir zum stolzen Preis von 60$ denn doch zu mies und ich liess es bleiben!
Erst gegen Abend fuhr ich zurück, holte meine Badesachen aus dem Camper und machte mich auf, um nach der Hitze der Stadt noch ein bisschen zu schwimmen.
Später sass ich im Camper und schrieb an meinem Tagebuch. Die Seitentüre war weit geöffnet, trotzdem klopfte es sachte ans Blech. Draussen stand ein junger Polizist der sich sofort mit Ausweis auswies. Fast scheu fragte er mich, was ich denn so fleissig schreiben würde und kam dann zur Sache! Ich würde schon den ganzen Tag auf demselben Parkplatz stehen, stellte er fest, er sei schon mehrmals vorbeigekommen. Ich erzählte ihm von meinem Tagesausflug in`s Stadtzentrum und dass ich am nächsten Tag mit der Fähre nach Tasmanien gehen würde und fragte, ob etwas wrong wäre! Eigentlich seien diese Parkplätze für maximal eine Stunde, er wies auf die in grüner Schrift gehaltenen Parkschilder hin (rote sind für max. 30 Min. Grüne für 1 Stunde, Blaue für 4 Std. usw.) Oh weh! Und ich stand schon seit acht Stunden hier!
Nein, eine Busse würde er mir nicht geben, meinte er, ich müsste nur ganz schnell verschwinden von hier, vielleicht für ein Stunde oder so? Dann könnte ich ja wieder zurückkommen!
Von meinem näher beim Fährterminal gelegenen neuen Parkplatz spazierte ich nochmals zur Fähre, das Einchecken für die Abfahrt um 21 Uhr war in vollem Gange. Die PKW`s mussten über eine enge Rampe in die 3. Parkebene einfahren, die LKW`s, die PKW`s mit Wohnanhänger und die Motorhomes fuhren ebenerdig in den Schlund der Megafähre, 1300 Passagiere und 500 Fahrzeuge finden darin Platz!
Ich wollte die Nacht vor der grossen Ueberfahrt nach Tasmanien auf einem Parkplatz möglichst nahe der Fähre verbringen. Ich war übrigens nicht die Einzige, etwas später, ich hatte mein Abendessen längst hinter mir, mein Bett war für die Nacht schon gerichtet, kamen noch zwei weitere Camper um hier auf die morgendliche Abfahrt zu warten.
Ich war dann auch unter den Ersten beim Anstehen zum Check-in, das um 7 Uhr beginnen sollte. Ein Sicherheitsbeamter stellte mir Fragen nach Früchten und Gemüsen, die Einfuhr solcher Produkte nach Tasmanien war strikte verboten um keine Wurzelkrankheiten wie die Phytophtera einzuschleppen. Dann schaffte auch ich das von mir so gefürchtete Einfahren, ich war noch nie mit einem Gefährt auf einer so riesigen Fähre, (diejenige nach Kangaroo Island war direkt winzig im Vergleich zu dieser) und konnte mir auf Deck 10 einen beliebigen Platz aussuchen.
Lange Zeit stand ich an der Reeling und blickte auf die immer kleiner werdende Skyline von Melbourne!
Die 10 Stunden vergingen recht schnell, ich spazierte von Stockwerk zu Stockwerk, las und strickte abwechselnd, besuchte eines der hübschen Restaurants und verbrachte viel Zeit im an Bord vorhandenen Visitor Center für Tasmanien.
Auf dem nächstgelegenen CG, nur 500 Meter vom Ankunftshafen in Devenport entfernt, verbrachte ich die erste Nacht auf der Insel Tasmanien. Es war richtig kalt und der Wind blies wieder so stark, dass ich kaum einen kurzen Spaziergang machen konnte. Aufgewirbelter Sand und Staub verursachten bei mir tränende Augen!
Die kleinen Städte an der Ostküste zwischen Devonport und Wynyard sind geprägt von Industrie und wirken nicht besonders anziehend, aber die A2, in weiten Teilen eine neu ausgebaute 2-spurige Autobahn, ermöglichte ein schnelles Vorankommen. Ab Wynyard wurde es wieder richtig schön, bis auf`s Wetter, das nicht besonders prächtig war. Tief hingen die dunklen Wolken was der Küste aber durchaus einen besonderen Reiz vermittelte.
In Sister Beach, einem kleineren Ort mit vielen Ferienhäuser und einem Bootshafen liess ich für eine kurze Wanderung zu Lee Acher- und Wet-Cave den Camper stehen. Mit Pick-Nick im Rucksack und eingepackt in die warme Fleecejacke folgte ich den Wegzeichen. 15 lange Minuten steigt der steinige Wanderweg elend steil an bis zur Banksia Cove, eine Art Tal oder Einschnitt, über und über mit Banksien, der Nationalblume (es handelt sich allerdings um einen Baum) bewachsen. Viele Bäume sind vor allem in den unteren Teilen noch voller gelbblühender Blüten, die wie überdimensionierte Tannzapfen aussehen. In den oberen Regionen der Bäume sind die Blüten bereits ausgedorrt und dunkel, viele der ovalen Samenkapseln die etwa so gross wie eine 2-Euromünze sind, waren geöffnet und die Samen bereits ausgeworfen.
Eine Traum-Sicht über die ganze grosse Sister Bay belohnte den im wahrsten Sinne atemraubenden Aufstieg. Der Weg von dort führte in Windungen hinunter, fast bis zum Meeresspiegel, dann wieder bergan auf einem fast gänzlich überwachsenen Weg bis sich ganz plötzlich ein dunkles Loch auftat. Neugierig spähte ich hinein, es soll sich um einen immer noch heiligen Platz der hier ansässigen Kaori`s handeln.
Ich konnte jedoch weder Felsmalereien noch sonst irgend etwas Besonderes entdecken, liess mich aber vor der Höhle nieder und verzehrte mein Pick-Nick das aus einem mit Frischkäse bestrichenen Toastbrot und einer grossen Flasche stark verdünntem Orangensaft bestand.
Die unter mir liegende Küste war wild, kein Sandstrand, dafür mit Felsen, die, aufgrund der Flechten rot leuchteten. Zwischendurch guckte die Sonne hervor was der ganzen Szenerie einen wundervollen Touch gab und mich während des Mampfens zu Ausrufen des Entzückens veranlasste!
Um zur Wet Cave zu gelangen musste ich ein Stück auf gleichem Weg zurück um dann links in einen wunderbar duftenden Eukalyptushain zu gelangen. In wenigen Gehminuten erreichte ich die zweite Höhle. Aber auch da verspürte ich kein verstärktes Kraftfeld und hatte keinerlei Eingebungen.Die parapsychologische Gesellschaft
Ich erinnerte mich an die Zeit, als ich im Vorstand der Schweizer Parapsychologischer Gesellschaft war. 1973, nach meiner ersten Rückenoperation, besuchte ich eine Vorlesung über Nahtod-Erlebnisse von Prof. Alex Schneider. Während
meiner 1. Wirbelsäulen-Operation, ich befand mich in tiefer Narkose, durchquerte ich einen langen dunklen Tunnel und sah am Ende ein wundervolles Licht. Es wirkte warm und hiess mich willkommen. Immer näher flog ich zum Licht und fühlte mich leicht. Aber dann wurde ich durch eine mir unbekannte Kraft zurückgedrängt, zurück in den Tunnel. Eine Stimme sagte, dass es noch nicht Zeit für mich wäre, Wie mir der Chirurg später mitteilte, hätte ich geweint und er wollte genau wissen, was ich erlebt hätte. Von ihm hörte ich das erste Mal, dass es so etwas wie Nahtod-Erfahrungen gibt. Nach der Vorlesung von Prof. Schneider schrieb ich mich als Mitglied in der SPG ein und besuchte einige Workshop`s. Einmal besuchte ich ein Wochen-End Seminar im schönen Appenzellerland wo es um die Kraftorte in diesem Kanton ging. Es war ein wunderbares Erlebniss. Nach einem Hilfeschrei des Vorstandes wurde ich Finanzminister, mein Vorgänger hinterliess ein wahres Chaos. Ich ordnete während Tagen Schachteln voll mit Belegen und sortierte diese nach Jahren, Monaten und Tagen. Dann konnte ich eine ordentliche Buchhaltung nachführen und oh Wunder, die Gesellschaft war trotz Androhung der Steuerbehörden nicht steuerpflichtig, da das Vermögen weniger als 70 000 Franken betrug. Ich blieb einige Jahre im Vorstand und genoss die Privilegien, an Seminaren und Vorträgen kostenlos teilzunehmen.
Einige Male durfte ich undercover Medien besuchen, um herauszufinden, ob es sich um seriöse Medien handelte. Es gab tatsächlich Einige, die Fähigkeiten hatten, Dinge zu sehen oder zu spüren, die aussergewöhnlich waren. Andere wiederum waren einfach gute Psychologen. An einem Vortrag von Erich von Däniken durfte ich diesen genialen wissensdurstigen Schriftsteller persönlich kennen lernen und bekam ein von ihm signiertes Buch, die Rückkehr der Götter. Mehrmals habe ich für die SPG Vorträge mit ihm organisiert, der Andrang war riesig, weshalb wir den grosse Saal im Zürcher Kongresshaus mieteten. Auch heute noch bin ich stark an seinen Forschungen interessiert und schaue mir jede seiner Sendungen im TV an. Ja, ich bewundere diesen vor Energie sprühenden Mensch.
Immer dem Crayfish-River entlang. Nur noch die Geräusche des Waldes waren zu hören, Vögel, die erschroken aufflogen, Paare, die sich in Liebe zuzwitscherten, in den sumpfigen Uferzonen Frösche und Kröten, ein Zirpen wie von Grillen und das Rauschen der Baumkronen. Immer wieder blieb ich stehen und lauschte, von Müdigkeit keine Spur mehr.
Nachdem ich mich auf das letzte Teilstück aufmachte, das mich wieder hinunter zum Meer brachte und nach weiterem Ueberqueren von grossen Felsbrocken, erreichte ich nach 1,5 Std. mein Fröschlein.
Auf dem Camping angekommen, nahm ich meine Kochutensilien und hoffte, einen Platz in der Camper`s Kitchen zu ergattern. Nur gerade ein junger Mann mit seiner winzigen Tochter war anwesend und er hatte mir sofort einen Platz auf seiner Feuerstelle zum Grillieren angeboten, den ich gerne in Anspruch nahm. Derweil meine Zucchettischeiben in der Pfanne brutzelten, erzählte er mir, er wäre erst 21 und Irène, die Kleine, ein Unfall! Aber seine Blicke, mit denen er die Kleine ansah, waren so voller Liebe und die Sanftheit, mit der er sein Kind berührte, unterstrichen seine Beteuerungen, dass es sich um den schönsten Unfall seines Lebens handelte. Die Mutter und Ehefrau kam dann schon bald mit Schoppen, Kartoffeln und riesigen Mengen an Steaks und Würsten.
Bald drehte sich unser Gespräch um die Preise der Lebensmittel, der Löhne, Mieten, Krankenversicherungen in Australien und der Schweiz die wir miteinander verglichen! Als ich die bei uns üblichen Kilopreise für Rindfleisch, vor allem Filet, Entrecote und T-Bone Steaks nannte, verschlug es den Beiden die Sprache. Voller Entsetzten meinten sie, dass mit solchen Preisen es unmöglich wäre, sich jeden Tag und jeden Tag so viel Fleisch, leisten zu können. Wir sassen noch lange am heimeligen Kamin zusammen, es war mollig warm, und klein Irène schlief selig in ihrem Sessel.
Auch am nächsten Morgen, dem 8. Februar, war der Himmel noch wolkenverhangen, grau in grau, aber der Blick von Stanley zum The Nut, dem Felsen in Form eines Tafelberges, war trotzdem grandios. Dort musste ich mich entscheiden, zurück nach Wynyard und auf der A 10 nach Rosebery und Zeehan, oder über Smithon und Marrawah nach Arthur River und Reece Dam mit 150 Kilometern Gravel-Roads. Beim Leuchtturm von Rocky Cape kam ich mit einem Ehepaar aus Luzern ins Gespräch die mich ermunterten, die viel schönere Strecke über Arthur River zu wählen. Die Gravel Road sei in gutem Zustand und sie selber hätten sie auch mit 2WD befahren. Da auch die Auskunft im Visitor Center von Stanley sich positiv anhörte, entschied ich mich also für die Gravel Road obwohl ich inzwischen Gravel Roads aus tiefstem Herzen hasste!
In Marrawah dann die erste Ueberraschung, die Brücke über den Welcome River für 2 Monate gesperrt! Als die an der Brücke arbeitenden Männer meine enttäuschten oder besser gesagt konsternierten Blicke gewahrten, zeigten sie auf die etwas weiter unten liegende Fähre, die während den Bauarbeiten eingesetzt wurde. Sie war so klein, dass gerade ein Wagen darauf Platz fand. Sicher brachte sie mich in 4 Minuten über den Fluss, zum Nulltarif.
Und dann begann sie, die Gravel-Road, und sie war alles Andere als in gutem Zustand. Ich errinnerte mich, dass die Luzerner noch anfügten, dass die ersten Kilometer nicht ganz so schön zu befahren seien. So nahm ich es erst mal gelassen hin, zugute kam mir, dass in Ermangelung anderer Verrückter ich die ganze Breite der Strasse in Anspruch nehmen und so den Schlaglöchern weitgehendst ausweichen konnte. Nach jeden 20 gefahrenen Kilometer gibt`s einen Halt, hatte ich mir vorgenommen, und habe das auch mindestens zweimal eingehalten.
Es ging wirklich zügig voran, mit durchschnittlich 50 – 60 Std/Km konnte ich auf der über weite Strecken schnurgeraden Strasse fahren, ohne dass es mich mein Geschirr gekostet hätte und natürlich auch ohne mein Fröschlein und mich allzu sehr durchzuschütteln. Das ging so bis in die Gegend von Leigh River.
Die Szenerie änderte sich, waren es bis anhin sanfte Steigungen, wurden die Erhöhungen zu eigentlichen Bergen und Pässen. Eine Kurve folgte auf die Nächste, in ganz steilen Abschnitten haben nette Menschen ein- zweihundert Meter Asphalt hingeworfen, damit man überhaupt die Steigungen schaffen kann!
Bei zweimaligem Gegenverkehr wurde angehalten und einige Worte über das Woher und Wohin gewechselt und den Strassenzustand in der jeweiligen Richtung weitergegeben. Ich hätte auf jedem Höger stehen bleiben mögen, die Landschaft war einmalig schön, eine Bergkette reihte sich an die Andere und über mehr als 100 Km kein einziges Haus, nicht mal eine Hütte, unvorstellbar für uns Schweizer!
Die Fahrerei strengte mich mehr an als ich mir das je hätte vorstellen können und meine Nerven waren während dem Fahren total angespannt, mein Nacken, meine Schultern und die Arme schmerzten vor Anstrengung. Ich steckte mir die Stöpsel meines CD-Walkman in die Ohren und hörte Meditationsmusik, Sufis Vision, Bird Romance und Spotted Eagle! Ich weiss nicht, setzte die Musik jeweils wegen der Hopser die mein Camper machen musste, aus, oder waren die Batterien bald am Ende, auf jeden Fall betete ich inbrünstig, mein CD Player möge jetzt nicht aussteigen. Und tatsächlich hielt er durch.
Irgendwann, vielleicht 20 Km vor Corinna, verlief die Strasse wieder in gemässtigeren Höhenunterschieden und bei der Ueberquerung des Savage River`s wusste ich, dass es nicht mehr allzu weit bis Corinna , meinem Etappenziel, war.
Corinna ist nicht etwa ein Dorf, nein, nur gerade 5 aneinandergebaute Häuser wovon eines Kiosk, Post und Café ist und die Tickets für die Fähre über den Pieman River verkauft und die Campingplatz-Gebühren einkassiert. Der Besitzer pries die wenigen Plätze als die Schönsten weit und breit an (es gab ja sonst weit und breit gar keine Anderen). Als ich aber hörte, dass ein lausiger, am Hang gelegener Platz ohne Stromanschluss und Wasser 20$ kosten sollte, meldete ich mich sofort für den Fährübergang an. Der kostete auch 20$, für knappe 100 Meter Ueberfahrt, hier scheinen Einheitspreise zu herrschen! In diesen 20$ war aber noch ein Aufkleber dabei auf dem stand « I crossed the Pieman», der immer noch an meinem Camper klebt!
Schlussendlich lohnte sich, noch weitere 30 Minuten Schotterstrasse in Kauf zu nehmen, der Pick-Nick-Platz direkt am Reece Dam gelegen war traumhaft schön und es stand auch schon ein anderes Mobilhome da.
Mein Fröschlein war nicht mehr zu erkennen, seit Arthur River hatte es entweder geregnet oder es fiel ein sanfter Nieselregen (in Salzburg würde man dazu Schnürlregen sagen) was bewirkte, dass sich der dunkelgraue Sand-Kieselbelag der Strasse als betonartige Schicht aus Staub mit Wasser vermischt bis über die Fenster auf meinem Camper ansetzte. Wasser gab es ja genug aus dem Stausee, Hose also raufgekrempelt, Eimer mit Wasser aus dem See gefüllt und los ging die Schrubberei. Ich benötigte mehr als eine Stunde um Fröschlein aus der Dreckschicht zu befreien!
Meine Nachbarn für die kommende Nacht kamen auf ein Schwätzchen vorbei und als sie das an einem Seitenfenster aufgeklebte Schweizerkreuz bemerkten, verständnisvoll nickten. Ja, ja, die Schweizer sind sich Kälte natürlich gewohnt, meinten sie. Während der Plackerei spürte ich tatsächlich nicht, wie kalt es war. Mit regennassem Haar und nassen Füssen vom mehrmaligen Wasserholen im See, spürte ich die Kälte dann aber doch hochkommen und ich verabschiedete mich von den Beiden um mich ganz schnell umzuziehen, auch hatte ich einen Riesenhunger.
Einmal, auf einer meiner Touren als Reiseleiterin, berichtigte mich ein Teilnehmer als ich nach einer langen und anstrengenden Wanderung bemerkte, „jetzt habt ihr sicher Hunger“. In bestimmten Ton meinte er, dass wir Hunger überhaupt nicht kennen würden und wir höchstens Appetit hätten! Ein bisschen spitzfindig fand ich damals, auch wenn er im Prinzip recht hatte! Ich brutzelte mir drei wunderbar zarte und saftige Lammkoteletten und bereitete mir eine grosse Schüssel Kopfsalat mit Tomaten und Zwiebeln zu. Das tägliche Glas Rotwein fehlte auch nicht und glücklich sass ich im Warmen während es draussen immer heftiger regnete.
Einmal mehr hatte ich meinen Camper ganz nahe ans Seeufer geparkt und konnte so während des Essens auf das graue Wasser schauen.
Ich folgte der Einladung meiner Mitcamper zu einem Glas Wein in ihrem comfortablen, ca. 8 Meter langen Wohnwagen. Zu meiner Verwunderung war es sehr geschmackvoll eingerichtet. Sofa, Kissen und Vorhänge in warmem burgunderrot, die Fronten der Schränke und die Wände in hellem Holz, in der Küche fehlte es an gar nichts, sogar ein Abluftfilter in Chromstahl war vorhanden und natürlich fehlte auch der TV mit Flachbildschirm nicht. Barry versicherte mir, dass sie eigentlich nur die Wetterprognosen anschauen, die aber oft mangelsEmpfang ausblieben. Nachdem ich zweimal nach dem Namen der Frau nachfragte und ihn immer noch nicht verstanden hatte, gab ich es auf, es tönte wie Maad oder Maid, Beide sprachen sie in wunderbarem tasmanischem Dialekt. Oft verstand ich nur Bahnhof und nickte dann einfach höflich. Vieles verstand ich dem Sinne nach und wir diskutierten über unsere unterschiedlichen politischen Systeme. Barry war sehr interessiert an Politik. Die Beiden haben dieselbe Schule besucht und leben seit ihrer Geburt in Burnie an der Nordküste Tasmaniens. Obwohl Barry schon seit einigen Jahren pensioniert ist, (mit 60!) reisen sie 1-2-mal pro Jahr für drei Wochen auf ihrer Heimatinsel umher. Sie seien noch nie im Ausland gewesen, erzählten sie weiter, weil sie immer ganz schnell Heimweh nach den Kindern und Enkel hätten!
Ich sehnte mich auch oft nach meinen Lieben zuhause, dann nahm ich jeweils das kleine Fotoalbum, das Jacqueline für mich für die grosse Reise anfertigte, zur Hand. Da waren Bilder von Jacqueline mit ihrem Mann Hans-Ruedi, ihre beiden Kinder Joshua und Sharon, von Böbi meinem Sohn mit seinen Jungs Enrico und Riccardo, Bilder von Familienfesten, Geburtstagen, im Sommer und mal mit Schnee! Am Zustand des Albums konnte man erkennen, dass ich es schon oft in Händen hielt!
Barry und seine Frau M... scheinen Early Birds zu sein, denn als ich am nächsten Morgen um halb acht die Vorhänge zurückzog, waren sie bereits am ankoppeln des Wohnwagens und verliessen kurz darauf winkend und hupend den Platz. Nach dem Frühstück sass ich noch eine Weile an diesem wunderschönen Ort und träumte einfach auf den See hinaus vor mich hin.
Auf wunderschöner Asphaltstrasse (wie kann jemand nur Asphalt mögen?) fuhr ich über Rosebery nach Zeehan. Die Strecke war gekennzeichnet durch stetiges Auf- und Ab, auch an Kurven fehlte es nicht. Wieder gab es viele Lookouts an denen es sich lohnte, anzuhalten um die grünen Hügel und Täler, die mit rotgefärbten Sumpfgräsern bewachsenen Ebenen oder die zu überquerenden Flüsse und Bäche, zu bewundern. Immer wieder traf ich dieselben Menschen und wir begrüssten uns ab dem zweiten Mal meist schon wie alte Bekannte.
Rosebery, der Name hat so etwas Liebliches an sich, hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Es präsentierte sich als zwar wichtige, aber nicht gerade hübsche Minen-Stadt. Ich besuchte das Pionier-Museum und fand es ausserordentlich informativ und interessant. 150 Jahre Bergbau, viele Katastrophen und die schrittweise Modernisierung bis hin zur heutigen, mit viel Elektronik versehenen Automatisierung der Förderanlagen. Haben früher (bis 1990) über 2000 Menschen hier Arbeit gefunden, sind es heute noch gerade 350, dafür läuft die Mine, die Kupfer abbaut, wieder sehr rentabel.
Kurz nach Rosebery lockte ein Schild zu den 7 Kilometer entfernten verheissungsvollen Montezuma Falls dem ich spontan folgte. Nach der Hälfte der Strecke war dann finito mit Asphalt und es folgte eine in miserablem Zustand befindliche Strecke. Nach dem Regen waren die teils tiefen Schlaglöcher mit matchigem Wasser gefüllt und mein sauberes Fröschlein... ich mochte gar nicht daran denken! Aber natürlich haben wir zwei auch das geschafft und parkierten im erstaunlicherweise gut besetzten Parkfeld. Und dann stand dort ein schönes braunes Holzschild, Montezuma Falls 4 Std. Wanderzeit! Sch.... das hätte man doch schon unten anschreiben können! Sollte ich es wagen? Zeit dafür hätte ich schon, aber der Himmel verdunkelte sich wieder merklich und in Richtung der Wasserfälle war der Himmel rabenschwarz. Eigentlich war ich ganz froh, keine 4 Stunden tschumpeln zu müssen und befand mich als einen vernünftigen Menschen und liess das Wandern sein!
Ich würde sofort unterschreiben um der Strasse von Rosebery über Zeehan nach Strahan den Titel Traumstrasse der Welt, zu verleihen. Sie führt durch Hochebenen, ringsum Berge, nicht allzu hohe, dafür aber entweder mit Wald oder niederen Sträuchern und Gräser bewachsen und immer wieder durchschnitten von Tälern und Flüssen, es machte richtig Spass, durchzufahren. Kurz vor Strahan öffnet sich der Blick über die nahe Küste mit den gut sichtbaren Sanddünen.
Leider waren die Preise sowohl für die Fahrt mit der Nostalgiedampfbahn, 70$, wie auch der Bootsausflug im Macquarie Inlet mit 85$ saumässig teuer wie mir schien und ich liess beides bleiben. Stattdessen fuhr ich hinaus zum 13 Kilometer entfernten Maquarie-Head. Ich staunte über mich selber, aller Hass auf Graveled Roads war verflogen, nicht dass ich sie schon geliebt hätte, noch nicht, aber der Umstand, dass gerade diese Strassen mich immer wieder an die schönsten Orte brachten, machten sie mindestens etwas symphatischer. Und das war beim Maquarie Head definitiv der Fall, schon bei halber Distanz am Swan Basin, flippte ich fast aus so schön war der Blick über das Wasser, und am Ende dieses Landzipfels war es gar noch schöner.
Ein alter, klappriger Holzsteg war genau richtig, um sich darauf eine Weile hinzusetzen und sich zu entspannen. Der Caretaker (ein Hilfs-Ranger) des Campgrounds der durch die Nationalpark Behörde verwaltet wird, war so was von hässlich und trotzdem so symphatisch, sowas begnet einem nicht jeden Tag. Fast zahnlos, mit verrostetem Brillengestell durch dessen Gläser er wahrscheinlich nicht mehr allzu viel zu sehen bekam! Vielleicht war er ja deshalb so nett zu mir, er hatte wahrscheinlich meine Falten und Runzeln nicht gesehen und dachte, eine junge Hübsche stehe vor ihm! Auch seine Kleidung erweckte nicht den Eindruck, in den letzten 10 Jahren gewaschen worden zu sein. Er erzählte mir von seinen zwei Söhnen die es zu was gebracht hätten, ja-ja! Ich musste mich zentimeterweise aus dem Kreis seines atemberaubenden Atems wegbewegen, sein Mundgeruch war gewaltig!
Den Platz für die Nacht durfte ich wieder frei wählen, was sich aber als recht schwierig erwies, da überall viel Gestrüpp und Unterholz wuchs, es war ein wirklich wilder Ort! Das Angebot, dass wenn mir irgend etwas fehle es bei ihm zu holen, musste ich nicht in Anspruch nehmen.
Ziemlich spät, so gegen halb neun, kam noch ein Camper angefahren, ein alter gelber, mit roten Streifen der Seite entlang. Den hatte ich doch schon gesehen! Natürlich, auf der langen Fahrt durch die Pieman Gegend haben wir uns zweimal auf Lookouts kurz unterhalten. Es war eine alleinstehende Mutter die mit ihrer 8-jährigen Tochter für einige Monate unterwegs ist. Sie freuten sich richtig, als sie mich erkannten und die Frau, Serena, bat darum, ihren Camper dicht hinter Meinen stellen zu dürfen.
Sie fing gleich mit Kochen an und bald überzog ein herrlicher Duft den Ort und ich wurde zum Essen eingeladen. Mein Abendessen hatte ich allerdings längst hinter mir aber für eine Tasse Tee war ich schon zu haben und Serena erzählte mir dass sie die Kleine für 9 Monate aus der Schule genommen hätte und sie in dieser Zeit weitgehend selber unterrichte. Jeden Morgen, vor der Weiterfahrt, würden sie bis gegen 10 Uhr die notwendigen schriftlichen Schulaufgaben erledigen und oft während den Fahrten vieles mündlich repetieren und üben. Und tatsächlich, als ich am nächsten Morgen gegen 9 Uhr abfahrbereit war, sassen die Beiden am Tisch und hielten fleissig Schulstunde!
Die erste Liebe
Ich erinnerte mich an „mein“ erstes Schulhaus, es war das Limmat-Schulhaus nahe dem Limmatplatz im berüchtigten Kreis 5. Meine Lehrerin, Fräulein Baumann, eine sehr attraktive (für meine damalige Wahrnehmung eine ältere Frau, wahrscheinlich aber um die 30) mochte mich sehr gut und sah oft über mein zuspät Kommen hinweg. Neben mir in der Schulbank sass Fredy, der wohl hässlichste Junge der Klasse mit rotem, struppigem Haar und Sommersprossen und riesigen abstehenden Ohren. Aber- genau in diesen Fredy verliebte ich mich und wir tuschelten ständig miteinander. Fräulein Baumann fragte uns, was wir denn so Wichtiges zu besprechen hätten, worauf ich ihr eröffnete, dass wir über unsere Heirat sprechen müssten. Sie schlug uns vor, dies doch lieber in der Pause zu machen. Wir wohnten an der Langstrasse, damals das absolute Rotlicht-Milieu von Zürich, eine wirklich interessante und lehrreiche Gegend. Eines Abends, mein Bruder Roland und ich waren alleine zuhause, nahmen wir uns Kissen und Stühle und machten es uns an der Fensterbank bequem. Wir nahmen teil am Leben der Grossen, Rauschmänner (Betrunkene) die schimpften oder johlten, Prostituierte die sich lautstark anbiederten, Arbeiter die den Feierabend in den vielen Beizen verbrachten und ihr Geld anstatt zuhause abzuliefern, hier verprassten und Obdachlose, um für ihre Droge Alkohol zu betteln, es war spannend. Es fing an zu regnen, im Erdgeschoss unseres Mehrfamilienhauses befand sich eine Pferdemetzgerei die über ihrer Eingangstüre ein Vordach hatte. 2 Prostituierte retteten sich darunter wobei die Eine in lauter Stimme auf die Strasse schrie „ Gottverdammi, man verdient bald keine 5 Franken mehr auf der Gasse“! Die Arme, dachte ich mir, ich kannte sie nämlich, es war die, die mir hin und wieder ein Schokostängeli schenkte!
Bei der nächsten Gelegenheit, als meine Mutter bemerkte, dass wir uns das nicht leisten konnten, sagte ich in ernstem Tonfall, gell Mami, weil man keine 5 Franken mehr auf der Gasse verdienen kann! Meine Mutter muss völlig schockiert gewesen sein, denn, wie sie mir später erzählte, war dies der Grund, schnellstens eine Wohnung in einer anderen Gegend zu suchen. Sie war mittlerweile von unserem Vater nach 5 Jahren Streitens auf den verschiedenen Gerichten geschieden und Vater wohnte nicht mehr bei uns. Die Firma Bührle besass viele Mietshäuser und in einem davon an der Affolternstrasse in Oerlikon bekamen wir eine günstige 3-Zimmer Wohnung, ohne Bad, die Toilette befand sich ausserhalb im Treppenhaus. Was für ein sozialer Abstieg, ich hasste Oerlikon aus tiefstem Herzen. Ich nahm es meiner Mutter sehr übel, erst vom Welschland weg, dann weg aus dem wundervollen Niederdorf mit dem Brunnen am Limmatquai, den wir als Swimming-Pool benutzten und nun noch Oerlikon. Oerlikon dieses Kaff!
Endlich wieder ein strahlend schöner Tag, schnell wärmte die Sonne meinen abgekühlten Camper und auch meine Lebensgeister auf und auf der wunderschönen, durch Wald und Berge führenden Fahrt nach Queenstown jauchzte ich mehrmals vor Freude. Ich wollte es sehr gemütlich nehmen und auf den „Great Short Walks“, die an der Strecke liegen, spazieren.
Queenstown ist ein richtiges Industrienest, eine riesige Kupferabbau Mine mit künstlich aufgeschütteten Bergen von Aushubmaterial und tiefen Löchern in den Felsen dominiert diese Gegend. Das wäre nicht gerade mein erträumter Wohnort, dachte ich beim Durchfahren.Gleich nach den letzten Wellblechhütten begann sich die Strasse in vielen Windungen hinaufzuziehen, auf den Mount Owen, eine richtige schöne Passstrasse, so, wie ich sie als Kind bei uns in der Schweiz in den 1950igern erlebt hatte! Schmale, enge Kurven, über Kilometer hinweg keine Möglichkeit zum Ueberholen! Lange Zeit fuhr ich hinter einem Velofahrer, schwer bepackt mit Zeltausrüstung, her, was mich überhaupt nicht verärgerte, konnte ich so doch hin und wieder einen Blick auf die ringsum liegenden, in allen Farben glitzernden Felswände werfen. Ich bekam grosse Lust, mich als Strahler zu versuchen und memorierte in Gedanken, was ich für Werkzeuge verwenden könnte. Ausser einem Schweizer Militärmesser, allerdings mit Schere, Säge, Zapfenzieher, 4 oder 5 verschiedenen Klingen, Ahle und Zahnstocher versehen, hatte ich nichts mit dabei und ich bezweifelte, dass ich mit meinem Messer weit kommen würde.
Kurz vor dem höchsten Punkt dann endlich eine Ausfahrt mit Haltemöglichkeit um in Ruhe die Aussicht weit hinunter in ein Tal zu bewundern. Die Talfahrt zog sich hin, immer wieder durch sumpfige Hochebenen mit sich herbstlich färbenden Gräsern, von Weitem waren sie wie rote Teppiche anzuschauen. Dann der Uebergang zum Burbury Lake, der immer noch in ansehnlicher Höhe lag und an einen Bergsee errinnert- traumhaft schön!
Der Natur Trail zu den Nelson Falls, leider nur gerade 30 Minuten hin und zurück, lohnte sich sehr, nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage stürzten sich die Wassermassen etwa 40 – 50 Meter über terrassierte Felsen hinunter in den Nelson River. Der ganze Weg führt durch dichten, dunklen Urwald mit vielen Farnbäumen. Aber auch andere Farnarten wie Fischgrat-, Wasserschild- Mutter- und Haarfarne entdeckte ich und verschieden Moosarten die umgefallene Stämme ganz und gar einpackten und vollgesogen mit Wasser im Licht, das durch die Aeste drang, glitzerten.
30 Kilometer grossartiger Natur, Wälder, Sümpfe, Ebenen, führen zum nächsten Highlight, dem Donghys Hill. Vom Parkplatz führt ein Fussweg über viele Holztreppen steil hinauf zur kleinen Terrasse von welcher man einen prächtigen Blick geniesst. Auf drei Seiten werden einige Bergspitzen namentlich aufgeführt, viele sind allerdings namenlos was mich sehr erstaunte, haben doch bei uns zuhause auch die niedrigsten, und noch so unbedeutenden Berge, einen Namen!
Der nächste Great Short Walk, der Franklin River Trail, befand sich nur 15 Kilometer entfernt, auch Ausgangspunkt für eine 3-5-tägige Trekkingtour zum Frenchman`s Cape! Nachdem ich die eine fussbreite, mit Stahlgitter-Abschrankungen versehene, stark schwankende Hängebrücke über den Franklin River überquert hatte, gings für mich auf gleichem Weg zurück. Es folgten noch Mount Arrowsmith und Mount King William bevor ich in Derwent Bridge die Abzweigung zum Lake St. Clair nehmen konnte. Der erste Gang war der zum Visitor Center und dort erspähte ich durch die Bäume den so idyllisch gelegenene St. Clair Lake der zum Cradle Mountain Lake - St. Clair Nationalpark gehört. Das war die Krönung eines der schönsten Tage in Tasmanien!
Auch hier lag der CG direkt am Seeufer und auch hier das unerhörte Glück, trotz Weekend-Ansturm, einen der vorderen Plätze mit Seesicht zu ergattern. Ich war sehr glücklich und aus lauter Freude buchte ich noch am Abend eine Schifffahrt für den nächsten Tag zur Narciss-Bay um die Wanderung dem See entlang nach der Cyntia Bay zu machen.
Nach dem gut einstündigen Platypus Walk (leider keinen entdeckt) schlief ich sehr gut, wachte dann aber gegen Morgen auf, weil ich fror. Auch am Morgen war es noch eisig kalt, aber die Sonne schien durch die Aeste was zur Hoffnung veranlasste, dass es bald wärmer werden würde. Ich schrieb während zwei Stunden in meinem Tagebuch, schaute immer wieder zwischendurch auf den See, an dessen Ufer einige Männer ihre Angelruten auswarfen. Dann machte ich mich daran, wenigstens zwei der Schränke auszuräumen und zu reinigen, es ist ja schliesslich bald Mitte März, Zeit also für den Frühlingsputz!
Zu meinem grossen Bedauern dauerte die Fahrt auf dem Lake St. Clair zum Echo Point nur 20 Minuten. Der See liegt eingebettet in Regenwälder und erinnert auch wieder an einen der vielen Bergseen bei uns zuhause! Die Wanderung führt mehr oder weniger dem See entlang, wobei es ein stetes Auf und Ab über Wurzeln, Steine, Bäche und improvisierte Holzbrücklein geht, eine schweisstreibende Angelgenheit in der Mittagshitze! Immer wieder spähte ich durch die Bäume aufs Wasser, hätte ja sein können, dass ich doch noch so einen Platypus zu sehen bekam. Wir waren nur 7Personen auf dem 12 Uhr Schiff, zwei davon hatten die ganze Seerundfahrt gebucht und zwei Paare und ich stiegen zur Wanderung in Echo Point aus. Nach einer Stunde wanderns schlang ich genüsslich meine pampigen Weisstbrot-Schinken-Käse-Toasts hinunter als mich das jüngere der Paare vom Schiff überholte. Das Wissen darum, nicht ganz alleine unterwegs zu sein war ganz angenehm, obwohl ich die Ruhe ringsum schon sehr genoss! Boote dürfen nur mit Spezialbewilligung auf den See, was gewährleistet, dass die Lebewesen und Pflanzen in und am See weitgehend ungestört bleiben. Wie in der Broschüre beschrieben, dauerte die Wanderung 3,5 Stunden, ich empfand sie als relativ anstrengend, sah sie aber als Test für die nächste Wanderung an. Ich hatte im Sinne, so das gute Wetter anhält, am nächsten Tag die 5-stündige Wanderung zum Lake Shadows zu machen.
Ich trudelte gegen fünf Uhr beim Visitor Center ein, etwas müde, aber nicht etwa erschöpft und genehmigte mir ein Bier, ein Draught-Beer! Und am Abend gönnte ich mir ein Dinner in diesem hübschen Resteraunt des Visitor Centers. Ein herrliches Feuer loderte im grossen Kamin und verbreitete wohlige Wärme, es war wieder saukalt geworden! Es schmeckte vorzüglich und die Baby Trout war gar nicht so winzig, mindestens 30 cm lang, schön saftig mit einer Zitronen-Kräutersauce, buntem Gemüse und einem wunderbaren Kartoffelgratin. Ich bestand darauf, dem Küchenchef mein Kompliment zu überbringen, worauf dieser an meinem Tisch erschien. Er strahlte über alle 4 Backen, ein Junger Mann noch, schon etwas beleibt wie sich das für einen guten Koch geziemt. Er verriet mir, dass er in einigen 4 und 5-Sterne Hotels als Koch tätig war, halt nur in Victoria oder in New South Wales und nicht etwa in Frankreich!
Die meisten Gäste waren Camper, die ihre Vehikel rund um mich herum stehen hatten und so kannte man sich, wechselte über die Tische hinweg Erfahrungen des Tages aus und ich bekam manch einen Tip, unter Anderem den vom Field NP, in den ich unbedingt müsste, denn das würde mich an die Schweiz errinnern, wurde mir versichert! Es war die Rede von hohen Bergen mit Skiliften und Pisten – on verra – man wird sehen! Als ich später meine Rechnung verlangte, kam in Form eines Heidelbeermuffins ein Gruss und Safe Drive, aus der Küche!
Es war schon nach acht, als ich am nächsten Morgen erwachte, dabei wollte ich doch früh auf die Wanderung zum Lake Shadow! Irgendwann in der vergangenen Nacht kam Sturmwind auf und ich musste meinen Campingstuhl, der weit wegflog, einsammeln, ebenso mein Badetuch, das sich gottlob am Rückspiegel des Wagens meines Nachbarn verfing. Ueberall gingen mitten in der Nacht die Lichter an und diverse Utensilien wurden eingesammelt und hereingeholt. Es hatte lange gedauert, bis ich wieder einschlief, deshalb vielleicht erwachte ich auch nicht gewohnt früh! Das spielte ja aber überhaupt keine Rolle, eine halbe Stunde früher oder später änderte nichts. Ich liess mir also Zeit mit dem Frühstück, rundherum herrschte eine grässliche, ungewohnte Hektik, die Meisten packten zusammen, klar- es war ja Sonntag und sie mussten Montags wieder zur Arbeit und die Kinder zur Schule!
Mit Wanderstiefeln und Stöcken und mit Pick-Nick bepacktem Rucksack machte ich mich punkt halb zehn auf den Weg der am Visitor Center vorbeiführt. Wie empfohlen, schrieb ich mich ins Wanderbuch ein, Name, Route, ungefähre Dauer! Man sollte sich dann allerdings bei der Rückkehr auch wieder als zurückgekehrt abmelden.
Nach 20 Minuten Wanderzeit, bei Watersmeet, fing der steinige Weg an zu steigen. Die Sonne entwickelte mächtig Kraft und mir tropfte schon bald der Schweiss von der Stirne. Ich schritt durch einen gemässigten Regenwald, viele Myrtlesträucher, verschiedene Banksienarten, die Pink-Berberitze, Akazien und sogar Cotoneaster habe ich entdeckt, und die Alles überragenden Eukalypten mit ihren vielfarbigen, teils geschälten Stämmen. Es duftete wie nach feiner Seife, ich steckte meine Nase in die am Wegrand stehenden Sträucher um festzustellen, dass der Duft von den Bäumen stammen müsste. Ich riss einige Blätter eines Eukalyptusbaumes ab und zerrieb sie zwischen meinen Fingern, der ätherische Duft war so stark, dass ich husten musste.
Eine Schar schwarzer Papageien flog wild kreischend auf und flatterte empört über die Störung in wenigen Metern Höhe über mich weg. Ich durchquerte auf Holzlattenstegen einen Sumpf mit borstigem Knopfgras und erreichte einen eher kleinen Teich. Das konnte unmöglich schon Lake Shadow sein, ich war erst seit 1,5 Stunden unterwegs, und wirklich, der Weg führte weiter, durch lichten Wald, immer wieder durch offenes Gelände unterbrochen.
Nach den veranschlagten zwei Stunden schimmerte Lake Shadow durch die Bäume, ich hatte mein Ziel erreicht. Ich war so aufgekratzt und überhaupt nicht müde, dass ich das Umrunden des Lake Forgotten, den Vergessenen nicht vergessen wollte und ihn nach einer Zusatzschleife von 30 Minuten erreichte! Er war wesentlich kleiner als Lake Shadow aber genauso schön gelegen und gut geeignet für die Mittagsrast!
Ueber eine Stunde sass ich am Ufer und liess mich vom Zauber dieses Ortes gefangen nehmen, es hatte etwas mysthisches, und die Ruhe wurde nicht einmal durch Vogelrufe unterbrochen!
Neben mir lag ein ausgebleichtes Skelett einer Pinie, ein eigentliches Kunstwerk! Ich bewunderte die winzig kleinen Moose und Farne, die sich in den Vertiefungen wo sich wahrscheinlich etwas Humus bilden konnte, eingenistet haben. Immer wieder atmete ich die würzige Luft tief ein, ich strotzte vor Wohlgefühl und Wonne!
Den Rückweg wollte ich über den Circuit Track nehmen der nach einer weiteren Wanderstunde in den mit zungenbrechendem Namen, Larrmairremertabelti Trail, mündet und sanft hinunter in die Cynthia Bay führt. Die ganze Wanderung dauerte immerhin 5 Wanderstunden, super, dass ich das wieder schaffen konnte, das macht Freude und gibt Mut. Wer weiss, vielleicht kommt doch noch alles gut mit meinem noch nicht funktionierenden Quadrizeps und meinen störenden Lähmungen im rechten Fuss!
Trotz 4-wöchigem Aufenthalt in der Paraplegikerabteilung des Balgristspitals und intensivster Therapien, hatte sich die Lähmung in meinem rechten Bein nicht wieder erholt und mein Oberschenkel wurde mit der Zeit immer dünner, viel dünner als jener des linken Beines! Deswegen wurde jeder Abstieg zu einer Herausforderung, denn mein rechtes Knie war einfach nicht stabil. Hilfreich waren dabei die Wanderstöcke auf die ich mich fest abstützte, was mir dann aber Muskelkater in Armen und Händen bescherte.
Während dem abendlichen Schreiben am See wurde ich immer wieder gestört, immer wieder von ein und demselben Mann, ein ausserordentlich hübscher Mann! Schwierig, sein Alter abzuschätzen, wahrscheinlich so zwischen 55 und 60. Mein neuer Nachbar arbeitet, während er umherreist, mittels seines Notebooks und ist ein passionierter Fischer, wie er mir erzählte (vielleicht gibt’s wieder Forelle zum Z`Nacht). Immer wieder fiel ihm noch etwas ein was ich unbedingt wissen sollte oder was er mich noch fragen wollte. Leider, leider ist er mit einer Frau unterwegs, ein absolut hässliches und unsymphatisches Wesen!!
Als sie zur Toilette oder sonst wohin ging, kam er mit mehreren Detailkarten an, die er mir schenken wollte. An besonders schönen oder interessanten Punkten malte er Kreuze und an einem Ort sogar ein Herz und strahlte mich so was von an – mir wurde ganz heiss!
Aber schon kam seine Partnerin wieder angetrabt und während unseres Gespräches entdeckte ich, dass sie gar nicht so hässlich und sogar ausgesprochen nett war (das würde ich genauso machen wie sie, wenn sich mein Mann um ein Andere kümmerte). Und es gab sie dann doch noch, nicht eine, zwei Forellen brutzelten später in meiner Pfanne, lecker!
Ein bisschen wehmütig verliess ich am 13. März diesen wundervollen Platz. Der Regen prasselte die ganze Nacht auf das Camperdach nieder, aber schon während dem üblichen Zusammenpacken schien immer wieder mal ein Sonnenstrahl durch die Wolken.
Viele Camper die ich traf, schwärmten immer wieder vom Mount Field NP, und klar, dass dies mein nächstes Ziel sein sollte. Ganz angenehm, dass er in nur 150 Km Distanz lag, also keine Tagesfahrt entfernt. Schon vor Mittag traf ich dort ein und buchte wieder einmal einen Stellplatz mit Stromanschluss. Die letzten drei Nächte stand ich der grossen Nachfrage wegen auf einem unpowered Site (ohne Stromanschluss). Ich musste unbedingt den Akku für mein Handy und die Batterie meiner Digitalkamera aufladen.
Als sichtbare Reservation stellte ich meinen Campingtisch und Stuhl in die Mitte meines Stellplatzes bevor ich mich aufmachte, die 16 Kilometer Naturstrasse in die Berge unter die Räder zu nehmen. Schon den ganzen Morgen regnete es immer wieder, nur kurze Güsse, aber die bewirkten, dass die Bergstrasse glitschig und wie mit Schmierseife versehen, wurde. Ohne anzuhalten fuhr ich bis zum Ende der befahrbaren Strasse, ich wollte die verschiedenen Lookouts und Kurzwanderungen von oben nach unten machen.
Als erstes stand die Wanderung rund um den Dobson See, die durch die eindrückliche Pandani Grove führt, auf meinem Programm. Bei diesen Pandani handelt es sich um eine endemische Art die wie eine übersimensionierte Yucca aussieht und die durch Wachstum und Abstossen der unteren, lanzenförmigen Blätter eigentliche Stämme bildet die in diesem rauhen Bergklima (im Winter fällt hier oben, auf 1100 müM. Schnee und der Nationalpark wird dann zum Skigebiet), immerhin bis 5 Meter hoch werden.
Sie standen so dicht, dass an manchen Stellen kaum noch Tageslicht eindringt und ich kaum den Weg erkennen konnte!
Nur drei Kilometer weiter, aber schon wieder auf der Rückfahrt, wiederum ein Wanderstop. Diesmal eingepackt in die fleecegefütterte warme Windjacke und mit dicken warmen Socken in den Wanderstiefeln. Der Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht und es war wirklich sehr kalt! Auf weichem Moorboden ging ich wie auf Samt durch das Wombat Moor, überwachsen mit kurzem, den extremen Wetterverhältnissen angepassten Korallenfarn und Ananasgras, dessen kurze lanzettenförmige Blätter silbrig glänzten. Der Wald hat es schwer sich zu behaupten, die Baumgruppen bestehen fast nur aus Exemplaren mit dünnen Stämmen und Aesten die nur wenige Blätter aufweisen, eine karge, aber dennoch sehr reizvolle Landschaft.
In vielen Kurven schlängelt sich die Dobson Road hinunter, nächster Halt; der Lyrebird Nature Walk. Leider konnte ich keinen dieser vom Festland eingeführten Vögel entdecken, wobei ich in Folge des von den Bäumen tropfenden Wassers mein Gesicht eher Richtung Boden hielt! Der Lyrebird soll ganz spezielle helle Töne von sich geben, aber auch die konnte ich nicht vernehmen!
Den Mixed and Eukalyptus Forest Walk liess ich dann doch aus, es wurde mir einfach zu nass und kalt, ich träumte von einem heissen Kaffee und einer warmen Stube!
Als es dann dunkel war, die Wolken sorgten dafür, dass es stockfinster wurde, machte ich mich nochmals, mit Taschenlampe bewaffnet, auf eine Kurzwanderung. Und wie in Reisebüchern beschrieben, leuchteten tatsächlich Tausende von Glühwürmchen, nicht etwa in Höhlen, sondern direkt neben dem Weg im Moos der vielen toten Baumstämme am Boden. Kam man ihnen allerdings zu nahe, erloschen die Lichter. Es handelt sich gar nicht um einen Wurm, sondern um eine längliche Larve und mit dem angezündeten Licht lockt sie ihr Futter, Insekten, an. Ab und zu huschte vor oder hinter mir ein kurzer Lichtstrahl einer Taschenlampe durch die Bäume, andere unermüdliche Wanderer waren unterwegs um zu den Beobachtungsplattformen zu gelangen. Trotz langem und intensivem Horchen auf ein Blubbern oder planschen konnte ich auch diesmal keinen Platypus ausmachen, ich fragte mich, ob es sie wirklich gäbe! Immerhin entdeckte ich im Strahl der Lampe einen Fisch im Wasser und eine riesige Kröte.
Die erste Liebe
Ich erinnerte mich an „mein“ erstes Schulhaus, es war das Limmat-Schulhaus nahe dem Limmatplatz im berüchtigten Kreis 5. Meine Lehrerin, Fräulein Baumann, eine sehr attraktive (für meine damalige Wahrnehmung eine ältere Frau, wahrscheinlich aber um die 30) mochte mich sehr gut und sah oft über mein zuspät Kommen hinweg. Neben mir in der Schulbank sass Fredy, der wohl hässlichste Junge der Klasse mit rotem, struppigem Haar und Sommersprossen und riesigen abstehenden Ohren. Aber- genau in diesen Fredy verliebte ich mich und wir tuschelten ständig miteinander. Fräulein Baumann fragte uns, was wir denn so Wichtiges zu besprechen hätten, worauf ich ihr eröffnete, dass wir über unsere Heirat sprechen müssten. Sie schlug uns vor, dies doch lieber in der Pause zu machen. Wir wohnten an der Langstrasse, damals das absolute Rotlicht-Milieu von Zürich, eine wirklich interessante und lehrreiche Gegend. Eines Abends, mein Bruder Roland und ich waren alleine zuhause, nahmen wir uns Kissen und Stühle und machten es uns an der Fensterbank bequem. Wir nahmen teil am Leben der Grossen, Rauschmänner (Betrunkene) die schimpften oder johlten, Prostituierte die sich lautstark anbiederten, Arbeiter die den Feierabend in den vielen Beizen verbrachten und ihr Geld anstatt zuhause abzuliefern, hier verprassten und Obdachlose, um für ihre Droge Alkohol zu betteln, es war spannend. Es fing an zu regnen, im Erdgeschoss unseres Mehrfamilienhauses befand sich eine Pferdemetzgerei die über ihrer Eingangstüre ein Vordach hatte. 2 Prostituierte retteten sich darunter wobei die Eine in lauter Stimme auf die Strasse schrie „ Gottverdammi, man verdient bald keine 5 Franken mehr auf der Gasse“! Die Arme, dachte ich mir, ich kannte sie nämlich, es war die, die mir hin und wieder ein Schokostängeli schenkte!
Bei der nächsten Gelegenheit, als meine Mutter bemerkte, dass wir uns das nicht leisten konnten, sagte ich in ernstem Tonfall, gell Mami, weil man keine 5 Franken mehr auf der Gasse verdienen kann! Meine Mutter muss völlig schockiert gewesen sein, denn, wie sie mir später erzählte, war dies der Grund, schnellstens eine Wohnung in einer anderen Gegend zu suchen. Sie war mittlerweile von unserem Vater nach 5 Jahren Streitens auf den verschiedenen Gerichten geschieden und Vater wohnte nicht mehr bei uns. Die Firma Bührle besass viele Mietshäuser und in einem davon an der Affolternstrasse in Oerlikon bekamen wir eine günstige 3-Zimmer Wohnung, ohne Bad, die Toilette befand sich ausserhalb im Treppenhaus. Was für ein sozialer Abstieg, ich hasste Oerlikon aus tiefstem Herzen. Ich nahm es meiner Mutter sehr übel, erst vom Welschland weg, dann weg aus dem wundervollen Niederdorf mit dem Brunnen am Limmatquai, den wir als Swimming-Pool benutzten und nun noch Oerlikon. Oerlikon dieses Kaff!
Endlich wieder ein strahlend schöner Tag, schnell wärmte die Sonne meinen abgekühlten Camper und auch meine Lebensgeister auf und auf der wunderschönen, durch Wald und Berge führenden Fahrt nach Queenstown jauchzte ich mehrmals vor Freude. Ich wollte es sehr gemütlich nehmen und auf den „Great Short Walks“, die an der Strecke liegen, spazieren.
Queenstown ist ein richtiges Industrienest, eine riesige Kupferabbau Mine mit künstlich aufgeschütteten Bergen von Aushubmaterial und tiefen Löchern in den Felsen dominiert diese Gegend. Das wäre nicht gerade mein erträumter Wohnort, dachte ich beim Durchfahren.Gleich nach den letzten Wellblechhütten begann sich die Strasse in vielen Windungen hinaufzuziehen, auf den Mount Owen, eine richtige schöne Passstrasse, so, wie ich sie als Kind bei uns in der Schweiz in den 1950igern erlebt hatte! Schmale, enge Kurven, über Kilometer hinweg keine Möglichkeit zum Ueberholen! Lange Zeit fuhr ich hinter einem Velofahrer, schwer bepackt mit Zeltausrüstung, her, was mich überhaupt nicht verärgerte, konnte ich so doch hin und wieder einen Blick auf die ringsum liegenden, in allen Farben glitzernden Felswände werfen. Ich bekam grosse Lust, mich als Strahler zu versuchen und memorierte in Gedanken, was ich für Werkzeuge verwenden könnte. Ausser einem Schweizer Militärmesser, allerdings mit Schere, Säge, Zapfenzieher, 4 oder 5 verschiedenen Klingen, Ahle und Zahnstocher versehen, hatte ich nichts mit dabei und ich bezweifelte, dass ich mit meinem Messer weit kommen würde.
Kurz vor dem höchsten Punkt dann endlich eine Ausfahrt mit Haltemöglichkeit um in Ruhe die Aussicht weit hinunter in ein Tal zu bewundern. Die Talfahrt zog sich hin, immer wieder durch sumpfige Hochebenen mit sich herbstlich färbenden Gräsern, von Weitem waren sie wie rote Teppiche anzuschauen. Dann der Uebergang zum Burbury Lake, der immer noch in ansehnlicher Höhe lag und an einen Bergsee errinnert- traumhaft schön!
Der Natur Trail zu den Nelson Falls, leider nur gerade 30 Minuten hin und zurück, lohnte sich sehr, nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage stürzten sich die Wassermassen etwa 40 – 50 Meter über terrassierte Felsen hinunter in den Nelson River. Der ganze Weg führt durch dichten, dunklen Urwald mit vielen Farnbäumen. Aber auch andere Farnarten wie Fischgrat-, Wasserschild- Mutter- und Haarfarne entdeckte ich und verschieden Moosarten die umgefallene Stämme ganz und gar einpackten und vollgesogen mit Wasser im Licht, das durch die Aeste drang, glitzerten.
30 Kilometer grossartiger Natur, Wälder, Sümpfe, Ebenen, führen zum nächsten Highlight, dem Donghys Hill. Vom Parkplatz führt ein Fussweg über viele Holztreppen steil hinauf zur kleinen Terrasse von welcher man einen prächtigen Blick geniesst. Auf drei Seiten werden einige Bergspitzen namentlich aufgeführt, viele sind allerdings namenlos was mich sehr erstaunte, haben doch bei uns zuhause auch die niedrigsten, und noch so unbedeutenden Berge, einen Namen!
Der nächste Great Short Walk, der Franklin River Trail, befand sich nur 15 Kilometer entfernt, auch Ausgangspunkt für eine 3-5-tägige Trekkingtour zum Frenchman`s Cape! Nachdem ich die eine fussbreite, mit Stahlgitter-Abschrankungen versehene, stark schwankende Hängebrücke über den Franklin River überquert hatte, gings für mich auf gleichem Weg zurück. Es folgten noch Mount Arrowsmith und Mount King William bevor ich in Derwent Bridge die Abzweigung zum Lake St. Clair nehmen konnte. Der erste Gang war der zum Visitor Center und dort erspähte ich durch die Bäume den so idyllisch gelegenene St. Clair Lake der zum Cradle Mountain Lake - St. Clair Nationalpark gehört. Das war die Krönung eines der schönsten Tage in Tasmanien!
Auch hier lag der CG direkt am Seeufer und auch hier das unerhörte Glück, trotz Weekend-Ansturm, einen der vorderen Plätze mit Seesicht zu ergattern. Ich war sehr glücklich und aus lauter Freude buchte ich noch am Abend eine Schifffahrt für den nächsten Tag zur Narciss-Bay um die Wanderung dem See entlang nach der Cyntia Bay zu machen.
Nach dem gut einstündigen Platypus Walk (leider keinen entdeckt) schlief ich sehr gut, wachte dann aber gegen Morgen auf, weil ich fror. Auch am Morgen war es noch eisig kalt, aber die Sonne schien durch die Aeste was zur Hoffnung veranlasste, dass es bald wärmer werden würde. Ich schrieb während zwei Stunden in meinem Tagebuch, schaute immer wieder zwischendurch auf den See, an dessen Ufer einige Männer ihre Angelruten auswarfen. Dann machte ich mich daran, wenigstens zwei der Schränke auszuräumen und zu reinigen, es ist ja schliesslich bald Mitte März, Zeit also für den Frühlingsputz!
Zu meinem grossen Bedauern dauerte die Fahrt auf dem Lake St. Clair zum Echo Point nur 20 Minuten. Der See liegt eingebettet in Regenwälder und erinnert auch wieder an einen der vielen Bergseen bei uns zuhause! Die Wanderung führt mehr oder weniger dem See entlang, wobei es ein stetes Auf und Ab über Wurzeln, Steine, Bäche und improvisierte Holzbrücklein geht, eine schweisstreibende Angelgenheit in der Mittagshitze! Immer wieder spähte ich durch die Bäume aufs Wasser, hätte ja sein können, dass ich doch noch so einen Platypus zu sehen bekam. Wir waren nur 7Personen auf dem 12 Uhr Schiff, zwei davon hatten die ganze Seerundfahrt gebucht und zwei Paare und ich stiegen zur Wanderung in Echo Point aus. Nach einer Stunde wanderns schlang ich genüsslich meine pampigen Weisstbrot-Schinken-Käse-Toasts hinunter als mich das jüngere der Paare vom Schiff überholte. Das Wissen darum, nicht ganz alleine unterwegs zu sein war ganz angenehm, obwohl ich die Ruhe ringsum schon sehr genoss! Boote dürfen nur mit Spezialbewilligung auf den See, was gewährleistet, dass die Lebewesen und Pflanzen in und am See weitgehend ungestört bleiben. Wie in der Broschüre beschrieben, dauerte die Wanderung 3,5 Stunden, ich empfand sie als relativ anstrengend, sah sie aber als Test für die nächste Wanderung an. Ich hatte im Sinne, so das gute Wetter anhält, am nächsten Tag die 5-stündige Wanderung zum Lake Shadows zu machen.
Ich trudelte gegen fünf Uhr beim Visitor Center ein, etwas müde, aber nicht etwa erschöpft und genehmigte mir ein Bier, ein Draught-Beer! Und am Abend gönnte ich mir ein Dinner in diesem hübschen Resteraunt des Visitor Centers. Ein herrliches Feuer loderte im grossen Kamin und verbreitete wohlige Wärme, es war wieder saukalt geworden! Es schmeckte vorzüglich und die Baby Trout war gar nicht so winzig, mindestens 30 cm lang, schön saftig mit einer Zitronen-Kräutersauce, buntem Gemüse und einem wunderbaren Kartoffelgratin. Ich bestand darauf, dem Küchenchef mein Kompliment zu überbringen, worauf dieser an meinem Tisch erschien. Er strahlte über alle 4 Backen, ein Junger Mann noch, schon etwas beleibt wie sich das für einen guten Koch geziemt. Er verriet mir, dass er in einigen 4 und 5-Sterne Hotels als Koch tätig war, halt nur in Victoria oder in New South Wales und nicht etwa in Frankreich!
Die meisten Gäste waren Camper, die ihre Vehikel rund um mich herum stehen hatten und so kannte man sich, wechselte über die Tische hinweg Erfahrungen des Tages aus und ich bekam manch einen Tip, unter Anderem den vom Field NP, in den ich unbedingt müsste, denn das würde mich an die Schweiz errinnern, wurde mir versichert! Es war die Rede von hohen Bergen mit Skiliften und Pisten – on verra – man wird sehen! Als ich später meine Rechnung verlangte, kam in Form eines Heidelbeermuffins ein Gruss und Safe Drive, aus der Küche!
Es war schon nach acht, als ich am nächsten Morgen erwachte, dabei wollte ich doch früh auf die Wanderung zum Lake Shadow! Irgendwann in der vergangenen Nacht kam Sturmwind auf und ich musste meinen Campingstuhl, der weit wegflog, einsammeln, ebenso mein Badetuch, das sich gottlob am Rückspiegel des Wagens meines Nachbarn verfing. Ueberall gingen mitten in der Nacht die Lichter an und diverse Utensilien wurden eingesammelt und hereingeholt. Es hatte lange gedauert, bis ich wieder einschlief, deshalb vielleicht erwachte ich auch nicht gewohnt früh! Das spielte ja aber überhaupt keine Rolle, eine halbe Stunde früher oder später änderte nichts. Ich liess mir also Zeit mit dem Frühstück, rundherum herrschte eine grässliche, ungewohnte Hektik, die Meisten packten zusammen, klar- es war ja Sonntag und sie mussten Montags wieder zur Arbeit und die Kinder zur Schule!
Mit Wanderstiefeln und Stöcken und mit Pick-Nick bepacktem Rucksack machte ich mich punkt halb zehn auf den Weg der am Visitor Center vorbeiführt. Wie empfohlen, schrieb ich mich ins Wanderbuch ein, Name, Route, ungefähre Dauer! Man sollte sich dann allerdings bei der Rückkehr auch wieder als zurückgekehrt abmelden.
Nach 20 Minuten Wanderzeit, bei Watersmeet, fing der steinige Weg an zu steigen. Die Sonne entwickelte mächtig Kraft und mir tropfte schon bald der Schweiss von der Stirne. Ich schritt durch einen gemässigten Regenwald, viele Myrtlesträucher, verschiedene Banksienarten, die Pink-Berberitze, Akazien und sogar Cotoneaster habe ich entdeckt, und die Alles überragenden Eukalypten mit ihren vielfarbigen, teils geschälten Stämmen. Es duftete wie nach feiner Seife, ich steckte meine Nase in die am Wegrand stehenden Sträucher um festzustellen, dass der Duft von den Bäumen stammen müsste. Ich riss einige Blätter eines Eukalyptusbaumes ab und zerrieb sie zwischen meinen Fingern, der ätherische Duft war so stark, dass ich husten musste.
Eine Schar schwarzer Papageien flog wild kreischend auf und flatterte empört über die Störung in wenigen Metern Höhe über mich weg. Ich durchquerte auf Holzlattenstegen einen Sumpf mit borstigem Knopfgras und erreichte einen eher kleinen Teich. Das konnte unmöglich schon Lake Shadow sein, ich war erst seit 1,5 Stunden unterwegs, und wirklich, der Weg führte weiter, durch lichten Wald, immer wieder durch offenes Gelände unterbrochen.
Nach den veranschlagten zwei Stunden schimmerte Lake Shadow durch die Bäume, ich hatte mein Ziel erreicht. Ich war so aufgekratzt und überhaupt nicht müde, dass ich das Umrunden des Lake Forgotten, den Vergessenen nicht vergessen wollte und ihn nach einer Zusatzschleife von 30 Minuten erreichte! Er war wesentlich kleiner als Lake Shadow aber genauso schön gelegen und gut geeignet für die Mittagsrast!
Ueber eine Stunde sass ich am Ufer und liess mich vom Zauber dieses Ortes gefangen nehmen, es hatte etwas mysthisches, und die Ruhe wurde nicht einmal durch Vogelrufe unterbrochen!
Neben mir lag ein ausgebleichtes Skelett einer Pinie, ein eigentliches Kunstwerk! Ich bewunderte die winzig kleinen Moose und Farne, die sich in den Vertiefungen wo sich wahrscheinlich etwas Humus bilden konnte, eingenistet haben. Immer wieder atmete ich die würzige Luft tief ein, ich strotzte vor Wohlgefühl und Wonne!
Den Rückweg wollte ich über den Circuit Track nehmen der nach einer weiteren Wanderstunde in den mit zungenbrechendem Namen, Larrmairremertabelti Trail, mündet und sanft hinunter in die Cynthia Bay führt. Die ganze Wanderung dauerte immerhin 5 Wanderstunden, super, dass ich das wieder schaffen konnte, das macht Freude und gibt Mut. Wer weiss, vielleicht kommt doch noch alles gut mit meinem noch nicht funktionierenden Quadrizeps und meinen störenden Lähmungen im rechten Fuss!
Trotz 4-wöchigem Aufenthalt in der Paraplegikerabteilung des Balgristspitals und intensivster Therapien, hatte sich die Lähmung in meinem rechten Bein nicht wieder erholt und mein Oberschenkel wurde mit der Zeit immer dünner, viel dünner als jener des linken Beines! Deswegen wurde jeder Abstieg zu einer Herausforderung, denn mein rechtes Knie war einfach nicht stabil. Hilfreich waren dabei die Wanderstöcke auf die ich mich fest abstützte, was mir dann aber Muskelkater in Armen und Händen bescherte.
Während dem abendlichen Schreiben am See wurde ich immer wieder gestört, immer wieder von ein und demselben Mann, ein ausserordentlich hübscher Mann! Schwierig, sein Alter abzuschätzen, wahrscheinlich so zwischen 55 und 60. Mein neuer Nachbar arbeitet, während er umherreist, mittels seines Notebooks und ist ein passionierter Fischer, wie er mir erzählte (vielleicht gibt’s wieder Forelle zum Z`Nacht). Immer wieder fiel ihm noch etwas ein was ich unbedingt wissen sollte oder was er mich noch fragen wollte. Leider, leider ist er mit einer Frau unterwegs, ein absolut hässliches und unsymphatisches Wesen!!
Als sie zur Toilette oder sonst wohin ging, kam er mit mehreren Detailkarten an, die er mir schenken wollte. An besonders schönen oder interessanten Punkten malte er Kreuze und an einem Ort sogar ein Herz und strahlte mich so was von an – mir wurde ganz heiss!
Aber schon kam seine Partnerin wieder angetrabt und während unseres Gespräches entdeckte ich, dass sie gar nicht so hässlich und sogar ausgesprochen nett war (das würde ich genauso machen wie sie, wenn sich mein Mann um ein Andere kümmerte). Und es gab sie dann doch noch, nicht eine, zwei Forellen brutzelten später in meiner Pfanne, lecker!
Ein bisschen wehmütig verliess ich am 13. März diesen wundervollen Platz. Der Regen prasselte die ganze Nacht auf das Camperdach nieder, aber schon während dem üblichen Zusammenpacken schien immer wieder mal ein Sonnenstrahl durch die Wolken.
Viele Camper die ich traf, schwärmten immer wieder vom Mount Field NP, und klar, dass dies mein nächstes Ziel sein sollte. Ganz angenehm, dass er in nur 150 Km Distanz lag, also keine Tagesfahrt entfernt. Schon vor Mittag traf ich dort ein und buchte wieder einmal einen Stellplatz mit Stromanschluss. Die letzten drei Nächte stand ich der grossen Nachfrage wegen auf einem unpowered Site (ohne Stromanschluss). Ich musste unbedingt den Akku für mein Handy und die Batterie meiner Digitalkamera aufladen.
Als sichtbare Reservation stellte ich meinen Campingtisch und Stuhl in die Mitte meines Stellplatzes bevor ich mich aufmachte, die 16 Kilometer Naturstrasse in die Berge unter die Räder zu nehmen. Schon den ganzen Morgen regnete es immer wieder, nur kurze Güsse, aber die bewirkten, dass die Bergstrasse glitschig und wie mit Schmierseife versehen, wurde. Ohne anzuhalten fuhr ich bis zum Ende der befahrbaren Strasse, ich wollte die verschiedenen Lookouts und Kurzwanderungen von oben nach unten machen.
Als erstes stand die Wanderung rund um den Dobson See, die durch die eindrückliche Pandani Grove führt, auf meinem Programm. Bei diesen Pandani handelt es sich um eine endemische Art die wie eine übersimensionierte Yucca aussieht und die durch Wachstum und Abstossen der unteren, lanzenförmigen Blätter eigentliche Stämme bildet die in diesem rauhen Bergklima (im Winter fällt hier oben, auf 1100 müM. Schnee und der Nationalpark wird dann zum Skigebiet), immerhin bis 5 Meter hoch werden.
Sie standen so dicht, dass an manchen Stellen kaum noch Tageslicht eindringt und ich kaum den Weg erkennen konnte! XXXd
Nur drei Kilometer weiter, aber schon wieder auf der Rückfahrt, wiederum ein Wanderstop. Diesmal eingepackt in die fleecegefütterte warme Windjacke und mit dicken warmen Socken in den Wanderstiefeln. Der Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht und es war wirklich sehr kalt! Auf weichem Moorboden ging ich wie auf Samt durch das Wombat Moor, überwachsen mit kurzem, den extremen Wetterverhältnissen angepassten Korallenfarn und Ananasgras, dessen kurze lanzettenförmige Blätter silbrig glänzten. Der Wald hat es schwer sich zu behaupten, die Baumgruppen bestehen fast nur aus Exemplaren mit dünnen Stämmen und Aesten die nur wenige Blätter aufweisen, eine karge, aber dennoch sehr reizvolle Landschaft.
In vielen Kurven schlängelt sich die Dobson Road hinunter, nächster Halt; der Lyrebird Nature Walk. Leider konnte ich keinen dieser vom Festland eingeführten Vögel entdecken, wobei ich in Folge des von den Bäumen tropfenden Wassers mein Gesicht eher Richtung Boden hielt! Der Lyrebird soll ganz spezielle helle Töne von sich geben, aber auch die konnte ich nicht vernehmen!
Den Mixed and Eukalyptus Forest Walk liess ich dann doch aus, es wurde mir einfach zu nass und kalt, ich träumte von einem heissen Kaffee und einer warmen Stube!
Als es dann dunkel war, die Wolken sorgten dafür, dass es stockfinster wurde, machte ich mich nochmals, mit Taschenlampe bewaffnet, auf eine Kurzwanderung. Und wie in Reisebüchern beschrieben, leuchteten tatsächlich Tausende von Glühwürmchen, nicht etwa in Höhlen, sondern direkt neben dem Weg im Moos der vielen toten Baumstämme am Boden. Kam man ihnen allerdings zu nahe, erloschen die Lichter. Es handelt sich gar nicht um einen Wurm, sondern um eine längliche Larve und mit dem angezündeten Licht lockt sie ihr Futter, Insekten, an. Ab und zu huschte vor oder hinter mir ein kurzer Lichtstrahl einer Taschenlampe durch die Bäume, andere unermüdliche Wanderer waren unterwegs um zu den Beobachtungsplattformen zu gelangen. Trotz langem und intensivem Horchen auf ein Blubbern oder planschen konnte ich auch diesmal keinen Platypus ausmachen, ich fragte mich, ob es sie wirklich gäbe! Immerhin entdeckte ich im Strahl der Lampe einen Fisch im Wasser und eine riesige Kröte.Hund, der auf dem Platz nach Fressbarem suchte, auf den Baum geflüchtet. Ich konnte ihn eine ganze Zeitlang beobachten bevor er sich im Eiltempo davonmachte. Der Besitzer, der die Kontrolltour durch den Platz machte, bestätigte mir, dass es sich tatsächlich um einen tasmanischen Teufel, ein pelziges kaztenähliches Beuteltier handelte und freute sich mit mir, dass ich das äusserst seltene Tier auf seinem Platz zu Gesicht bekam.
So klein die Bruny Inseln auch sind, so viel gibt es zu entdecken. Am nächsten Morgen entschloss ich mich, über die Gravelroad durch den Urwald und über Mount Mangana in die Cloudy Bay zu fahren. Je höher die Strasse zu einem Pass hinaufführte, je nebliger wurde es, manchmal sah ich kaum 5 Meter weiter. Mir schien, ich würde durch einen Märchenwald fahren und wähnte mich in den Gefilden der unendlichen Geschichte von Michael Ende. Ich habe dieses zauberhafte Buch schon mehrmals verschlungen!
Vom Lookout konnte ich kaum das Holzgeländer sehen und ein dichtes Nebelmeer schwebte kühl und feucht über den Bäumen. Obwohl ich nicht gerade ein Ausbund von technischem Verstand und Talent bin, hatte mich der Rundgang duch die bis 1949 in Betrieb gebliebene Clennets Mill sehr fasziniert. Alle paar Meter lagen Ueberbleibsel von rostigen Eisenzahnräder, Dampfkesseln, Stahlwinden und schon fast ganz in sich zusammengefallen, eine Zugmaschine. Anhand alter Foto`s wird die Geschichte der Holzfäller, die sich Mitte des 19.JH hier niederliessen, dokumentiert. Einige der ehemals massiven, jetzt verrotteten Holzschwellen der Zugbahn liegen noch an ihrem angestammen Platz. Eine Schneise, die sich nach 50 Jahren der Ruhe fast gänzlich wieder geschlossen hat, führtsteil hinunter zum damals vorhandenen Schiffssteg, wo die Baumstämme verladen und abtransportiert wurden.
Die Cloudy Bay machte ihrem Namen alle Ehre, sie war wolkenverhangen, und doch, obwohl der Wind kräftig blies, war es auf der Strandwanderung angenehm warm. Immer wieder ergaben sich unerhört schöne Stimmungsbilder als die Sonne durch die Woken ihre Strahlen aufs Meer zauberte.
Von der Landzunge, auf der der Leuchtturm am Cape Bruny steht, hat man eine Traumsicht auf die Küste in westlicher wie auch in östlicher Richtung und direkt am Abriss des Kliffs stehen Basaltsäulen wie Orgelpfeifen und geben ihre vulkanische Herkunft preis. Es soll eine wunderschöne Tageswanderung rund um die Labillardiere Halbinsel geben, diesmal hatte ich aber keine grosse Lust, eine so lange Wanderung zu unternehmen, ich wollte lieber in die Jetty Bucht, vielleicht konnte ich da übernachten.
Die Bucht war sehr schön und geschützt, die Wellen plätscherten gemächlich in leichtem Schlag ans Ufer, auf dem CG haben sich scheinbar seit längerer Zeit zwei Aussteiger angesiedelt (es herrschte eine Riesenschweinerei ringsum). Die zwei Männer die mir begegneten, standen vor Schmutz und machten mir einen nicht gerade vertrauenerweckenden Eindruck. Ich zog es vor, zu verschwinden!
Der Hauptort Alonnah mit etwa 60 Einwohner war zwar hübsch mit den wenigen Häusern die alle schöne Vorgärten aufwiesen mit auch bei uns bekannten Blumen und Sträuchern wie Rosen, Geranien und Begonien, Hortensien und Canna`s, doch zum längeren Verweilen oder shoppen lud er nicht gerade ein. Umsomehr „the Neck Game Reserve“ auf der nur wenige Meter breiten Verbindung zwischen North- und South Bruny.
Der dazugehörende CG lag durch hohe Sanddünen vom Meer getrennt, dafür gut vom Wind geschützt, im Wald. Nur vereinzelt standen einige wenige Camper und ich hatte eine grosse Auswahl an schönen Plätzen. Natürlich nahm ich nicht den Erstbesten, es sollte der Schönste sein! Ich musste mich zwischen Bäumen hindurchmurksen auf eine kleine Anhöhe. Ich hoffte eben, einen Platz mit Blick aufs Meer zu bekommen! Mit dem Manövrieren auf kleinstem Raum landete ich schliesslich, Gott allein weiss wie es dazu kam, mitten in einer Feuerstelle. Mein Fröschlein wollte weder vor- noch rückwärts und spulte wie wild und ich merkte, dass es irgendein Hindernis geben musste. Ich stieg aus, um mir das Problem, das ich mir als noch kein Erhebliches vorstellte, von aussen zu begutachten. Oh Gott, zwischen Vorder- und Hinterrad stand mein Camper an zwei immensen Steinbrocken an, die um die Feuerstelle lagen! Wie konnte ich die nur übersehen haben, und keine Menschenseele weit und breit, alle ausgeflogen, also auch keine Hilfe zu erwarten.
Ich holte meine kleine Plastikschaufel und den kreuzförmigen Wagenheber und begann, die Asche rund um die Steine abzutragen und konnte so einige der kleineren Steine, die als Unterlage für die Grossen dienten, hervorziehen, was bewirkte, dass die grossen Brocken in der Höhe etwas absackten und so ein kleiner Raum zwischen Wagen und Steinen entstand. Dann hievte ich mit dem Wagenheber die Kolosse millimeterweise in die ausgebuddelte Grube, ich keuchte wie ein Walross und die staubige Asche brachte mich zum Husten, aber schliesslich schaffte ich es, ich ganz allein, ich als Frau – ha – ich hatte mein Fröschlein frei gekriegt. Es hatte allerdings eine kleine Beule abbekommen, aber was machte das schon, an Beulen lernt man doch!
Es folgte noch ein Kampf mit dem Wenden, aus lauter Angst, irgend ein Hindernis zu übersehen, stieg ich immer wieder aus zur Lagebeurteilung, aber irgend wann war ich wieder unterhalb der Anhöhe und stellte mich auf den ebensten Platz, nicht eben den attraktivsten. Ich war richtig froh, dass niemand anwesend war, sah ich doch wie ein Kaminfeger aus. Nur gab es weit und breit keinen Kamin in dem man so schmutzig werden konnte, dafür aber einen Wassertank aus dem sogar noch ein schwaches Bächlein Wasser floss das ich bitter nötig zu meiner persönlichen Wiedererkennung durch Waschen brauchte.
Der anschliessende kilometerlange Strandspaziergang, meistens im Wasser der auslaufenden Wellen, bewirkte, dass auch meine russgeschwärzten Füsse und Zehennägel wieder sauber und rosig schimmerten. Belohnt wurde ich noch zusätzlich mit der Sichtung einiger Zwergpinguinen, die vom Meer kommend, an ihre in den Sanddünen liegenden Nistplätze zurückkehrten. Immer wieder liess ich das Geschehene Revue passieren und je länger ich darüber nachdachte, destomehr kam die Erkenntnis, dass ich Helfer an meiner Seite gehabt haben musste, es wäre sonst gar nicht möglich gewesen, so schwere Steine zu bewegen! War es meine verstorbene Mutter oder mein Vater, die mir halfen? Eigenartig war auch, dass ich keinerlei Schmerzen verspürte, weder in den Händen und Armen noch in meinem lädierten Rücken, nicht mal ein Fingernagel war abgebrochen! Ein Dankeschön ging nach oben!
Ich wollte am nächsten Tag Bruny Island verlassen und nach Hobart fahren, wo ich meine neugewonnene Enkelin von den Seychellen treffen wollte. Ich telefonierte mit Veronique die in Hobart Touristik studiert und lud sie zu einem Abendessen auf Freitag ein. Auch sollte ich wieder einmal ins Internet um meine E-Mails anzuschauen, meinen Kontostand bei der Bank kontrollieren und mich um mein Flugticket nach Darwin kümmern. Einen CamperVan in Darwin hatte ich bereits bei Travel Car Center gebucht und einen Superpreis bekommen, nur 38$ pro Tag! Das hiess, ich konnte mir mit dem eingesparten Geld einige Extravaganzen leisten!

Veronique in Hobart
Hobart, vor allem der Stadtkern mit der Fussgängerzone in der Elizabeth-Street, ist eine reizende Stadt, nicht allzu gross und doch ist alles vorhanden. Einige recht ausgeflippte Shops mit Schuhen und Lederwaren, sowie Kleider, bei denen man denkt, dass kein Mensch sie tragen könnten, reihen sich aneinander. Salamanca Place ist eher das Künstlerviertel, in den Hinterhöfen der Cafè`s und Restaurants befinden sich viele Galerien, Malteliers, Glasdesigner und Töpferwerkstätten, Holzschnitzereien und ausgefallener Schmuck werden feilgeboten! Die Stunden bis zum vereinbarten Zeitpunkt mit Vero verflogen im Nu.
Vero und ich verbrachten einen sehr angenehmen Abend in einem der kleinen originellen Beizlein in Salamanca, dem Hafenviertel von Hobart. Natürlich haben wir zuerst Neuigkeiten von zuhause ausgetauscht wobei Vero mit der Neuigkeit aufwartete, dass Monica, ihre Mutter und zweite Frau meines Sohnes, seit zwei Tagen definitiv in der Schweiz weilt.
Da Vero noch nicht gross in Tasmanien umherreisen konnte, mangels Geld und Zeit, zeigte ich ihr auf dem Bildschirm meiner Digitalkamera viele Bilder aus den von mir bereisten Gegenden Tasmaniens! Sie hätte mich wohl am liebsten auf meiner Weiterreise begleitet!
Spät in der Nacht musste ich dann über die Autobahnbrücke und über Derwent River bis Cambridge hinausfahren, auf den nächst gelegenen CG. Derjenige in Hobart, der auf den Karten vermerkt wurde, gabs schon längst nicht mehr! Es war einer der 4Big`s, mehr als mässig, dafür umso teurer. Da ich sehr spät ankam, durfte ich mich nur gerade nahe des Eingangs, bei den Mülleimern, hinstellen. Dafür brauchte ich am nächsten Morgen nichts zu bezahlen und war dann nach nur 90 Minuten Fahrt auf der Tasman Penninsula und bestaunte Tesselated Pavement, extrem stark errodierter Dolorit, der in riesigen Platten mit wie von Menschenhand gemeisselten Mustern, am Strand lag. Ebenso durch Errosion entstanden und sehr eindrücklich in nur 4 Kilometer Distanz zur Hauptstrasse, sind Tasman Arch und Devils Kitchen.
Anstelle auf direktem Weg nach Port Arthur zu gelangen, bog ich bei Eaglehawk Neck auf die B 37 ab, die mich in grossem Bogen über Nubeena und einer Zusatzschleife zum herrlichen White Beach führte. Hier verbrachte ich eine späte, aber ausgedehnte Mittagspause und spazierte barfuss im herrlich weissen Sand. Es war schon fast „crowded“ hier, ein Dutzend Menschen tummelten sich am Strand.
Das Städtchen Port Arthur war eher unscheinbar, ich hatte mir wieder einmal etwas ganz Anderes vorgestellt, irgendwie mondäner, einen Hafen mit tollen Yachten, Strassencafè`s und Fischbeizli und chic angezogenen Menschen. Vielleicht 10 eher bescheiden wirkende Fischerboote tümpelten im Wasser, der Holzsteg war gezeichnet vom Alter, die Leute in alten Short`s und Jean`s, aber ein Cafè gab es wenigstens.
Zwei Kilometer weiter des Weges traf ich auf das, was Port Arthur berühmt und beliebt macht, die alte historische Stadt, heute ein grosses Freilichtmuseum. Hinein kommt man durch das Visitor Center und erst, nachdem man das Ticket gelöst hat. Im ersten Moment scheint der Eintritt von 30$ etwas teuer, sieht man aber, dass ein geführter Rundgang und eine 30-minütige Hafenrundfahrt darin eingeschlossen sind, ist der Preis absolut gerechtfertigt.
Als ich kurz zuvor die Remarkable Cave besuchte hatte, traf ich auf ein Ehepaar aus Melbourne das jedes Jahr mindestens zweimal mit ihrem Motorhome nach Tasmanien fährt, das ihnen ausnehmend gut gefalle und nur der Kinder und Enkel wegen wären sie nicht hierhergezogen. Die Frau erwähnte, dass sie ein grosser Fan klassischer, europäischer Musik sei, Beethoven und Mozart möge sie besonders gerne und eben an jenem Abend sollte ein Konzert mit dem Symphonieorchester von Hobart in der alten Ruinenstadt abgehalten werde. Ich erkundigte mich an der Kasse des Visitor Centers, ob allenfalls noch ein kleines einsames Ticket zu haben wäre? Ich könnte haben, so viele wie ich wollte, erklärte mir der junge Mann am Schalter, das Konzert sei wegen unsicherer Witterung auf Sonntag Abend verschoben worden und viele Leute hätten ihre Eintrittskarten deshalb zurückgebracht. Nun hatte ich es nicht mehr so eilig, eine Karte zu kaufen, ich wollte erst den Sonntag abwarten um zu schauen, was das Wetter machte.
Bei Old Port Arthur handelt es sich um ein Straflager für Wiederholungstäter aus allen australischen Kolonien, es war nur gerade 3 Jahre lang ein Holzfällerlager das 1830 erbaut wurde! Damals hiess Tasmanien noch Van Diemens Land. Auf der geführten Tour spazierten wir durch den Regierungsgarten zur Kirche, die zwar ohne Dach, ansonsten aber in noch sehr gutem Zustand war, ein rechteckiger Turm mit 4 hohen Steinspitzen an jeder Ecke, das Haupt- und die Seitenschiffe mit schöngeschwungenen gotischen Bogenfenstern und Türen und aus einem in warmen, beigefarbenen Sandstein gefertigt. Nicht weit davon das restaurierte Pfarrhaus mit dem dazugehörenden Hausrat.
Auf der Anhöhe das grauenvolle Einzelhaftgefängnis für ganz schwierige oder rebellierende Täter, die als zusätzliche Strafe 30 Tage lang bei Wasser und Brot, ohne Licht in einer winzigen Zelle verbringen mussten. Eine Stunde pro Tag wanderten sie in Fussketten und mit Masken über dem Kopf, damit sie keinen Augenkontakt mit Mitgefangenen haben konnten, in einem Innenhof herum.
Im 19. JH wurden Kinder, vor allem Jungen, ab 7 Jahren für strafmündig befunden und mit erwachsenen Straftätern eingesperrt. Von denen lernten sie mehr als von den Wärtern und oft verbrachten diese Kinder viele Jahre ihres Lebens in Zellen. Die eigentliche Strafanstalt liegt weiter unten, nahe dem Wasser und hat riesige Ausmasse. Es war sehr bedrückend, die Geschichten einzelner Gefangener anzuhören und ich fror, nicht nur der nicht sommerlichen Temperaturen wegen. Nachdem wir noch das Wohnhaus der Polizei, heute das kleine Postbüro, den Wachtturm und die Offiziersquartiere anschauten, erstaunte uns der gediegene Luxus im Hause des Kommandanten, das abgeschirmt vom Gesindel in einem Park über der Bucht lag.
Auf der kurzen Kreuzfahrt umrundeten wir in einem modernen Katamaran der Platz für 50 Personen bot, die kleine Toteninsel mit dem Friedhof, an Point Puer vorbei in die Carnarvon Bay und wieder zurück nach Port Arthur.
Von Geschichte hatte ich für den Moment genug, auch war ich müde. Nur einen Kilometer entfernt lag der wunderschöne CG, kein Big 4, dafür sehr preisgünstig und picobello, grosszügige Stellplätze, jeder mit Büschen und Bäumen abgegrenzt und nur zwei Minuten zum Ufer der Lagune, an der ich auf den Steinen sitzend die warmen Strahlen der Abendsonne genoss. Gross kochen mochte ich nicht mehr, eine Dose Kürbissuppe von Heinz, etwas aufgemotzt und heiss gemacht, ein Stück Brot und ein, zwei Gläser Wein dazu und dann, gute Nacht!
Zum Frecinet NP war es nicht allzu weit, dachte ich, über Orford, Swansea zur Coles Bay. Es stellte sich jedoch heraus, dass es mit „kleinen Abstechern“ in die Prosser Bay und Boltons Beach gegen 300 Kilometer waren. Der CG im Nationalpark war total ausgebucht, aber ein guter Tip von der Rangerin liess mich einige Kilometer zurückfahren zum River Rock Bushcamp. Und siehe da, der Platz war wesentlich schöner und lag direkt an der Lagune.
Auf meinem blauen Campingstuhl, (alles im Fröschlein ist blau oder grau) setzte ich mich auf der Sandbank in die Nähe der Fischer und lauschte ihrem Fischerlatein, das sich genau wie bei meinem Exmann anhörte. Wahrscheinlich wachsen auch hier in der Erinnerung die gefangenen Fische von Jahr zu Jahr. Auch ich holte meine Anglerausrüstung hervor und fing umständlich an, das Vorfach, das ich schon mal montiert hatte, an die Schnur zu knoten - Blutknoten -, dann die Bremse der Rolle eingestellt, ein Stück einer Crevette an den Haken und rein damit ins Wasser! Mit offensichtlich grossem Staunen schaute mir das umstehende Publikum zu. Leider, denn mein Wurf konnte man nicht gerade als gelungen bezeichnen. Irgendetwas stimmte mit der Bremse nicht, die Schnur sauste nicht ab, wie ich mir das vorgestellt hatte. Noch zweimal wagte ich einen Versuch, aber Verbesserungen gab es keine zu verzeichnen und da keiner der anwesenden Fischer Anstalten machte, mir zu Hilfe zu eilen, wie das vor einigen Jahren bestimmt noch der Fall gewesen wäre, packte ich etwas geniert meine 7Sachen zusammen und verschwand im Camper. Da drinnen kochte ich so, da hätten die sich da draussen alle Finger abgeleckt, denn kochen, das konnte ich nun wirklich! Ich war in jenem Moment davon überzeugt, die Anglerutensilien definitiv weggepackt zu haben, hätte ich nämlich, was ja hätte sein können, tatsächlich einen Fisch gefangen, nie im Leben hätte ich ihn totschlagen können!
Alle Welt hier sprach nur von Einem das man unbedingt gesehen haben musste, von der Weinglas-Bucht. Nach Erkundigungen im Visitor Center, sowie des Studiums von Karten und Büchern, entschloss ich mich, die 5-stündige Wanderung über den Wineglass-Lookout in die Wineglass-Bay, Ueberquerung der Halbinsel zur Hazard Beach um dann über Fleurieu Point der westlichen Küste entlang zurück zum Car Parking, zu unternehmen. Entsprechend packte ich meinen roten Rucksack mit dem weissen Schweizerkreuz, den mir meine Freunde aus Zweisimmen anlässlich meines Besuches bei ihnen, kurz vor meiner Abreise, geschenkt hatten. Auch musste ich Oetteli, wie der Mann meiner Freundin Esthy heisst, versprechen, den ebenfalls in Interlaken gekauften Kleber mit dem Schweizerkreuz gut sichtbar an einem der Fenster meines Campers anzubringen. Dieser Kleber war übrigens öfters der Grund, dass mich an Ampeln, während des Wartens auf grün, andere Autofahrer ansprachen um zu fragen, ob ich aus der Schweiz stamme! Der rote Rucksack ist auch von weit her gut zu sehen, was, sollte ich verloren gehen oder mir auf einer meiner einsamen Wanderungen etwas passieren, ein gewisser Vorteil sein könnte!
Darin befand sich nicht nur eine Zwischenverpflegung und Wasser, sondern auch die Badehose, denn es war ein strahlend schöner Tag.
Nach dem 50-minütigen Aufstieg zum Lookout war ich schon ganz schön verschwitzt, der Weg war recht steil und steinig. Oben angekommen wurde ich aber mit einem grandiosen Blick über die Granitfelsen hinunter in die Wineglass Bay belohnt. Es war überwältigend und ich verstand, warum ich auf dieser Wanderung alles Andere als alleine war. Hunderte wenn nicht Tausende waren wie ich unterwegs. Gruppen japanischer Touristen die mit ihren Plastiksandalen mühsam, manchmal gar auf allen Vieren, hinaufkraxelten um das obligate Föteli zu knipsen um zu Hause in ein Fotoalbum eingeklebt zu werden! Auch mein Konterfei wurde abgelichtet und mehrmals bekam ich die Offerte, mich mit meiner Kamera fotografieren zu lassen!
Während des steilen Abstieges durch den schmalen Canyon hinunter, es war eher eine Rutschpartie, freute ich mich auf ein kühles Bad. Dass es aber ein so kaltes wurde, das Wasser wies nur etwa 17° auf, hätte ich nicht erwartet. Tapfer schwamm ich hinein, genoss es nach kurzer Zeit des Angewöhnens sehr und hätte wieder einmal jauchzen mögen vor Freude. Da ich mich nicht wie das gewöhnlich Folk am nördlichen Teil der Bucht, also gleich nach dem Abstieg, hinlegen wollte, lief ich die ganze, lange Bucht entlang zum südlichen Ende, es waren schon gegen 2 Kilometer. Und wirklich, dort war ich fast alleine, nur ganz wenige Leute lagen, weit auseinander, im warmen Sand.
Was ich nicht realisierte, war, dass ich, um weiterzuwandern, den ganzen Strandweg wieder zurückgehen musste, es war recht anstrengend im losen Sand, in den ich tief einsank. Der Weg führte danach durch eine baumbestandene Ebene zur Hazard Bay. Millionen von Austernschalen lagen schichtweise umher, einige schon versteinert und ausgebleicht. Ich hatte gelesen, dass es sich um Ueberreste aus der Zeit der Ureinwohner handelt, die hier Jahrtausende lang gelebt haben und sich vorwiegend aus dem Meer und dem angrenzenden Wald ernährten. Ueberall glänzte das Perlmutt und ich sammelte einige besonders schöne Exemplare ein, um zu Hause etwas damit zu basteln.
Der anschliessende Abschnitt der Küste entlang war wunderschön, aber sehr anstrengend. Ein stetiges Auf- und Ab, über zwar nicht glitschige, aber doch oft sehr steile Granitfelsen, meine Wanderstöcke erwiesen sich einmal mehr als sehr hilfreich und ich wurde einige Male von Wanderern angesprochen die wissen wollten, wo man solche kaufen könnte. Uebrigens kehrten die meisten Wanderer von der Wineglass-Bay auf gleichem Weg zurück zum Ausgangspunkt der Wanderung, wahrscheinlich deshalb wanderte ich wieder auf weiten Teilen alleine, in absoluter Stille.
Ich war ungemein glücklich und stolz, die fast 6-stündige Wanderung geschafft zu haben.
Bevor ich mich auf den Campground für die Nacht zurückzog, fuhr ich die gut ausgebaute Strasse hoch zum Cape Tourville, der Sonnenuntergang soll da oben besonders schön sein. Auf dem gut ausgebauten Rundgang um den Leuchtturm gibt es dafür eigens Sitzgelgenheiten. Ich sass und staunte, die umliegenden Basaltsäulen leuchteten in tiefem rotbraun und weit unten glitzerte das türkisfarbene Meer, ein Traum! Nicht umsonst schwärmen viele, Einheimische wie Touristen, von der beautyful East Coast.
Das konnte ich auch am nächsten Tag, dem Dienstag, immer wieder feststellen, schon die Fahrt von Bicheno der Küste entlang bewog mich zu manchem Halt und der Umweg über den Elephanten Pass nach St. Marys war ein absoluter Hit. Obwohl Kurve über Kurve empfand ich es nicht als anstrengend da ich die Strasse fast für mich alleine hatte und so oftmals die Kurven schneiden konnte. St. Marys liegt auf einem Hochplateau und ist ein eigentliches Bergdorf, hat aber Alles, was man zum leben braucht, sogar ein Kino ist vorhanden. Die Fahrt hinunter nach Samander war wesentlich sanfter, die Kurven meist sehr übersichtlich und langgezogen sodass ich immer wieder einen Blick in den lichten Wald oder über die steilen Borte werfen konnte.
In St. Helen, einer wunderschön gelegenen Touristen Destination, hiess es einmal mehr, auftanken. Der Benzinpreis war um etwa 20% gestiegen seit ich in Australien ankam. Ich bezahlte praktisch Alles mit meiner Master-Card, ausser, wenn wie hier, ein tieferer Preis für Cashzahlung geboten wird.
Hier war Leben, es brodelte nur so von jungen Surfern und ueberall am Wasser wurde Beach Voleyball gespielt. Ich fuhr der Georges Bay entlang zur Binalong Bay und zog mich auf ein verstecktes Buschcamp zurück. Das Self Check-in war schnell erledigt, 5$ in ein mit Namen und Fahrzeugregistriernummer versehenes Couvert und in den vorgesehenen Kasten eingeworfen, und schon konnte ich mir meinen Platz aussuchen. Ich machte mich zu Fuss auf um nicht unnötigerweise mit Fröschli in der Sandpiste zu versinken und fand „meinen Platz“, etwas erhöht über der Küste, aber mit vollem Blick aufs Meer hinaus. Eine kleine Bucht, die Charly Bay (ein Tip vom Tankwart in St. Helen) lag direkt vor meiner Nase, weisser Sandstrand und das Meer in den schönsten blau und türkis Tönen, und das Alles für mich allein. Wenigstens für zwei Stunden, dann tauchte, überfallmässig, eine Seniorengruppe auf und die göttliche Ruhe war vorbei. Sie schienen eine Art Führung zu geniessen und sammelten allerlei Pflanzen und Steine auf. Ich nahms gelassen, es war eh Zeit für mich, mich aus der Sonne zurückzuziehen. Ich holte meinen Campingstuhl und meine Malutensilien und inspiriert durch den bezaubernden Ort, malte ich zwei Bilder, Eines mit Kohlestift, das Andere mit Oelkreide. Die Bucht war zu beiden Seiten eingerahmt von riesigen, aufeinandergeschichteten Granitblöcken, die im Spätnachmittagslicht ockerfarbig leuchteten.
Es gab weder Strom noch Wasser auf dem CG (ein Plumps-Clo war vorhanden) und so musste ich sparsam mit den abgefüllten 4 lt. Wasser umgehen, die Wasserpumpe im Camper funktionierte nur noch mit Strom, wahrscheinlich lud sich die zweite Batterie, die für Licht und Pumpe zuständig war, nicht mehr auf! Trotzdem bin ich nicht verhungert, habe gut gegessen und auch die Zähne geputzt!
Nur ungern verliess ich diesen idyllischen Ort, die grauen Wolken am Himmel und der einsetzende Regen haben mir den Abschied etwas erleichtert. Und wieder folgte eine unvergessliche Fahrt, wiederum eine Passfahrt, nur noch viel länger und höher hinauf als die vom Tage zuvor. Vom unbedeutenden Ort Pyengana, der allerdings eine Unterbrechung zum Besuch der Cheese Factory rechtfertigt, führt die Strasse zwischen Schluchten und namenlosen Bergen hinauf ins Weldborough Pass Scenic Reserve. Die Sicht vom Scenic Lookout ist imposant, rundum Bergspitzen, fast alle dicht bewaldet, dazwischen goldene Hochebenen, unterbrochen durch Bäche und Flüsse.
Um die Mittagszeit überquerte ich auf der Batman Bridge den Tamar River, liess den Highway links liegen und fuhr gemächlich auf der schmalen, dem Tamar River folgende, Strasse nach Launceston. Dort bestieg ich ein „Kreuzfahrtschiff“ und erlebte die langweiligste Fahrt meines Lebens. Es wäre übertrieben, wenn ich sagte, wir seien zwei Kilometer weit gekommen. Ich hätte schwimmend das Schiff mehrmals überholen können, es ging 100 Meter dem Pier entlang, es wurden die 3 dort angedockten,alten Schiffe des Langen und Breiten erklärt, 100 Meter weiter, unter der alten Eisenbrücke aus dem Jahre 1890 durchgetuckert um die nächsten 200 Meter treibend, mit abgestelltem Motor in eine kleine Schlucht zu gelangen, in der wir eine halbe Stunde herumtümpelten, gleiche Strecke wieder zrück!
Launceston ist eine quirlige Kleinstadt, die Altstadt zwischen Wellington-, Brisbane- und Charlesstreet mit den unzähligen, schön renovierten Häusern aus der Gründerzeit (um 1806) mit viel Charme. Oft blieb ich in der Fussgängerzone stehen um den Strassenmusikanten zuzuhören. Eigentliche Bands spielten auf, Jazz und Dixieland, ein Duo mit ihren langen Digeridoo`s, ein Alleinunterhalter mit Hammondorgel, echt Spitze, was da geboten wurde.
Uebernachtet habe ich etwas ausserhalb der Stadt, schon auf dem Weg zum Cradle Mountain NP wo ich am 23. März mittags ankam.
Ich richtete mich für die nächsten zwei Nächte auf dem ganz im Wald gelegenen CG ein. Die Parzellen waren nummeriert und wurden mit Namenschilder versehen, sodass man getrost tagsüber mit dem Fahrzeug unterwegs sein konnte. Ich fühlte mich trotz der Grösse der Anlage (es gab über 200 Stellplätze) in der Wildnis, denn nur gerade der Platz zum Hinstellen eines Zeltes oder Campers wird gerodet, der Rest ist Wildwuchs und bewirkt, dass man kaum seinen Nachbar sieht. Beim Info Center, nicht zu verwechseln mit einem Visitor Center, wurde ein riesiger Parkplatz angelegt und die Besucher werden aufgefordert, den Shuttle Bus Service in Anspruch zu nehmen. Es liegen jedoch einige Hotels innerhalb des Nationalparkgebietes, was bewirkt, dass auf den schmalen Strassen trotzdem reger Verkehr herrscht.
Da noch viel Zeit bis zum Einnachten blieb, liess ich mich per Shuttle Bus ins einige Kilometer entfernte Visitor Center chauffieren, um nach Erhalt von Wanderkarten noch die Kurzwanderung durch den Regenwald zum Wasserfall und den Boardwalk zum Ronnie Creek zu unternehmen.
Um das hochsensible Moor und seine Pflanzen und Böden zu schonen, wurden viele Kilometer Weges mit Holzstegen angelegt und die Holzlatten an vielen Stellen mit Drahtgitter überzogen, was ich als nicht besonders angenehm empfand. Ueberhaupt fühlte ich mich nicht so richtig wohl, mehrmals überlegte ich, ob es nicht besser wäre, umzukehren. Ich war irgendwie schwach und ohne Energie, fühlte mich schon seit zwei Tagen nicht besonders und litt an Verstopfung und Kopfschmerzen. Aber Bewegung und die frische Luft taten mir doch gut und als ich ordentlich müde im Camper zurück war, fühlte ich mich wesentlich besser.
In der gut ausgerüsteten Camper`s Kitchen habe ich mir wieder ein feines Risotto gekocht und auch die Lust auf ein Glas Wein kehrte zurück (oder waren es 2?). Ich schlief herrlich und fühlte mich am nächsten Morgen gut ausgeruht und fit genug, um die ersehnte Wanderung um den Lake Dove zu wagen. Nach Vorgabe soll sie etwa zwei Stunden dauern kann aber über Lilla Lake und Ronnie Creek auf drei Stunden ausgedehnt werden, was ich selbstverständlich auch tat!
Es war ein strahlend schöner Tag mit wolkenlosem Himmel und die Spiegelung der Cradle Mountains im Lake Dove waren bilderbuchmässig. Obwohl es mir oft schien, ich wäre auf dem Grüezi-Weg am Pfäffikersee, alle 2 Sekunden hiess es Hi – Hello – g`day – lovely day, isn`t it – oder what a beautyful day, genoss ich die Wanderung mit den vielen netten Menschen doch sehr. Ich ging natürlich wieder mit meinen Wanderstöcken und wurde von vielen Wanderern beneidet darum. Bis auf einen jungen Frechdachs der mit Freunden unterwegs war und der sich über mich lustig machte. Sie hat wohl vergessen die Skier mitzunehmen und wartet sicher auf Schnee, die Stöcke hat sie ja schon fotzelte er, – ha ha ha! Ich stellte mich vor ihn hin um ihm den Weg zu versperren und erzählte ihm, dass ich noch vor zwei Jahren im Rollstuhl gesessen hätte und nach vielen Therapien und hartem arbeiten nun wieder in der Lage wäre, mit Hilfe meiner Stöcke, trotz der teilweisen Lähmung meines Quadrizeps, wieder zu wandern, und dann sagte ich ihm, er sei ein bloody arshhole. Wurde er zuerst weiss oder rot? auf jeden Fall stotterte er ganz verdattert; oh, I`m very sorry, I appologize, please forgive me! Ich schaute ihn an und musste unwillkürlich lachen worauf er zu strahlen begann und mir wie bei give me five, in die Hand schlug! Damit war mein Frust und meine Verletzung abgetan, ich staunte aber doch beim Weitermarschieren, wie agressiv ich reagierte, ganz offensichtlich hatte ich mich mit meiner Behinderung immer noch nicht abgefunden!
Eine Begegnung ganz anderer Art hatte ich während der Mittagsrast am kleinen Lake Lilla. Ich sass direkt am Wasser auf einem grossen Granitstein und hatte eben mein Sandwich ausgepackt als ein asiatisch aussehendes Ehepaar ankam und scheu fragte, ob sie sich auch hinsezten dürften. Mit dem Mann, der sehr gut englisch sprach unterhielt ich mich alsdann intensiv. Er war ein sehr neugieriger Mensch und fragte mich richtiggehend aus. Als ich ihm erklärte, ich würde drei Wochen auf Tasmanien verbringen und insgesamt 6 Monate in Australien umherreisen, verstand er wohl die Welt nicht mehr. Er konnte sich nicht erholen und sagte immer wieder, mich zweifelnd anschauend, three weeks Tasmania, six months Australia? Im weiteren Gespräch verriet er mir, dass er und seine Frau Europa in 15 Tagen gemacht hätten, davon auch die Schweiz, ganze 1 ½ Tage, eine Uebernachtung, seither sei für sie die Schweiz das schönste Land der Welt! Würde ich auch sagen nach 1 ½ Tagen!
Er wollte den Grund für meine Reise nach Australien wissen und so erzählte ich ihm von meiner OP, der Lähmung und der vielen Therapien und dass ich die Nase davon voll gehabt hätte und einen Neubeginn hier erhoffte. Er hatte ein Schreibheft hervorgezogen und machte sich fleissig Notizen. Als ich ihn darauf ansprach, verriet er mir, dass er Novellen, Essays und Kurzgeschichten für Zeitungen und Magazine in Südkorea schreibe und er bat mich um meinen Namen und ob er meine Story veröffentlichen dürfe, selbstverständlich ohne Namensnennung! Als ich ihm verriet, dass auch ich dabei sei, ein Buch, oder besser gesagt meine Reisememoiren, zu schreiben, hätte er mich beinahe umarmt. We are Storytellers, that`s what we both are, sagte er und liess mich in seinem Heft lesen. Ich war sehr erstaunt darüber, dass er in Englisch schrieb und dass es sich um die Mythen und Geschichten der Ureinwohner handelte. Alle diese Geschichten die er hörte oder auf angebrachten Infotafeln las, schrieb er fein säuberlich auf und wollte sie zuhause in einem kleinen Band veröffentlichen.
Von Lake Lilla wollte ich nicht auf direktem Weg zum Car Park wo die Shuttle Bus Haltestelle war, sondern wanderte auf dem Boardwalk weiter bis Ronnie Creek von wo ich gerne den Service des Shuttles in Anspruch nahm. Die Stunden bis zum Schlafengehen verbrachte ich abwechselnd mit stricken, lesen und schreiben in der warmen Sonne! Ein wunderschöner Tag ging zu Ende und ich war sehr glücklich darüber, dass ich mich doch noch entschlossen hatte, den Cradle Mountain NP zu besuchen.
Am Samstag Morgen liess ich mir Zeit, meine 7 Sachen zu packen und Fröschlein reisefertig herzurichten Gegen halb zehn fuhr ich dann aber los, mit dem angenehmen Gefühl, an diesem Tag nicht viele Kilometer fahren zu müssen. Bis Devenport waren es knapp 75 Km und von dort bis Port Sorell, wo ich die zwei verbleibenden Tage bis zur Ueberfahrt zurück aufs Festland verbringen wollte, nur wenige Kilometer.
Und ich hatte gut gewählt, Port Sorell liegt an der Mündung des Franklin River`s zum Meer. Breite Sandufer laden zum Barfussgehen ein und bei Ebbe kann man viele Kilometer flussabwärts, oder über eine kleine Insel bis zur Mündung ins Meer spazieren, was ich mit grossem Wohlbehagen gleich nach Ankunft machte. Ich sammelte wunderschöne, blaugestreifte Muscheln und fast schwarze Schneckenhäuser mit wunderschönem Muster, watete durch die Priele, die mit angenehm warmem Wasser gefüllt waren.
Vor mir wanderte eine männliche Gestalt mit grossem Strohhut, die ich irgendwann erreichte und überholte, nur ein kurzes Hallo! Beim Weiterwandern dachte ich mir, das wäre doch ein netter Mann für ein kleines Abenteuer!
Zurück auf dem kleinen Campground sass ich bei einer Tasse Tee, hatte die Ohrstecker meines CD Players eingesteckt und hörte Orpheus in der Unterwelt von J. Offenbach und las. Da sagte eine männliche Stimme „ You are far away from home“! Es war genau Der mit dem Strohhut! Es stellte sich heraus, dass er sein Zelt nur wenige Meter neben meinem Camper aufgestellt hatte. Er hatte meine Registriernummer von Western Australia bemerkt, deshalb die Feststellung von far away. Ich gab ihm zur Antwort, dass ich von noch viel farer away komme, nämlich from Switzerland.

Geoffrey Howard
Nach einer Stunde angeregtem Gespräch überdie verschiedenste Themen – ein bisschen Politik, zwei Wochen zuvor waren Wahlen und John Howard wurde als Premier bestätigt, über unsere Schulsysteme, über das schöne Genf das er anlässlich einer Geschäftsreise kennen lernte und so vieles mehr was man halt so daherredet, sassen wir dann an meinem Tisch bei einer Tasse Kaffee. Wir entdeckten so manche Gemeinsamkeiten und kamen uns schnell näher. Er steckte sich zwischendurch einen meiner Ohrstecker ins Ohr, strahlte und wusste sofort um was für Musik es sich handelte. Damit hatte er natürlich schon einen grossen Stein bei mir im Brett, erst recht als er mir verriet, dass er klassische Musik – Beethoven, Händel, Chopin und Mozart sehr liebe. Das waren auch meine Lieblingskomponisten. Etwas zaghaft warf ich ein, dass ich auch ein grosser Fan von Rock`n Roll und Elvis Presley sei worauf Geoffrey über den Tisch hinweg mein Gesicht in seine Hände nahm und mich küsste, nur schnell und oberflächlich, aber er hatte mich geküsst! Mir wurde ganz komisch zumute, da war ein Kribbeln in meinem Bauch und ein heisser Strom durchschoss mich! Also auch er ein alter 68-iger?
Es war schon spät als wir Hunger verspürten und beschlossen, gemeinsam das Abendessen einzunehmen. Wir berieten uns, ich konnte mit frischen Ravioli und selbstgemachtem Tomatensugo aufwarten, Geoffrey steuerte ein delikates Stir fried bei und erschien nach einer halben Stunde mit seiner Pfanne und einer guten Flasche Rotwein. Ich erfuhr, dass er Gitarrist in einer Altherrenband war, die vorwiegend Rock`n Roll aus den 50igern und 60igern spielen und zudem war er auch der Bandsinger. Er gab gleich eine Kostprobe aus Blue Velvet, eines meiner Lieblingsstücke von Elvis.
Wir haben viel gelacht während wir uns aus unserer Jugendzeit erzählten. Während ich, als ich 15 war, im Kloster bei den Franziskanerinnen in Angers (Frankreich) vorwiegend in der Kapelle beim Strafbeten sass (unsere liebe Mère Superieur war der Ueberzeugung, mir so den absoluten Gehorsam beibringen zu können), absolvierte Geoffrey, er war damals 16, die Militärakademie in Canberra und wurde Berufssoldat und brachte es bis zum Colonel. Mit allen Orden versehen wurde er mit 55 aus dem Dienst entlassen, bei vollem Gehalt und vielen sonstigen Vergünstigungen! In den meisten staatlichen Einrichtungen braucht er nicht zu bezahlen, fliegen kann er auch zu günstigeren Preisen. Das hätte mir passieren sollen!!
Nie im Leben hätte ich als Ober-Pazifist gedacht, einem Militaristen näherzukommen, denn bis anhin gab es schlicht keine symphatischen Männer dieser Kategorie für mich. Tatsächlich wurde er mir von Minute zu Minute symphatischer als er von seinem Elternhaus, seinen Geschwistern und vor allem, seinen beiden Töchtern, Sarah und Bridget, und seinen drei Enkelkindern erzählte. Ich entdeckte seinen sehr weichen Kern was mir doch ein grosser Gegensatz zu seinem ehemaligen Beruf schien.
Er erzählte, dass er unter den extrem brutalen Bedingungen an den Fronten in Borneo und Vietnam sehr gelitten hätte und er während Jahren es fertig brachte, alle aufkommenden, grässlichen Erinnerungen zu verdrängen. Nach den vielen Auszeichnungen und Beförderungen repräsentierte er später oft bei verschiedenen Anlässen als Mitglied der obersten Militärbehörde Australien. Zum Beispiel war er während der langen Vorbereitungszeit und der Hochzeit Prinz Charles mit Lady Diana einer der persönlichen Berater und Helfer von Prinz Charles und wich diesem während Wochen kaum von der Seite. Darauf war er schon ein bisschen stolz, wie ich merkte. Er wurde sogar später zusammen mit anderen Beteiligten von Prinz Charles für zwei Wochen in ein Super-Luxus-Spa Hotel eingeladen.
Zwischendurch erzählte auch ich von mir, von meiner Laufbahn als Reiseleiterin die 6 Sprachen spricht (nicht perfekt, aber immerhin), in Geologie und Vulkanismus einige Kenntnisse besitzt und an Altertumsgeschichte und Mythologie ganz stark interessiert ist. Geoffrey verging fast vor Bewunderung und seine Komplimente, auch was mein Aussehen betraf, gingen mir wie Honig hinunter, das tat ja so was von gut! Die Zeit verging nicht, sie raste davon und lange nach Mitternacht verabschiedeten wir uns mit einem Hauch von Kuss. Er hatte mich für den nächsten Tag zu einer Fahrt zum Mount Roland (der Name meines Bruders) eingeladen, um mir die Schönheiten die nicht am Wege der Touristen liegen, zu zeigen. Er lebt nicht weit von Port Sorell, in Latrobe, einem kleinen Provinznest und kennt natürlich diese Gegend sehr gut!
Wir starteten gegen 10 am Sonntag Morgen, machten schon bald in einer Art Hexenhäuschen im Wald eine Kaffeepause. Das Wetter war herrlich und der Himmel strahlte mit uns um die Wette. Ich merkte kaum, wo überall wir durchfuhren, irgendwann in Deloraine haben wir uns in einem sehr speziellen Lokal den besten Hamburger der Welt und hausgebrautes Bier genehmigt. Ich fühlte mich in die 60iger Jahre zurückversetzt, von der Decke baumelte eine Harley Davidson, die Wände waren tapeziert mit Elvis, Bill Halay und anderen Rockgrössen, und aus einer alten Musikbox tönte es scherbelnd – love me tender, love me true! Geoffrey sang gleich mit und wurde von den Gästen mit Applaus zum Weitersingen aufgefordert, es war herrlich!
Wir umrundeten fast gänzlich Mount Roland und landeten gegen 7 abends in einem wunderschönen Fischbeizli am Hafen von Devonport. Während wir auf die bestellten Fish-Chowder, ein Fischeintopf, warteten, hielten wir uns über den kleinen Bistrotisch zärtlich die Hände, schauten uns tief in die Augen und sassen ganz still da. Innendrin bei mir loderte und brodelte es ganz gewaltig. Als er mich beim anschliessenden Spaziergang der Mole entlang fragte, ob ich mit ihm in sein Haus kommen möchte, kam ich richtig in Panik, ich hatte völlig verlernt, mich in solch einer Situation zurechtzufinden und Gedanken von nicht makelloser Unterwäsche, sich nocht nicht lange kennen und weiteren Blödsinn fegten durch mein Hirn und ich lehnte kategorisch ab. Er hatte das nicht nur so hingenommen, sonder er gab mir das Gefühl, mich zu verstehen und drängte mich nicht! Wir kehrten auf den Campingplatz zurück, wo wir uns vor meinem Camper verabschiedeten!
Allein im Camper, in meinem Bett, konnte ich an nichts Anderes mehr denken, ich hatte grosse Sehnsucht, von ihm in die Arme genommen zu werden, seine Wärme und seinen Körper zu spüren. Aber zu spät, er würde bestimmt nicht mehr kommen, nachdem ich ihn weggeschickt hatte, von Schlafen war keine Rede. Wach lag ich da, drehte mich von einer Seite zur Anderen, schaute nach draussen in Richtung seines Zeltes, wo sich natürlich nichts, absolut nichts, regte.
Und dann, gegen zwei Uhr morgens tat ich etwas, was ich nicht für möglich gehalten hätte, ich ging zu seinem Zelt und ganz leise flüsterte ich seinen Namen! Der Reissverschluss ging von unten nach oben auf und zwei Arme zogen mich hinein in diese kleine Höhle, und er nahm mich in seine Arme und die absolute Lust, fast schon Gier, erfasste mich und die zwei Kleidungsstücke die ich trug, Nachthemd und Fleecejacke, waren ganz schnell weg. Geoffrey hatte eh nur seine Pjamahose an, die auch ganz schnell fiel. Die Pritsche, die Geoffrey als Bett benutzte war sehr schmal und das Metallgestell war schon sehr hart, das konnte unsere Leidenschaft aber nicht im geringsten zügeln. Es war ganz unglaublich, ich verlor völlig die Kontrolle und konnte mich ihm voll hingeben, es war herrlich! Irgendwann in dieser Nacht fanden wir uns in meinem Camper, auf meinem breiten komfortablen und warmen Doppelbett wieder und liebten uns wesentlich bequemer.
Schön war es am Morgen, nach nur wenig Schlaf, neben Geoffrey aufzuwachen. Er war schon hellwach und hatte mich offensichtlich schon eine Weile beobachtet, es waren liebevolle Blicke die da zu mir hinunterschauten und die Küsse strichen sanft über mein Gesicht und Hals. Und plötzlich realisierten wir, dass es draussen in Strömen goss, laut prasselte der Regen auf Fröschli`s Dach. Ab jenem Moment hiess Fröschli – Frogli, halb englisch, halb deutsch, so wie wir zwei zusammengewürfelt, Geoffrey und ich!
Geoffrey spricht ganz passabel französisch und wollte gleich mit deutschlernen beginnen! Als erstes wollte er wissen, was Darling heisst und wiederholte das Wort Liebling hundertmal. Er war ein sehr zärtlicher und gefühlvoller Mensch, der sich immer wieder nach meinem Befinden erkundigte und er flüsterte mir die schönsten aller Worte ins Ohr. Erst spät frühstückten wir gemeinsam und ich machte mich schweren Herzens reisefertig. Es blieb dabei, dass ich die Nachtfähre zurück nach Melbourne nehmen würde, bis dahin blieben uns noch einige Stunden.
In Latrobe machten wir gemeinsam Einkäufe für den Lunch und ich erledigte in der öffentlichen Library meine E-Mails, sah in meine Bankkonten und kopierte mir Flugpreise und Daten für den Flug Cairns – Darwin für Ende Mai. Ein bisschen verlegen fragte mich Geoffrey, ob er mich wohl in Darwin besuchen dürfte, er könnte von Devonport aus direkt nach Darwin fliegen. Ich war gerührt und erfreut, dass es nicht bei einem kurzen Abenteuer blieb, über die Konsequenzen wollte ich allerdings nicht nachdenken! (Von wegen der Distanz Russikon – Latrobe).
Später, nachdem wir in seinem hübschen Cottage den Lunch eingenommen hatten, holte er ein ganz neues Fernglas und bestand darauf, dass ich das mitnehmen solle, um die Vögel besser beobachten zu können. Ich hatte ihn in Verdacht, dass er eine zwingende Möglichkeit für ein Wiedersehen schaffen wollte. Vielleicht nahm er an, dass sobald ich weg wäre, es für mich hiesse, aus den Augen aus dem Sinn! Und wenn ich ehrlich war, mir kamen Zweifel, ob ich wirklich eine Beziehung mit ihm eingehen wollte, ich wollte nicht verletzt werden, immer noch hatte ich Angst vor zu viel Nähe. Andererseits zog er mich magisch an, seine Arme sollten mich festhalten, ich wollte ihn spüren, riechen, schmecken. Und so landeten wir zur Siesta in seinem wundervollen XXL breiten Bett, wo wir bis 4Uhr nachmittags blieben.
Bevor wir aufbrachen sassen wir noch beim Kaffee zusammen und Geoffrey zeigte mir Familienfoto`s, er wollte mir unbedingt seine hübschen Töchter zeigen.
Unerbittlich rückten die Zeiger seiner Wanduhr gegen 6 vor, die Zeit, da wir uns Richtung Hafen auf den Weg machen mussten. Und dann kam auf dem grossen Parkplatz vor dem Eingang ins Fährhafengelände halt eben doch der Abschied. Der verlief kühler und schneller als wir uns das gedacht hätten. Eben, als wir uns küssen wollten, (in meinem Hals würgte es bereits gewaltig), wollte mich der die Fahrzeuge einweisende Angestellte unbedingt sofort in die für Camper vorgesehene Kolonne dirigieren. Die Fähre würde eine Stunde früher ablegen, erklärte er uns, da die Ueberfahrt der aktuellen Wetterverhältnisse wegen länger dauern würde. So ging der Abschied recht schnell, und das war auch gut so.
Als ich nach mehr als einer Stunde endlich auf dem Aussendeck stand, wagte ich nicht zu hoffen, Geoffrey noch zu sehen, doch weit unten, immer noch auf demselben Parkplatz, stand er vor seinem Wagen. Wie wild fing ich an zu winken und wurde von Geoffrey entdeckt, der seinerseits wie ein wildgewordenes Tier Kapriolen und Verrenkungen vollführte die zirkusreif waren!
Die Nacht auf der Fähre war grauenhaft, ich hatte einen Business-Platz gebucht, gegen Aufpreis, mit breitem Sitz, den man in Schlafposition verstellen konnte. Auch ein Fussteil fehlte nicht, Alles schön und gut, aber die Klimaanlage war auf Nordpol eingestellt und ich fror trotz zusätzlicher Decke, jämmerlich. Viele Passagiere beklagten sich, aber in Folge eines Defektes der Anlage konnte nicht umgestellt werden, im Gegenteil, es wurde immer kälter und ich flüchtete mit vielen Anderen in die Lounges, die alsbald überfüllt und laut waren, sodass an Schlafen nicht zu denken war. Ich stülpte die Kopfhörer über und lauschte hingerissen der Gitarrenmusik, die mir Geoffrey zum Abschied schenkte.
Ich hatte vorgehabt, die vor mir liegenden Tage zu planen, hatte Karten und Reisebücher, Prospekte und Broschüren als Handgepäck bei mir, aber meine Gedanken wanderten immer wieder zu Geoffrey und ich liess die mit ihm verbrachte Zeit Revue passieren und vermisste ihn schon sehr. Ich gestand mir ein, dass ich total verliebt war, mit Haut und Haaren und ich mir nichts so sehr wünschte, als bei ihm zu sein. Immer wieder schaute ich sein Foto an, es war eigentlich nichts Aussergewöhnliches an ihm, und doch zog er mich aussergewöhnlich an. Waren es seine Augen? Sein Mund? Oder was denn? Wahrscheinlich ganz einfach: den ganzen Menschen Geoffrey mochte ich, die schon ein bisschen dünnen Haare, die etwas breite Nase, die Falten am Hals, sein im Ansatz erkennbares Bäuchlein, und das Strahlen seiner Augen! Ob er wohl auch an mich dachte? Ich hörte wieder die geflüsterten Liebesworte, seine Komplimente über meine straffen Brüste, und wähnte mich bei ihm.
Immer wieder war ich mit grosser Begeisterung auf Schiffen, auch in der Zeit als Reiseleiterin, wenn ich jeweils im Sommer eine Kreuzfahrt-Wander-Tour auf der Orea Eleni, der schönen Helena, leiten durfte, aber in Melbourne angekommen, war ich froh, vom Schiff fahren zu dürfen. Meine ganz grosse Liebe galt den Kykladen, Astipalea, Anafi, Amorgos, unglaublich reizvolle Inseln die ihren typischen Inselcharakter trotz sanftem Tourismus bewahren konnten. Viele können kaum glauben, dass auf diesen Inseln Wanderungen möglich sind, für mich waren es die schönsten. Und meist war ich mit meinen Gruppen alleine unterwegs, bis wir wieder an einer günstigen Stelle unsere Orea Eleni trafen auf deren Oberdeck bereits die leckersten Mezes auf uns warteten.
Auf „meinem“ Platz, auf dem ich die letzte Nacht vor der Ueberfahrt nach Tasmanien verbrachte, bereitete ich mir erst mal einen heissen Kaffe zu, frühstückte und wärmte mich auf. Dann zog ich mich um und fuhr per Tram in die Innenstadt von Melbourne. Eigenartig, wie mir einzelne Häuser und Geschäfte schon bekannt vorkamen und das half mir ein wenig über das sich alleinfühlen hinweg. Ich erkundigte mich im Visitor Center nach der Adresse von Quantas, die ihre Büros nur zwei Häuserblocks entfernt, in der Elizabeth-Street hat. Ich musste unbedingt meine Umbuchung vornehmen lassen. Anstelle über Singapur und Frankfurt, wollte ich über Bangkok mit zweiwöchigem Stop-Over um meinen Bruder zu besuchen. Er lebt mit seiner thailändischen Frau Anithat in Udon Thani im Norden Thailands.
Als das nach fast zwei Stunden soweit erledigt war und ich meine Buchungsnummer erhielt, mit der ich in einigen Tagen in Canberra das Ticket bekommen könnte, ging ich auf Shopping Tour. Ich wollte mir einige Klamotten kaufen, wenn Geoffrey mir wirklich nach Darwin nachfliegen würde, wollte ich ihm nicht in einem der alten T-Shirts gegenüberstehen. Eine wunderschöne, über den Brüsten leicht drapiert und mit winzigen Haken versehene sündhaft teure Bluse in altrosa, ein raffinierter schwarzer Jerseypulli mit ¾ Arm, auch nicht gerade billig und eine topsitzende dunkle Jeans waren die Trouvaillen.
Um die Mittagszeit war ich wieder bei Frogli, diesmal hatte ich ordentlich auf einem mit Parkuhr versehenen Parkplatz parkiert, und weiter ging es, Richtung Wilsons Promontory NP, der von Allen, Fremden und Einheimischen, Reiseführer und in DVD`s als einer der schönsten Nationalpakrks gelobt wird.
Vom Eingang des Parks führt eine gut ausgebaute Strasse nach 30 Kilometer zum NP-Headquarter, Visitor Center, Café, Tankstelle und Campground in Tidal River. Was ich schon während der Fahrt vom Wagen aus zu sehen bekam, überzeugte mich vollends. Whisky-, Pic-Nick- und Squeaky Bay mit den riesigen Granitblöcken, erinnerten mich sofort an die Insel La Digue der Seychellen, und dieser Eindruck verstärkte sich noch mehr, als ich am nächsten Tag diese Orte zu Fuss erwanderte.
Aber erst liess ich mich an den Ufern des Tidal Rivers nieder und installierte mich für die folgenden zwei Nächte, die ich gebucht hatte. Im Laufe des Nachmittags spazierte ich gemütlich zur Norman Bay, weisser, feiner Sandstrand auf den sanfte Wellen aufschlugen, umrahmt von niederen, mit Pinien bewachsenen Hügeln. Vorsorglich hatte ich schon mein Badekleid unter Shirt und Jeans angezogen und nichts hinderte mich daran, in die Wellen zu springen und weit hinaus zu schwimmen. Ich weiss nicht, ob ich mich dabei etwas verkühlt hatte, auf jeden Fall bekam ich während ich mit Geoffrey telefonierte, in der Kreuzgegend einen grauenhaft schmerzvollen Krampf und konnte mich daraufhin kaum noch bewegen. Mit langen Pausen dazwischen bereitete ich mein Bett vor. Nach zwei eingenommenen Schmerztabletten war noch keine Besserung zu spüren und an Schlaf war nicht zu denken! Ich haderte mit meinem Schicksal das mich seit meiner Kindheit mit so einem verdammten Scheissrücken versehen hatte. Die ganze Freude nach der Ankündigung Geoffrey`s, mich Ende der Woche zu treffen und zwei Wochen mit mir und Frogli zu verbringen, war getrübt! Ich wollte ihm nicht zeigen, dass ich ein Krüppel war und Liebe machen wäre in diesem Zustand schlicht unmöglich! Nach Einnehmen von weiteren zwei Olfen, die ich immer und überall bei mir trage, liessen die Schmerzen etwas nach und ich konnte gegen Morgen endlich etwas Schlaf finden.
Die Pläne, die grosse 5-stündige Wanderung auf den Mount Oberon zu machen, gab ich auf, ich wollte mich schonen und alles zur Verbesserung meines Zusatandes machen. Ganz langsam, ohne mich jedoch in der Kreuzgegend zu bewegen, ging ich zu den Duschräumen, zog mich ebenso langsam und vorsichtig aus und liess, obwohl darauf hingewiesen wird, Wasser zu sparen, lange Zeit das heisse Wasser über meinen Rücken fliessen. Nach und nach löste sich der Krampf etwas und ich traute mich wieder, mich zu bewegen!
Ich zog mich richtig warm an und band meine geliebte Fleecejacke um Kreuz und Bauch. Mit den beiden Kissen stützte ich anschliessend im Frogli sitzend, mein Kreuz. Bis Mittag ging es mir wesentlich besser, und ich traute mir zu, einen ganz kleinen Spaziergang zum Tidal Lookout zu unternehmen. Es ging ganz gut solange ich mich nicht in der Kreuzgegend durchstreckte und ich nur kleine Schritte machte. Ich blieb über eine Stunde oben, an diesem wunderschönen Plätzchen sitzend, überschaute einen grossen Teil des Promontory und träumte vor mich hin, stellte mir die Zeit mit Geoffrey vor, machte Pläne, was ich ihm alles kochen könnte und wie wir gemeinsam wandern und durch die wunderschönen Gegenden fahren werden!
Die Menschen, denen ich begegnete, schienen mir an diesem Tag besonders freundlich und gesprächig, immer wieder setzte sich jemand zu mir hin um einige Worte zu wechseln. Ganz fest stützte ich mich auf meine Wanderstöcke, damit ja keine falsche Bewegung beim hinuntergehen die Lage wieder verschlechtern würde. Einige Male durchzuckten mich während des bergabgehens stechende Schmerzen, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass es mir besser ginge und sich meine Muskulatur etwas entspannte.
Wie schon am Morgen, besuchte mich Torge, ein junger Mann aus Hamburg. Wir fanden sofort Gesprächsstoff, redeten über seine schöne Heimatstadt die ich von meinen Touren als Reiseleiterin (holsteinische Schweiz und Zwischen Ost- und Nordsee) recht gut kenne. Er studiere Wirtschaftswissenschaft, erzählte er mir, und hätte in Kilchberg, das nicht allzu weit von meinem Wohnort liegt, Verwandte, die er recht häufig besuchen würde. Er weiss sehr gut über unsere wirtschaftlichen Gegebenheiten Bescheid und so diskutierten wir lange über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten die wir beide zwischen unseren Heimatländern und Australien entdeckten. Er war ein blitzgescheiter Junge und überaus sympathisch, er hätte mein Sohn sein können!
Die Sympathie schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen, denn er suchte immer wieder meine Gesellschaft, unterwegs war er mit einer Freundin und seiner Schwester. Ich bildete mir ein, dass seine Freundin sogar ein bisschen eifersüchtig war auf mich, eine 59-jährige alte Schachtel, die so glücklich war, dass sie wahrscheinlich ganz einfach davon etwas ausstrahlte und das andere Menschen anzuziehen schien.
Torge gab mir am nächsten Morgen, ich war noch gar nicht richtig wach als er zaghaft vor meinem Camper stand, einige Quittungsbelege von Woolworth, damit ich bei Caltex das Benzin um 4 Cents pro Liter billiger kriege. Ich hatte das bisher gar nicht mitgekriegt, obwohl ich schon mehrmals dort einkaufte. Er war wirklich ein Schnüsel, dieser Torge!
Um punkt 8 pm bekam ich von Geoffrey mitgeteilt, dass er einen Flug von Devonport nach Melbourne am Samstag, dem 1. April, bekommen hätte, Einen von drei noch verfügbaren. Und das war kein Aprilscherz! Er hörte sich so glücklich an als er mir das mitteilte, dass sich meine schwachen Bedenken sofort in Luft auflösten.
Es war aber erst Mittwoch, also noch mehr als drei Tage und drei Nächte warten bis wir uns wiedersehen und uns besser kennen lernen können! Mir war klar, dass das Zusammensein in so einem winzigen Camper auch ein Wagnis war aber ich war glücklich und freute mich unheimlich auf Geoffrey. Gott, seit mehr als 15 Jahren lebte ich allein, ich hatte zwei kurze Bekanntschaften, die aber nicht der Rede wert sind, erwähnt zu werden, ich wusste nicht mal mehr, wann genau das gewesen war!
Mein Rücken war an diesem Donnerstag, als mich Torge besuchte, noch nicht optimal, aber doch um einiges besser und so beschloss ich, doch noch eine Wanderung in diesem herrlichen Park zu machen. Der Lilly Pilly Gully Trail hatte es mir angetan, schon des Klanges seines Namen wegen. Auch Distanz und Dauer schienen mir ideal zu sein, 7 Km und 2,5 Stunden leichtes Auf- und Ab auf einem ordentlichen Pfad.
Und der führte durch einen wunderbar intakten warmen Regenwald, das hatte ich bis jetzt noch nicht erlebt, in Tasmanien handelte es sich um kühle Regenwälder und die Unterschiede sind markant. Nach kurzer Anstrengung beim Hinaufgehen schwitzte ich ganz schön und bald tropfte es von meinem kurzgeschnittenen Haar in den Kragen, die Luftfeuchtigkeit war enorm. Auch die Vegetation unterschied sich, der Waldboden schien mir fruchtbarer, die Humusschicht um einiges dicker. Mächtige, granitene Monolithen ragten steil auf – Gwondanaland lässt einmal mehr grüssen! Ich hatte Pflanzen entdeckt, die ich in den Wäldern der Seychellen antraf, Sikapalmen, Drachenblutbäume, Hirschgeweihfarne und ähnliche Moose wie man sie dort um Morne Blanc und im Vallee de Mai findet. Da ich mich recht gut fühlte, verlängerte ich die Wanderung um den Loop am Lilly Pilly Gully Creek, wanderte aber immer noch sehr vorsichtig, um meinen Rücken zu schonen.
Auf der Strasse zurück zum Eingang des Parks unterbrach ich die Fahrt an jedem Look Out und besuchte jede der Buchten, Eine schöner wie die Andere!
Nach dem Einkaufen von Fressalien in einem kleinen Nest Namens Toora, vor Allem von Salat und Früchten, meine Vorräte waren völlig aufgebraucht, landete ich am Nachmittag in Port Albert, einem bezaubernden und historisch interessanten kleinen Ort, und obwohl nirgends beschrieben, fand ich den Caravan Park der an schönster Stelle direkt am Wasser mit Blick auf den Hafen liegt.
Die meisten der Stellplätze waren das ganze Jahr über fest vermietet und von den Wenigen die für Passanten blieben, war gerade noch Einer für mich übrig, es war nicht gerade der Schönste, dafür nahe bei den Amenities. Ich brauchte dringend die Laundry, die Waschküche, denn ich hatte bald nichts Sauberes mehr zum Anziehen und die Bettwäsche wollte ich auch frisch gewaschen haben (natürlich auch Geoffrey’ wegen). Auch wollte ich ein bisschen Platz für seine Kleider schaffen und so ging der Freitag nebst einer dreistündigen Wanderung auf dem alten historischen Hafenweg durch Salzwiesen und niedrigen Mangroven, mit Waschen, putzen und umbeigen, vorüber.
Am späteren Nachmittag musste ich ganz schnell Alles in den Camper räumen, ein richtiger Sturm kam auf. Das Meer färbte sich im Nu ganz dunkel, nur die Gischt der sich brechenden Wellen stäubte weiss über die Hafenmauer und der Himmel nahm die gleiche dunkle Farbe wie das Wasser an.
Der Platzwart erzählte mir, dass die westaustralische Küste bereits von zwei Hurrikans heimgesucht wurde und sogar einige Menschen aus Strandhäusern hätten evakuiert werden müssen! Und dann kam der Regen den die Einheimischen so herbeigesehnt hatten, die Rasenflächen vor ihren Häusern waren teilweise ganz verdorrt und in trübem braun, die Wasserrestriktionen sehr unangenehm. Schön geschützt in meinem geschlossenen Camper genoss ich das Toben der Elemente, bald sah ich den Horizont nicht mehr, alles war in ein milchiges Grau getaucht und der Regen peitschte fast waagrecht über Port Albert. Sollte der Sturm noch an Stärke zulegen, sollte ich wohl besser meinen Standort wechseln, ich stand direkt unter einer 4-fachen Stromleitung und der Holzmast keine zwei Meter von Frogli entfernt. Obwohl es immer wieder heftig regnete während der Nacht, liess der Sturm etwas nach, was mich meiner Sorgen enthob, den Platz wechseln zu müssen.
1.April; erstaunlicherweise schlief ich sehr gut. Nach duschen, zusammenräumen und mich hübsch anziehen (ich zog eines der neuerstandenen, ein pinkfarbenes T-Shirt an) wollte ich mich auf den Weg nach Travalgon machen, um Geoffrey auf dem dortigen Bahnhof abzuholen als mein Handy mir mitteilte, dass mich ein gewisser Mister Geoffrey Howard zu sprechen wünsche. Er hat alles abgeblasen und kommt nicht, war mein erster Gedanke! Aber das Gegenteil war der Fall, er erwische in Melbourne den früheren Zug und würde bereits um 11 Uhr ankommen. Jetzt aber hurry on, dachte ich, ich hatte noch einiges zu erledigen und die Fahrt nach Travalgon würde mehr als eine Stunde dauern, es war nahezu 9 Uhr als ich losfuhr.
Es war kaum Verkehr auf den Strassen und ich kam zügig voran ohne die Geschwindigkeitslimiten zu überschreiten. In Travalgon angekommen, tankte ich als Erstes Frogli auf, kaufte im Supermarket die fehlenden Lebensmittel für die folgenden Tage ein, immer mit Blick auf meine Armbanduhr, es reichte eben noch für eine frische Baguette von der Bakery bevor ich mich zum hinter einer Shopping-Mall versteckten Bahnhofsgebäude durchfragte. Direkt davor fand ich sogar einen freien Parkplatz und als der City-Link einfuhr, marschierte ich auf den Bahnsteig und direkt in die Arme von Geoffrey. Es war eine sehr zärtliche, aber mit einer gewissen Scheu verbundene Begrüssung. Wir hatten uns aber so viel zu erzählen, dass wir uns ganz schnell wieder ganz verbunden fühlten.
Da mein Vertrag mit der Vermieterin des Campers nur mich als berechtigten Fahrer vermerkte, beschlossen wir, dass, bevor wir die Firma nicht telefonisch verständigen und anfragen konnten, ich das Fahren übernehmen würde. Das Risiko, dass bei einem allfälligen Unfall die Versicherung den Schaden nicht decken würde, schien uns zu gross, und mir machte es nichts aus, weiterhin am Steuer zu sitzen, hatte ich doch mittlerweile einige Erfahrung auf den Strassen Australiens gesammelt. Es war schon sehr angenehm, nicht mehr ständig anhalten zu müssen um die Karte zu studieren, Geoffrey dirigierte mich sanft über Sale in die Paradise Bay, die wir uns für die erste gemeinsame Nacht ausgewählt hatten.
Dort angekommen, mussten wir allerdings feststellen, dass es nicht gerade das Paradies war. Ausgerechnet an diesem Wochenende fand ein Fischerwettbewerb statt und die ganze lange Landzunge war übervölkert mit Caravans, Zelten und Autos und es schienen sich nur unrasierte und ungewaschene Männer hier aufzuhalten und so verliessen wir diesen Ort ganz schnell wieder, nur um feststellen zu müssen, dass sich in Loch Spot, das in der Nähe lag, das gleiche Bild bot.Schlussendlich landeten wir auf einem Campground in der Nähe von Sale, direkt am Thompson River gelegen. Der Platz gefiel uns sehr, er wies viele exotische, alte Bäume auf. Wir spazierten Hand in Hand durch den einst als Park angelegten Teil und ich entdeckte verschiedene Ficus Arten, Banyan Bäume die sich weit verzweigten, Pappeln, Linden, Eichen, Buchen, Robinien und Eschen, Paperbark und River Gum Trees, verschiedene Banksia Arten und Wattlebushes mit gelben Blütenknäuel. Der Weg dem Thompson River entlang war richtig romantisch, gerade richtig für uns. Wir blieben immer wieder stehen, schauten uns in die Augen und konnten kaum glauben, zusammen zu sein. Bald wurde es aber so kühl, dass wir uns in Frogli (ab sofort „unser Frogli“) zurückzogen. Geoffrey mochte sehr, wie ich das Wort Frogli mit dem rollenden Rrrr, aussprach, auch wie seinen Vornamen, den ich scheinbar anders als seine Landsleute aussprach was ihn veranlasste, mich jedes Mal, wenn ich seinen Namen nannte, verliebt zu küssen.
Später half er mir beim Rüsten von Zwiebeln, Knoblauch und Gurke, ich bereitete ein Zürich-Geschnetzeltes, nicht mit Rösti, sondern mit Reis zu und dazu einen griechischen Salat in einem grossen tiefen Teller, den wir uns teilten. Der Tisch war hübsch gedeckt, mit Kerzen versehen und zum Trinken gab’s einen feinen Shiraz, es war wunderschön und sehr romantisch. Ich fühlte mich um Jahre, wenn nicht um Jahrzehnte jünger.
Geoffrey bestand darauf, den Abwasch zu übernehmen und trottete mit dem Becken voll schmutzigen Geschirrs davon. Es dauerte eine ganze Weile bis er zurückkehrte, er ist ein sehr kommunikativer Mensch und plaudert gerne mit seinen Mitmenschen!
Während unseres Schlummertrunkes erzählte ich ihm vom Promontory, liess allerdings meine kleine Unpässlichkeit aus. Und dann kam der herbeigesehnte, aber auch gefürchtete Moment, schlafen zu gehen. Man muss sich das als sehr kompliziert vorstellen! Man hat kaum Platz, die Füsse auf das winzige verbleibende Stück Bodens zu stellen nachdem die Essecke in ein Doppelbett umgewandelt war, kniend die Bettlaken einzubetten, auseinandergefaltete Schlafsäcke als Deckbett und die Kissen halb auf den Rückenlehnen der heruntergeklappten Fahrersitze gestopft. Im schmalen Gang zwischen Kühlschrank, Kästchen und Kochstelle haben wir uns gegenseitig ausgezogen, mit viel Schmusen und Lachen, es war eine völlig entspannte Atmosphäre. Wir liebten uns, schliefen ein bisschen um uns wieder zu lieben. Es war herrlich, während der Nacht aufzuwachen und seinen warmen Körper neben mir zu spüren.
In Stratford, einem kleinen Ort am Princess Hwy, wollten wir am Sonntagmorgen einige Einkäufe tätigen, mussten aber feststellen, dass hier die Sonntagsruhe noch konsequent eingehalten wird, kein einziges Geschäft war geöffnet was ganz und gar nicht üblich in Australien ist. Also fuhren wir weiter nach Bairnsdale wo von Sonntagsruhe nichts zu bemerken war.
Wir fanden einen Kodak-Shop in dem ich hoffte, meine Digitalkamera reparieren zu können. Am Tag zuvor zeigte sich auf dem Display ein eigenartiges Muster und es war mir nicht mehr möglich, Aufnahmen zu machen. Die kompetent scheinende Angestellte sah sich meine Kamera nur kurz an und meinte dann mit gespielt betrübtem Ausdruck, dass das schlimmste der möglichen Ereignisse, das bei einer Digitalkamera eintreten kann, passierte, ein Bruch des Display`s. Für eine Reparatur müsste sie die Kamera einschicken, was mindestens drei Wochen dauern würde bis ich sie wieder abholen könnte und die Kosten würden sich auf mindestens 400 $ belaufen! Ich beriet mich mit Geoffrey und wir beschlossen, bis Canberra zuzuwarten um dort vielleicht eine Filiale oder Vertretung von Olympus zu finden, die die Reparatur schneller erledigen würde. In der Zwischenzeit würde Geoffrey für mich mit seiner Kamera, auch einer Olympus, die von mir gewünschten Bilder knipsen.
Entgegen meiner Erwartung lag der Campground in Painsville nicht direkt am Wasser, was sich bei dem herrschenden starken Wind nicht als Nachteil erweisen sollte.
In nur wenigen Gehminuten erreichten wir den Hafen mit den vielen Yachten. Geoffrey kannte sich gut aus und zählte mir von jedem Schiff die Vor- und Nachteile auf, er hatte mehrere verschiedene Boote besessen und war viele Jahre lang ein passionierter Segler. Ich sah seinen glänzenden Augen an, dass er diesen Sport sehr liebte.
In einem hübschen Café, natürlich direkt am Wasser, tranken wir Cappuccino und taten uns an Rüebli Torte gütlich!
Am Abend bereiteten wir gemeinsam das Essen zu, ich war für den Salat verantwortlich und Geoffrey kümmerte sich um den Fisch, Hokifilets, den wir frisch ab Boot einkauften. und er entpuppte sich mehr und mehr als Super-Mann! Er übernahm später wieder den Abwasch, ich brauchte nur noch das saubere Geschirr einzuräumen. Bei Kerzenschein beugten wir uns über Karten und studierten die gesammelten Broschüren und machten Pläne für Montag, den 3. April.
An diesem Morgen bekam ich, kaum hatte ich meine Augen geöffnet, einen Early Morning Tea, was mich schlagartig an die 4-tägige Kamelsafari in der Wüste Thar während der Rajasthan Tour (Indien) erinnerte. Und ich erzählte Geoffrey, wir waren aneinander gekuschelt im warmen Bett, eine meiner nettesten Erinnerungen, die ich auf einer der vielen von mir geleiteten Indientouren erlebte. Auf dieser Wüstentour wurden wir vom Safarileiter Ashok, einem Brahmanensohn, begleitet, der Wochen zuvor die Crew für uns organisierte. Dazu gehörten die Kamelführer, (jeder Teilnehmer bekam sein Kamel mit dazugehörendem Führer) eine Küchenmannschaft mit Küchenzelt, eine Musikgruppe die aus drei Musikanten bestand und Ashok`s persönlichem Hilfs Boy, einem 15-jährigen, scheuen Jungen. Jedes Mal, wenn ich diesem Boy irgendeinen Auftrag erteilte, schaute er mich mit grossen Augen an und antwortete ernsthaft mit“ Yes Sir“! Nachdem er mir mehrmals dieses Yes Sir an den Kopf warf, nahm ich ihn mir vor und erklärte ihm, dass ich kein Sir, sondern eine Lady sei. Lange schaute er mich an und überlegte, dann sagte er mit fester Stimme „Yes Sir Lady“. Von jenem Moment an war ich für meine Reiseteilnehmer nur noch die „Sir Lady“.
Das Zusammenräumen ging zu zweit viel schneller von Stapel und wir waren bald reisebereit. Lakes Entrance war wirklich sehr hübsch, aber wir wollten doch ein bisschen weiter kommen an diesem Tag und so fuhren wir über Orbost weiter auf dem durch lichte Wälder führenden, abwechselnd mit weiten Flächen auf denen Rinder- und Schafherden weideten, Princess Hwy und kamen gegen 4 Uhr Nachmittags in Mallacoota an.
Geoffrey hatte sich erinnert, dass er vor vielen Jahren schon mal hier war. Der Ort lag am gleichnamigen Inlet, einer Art Lagune. Und tatsächlich, es war ein wunderschöner Ort in den ich mich augenblicklich verliebte. Der CG lag direkt am Wasser, ringsum waren schön angelegte Wander- und Spazierwege und zum CG gehörte eine Jetty, ein Bootsanlegesteg, von welchem Ausflugsboote verschieden lange Trips anboten. Wir buchten für zwei Nächte, und während ich den Strom anschloss, frisches Wasser in den Tank einliess, kümmerte sich Geoffrey um das Vordach, das ich in Ermangelung genügender Kraft zum Anziehen der Schrauben am Gestänge, vorher nie anbringen konnte. Dieses Dach von ca. 4 m2 gab uns das Gefühl, ein zusätzliches Gartenzimmer zu besitzen und wir stellten unseren Tisch und die Stühle darunter. Anschliessend erkundeten wir gemeinsam den Platz, suchten die BBQ-Stelle und den Toiletten- und Duschblock und unternahmen einen Spaziergang in den Ort, in dem es immerhin zwei Lebensmittelgeschäfte, eine Post, einen Buchladen, einen Metzger und einige Souvenir-Shops gab. Es fehlte auch nicht an einem schönen Café und einigen Restaurants.
Zurück bei unserem Camper montierte Geoffrey Rolle, Schnur und Vorfach, versehen mit Angelhaken und Blei, an meine Angelrute und endlich konnte ich mich im Fischen üben. Obwohl ich geduldig zwei Stunden ausharrte und ab und zu die Schnur einzog um frische Köder anzubringen, und natürlich auch wieder auswarf, biss kein Schwanz an, worüber ich gar nicht unglücklich war.
Wie ein altes Ehepaar rüsteten wir später wieder gemeinsam Salat und Gemüse. Geoffrey übernahm das Grillieren während ich den Tisch deckte, im Frogli drinnen, da die Abende sehr kühl waren. Leider fiel das BBQ nach Halbzeit aus da die Gasflasche leer war und sich Niemand fand, der sie hätte ersetzen können. Geoffrey war begreiflicherweise sehr verärgert, er kratzte Kartoffel- und Zwiebelscheiben, Zucchini und Lammkoteletten zusammen um sie in der Bratpfanne im Camper fertig zu garen. Es schmeckte trotzdem Alles ausgezeichnet und mit einem Glas Rotwein schien die Camper Welt wieder in Ordnung.
Bei einem langen Spaziergang der Küste entlang entdeckten wir am nächsten Tag die pastellfarbenen Kalksteinformationen, viele Seevögel wie die schwarzen Schwäne, Pelikane, Reiher und Möwen, die im Brackwasser nach Nahrung suchten und die ihre Jungen aufzogen. Wir stemmten uns Hand in Hand gegen den starken Wind, kamen aber dank dem raschen Tempo das wir anschlugen trotz der Kälte, bald ins Schwitzen. Unter einem riesigen Blue-Gum Baum (einer Eukalyptusart) bewunderten wir während einer Rast die herrliche Gegend. Vor uns im Wasser lagen viele kleinere Inseln, verstreut wie Juwelen, und wir meinten die Spiegelbilder im Wasser noch schöner als die Originale. Ein unglaublicher Friede ruhte über diesem wundervollen Ort, an dem kein Laut der Zivilisation zu hören war.
Die Möglichkeit einer 2-stündigen Kreuzfahrt durch diese bezaubernde Inselwelt konnten wir mangels genügender Teilnehmer leider nicht nutzen was uns dazu verführte, im Städtchen das Café aufzusuchen. Es blieb nicht bei Kaffee, eine Portion Scones mit Butter und Erdbeermarmelade und viel Schlagsahne stand schliesslich vor uns auf dem Tisch! Ich konnte mir keinen schöneren Ort vorstellen!
Aber als wir am Mittwoch, dem 5. April in Eden ankamen, war ich noch mehr begeistert, das war wirklich ein kleines Paradies. Der CG, für den wir uns entschieden, lag am Ende der Cushing Beach, auf der Vorderseite des Geländes der Ozean und auf der Rückseite eine Süsswasser-Lagune in der sich Hunderte von Wasservögel tummelten.
Der eigentliche Ort lag auf einem Hügel, die Hauptstrasse, an der die Geschäfte und Restaurants liegen, führt steil hinunter zum lebhaften Fischerhafen. Im Visitor-Center, das Internet Access anbot, konnte ich mein E-Banking erledigen und definitiv den Flug von Cairns nach Darwin buchen.
Beim Hafen handelt es sich noch wirklich um einen Fischerhafen, anstelle von teuren Yachten lagen Trawler verschiedener Grössen an der Mole vertäut. Einige waren mit modernster Technik ausgerüstet, riesige Winden und Krane um die Netze in die See zu lassen waren auf Deck zu sehen. Anderen sah man ihr hohes Alter an, viele Teile waren verrostet und die Farbe am Abblättern. Auf den meisten Schiffen wurde gearbeitet, wir schauten zu, wie aus dem Bauch eines Trawlers, der gar nicht so riesig aussah, tonnenweise Sardinen mittels eines Netzes, das vom Kran hochgezogen wurde, in Plastiktonnen gekippt wurden. Bei einem anderen Schiff, einem eher kleinen, kauften wir ein Kilo ganz frischer Miesmuscheln und nur wenige Schritte weiter erstanden wir für 5$ wunderbare Ling-Filets (ähnlich den Pangasius).
Woran wir in unserer Euphorie nicht dachten, war, dass wir unsere Einkäufe rasch in den Kühlschrank unseres Froglis bringen mussten! Dafür blieb uns dann noch Zeit, das Meer ausgiebig zu geniessen. Die Wassertemperatur war wesentlich höher als noch wenige Tage zuvor und so planschten wir eine Zeit lang im Wasser wie Kinder und bespritzten uns gegenseitig.
Ich bin noch heute überzeugt, dass ich an jenem Abend die köstlichsten Muscheln meines Lebens zubereitet habe. 4 Knoblauchzehen ganz fein gehackt, 2 Tomaten in kleine Würfel geschnitten, 1 Bund Petersilie gehackt, 1 Glas Weisswein, 2 Tassen Gemüsebouillon, etwas Pfeffer und Ingwer, Alles 15 Minuten in einem grossen Topf köcheln lassen, die gut gewaschenen Muscheln hinein und sprudelnd kochen, bis sich die Muscheln geöffnet haben was nach 4-5 Minuten der Fall ist. Im kleinen Supermarkt am Ort haben wir sogar eine richtige Baguette gekriegt die herrlich zu diesem Muschelgericht passte und auch der Chardonnay mundete vorzüglich. Geoffrey betonte immer wieder, wie gut es ihm schmeckte. Ich war ein bisschen stolz, er kam ja als Colonel weit in der Welt herum und war oft in den besten Hotels untergebracht und speiste mit hohen Militärs und Regierungsmitgliedern in den besten Restaurants. Ueberhaupt liebte er meine Küche, ganz besonders meine Salate- und Saucen.
Schon wieder Donnerstag, es schien mir, dass die Zeit viel schneller vergeht seit Geoffrey mich begleitete.
Wir machten einen ausgedehnten Spaziergang auf dem Bordwalk rund um die Lagune und schlossen gleich noch den Heritage Trail daran an. Auf diesem Trail sind alle 100 Meter verschiedene Modelle von Schiffen im Betonplattenweg als Bilder eingegossen und farbig bemalt. Vom kleinen, eingeborenen Kanu bis zum Kriegsschiff und der Endeavour von Captain Cook, auf der er Australien erkundete.
Geoffrey war an diesem Tag besonders neugierig und fragte mich nach meiner Kindheit und Jugendzeit aus, wo und wie wir gelebt hätten und ich kam ins Erzählen und Erinnerungen kamen hoch, die ich längst vergessen zu haben glaubte.

Heissgeliebter Grossmünsterplatz
Ich erzählte ihm von meinen ersten Jahren in der französischen Schweiz, von unseren Wohnungen in den anrüchigsten Quartieren von Zürich, vom grossen achteckige Brunnen aus Sandstein auf dem breiten Trottoir am Limmatquai den mein Bruder und ich zu unserem persönlichen Swimming-Pool erkoren und sich nie Jemand darüber aufregte, dass wir den Brunnen zum plantschen und spielen benutzten.
Von Ruth, meiner grossen Schwester die eine Freundin hatte die auf dem wunderschönen Grossmünsterplatz wohnte und deren Mutter, im Gegensatz zu unserer, nicht ausser Hause arbeiten musste und immer zu Hause war und die besten Kuchen und Biskuits backte. Wir luden uns oft selbst bei ihr zu Sirup und Kuchen ein. Die wunderschöne Aussicht auf Limmatquai und Zürichsee interessierte uns damals nicht besonders, für uns Kinder war es ein herrlicher Spielplatz und wir tobten stundenlang herum. Auch an das schönste Delikatessengeschäft im Niederdorf hege ich die schönsten Erinnerungen. Noch heute habe ich den starken Duft von frisch gerösteten Kaffeebohnen, der über der Gasse schwebte, in der Nase. Noch heute zieht es mich an diesen Ort, wann immer ich in der Stadt etwas zu erledigen habe. Ich habe das Miethaus, in dem wir wohnten, überhaupt nicht als alt, und schon gar nicht als baufällig in Erinnerung, aber wir mussten dort ausziehen, da es abgebrochen werden sollte. Heute klafft dort eine Lücke in der Gasse, die aber Platz für ein Strassencafé während der Sommermonate gab.
Unsere nächste Wohnung, ich war inzwischen 6 Jahre alt, war der pure Luxus, zum ersten Mal hatten wir ein richtiges Badezimmer und fliessendes heisses Wasser zu jeder Tageszeit, allerdings nur, wenn Mami eine Münze in den Gaszähler warf. Die gute Stube ging auf die Langstrasse hinaus, damals das Rotlichtmilieu von Zürich und ein überaus interessanter und lehrreicher Ort. Roland und ich benutzten die Langstrasse als unseren Federball-Spielplatz, der Autoverkehr war während der Stosszeiten schon damals ganz ordentlich, aber während der übrigen Zeiten war es üblich, die Strasse als Spielplatz zu benutzen. Meine 1. Ohrfeige erwischte ich genau dort. Wir, Roland und ich, waren gerade in einem entscheidenden Moment eines Federball Matches, der folgende Punkt entschied, wer gewinnen würde und so wollten und konnten wir unser Spiel wegen eines hupenden Autos das durchfahren wollte, nicht unterbrechen. Irgendwann verlor der Automobilist wohl die Geduld, stieg aus, und da ich ihm am nächsten stand, bekam ich halt die Ohrfeige! Als Trost dafür aber den Punkt und Matchsieg von meinem Bruder!
Hin und wieder waren wir zwei abends alleine zu Hause, meine grosse Schwester war in einer Krippe in der Ausbildung zur Kleinkind-Betreuerin und wohnte während der Woche auch dort. Sie kam erst Samstagnachmittag nach Hause, um am Sonntagabend schon wieder wegzugehen. Es mag sein, dass ich deswegen nicht viele Erinnerungen an sie aus dieser Zeit habe. Meine Mutter schlief bei uns Mädchen im Zimmer und mein Bruder teilte mit Vater, der für mich irgendwie nicht existent war das Ehebett. Ich sah meinen Vater nach der Scheidung nur noch zweimal und habe kaum Erinnerungen an ihn. Für meinen Bruder aber war die Trennung sehr schmerzhaft und er vermisste seinen Vater wohl sehr, was sich auf seine schulischen Leistungen negativ auswirkte. Da mein Vater nicht der leibliche Vater meiner Schwester war, litt auch sie nicht sonderlich unter der Trennung, zumal sie ja schon erwachsen war. Wir Beide haben erst nach unserer Doppelhochzeit, eine eigentliche schwesterliche Beziehung aufbauen können, die aber bis heute sehr eng und liebevoll anhält.
Einmal pro Jahr kam mein Patenonkel Fritz aus der Romandie um eine Nacht bei uns zu schlafen. Am nächsten Tag musste er dann in der Kaserne in Zürich einrücken. Er benützte die Gelegenheit für eine Beizentour durch die Langstrasse und kehrte jeweils erst gegen Morgen zurück, stockbetrunken. Einmal fehlten ihm der Ledergurt, der Militärmantel und das Käppi. Mit dem Versprechen für eine Tafel Schokolade machten sich mein Bruder und ich auf den Weg, sämtliche Beizen abzuklappern um die fehlenden Stücke einzusammeln. in einer dieser Beizen bat uns ein heruntergekommener Mann, ob wir ihm nicht ein kleines Liedchen vorsingen würden. Diesen Wunsch erfüllten wir ihm gerne und zum Dank beschenkte er uns mit einem 20 Räppler. Das habe ich mir sehr gut gemerkt und ich überzeugte meinen Bruder, dass wir mit Singen in den Beizen viel Geld verdienen könnten. Und tatsächlich, nach mehrerem Vorsingen meist vor Betrunkenen, hatten wir ein schönes Sümmchen zusammen. Als uns Mami auf die Schliche kam, verbot sie uns kategorisch jegliches Betreten einer Beiz und unsere Einnahmequelle versiegte.
Da ich schon ein grosses Mädchen war, ich besuchte die 4. Klasse, musste ich Verantwortung für meinen Bruder übernehmen. Ich war für unsere Mittagessen zuständig das meist aus vorgekochten Nudeln in Sauce, weissen Bohnen an Tomatensauce, Linsen mit Speck aus Dosen, bestand. Oefters prügelte ich mich mit Jungs die meinen Bruder quälten und bald hatte ich den Ruf einer vor nichts zurückschreckenden Prüglerin, was die Liebe meines Bruders zu mir noch intensivierte und ihn vor Allem von weiteren Schlägen und Hänseleien bewahrte.
Wir verbrachten praktisch unsere gesamte Freizeit zusammen und unsere Mutter erlaubte uns, als wir 11 und 12 Jahre alt waren, mit Velo und Zelt über das Wochenende an den Thürlersee zu fahren um dort zu campieren. Roland radelte jeweils wie ein Irrer, obwohl er mehr Gepäck wie ich hatte, voraus. Er lud sein Gepäck auf dem Zeltplatz schnell ab, radelte zu mir zurück, übernahm mein Gepäck und baute dann auch an Ort und Stelle das Zelt alleine auf. So zeigte er mir seine Dankbarkeit und hatte gleichzeitig die Bestätigung, in praktischen Dingen mir haushoch überlegen zu sein. Bis heute ist er ein überaus geschickter Handwerker, der fast Alles selber machen kann, vom Reparieren seines Autos bis zum Bauen eines Gartenhäuschens das nach Vollendung eher einer Luxusvilla glich!
Einmal, er war längst erwachsen, hatte er ein Oldtimer-Postauto zum Touristen-Camper-Bus umgebaut mit dem er durch Pakistan und Indien bis Tibet reiste und zwischen 8 und 10 Personen mit dabei hatte. Es machte ihm ungemein Spass, da ihn die Reise dank der zahlenden Mitreisenden nichts kostete.
Beim Erzählen fiel es mir wie Schuppen von den Augen, das Reisen mussten wir im Blut oder in den Genen unserer Familie haben, auch unsere Mutter, sobald sie es sich leisten konnte, reiste in der ganzen Welt umher, schon zu Zeiten, wo es sich für eine alleinstehende Frau nicht ziemte, allein zu reisen! Roland verabschiedete sich schon mit 20, nachdem er seine Ausbildung als Forstwart beendet hatte, um auf seine erste Weltreise zu gehen. Manchmal hörten wir Monate nichts von ihm, bis dann eine Karte aus der hintersten Ecke der Welt ankam, um uns etwas zu beruhigen. Ich musste etwas länger warten, mit 39 wurde ich Reiseleiterin bei Baumeler was mich Anfangs nur einige Wochen pro Jahr, nach meiner Scheidung 1990, dann die meiste Zeit des Jahres in fremden Ländern wandernd unterwegs sein liess.
Ich musste Geoffrey versprechen, bei nächster Gelegenheit weiter aus meinem Leben zu erzählen. Lange konnte ich in dieser Nacht keinen Schlaf finden, immer mehr Erinnerungen kamen hoch, auch wieder Trauer um den Verlust meiner vor 2 Jahren so plötzlich verstorbenen Mutter.
Geoffrey und ich haben drei herrliche Tage im kühlen Canberra verbracht, er hatte klammheimlich ein Zimmer in einem tollen Hotel gebucht und ich genoss den Luxus eines Badezimmers mit allen Schikanen, einem riesigen, breiten und bequemen Bett, Flachbildschirm TV, im Schrank eingebautem Bügelbrett mit Bügeleisen, tiefe weiche Sessel, flauschige Frottiertücher und Bademantel.
Wir trafen uns mit seiner Tochter Sarah und Schwiegersohn John in einem Thairestaurant. Es war Geoffrey’s 61. Geburtstag und wir verbrachten einen sehr schönen Abend in angeregter Unterhaltung. John war nach seinem Studium in Philosophie und Literatur ein Jahr in Europa unterwegs und schwärmte von Hamburg, das er als die schönste Stadt Europas in Erinnerung behielt (er kennt halt Zürich nicht).
Geoffrey lebte über 20 Jahre in Canberra und seine zwei Töchter wuchsen hier auf. Bridget, die Jüngere, lebt mit ihrem Mann in Sydney, das nur ca. 350 Km entfernt ist. Leider konnten uns die Beiden nicht treffen, da sie schon anderweitig verabredet waren.
Geoffrey war ein brillanter Stadtführer und zeigte mir viele Sehenswürdigkeiten der Green City, wie Canberra auch genannt wird. Man spürt, dass es eine junge Stadt ist. Am 12. März 1913 erst wurde am Capitol Hill der Grundstein gelegt. Der Landschaftsarchitekt Walter Burley Griffin aus Chicago ging als Sieger des international ausgeschriebenen Architektur-Wettbewerbs hervor. Er plante eine Stadt von 25 000 Einwohnern in der eines Tages 75 000 Menschen leben sollten! Diese Zahlen sind längst Vergangenheit, heute hat Canberra und das umliegende Capital Territory rund 300 000 Einwohner. Im Mittelpunkt der Stadt liegt Lake Burley Griffin, ein 11 Kilometer langer Stausee der durch Stauung des Molonglo River entstand. Das erst 1988 eröffnete neue Parlamentsgebäude auf dem Capital Hill lohnt unbedingt einen Besuch. Im Foyer stehen 48 Marmorsäulen, die an einen Eukalyptuswald erinnern sollen und einer der grössten Wandteppiche der Welt schmückt eine Wand in der Great Hall. Mit über 3000 Bilder von australischen Künstlern, zählt das Parlament zu den grössten Kunstgalerien des Landes. Punkt 14 Uhr beginnt jeweils die öffentliche Fragestunde und die Rededuelle sind bei den australischen Besuchern sehr beliebt.
Das alte Parliament House, das von 1927 – 1988 Sitz der Regierung war, befindet sich an der King George Terrace. Ganz wichtig für Geoffrey war, mir das War Memorial zu zeigen. Wir spazierten die lange ANSAC Parade hinauf zu einer der wichtigsten und meistbesuchten Stätte Canberra`s. Vom Mount Ainslie, der nicht weit oberhalb des War Memorial gelegen ist, geniesst man die wohl schönste Aussicht auf die Stadt und das umliegende Land. Die wenigen grossen Gebäude, es gibt keine Wolkenkratzer, heben sich markant aus den vielen Einfamilienhaus-Quartieren hervor, und von da oben bewahrheitet sich der Namen der Green City, überall Grünflächen und Bäume!
Nach sechs Uhr abends entvölkert sich die Innenstadt gänzlich, alle die Beamten und Angestellten kehren in die Aussenbezirke in ihre Reiheneinfamilienhäuser zurück, die Geschäfte schliessen früher als in den anderen Grossstädten und es gibt nur wenige Restaurants und Bars in der Innenstadt!
Am Montag, dem 10 April verliessen wir die Hauptstadt, die auf mich etwas unpersönlich wirkte. Nachdem ich fast zwei Stunden im Büro von Quantas verbracht hatte, nur um zu erfahren, dass es praktisch unmöglich war, von Darwin mit 14-tägigem Stop-Over in Bangkok nach Frankfurt und Zürich zu fliegen. Sowohl vor meiner Abreise wie auch bei Quantas in Melbourne, wurde mir versichert, dass das bei einem Aufpreis von 175 $ möglich sei. Nun stellte sich aber heraus, dass ich ein Zusatzticket Singapur-Bangkok hätte kaufen müssen – Kosten ca. 680$, am gewünschten Datum aber kein Sitzplatz von Frankfurt nach Zürich garantiert war. Ich hätte also von Frankfurt mit dem Zug nach Hause reisen müssen. Schweren Herzens gab ich die Pläne auf, meinen Bruder und Anithat, seine thailändische Frau, zu besuchen. Roland war denn auch sehr enttäuscht, als ich ihm das telefonisch mitteilte!
Am Karfreitag verliessen wir Canberra also auf dem Kings Hwy. Die Strecke nach Batmans Bay führt über die Hochebene durch landwirtschaftlich genutztes Gebiet, an Bungendore und Doughboy vorbei nach Braidwood. In diesem quirligen Städtchen haben wir unsere Einkäufe getätigt und im Stadtpark am Weiher an den aufgestellten Holztischen unseren Lunch verzehrt.
Die Weiterfahrt zeigte ein ganz anderes Gesicht, erst dichter grüner Wald, vom Mount Clyde dann steil und kurvig hinunter durch fast ganz unbesiedeltes Gebiet bis zur Batmans Bay, wo wir natürlich zuerst einen Hafenrundgang unternahmen und die Traumyachten bewunderten.
Vor einer typengleichen Yacht, auf der Geoffrey mit Freunden oft Segeltörns unternahm, erzählte er mir von seinen Abenteuern auf hoher See. Leider verstehe ich absolut nichts vom Segeln, ich war noch nie auf einem richtigen Segelschiff!
Wieder auf dem Princess Hwy. fuhren wir mit Zwischenhalten in Ulladulla und der traumhaft schönen Jervis Bay im Booderee NP nach Kiama. Das Wetter war so toll, dass wir ausgedehnt schwammen und uns im Sand liegend etwas bräunen konnten. Man könnte Jahre damit verbringen, all die Traumbuchten und Strände Australiens zu besuchen und in jedem der zahlreichen CG zu übernachten.
Eine eigentliche Enttäuschung war dann aber der Royal NP von dem ich mir endlich wieder Buschcamping und schöne lange Wanderungen versprach! Das Visitor Center existierte nicht mehr, Wanderwegbeschriebe somit auch nicht und die in meinem Wanderreiseführer aufgeführten waren nicht zu finden! Auch der CG in Bundeera war trotz der 16$ Kosten pro Nacht sehr dürftig ausgestattet und die sanitären Einrichtungen sehr schmutzig, sie schienen seit Tagen nicht mehr gereinigt worden zu sein. Trotzdem blieben wir zwei Nächte, wir konnten der Lagune entlang spazieren und die vielen Wasservögel und Pelikane beobachten. Jeweils morgens und abends bot sich uns ein einmaliges Schauspiel, wenn sich nämlich die Vögel, nachdem sie einige Zeit über dem Wasser kreisten, plötzlich mit ungeheurer Geschwindigkeit ins Meer stürzten und nach einem Tauchgang meist mit einem Fisch im Schnabel wieder auftauchten und mit grosser Kraftanstrengung wieder hochflogen.
Bei Ebbe lag die ganze grosse Lagune trocken und wurde von tausenden blauer Krabben bevölkert die bei Gefahr in Windeseile sich in den feuchten Sand eingruben. Bei Flut dann stand alles unter Wasser, Mangroven und Gräser spiegelten sich im ruhigen Wasser und wir konnten hinter den Sanddünen richtig schön baden, das Wasser des South Pacific war hier wunderbare 24° warm.
Geoffrey hatte vorsorglich im Lane Cove CG in Sydney North einen Stellplatz reserviert. Ueber Ostern fahren viele Sydneyer hinaus ins Grüne und auch Canberrians mit Familie besuchen Sydney, alle CG`s sind dann jeweils hoffnungslos überfüllt. Die Preise verdoppeln sich, wir haben stolze 36$ pro Nacht bezahlt, bekamen aber einen schön und ruhig gelegenen Platz. Leider gab es ausgerechnet hier keine Gemeinschaftsküche, was ich sehr bedauerte, wollte ich doch endlich meine aus der Schweiz mitgebrachten Dörrbohnen mit dem in Kiama in einem Delikatessengeschäft gekauften Speck, kochen. Und wie von mir befürchtet, hat unser Frogli, nachdem ich Speck und Bohnen mit viel Knoblauch auf meinem Gaskocher zubereitet habe, zwei volle Tage gestunken!
Obwohl viel gereist, kannte Geoffrey dieses aus dem Berngebiet stammende Gericht nicht, es schmeckte ihm sehr und er langte tüchtig zu.
Da er als Militärattaché auch einige Zeit in Sydney lebte, kannte er sich gut aus und machte mit mir eine richtige Sight-Seeing-Tour, am Airport vorbei in die Bondi Bay. Hier wohnt seine Tochter Bridget, die erst kürzlich Jeremie heiratete, die Beiden lebten allerdings schon seit 10 Jahren zusammen.
Wir trafen uns am gut besuchten Stadtstrand zu einem kurzen Bad, genossen Kaffee und Donoughts.
Weiter ging unsere Stadttour auf der Military Road zum Dunbar Head, über the Gap in die Watson Bay, Darling Point und zur Harbour Bridge. Wir fuhren erst unter der Brücke durch und ich konnte die Eisenkonstruktion bewundern bevor wir die Brücke oben überquerten. Leider ist es wegen dem Verkehrsfluss nicht möglich, auf der Brücke selber anzuhalten, die Aussicht nämlich ist umwerfend und ich sah endlich die trapezförmigen Segeldächer des so berühmten Operahouses.
Wir kauften uns eine Tageskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel und liessen Frogli für die nächsten drei Tage auf dem CG stehen. So eine Karte kostet 15$ pro Tag was sich sehr schnell bezahlt macht, sowohl die Fähren und Wassertaxis sind darin inbegriffen.
Zuerst besuchten wir den 305 Meter hohen Sydney-Tower, das höchste Gebäude Sydneys. Das Wetter hätte nicht besser sein können, wir genossen den grossartigen Rundblick über die Stadt bis zu den Blue Mountains in der Ferne. Im Eintrittsticket inbegriffen ist eine Video-Show ganz eigener Prägung. Man sitzt in 4er Reihen in einer Art Raumfähren-Sitze und wird bei der Fahrt durch die Schluchten der Blue Mountains ganz schön durchgeschüttelt. Nichts für schwache Mägen! Geoffrey war eine halbe Stunde lang richtig seekrank!
Ein Rundgang durch die altehrwürdigen Queen Vicoria Buildings ist ein absolutes Muss, vor Allem der wunderschönen Bodenmosaiken, bemalten Glasfenster und Schmiedeeisengeländer- und Treppen wegen. Das Wiener-Café in der Mall bietet sich für eine Pause ideal an.
Town Hall in der George Street, in Renaissance und victorianischem Stilmix, das restaurierte State Museum in der Market Street, die Arkaden und das alte riesige Hauptpostgebäude wurden von uns besucht bevor wir ziemlich erschöpft im Darling Harbour eine Fähre bestiegen um bei einer Rundfahrt unsere müden Knochen ausruhen zu können.
Sonntags besuchten wir die Kathedrale in der die Ostermesse vom Kardinal persönlich zelebriert wurde, wir blieben allerdings nicht bis zum Ende, sondern spazierten von dort durch den botanischen Garten, in dem sich ein kleiner, aber wunderschön angelegter japanischer Garten befand. Nach so viel Stadt war es ein Genuss, in den blühenden Blumen herumzugehen.
Bridget und Jeremie hatten uns zum Lunch eingeladen, wir fuhren mit verschiedenen Bussen und mit der Metro nach Bondi Beach. Viele junge Paare bezahlen unglaublich hohe Mieten, um in Bondi wohnen zu können, dieser Stadtteil ist total „in“. Wir spazierten an eher schäbigen, kleinen Reihenhäusern vorbei die für 1,5 Millionen$ zu kaufen sind!
Bridget ist eine wunderbare Köchin, ich gestehe, dass mich das etwas überraschte da die australische Küche nicht gerade als gourmet-mässig gilt, der Lammbraten an einer Artischokensauce war Spitze und ich hatte selten einen besseren Kartoffelgratin gegessen. Zum Dessert gabs warme, frische Feigen und Roquefort-Mousse auf Toast und ein Glas uralten Portwein, ganz köstlich und exquisit!
Allerdings war das Mittagessen erst nach 15 Uhr aufgetragen, ich wäre fast vor Hunger gestorben, hatte ich doch ausgerechnet an diesem Morgen fast nichts gefrühstückt, aber das Warten hatte sich gelohnt.
Nach 2-stündiger Fahrt mit vielem Umsteigen kehrten wir zu unserem Frogli zurück. Wir mochten nichts mehr essen, gingen dafür zeitig zu Bett, wir waren Beide richtig kaputt und wollten den Montag mit Nichtstun auf dem CG verbringen.
Da wir aber so zeitig schlafen gingen, es war wahrscheinlich kurz nach 21 Uhr, wachten wir natürlich schon um 6 Uhr auf und fühlten uns durchaus ausgeschlafen. Nach einem üppigen Frühstück mit Eiern und gebratenem Speck, Fruchtsalat und Toast, machte ich mich alleine auf, um dem Lane Cove River entlang zu wandern. Anfänglich dachte ich an eine nur ca. 1-stündige Wanderung, die ich dann auf 3 Stunden ausdehnte, die Flusslandschaft war dermassen schön und wild, wie ich das so nahe der Stadt mit ihren 4 Millionen Einwohnern niemals erwartet hätte.
Zurück auf dem CG rief ich Geoffrey per Handy an und teilte ihm mit betrübter Stimme mit, dass ich mich hoffnungslos verlaufen hätte. Ich sah, hinter einem Baum verborgen, wie er ganz aufgeregt umherging und seine Stimme verriet, dass er sich ernsthafte Sorgen um mich machte weshalb ich schleunigst auf ihn zuging und unser Lied „On the road again“ pfiff. Er drehte sich um und rannte auflachend auf mich zu und erdrückte mich beinahe, so stürmisch umarmte und küsste er mich. Die vor ihren Wohnwagen sitzenden Menschen schauten uns verdutzt an, es ist offensichtlich nicht üblich, dass man sich in der Oeffentlichkeit so ungeniert beträgt!
Nach der herrlich erfrischenden Dusche nahmen wir den direkt vor dem CG vorbeifahrenden Bus nach Chatswood, einer der vielen Satelitenstädte Sydneys. Hier leben vor Allem asiatische Menschen, Koreaner, Chinesen, viele Vietnamesen und Burmesen und entsprechend gab es viele asiatischen Take-Away`s und Restaurants. Gemütlich nahmen wir in einem Garten den Lunch ein, wir hatten uns für vietnamesiches Essen entschieden!
Unseren letzten gemeinsamen Abend verbrachten wir enganeinander geschlungen im Frogli und hörten Musik. No sadness, haben wir uns gegenseitig versprochen, was uns ganz gut gelang, wir lachten viel bei unserem Spiel, Sprichworte und Redewendungen wörtlich zu übersetzen. Geoffrey lachte sich krumm, als ich die walking nose (wenn bei einer Erkältung die Nase läuft) erwähnte. Ueberhaupt haben wir viel gelacht in diesen zweieinhalb Wochen, in denen wir zusammen waren.
Da ich kein geeignetes Wort für Pennis in englisch kannte, habe ich ihn einfach little Geoffrey getauft, was sich als ganz praktisch herausstellte, konnten wir so doch ungeniert über unser Liebesleben plaudern, ohne dass das unangenehm aufgefallen wäre. Ich musste fast 60 werden, um so ungehemmt und frei über Sex sprechen zu können. Es fiel mir auch leicht, Geoffrey zu zeigen, wie und was mir Lust bereitete und unser Make Love wurde immer schöner, er war überaus geduldig und einfühlsam nachdem wir Beide am Anfang unserer Beziehung so gierig waren, dass wir es manchmal total vermasselten und Geoffrey sich dann als Versager fühlte und völlig frustiert war. Es bedurfte dann jeweils meiner ganzen Ueberredungskunst, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Aber in dieser letzten Nacht war eine Harmonie zwischen uns, die ich selten zuvor erlebte, es war einfach wunderschön!
An der Bushaltestelle vor dem CG verabschiedeten wir uns, Frogli war startklar und Geoffreys Gepäck stand bereit. Der Bus kam sogar einige Minuten zu früh und bewahrte uns damit vor einer langen Abschieds Szene, es ging plötzlich ganz schnell, eine Umarmung, ein letzter Kuss und Geoffrey verschwand im Bus, der sogleich losfuhr.
Da stand ich, wieder allein! Ich atmete tief durch und setzte mich in mein Fröschlein, ich war in eigenartiger Stimmung, ich war nicht etwa traurig, eher wütend oder schlecht gelaunt und mein Magen fühlte sich gar nicht gut an und ich musste nochmals schleunigst die Toilette aufsuchen, ich litt an Durchfall! Ich hatte glücklicherweise keine allzulange Fahrt vor mir, mein Ziel an diesem 18. April, dem Geburtstag meines Patenkindes (Rolfli, Sohn meiner Schwester, 37 und Jurist) war Glenbrook in den Blue Mountains und nur ca. 100 Kilometer entfernt.
Die ersten 50 Kilometer waren Horror, überall Baustellen und Umleitungen, miserabel ausgeschildert, was bedeutete, dass ich mich dreimal auf einem falschen Hwy befand und unnütze Kilometer fahren musste bis ich wieder wenden konnte. Meine Stimmung sank auf den Gefrierpunkt und ich fluchte lautstark vor mich hin, ich musste auf den Pannenstreifen um meine Weste auszuziehen, ich war schweissgebadet und mir war speiübel. Nur zwei Minuten später schlotterte ich, klar, alles feucht und dazu noch das Fenster ganz runtergekurbelt!
Langsam kam die Erkenntnis, dass ich Fieber hatte, ich konzentrierte mich nun völlig auf die Strasse und nach einem Umweg über Windsor fand ich schliesslich das Visitor Center in Glenbrook, deckte mich mit vielen nützlichen Unterlagen ein und fuhr auf den CG nach Katoomba. Dort verkroch ich mich sofort in einen der zwei Schlafsäcke, schlürfte meinen Pfefferminztee und schluckte eine Pille gegen Fieber und Grippe. Ich studierte die Broschüren und Karten und machte bereits wieder Pläne für den nächsten Tag. Katoomba war ein perfekter Ausgangspunkt, um die Gegend zwischen Leura und Blackheart zu erkunden.
Wie abgemacht, rief punkt 20 Uhr Geoffrey an, auch er fühlte sich nicht besonders wohl, war aber gut zuhause in Latrobe angekommen. Er wäre so gerne die ganze verbleibende Zeit meiner Reise durch Australien bei mir geblieben, aber als Colonel, wenn auch im Ruhestand, hatte er immer noch Verpflichtungen für den am 25. April stattfindenden Ansac Day. Er hatte die Parade der Kriegsveteranen anzuführen und die grosse Rede zu halten, alle wichtigen Persönlichkeiten Tasmanienes, unter Anderen auch der Premierminister, waren anwesend. Offensichtlich handelt es sich um einen der wichtigsten Tage im australischen Festtagskalender, denn überall, in den Städten und auf dem Lande, standen an allen Ecken Plakate und Schilder die auf den Ansac-Day aufmerksam machten.
Wir unterhielten uns eher wie ein seit langem verheiratetes Ehepaar denn wie ein frischverliebtes Paar, wussten jedoch, wie aufgewühlt wir Beide waren, und wie versprochen, liessen wir- no sadness-aufkommen.
Am Mittwoch Morgen gehörte ich zu den Ersten, die mit der Railway, dem Mountain Devil, eine der steilsten der Welt, hinunter in den Regenwald fuhr. Ich fühlte mich wieder wohl und hatte für 16$ das Kombi-Ticket gelöst das mich berechtigte, Railway, Cableway und Walkway-Discovery Tour in Anspruch zu nehmen. Die Fahrt hinunter ist nur 450 Meter lang, aber wegen der 52° Neigung musste ich mich mit aller Kraft gegen das nach vorne rutschen stemmen.
Auf dem Bordwalk waren verschiedene Stationen zur Geschichte des Kohleabbaues im 19 Jh. eingerichtet und vermitteln einen Eindruck der harten Bedingungen, denen schon Jungen mit 14 Jahren ausgesetzt waren.
Auf dem Lilly Pilly Link waren die verschiedenen Bäume mit Namensschildern versehen. Und endlich sah ich auch den Lyrebird. Nur 2 Meter von mir entfernt im dichten Unterholz scharrte ein Pärchen nach Futter. Ich hatte mir die Vögel viel kleiner vorgestellt, tatsächlich sind sie aber so gross wie Krähen, mit langen buschigen Schwanzfedern, die Farben in grau- und blautönen. Das besondere an ihnen, sie können sämtliche Vogelstimmen nachahmen!
Der Name der Blue Mountain ist auf die Blue Gums, die blauen Eukalyptusbäume, zurückzuführen die tatsächlich die ganze, über 10 000 Km2 grosse Landschaft des Blue Mountain National-Parks mit blauem Dunst überzieht.
Ich wählte den längeren Weg zur Cableway der allerdings nur gerade 50 Min. dauerte. Die Cableway, die zum Ausgangspunkt zurückführt, ist eine neuere Seilbahn die 2002 von einer Schweizerfirma aus Thun erstellt wurde, in der riesigen Kabine finden 85 Personen Platz.
Kurz nach 11 Uhr war ich schon wieder oben auf der grossen Terrasse beim Scenic World in dem sich die Kassen für die Tickets, ein Café und ein Souvenirshop befinden. Vom grossen Parkplatz gehen verschiedene Buslinien ab, ich habe mich für den alten Trolleybus entschieden der mich für 15$ an 29 verschiedene Sehenswürdigkeiten brachte und einen Tag lang gültig ist, ein Hop On and Off. Man kann an jedem beliebigen Punkt die Fahrt unterbrechen. Meine 1. Unterbrechung war in der Shopping Meile von Katoomba wo ich mir in einem Take Away eine leckere Frühlingsrolle kaufte die herrlich schmeckte.
Den nächsten Halt legte ich bei Everglades ein, ein wunderschöner Park im eglischen Stil mit uralten Bäumen, Buchsbaum-Hecken, Statuen und Brunnen. Vom Gordon Falls Lookout machte ich mich zu Fuss auf den Klippenweg und gelangte über Olympian Rock und Bridal Veil zu den Leura Cascades, die sich mangelnder Regenfällen als müde Rinnsale entpuppten. Die Aussicht über die Klippen war wieder grandios, keine Wolke am Himmel und die Luft so klar, dass man bis Sidney hinunter sah. Wald, Wald und nochmal Wald, und über Allem dieser eigenartige bläuliche Schimmer. Ich konnte nicht aufhören, Bilder aus allen erdenklichen Blickwinkeln zu schiessen, mit dem Wissen, die Schlechten wieder löschen zu können! Das absolute Highlight der Blue Mountains stand mir noch bevor, es sind dies die drei Schwestern vom Echo Point.
Mehrere grosse Terrassen auf verschiedenen Levels wurden angelegt um den Andrang des Besucherstroms aufnehmen zu können, auch ein modernes Visitor Center ist vorhanden, indem die Geschichte der 3 Schwestern nachzulesen ist:
Einst lebten 3 wunderschöne Schwestern Namens Meehni, Wimlah und Gennedoo vom Stamme der Gundungurra im Jamison Valley. Sie waren in 3 Brüder des Nachbarstammes der Daruk verliebt, heiraten war aber zwischen Mitgliedern verschiedener Stämme strikte verboten. Bei den Brüdern handelte es sich um Krieger und diese beschlossen, sich die Mädchen mit Gewalt zu holen. Der daraufhin entbrannte Krieg veranlasste Kuadjuri den Weisen, die Schwestern in Steine zu verwandeln, um sie, wenn die Gefahr vorüber war, wieder zu beleben. Unglücklicherweise wurde Kuradjuri in der Schlacht getötet und bis heute war Niemand in der Lage, diesen Zauber zu löschen und die Schwestern in ihre menschliche Form zurückzuversetzen.
Einer der vielen Cliff-Trails, der Giant Stairway, führt über 826 Stufen hinunter ins Jamison Valley, den ich allerdings nicht machte, mir reichten die vielen (ungezählten) Stufen, die ich bereits hinauf und hinunter absolvierte. Mit dem letztmöglichen Bus kam ich glücklich und mit einem Bärenhunger zum CG zurück.
Eine Gruppe von etwa 20 Wandersleuten nahm für Stunden die Campers Kitchen in Beschlag, was mich veranlasste, meinen Menueplan zu ändern. So bereitete ich eine grosse Schüssel mit farbenfrohen Salaten zu, dazu gabs drei saftige Lammkoteletts und frisches, knuspriges Brot (fast wie zu Hause aus der Bäckerei), zur Nachspeise noch etwas Briekäse und der Rotwein fehlte auch nicht! Ein richtiges Gala-Dinner, und ich war rundum happy, auch ohne Geoffrey!
Sobald die Sonne unterging wurde es gleich recht kühl und als die Nacht hereinbrach, sogar richtig kalt. Ich verkroch mich mit Trainer und Wollsocken in meinen Schlafsack. Ich wusste von Geoffrey, dass er an diesem Abend eine Sitzung zu leiten hatte, an der es um ein neues Altersheim in Latrobe ging und dessen Comitée er angehörte und mich erst spät abends anrufen konnte. Da ich in meinem Schlafsack weder stricken noch schreiben konnte und zum Lesen keine Lust verspürte, legte ich die CD von G.Gershwin ein, die Rapsodie in Blue. Ich liebe und bewundere seine Musik, sie bringt mich stets in eine kontemplative Stimmung, mal ist sie beschwingt und heiter, fast euphorisch, um im nächsten Augenblick in tiefe Traurigkeit, Verzweiflung und Depression zu verfallen Sie gleicht oft sehr meinen eigenen Stimmungen, sodass ich das Gefühl habe, George hätte einige Stücke nur für mich komponiert! Ich lag auf der Bank ausgestreckt, mit Kissen im Rücken, die Vorhänge noch immer geöffnet, aber ohne Licht und konnte weite Teile des dunkeln Himmels mit den Myriaden von Sternen sehen. Von Zeit zu Zeit huschten letzte Lichtstreifen von Sternschnuppen vorüber (ich wünschte mir natürlich jedes Mal etwas – was- das darf man nicht sagen, ansonsten sich der Wunsch nicht erfüllt). Hier lag ich, tausende von Kilometern von zu Hause weg und sehnte mich nach Geoffrey, verspürte aber auch Heimweh und sehnte mich nach meinen Kindern und Enkelkindern und fragte mich doch allen Ernstes, was ich hier eigentlich machte!
Was soll das Alles? Ist es das, das Leben, dass man letztendlich alles darauf ausrichtet, von Jemandem geliebt zu werden und diesen Jemand zu lieben? Legt man seinen ganzen Ehrgeiz darin, um im Beruf weiterzukommen, sich jenste Kenntnisse anzueignen wie fremde Sprachen, Geschichte, Geologie usw., seinen Körper fit zu halten, sein Aussehen optimal zur Geltung zu bringen indem nur die besten Crèmes die Jugendlichkeit versprechen, anwendet, dient all das nur dazu, einem – dem Menschen – zu gefallen, von dem man hofft, geliebt zu werden und den man mit jeder Faser liebt und herbeisehnt?. Ist das der Sinn unseres Lebens, die Feder, die Lebens- und Antriebskraft die uns Zeiten der Verzweiflung und des Nicht-mehr-Wollens überstehen lässt? Ist all unser Hoffen und Bangen auf diesen einen Nenner zu bringen und alle weiteren Aspekte des Lebens die Konsequenzen und Folgen daraus? Ist die unzerstörbare Liebe zu unseren Kindern und Enkelkindern vielleicht eine Art Brücke zu dieser Ur-Liebe? Oder ganz unprosaisch- einfach Arterhaltung?
Ich schlief nicht sehr gut und wachte immer wieder auf, so auch gegen zwei Uhr morgens. Ich benutzte die Gelegenheit, Jacqueline anzurufen, zu Hause war es 6Uhr abends. Ich musste wissen wie Joshua die Operation im Spital überstanden hatte, es musste seine eingewachsene Vorhaut am Glied geschnitten werden. Alles ging gut und er sei schon wieder wohlauf, erfuhr ich. Jacqueline und Sharon litten allerdings an Fieber und Grippe, der Frühling kehre dieses Jahr sehr, sehr langsam in der Schweiz ein, es falle immer wieder Schnee! Normalerweise blühen um diese Zeit die Schneeglöcklein und Krokusse in meinem kleinen Gärtlein beim Sitzplatz. Ich verpasse also nicht allzuviel und habe für mich den Winter mit meiner Reise nach Australien abgeschnitten! Seit ich im Januar in Perth gelandet bin, befinde ich mich mehr oder weniger immer im Sommer! Wir haben noch lange geplaudert und es war schön zu hören, dass nicht nur ich Heimweh hatte, sondern dass auch Jacqueline und die Kleinen mich vermissten!
Tat das gut, ich schlief anschliessend wie ein Murmeltier und erwachte erst gegen halb neun, war aber in weniger als 1 Stunde abfahrbereit. Ich fuhr noch den Rest des Scenic Drive ab, den Teil, den der Trolley Bus nicht befuhr und habe jeden der Lookouts besucht. Die Sicht an diesem strahlenden Morgen war herrlich, die Farben irgendwie blasser und die Konturen viel weniger scharf, was durchaus seinen Reiz hatte.
Meine Reise führte mich weiter nach Mount Victoria, einem historischen Städtchen mit wunderbar erhaltenen Gebäuden im viktorianischen Stil, es war ein richtiger Plausch, durch die Strassen zu schlendern.
Nach weiteren 20 Kilometer habe ich kurzentschlossen die Abzweigung links zum Myall Lake genommen, mir gefiel ganz einfach dieser Name, sollte es sich nicht als lohnenswert erweisen, wären es ja nur 8 Km Umweg gewesen!
Schon von weit oben sah ich den kleinen Stausee, der eingebettet in kegelförmigen Hügeln liegt und viele Verzweigungen aufweist. Auf der nördlichen Seite über die Dammstrasse zu erreichen, liegt in verschiedenen Ebenen ein Campingplatz, genau das Richtige für mich! Nur 4 oder 5 Camper und zwei Zelte waren zu sehen und es sollten auch keine Weiteren mehr ankommen! Wie mir der Platzwart mitteilte, ist das Fischen ohne Permit erlaubt, der Wasserspiegel extrem niedrig und die Hänge und Stellplätze völlig ausgedorrt, es hatte seit Wochen nicht mehr geregnet. Mit der Bitte, Wasser zu sparen und nur ganz kurz zu duschen übergab er mir den Schlüssel für die neuerstellten Toiletten- und Duschanlagen, pico-bello alles!
Eigentlich wollte ich den See umwandern, musste aber nach der Hälfte umkehren da keine Brücke über den Fluss, der am Ende des Stausees ausfliesst, führt. Ausser zwei einsamen Farmen ist die Gegend kaum besiedelt, einige Schafe und Rinder suchten an den Hängen ihr trockenes Futter und in der Hitze des Nachmittages war kein Laut zu hören.
Das in der Nähe liegende Lithgow liegt auf etwa 700 MüM, deshalb sinken die Temperaturen nachts sehr stark und es war wiederum eine saukalte Nacht. Ueber meinen Trainingsanzug zog ich noch meine heissgeliebte warme Fleecejacke an, fror aber trotzdem noch arg.
Als ich kurz nach sechs am nächsten Morgen aufwachte war meine Nase eiskalt, ich wärmte sie mit der körperwarmen Decke etwas auf. Da die Sonne hell hineinschien, stand ich schon bald auf, in der Hoffnung, dass sie mich und Frogli aufwärmen würde. Aber durch die geöffnete Türe drang ein eisiger Wind, was mich veranlasste, wirklich Wasser zu sparen und auf das Duschen in der kalten Anlage zu verzichten. Durch das Erhitzen des Kaffeewassers und toasten meiner Brötchen wurde es einigermassen warm und die Hände um die Tasse geschlungen wirkte ebenfalls wärmend und langsam bekam auch die Sonne ihre wärmende Kraft durch die Fenster hindurch. Es blieb aber den ganzen Tag über recht kalt und ich war froh um meine Skijacke, die ich über das Fleecefutter anzog.
Ueberall begegneten mir Plakate und Broschüren die auf die Zig-Zag Dampfbahn aufmerksam machten und da dies auf meiner Strecke an der Bell Road lag, kaufte ich mir ein Ticket für die 1 ½ Stunden dauernde Fahrt durch zwei Tunnels und über drei Viadukte in eine tiefe Schlucht hinunter. Die gefahrene Strecke misst zwar nur 8 Kilometer, aber die Dampfbahn muss drei- oder viermal von vorne nach hinten, und umgekehrt, gewechselt werden, was zu 15-minütigen Pausen führt in denen die Fahrgäste aussteigen und die Gelegenheit nutzen, einige Foto`s zu schiessen und diese traumhaft schöne Gegend zu geniessen.
Mount Wilson, das ich nach einer kurzen Fahrt auf einer schmalen Strasse erreichte, war noch schöner als es die Prospekte beschrieben, eine Garten- oder besser gesagt eine Parkstadt! Es zählt gerade mal 300 Einwohner, aber praktische jedes Haus besitzt seinen eigenen botanischen Garten von denen fast Alle zur Besichtigung geöffnet sind. Obwohl die Eintrittspreise nicht sehr hoch sind, sie variieren zwischen 4 und 8$, könnte man ein kleines Vermögen liegen lassen, würde man sie alle besuchen!
Die Gärten sind vorwiegend in englischem Stil angelegt, mit vielen grossen Bäumen aus der nördlichen Hemisphäre, Eichen, Linden, Eschen und die in den schönsten Herbstfarben leuchtenden Ahornbäume. Eingangsalleen mit Rosenbögen und Glyzinien, aus Buchsbaum geschnittene Hecken, Pyramiden und Kugeln und Rabatten mit Dahlien und Herbstanemonen. Mitten im Ort, versteckt hinter hohen grünen Hecken, steht die St. Stephens Kapelle mit dem Friedhof in dem uralte Grabsteine verwittert in den Himmel ragen! Ich habe mich um hundert Jahre zurückversetzt gefühlt und wäre gerne über Nacht geblieben, hätte es nur einen Campingplatz gegeben. So verliess ich einen der wohl schönsten Wohnorte die man sich vorstellen kann, und hielt an meinem Plan, den botanischen Garten in Mount Thomas zu besuchen, an dem ich schon fast vorbeigefahren war, fest.
Bei diesem Garten handelt es sich schon fast um einen National Park, so riesig ist er in seinen Ausmassen. Schon vor mehr als 150 Jahren angelegt, stehen viele denderologische Raritäten hier, riesige Araukarien, Drachenbäume, verschiedene Pinien und Nadelgehölze, aber auch grosse Anlagen mit Rhododendren und Azaleen, Hortensien und Hartriegelgewächsen. Ich konnte mir vorstellen, wie schön das während der Blüte im Frühjahr aussehen musste! Leider war die Blütezeit längst vorbei! Die Freude wurde einzig durch die wieder herrschende Kälte getrübt und ich verliess den Garten völlig durchgefroren, der starke eisige Wind ging durch Alles durch und ich stellte zum ersten Mal im Camper die Heizung voll ein um mich während des Weiterfahrens möglichst schnell aufzuwärmen. Die Tage wurden immer kürzer, ich musste schauen, dass ich noch vor Einbruch der Dunkelheit den CG in Wilberforce finden konnte.
Der lag direkt am Ufer des Hawkes Rivers, unten in der Ebene, wo es nicht mehr so kalt war. Aber auch hier war zu spüren, dass der Sommer definitiv vorüber war. Es handelte sich um einen sehr einfachen CG, er wirkte etwas heruntergekommen und schmutzig und lag direkt an einer Kart-Piste, dementsprechend war der Lärm der sich im Kreise herumrasenden Gefährte! Punkt 21 Uhr war dann aber Schluss mit Fahren und Ruhe kehrte ein.
Die meisten Camper waren mit Anhänger versehen auf denen sie ein oder zwei Kartwagen mitführen konnten um an den Wochenenden ihrem Hobby zu frönen. Und da passierte mir ein rechter Faux-Pas! Mit meinen in Scheiben geschnittenen Kartoffeln und Zwiebeln und einem grossen Lammsteak habe ich mich an der einzigen BBQ-Stelle breit gemacht und wollte eben den Drücker für das Gas betätigen, als mich eine der herumstehenden Camperfrauen in nettem, aber bestimmten Ton darauf aufmerksam machte, dass es sich bei dieser „Anlage“ um Privateigentum handelte! Natürlich habe ich mich in aller Form entschuldigt und versprochen, sofort zu verschwinden. Mein Accent hat sie scheinbar neugierig gemacht, und als sie hörte, dass ich aus der Schweiz komme, hat sie darauf bestanden, dass ich mein Abendessen auf ihrem BBQ zubereiten solle. Eine weitere Frau gesellte sich zu uns und erzählte, dass die Mutter ihres Mannes aus Meisterschwanden stamme und mit 20 nach Australien ausgewandert sei und hier geheiratet habe. Ihr Ehemann, der ja halb Schweizer war, gesellte sich später zu uns und gestand, dass er leider kein deutsch spreche, ausser einiger Floskeln wie Grüezi und Chuchichäschtli und wiä gohts.
Weder nahm die Besitzerin des BBQ meine offerierten 2$ für Gasverbrauch an noch liess sie es zu, dass ich die verschmutzte Grillplatte putzte. Alle wünschten mir eine gute Weiterreise und ich hörte beim Weggehen, wie eine der Frauen sagte, „die ist aber mutig, ich würde mir in die Hose machen vor Angst, müsste ich nachts alleine in einem Camper sein“. In Gedanken klopfte ich mir auf die Schultern, Ich hatte bis anhin noch keine Sekunde bereut, diese Reise alleine zu machen, ganz im Gegenteil. Ich realisierte nämlich, dass ich nicht mehr permanent an meine Behinderung im rechten Bein dachte, mein erster Gedanke am Morgen sich nicht mehr nur darum drehte, ob das Gefühl im Bein vom Knie abwärts ein bisschen mehr zu spüren sei und ob die Muskeln des Quadrizeps etwas zugenommen hätten. Und ich hatte seit fast 4 Monaten kein Spital, keine Therapiestelle und keinen Arzt gesehen! Denn genau davon wollte ich ja loskommen, meine dritte Lebensphase sollte sich nicht ausschliesslich um meine missglückte Operation und meine Behinderung handeln.
Hin und wieder kommen Gedanken über das Warum und Wieso, auch mal wüste Gedanken, dass der Chirurg, der mir das angetan hatte, durch meine gedanklichen Giftpfeile getroffen und gelähmt werde. Hatte ich lange Zeit solche Gedanken und Wutausbrüche nicht zugelassen, liess ich sie nun ohne Schuldgefühle zu und merkte, dass es für mich einfacher wurde. Ich musste doch gar keine Heldin sein und ich wüsste nicht, wozu ich tapfer sein sollte und ohne Murren mein Schicksal hinnehmen soll. Auf dass ich schimpfe und fluche, verwünsche und hadere, und danach das Leben total geniesse!
Genossen habe ich die Fahrt von Wilberforce auf der 69iger (Strasse) über 150 Km Wald. Links der Strasse (eine wunderbar ausgebaute, mit sporadischer Ueberholspur, so dass ich nicht zu rasen brauchte) der Wollemi NP, rechts der Yengo NP.
Kurz vor Bulga nahm ich eine Nebenstrasse nach Broke um danach durch das Weinanbau-Gebiet des Hunter Valleys zu fahren. Obwohl ich auf dem New England Hwy. viel schneller vorangekommen wäre, nahm ich den Zeitverlust und das Mehr an Kilometern gerne in Kauf, erst in Raymond Terrace stiess ich wieder auf den Pacific Hwy der sich als 4-spurige, stark befahrene Autobahn entpuppte.
Von Bulahdelah wurde es wieder gemütlicher, die Strecke über Bungwahl nach Seals Rock gehörte wieder mir und mein Herz frohlockte, als ich kurz vor dem Ziel, von oben herab, die Traumbucht von Seals Rock erblickte. Wiederum hatte ich eine gute Entscheidung getroffen. Ich blieb für die nächsten zwei Nächte, was auch bedeutete, dass ich den nächsten Tag ohne fahren, dafür mit schwimmen und spaziern geniessen konnte.
Ein wunderbarer Aussichtspunkt ist in nur 30-minütigem Fussmarsch ab Seals Rock erreichbar, das Sugerloaf-Lighthouse, eben erst fertig renoviert. Das Licht allerdings war bei den vorgelagerten, waagerecht liegenden Felsschichten und dem Wassertunnel nicht mehr ausreichend um zu fotografieren, dafür stand der Leuchtturm im warmen Licht der Abendsonne. Worüber ich mich immer wieder wunderte, war, dass in Australien keine Café`s oder Strandbeizli oder gar Fischtavernen an den gut besuchten Stränden zu finden sind, das wäre doch ein fabelhaftes Geschäft! Was wir zu Hause in der Schweiz vielleicht zu viel haben, fast jedes 2. Haus ist ein Restaurant, haben die hier eindeutig zu wenig. Ich hätte auf jeden Fall viel öfters auswärts gegessen um mich vor der Rüst- Koch- und Abwascharbeit zu drücken. Andererseits halfen mir all die nichtexistierenden Wirte und Wirtinnen, Geld zu sparen.
Der 24. April war wieder ein Fahrtag, ich meinte, alle die am Wege liegenden Buchten und Orte besichtigen zu müssen bis ich merkte, dass das mein Tagespensum bei Weitem überschreiten würde. Erwähnen möchte ich nur einige der touristisch perfekt erschlossenen Orte. Forster und Tuncurry – zwei zusammengewachsene Orte am Wallis Lake, HallidaysPoint, Crowdy Bay im gleichnamigen NP, North Haven am Green Lake (traumhaft schön) und das schon eher grosse Port Maquarie mit vielen mehrgeschossigen Apartementhäusern.
Nach mehr als 300 Km kam ich schliesslich doch noch in Arakoon an. Es war das pure Gegenteil von meinen Vorstellungen, ich hatte eher an Bushcamping gedacht. Aber ein riesiger Campingplatz lag direkt unterhalb der grossen historischen Anlage des ehemaligen Gefängnisses, in dem während des ersten Weltkrieges viele Deutsche interniert waren. Sehr imposant aus örtlichen Granitsteinen erbaut, liegt es erhöht auf der Landzunge von South West Rocks. Am Fusse des Hügels dehnen sich kilometerlange weisse Sandstrände aus.
Bei meinem abendlichen Spaziergang konnte ich zusehen, wie ein kleines Fischerboot (nur etwa 5 Meter lang) über den Sand, unter Ausnutzung der hohen Wellen, hochgezogen wurde. Am Boot angehängt war ein Netz voller Mullets, tausenden von zappelnden, ca. 40 Zentimeter langen silbrigen Fischen die in nur einer Stunde gefangen wurden. Ein kleiner Laster brachte blaue Plastikharasse in die die Fische umgeladen wurden. Selbst zwei Mädchen im Alter von 9 und 11 halfen emsig mit, jede Hand wurde gebraucht da die Zeit drängte, denn die Flut stieg und damit die Wellen die über Netz und Mensch überschwappten. Als das Netz zur Hälfte geleert war wurde es am Laster festgebunden und in rasantem Tempo über den Sand hochgezogen. Nun konnte die Arbeit in gemächlicherem Tempo fortgeführt werden und ich traute mich, den Chef der Equipe etwas auszufragen! Er bringe die Fische selber noch an diesem Abend nach Sidney auf den Fischmarkt, damit sie Morgen früh an der täglichen Auktion verkauft werden können. Ob er mit diesem Fang zufrieden sei und damit, in nur einer Stunde einen so riesigen Fang gemacht zu haben, wollte ich von ihm wissen. Er sah sehr zufrieden aus und meinte, oh yeah yeah, es wäre auch höchste Zeit gewesen, sie hätten nämlich wegen dem starken Wind einige Tage nicht rausfahren können, aber der Fang sei ganz ordentlich (was als sensationell zu verstehen war)! Fast hätte ich vor lauter Staunen vergessen, einige Bilder zu schiessen, aber im Abendlicht gelangen mir dann noch einige wunderschöne Bilder mit diesen rauhen, nassgespritzten und verschwitzten, aber herzlichen Fischern.
Nachdem Geoffrey und ich die letzten Tage kaum Kontakt hatten (infolge von No Network), freute ich mich auf seinen Anruf nach 20 Uhr. Und er hatte gute Neuigkeiten, er wollte mich am 6. Mai treffen um meine Reise über Cairns nach Darwin bis zum Ende im Juli, mitzumachen. Bis zum 6. hätte er all seine Verpflichtungen erfüllt, die grösste und wichtigste stand ihm morgen, am 25. dem Ansac-Day, bevor. Ich sollte ihm lediglich mitteilen, wohin er fliegen solle und wo ich ihn abholen könnte!
Das hiess für mich, ich musste die verbleibenden 12 Tage genau planen, was ich bis weit in die Nacht hinein denn auch tat. Mackay sollte die Stadt sein, in der wir uns treffen würden, ich freute mich riesig, wollte aber die Zeit bis dahin voll geniessen und nicht etwa in Warten und Däumchen drehen vergeuden!
Den Ansac-Day verbrachte ich in Arakoon. Mit Mühe hatte ich noch einen Stellplatz mit Sicht auf`s Meer gefunden, es waren Schulferien und somit der Grossteil der Aussie`s wieder unterwegs.
Pünktlich um 11 Uhr begann die Gedenkfeier für die gefallenen Soldaten der verschiedenen Kriege. Auf dem grossen Platz mitten im Ort, da wo die obeliskähnliche Gedenksäule steht, und der gänzlich für den Autoverkehr abgesperrt wurde, trafen sich all die noch lebenden Veteranen und viele Angehörige Gefallener. Der Bürgermeister rief jeden Namen der Gefallenen auf die aus Arakoon stammten, den militärischen Grad, wann und wo Derjenige gefallen war und eines der Angehörigen, Geschwister, Ehefrau, Kind oder Enkel, kam nach vorn und legte ein Kränzchen oder einfach einen Blumenstrauss auf die Treppen unterhalb der Säule hin. Ich staunte über die Anzahl der Anwesenden, 250 – 300 Personen schätzte ich, die auf Campingstühlen oder auf den aufgestellten Bänken sassen, viele aber mussten stehend die mehr als eine Stunde dauernde Zeremonie mitmachen. Der Ansac-Day ist wohl der höchste Feiertag, besser gesagt, Gedenktag (zu feiern gibt’s ja doch wirklich nichts) in Australien und dient dazu, der Opfer der verschiedenen Kriege zu gedenken. Als Mitglied des Commonwealth hatte die australische Armee in sämtlichen Kriegen, in die England involviert war, mitzukämpfen.
Schliesslich war der letzte Kranz gelegt und die Treppen der Säule gänzlich mit Blumen und Kränzen zugedeckt. Einer der Veteranen hielt eine Rede, gab einige Anekdoten zum Besten und am Ende der Rede der Hoffnung Ausdruck, dass nie wieder ein Krieg stattfinden möge (gerade in diesen Tagen mussten 300 junge australische Soldaten nach den Solomon-Inseln ausrücken, da dort Unruhen ausgebrochen waren).
Wie oft schon haben Menschen diese Worte ausgesprochen! Wann wird die Menschheit wohl das Wort Krieg nicht mehr in ihrem Vokabular haben und wann endlich wird Frieden zur Selbstverständlichkeit?
Als ich mich verstohlen in der Menge umblickte sah ich in vielen Gesichtern der älteren Männer Tränen, Einigen liefen sie über die Wangen, Andere kämpften dagegen an, ihre Kiefer- und Wangenknochen mahlten und nur die Augen waren verdächtig glänzend. Nach dem Singen der Nationalhymne umrundete die ganze Schar den Ort, voran die Bannerträger der verschiedenen Bataillone, dann die Veteranen, alle in Sacko`s auf denen die diversen Orden festgemacht waren und auf die sie offensichtlich stolz waren.
Ich dachte sehr intensiv an Geoffrey, wie es ihm wohl mit seiner Rede ergangen war? Er hatte mir seine Orden gezeigt die er in einer Schatulle aufbewahrt, dazu die schriftlichen Auszeichnungen, unterschrieben von ihrer Majestät der Königin von England, Queen Elisabeth! Er führte mir auch seine Uniformen vor die fein säuberlich in einem separaten Schrankabteil hängen, Arbeitsuniformen(gegen Ende seiner militärischen Laufbahn war er in Canberra Instruktor), Uniformen für Paraden und militärische Besuche, Uniformen, wenn er im Ausland tätig war und eine Galauniform mit weissem, smokingähnlichem Jacket, schwarzer Hose mit Glanzstreifen aus Satin und breitem Taillenband! (Puh, da hat er sicher eine gute Figur gemacht). Es schien mir, es wäre ihm nicht sehr wohl dabei gewesen und er hatte auf die Neutralität der Schweiz hingewiesen und meinte, dass ich wahrscheinlich Mühe hätte, das Alles zu verstehen, womit er nicht ganz Unrecht hatte!
Aber wie käme ich dazu, zu beurteilen, oder gar zu verurteilen? Das war schliesslich ein Bestandteil seines Lebens und der Nation, der er angehört! Ueberdies ist heute die Rolle der Schweiz während des 2. Weltkrieges ja doch sehr umstritten und wir Schweizer haben gar keinen Grund, irgendjemandem Vorwürfe zu machen. Andererseits bin ich Eine aus der 68-iger Generation, Pazifistin durch und durch, für die Abschaffung der Armee und das Einbringen der vielen Milliarden in die Friedensforschung! Sozusagen als gutes Beispiel könnte die Schweiz eine Vorreiterrolle übernehmen und das ganze Militär abschaffen, Flower -Power, Friede, Freude, Eierkuchen! Utopie? Sicher nicht!
In einem der hübschen Café`s an der Esplanade habe ich mich in den Garten gesetzt und bei einem Capuccino mitangehört, wie die „Mates“ (Mitglieder, Freunde, Kameraden), Erinnerungen austauschten, keine Spur von Angeberei oder Prahlerei Ich konnte mir vorstellen, dass auch diese Veteranen sehr gemischte Gefühle hatten, viele haben Kameraden sterben sehen, waren selbst verwundet an Körper oder Seele und helfen einander bei der Verarbeitung dieses Trauma`s. Sie sind fast Alle in Clubs zusammengeschlossen und jede grössere Gemeinde hat ein Clublokal, in dem sie sich treffen können.
Arakoon und South West Rock sind durch einen 6 Kilometer langen Sandstrand miteinander verbunden an dem man herrliche Spaziergänge unternehmen kann, was ich auch ausgiebig benutzte. Zum ersten Mal traute ich mich nicht, ins Wasser zu gehen, allzu hoch überschlugen sich die Wellen, nein, risikieren wollte ich nichts.
Nach dem vielen Wasser und Strand der letzten Tage überkam mich die Lust auf Berge, Wald und Nationalparks und ich fuhr über Grafton in die Berge zum Washpool NP. Zwei Tage blieb ich dort im Bushcamping, wanderte viel und ging jeweils schon um 9 Uhr abends in die Federn. Nicht etwa weil ich so müde war, sonder weil es nachts eisig kalt war, mein Fröschlein liess die Kälte durch jede Ritze hinein. Tagsüber kletterten die Temperaturen auf schöne 25°, was mich während meiner Wanderungen zu den Boonoo-Boonoo-Falls ganz schön ins Schwitzen brachte.
Oberhalb der Fälle liegt, sehr geschützt, ein wunderbarer, natürlicher Pool. Man soll, nachdem man darin gebadet hat, verjüngt wieder herauskommen. Das liess ich mir natürlich nicht entgehen, denn die Badehose hatte ich vorsorglich schon mal mitgenommen! Ich gestehe, ich war nur bis zur Hüfte drin, das Wasser war klirrend kalt, aber meine Beine vertragen durchaus auch eine Verjüngung.
Total imposant dann der Bald Rock, der grösste Monolith der nördlichen Hemisphäre. Ich musste natürlich unbedingt da rauf. Obwohl ich in Sachen Bein und Muskeln keinen guten Tag hatte, nahm ich die Wanderstöcke und machte mich auf, den 400 Meter Höhenunterschied auf 1,2 Km zu überwinden. Die Aussicht war wirklich sensationell, wenn auch teuer erkauft! Ich blieb lange oben sitzen und beobachtete einen Adler wie er seine Kreise zog, fast ganz ohne Flügelschlag. Er kam langsam näher und tatsächlich (ich hatte mir das sosehr gewünscht) flog er in so kurzer Distanz über mich hinweg, dass ich jede seiner Federn und sogar seine Augen sehen konnte. Es war ein gewaltiges Erlebnis!
Ich kam auch heil wieder unten an da ich mich für den Easy-Way zurück entschieden hatte, hatte aber trotzdem grosse Schmerzen im Knie und der Wade des rechten Beines. Mute ich mir vielleicht doch manchmal etwas zu viel zu und nehme das Risiko eines Unfalles in Kauf?
Unfall im Congo Rouge
Ich erinnerte mich an einen Unfall auf den Seychellen. Dort, mitten im Urwald, auf einer Wandertour durch den Kongo-Rouge auf der Hauptinsel Mahé, stürzte eine meiner Teilnehmerinnen schwer beim Ueberqueren des Kongo Rivers. Obwohl die riesigen Granitblöcke die wir überqueren mussten, weder glitschig noch moosig waren, stürzte Hilda, wobei, wie sich später im Spital herausstellte, ihre Kniescheibe völlig zersplittert wurde. Als zwei männliche Gruppenmitglieder ihr beim Aufstehen behilflich sein wollten, schrie sie auf vor Schmerzen und verlor sogar für kurze Zeit das Bewusstsein, da half nichts, ich musste Hilfe organisieren. Es war noch nicht die Zeit der Handy`s und mir blieb nichts anderes übrig, als ins nächste Dorf zu spurten. Ich wusste, dass in Grand Anse eine Polizeistation war. Fritz und Daniel, die zwei Helfer, blieben bei Hilda, den Rest der Gruppe schickte ich auf dem von mir früher schon markierten Weg hinunter zum Bus, damit sie unserem Fahrer Michel Bescheid sagen konnten!
Da ich die Gegend gut kannte, nahm ich eine Abkürzung und rannte, so schnell es eben ging, durch dorniges Gestrüpp. Ich war noch nicht weit gekommen, als ich laute Stimmen hörte und bald schon kam ich bei einer Gruppe von Waldarbeitern an. Nachdem ich vom Unfall erzählte, brachte mich der Forstingenieur, ein Engländer in einem Jeep, zur Polizeistation.
Dort erklärte ich dem Offizier was mein Problem war und spontan entschloss er sich, mit mir zurückzugehen, um die Frau zu evakuieren. Ich musste ihm klar machen, dass wir eine Tragbahre und mindestens vier kräftige Männer brauchten da die verunfallte Frau weit abseits des befahrbaren Weges im Urwald lag und gegen 100 kg wog! Da meinte er doch allen Ernstes, warum nicht ich hingefallen sei, mich hätte er einfach über die Schultern legen können!
Die Evakuierung war der absolute Horror, kaum hatten wir Hilda auf der Bahre, brach diese an einer Seite und Hilda fiel fast hinunter, was ihr wahnsinnige Schmerzen bereitete. Notdürftig wurde die Bahre mit frisch abgehackten Aesten geflickt, weitere Bäume mussten gefällt werden um mit der Bahre durchzukommen. Immer wieder mussten die schweratmenden Männer anhalten, um etwas zu verschnaufen, aber irgendwie schafften sie es bis zum Weg, wo der Polizei-Jeep stand und Hilda wurde auf den Beifahrersitz gehievt, wiederum unter unsäglichen Schmerzen.
Bei der Polizeistation angekommen, die einheimischen und meine beiden Schweizer Helfer mussten den Weg zu Fuss machen da im Jeep natürlich nicht für Alle Platz war, konnten wir die Ambulanz aus Victoria, der Hauptstadt der Seychellen und Sitz des Spitals, aufbieten. Es dauerte aber über eine Stunde bis sie endlich erschien.
In der Zwischenzeit traf unser Bus mit der Gruppe bei der Polizeistation ein, ich schickte Alle zum bestellten Mittagessen bei Marie Antoinette und bat Michel, meinen Fahrer, sich gut um die Gruppe zu kümmern und sie anschliessend ins Hotel zu bringen. Seit Jahren arbeiteten Michel und ich zusammen und ich war sehr froh, in ihm einen äusserst zuverlässigen und immer hilfsbereiten Freund zu haben.
Die Röntgenbilder im Spital sprachen eine eindeutige Sprache, es sah sogar für mich als Laie schrecklich aus, die Kniescheibe wies mehrere Risse und Abbrüche auf! Vom Arzt befragt, wie denn das hätte passieren können, erfuhren wir von Hilda, dass sie nur wenige Wochen vor Ferienbeginn das andere Knie operieren lassen musste und eigentlich noch nicht hätte in Wanderferien gehen dürfen! Innerlich kochte ich vor Wut, das war doch der Gipfel von Dummheit und auch rücksichtslos gegenüber der ganzen Gruppe! Für mich bedeutete es, in mühsamen Telefonaten unsere Versicherung, die Elvia, zu kontaktieren und die Repatriierung in die Wege zu leiten. Ich musste aber zuerst dem behandelnden Arzt beim Eingipsen des Beines behilflich sein, weichte die noch trockenen Knäuel der Gipsbandagen im Wasser auf und übergab einen nach dem Anderen dem Arzt. Um nicht stundenlang das Bein mit dem nassen Gips halten zu müssen (um was mich der Arzt gebeten hatte), bastelte ich mit Hilfe von Harrassen und einer Kartonschachtel, aus der ich ein halbrundes Loch ausschnitt um das Bein hineinzulegen, eine Art Gestell. Dann liess ich Hilda in der Obhut des Spitals und liess mich per Taxi ins Hotel fahren! Ich brauchte dringend eine Dusche und gegessen hatte ich seit dem Frühstück auch nichts mehr!
Gegend Abend, nachdem ich mehrmals mit der Schweiz telefonierte, meine Firma musste informiert und Adresse, Telefonnummer und Name des behandelnden Arztes der Elvia mitgeteilt werden, packte ich einige Sachen für Hilda zusammen und machte mich wieder auf den Weg zum Spital.
An der Reception des Coral Strand Hotels wusste das ganze Personal vom Unfall und übergab mir eine grosse Schüssel voll tropischem Fruchtsalat und ein wunderschönes Gesteck mit Orchideen, das ich Hilda überbringen sollte!
Als ich sie antraf, sie wurde in der Zwischenzeit auf die Station gebracht, lag sie immer noch in ihrer Wanderkleidung auf ihrem Bett und weinte! Es war ihr unglaublich peinlich, sie hatte sich in die Hose gemacht!
Ich half ihr also, sich zu entkleiden, organisierte warmes Wasser und half ihr auch, sich zu waschen. Dabei erfuhr ich, dass auch sie absolut nichts zu essen und zu trinken bekommen hatte! Offensichtlich wird auf den Seychellen erwartet, dass die Familie sich um diese Dinge kümmert! Also machte ich mich auf, etwas Essbares zu organisieren. Der Fruchtsalat war ja eher als Dessert gedacht. Der Inder im winzigen Laden gleich um die Ecke, hatte ein Einsehen. Obwohl er bereits geschlossen hatte, gab er mir einige Samosa`s und zwei grosse Flaschen Mineralwasser mit und wollte partout kein Geld annehmen, nachdem er erfuhr, was passierte!
Wegen der schlechten Verbindung und der Sprachschwierigkeiten wurde ich noch um zwei Uhr nachts von einem Schweizer Arzt aus dem Schlaf gerissen, da er unbedingt Auskunft über den Grad der Verletzungen haben musste, den behandelnden Arzt aber nicht erreichen konnte. Immer wieder brach ihre Verbindung ab! Da ich ihm die Röntgenbilder so gut es ging beschrieb, wusste er, dass die Frau so schnell wie möglich nach Hause in ein Spital gebracht und operiert werden musste. Das sollte aber erst drei Tage später der Fall sein, da nicht jeden Tag ein Flugzeug aus Europa auf den Seychellen landet.
Die Solidarität innerhalb der Gruppe war grandios, jeden Morgen vor den Wanderungen oder Besichtigungen besuchten wir Hilda im Spital, brachten ihr aus der Hotelküche die schmackhaftesten Leckerbissen und munterten sie auf. Auch am Nachmittag, bevor wir ins Hotel zurückkehrten, schauten wir nochmals im Spital vorbei! Schlussendlich ging Alles gut, Hilda wurde von einer Krankenschwester abgeholt, in der Schweiz operiert und bekam eine nigelnagelneue Knieschneibe!
Und wie es der Zufall manchmal so will, erfuhr ich einige Monate später von meiner Mutter, dass Hilda sich gut erholt hatte und bereits wieder kleinere Wanderungen unternahm. Die Beiden kannten sich nämlich, sie arbeiteten während vieler Jahre in derselben Firma und trafen sich anlässlich der Senjoren-Versammlung an der Hilda meiner Mutter von ihrem Unfall auf den Seychellen erzählte. Ich hatte meiner Mutter natürlich nach Rückkehr von jener Tour in allen Einzelheiten vom Unfall erzählt, so dass sie bestens im Bilde war. Scheinheilig fragte sie Hilda, ob die Reiseleiterin Esther geheissen hätte, was diese erstaunt bejahte, worauf meine Mutter sarkastisch meinte, dass diese Reiseleiterin ihre Tochter sei und bis heute auf ein Dankeschön warten würde! (Was übrigens bis heute nie kam!)
Machte ich also im australischen Outback denselben Fehler wie damals Hilda?
Im Bushcamping ging ich auf Holzsuche, denn zu jedem Stellplatz gehörte auch eine Feuerstelle mit Gitterrost und gusseisernen Klappen zum Kochen und Grillieren. Mein Galadinner bestand aus saftigem Hühnerschenkel, Kartoffeln- und Zwiebelscheiben (einige ziemlich gut gebraten und schwarz) und einem gemischten Salat. Ich bekam Besuch von einem Pärchen Lyrebirds, die unbekümmert nach Essbarem Ausschau hielten und mich neugierig beäugten! Noch nie habe ich ein so prächtiges Feuer zustande gebracht und war richtig stolz auf mich. Hatte ich wohl etwas übertrieben mit Holz auflegen? Am nächsten Morgen, als ich das Camp verliess, glühte es noch in der Feuerstelle!
Herrlich war die heisse Dusche, für die ich allerdings erst zwei Pfannen Wasser erhitzen musste! In das grosse Plastikbecken gab ich etwas Lavendelduschgel, wusch mich erst gründlich (ich stand nackt, mitten im Wald) und goss dann allmählich das Wasser über meinen Körper, nie habe ich duschen so genossen. Mit dem Frotteetuch rieb ich mich anschliessend kräftig trocken, zog meinen Trainingsanzug an, dicke Wollsocken und meine Outdoor-Windjacke und genoss noch meinen Gute-Nacht-Tee vor dem leider nur auf der Vorderseite wärmenden Feuer.
Ich wähnte mich alleine auf dem Platz, habe aber am Morgen einen 2. Frogli entdeckt, der wahrscheinlich irgendwann mitten in der Nacht ankam!
Nach so viel Busch und Abenteuer zog es mich doch wieder zur Küste hin, zu Wärme und Wasser. Die 350 Kilometer über Stanthorpe, Warwick und Ipswich nach Bribie Island unterbrach ich in Rosewood. Dieses Gebiet ist nur schwach besiedelt, Farmland wechselt sich ab mit Wäldern und einigen kleineren und unbekannteren National- oder Provincial-Parks! Brisbane liess ich links liegen, ich durchfuhr es auf der Stadtautobahn und konnte nicht viel von dieser Stadt sehen!
Und es war warm auf Bribie Island, tagsüber 28°, das Wasser des South Pacific herrliche 24° und auch nachts kühlte es nicht zu sehr ab. Die Insel ist über eine Brücke zu erreichen und gerade mal 63 Km2 klein, hat aber dennoch zwei grössere Ortschaften, Bongaree und Woorim, in dem ich auf einem Top-Tourist CG den letzten freien Platz ergatterte. Zuvor klopfte ich schon vergebens auf zwei anderen Plätzen, die völlig ausgebucht waren, an. Woorim liegt am Ende der Insel und ist wesentlich ruhiger als das überquellende Bongaree mit seinen vielen Lokalen und Bars.
Ich war glücklich, wiederum ein langer und sauberer Sandstrand an dem ich durch Life-Guards gesichert, ruhig schwimmen konnte. Nachdem ich drei Tage im Busch verbrachte und ohne Network war, hörte ich auch nichts Neues von Geoffrey. An diesem Abend hatten wir uns deshalb viel zu erzählen und unser Telefongespräch dauerte lange. Gegen 22 Uhr rief ich noch Jacqueline an, sie war den ganzen Tag im Büro da sie über das vergangene Wochenende Besuch aus London hatte und deshalb nicht wie üblich, am Montag zur Arbeit ging. Sie hat ein Teilzeit Arbeitspendum von 50% auf der Gemeindeverwaltung. Ich unterhielt mich auch lange mit meinem Schwiegersohn Hansruedi, unser Hauptthema – Motor-Homes! Er wird die entsprechenden Frühjahrsmessen besuchen und Unterlagen für mich besorgen, ich möchte mir unbedingt nach meiner Rückkehr in die Schweiz einen Camper poschten!
Auf dem Weg zum Strand kam ich am nächsten Morgen an einem Second Hand Shop vorbei, wollte nur kurz reinschauen und kam mit einer Riesentüte wieder raus. Darin befanden sich ein blau-weiss-schwarz gemustertes Hemd für Böbi, ein fein kariertes Hemd für Geoffrey, ein Katzenpulli für meine katzenverrückte Freundin Esthy, für mich eine kurzarm Bluse, 2 T-Shirts, ein Paar Sandaletten nach dem letzten Schrei mit Blumen, Muscheln und Glitter dekoriert- und all das für gerade mal 8$! Ich wollte das Zeug ja nicht mit zum Strand schleppen und ging deshalb wieder zum Camper zurück. So konnte ich dann den vergessenen CD-Player auf meine Strandwanderung mitnehmen, ich legte Offenbachs Orpheus in der Unterwelt ein, denn ich war richtig süchtig nach dieser Musik. Bei mir ändert sich die Lust auf bestimmte Komponisten je nach Stimmung, abends höre ich oft Beethoven, die 5.,6., 7. oder 9. Symphonie, auch Chopin, Liszt, oder Händels Wassermusik und the Best of Grieg mag ich auch sehr. Tagsüber, während des Fahrens rockts schon mal in meinen Kopfhörern oder die Platters bringen mich fast zum Heulen mit ihrem wunderbaren „Only you“, Elton John, Andrea Boccelli, Michel Sardou, Charles Aznavour und Edith Piaf, von der ich eine CD mit Konzertaufnahmen in Sydney erstanden hatte, und auch Ray Charles und Gershwin kamen mit auf die grosse Reise! Als ich auf Tasmanien`s Gravelroads fast verzweifelte, hatte mich die Sufis Visions beruhigt, indem ich diese CD mehrmals hintereinander anhörte und inbrünstig gehofft und gebetet hatte, die Batterien im Player mögen durchhalten bis zum nächsten Shop!
Im letzten Winter besuchte ich in Uster ein wunderschönes Adventskonzert mit der Compagnia Rossini und kaufte mir spontan ihre CD, die ich viele Male schon einlegte und bei den meisten Liedern mitsingen konnte.
Beim Schwimmen im Meer realisierte ich, dass ich ein Problem hatte, ein riesengrosses sogar, ich kann nicht nichts tun, kann nicht wirklich einfach mal faul sein, immer geht es bei mir um Leistung, auch im Wasser! Anstatt auf dem Wasser zu liegen und den Wellengang mitzumachen, setzte ich mir schon wieder ein Ziel- 20 Minuten stramm schwimmen, gegen die Strömung, damits auch was bringt, Training sozusagen! Genauso ist das beim Spazieren – ein forsches Tempo und mindestens bis zur Biegung weit voraus am Horizont die kaum mehr auszumachen ist. Am Abend jeweils, wenn ich keine Karten studierte oder Pläne machte, schrieb ich stundenlang. Sass ich draussen, musste ich schnell mein Strickzeug holen, nur ja nicht „nichts tun“! Elke Heidenreich kam mir in den Sinn, sie hatte über dieses Thema einst eine wundervolle Kolumne geschrieben, in der sie genau dieses, mein Problem beschrieb. Ihr erging es scheinbar früher genauso, bis sie herausfand, dass sie sich von der Gesellschaft nichts mehr einreden liesse und fortan auch mal faul sein dürfe!
Geoffrey hatte an diesem Tag ein grosses Dinner mit viel Prominenz von dem er mir ein Quick-Call, wie er es nannte, gab, um mir zu sagen, wie sehr er mich vermisse und wie sehr er mich liebe! Ich verstand ihn kaum, rund um ihn müssen hunderte von Duddelsackspieler geblasen haben und es war unheimlich laut! Ich habe es vorgezogen, ihm ein SMS zu senden, schlicht – I love you! Nur Augenblicke später kam`s zurück, I love you too, meine Antwort darauf: I love you twice as much tomorrow, I love you more than I can say. Es dauerte zwei Minuten bevor es kam: Do you love me, yes or no, tell me please, I gotta know, are you out to make me cry, are you with some other guy?
Es ist unglaublich, er kennt einfach jeden Song der verschiedensten Stilrichtungen, der je in den 60igern und 70igern geschrieben wurde, wir sangen viel zusammen und haben viel gelacht während des gemeinsamen Reisens!
Auf der Fahrt dem Bruce Hwy. entlang machte ich einen Abstecher zu den Glass-House-Mountains und bereute das überhaupt nicht! Es handelt sich dabei um weit auseinander liegende Berge mit bizarren Formen, Ueberreste einer einst starken vulkanischen Tätigkeit. Vom Glass-House-Lookout geniesst man die beste Sicht, 360° Rundumsicht auf die etwa 8 der nocht nicht gänzlich der Errosion zum Opfer gefallenen Berge, die so schöne Namen haben wie Tibrogargan, Coonowrin, Coochin! Ueberhaupt ist der ganze Tourist-Drive No.24 von Caboolture bis Landsborough unglaublich schön und die Namen der Berge und Orte wundervoll!
Auf dem langen Weg nach Gladstone, wo ich einen 2-Nächte-Halt einlegen wollte, landete ich erst für eine Nacht in Maryborough auf einem CG der direkt am Mary River liegt und nach der Beschreibung alle modernen Einrichtungen plus gut bestückter Campers Kitchen aufweisen sollte! Nur, die Realität sah etwas anders aus, vom River keine Spur, der floss unterhalb eines steilen Bordes und abgesperrt durch einen hohen Drahtzaun mit Stacheldraht und war wegen den Bäumen und Buschwerk nicht zu sehen, die Küche war ein Unterstand mit einer einzigen BBQ-Platte in die man erst noch 1-Dollar Coin einwerfen musste und in einer Ecke ein schmutziger Abwaschtrog, sah Alles ein bisschen verlottert aus! Am Abend spazierte ich in den nahegelegenen Ort und leistete mir im Einkaufscenter im Take-Away einen Big-Burger!
Hervey Bay ist der beste Ausgangspunkt, um Fraser Island, die gänzlich unter Naturschutz steht, zu besuchen. Der Haken dabei ist, dass wer mit dem eigenen Fahrzeug mit der Fähre rüber will, ein Allrad-Gefährt haben muss! Da kam mein Frogli natürlich nicht mit! Es gibt aber viele Anbieter die Ausflüge mit Uebernachtungen in einem der vielen Resorts anbieten. Mir war das aber zu teuer, ich wollte mein Geld horten um eine der Whitsundayislands zu besuchen.
Nach Empfehlung eines Camping-Nachbarn habe ich mich im Tannum Sands Caravan Park in Gladstone eingemietet, der noch schöner als der Beschrieb war. Ganz am Ende der Esplanade gelegen, also völlig ruhig und nur durch eine Baumgruppe vom Meer getrennt, mit wundervollen alten Bäumen die den nötigen Schatten spendeteten. Die Vegetation hatte sich stark verändert, viele mir bekannte Bäume und Sträucher der Tropen ergänzten die immer noch reichlich vorhandenen Eukayptenarten. Flamboyant, Rotholzbaum, Alamanda`s und Ixoren, in den Gärten leuchten Bougainvilleas, Ingwer und Heliconien. Auch die Wälder sind immer mehr auch mit Palmenarten bestückt, die Temperaturen stiegen kontinuierlich bis 28° an. Zwei lange Tage habe ich das Dolce-far-niente gepflegt, ich habe es fast geschafft, das Faulsein! Sonnenbaden, schwimmen - nicht weit hinaus, nur wenig gewandert, kein Fröschlein gereinigt, nur ganz wenig geschrieben, ein klitzekleines Stück nur gestrickt, dafür mit meinen Nachbarn Reiseerinnerungen ausgetauscht und wieder viele gute Tips bekommen. Hatte ein nettes Schweizerehepaar, die ihr 10-monatiges Enkelkind mitdabei hatten, kennengelernt und erfahren, dass sie die Kleine für 3 Wochen hüten würden , damit deren Eltern (ihren Sohn mit Frau, die vor 2 Jahren auswanderten und hier in der Nähe eine Farm kauften) wieder einmal für Ferien in die Schweiz fliegen konnten!
Geoffrey rief mich mindestens zwei bis dreimal pro Tag an um mit mir zu diskutieren, was er alles mitbringen solle um unsere Reise in den Tropen (nördlich von Cairns) so angenehm wie möglich zu gestalten. Er wollte unbedingt sein Zelt mitbringen, damit wir in heissen Nächten draussen schlafen könnten, es wäre wesentlich luftiger und kühler als im geschlossenen Camper! Dann ein Anruf wegen Luftmatrazen, Moskitonetzen, Radio- und CD-Player, wo nur sollten wir das alles verstauen? Ich schlug ihm vor, einen Dachträger zu kaufen- und er hatte verstanden! Ich hoffte es wenigstens.
Ein Tip eines Campers, eine Nacht im CP von Clairview zu verbringen, war wahrscheinlich gut gemeint, kam für mich aber nicht in Frage da er direkt an der Bahntrassee und 10 Meter neben dem stark befahrenen Hwy. lag. Es sollte noch einen CG auf dem Weg nach Sarina geben und der lag eingebettet in Zuckerrohrfeldern in der Nähe Carmila`s. Nachdem ich innerhalb von 10 Min. vor lauter Moskitostichen nicht mehr wusste, wo zuerst kratzen, habe ich das Geld für den bereits bezahlten Stellplatz zurückgefordert und auch anstandslos bekommen und bin nach Sarina gefahren, wo es gemäss Campingführer zwei Plätze geben soll. Der Eine war aber nur für Daueraufenthalter vorgesehen und der Andere existierte nicht mehr! Wegen zu geschlossen -, da blieb mir nichts anderes übrig als bis Mackay weiterzufahren.
Um nicht noch mehr Leerläufe zu machen, ging ich als Erstes ins Visitor Center das direkt am Hwy. bei der Einfahrt in die Stadt lag. In der Stadt selbst gibt es 4 Plätze, einen Big 4 an einer Beach der sehr teuer war (den wollte ich mir aufheben, wenn Geoffrey wieder bei mir war), zwei, die direkt am Hwy. lagen und nicht in Frage kamen, und noch den Undergrove Van Park, der in Beacon, ziemlich weit draussen im nowhere, lag. Also weiter, nach Black Sands – tönt doch gut-, 15 Kilometer nördlich von Mackay, und direkt am Meer gelegen! Beim Einchecken realisierte ich, dass mir 4 Nächte in Mackay blieben bis Geoffrey ankommen würde.
Der Seawind CG sah etwas heruntergekommen aus, weshalb ich vorerst nur für zwei Nächte buchte. Direkt vis-a-vis meines Standplatzes stand ein Camper von Apollo und mein Gefühl sagte mir, dass es sich bei den Leuten um Schweizer handeln könnte, und so war es auch! Als die Beiden mein Schweizerkreuz am Fenster von Frogli entdeckten, kam Nathan, nachdem ich Frogli in mehreren Anläufen auf dem betonierten Platz einparkte, näher, um sich vorzustellen und gleich zu einem Glas Wein nach dem Abendessen einzuladen. Er war mit seiner Frau Jeanette seit vier Monaten unterwegs, zwei davon in Neuseeland und die letzten zwei in Australien. Ihre 5 Kinder, das Jüngste 18, sind teilweise schon ausgeflogen, sie waren eine richtige Patchwork-Familie. Als sie vor 10 Jahren heirateten, brachte Jeanette drei- und Nathan zwei Kinder aus früheren Ehen, mit in die Ehe, erzählte mir Jeanette. Sie war es auch, die mittels eines Labtops und einer Digitalkamera ihre Reise in allen Einzelheiten dokumentiert und wie ich fast jeden Abend viel Zeit dafür investiert!
Wir verbrachten einen sehr gemütlichen Abend und ich genoss es, wieder einmal so richtig züritütsch plappern zu können. Nathan hatte von einem der Dauercamper erfahren, dass dieser Campingplatz für 6 Millionen$ verkauft wurde und nur noch bis Juli existierte. Solche Geschäfte schienen an der Tagesordnung zu sein, Investoren bezahlen jeden Preis für Grundstücke mit Meeranstoss, deshalb verschwinden immer mehr Campingplätze rings um Mackay, das in den letzten 10 Jahren eine rasante Entwicklung erlebte. Von einem kleinen Landstädtchen, in dessen Umland vorwiegend Zuckerrohr angepflanzt wurde, mauserte es sich zu einer halbmondänen Touristenstadt mit brandneuem Hafen und wird jährlich von über 1,5 Mill. Gästen besucht!
Vom Wein gingen wir später zum Whiskey über, der mich mangels Gewohnheit in eine heitere Stimmung versetzte. Als Geoffrey anrief, ausgerechnet an diesem Tag erst nach 21 Uhr, war ich sehr fröhlich und wir alberten und lachten viel und Geoffrey freute sich, dass ich in so guter Stimmung war und hatte vollstes Verständnis an meiner Freude, mit so netten Landsleuten zusammenzusitzen.
Leider reisten Nathan und Jeanette am Donnerstag Richtung Cairns weiter und da sich das Visitor Center, das sie besuchen wollten, in der entgegengesetzter Richtung befand, überliess ich ihnen die Unterlagen der verschiedenen National-Parks, die ich am Vorabend dort gesammelt hatte. Sie waren dankbar, den Umweg nicht machen zu müssen.
Den Samstag Morgen verwendete ich zum Grossreinemachen, Polster, Bettzeug, Stühle und Tisch, alles musste raus an die Sonne, dann wurden sämtliche Kästchen, Schubladen und Lagerräume ausgeräumt, gereinigt und wieder eingeräumt – erstaunlich, ich hatte nach dieser 3-stündigen Aktion viel mehr Platz und Frogli blitzte vor Sauberkeit!
Die grossen Einkäufe um den Kühlschrank zu füllen, hatte ich am Freitag nach dem Besuch des botanischen Gartens erledigt, es fehlten nur noch die Meeresfrüchte und der Fisch für die Paella, die ich zur Feier des Wiedersehens mit Geoffrey zubereiten wollte und die ich auf dem Weg zum Airport ganz frisch einkaufen wollte.
Ich hatte den Seawind CG gegen den Big 4 ausgewechselt, ein sauberer und grosszügig angelegter Platz und viel näher beim Airport. Die Stunden bis zu Geoffreys Ankunft, die auf 16.15 geplant war, schlichen dahin und ich fand mich viel zu früh auf dem Airport ein, musste fast eine Stunde warten bis endlich die Maschine der Virgin Blue von Brisbane kommend, landete. Die Sicherheitskontrollen waren nicht sehr streng und kaum stieg Geoffrey die Treppe der Maschine hinunter, lagen wir uns auch schon in den Armen. Ein unglaublich schöner Moment den wir seit 12 Tagen herbeigesehnt hatten, seit dem Moment, als er mir mitteilte, dass er am 6. Mai nach Mackay fliegen werde. Wir liessen uns während des Wartens auf das Gepäck kaum los.
Als Ueberraschung hatte ich für unsere erste gemeinsame Nacht, nach der fast 3-wöchigen Trennung, eine Villa auf dem Caravan Park gemietet. Viele der grösseren Caravan Parks bieten verschiedene Uebernachtungsmöglichkeiten an, vom einfachen Zeltplatz zu Motorhome-Stellplätzen mit Wasser- und Elektro-Anschluss, von einfachen Cabins bis zu Villen mit eigenem Bad, Schlafzimmer und Küche mit gemütlicher Sitzecke. Die Preise varieren zwischen 10 und etwa 130 $, wobei die Plätze, die touristisch gut gelegen sind, während der Schulferien die Preise massiv erhöhen.
Als wir in den Park einfuhren, liess ich Geoffrey die Augen schliessen und erst nach Anhalten vor unserer Villa wieder öffnen. Er war sehr gerührt und bekam ganz feuchtglänzende Augen, lange standen wir ganz fest aneinandergedrückt da und genossen die Nähe des Anderen. Es war ein ganz wunderbarer Abend den wir verbrachten, erst der Apéro mit Weisswein und kleinen Häppchen (ich hatte möglichst viel vorbeireitet, Zwiebeln, Knoblauch und Peperoni für die Paella klein geschnitten, den Salat fertig gerüstet, das Dressing zubereitet) und später die gelungene Paella mit den herrlich frischen Miesmuscheln, Jakobsmuscheln, Calamaren, Scampis und Salm, dazu ein wunderbarer Shiraz aus dem Hunter Valley. Und dann kam der grosse Moment des Zubettgehens, wir standen lange gemeinsam unter dem warmen Wasserstrahl in unserer Dusche, haben uns gegenseitig eingeseift, die allerintimsten Zonen noch ausgelassen. Es war schon fast nicht mehr zum Aushalten und vor lauter Auf- oder Erregung schluckte ich viel Wasser! Und dann lagen wir, noch halb nass- die Zeit zum Abtrocknen blieb einfach nicht mehr, auf dem herrlichen, breiten Bett und liebten uns. Geoffrey war ein sehr potenter Liebhaber in dieser Nacht und hat sich völlig auf mich eingestellt, noch nie hatte ich so eine Nacht verbracht, ich war denn auch ein bisschen wund gescheuert, aber welche Frau hätte das nicht gerne hingenommen!
Ich sass direkt am Rande eines steilen Abgrundes und konnte weit ins Land hinausschauen, wir befanden uns seit Sonntag, dem 7. Mai im Eungella NP (Jungla ausgesprochen) im Pioneer Valley, es soll das Gebiet mit dem grössten zusammenhängenden Regenwald sein. Es ist fast unwirklich schön und die Wanderungen, die Geoffrey und ich machten, werden mir immer in Erinnerung bleiben. Am Tag zuvor entschieden wir uns für die Wanderung in der Finch Hatton Gorge, zwei Stunden durch den schönsten Regenwald den man sich vorstellen kann, mit riesigen Farnbäumen, Latanierpalmen, Pandani, uralten Ficus- oder Würgefeigen, Eukalypten und den an den Stämmen hochkletternden Philodendren (übersetzt- Baumfreund, dabei können sie ganze Bäume zum sterben bringen) und bunte Epiphyten wie Bromelien und Baumorchideen, Farne, wie das Elchfarn, das bis zwei Meter in die Breite wachsen kann, völlig mit Flechten und Ipomeas eingepackte Bäume! Zum ausflippen schön!
Die Wanderung zum Platypus Pool brachte endlich die Sichtung der immer wieder gesuchten Platypuses- ich habe sie gesehen- eine ganze Familie von Platypussis, Mutter mit ihren zwei Jungen um sie herumschwimmend und beschützend der Vater. Wir waren ganz alleine unterwegs und bewegten uns langsam und fast lautlos, das mag der Grund dafür gewesen sein, dass sich die Tiere so nahe dem Ufer aufhielten, tauchten und wieder an die Oberfläche zum Atem holen kamen. Ich hatte mir die Tiere grösser vorgestellt, tatsächlich waren sie relativ klein, mit Schwanz nur etwa 40 Zentimeter lang!
Ganz in der Nähe konnten wir zwei scharrende wilde Waldtruthähne beobachten, eine bedrohte Tierart, es war eindeutig unser Tag! Auf dem grossen Creton Loop sichteten wir mehrere Adler und die seltene braune Haubenwaldtaube die wir aus kurzer Distanz beobachten konnten. Die Luft war feucht und ein muffiger Duft umgab uns und errinnerte mich an die Wälder in Costa Rica!
Costa Rica
Dort durfte ich für Baumeler zweimal eine der schönschten Touren im Wanderprogramm der Firma leiten. Peter, ein junger ausgewanderter Schweizer der mit einer CostaRicanerin verheiratet war, begleitete mich und die Gruppe. Er machte quasi eine Lehre und sollte später die Gruppen selbständig führen. Er war wie ich ein begeisternder Naturfreund und kannte sich in der einheimischen Flora bestens aus. Mit der Geschichte des Landes haperte es allerdings, aber er hat sich in den folgenden 2 Jahren gut informiert und wurde als Reiseleiter sehr geschätzt. Ob ich es wohl schaffe, nochmals Costa Rica zu besuchen?
In Susannes Café im Dorf Eungella bestellte Geoffrey doch tatsächlich Frankfurter Würstel mit Sauerkraut und ich fragte mich, ob er sich schon auf Europa vorbereiten wollte! Susanne ist eine sehr charmante Deutsche und ihre ganze Liebe gehört ihrem riesigen Garten, den sie mit vielen Objekten wie Tieren und Figuren, die sie mit farbigen Glasplättchen verziert, versehen hat. Ueberall funkelt und glietzert es, man darf ungeniert durch die schmalen Wege spazieren um ihre Kunstwerke zu bewundern.
Am Nachmittag dieses Tages sass ich also an meinem Campingtisch an diesem traumhaft schönen Ort auf dem Campground oberhalb des Ortes, fabelhaft und grandios die Sicht über das offene Pioneer Valley. Nachdem ich brav fast zwei Stunden an meinem Tagebuch geschrieben hatte, waren Geoffrey und ich für ein Bierchen in den örtlichen Pub spaziert. Es war herrlich zu sehen, wie schnell und ungezwungen die Aussies (natürlich auch die Tassies, Die aus Tasmanien) miteinander in Kontakt kommen. Oft reicht ein „Hi Mate“, und schon beginnt eine rege Unterhaltung, die schnell auch sehr persönlich sein kann. Ein Bekannter, Bruce, aus Geoffrey`s Zeit als Instruktor in Canberra, stand an der Theke, die Beiden hatten sich seit mehr als 10 Jahren nicht gesehen und freuten sich, sich so unverhofft zu treffen und hatten sich viel zu erzählen. Dabei erfuhr ich, dass Militärdienst in Australien freiwillig ist und wie jeder andere Beruf auch, erlernt wird. Für eine höhere militärische Laufbahn schreiben sich die jungen Männer an der Militärakademie ein, was einem eigentlichen Studium entspricht. Während Kriegszeiten kann das Parlament allerdings eine allgemeine Militärpflicht ausrufen, was bedeutet, dass alle jungen Männer zwischen 18 und 20 Jahren, die körperlich und geistig gesund sind, eingezogen werden können und in militärischen Camps, die über das ganze grosse Land verteilt sind, zu Soldaten ausgebildet werden.
Um weiter zu kommen gibt es keine andere Möglichkeit, als auf gleicher Strasse zurück bis kurz vor Mackay zu fahren. In Marian zweigt eine Nebenstrasse links ab die später wieder auf den Bruce Hwy. trifft.
Wir wollten unbedingt eine der 74 Whitsundayinseln besuchen und suchten uns deshalb einen Caravan Park in der Nähe von Airlie Beach, den Flame Tree CG aus. Dieser lag allerdings direkt an der Piste des Domestic Airports. Der Platzwart versicherte uns aber, dass bei einfallender Dunkelheit der Flugbetrieb eingestellt würde, was sich später tatsächlich als wahr herausstellte. Am Mittwoch, dem 10. Mai haben wir einen geruhsamen Flohnertag eingeschaltet, haben etwas länger geschlafen, ausgiebig gefrühstückt und gegen 11 den Ortsbus ins betriebsame Airlie Beach genommen. Während Geoffrey die Luxus Yachten bewunderte, sass ich eine gute Stunde in einem Internet-Café, schaute nach, wie es meinem Bankkonto geht, habe mich über Hotels in Darwin erkundigt und mich über Bootstouren zu den Whitsundays informiert. Wir haben uns schliesslich bei einem Capuccino in einem der vielen Strassencafé`s an der Esplanade für die „Mataray“, ein eher älteres Schiffsmodell mit maximal 35 Personen Fassungsvermögen, entschieden!
Früh am Donnerstagmorgen, gegen 7, wurden wir mit einem Kleinbus zum Hafen in Airlie Beach gefahren, wo uns Jane, eine attraktive Frau in den 40igern, in superkurzem Mini in Empfang nahm und uns zu unserem Schiff begleitete. Das war auch nötig, denn im neuen Yachthafen, der noch nicht einmal ganz fertiggestellt war, überall standen hohe Gitterwände als Absperrungen, gab es verwirrend viele Hauptstege und von diesen wiederum noch mehr Nebenstege, die zu den verschiedenen Ausflugsbooten führen.
Zur Begrüssung gab es schon mal Tee, und beim Aufnehmen unserer Personalien, das wurde äusserst genau vorgenommen, und brauchte bei meinem ungewöhnlichen Nachnamen Geuggis- wer heisst denn schon Geuggis? seine Zeit! Dabei lernten wir auch gleich Terry kennen und wegen seines Akzentes vermutete ich den Franzosen dahinter. Wir Beide unterhielten uns denn auch den ganzen Tag über in französisch, was uns beiden sehr viel Freude bereitete. Terry war glücklich, sich wieder einmal in seiner Muttersprache unterhalten zu können, lebte er nun doch schon seit 6 Jahren in dieser Gegend und hatte wenig Gelegenheit, französisch zu sprechen! Er ist ausgebildeter Tauch- Surf-, Paragliding- und Ueberlebens-Lehrer und wie er berichtete, kommen sehr wenige seiner Landsleute nach Airlie Beach.
Unsere morgendliche Fahrt brachte uns erst zur grössten der Whitsundayinseln und an den White Haven Beach. Jane voran in forschem Tempo, führte uns durch Mangrovenwald in einem 20-minütigen Fussmarsch zum Lookout, der aber so überfüllt mit Touristen von den unzähligen Booten war, dass ich ausser verschwitzten T-Shirts, den winzigsten Bikini`s und viel Fleisch, von der sagenhaften Beach ganz einfach nichts zu sehen bekam! Es herrschte ein unglaubliches Stimmengewirr in den verschiedensten Sprachen dieser Welt und dementsprechend waren auch die Gesichter, grosse schwarze Augen in braunen Gesichtern indischer Abstammung, hellhäutige Japaner, Chinesen mit kaum sichtbaren Aeuglein, rothaarige mit sommersprossen versehene junge Leute die vermutlich aus dem fernen England oder Irland herkamen. Ich tröstete mich damit, dass wir nach dem kurzen Abstieg am herrlichen Strand mit schneeweissem Sand, so fein fast wie Mehl, bleiben durften und somit Zeit hatten, ein herrlich abkühlendes Bad zu nehmen.
An einem der Stege nahm uns unser Schiff wieder auf und wir fuhren um eine der vielen Inseln in ein scheinbar gut geeignetes Gewässer zum Schnorcheln. Wir bekamen gummierte Tauchanzüge mit langen Beinen und Aermeln zum Schutz gegen die giftigen Quallen. Ueberall waren Behälter mit Essigflaschen aufgestellt, die man sofort nach dem Kontakt mit Quallen benutzen sollte.
Die Strömung erwies sich als stärker als vom Kapitän angenommen und er versprach uns, nach dem Lunch vor die kleine Hook Insel zu fahren. Mittlerweile hatte Jane und der Kapitän ein hübsch dekoriertes Buffet angerichtet und ich machte mich hungrig darüber her. Es waren alles leichte Gerichte, verschiedene Salate, grillierte Pouletschenkel, frische Früchte und knuspriges Fladenbrot, sodass dem Schnorcheln nach einer weiteren Fahrtstunde nichts mehr im Wege stand. Wieder in unsere Anzüge gezwängt, die Brille aufgesetzt und den Schnorchel im Mund, liessen Geoffrey und ich uns ins Wasser plumpsen und setzten uns schnell von der Gruppe ab. Bald waren wir über den farbigsten Korallenbänken die man sich vorstellen kann. Eine solche Vielfalt an Korallen hatte ich nicht erwartet, Mushroom-, Hirn-, Stern- und Schwammkorallen, die riesigen Shellmuscheln die ihre Schliesszacken öffneten und schlossen, türkis und blau schimmernde anmutige Anemonen, Seesterne und überall die sich in und zwischen den Korallenbänken aufhaltenden Fische. Einige davon waren mir durchaus von den Seychellen her bekannt, anderen war ich weder im indischen Ozean noch im roten Meer je begegnet. Einer der Höhepunkte war die Sichtung eines grossen, etwa 1,5 Meter langen Brassfisches mit seiner grünlich ledrigen und runzeliger Haut. Um seine Augen und Maul hatte er wunderschöne leuchtendblaue Muster und ich hatte den Eindruck, dass er uns aus seinen riesigen Augen freundlich anschaute. Er schwamm lange Zeit um uns herum, dann wieder neben uns her, tauchte unter uns ab um wenig später wieder in unser Blickfeld zu kommen, es war ein unbeschreibliches Glücksgefühl das mich erfasste, etwas so Wunderbares zusammen mit Geoffrey erleben zu dürfen! Ich schickte ein Dankgebet ins Universum!
Die zweistündige Rückfahrt in den Abend hinein genossen wir meist schweigend, wir sassen enganeinander gekuschelt auf dem Oberdeck, die Farben am Himmel wechselten von azur zu rosa bis hin zu tiefdunklem violett, es war wie ein Traum!
Nach drei Nächten Airlie Beach wollte ich nun zügig Richtung Cairns vorstossen und da wir schon gegen 21 Uhr im Bett waren (wir waren Beide nach Rückkehr von der Bootstour schon um 8 so müde, dass uns die Augen zufielen) standen wir frühzeitig auf und konnten schon kurz nach acht unsere Weiterfahrt antreten. Es hatte in der Nacht geregnet, ein richtig schöner Tropenregen, und Vorzelt, Stühle und Frotteetücher mussten halt nass verstaut werden. Ueber einen kleinen Umweg wollten wir in Ayr eine Schmetterlingsfarm besuchen die Geoffrey von seinen häufigen Kurzaufenthalten in der Militärbasis von Townville kannte. Da er sich nicht mehr genau erinnern konnte, wo sich die Farm befand, fragten wir im örtlichen Visitor Center nach. Leider mussten wir erfahren, dass der Besitzer vor wenigen Wochen verstarb und die Farm nur noch an Sonntagen besucht werden konnte und auch dann nur nach telefonischer Anmeldung. So machten wir bei Woolworth, der grossen Ladenkette, Halt, um unsere Einkäufe zu erledigen. Geoffrey wollte an diesem Abend ein Stir-Fried zubereiten und ich hatte vor, am nächsten Tag ein Ungarisch-Gulasch zu kochen. Jedes von uns sorgte für die entsprechenden benötigten Zutaten und unser Einkaufswagen füllte sich zusehends. Im um die Ecke liegenden Bottle-Shop deckten wir uns noch mit dem dazupassenden Rotwein ein, einem Cabernet Sauvignon, und die Fahrt konnte weiter gehen.
Ich sass für die ersten 130 Kilometer am Steuer, dann übernahm Geoffrey. Wir teilten uns nicht nur die Kosten sondern wechselten uns auch beim Fahren, Kochen, Aufräumen und Waschen regelmässig ab, wir waren mittlerweile ein richtig gut eingespieltes Team geworden!
Der Bowling Green Bay National-Park mit Mount Elliott war dann aber gar nicht nach Geoffrey`s Geschmack, es handelte sich um ein Bushcamping und sah nicht gerade einladend aus, weswegen wir weiter nach Townsville fuhren. Geoffrey erzählte mir, wie fürchterlich er diese Stadt finde, ugly, awful, dhirty, er hatte offensichtlich nicht die besten Erinnerungen daran. Ich hatte einige Mühe mit seiner negativen Sichtweise, fand ich doch das was ich beim Durchfahren der Stadt zu sehen bekam alles andere als hässlich. Unser CG in der Bowes Bay, 3 Kilometer ausserhalb der City und in der Nähe des Flughafens, lag wunderschön direkt am langen Sandstrand an dem wir einen kurzen Spaziergang machten. Geoffrey schien nicht in bester Laune zu sein, sprach kaum und spazierte, wie mir schien, ziemlich widerwillig neben mir her. Vielleicht der Mücken und Sandfliegen wegen, die uns fast auffrassen, dachte ich. Das von ihm zubereitete Stir-Fry schmeckte ausgezeichnet und ich hoffte, meine Komplimente würden ihn etwas aufmuntern. Das Gegenteil war aber der Fall, was mich dazu brachte, in Traurigkeit darüber zu verfallen, dass sich meine Kinder so wenig um mich scherten.

Gefühle - Gefühle
Von meiner Tochter Jacqueline hatte ich bis dato gerade mal zwei SMS und einen Anruf- von Böbi, meinem Sohn, zwei Anrufe bekommen. Ich war ja immerhin schon vier Monate unterwegs und hatte Beide schon mehrmals telefonisch über meine Reise informiert! Mein Herz blutete ob dem Gefühl, für sie so schnell abkömmlich zu sein. Das gleiche Gefühl der Verzweiflung hatte mich schon bald nach meiner Rückenoperation beschlichen, je besser ich mich erholte, je weniger fragten sie nach mir. Wollte ich Böbi sehen, musste ich ihn anrufen und zum Essen einladen, sonst hätte jeweils mindestens drei Wochen Funkstille geherrscht.
Ganz stark litt ich auch darunter, meine Enkel Enrico und Riccardo so selten zu sehen, denn nach der Scheidung meines Sohnes von Elena, seiner Frau, besuchen sie ihren Vater nur jedes zweite Wochenende und es ergibt sich eher selten, dass ich sie bei dieser Gelegenheit zu sehen bekomme. Obwohl der Kontakt zu meiner ehemaligen Schwiegertochter nie gänzlich abbrach, wurde ich nicht mehr wie früher als Babysitter aufgeboten. Ihre Eltern sind mittlerweile pensioniert und es ist natürlich naheliegend, dass Elena sich um Hilfe an diese wendet!
Bei Jacqueline hatte ich, noch an Stöcken gehend, wieder das Hüten von Joshua und Sahron an den Tagen, an denen sie arbeitet, übernommen. Das macht mir unheimlich viel Spass! Anna, die Mutter meines Schwiegersohnes, und ich, wechselten uns im Wochenrythmus ab, sodass jede von uns alle zwei Wochen im Einsatz steht. In der dazwischenliegenden Woche bekam ich aber oft nicht einmal einen Anruf von meiner Tochter.
Ganz schlimm war die letzte Adventszeit, nach meinem Sturz in Rom, bei dem ich die rechte Kniescheibe brach, musste ich wieder an Stöcken gehen und bat Jacqueline mehrmals, mich, wenn es ihr passen würde, zu Weihnachtseinkäufen zu begleiten, aber sie hatte scheinbar keine Zeit für mich! Das Gleiche passierte bei meinen mehrmaligen Einladungen zu einem Abendessen in einem australischen Outback-Restaurants. Ich hatte bei der Buchung meiner Australien Tour von Globetrotter einen Voucher für ein Gratismenue in einem dieser typischen australischen Restaurants bekommen, der dann allerdings ungenutzt verfiel!
Ich tat doch Alles für meine Kinder um ihnen beizustehen, Kinder hüten, waschen und bügeln bei Jacqueline, helfe bei Malerarbeiten und beim renovieren der Wohnung von Böbi, wo ich selbstverständlich nicht nur die Farbe, sondern auch den neuen Spannteppich und die Sockelleisten bezahlte. Ich fragte mich, ob ich mir vielleicht die Liebe meiner Kinder erkaufe, oder erwarte ich einfach zu viel von ihnen? Sollte ich ihnen nicht einfach einmal sagen, wie sehr auch ich sie brauche? Und wie sehr ich sie liebe? Und auch wie weh es tut, so lange nichts von ihnen zu hören? Es gehörte allerdings noch nie zu meinen Stärken, über meine Gefühle zu sprechen, was ich heute als Hauptgrund für das Scheitern meiner Ehe ansehe. Warum geht das nicht bei mir? Was hindert mich daran, zu sagen, wo mich der Schuh drückt?
So vieles ging mir durch den Kopf als ich in der Dunkelheit am Strand sass, an den ich mich buchstäblich flüchtete, nachdem Geoffrey barsch erklärte, diesen Abend nicht zu duschen (er hätte gerade so gut sagen können, er wolle keine Liebe machen) und früh ins Bett zu gehen.
Nach einer Stunde, in der ich im Sand sass, spürte ich, dass ich total von Sandflies zerstochen war, Füsse, Beine, Arme und selbst Gesicht und Hals, überall juckte es fürchterlich.
Geoffrey lag noch wach im Bett als ich zurückkehrte, murmelte aber nur ein kurzes good night und drehte sich auf die Seite.
Am nächsten Morgen auf der Fahrt nach Ingham, ich sass am Steuer, sprach er kaum, gab auf meine Fragen nur mit kurzem yea oder na Antwort. Wollte ich ihn auf irgendetwas Schönes aufmerksam machen, brummelte er nur und es wurde immer stiller zwischen uns.
In Ingham besuchten wir das italienische Festival, einige Stände mit kitschigen Nippes und Souvenirs und viele Buden mit angeblich echt italienischen Spezialitäten. Die Lasagne, die Geoffrey bekam, klebte pampig an der Gabel und sah in der Plastikbox nicht gerade appetitlich aus. Er versuchte dann noch die Pancakes mit Ahornsirup und Eis (ich wusste gar nicht, dass das eine ital. Spezialität war), die 2 cm dicke Teigmasse war so fade, dass ganz viel Sirup nötig war um das Zeug hinunterzuwürgen (ich habe mich allerdings gehütet, mich kritisch zu äussern). Am Aussehen vieler Festivalbesucher konnte ich deren italienische Abstammung deutlich erkennen. Italienisch sprechen hatte ich aber niemand gehört!
Ich hatte mich schon seit dem Aufstehen am Morgen nicht sehr wohl gefühlt und hatte starke Kopfschmerzen und bat Geoffrey, das Steuer zu übernehmen. Bildete ich mir nur ein oder machte er es tatsächlich nur sehr widerwillig? Auf jeden Fall dauerte das grosse Schweigen an, bis ich vorschlug, auf einem anderen CG im Bowen Green Bay Nationalpark zu übernachten und einen schönen, langen Spaziergang durch den Regenwald zu machen. Schon als wir auf die etwas holperige Strasse zum CG einbogen, fing er an zu meckern: wenn schon die Zufahrtsstrasse so schlecht unterhalten wird, (ich habe viele wesentlich schlechtere Strassen angetroffen) wie sehen dann erst die Toiletten und Duschen aus, meinte er. Als wir durch die Caravans und Motorhomes fuhren, liess er kein gutes Haar daran, an jedem und Allem hatte er etwas auszusetzen, der Mann, der vor seinem Zelt sass, war zu schmutzig, die Anderen zu laut, vom Toilettenblock wandte er sich angewidert ab- ohne wirklich einen Blick hinein getan zu haben. Ich sah ein, dass er hier unglücklich wäre und schlug ihm vor, nachdem ich die Karte studiert hatte, in einen schönen und teuren Caravan Park in Bowes zu fahren.
Ein wirklich gut geratenes Ungarisch-Gulasch und ein Glas Wein schienen ihn dann doch etwas aufgeheitert zu haben. Mir wurde aber immer komischer, ich spürte, dass ich Fieber hatte, mir tat alles weh und ich konnte mich kaum noch aufrecht halten. Geoffrey war so lieb und machte den ganzen Abwasch, er bereitete mir aber zuerst mein Bett zu, in das ich schon um 20 Uhr hineinsank. Die ersten Stunden schlief ich wie ein Stein, von Mitternacht an wurde es aber sehr mühsam, es war eh schon heiss und schwül und die Wärme von Geoffrey`s Körper (warum nahm er plötzlich ¾ der Bettfläche ein?) und die Hitze meines fiebrigen Körpers machten mir die Stunden zur Qual. Aber auch diese Nacht ging vorüber und als ich gegen 7 aufstand fühlte ich mich komischerweise viel besser, weshalb ich mich entschloss, das Fahren zu übernehmen.
Endlich ging es in die langersehnten Atherton Tablelands, die mir mein Bruder in den schönsten Farben ausmalte, nachdem er drei Jahre in Cairns lebte und mit einem selbstgebauten Aufsatz auf einem uralten Toyota-Göppel (Fahrzeug) mehrmals längere Zeit da oben verbrachte. Schon am Vortag sind wir durch Gegenden des vor zwei Monaten wütenden Zyklons gefahren und mussten mit Bestürzung die Zerstörungen an Häusern und Feldern und ganz besonders in den Wäldern, feststellen. Dieses Bild verdüsterte sich mehr und mehr, Kilometer um Kilometer fuhren wir an völlig zerstörten Bananenplantagen vorbei, von den Macadamia- und Avocadobäumen standen nur noch die Skelette. Von Millaa-Millaa aus fuhren wir auf dem Waterfall-Drive, der uns zu imposanten Fällen hätte führen sollen. Nach einem Kaffeehalt im hübschen Millaa-Fall-Teahouse mit feinem selbstgebackenen Birnenkuchen, besuchten wir den ersten der Fälle, den Millaa-Fall, der sehr eindrücklich riesige Wassermengen über eine 50 Meter hohe Felswand in eine Art Pool hinunterstürzen liess. Bei schönem und heissem Wetter muss es wohl sehr schön sein, hier zu baden, aber in jenem Moment goss es aus allen Wolken und Nebelfetzen hingen über den Fällen. Die beiden folgenden Fälle, Zillie und Ellinjaa, waren wegen der Zerstörungen duch den Zyklon Larry, gesperrt. Paronella Park – bis zum Ausbruch des Zyklon`s eine der grossen Besucherattraktion, eine Welt der Fantasien, ein Schloss mit Wasserspielen, einem Liebes-Tunnel, Lustgarten und weiteren Wasserspielen, war nahezu dem Erdboden gleichgewalzt. Auf dem daneben liegenden Campground wurden die Dusch- und Toilettenanlagen beireits wieder repariert und teilweise neu aufgestellt, ebenso einige der Stellplätze. Aber es sah natürlich schon sehr traurig aus und ich konnte Geoffrey nicht dazu bewegen, die Besitzer durch unser Bleiben zu unterstützen.
In Millaa-Millaa sollten wir unbedingt auftanken, aber auch dort waren die Zerstörungen längst noch nicht alle behoben und die beiden Tankstellen im Dorf geschlossen. Ich schlug Geoffrey vor, den Besitzer einer der geschlossenen Tankstelle zu fragen, wo die nächste Möglichkeit zum Auftanken bestünde und da schnauzte er mich in rüdiger Weise an, dass er genau das getan hätte und ich ihn nicht für blöd hinstellen sollte. Nun hatte ich aber die Nase voll, seit bald zwei Tagen kein anständiges Wort mehr, keine Zärtlichkeien, nichts ausser einem griesgrämigen Gesicht! Als er eingestiegen war fuhr ich nicht gleich los, sondern sagte ihm, dass es Zeit sei, zu reden und dass ich diesen Zustand nicht länger aushalten könnte. Ich fragte ihn, was ich denn falsch gemacht hätte, ob ich ihn in irgendeiner Weise verletzt hätte. Mit weinerlicher Stimme antwortete er, dass seine Stimmung absolut nichts mit mir zu tun hätte. Durch die Fahrt an den vielen zerstörten Bananenplantagen vorbei wären alle seine schlimmen Kriegserlebnisse wieder aufgebrochen. Genauso hätte es in Vietnam ausgesehen, nachdem er mit seinen Soldaten die Felder der Einheimischen zerstört hätte, nur, weil man in den Feldern Rebellen vermutete. Menschen hätten ihn auf Knien angefleht, wollten ihm die Füsse küssen um die Zerstörung ihrer Existenz zu verhindern. Er aber hätte seine Order und Befehle gehabt, eben die Zerstörung der Felder und das Abbrennen ganzer Dörfer. Auch von getöteten Vietnamesen sprach er und wie diese Toten ihn in seinen Träumen verfolgten, dass er glaubte, nach Jahren der Therapien das Alles überwunden und verarbeitet zu haben was offensichtlich nicht der Fall war.
Während der Fahrt zum Tinaroo See sprach er viel, wie schön es war als Farmerjunge in Tasmanien aufzuwachsen, wie sehr er allerdings darunter litt, dass sein Vater ihm nie sein Liebe zeigen konnte und ihm keinerlei Zärtlichkeiten oder Anerekennung zukommen liess, erst als hoher Militär hätte er den Stolz seines Vaters gespürt. Als ich Geoffrey darauf aufmerksam machte, dass er mit Reden aufgehört hätte lange bevor wir in diese von Zerstörung heimgesuchten Regionen kamen, kam er mit einer seltsamen Geschichte, die mich sehr nachdenklich stimmte. Er hätte sich so grosse Sorgen um mich gemacht als ich Fieber bekam und hätte sich schon überlegt, mich in ein Spital einzuliefern und was gewesen wäre, wenn ich zwei oder gar drei Wochen dort hätte verbringen müssen und wie er das meinen Kindern hätte beibringen müssen, womöglich eine Repatriierung in die Schweiz- das hätte ihn sehr belastet! Das Alles sagte er mit so ernster Miene, dass ich davon absah, in lautes Gelächter auszubrechen, darüber, aus einer leichten Erkältung gleich eine todbringende Krankheit zu machen.
Endlich, endlich liess der Regen nach, es war immer noch grau und trüb als wir am Lake Eacham beschlossen, einen kurzen Spaziergang zu unternehmen.
Idyllisch mitten im Wald gelegen und nicht sehr gross, erinnerte er mich an den Katzensee meiner Kindertage, an den ich als Mädchen oft mit dem Velo zum baden radelte. Ich erzählte Geoffrey, wie ich meine erste Jeans mit Putzen in der Bäckerei von Frau Meier an der Käferholzstrasse verdiente und mit diesen brandneuen, verflixt teuren, aber echten Lee-Jeans im Katzensee ein Bad nahm, um sie anschliessend an meinem Körper trocknen zu lassen. Das war dazumal ein absolutes Muss, denn nur so bekamen sie die wirklich gute (hautenge) Passform.

Das Ende naht
Händchenhaltend spazierten wir zur Plattform, von der aus die grünen Wasserschildkröten zu beobachten waren. Es kamen viele, wahrscheinlich in der Hoffnung, gefüttert zu werden. Wir sassen kaum im Wagen, als der Regen wieder einsetzte. Die Fahrt zum Tinaroo CG, wo wir übernachten wollten war düster, obwohl die Zerstörungen sichtlich weniger waren. In Tinaroo selbst ist nicht viel los, wie wir bei der Durchfahrt feststellen konnten. Geoffrey wollte unbedingt das War-Memorial fotografiert haben, er schoss unzählige Bilder, von vorne und hinten, mit der Tafel der Gefallenen. Die Bilder wollte er über Internet einem Bekannten senden, dessen Vater`s Name auf der Tafel aufgeführt war und der 1943 gefallen war. Ich muss gestehen, ich hatte Mühe mit dieser Art von Gedenken, bin mir aber durchaus bewusst, dass ich als Schweizerin in dieser Beziehung absolut zu den privilegierten Menschen gehöre, die nie einen Krieg miterleben mussten und deren Nation über viele Generationen durch die Neutralität des Landes von Kriegen verschont blieb. All diese Gedanken behielt ich für mich, hoffte, unsere so kurze Beziehung möge diese Krise überstehen und wieder zurückfinden in die liebevolle, zärtliche und auch humorvolle Weise. Eine Stimme tief drinnen aber sagte, es ist aus, aus und vorbei!
Es war ausgeschlossen, an diesem Abend draussen zu sitzen um das Abendessen einzunehmen, so sassen wir drinnen, im trockenen Frogli. Obwohl wir nicht viel sprachen, wir hörten zusammen Musik, schien es ein harmonischer Abend zu sein. Seinem Wunsch entsprechend vereinbarten wir, am nächsten Tag schon wieder hinunter an die Küste und an einen der vielen Strände zwischen Cairns und Mossmann zu fahren. Es hätte allerdings noch viel Schönes und Interssantes von den Tablelands zu sehen gegeben, aber vielleicht konnten wir das später nachholen dachte ich mir, und vielleicht ist dann ja das Wetter besser. Es blieben ja noch viele Tage bis zur Abreise nach Darwin.
Meine Stimmung verbesserte sich schlagartig, als ich an diesem Sonntag Abend einen Anruf von Jacqueline bekam, es war der 14. Mai und Muttertag! Alle sind gesund zu Hause, Joshua hatte sich von dem kleinen operativen Eingriff, der Entfernung eines plötzlich wachsenden Muttermales, gut erholt. Ich sprach einige Minuten mit ihm und erfuhr von Sharon, dass sie ihre Haare nun ganz kurz geschnitten hätte und auch eine Brille tragen müsse, was sie scheinbar mit Stolz erfüllte. Joshua sah den täglichen Schulbesuch immer noch nicht ganz ein und hatte grosse Mühe, sich an den Stundenplan zu halten. Er ist ein Träumer und erinnert mich in vielem an meinen Böbi, der genau die gleichen Anfangsschwierigkeiten bekundete, schliesslich aber schon mit knappen 18 seine Matura schaffte.
Als ich auflegte meinte Geoffrey, ich sei jetzt wohl sehr glücklich, was ich natürlich nur bestätigen konnte. Vielleicht hätte er vor 5 Jahren, als er mit 55 pensioniert wurde, Canberra nicht verlassen sollen um nach Tasmanien zu ziehen. Seine beiden Töchter wären darüber sehr enttäuscht und traurig gewesen und Bridget, die Jüngere, hätte ihm geschrieben, dass er sie zum zweiten Male verlassen hätte. Das erste Mal nach der Scheidung und dann nochmals nach der Pensionierung. Ich horchte auf, hatte Geoffrey ein Problem mit Nähe? Hatte er Angst davor, sich in eine tiefe Beziehung einzulassen, sogar wenn es sich um seine eigenen Kinder handelte? Zaghaft rückte ich näher zu ihm und streichelte seinen Arm was er ohne irgend eine Regung hinnahm. Er bot an, Tee zu machen, das gab ihm die Möglichkeit, aufzustehen, von mir wegzugehen. Ich wollte ja geduldig sein, ihm Zeit lassen, aber die Zweifel nagten immer stärker an mir. Nachdem ich einen lauten, schmatzendene Kuss auf die Stirne kriegte, hat er sich ins Körbchen gelegt und schnell- zu schnell- tief und scheinbar ruhig sich im Schlaf befindlich, geatmet.
Ich schlief nicht viel in dieser Nacht. Am Morgen, kaum dass ich mich rührte, es war noch nicht mal 7, machte er sich sofort auf, um duschen zu gehen, er wolle dann für das Frühstück sorgen und ich solle ruhig noch liegenbleiben. Ruhig- habe ich richtig gehört? Kein Guten Morgen, keinen Kuss, nichts, rein gar nichts. Das kann`s ja nun wirklich nicht gewesen sein! Bei allem Verständnis für seine psychischen Befindlichkeiten und seine Albträume, von denen ich allerdings während den Nächten keine Anzeichen mitbekam, das war nun wirklich nicht gerade das, was ich mir unter einer Liebesbeziehung vorstellte.
Während der Fahrt zur Küste sprachen wir wenig und wenn, dann nur von belanglosem Zeug. Die Campingplätze in der Nähe von Cairns waren Geoffrey nun zu teuer, der in der Trinity Beach nicht am Meer, in Ellis Beach direkt am Hwy, aber dann, endlich, logierten wir uns im Seabreeze in Port Douglas ein, allerdings nicht für die im Campingführer angepriesenen 20$ (ein Druckfehler) sondern wie für die anderen Plätze auch, für 27$. Es handelte sich um einen kleinen Platz mitten in einem Ferienwohnpark, rundherum wurde kräftig gebaut. Die Abstände zwischen den Wohnwagen und Camper-Vans waren extrem klein, man sah buchstäblich in Nachbars Küche, aber was soll`s!
Geoffrey kannte Port Douglas als es vor 25 Jahren ein unbedeutendes Fischernest war. Auf meinen Vorschlag, einen Spaziergang durch das neue Port Douglas und zum Hafen zu machen, lehnte er mit der Begründung ab, endlich wieder einmal eine Zeitung lesen zu wollen, ich solle mir aber ruhig Zeit lassen und ihm dann berichten, wie es ausschaue. Ich spazierte also alleine bis zur Marina, setzte mich auf eine Bank um über meine Situation nachzudenken. Es war an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Sicher war, dass wir nicht mehr zu unserer noch vor 5 Tagen existierenden Liebesbeziehung zurückfinden konnten. Aus einem mir unbekannten Grund hatte sich Geoffrey völlig von mir abgewandt und er ging mir mehr und mehr auf die Nerven. Auch sein mittlerweile an den Tag gelegter Geiz konnte ich nur schlecht ertragen, er hatte angefangen, jeden Dollar umzudrehen. Er musste sich doch nur an den täglichen Unkosten beteiligen, für Frogli hatte ich von Anfang an abgelehnt, dass er sich an dessen Kosten beteilige! Keine Rede mehr von den grosszügig gemachten Versprechen, mich des Oefteren zum Essen in ein gediegenes Restaurant auszuführen.
Irgendwie war ich erleichtert, als ich die Entscheidung zur Trennung getroffen hatte, war aber zugleich auch traurig, unendlich traurig, auch weil ich nicht verstand, wie das Alles so kommen konnte. Wir hatten so wunderschöne Pläne geschmiedet, wollten zusammen reisen, er wollte einen Teil des Jahres bei mir in der Schweiz leben und mit mir zusammen Europa entdecken. Er sprach davon, dass sich unsere Kinder kennen lernen sollten, da sie quasi fast Geschwister seien, alles Bla-Bla! Was war nur geschehen? Mit dem Gedanken, das Gespräch mit Geoffrey nach dem Abendessen zu suchen, machte ich mich schliesslich auf den Rückweg.
Als ich nach dem Essen unseren mittlerweile obligaten Tee aufsetzte, sagte Geoffrey ganz unvermittelt, dass wir ein Gespräch führen müssten. Ja tatsächlich, er begann zu reden! Er hätte lange nachgedacht, begann er, während der Fahrten und am Nachmittag, und er betonte mehrmals, es hätte nichts mit mir zu tun, dass er nicht mehr so sei wie zu Beginn unserer Beziehung, es sei eben seine alte Krankheit, nicht beziehungsfähig zu sein. Er konnte es nicht mit seiner ersten Frau Rosemarie, nicht mit der Zweiten, Jane, und auch nicht mit der Dritten – Bumm, das war ein harter Brocken! Von einer Dritten hatte ich noch gar nichts gewusst! Dann hast Du mir also etwas vorgemacht um ein Abenteuer mit mir einzugehen, fragte ich ihn. Er hätte mich wirklich geliebt und würde mich auch jetzt noch lieben, irgendwie! Ob wir nicht einfach gute Freunde sein könnten und die Reise fortsetzen wie Bruder und Schwester (genau das hatte er mir doch von seiner zweiten Ehe erzählt, dass er und seine Frau während 6 Jahren wie Bruder und Schwester zusammengelebt hätten). Ich erklärte ihm, dass das für mich auf keinen Fall in Frage käme, dass ich schon einen Bruder habe und auch genügend Freunde, er könne doch nicht von mir erwarten, dass ich eine so intensive Liebesbeziehung, auch wenn sie nicht allzu lange dauerte, in Freundschaft umwandeln könne. Ich machte ihm klar, dass er mich schon am nächsten Morgen verlassen müsste, dass es mir unmöglich sei, neben einem Mann im Bett zu liegen, mit dem ich in genau diesem Bett so glückliche Stunden verbrachte und der mich nun so schnöde zurückgestossen hätte.
Es war eine grässliche Nacht, ich fühlte mich so elend, auch kam meine Erkältung, die ich schon überwunden zu haben glaubte, zurück. Auch Geoffrey lag die meiste Zeit wach und machte sogar Anstalten, mich zu betasten. Was sind Männer nur für Wesen, genauso benahm sich mein Exmann, als wir beschlossen, uns scheiden zu lassen! Nur noch ein letztes Mal Liebe machen vor der endgültigen Trennung! Nein, das konnte und wollte ich nicht!
Total gerädert stand ich schon vor sechs Uhr auf, Geoffrey sah mich nur kurz an und bemerkte: Du hast deine Meinung also nicht geändert! Nein, das hatte ich nicht!
Während ich duschte, packte er seine sieben Sachen zusammen und schon um halb acht waren wir auf unserer letzten gemeinsamen Strecke unseres so kurzen, gemeinsamen Weges, wir fuhren nach Cairns zum Flughafen, wo Geoffrey hoffte, einen der mehrmals täglich abfliegenden Flüge nach Sydney zu bekommen um von dort den Direktflug am Nachmittag nach Launceston in Tasmanien zu nehmen. Ich war in einem miserablen Zustand, hatte wieder ziemlich hohes Fieber und abwechselnd Hitze- und Kälteschübe, Geoffrey erbot sich, nach Cairns zu fahren, was ich dankbar annahm.
Es war ein kurzer Abschied, dank dem Umstand, dass wir in einer für Privatfahrzeugen verbotenen Haltezonen standen und wir uns beeilen mussten, Geoffrey`s Gepäck auszuladen. Schon war ein Ordnungshüter zur Stelle und ich bekam wahrscheinlich nur meiner Western Autralia Nummernschilder wegen keine Busse, vielleicht hatte er auch Mitgefühl für ein älteres Paar, das sich Adieu sagen musste und für die Frau, der die Tränen über die Wangen liefen!
Nach einer kurzen Umarmung ohne Worte sass ich auch schon wieder im Wagen und fuhr los, kein Winken, kein Blick zurück! Wie Wasserfälle kamen die Tränen, all die aufgestaute Traurigkeit wollte ausgespült werden, ich sah kaum die Strasse. Nach lautem Hupen eines Camions zwang ich mich, mich auf den Verkehr zu konzentrieren.
Ich weiss nicht wie, aber um die Mittagszeit erreichte ich die Fähre die mich über den Daintree River in den gleichnamigen Nationalpark brachte. Nochmals 25 Kilometer auf schlechten, kurvigen Strassen, ein kurzer Aufenthalt im Daintree Forest Center und ich logierte mich im Cape Tribulation CG ein. Gleichzeitig erschienen Nathan und Jeanette, das Ehepaar, das ich auf einem früheren Campground kennen lernte. Sie freuten sich offensichtlich, mich zu sehen, hatten aber volles Verständnis, als ich ihnen erklärte, mich erst hinlegen zu müssen, da ich krank sei! Ich war völlig am Ende meiner Kräfte, hatte nur gerade Campingtisch und Stuhl hinausgestellt, mir notdürftig das Bett zurechtgemacht und mich hingelegt. Ich verlor für kurze Zeit sogar das Bewusstsein, konnte dann aber etwa zwei Stunden schlafen.
Die Nacht und den ganzen Mittwoch verbrachte ich mit schlafen, trinken und lauwarmem duschen. Ich versuchte, am Mittwoch Nachmittag einen kurzen Strandspaziergang zu machen, war aber nach 50 Meter so erschöpft, dass ich mich schnell hinsetzten musste, bevor es mich hätte hinlegen können! Mein Puls raste und ich hatte Mühe mit atmen, so blieb ich vernünftigerweise den Rest des Tages im Camp. Wenn ich nicht schlief, kamen immer wieder die gleichen Fragen, was war geschehen? Warum durfte diese Liebe nur so kurze Zeit dauern? Warum verlöschte sie so schnell wie eine Kerze, die man ausbläst?
Bevor Jeanette und Nathan weiterzogen, kamen sie auf einen Sprung bei mir vorbei um zu sehen, wie es mir gehe. Nathan sagte mir, dass er sich sehr gefreut hätte, jemanden wie mich kennen zulernen und besonders schön fände er, wie sich ein Mensch mit 60 noch so richtig verlieben könne und dass diese Liebe mich mindestens 10 Jahre jünger erscheinen liess. Sie wünschten mir viel, viel Glück und fuhren los.
Ja, das mit dem Glück ist so eine Sache, es kommt und geht, ohne dass man es ruft, ist plötzlich da und verschwindet ebenso schnell wieder und lässt sich partout nicht festhalten!
Das Wetter passte ausgezeichnet zu meiner Stimmung. Erst regnete es sanft um im nächsten Moment wie aus allen Eimern zu giessen, sekundenweise lugte eine bleiche Sonne zwischen grauen Wolken hervor, der Campingplatz verwandelte sich zusehends in einen Sumpf. Eine kleine Beutelratte suchte wohl ein trockenes Plätzchen als sie sich unter meinen Tisch unter dem schützenden Vordach verkroch. Sie schaute mich gross an mit ihren runden, schwarzen Knopfaugen und leistete mir eine Weile Gesellschaft was den schon längere Zeit anwesenden Bush-Turkey`s gar nicht passte. Sie versuchten, das ca. 25 cm lange Beuteltier mit dem kahlen, langen Schwanz zu vertreiben.
In den kurzen Augenblicken der Sonnenstrahlen umflatterten mich Schmetterlinge, die im Regenwald in erstaunlicher Vielfalt heimisch sind. In knalligem orange mit dunklen Punkten, Weisse mit grün-blau-gelbschimmerndem Muster und mehrere der über 20 cm im Durchmesser messenden blauen Ulysse-Schmetterlingen. Ich war zu müde um aufzustehen und die Kamera zu holen, genoss aber den Anblick dieser wunderbaren Kreaturen, das Leben ging tatsächlich weiter und es sollte auch wieder schön weiter gehen!
Bis auf die wenigen letzten Tage hatte ich schliesslich eine schöne Zeit mit Geoffrey zusammen verbracht, ich durfte erfahren, dass Frau auch mit 60 sich noch verlieben und noch sehr sexy sein kann!
Dank einer Schlaftablette schlief ich einigermassen und blieb am Donnerstag bis nach neun liegen, leider fühlte ich mich nicht viel besser und war sehr enttäuscht, ich hatte gehofft, dass es sich um eine kurze Erkältung handelte, die schnell vorüber sein würde. Ich mochte kaum frühstücken und packte schliesslich meine 7 Sachen etappenweise zusammen. Ron, der Platzwart, sah bei mir vorbei und brachte mir, wie schon am Vortag, einige Limonen vorbei, die mir helfen sollten. Vitamines, meinte er, seien das Beste gegen Fieber!
An diesem Tag hatte mich Fröschlein zum ersten Mal im Stich gelassen. Ich wollte doch so gerne den letztmöglichen Lookout auf dem eigentlichen Cape Tribulation, den man mit Zweiradantrieb noch befahren kann, besuchen. Wenige hundert Meter davor endet der Asphalt und die Strasse geht in eine Erdpiste über. Dank dem tagelangen Regen und der erheblichen Steigung schafften wir den Aufstieg auch nach dem 3. Versuch nicht. Die Piste aus roter Erde war wie Schmierseife, meine Pneu`s waren wahrscheinlich nicht mehr die besten, hatten wir doch mittlerweile mehr als 20 000 Km hinter uns gebracht. So machte ich unter den Blicken einer erschreckten Tramperin eine Kehrtwende und fuhr zurück, hielt dafür an den meisten Lookouts an und fuhr noch die schönsten Strandabschnitte ab.
Ich wanderte nochmals, diesmal mit wacheren Sinnen, den Boardwalk im Daintree Forest Center ab. Ganz langsam stieg ich die Metalltreppen zur 4. Plattform hoch und wurde mit der Sichtung einiger der seltensten Vögel und Schmetterlingen belohnt. Den Cassowary, ein bis 2 m Höhe erreichender Laufvogel blieb allerdings verborgen. Langsam erwachten meine Lebensgeister wieder in dieser atemberaubenden grünen Hölle, für mich das Paradies schlechthin, hier musste das mit Adam und Eva passiert sein! Viele der endemischen Farne und Eukalypten wuchsen hier dicht nebeneinander. Einige der Stämme waren vor lauter Bewuchs kaum mehr zu sehen und nur ein Kenner konnte noch unterscheiden, um welche Arten es sich handelte. Der Eintritt von 25$ schien mir doch recht teuer, dies mag auch der Grund gewesen sein, warum so wenig Touristen anwesend waren.
Kurz nach der Fährüberfahrt über den Daintreeriver die nur wenige Minuten dauerte, hatte ich mich bei Bruce Belcher`s River Cruise gemeldet. Nathan und Jeanette hatten mir diesen Tour-Operator sehr empfohlen und ich wollte nun endlich ein Krokodil sehen.
Pünktlich um 13.30 legten wir, d.h. Bruce und ich, vom kleinen Flusspier unterhalb seines Hauses ab. Es hatten sich keine weiteren Touristen eingefunden, und Bruce hatte sich bereit erklärt, mit mir alleine auf Pirsch zu gehen!
Gemächlich tuckerten wir über den hier recht breiten Fluss zum gegenüberliegenden Ufer. Fast undurchdringlicher Mangrovenwald wuchs bis in den Fluss hinein und liess kaum noch Licht durch und so wirkte er düster und gefährlich. Wir waren noch keine 10 Min. unterwegs als Bruce mit dem Arm auf eine Sandbank zeigte, und dort lag sie, eine ca. 3 m lange Krokodil-Mama, deren Nest vor zwei Wochen beim Hochwasser einfach weggespült wurde und die Eier, (etwas kleiner wie Hühnereier) im Wasser verschwanden. Die Salzwasserkroko`s machen keine eigentliche Brutpflege, bewachen aber ihre Nester bis zum Schlüpfen der Jungen. Wir kamen ganz nah heran, sie bewegte sich nicht, blinzelte nur kurz um gleich wieder weiterzuschlafen. Nach Tagen des Regens hatte sie ihre Körpertemperatur, wie viele Schlangen- und Reptilienarten auch, gesenkt, um weniger Energie zu verbrauchen.
In einem der schmalen Seitenarme des Daintree Rivers ermunterte mich Bruce, nach Baum-Schlangen Ausschau zu halten. Trotz intensivstem Schauen entdeckte ich kein Lebewesen, es war wiederum Bruce, der mir schliesslich die etwa 4 m lange Python, die um einen Baum geschlungen, den Vorderteil mit Kopf auf einem Ast, zeigte. Ich musste lange hinschauen, bis ich sie überhaupt entdeckte, ihre braun-schwarze Färbung war so gut auf die Farben der Baumrinde ausgerichtet, dass sie nur schwer zu entdecken war. Nicht mit Gift-Zähnen oder Drüsen versehen, erdrückt die Python ihre Beute und die kann durchaus ein ausgewachsenes Känguruh sein, wie mir später Bruce`s Frau mittels Bilder bewies. Nach so einem Weihnachtsmahl verdaut sie dann schon mal einige Wochen in denen sie keine weitere Nahrung zu sich nimmt.
Endlich sichtete ich dann doch noch mein eigenes Wild-Tier, es hing wie eine Liane von einem Ast herunter, es handelte sich um eine schwarze Baumschlange, äusserst giftig aber wunderschön, wie glänzendes Metall! Noch zwei Krokodil-Jungtiere, etwa 25 und 60 cm lang, einige dicke und grosse grasgrüne Frösche (ich taufte sie kurzerhand Treefrogs gigantus), weitere Schlangen und einen wunderschönen Azur-Kingfischer, ein Vogel der unserem Eisvogel ähnlich ist, waren die Ausbeute dieser einstündigen Bootsfahrt, ich war total begeistert!
Mossmann, eine winzige Provinzstadt, hat wahrlich nicht viel zu bieten und ich hatte schon saubere Orte gesehen, erwähnenswert sind allerdings die riesigen Banyan-Bäume die in einer Allee am Ausgang des Ortes stehen und deren Aeste sich in den Kronen miteinander vereinigen, so dass es schwierig erscheint, festzustellen, welche Aeste zu welchem Baum gehören. Von der gross angepriesenen Mossmann Gorge war ich enttäuscht, das Aborigin Cultur Center war geschlossen und die Spazierwege zur eigentlichen Schlucht gesperrt.
Ich wollte unbedingt nochmals in die Atherton-Tablelands, hatte ich doch praktisch noch nichts davon gesehen als ich mit Geoffrey dort war. Früh am Samstag, es war mittlerweile der 20. Mai, machte ich mich auf den Weg. Eine gut ausgebaute Strasse führt durch unberührten Wald in vielen Kehren hinauf zum Mount Molloy.
Als ich in den Lions Lookout einbog, hätte ich fast eine 1,5 m lange schwarz-blaue Schlange überfahren die scheinbar morgens den warmen Asphalt der Strasse benutzte, um sich aufzuwärmen. Ich bewarf sie mit kleinen Steinen und Allem, was ich auf der Strasse finden konnte um sie von der Strasse zu vertreiben. Aber ausser dass sie den Kopf etwas anhob, bewegte sie sich nicht von der Stelle. So würde sie bestimmt von einem der nächsten Auto`s überfahren werden, war ich überzeugt! Dank meiner fuchtelnden Armen konnte ein heranbrausender Jeep rechtzeitig anhalten und der junge Fahrer stellte seinen Wagen schützend vor die Schlange. Nicht giftig, beurteilete er sie, was mir Mut machte, sie mit einem Stecken anzuheben. Dabei sahen wir, dass sie im hinteren Bereich erheblich verletzt war und zum Sterben verurteilt. Schon das nächste Auto hat sie (so hoffte ich jedenfalls) totgefahren, nachdem sich der junge Mann hinters Steuer setzte und davonfuhr, auch mir blieb nichts anderes übrig! Es ist ganz erheblich, wie viele Wildtiere Opfer der Strasse werden, ich fuhr in den Monaten meiner Reise durch Australien an hunderten, wenn nicht gar Tausenden von toten, überfahrener Tiere vorbei.
Ich hatte die Höhe der Tablelands erreicht und eine grüne, savannenähnliche Hochebene empfing mich. Plötzlich schimmert Lake Mitchell zur Rechten, ein seichter See mit Seerosen und Sumpfgräsern. Da ich fast alleine unterwegs war fuhr ich im Schneckentempo, es musste doch bestimmt einen schönen Rastplatz geben auf dem ich diesen wundervollen Anblick geniessen könnte! Aber nein, keine Ausfahrt, kein Parkplatz, keine Schleife, einfach nichts und unmöglich, ohne Gefahr anzuhalten! Und schon war vom See nichts mehr zu sehen. Ich konnte nicht glauben, dass es keine Zufahrt zum See geben sollte und schlich weiter Kilometer um Kilometer um vielleicht doch noch eine Abzweigung, und wäre es nur die Andeutung einer Graspiste, zu finden.
Schliesslich musste ich mich geschlagen geben und nahm stattdessen den Weg zu den Mareeba Wetlands, was sich als sehr lohnenswert entpuppte. Es handelt sich um eines der ganz kleinen Natur-Reservate, das über eine 7 Km lange Gravelroad zu erreichen ist und abseits der Touristenwege liegt. Es bietet in einem offenen Holzhaus gute Info`s über die Sumpfgebiete, ihre Bewohner und die verschiedenen Pflanzenfamilien.
Trotz der herrschenden Bruthitze hatte ich den einstündigen Wanderweg rund um den See, oder besser gesagt um die Lagune, unter die Füsse genommen. Eine grosse Anzahl Libellen umschwirrten mich, knallrote mit dicken Bäuchen, eine Art Doppeldecker und braun getigerte und fast durchsichtig scheinend, auch eine blaue Art wie ich sie von den Feuchtgebieten zu Hause her kenne, riesige fliegende Heuschrecken schreckten vor mir aus den Gräsern auf, es herrschte ein Gezirpe und Gesumme in beachtlicher Lautstärke um mich herum!
Auf der schattigen Veranda des Infocenters kühlte ich mich anschliessend bei einem Eistee etwas ab und genoss nochmals die schöne Stimmung über der Lagune und schaute zu, wie sich die grossen, tellerförmigen Blätter der Seerosen im Wind aufrollten.
Anschliessend fuhr ich nochmals zum Tinaroo See, wollte ihn unbedingt bei schönem Wetter erleben und ging auch gleich nach meiner Ankunft im See schwimmen. Ich war bei weitem nicht die Einzige, viele Kinder tummelten sich in den seichten Uferzonen, das Wasser war glasklar und ich konnte bis weit hinaus den Grund des Sees erkennen. Die Wassertemperatur von 26° war mehr als angenehm und so hielt ich es über eine Stunde lang im Wasser aus, bevor ich dann doch etwas abgekühlt mich in die warme Abendsonne setzte.
Leider setzte in der Nacht wieder Regen ein und als ich am Sonntagmorgen die Schiebetüre meines Campers öffnete, wurde ich sogleich mit einem Guss Regenwasser gewaschen. Alles schien grau, die Wolken hingen tief über dem See, vom anderen Ufer war nichts mehr zu sehen. Ich kroch nochmals unter die warme Decke und überlegte, was ich bei diesem Sauwetter unternehmen könnte. Eine meiner Devisen als Reiseleiterin war stets – es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte oder falsche Bekleidung oder eine falsche Einstellung!
So stellte ich mir für die nächsten drei Tage folgende Route zusammen: Ueber die Tin Town (Zinnstadt) Herberton nach Ravenshoe, der höchstgelegenen Stadt Queenlands (920 m.üM) Baden in den Thermalquellen von Innot um dann von der Grubenstadt Mount Garnet zum Undara Volcanic NP mit den längsten Lavatunnels der Welt zu fahren. Eine ganz schöne Strecke!
Das liebevoll eingerichtete Mining Museum von Herberton wird ausschliesslich von ortsansässigen, meist pensionierten Freiwilligen betreut. Sehr rührend wirkte die authentisch nachgestellte Hütte eines einsamen Schürfers. Die eine Seite nahm gänzlich das auf dem harten Naturboden eingerichtete Bett ein, ein kleiner Holzschrank war überfüllt mit Bücher, Zeitschriften, gesammelten Plänen von Schürffeldern und Schriften mit Anweisungen, eine Kiste voll mit besonders schönen Steinen, die Kochecke mit Spirituskocher und verbeulter Pfanne und an einer aufgespannten Leine den guten Anzug für besondere Gelegenheiten. Nachdem ich einen bescheidenen Obolus in die Donation-Box gelegt hatte, wollte ich eigentlich weiter, aber die beiden älteren Herrschaften, eine Dame und ein Herr mit schlohweissem langem Haar legten jetzt erst richtig los, sie rannten fast um die Wette um mir immer noch mehr „wichtige“ Unterlagen über ihre Stadt und Umgebung mitzugeben und mir auch die unbedeutendsten Sehenswürdigkeiten in den schönsten Farben zu schildern. War meine Gabe von zwei Fünfdollarnoten etwa daran schuld? Geduldig hörte ich zu, ich hatte ja Zeit – so viel Zeit, nickte interessiert und nahm schliesslich einen Arm voller farbiger Prospekte und Broschüren mit.
Kurz nach Ravenshoe habe ich den kurzen Abstecher zu den Millstream Falls genommen. Ueber eine Breite von ca. 100 Metern stürzen sich die Wasser über fantastische schwarze Lavafelder und Basaltblöcke in die Tiefe, in einen riesigen Pool, in dem bei schönem Wetter wahrscheinlich ein Bad zu nehmen ein toller Spass sein muss. Aber bei dem anhaltenden Regen der mich begleitete blieb ich doch lieber unter meinem Regenschirmdach.
Und dann habe ich doch noch gebadet, in den heissen Quellen des Caravan Parks von Innot Hot Springs. Da gibt es 6 verschiedene Pools mit verschieden heissem Wasser, 27, 29, 34, 39 und 46°. Der Kleinste (der ganz heisse mit 46°) misst gerade mal 2,5 x 2,5 M, „mein Pool“, der 36° Warme, hat die beachtliche Grösse von 5 x 3 M und nach den vorgeschlagenen 15 Min. Aufenthalt im Wasser schwamm ich noch einige Runden im grössten Pool, dem Kühlsten mit 27°. Ich fühlte mich danach wie neugeboren und nahm mir vor, dieses Prozedere am Abend nochmals zu wiederholen. Es soll ja ein Jungbrunnen sein und wer weiss, vielleicht nützt es ja wirklich, und wenn es nur ein ganz klein wenig ist!
Bei strahlendem Wetter fuhr ich am Montag, nach einer Morgentherapie im heissen Pool und einer kalten Dusche, auf dem Savannah Hwy. Schon bald verengte sich die Strasse und nur noch ein 3 Meter breites, schwarzes Asphaltband zog sich in der tiefroten Erde Kilometer um Kilometer dahin. Die Vegetation hatte sich wieder stark verändert, lichter Wald mit niedrigen Bäumen und hohen Gräser, deren rote Aehren sich im Winde wellenförmig wiegten, herrschten vor. Und überall standen Termitenhügel, wie Burgen aus längst vergangenen Zeiten, teils bis 2 M hoch, richtige Kunstwerke aus hellem beige über braun bis zu leuchtendem manganrot, immer in Uebereinstimmung mit der vorherrschenden Erde.
Nach ca. 80 Km ein unscheinbares Schild das auf den 40 Mile Scrub NP aufmerksam machte! Ich fuhr in die grosse Parkanlage und informierte mich an den aufgestellten Info-Tafeln. Es handelt sich um einen Trockenregenwald und das machte mich schon sehr neugierig! Trockenregenwald? Noch nie von so etwas gehört! Beim 30-minütigen Spaziergang konnte ich mich davon überzeugen, dass sich diese Art von Wald gewaltig von Regenwäldern, wie ich sie etwa im Daintree erlebte, unterscheidet. Ueber hunderttausende von Jahren der Anpassung überlebte diese Art von Wald bei minimalsten winterlichen Niederschlägen von wenigen Zentimetern.
Nach weiteren 30 Km staunte ich nicht schlecht als ich im Wald neben der Strasse Eisenbahnwaggons sah. Narrte mich etwa eine Fata Morgana?
Es handelt sich um die originellen Unterkünfte der Undara Lodge. Ich war also im gleichnamigen NP angekommen und erkundigte mich sogleich nach den Wandermöglichkeiten und erfuhr, dass man die legendären Tunnels nur auf geführten Touren besichtigen darf. Und da mich alles was irgend wie nach Vulkanen aussah, interessiert, buchte ich für den nächsten Tag die ganztägige Tour. An diesem Nachmittag unternahm ich eine schöne lange Wanderung. Mit Wanderschuhen und Stöcken versehen, marschierte ich erst zum Atkinson Lookout, von wo der Blick über ein riesiges, endloses Gebiet schweifen kann. Der Weg führt weiter über Granitfelsen, durchquert mehrmals kleine Creek`s die nur wenig Wasser führen und endet auf einer Anhöhe. Am Rande des Atkinson Creek erschreckten mich vier grosse, schwarze Vögel im Unterholz und ich dachte an Cassowaries. Dafür waren sie aber doch zu klein und so leise es eben über dürres Holz möglich war, schlich ich mich näher an sie heran. Die Stöcke hatte ich niedergelegt, trotzdem flogen sie mit lauten Flügelschlägen auf und davon. Beim Fliegen kamen wunderschöne rote und goldgelbe Schwanzfedern zum Vorschein die wie ein geöffneter Fächer wirkten. Es musste sich um eine grosse Papageienart handeln.
Anstelle auf direktem Weg zur Lodge zurückzukehren, hängte ich noch den Bush Walk an, der lange (über eine Stunde) durch Savannenwald führte. Ich überquerte schliesslich die Landstrasse die durch den Park führt und umrundete die Swamps, die Sümpfe, und den Flat Rock. In einem grossen Bogen brachte mich dieser wunderschön angelegte Wanderweg zur Lodge und den Campingplatz zurück. Wallabies, Känguruh`s und vor Allem Papageien begegneten mir auf meiner einsamen Wanderung. Menschen begegneten mir keine auf meiner schlussendlich 4 Stunden dauernden Wanderung! Es war aber auch höchste Zeit zurückzukehren, denn es dunkelte schon und ein feiner Nieselregen sorgte dafür, dass ich wie ein nasse Katze aussah.
Pünktlich um 8 Uhr früh ging es los. 21 Personen versammelten sich vor dem Info Office, darunter eine amerikanische Gruppe von 14 Studenten und zwei Professoren, der Rest war zusammengesetzt aus zwei australischen Ehepaaren und meiner Wenigkeit! Eine 30-minütige Fahrt im bis auf den letzten Platz besetzten Kleinbus brachte uns zum Kalkani Crater, den wir auf dem Kraterrand umwanderten.
Von unserem Führer, einem aboriginstämmigen Ranger, wurden wir über die vulkanische Tätigkeit vor rund 190 000 Jahren belehrt, auch im Teekochen und aufstellen von Tassen und Biscuits stellte er sich gut an und zudem war er ein exzellenter Fahrer der darauf bedacht war, möglichst alle Gräben und Löcher zu umfahren, um uns eine einigermassen angenehme Fahrt zu bieten.
Nach der Teepause fuhren wir zur ersten Besichtigung einer Tube, eines Tunnels. Als vor 190 000 Jahren der Undara Vulkan ausbrach, floss die dünnflüssige Lava sehr schnell in die Ebene und in die Täler und Flussbette. Während die oberen Schichten rasch abkühlten und eine Kruste bildeten, floss die flüssige Lava von unten nach draussen und hinterliess lange, dunkle Höhlen, die sogenannten Tubes. Viele von ihnen sind mit der Zeit eingebrochen und nur noch als riesige Haufen dunkler Gesteinsbroken erkennbar. 6 davon sind bis heute erhalten geblieben und so stabil, dass man durch diese hindurch gehen und sie besichtigen kann. Der Zugang ist über Treppen, die mit Geländer versehen sind, gewährleistet und mit den mitgeführten, starken Taschenlampen ist es möglich, die wunderschönen Muster der Kristallmineralisationen zu bewundern. Wir hatten insgesamt 4 dieser Tubes besucht, jede unterscheidet sich von der Anderen, in Farbe, Form und Länge. Zwei Tubes, die ineinanderüberlaufen sind voller Fledermäuse und da ich unter einer Fledermaus-Allergie leide, verliess ich den Tunnel fluchtartig.
Um die Mittagszeit wurde uns in der Lodge, in die wir zurückkehrten, das Mitagessen in Form eines Buffets serviert, ich hatte mich zu den australischen Leuten gesetzt und wir unterhielten uns rege. Alle waren sie schon einmal in der Schweiz, besuchten natürlich Interlaken und Luzern (das ist doch fast schon die ganze Schweiz).
Nach dem Essen ging die Tour weiter, allerdings eher zögerlich, unser Führer schien irgendwie den Elan verloren zu haben, oder aber es gab nicht mehr viel Neues zu erzählen! Wir besuchten noch zwei weitere Lavatunnels, spazierten in sehr gemächlichem Tempo über grosse Lavabrocken und Granitfelsen und unterhielten uns mit Beschreibungen unserer jeweiligen Wohnorte.
Wir kehrten gegen 18 Uhr zur Lodge zurück und die Verabschiedung fiel sehr herzlich aus. An diesem Abend spürte ich lange keine Müdigkeit aufkommen, es war eine herrliche, sternenklare Nacht und dazu angenehm warm und so blieb ich lange unter dem Vordach meines Campers sitzen, hörte Musik und die Erinnerungen an die Zeit mit Geoffrey kehrten einmal mehr zurück. Ich litt immer noch sehr unter der so schnellen und unerwarteten Trennung, zumal ich immer noch nicht verstehen konnte, was eigentlich geschehen war.

Schicksalsort Restaurant Falter
Es war meine zweite gescheiterte Beziehung, die erste, mit meinem Exmann dauerte allerdings etwas länger, 26 Jahre!
Es war während der Mittagszeit im Mai 1963 die ich bei einem Kaffee im Restaurant Falter in Wiedikon verbrachte. Ich sass alleine an einem kleinen Tisch und sah durch die Fensterscheiben einen gutaussehenden und chic angezogenen jungen Mann herankommen. Er sah sich im Lokal um und steuerte direkt auf meinen Tisch zu, fragte, ob eventuell noch ein Plätzchen frei wäre und setzte sich zu mir. Er bestellte den Tagesteller - Tomatenspaghetti, und fing an zu plaudern. Seine Firma die mit Hydraulik zu tun hatte und die er mit einem Freund aufgebaut hatte, lag gleich um die Ecke und er verbrachte fast jede Mittagspause im Falter, wenn er nicht im Welschland auf Geschäftsreise war. Da ich mein Geld für die Mittagessen, die mir von meiner Mutter zugestanden wurden lieber für den abendlichen Ausgang sparte und ich als Mannequin auf meine Linie achten musste, leistete ich mir nur einen Kaffee. Mir lief das Wasser im Munde zusammen, als dieser Mensch mit offensichtlichem Genuss seine Spaghetti verschlang. Er lud mich dann aber noch zu einem weiteren Kaffee ein und als für mich die Zeit des Aufbruchs kam, verabredeten wir uns für den nächsten Tag, das heisst, er sagte beim Abschied einfach «also bis Morgen». Ich war erst 16, aber für mein Alter doch schon sehr erwachsen. Aus den Mittagstreffen wurden bald abendliche Ausgänge, Robert führte mich in tolle Restaurants und ich lernte Köstlichkeiten kennen, von denen ich noch nie hörte oder gar zu essen bekam. Das erste dieser Gourmetessen bestand aus Beefsteak Tartar, so scharf, dass mir die Tränen kamen, es folgten italienische Meeresfrüchte, spanische Paella in der Bodega Espanol im Niederdorf, ich genoss meinen ersten Lachs – geräuchert - mit Kapern, Zwiebeln und feinem Toast. Bald nahm ich ihn mit nach Hause und meine Mutter war fast so verliebt in ihn wie ich. Ich weiss nicht, ob ich wirklich verliebt war oder so gebauchpinselt, dass sich ein 27-jähriger Geschäftsmann mit mir abgibt. Im Sommer jedenfalls machten wir das erste Mal Liebe – ohne Schutz. Ich wusste nämlich nicht was es mit den gefährlichen Tagen auf sich hat, als Robert mich danach fragte. An meinem 17. Geburtstag kam die schön-böse Ueberraschung, ich war schwanger. Ich hatte doch erst im September mit einer Lehre beim Fernamt der PTT angefangen und so endeten abrupt meine ehrgeizigen Karrierepläne, ich wollte Flightattendant bei Swissair werden und hatte mich nur deshalb für die anspruchslose Lehre als Telefonistin entschieden. Die Hochzeit wurde also auf April festgesetzt. Da ich noch nicht 18 war brauchte ich die Genehmigung des Zürcher Kantonsrates, die mir mittels einer Urkunde, die ich noch immer besitze, erteilt wurde. Ausschlaggebend war wahrscheinlich die Tatsache, dass mein Zukünftiger über ein gutes Einkommen verfügte. Meine Freundin Heidi, die die gleiche Lehre absolvierte, wurde meine Trauzeugin und später die Taufpatin meiner Tochter. Roberts Freund aus der Romandie, Jean Pointet, war Trauzeuge. Wenn ich an diesen Tag zurückdenke, spüre ich immer noch diese Angst und Unsicherheit, ob ich das Richtige tat. Auch auf vielen Fotos im weissen Album der Hochzeit, sehe ich nicht eben glücklich aus. Schlussendlich habe ich aber doch lange Zeit das beste daraus gemacht.
Obwohl ich am Mittwoch Morgen auf der gleichen Strecke in die Tablelands zurückfuhr, kam sie mir neu und spannend vor. Es war ein wolkenloser Tag und der Himmel von einem unwahrscheinlichen azurblau, dazu der Kontrast der tiefroten Erde und des frischen grünen Graslandes, ein triftiger Grund, um nicht zu rasen, sondern mit gemütlichen 60 Km die Stunde dahin zu tuckern. Ich hatte ganz bewusst den Tachometer beobachtet, während 38 Kilometern hatte mich kein einziges Gefährt weder gekreuzt noch überholt. Auf der Strecke von 120 Kilometern nach Innot waren es insgesamt 5 Fahrzeuge, die mir begegneten. Obwohl es mich juckte, nochmals in den heissen Quellen von Innot zu baden, fuhr ich daran vorbei um nach Ravenshoe zu gelangen.
Mein Kühlschrank gähnte vor Leere, ebenso meine Vorratskisten, ich musste dringend zum Fressalieneinkauf. Der winzige IGA-Market in Ravenshoe kam mir gerade recht um mich mit dem Nötigen einzudecken!
Ich hatte aber noch nicht genug von Cratern und Vulkanen und nahm deshalb den Umweg in Kauf und fuhr zum Hypipamee NP. Nach einer kurzen Wanderung durch Regenwald stand ich dann am Rande eines tiefen Craters. Die Basaltwände stürzten ca 60 Meter senkrecht in die Tiefe und weit unten sah ich einen mit grünen Algen völlig bedeckten Cratersee, es war sehr eindrücklich! Ein schmaler Pfad führt in Kehren steil hinunter zu einer Plattform, von der aus man einen guten Blick über die tosenden Wassermassen hat, die sich in drei Stufen als Dinner Fälle über die Felsen hinunterstürzen. Leider konnte ich keinen der hier heimischen Cassowarie`s entdecken, obwohl ich lange nach ihnen Ausschau hielt.
Zum Uebernachten bin ich schliesslich am Eachansee gelandet, da wo ich mit Geoffrey auch schon war. Kaum hatte ich mein Vordach montiert, brach ein Tropenregen los der in Kürze den Campingplatz in einen See verwandelte. Aber schon nach 15 Min. war der Spuk vorüber und die Sonne lugte wieder zwischen den noch immer schwarzen Wolken hervor und trocknete im Nu meinen mit Stoff bespannten Stuhl, den ich im Regen hatte stehen lassen.
Einen kurzen Moment nur überlegte ich, ob ich den Anruf annehmen sollte, das Display zeigte Geoffrey Howard an! Nachdem wir uns erzählten, was wir in der Woche seit unserer Trennung gemacht hatten, kam Geoffrey auf seine Heimreise zu sprechen. Er erzählte mir, wie er 6 Stunden auf dem Flughafen von Cairns auf seinen Flug nach Melbourne hätte warten müssen und wie er immer trauriger und verzweifelter geworden wäre, er hätte hemmungslos geweint. Warum Geoffrey, warum? Was ist geschehen? Fragte ich ihn. Ich konnte hören, wie er gegen das Weinen ankämpfte als er mir zu erklären versuchte, dass es nichts, rein gar nichts mit mir zu tun hätte. Es habe ihn die Panik übermannt und der Gedanke, mich nicht glücklich machen zu können, mich mitleiden zu lassen, wenn er seine Albträume hätte und mich mit Tagen des nicht sprechen könnens zu belasten. Er wusste schliesslich aus Erfahrung, dass keine Beziehung, und sei sie noch so tief und liebevoll, das auf Länge überstehen würde und er es mir schulde, fair zu sein und mich zu verlassen bevor unsere Beziehung noch tiefer sei und die Trennung noch schmerzlicher! Ich wusste nicht viel darauf zu antworten, wusste ich doch, dass er recht hatte. Nach dem Auflegen weinte ich noch ein bisschen und machte ein bisschen in Selbstmitleid. Sehr spät erst ging ich zu Bett um auch dann noch lange nicht einschlafen zu können, Scheisse, Shit, Merde – aber auch!
Die Reise geht weiter, sagte ich mir, halt wieder alleine! Hat ja durchaus auch seine Vorteile, viel mehr Platz im Bett, nicht mehr so auf die genaue Zeit Mittagessen, und auch viel einfacher kochen!
Nach Kuranda muss „man“, das hörte ich von allen Seiten und so parkte also auch ich mein Frogli auf dem riesigen Besucher Parkplatz. Da standen denn auch schon viele Touristenbusse die Menschen aus aller Herren Länder von Cairns und Townsville hierher bringen. Die Meisten steigen hier in den Zug ein, um durch die Barron Gorge, mit atemberaubenden Ausblicken in die tiefe Schlucht, nach Redlynch zu fahren. Den Rückweg geniessen sie dann in einer Gondel der Skyrail. Ich hatte es vorgezogen, meine Füsse zu benutzen und eine Wanderung durch den Tropenwald an die verschiedenen, gut markierten Lookouts zu machen.
Wie ein Bienenschwarm überfielen die Zugpassagiere während einem der planmässigen Stops, die über den Abhang gebaute Aussichtsplattform, knipsten sich gegenseitig mit Sicht auf die Wasserfälle und standen buchstäblich Schlange, um wenigsten einen schnellen Blick in die mehrere hundert Meter tiefe Barron Gorge zu werfen. Ich hatte mich in den hintersten Winkel verkrochen, es war ja nur eine Frage der Zeit, wann dieser Spuk ein Ende haben würde. Und tatsächlich, ein lautes hornen aus der Dampflok, die mit schönem Urwalddesign bemalt ist, und Alle rannten sie wieder zurück zu ihren Abteilen und die Plattform, die plötzlich riesig gross schien, gehörte mir ganz alleine. Lange sass ich da und sog die unerhörte Schönheit dieser Gegend in mich ein. Genau das war es was ich benötigte um wieder zu mir zu finden, hurra – ich lebe wieder, diese Myriaden von Grüntönen, die schroffen Felsen, die gelbblühenden Mimosen die sich dem Geländer entlang zogen, all das entzückte mich zutiefst und ein wunderbares Glücksgefühl durchströmte mich. „Do you enjoy it“? fragte eine Stimme neben mir, ich hatte überhaupt nicht bemerkt, dass ich nicht mehr alleine war, ein Mann mittleren Alters und in Wanderausrüstung schaute mich etwas belustigt an.
Ich war noch gar nicht in Stimmung, nach Cairns, in die grosse Stadt zu fahren, aber auch Kuranda war mir zu touristisch weshalb ich meine Karte konsultierte und ein grünes Dreieck (Campingplatz) im National Park der Barron Gorge fand. Eine schmale Strasse führt etwa 10 Km hinein in das riesige Waldgebiet. Mein Herz hüpfte vor Freude als ich den wunderschön am Hang angelegten Platz erblickte. Ein grosses, offenes Gelände, schön terrassiert, bot sich meinem Blick, die Stellplätze waren weit auseinander angelegt, zu jeder Parzelle gehörte ein massiver Holztisch mit Bänken, eine Feuerstelle und ein etwa 20 m2 grosser Rasenplatz. Ein einsames kleines Zelt war aufgestellt, davor lag ein blutjunges Pärchen in der Sonne, die einzigen Gäste! Und das sollte auch so bleiben!
Auch ich legte mich in die Sonne und schlief über meinem Buch eine Weile ein.
In dieser Nacht stand ich mehrmals auf, setzte mich in meinen bequemen Reporterstuhl und beobachtete den Sternenhimmel mit der so klaren Milchstrasse. Auf sanften Pfoten huschten immer wieder Possums und Wallabies umher und ich glaubte, eine grosse Eule über die Bäume hinweg fliegen zu sehen!
Vier Tage Cairns, das war mehr als genug, obwohl es eine ausserordentlich hübsche Stadt ist. Wie alle anständigen Touristen flanierte ich der Esplanade entlang, schlenderte zum Hafen hinunter und genoss am Pier einen Drink um auch mal gesehen zu werden! Ich hatte allerdings das Gefühl, dass die Aufmerksamkeit, die ich erregte, eher mässig war, mein Jahrgang schien hier nicht gefragt! Den Lunch nahm ich dann aus Kostengründen in einem chinesischen Take Away ein.
Einen Tagesausflug hinaus zum Outer Barrier Reef lag aber durchaus in meinem Budget und für 89$ wurde mir wirklich viel geboten. Vor zwei verschiedenen Inseln blieb viel Zeit zum Schnorcheln, (sehr gute Ausrüstung wurde zur Verfügung gestellt), eine Tour in einem Glasbodenboot und ein schmackhaftes und appetitlich angerichtetes Buffet waren im Preis inbegriffen, dazu eine äusserst nette Crew, ich war einmal mehr rundum zufrieden.
Ein leichter Sonnenbrand war der Preis dafür, dass ich einen weiteren halben Tag am langen Sandstrand von Holloway mit spazieren, schwimmen und lesen verbrachte. Und dann gings ans Zusammenpacken und aussortieren der noch vorhandenen Lebensmittel. Ich liess angebrochene Packungen von Reis, Zucker, Teigwaren, in der Campers Kitchen zum allgemeinen Verbrauch zurück und machte mich an die Innenreinigung von Fröschlein. Es blieb danach noch der ganze Dienstag, mein Flug nach Darwin ging erst um 19 Uhr und da es sich um einen Inlandflug handelte, brauchte ich erst eine Stunde vor Abflug am Flughafen zu sein.
Und so fuhr ich also am Dienstag Morgen los, tankte nochmals einige Liter Benzin um nicht am allerletzten Tag mit Fröschlein stehen zu bleiben. Eine Fahrt von 30 Kilometern brachte mich zum Car Park der Cristal Cascades. Von dort führt ein wunderschöner schattiger Weg, immer dem Fluss entlang, an mächtigen und hochaufragenden Felsen vorbei, die teilweise bedrohlich unterspült scheinen bis zu den Kaskaden. Diese fallen in mehreren Ebenen rauschend über verschiefertes, fast schwarzes Gestein, an einigen Stellen haben sich eigentliche Pools gebildet die bei den Einheimischen offensichtlich sehr beliebt waren, tummelten sich doch nicht wenige Menschen im Wasser. Mein Badekleid lag leider ziemlich weit unten in der fertig gepackten Tasche, schade!
Gemütlich fuhr ich anschliessend zum Lake Placid, einem Naherholungsgebiet von Cairns, verdrückte dort mein letztes Joghurt, einige Kräckers mit Oliven- und Macadamia Dip, zum Dessert zwei übriggebliebene Biscuits (furztrocken) und drei Bergspitzen der Toblerone, die Geoffrey mir mitgebracht hatte.
Immer noch blieben einige Stunden bis zum Abflug! Nicht allzuweit entfernt gibt es eine Kulturstätte der Aborigines, das Tjapukai-Center. Es ist gegliedert in mehrere Themenbereiche, als erste Attraktion gab es eine Tanz- und Gesangsvorführung bei der fünf halbnackte Männer, in schöner traditioneller Bemalung und eine junge Frau, Kriegs- Jagd- und Liebestänze aufführten. Die Körpersprache dieser Menschen ist einmalig! Bei der nächsten Station wurden wir über die Kunst des Didgeridoo-Blasens und der Herstellung dieser Instrumente unterrichtet. Es ist Ehrensache, sein Instrument selber herzustellen, sogar das Holz dazu in den Wäldern selber zu finden! Unter einem Unterstand, ausschliesslich aus Naturmaterialen hergestellt, genauso wie die Urbewohner seit zehntausenden von Jahren ihre Behausungen herstellten, erklärte uns die junge Frau aus dem Tanzteam die im Regenwald und in der Savanne vorkommenden Früchte und Beeren, Wurzelknollen wie Jams, Pilze und Nüsse die nebst erbeuteten Wildtieren wichtige Nahrungsquellen waren. Noch mehr Pflanzen, Früchte und Wurzeln führte sie uns vor, die in der Heilkunde Verwendung fanden. Bei einigen Rezepturen die sie uns verriet, erschauderten wir und der Gedanke, Schlangenzunge mit zermahlenen Knochen der Rotbauchechse eingelegt im Saft aus zerkauten und mit Speichel vermischten Blätter eines Strauches schlucken zu müssen, verursachte mir doch leichte Uebelkeit. Sie hatte auch ein wunderbares Rezept gegen Schlangenbiss; bestimmte Kräuter und Wurzeln zwischen zwei gegenüberliegenden Steinen verbrennen und dann mit den Füssen in die heisse Asche treten! Netterweise riet sie uns, sofort per Handy den Rettungsdienst zu organisieren um uns ins nächste Krankenhaus zu bringen!
Wer wollte, konnte sich anschliessend im Boomerangschiessen üben, natürlich mit original hergestellten Geräten und unter kundiger Anleitung!
Tief beeindruckt hatte mich die Filmvorführung im Historical Theatre. Die ungeheure und traurige Geschichte die dieses so friedliebende Volk seit der Inbesitznahme durch die Weissen bis in die heutige Zeit erdulden musste, grauenvoll! Von der Kindsverschleppung, Vergewaltigungen, Folterungen der grausamsten Art bis hin zur Ermordung ganzer Dorf- und Sippengemeinschaften, all das wurde gezeigt!
Ich brauchte einige Zeit, um das Gesehene zu verdauen und schaute mir nach Beendigung des ganzen Programmes die verschiedensten Gegenstände im angeschlossenen Shop an und kaufte einen der schön bemalten Boomerangs. Es sollte ein Geschenk für meinen Enkel Riccardo sein.
Es hatte sich viel an Gepäck angesammelt und ich machte mich auf Mehrkosten gefasst, aber der junge Mann am Check-in Schalter zuckte mit keiner Wimper als meine riesige Tasche, die ich nur mit Mühe schliessen konnte und mein Trolley, den ich normalerweise als Handgepäck mit dabei habe, auf der Waage 29 kg anzeigten. Als Handgepäck hatte ich meinen schönen roten Rucksack mit dem weissen Kreuz darauf, auch der pumpsvoll dazu noch die grüne Tasche von Woolworth, gefüllt mit den Lebensmitteln, die ich nicht verschenken mochte! Auch mit diesen Gepäckstücken hatte ich keinerlei Schwierigkeiten durchzukommen, weder bei der Safety-Control noch bei der Passkontrolle, ja ich durfte sogar ausnahmsweise den Gepäcktrolley mit aufs Gate nehmen.
Das Paravista Hotel in Darwin, das ich Online gebucht hatte, war trotz des stolzen Preises von 95$ sehr bescheiden! Es lag weit ausserhalb des Zentrums an einer lauten Durchgangsstrasse und mein Zimmer war winzig klein. Dennoch habe ich sehr gut geschlafen.
Mein neuer Camper Van, den ich bei der gleichen Vermieterin gebucht hatte, war bis auf wenige Details identisch mit Frogli, nur das Doppelbett war anders angelegt, die Sitzbank war nicht L-förmig sondern eine Bank und zwei gegenüberliegende Sitze, was zusammen mit den Rücklehnen auch ein schön breites Bett ergab.
Darwin ist eine kleine, aber äusserst quirlige Kleinstadt und nirgends sonst habe ich so viele Souvenir- und Sportgeschäfte, Reiseveranstalter, Backpackerhostels und Internetcafé`s angetroffen. Es scheint, die ganze Stadt habe sich auf Tourismus eingestellt.
Leider waren viele Zugangsstrassen zum Hafen gesperrt, es wurden neue Molen und Warften im grossen Stil gebaut, mit noch mehr Shops, Restaurants und Yacht- und Bootsplätzen.
Rund um Darwin werden einige lohnenswerte Drives angeboten, ganz besonders schön ist die Fahrt dem Rapid Creek Drive entlang zum Casuarin Drive und bis Coconut Grove, allerdings ist diese Gegend zum schwimmen nicht geeignet. Hoher Wellengang und gefährliche Strömungen verhindern das Schwimmen und Schnorcheln, nur wagemutige Surfer halten sich da auf und zeigen eindrücklich ihr Können! Aber gar nicht weit entfernt ist die mit schönem Sandstrand versehene Fanny Bay und wer sich für die beiden Weltkriege interessiert, kann am East Point das Militärmuseum besuchen. Bei Ebbe bietet sich der Süsswasser See Lake Alexander zum schwimmen an.
Der Shady Glen CG, in dem ich mich am 31. Mai für zwei Nächte einquartiert hatte, bietet einige Ausflüge an, darunter eine Fahrt zur Stokes Hill Wharf mit Fish`n Chips. Für 20$ habe ich einen wirklich superschönen Abend verbracht, der Sonnenuntergang von der Wharf aus war traumhaft schön und die Platte mit Barra (Barramundifisch), Prawns und Squid (Riesencrevetten und Tintenfisch) war sehr schmackhaft!
Für Donnerstag Abend hatte ich mich für den Dimily Market eingeschrieben und war auch damit recht zufrieden, obwohl es leider ein eigentlicher Markt für Touristen geworden ist. Pierre, ein Schweizer durch und durch, den ich beim Besuch der Stokes Hill Wharf kennenlernte und der auf demselben Campingplatz logierte, schloss sich mir an. Erst war es mir etwas unangenehm aber Pierre entpuppte sich als amüsanter Plauderer und er sah dazu noch sehr gut aus!! Leider nicht mein Jahrgang!
Mehr als die Hälfte der 200 Stände waren dem leiblichen Wohl vorbehalten, davon wiederum ein grosser Teil mit asiatischen Speisen. Ich hatte mir ein afrikanisches Couscous mit Lammfleisch schmecken lassen und später, anstelle einer süssen Crepe (an diesem Stand wartete eine unendlich lange Menschenschlange), verdrückte ich eine Schale mit wunderbaren frischen Fruchtstücken. Bei einem Glas Rotwein schüttete Pierre sein Herz aus, ihm stand die Scheidung von seiner Frau bevor. Er flüchtete vor vier Monaten aus der Schweiz um mit sich ins Reine zu kommen, ich war mir aber nicht sicher, ob er das geschafft hatte, auch wenn er dies noch so sehr beteuerte.
In mir weckte diese Geschichte Erinnerungen an meine eigene Scheidung. War es möglich, dass das tatsächlich schon fast 16 Jahre zurücklag? Mein Ex-Mann nahm es mit der Treue nie so ernst, er hatte immer mal wieder seine kleinen, amourösen Abenteuer. Das erste bereits in der 3. Woche nach unserer Heirat. Damals brach für mich eine Welt zusammen, ich war noch nicht mal 18 Jahre alt und voller Ideale, Treue war für mich eine unabdingbare Voraussetzung einer Ehe! Da ich schwanger war, konnte ich nicht einfach davonlaufen und blieb und hoffte über viele Jahre, dass er das noch lernen möge, leider vergebens. Obwohl wir in unseren 26 gemeinsamen Jahren auch viele gute und harmonische Zeiten erlebten, hatte ich definitiv die Nase voll von seinen Kapriolen, als er mich mit meiner Freundin und Nachbarin betrog, das brachte das Fass zum Ueberlaufen und ich entschied mich für die Trennung von meinem Mann. Dankbar bin ich heute noch dafür, dass wir uns in Anstand und Frieden trennen konnten, wir nahmen uns, um Kosten zu sparen, einen gemeinsamen Anwalt, der für uns eine Scheidungs-Konvention ausarbeitete die vom Gericht dann ohne Einschränkungen angenommen wurde. Am 4. Okt. 1990 wurden wir in einem Verfahren, das keine 15 Minuten dauerte, geschieden. Ich brauchte allerdings mehr als zwei Jahre, in denen ich unendlich viele Tränen vergossen hatte, um einigermassen über die Trennung hinweg zu kommen! 26 Jahre streicht man nicht so leicht durch! Ich übersiedelte von Adetswil nach Wetzikon in eine schöne 4-Zimmer Altwohnung ganz nahe am Bahnhof. So konnte ich mein schweres Gepäck jeweils vor einer Reise als Reiseleiterin mit dem Auto zum Bahnhof bringen um später zu Fuss dahin zu gelangen.
Tatsächlich fanden Robert und ich zu einem freundschaftlichen Umgang, was auch für unsere Kinder vieles einfacher macht. Sie brauchen sich nicht zu fragen, wen von Beiden sie einladen sollen.
Am 2. Juni sass ich an den Ufern des Mary River`s, vor mir auf dem Campingtisch ein Glas Rotwein. Die Flasche Wein war ein Geschenk des Flight Attendant auf dem Flug von Cairns nach Darwin, mit dem ich mich lange unterhalten hatte, da das Flugzeug nicht mal halb voll war und er viel Zeit hatte. Er wollte wissen, was ich so alles gemacht und gesehen hatte und konnte sich nicht davon erholen, dass ich seit fast fünf Monaten alleine durch Australien reiste. Die Zeit mit Geoffrey hatte ich ihm unterschlagen, ging ihn ja auch nichts an! Wie viele Kollegen seiner Berufsgilde, kannte er viele fremde Länder besser wie sein Heimatland. Ich muss gestehen, dass auch ich in Schweizer Geografie sehr schwach bin!
Die Sonne war bereits untergegangen und die vielen Wasservögel, Reiher, Gänse und Stelzvögel standen oder schwammen in den seichten Uferzonen. Langsam verfärbte sich der Himmel, die leichten weissen Wolkenstreifen wurden zu orangen, flatternden Stofffetzen die sich mit dem Wind ständig in ihrer Form veränderten. Plötzlich flogen ganze Schwärme von Vögeln in die Luft was mit lautem Schreien und Rufen verbunden war, ein Motorboot mit Fischern an Bord tuckerte vorüber. Eigenartigerweise ist in Australien in fast allen National-Parks das Fischen erlaubt, meistens sogar kostenlos und ohne Patent! Bald kehrte wieder Ruhe ein, die Färbung des Himmels wurde immer intensiver, leuchtend orange, rot bis dunkelmanganrot und hin zu violett und der Abendstern Sirius stand auch schon strahlend am Himmelszelt. Ich konnte mich nicht satt sehen und vergass alles um mich herum. Wie schon so oft, befand ich mich alleine auf diesem wunderschönen Bushcamp von Couzin Lookout im Mary River Nationalpark. Dabei bot dieser Platz nebst der grandiosen Aussicht auf den Fluss noch einiges mehr. Chemische Toiletten waren vorhanden, die mit Holzbalken abgetrennten Stellplätze schön geebnet was ein Schlafen ohne lästiges Rutschen entweder seitlich, kopf- oder fusswärts gewährleistet, eine eiserne Feuerstelle und einen grossen Holztisch für jeden der etwa 25 Plätze. Nach den vielen Städtetagen, vier in Cairns und drei in Darwin, frohlockte ich richtiggehend, als ich am Morgen Darwin verliess und auf dem Arnhem Hwy. Richtung Kakadu NP fuhr.
Das Wort Kakadu hat übrigens nichts mit dem weissen Papageienvogel zu tun, sondern stammt von den hier lebenden Ureinwohnern, den Binini und Mungguy`s die das Gebiet Gagadju nannten. 1989 überliessen sie per Vertrag das riesige Gebiet von fast 20 000 Km2 für 99 Jahren der Regierung, sprich den Weissen, zur Nutzung als National Park, der 1987 von der Unesco zum Erbe der Menschheit erklärt wurde. Es werden 5 topografische Regionen unterschieden; die Gezeitenzonen mit Sand- und Schlickbänken, die Ueberschwemmungsebenen, die während 4 – 6 Monaten unter Wasser stehen, das Hügelland, das von Felsen und Termitenbauten durchsetzt ist, das Escarpement, eine steile, 500 Km lange und zerklüftete Abbruchkante die zum Arnhem-Plateau überleitet und einem durch Erosion zerklüfteten Sandsteinblock, der vor ca. 1,8 Milliarden Jahren durch Sedimente abgelagert wurde.
Bevor ich allerdings in den eigentlichen NP eintrat, machte ich einen sehr schönen, vor allem morgens oder abends lohnenswerten Spaziergang beim Fogg Dam zur Beobachtung der vielen verschiedenen Wasservögel. Der grösste Teil des Rundwanderweges ist über einen Bordwalk (Holzstege) trockenen Fusses zurücklegbar. Auf den grösseren Wasserflächen lagen tausende weisser Seerosen und lilafarbige Lotosblüten, oft konnte ich kaum noch das Wasser sehen, so dicht standen die Blüten und Blätter. Ueber den eigentlichen Damm (es handelt sich nicht etwa um einen Stausee) sondern um aufgefülltes Material, führt eine schmale Asphaltstrasse, viel interessanter aber ist es, diese Strecke von 1,2 Km zu Fuss zurückzulegen. Allerdings sollte man strikte auf der Strasse bleiben, das ganze Gebiet wimmelt von Krokodilen! Leider hat sich mir keines gezeigt, nicht mal als dunklen Schatten irgendwo im Wasser, obwohl ich doch so lange und intensiv geguckt hatte. Aber wer wie ich Freude an Vögel hat, kommt allemal auf seine Kosten. Ueber mir, keine 10 Meter hoch, kreisten Weissbauch-Adler, ich konnte den Flügelschlag ihrer Schwingen hören. Weihen, Schwarzmilane, Falken, mehrere blaue Eisvögel. Elegante, schneeweisse Kranich-Ibisse, so genannt wegen ihrem fedrigen Kopfputz, zogen ihre Kreise am Himmel oder liessen sich schwankend auf den Aesten der umliegenden Bäume nieder.
Ein ganz unglaublich schöner Tag, der mich noch mit dieser traumhaften Abendstimmung verwöhnte, hinterliess in mir eine wunderbare und glückliche Stimmung, ich fand das Leben einmal mehr wunderschön! Australien ist definitiv ein Land zum Träumen!
Was mich am Morgen des 3. Juni nicht ganz so glücklich machte, waren die vielen Mückenstiche, meine Beine und Arme waren übersäht mit roten Buckeln und ich verwendete eine ganze Menge Fenistilgel aus meiner Reiseapotheke. Ich nahm mir vor, mich im nächsten Geschäft mit Anti Moskito Spray einzudecken, ganz egal, was das kosten würde. Die Preise in den Northern Territories und vor allem in den National Parks sind unverschämt hoch, Lebensmittel, Früchte und Fleisch sind massiv teurer als in den anderen Bundesstaaten und das Benzin liegt bei 1.65$ pro Liter. Gut, dass ich nicht mehr extrem lange Strecken mit vielen Kilometern zurücklegen musste.
Mit grossen Erwartungen überfuhr ich die Grenze zum eigentlichen Gagadju NP. Links und rechts der Strasse immer das gleiche Bild, Kilometer um Kilometer fuhr ich durch savannenähnliches Land, die Strasse sehr gut ausgebaut und die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit lag bei 90 Km/Std.Schön, mir blieben noch viele Tage, weshalb ich bei der „fliegenden Rangerin“ (sie betreut mehrere Campgrounds und ist den ganzen Tag unterwegs) gleich für zwei Nächte bezahlte.
Den 4. Juni habe ich mit kleineren Spaziergängen zu weiteren Sandsteinfelsen mit Felsmalereien, die nicht ganz so eindrücklich waren wie diejenigen am Ubirr, und dennoch Beispiele, wie die frühen Einwohner ihre Lebensgewohnheiten auf Stein verewigten.
In der Hoffnung auf Sichtung eines Krokodils machte ich an mehreren Stellen Spaziergänge dem East Alligator-River entlang, aber Keines tat mir den Gefallen, sich zu zeigen! Und weil einige meiner Camp-Nachbarn mir vorgeschwärmt hatten, wie schön doch der Sonnenuntergang auf dem Ubirr sei, beschloss ich, doch nochmals hinzugehen. An verschiedenen Stellen informieren Ranger (meist Abkömmlinge der Ureinwohner) an aufeinander abgestimmten Zeiten, über Bräuche und Sitten der Ureinwohner, über Geologie, Fauna und Flora und die jahreszeitlichen Veränderungen. Der erste „Talk“, zu Beginn des Rundganges, beginnt jeweils um 16.45, der Letzte dann bei Sonnenuntergang, gegen 18.00.
Auf dem Plateau angekommen, war wirklich „Dream-Time“. Obwohl sich viele Menschen eingefunden hatten, herrschte zeitweise absolute Stille und man konnte tatsächlich das Rauschen der vorüberziehenden Adler hören. Während sich im Osten der Himmel in rosa und pink zu färben begann, leuchtete im Westen der Himmel noch in leuchtendem Azur, langsam wurde es in der Ebene unter uns dunkel und alle Augen waren zum Himmel gerichtet, natürlich wurde fleissig fotografiert. Einige Besucher hatten doch tatsächlich ihre Stative über die Felsen hinaufgeschleppt, ich beneidete sie ein bisschen, denn so mussten unwahrscheinlich tolle Bilder entstanden sein!
Ich machte mir ein bisschen Sorgen um den Abstieg, an einigen Stellen mussten hohe Felsstufen überwunden werden und ich hoffte insgeheim auf etwaige Hilfe von Mitabsteigenden. Es überrascht immer wieder, wie hilfsbereit die Menschen hier sind, nicht mal nur die Australier, sondern auch ausländische Touristen! Ich kam heil unten an, ganz und gar ohne fremde Hilfe. Ich hatte mich unterschätzt, denn auch die hohen Stufen überwand ich mit Bravour!
Meine letzten Ansichtskarten hatte ich in Jabiru der Pöstlerin persönlich übergeben- doch, doch, die Post gehe jeden Tag per Flugzeug vom 2 Km entfernten Flugfeld ab, versicherte sie mir. Im Foodland – Futterland- habe ich mir das nötigste Futter für die nächsten Tage eingekauft bevor die Fahrt weiter ging. Der Iligadjarr Walk hatte für mich auf der Karte sehr attraktiv ausgesehen, er führt von einem Bushcamping, den ich allenfalls für die Nacht benutzen konnte, zum Burdulba Billabong und geht über zum Malabanjbanjdiu, ein Zungenbrecher sondergleichen den ich mir Buchstabe um Buchstabe abschreiben musste, und ist ca. 4 Kilometer lang, d.h. es bleibt viel Zeit, die Vögel zu beobachten. Der Campingplatz und die Wanderung sind dem Kakadu Hwy.entlang sehr gut ausgeschildert, sodass es wirklich einfach ist, sie zu finden. Was leider nicht schon bei der Verzweigung am Hwy ersichtlich war, einige Wanderwege waren saisonal noch gesperrt. Da die Ueberschwemmungen in diesem Jahr länger andauerten war auch die Gefahr, von Krokodilen angefallen zu werden, relativ hoch. Leider war auch mein geplanter Weg gesperrt und ich war sehr enttäuscht, fasste mich aber schnell wieder, da ein weiterer Höhepunkt auf mich wartete, der Nourlangie Rock.
Ueber Treppen und Holzstege wird man von einer Felsmalerei zur Nächsten geführt. Auf Schildern werden die Dreamtime-Stories, die Entstehungsgeschichte, die Bedeutung der abgebildeten Gestalten von Menschen und Tieren, Verhaltensregeln, Verwandtschaftsgrade und Bestrafungen bei Verletzung solcher Regeln, dargestellt und erklärt. Ganz erstaunlich ist die in jüngster Zeit vorgenommene Datierung, die ältesten Felsmalereien sollen bis 50 000 Jahre alt sein. Oftmals liegen mehrere Bilderschichten übereinander und bezeugen die klimatischen Veränderungen, damit einhergehend andere Tier- und Pflanzenarten. Es gibt Unterscheidungen in gute, nicht giftige, zur Nahrung oder zu Heilzwecken verwendbare Pflanzen und in schlechte, die krank machen oder gar tödlich sind. Einmalig in dieser Art ist die Anbangbang Gallery mit den gestochen scharfen Malereien in so frischen Farben, als wenn sie erst kürzlich gemalt worden wären. Tatsächlich werden einige, meist gut zugängliche Felsmalereien von den Ureinwohnern in Sippenzeremonien von Zeit zu Zeit erneuert, manchmal nur nachgemalt, wie die Schichten aber zeigen, oft auch übermalt mit neuen Bildern.
Der letzte Ritus ereignete sich 1964, als die Ureinwohner damit auf sich und ihre uralte Kultur aufmerksam machen wollten.
Ich stieg noch zum Gun-Warddehwardde Lookout hoch und wurde mit einer grandiosen Aussicht auf den mächtigen Nourlangie Rock belohnt! Im geschützten und abgeriegelten Gebiet des Nourlangie ist striktes Campingverbot und nach Sonnenuntergang wird das grosse Eisentor zugesperrt (es werden Bussen bis 55 000$ für die Beschädigung der Malereien angedroht!).
Auch der Anbangbang Billabong Walk war gesperrt, in Sachen wandern war ich nicht gerade vom Glück verfolgt! In Coinda stellte sich der Zeitgewinn dann aber als sehr positiv heraus, die Yellow Water Cruise um 16.30 soll nämlich die weitaus interessanteste sein und der schönen Abendstimmung wegen auch die Schönste. Gebucht habe ich sie an der Reception der Gagadju Lodge, Hotel und Caravan Park, Benzin Station und Flussfahrten Anbieter. Diese zwei Stunden auf dem Yellow Water, einem Nebenarm des South Alligator`s, war etwas vom Schönsten was ich je auf Wasser gemacht habe, manchmal sanft und fast lautlos dahingleitend wenn irgendetwas zu beobachten sich anbot, dann wieder in forschem Tempo distanzgewinnend und immer wieder das Aufmerksammachen auf Vögel, Seelilien, seltene Bäume, das Erklären der Unterschiede zwischen Salties (Salzwasserkrokodile) und Sweeties (Süsswasserkrokodile). Erstere sind viel grösser, werden bis 6 Meter lang und sind sehr agressiv, während die Sweeties um einiges kleiner und extrem scheu sind. Es wimmelte von Kroko`s, Weibchen lagen regungslos auf Sandbänken auf Beute lauernd, 3 oder 4 Jungtiere, die Teenies, schwammen im Wasser und wir konnten mit unserem flachliegenden Boot ganz nahe an die Tiere herankommen bevor sie übermütig planschend im braunen Wasser verschwanden. Die Krokodilweibchen beschützen die geschlüpften Jungen vor allfälligen Feinden, indem sie sie einfach mit dem Maul einsammeln um sie, wenn die Gefahr vorüber ist, wieder auszuspucken.
Als sich die Exkursion dem Ende näherte und wir nur noch den herrlichen Sonnenuntergang bewunderten der das Wasser blutrot färbte und sich die mittlerweile zu tausenden angekommenen Macpie Gänse als dunkle Silhouetten zeigten, glitt leise und gemächlich das grösste Krokodil das ich je zu Gesicht bekam vorüber. Ich konnte jeden der aufragenden Rücken- und Schwanzdorne, die facettenartige Musterung der Haut und die hellen Zeichnungen darauf erkennen. Der Kopf und die Schnauze, die wesentlich breiter sind wie bei den Sweeties, waren alleine schon gegen einen Meter lang und der lange Körper, übergehend in einen sich verjüngenden Schwanz, wollte kein Ende nehmen. Es handelte sich um ein 6m langes Männchen! Und das so nahe der Anlegestelle! Nun erst glaubte ich den vielen Warnschildern die an Brücken und Wanderwegen entlang der Gewässer aufgestellt sind und eindringlich vor Kroko`s warnen, ich fand das bis anhin völlig übertrieben!
Natürlich sind die Krokodile das spektakulärste an diesen Ausflügen, aber Vogel- und Naturfreunde kommen ebenso voll auf ihre Kosten. Wir sahen viele Arten von Wasservögeln, aber auch mehrere Fly-Catcher, den blauen Kookaburra, ein Eulenpärchen, brütende Sichelkormorane, Schwarzmilane die Beute jagten, fischende Adler, den seltenen Jabiru, eine Storchenart und das noch seltenere Jacana, das mit langen dünnen Beinen und mit hochrotem Kopf über die grossen Lotosblätter im Wasser stelzte.
Ich überlegte mir ernsthaft, ob ich diese Tour am nächsten Morgen nochmals unternehmen sollte, liess es aber dann doch sein aus Angst, enttäuscht zu werden, wenn es sich als nicht so wunderbar erweisen sollte wie am Abend!
Früher als geplant, verliess ich den Kakadu, machte aber zuvor noch Station, um in Gunlom zu wandern und zu baden. Kaum vom Hwy abgezweigt, befand ich mich auch schon wieder auf einer Gravel-Road, von einem befragten Ranger als easy driveable-leicht befahrbar beschrieben! Sie entpuppte sich dann allerdings als die Schlimmste, die ich je befahren hatte. Die Corrugates-wellenblechförmigen Zwischenräume waren so tief, dass Chäferli fast auseinanderbrach als ich mit den nun schon gewohnten 55 – 60 Km darüber brausen wollte. Die Gläser und Teller in den Kästen klirrten bedenklich, Bücher und Broschüren und Alles was nicht niet- und nagelfest war wirbelte durcheinander. Mir blieb nichts anderes übrig, als mit 10 Km die Stunde über diese Strecke zu fahren. Leider sah ich nicht immer rechtzeitig die tiefen Schlaglöcher, dann hiess es, sich mit aller Kraft am Steuer festhalten. Nach langen 13 Km kam ich bei einem Bushcamping vorüber und überlegte allen Ernstes, hier Schluss zu machen und zu bleiben. Nur, hier konnte man rein gar nichts unternehmen, keine noch so kurze Wanderung, keine Pools zum Baden, nichts- ausser einer chemischen Toilette, (was ja auch sehr wichtig sein kann), mehreren Feuerstellen und eben einigen Stellplätzen. Very safe, at least no Croco`s! Also, auf die Zähne gebissen und weitergefahren! Nochmals abscheuliche 9 Kilometer, ich entschuldigte mich bei Chäferli, und tapfer wie er war, fuhr er mich zum Ausgangspunkt der Wanderung, zum Yirmik Waterfall.
Wegen der hohen Temperaturen, es war über 30°, legte ich eine Mittagspause ein, räumte Geschirr und Lebensmittel neu ein und ordnete meine Buchhaltung, schrieb die allerletzten Karten (für Diejenigen, die ich fast vergessen hätte) und plante die nächsten Tage.
Gegen halb vier konnte mich nichts mehr aufhalten, Wasser im Rucksack, Hut auf und los gings. Ein gut sichtbarer, gesäuberter Wanderweg führt einem schmalen Creek entlang der mit stehendem Restwasser ein Paradies für Mücken zu sein schien. Die Distanz zum Wasserfall wurde mit 3,8 Km angegeben, dazu brauchte ich eine knappe Stunde. Es waren nur leichte Höhenunterschiede zu bewältigen, dafür sehr steinige und über grosse Granitblöcke führende Abschnitte zu überwinden. Auf dem Hinweg begegneten mir drei Paare; Ein älteres Ehepaar wie mir schien, die Frau immer 20 Meter voraus, der Mann trottete munter hinterher, ein ganz junges, offensichtlich sehr verliebtes Paar, händchenhaltend und noch Eines, bei dem der Haussegen schief zu stehen schien. Beide mit düsteren Mienen gehend schienen sie auch keine Lust zum Grüssen zu haben!
Beim Wasserfall angekommen war ich wohl der letzte Mohikaner, keine Menschenseele weit und breit. Ich rekapitulierte, beim Loswandern sah ich genau drei Fahrzeuge auf dem Parkplatz stehen, das hiess, nachdem mir die drei Paare begegneten, sie waren alle auf dem Rückweg, konnte gar niemand mehr anwesend sein! Also dann, Kleider ausgezogen und nacket rein ins wunderbare Nass. Unterhalb des Wasserfalles befanden sich in Stufen drei richtig schöne natürliche Pools, nicht wirklich gross genug zum Schwimmen, aber 2- 3 Züge taten es auch. In einem Balanceakt sondergleichen versuchte ich, mich mit meiner Digitalkamera abzulichten ohne dass sie nass oder gar ins Wasser fiel. Es kamen ganz lustige Bilder raus und ich habe gejuchzt vor Wonne und mich wie ein Kind, das noch an Wunder glaubt, gefühlt. Ich- nackt und ganz allein in einem Naturpool am Top End of the World.
Auf dem Rückweg stand die Sonne schon recht tief was die Kalksteinfelsen in ein wunderschönes warmes orange tauchte, viele Schmetterlinge kreuzten meinen Weg, immer wieder flogen erschrockene Vögel auf und Känguruh`s hoppelten in grossen Sprüngen ins nächste Gebüsch. Ich fühlte mich so rundum glücklich und erfüllt, dass mir die bevorstehenden Kilometer Schotterstrasse nichts anhaben konnten. Ich schaffte es denn auch noch, vor Anbruch der Dunkelheit in einem der Bushcamps der Gumlom Falls anzukommen und verbrachte einen Abend mit diesem bei uns unbekannten, herrlichen Sternenmeer.
Dieses Bushcamp schien sehr beliebt zu sein, Reiseunternehmen mit 4x4 Kleinbussen und 10 Teilnehmern machten hier Station und stellten in Rekordzeit ihre kleinen, handlichen Igluzelte auf. Es waren ausschliesslich junge Leute die später um die lodernden Feuer sassen und auf den Billy-Tea warteten, sie schienen müde zu sein, hatten wahrscheinlich einen langen und erlebnisreichen Tag hinter sich denn nach halb 10 sah und hörte ich nichts mehr von ihnen. Für sie war um 6 in der Früh Tagwache, da konnte ich mich getrost nochmals auf`s Ohr legen und weiterschlafen. Ich war dann auch die Letzte, als ich gegen halb 10 den Platz verliess. Ich gehörte noch nie zu den Early Birds (Frühaufsteher) und hatte schon als Schülerin Mühe mit dem Aufstehen, Abends allerdings bin ich dafür bis weit in die Nacht hinein voll da!

Heidelberg
Als meine Kinder noch klein waren schärfte mein Mann ihnen ein, mich ja in Ruhe zu lassen bis ich meinen zweiten Kaffee nach dem Aufstehen zu mir genommen hatte, das funktionierte super bis sie erwachsen waren und aus dem Hause gingen. Auch bei Freunden und Bekannten war ich als eigentlicher Morgenmuffel bekannt, dabei litt ich doch nur an ziemlich niederem Blutdruck und brauchte eben meine Zeit, bis mein Kreislauf angelaufen war. Ich musste immer sehr darauf achten, nicht zu schnell aufzustehen, um nicht gleich umzufallen und ohnmächtig zu werden, was auch schon mal passierte. Oft konnte ich mich noch im letzten Moment an einem Türpfosten festhalten und wenn ich die Stirne gegen die kühle Türe presste, ging die Schwäche jeweils schnell vorüber.
Einmal, als ich in Heidelberg und Umgebung ohne Kollegin für meine Firma eine 4-tägige Tour rekognoszieren musste, meine Kollegin schied ganz kurzfristig aus, verletzte ich mich am Ellbogen. Ich stand an jenem Tag um sechs Uhr früh scheinbar so schnell auf, dass ich gleich hinfiel und für kurze Zeit das Bewusstsein verlor. Als ich wieder zu mir kam spürte ich zwar keinen Schmerz, aber alles war voller Blut und es dauerte eine Weile, bis ich die Wunde am Ellbogen entdeckte, es war ein etwa 2 Zentimeter grosser Riss aus dem das Blut sprudelte. Da ich ohne Pjama zu schlafen pflegte, musste ich mir umständlich etwas überziehen und die Wunde mit dem Frottiertuch abdecken, bevor ich mit meiner Reiseapotheke zur Reception gehen konnte. Zu dieser frühen Stunde war noch der Nachtportier anwesend und ich befürchtete, dass er gleich in Ohnmacht fallen würde als er meine Wunde sah, die ich ihn bat, zu verbinden. Er wollte mich davon überzeugen, sofort zum Arzt zu gehen um die Wunde nähen zu lassen. Dafür hatte ich aber wirklich keine Zeit, ich hatte doch in den zwei Tagen vor Ankunft meiner Gruppe noch so viel zu erledigen! Es kam Alles gut, die Wunde heilte auch ohne vernähen gut und mir war es eine Lehre, so schnell aufzustehen anstatt vor dem Aufstehen mich eine Weile auf die Bettkante zu setzen. Die Tour verlief prächtig, meine Teilnehmer waren begeistert und Heidelberg gefiel mir ausnehmend gut und ich behielt es trotz des kleinen Unfalls in bester Erinnerung!
Vielleicht graute mir aber mehr als ich mir eingestehen wollte, die 13 Kilometer Staub, Löcher und Wellen in Angriff zu nehmen, aber zusammen, Chäferli und ich, haben wir das bravourös geschafft. Die Weiterfahrt nach Kathrin war dann wie Ferien, wunderschöner, schwarzer Asphalt, breite Strasse! Im Nitmiluk Nationalpark angekommen, habe ich gleich die 4-stündige Schluchtenfahrt gebucht, die Ganztages Tour wurde erst zwei Wochen später wieder aufgenommen, zum Beginn der Hauptsaison. Ein grosser Campingplatz der dank der vielen grossen Bäumen den ganzen heissen Tag über im Schatten liegt, bietet Platz für Zelte, Motor-Homes und Camper-Van`s und ist mit allem Komfort ausgestattet.
Gegen Abend ging ich, nur mit meiner Kamera bewaffnet, auf einen Spaziergang am nahen Kathrin River. Auf dem schmalen, einsamen Pfad sprangen hin und wieder Wallabies und kleine, rote Känguruh`s erschreckt auf und machten sich mit Riesensprüngen aus dem Staub. Es erstaunte mich, dass die Tiere auch hier so scheu sind, obwohl doch seit langer Zeit die ganze Gegend von Touristen wimmelt und man meinen könnte, sie hätten sich an die Menschen gewöhnt.
Die Luft war erfüllt mit den verschiedensten Vogelstimmen, das Plätschern von Wasser zeigte mir die Nähe des Flusses an. Der Weg endete auf einer grossen Sandbank, die dicht mit Süsswasser-Mangroven bewachsen war. Die Sonne, die schon tief stand, zeichnete wunderschöne Muster auf Sand und Wasser, ein Ort, so richtig zum Träumen. Ausnahmsweise trug ich noch mein Handy mit, da ich die letzten Tage keinerlei Network hatte, und tatsächlich rief mich Jacqueline an als ich bereits wieder auf dem Rückweg war. Ich setzte mich auf einen Holzbalken am Strassenrand und wir plauderten gute 20 Minuten lang, ich beschrieb ihr in allen Einzelheiten meinen eben gemachten Spaziergang. Wie schön, wäre sie jetzt hier und könnte die Wärme geniessen, zuhause war es immer noch sehr kalt und der Frühling fand scheinbar in diesem Jahr in der Schweiz nicht statt. Sie freute sich sehr, als ich ihr mitteilte, dass ich früher als geplant zurückkehren würde. Meine kleine Sharon, die diesen Winter schon zum 3. Mal mit Grippe das Bett hüten musste, oh, wie vermisste ich sie, meine Enkelkinder, und natürlich auch meine Kinder, Jacqueline und Böbi. Das Heimweh übermannte mich dann doch ganz stark, aber ich war fest entschlossen, die verbleibenden zwei Wochen noch voll zu geniessen.
Die Nächte in den Northern Territories sind alles andere als heiss, ich musste mitten in der Nacht meine Wolljacke anziehen und die Fleecejacke zusätzlich über die Bettdecke legen um nicht zu frieren. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht betragen oft bis 25°!
Mit etwas Verspätung legten wir morgens um viertel nach neun vom Bootssteg, der sich ca. 500 Meter hinter dem Visitor Center befindet, ab. Sanft glitt das Schiff mit leisem Motorengeräusch mit 30 Passagieren an Bord durch die erste Schlucht. Ein lang gehegter Traum ging für mich in Erfüllung, wie oft hatte ich mir beim Anschauen von Bildern aus dieser Gegend gewünscht, einmal im Leben da zu sein und dieses Wunder der Natur mit eigenen Augen zu bewundern!
Wir wurden von zwei Rangern begleitet die abwechselnd das Boot steuerten oder Erklärungen zu Geologie, Flora und Fauna und der Lebensweise der Ureinwohner, den Jawoys, abgaben. An besonders schönen Stellen wurden für kurze Zeit die Motoren abgestellt, Zeit zum fotografieren und geniessen. Hoch ragen die Felswände auf beiden Seiten senkrecht auf und deutlich sind die verschiedenen Schichten und Schleifen von Mineralien im Kalkgestein sichtbar und auch die Höhe der jährlichen Flut ist am Gestein deutlich erkennbar. Gerade noch den Schatten eines der extrem scheuen Süsswasserkrokodile konnte ich noch erhaschen, bevor es sich eilig von einer grasbewachsenen Sandbank ins Wasser gleiten liess.
Beim 1. Katarakt hiess es aussteigen und etwa 300 m zu Fuss über einen in den Fels gehauenen Weg zu gehen um in ein bereitstehendes Boot zu Beginn der 2. Schlucht umzusteigen. (Zwei oder drei Boote sind gut vertäut stationiert). Der folgende Teil der Kathrin Gorge war für mich der eindrücklichste, links und rechts ragen die Felswände noch höher auf, auf der einen Seite in wundervollen rot und orange Tönen die durch die eindringenden Sonnenstrahlen richtiggehend aufleuchteten, auf der Schattenseite herrschten eher graue und dunkelviolette Farbtöne vor. Zwischendurch, an breiteren Stellen, luden kleine Sandstrände zum baden ein. Nach einer weiteren Stunde hiess es erneut, umsteigen. Diesmal waren es nur einige Meter, die wir zu Fuss überwinden mussten um in die 3. Schlucht und ins 3. Boot zu kommen. Am Ende dieses Teiles versperrten riesige Felsblöcke ein Weiterkommen und die meisten der Teilnehmer kletterten auf das Felsplateau hinauf, um die Fortsetzung der Schlucht wenigstens gesehen zu haben. Auch hier hat das Zeitalter der Heli`s schon längst begonnen und Helikopterflüge werden angeboten, die über die gesamte Länge der Kathrin-Gorge fliegen, sie soll insgesamt 13 Schluchten aufweisen.
An einer geeigneten Stelle wurde uns noch der versprochene Tee serviert, dazu gab es Früchtekuchen und Orangen und wer wollte, konnte sogar ein Bad nehmen. Die Meisten zogen aber vor zu erfahren, wer woher stamme und es war ein lustiges kauderwelsch zu hören. An den diversen Akzenten erkannte ich Italiener, Franzosen und Japaner, auch ein indischen Paar im Honey-Moon war mit dabei, blonde, weisshäutige Mädels die ich Schweden zuordnete, Australier mit ihrem breiten australischen Akzent! Ich war die einzige Schweizerin, was mich sehr wunderte, hatte ich doch schon oft den Eindruck, dass die meisten ausländischen Touristen denen ich begegnete, Schweizer waren. Auf einem Campingplatz fragte mich sogar einmal ein Ranger „Tell me Lady, are there any Swiss left in your country? They all must be here!”
Natürlich mussten die gleichen Prozedere des Umsteigens auf dem Rückweg wieder absolviert werden.
Durch die veränderten Lichtverhältnisse schien es, als wären wir ganz woanders und durch das Aufmerksam machen auf Besonderheiten durch die Ranger gab es viele weitere Sujets zu fotografieren. Rundum zufrieden verliess ich das Schiff und spazierte durch die gut gestaltete Ausstellung des Visitor Center`s, das die gemachten Erfahrungen noch vertiefte.
Am Nachmittag war faulenzen angesagt. Irgendwann musste ich dann mal und auf dem Weg zum stillen Oertchen wurde ich, als ich unter einem Baum vorbeiging, von oben richtiggehend nass gespritzt. Dort oben hingen kopfüber eine ganze Kolonie Flughunde, und die mussten offensichtlich auch mal, und scheinbar Alle zu gleicher Zeit. Im Nu hatte ich ein sehr aufdringliches, übelriechendes Parfum an mir und da half nur Eines- duschen mit viel Duschgel und von Kopf bis Fuss frische Kleidung. Der Ranger, der seine Runde durch den Park machte, zeigte mir Bäume, in denen junge tote Flughundkinder schon stark verwest und angefressen, hingen. Sie waren Opfer der allzulange dauernden Ueberschwemmung während derer ihre Eltern nicht genügend Futter fanden und so verhungerten viele der Jungtiere.
Ich schien Jim, dem Ranger, zu gefallen, denn er kam allenthalben bei mir auf ein Schwätzchen vorbei und machte mir Komplimente. Bevor er in den Feierabend ging kam er nochmals vorbei und wollte wissen, was ich am nächsten Tag unternehmen wolle. Bei dieser Gelegenheit bat ich ihn, die vorgeschriebene Check-out-Time von 10 auf 12 Uhr ausdehnen zu dürfen da ich im Sinne hatte, die Wanderung in die Butterfly-Gorge zu machen. Strahlend erlaubte er mir, solange zu bleiben wie ich wollte, ich musste ihm allerdings versprechen, mich von ihm zu verabschieden bevor ich den Park verlassen würde.
Schon kurz nach 8 am Morgen des 9. Juni brach ich mit Wanderschuhen und Stöcken zur 3-stündigen Wanderung auf. An mehreren auf der Wanderkarte angegebenen Punkten soll es Trinkwasser geben und so war mein roter Rucksack mit dem weissen Kreuz federleicht. Der Weg führt bald steil hinauf auf das Plateau, die Temperaturen waren um diese Zeit noch angenehm kühl und ich trug meine Wollweste, die ich bis gegen 10 Uhr anbehielt. Man kann diese Wanderung ganz nach eigenem Belieben gestalten, immer wieder sind Abzweigungen zu verschiedenen Schluchtenabschnitten und Lookout`s angezeigt. Die 1. Abzweigung führt zum Windolf Lookout und dauert etwa 1 ½ Stunden, die 2., für die ich mich entschieden habe, führt in die Butterfly Gorge (es soll dort tatsächlich viele verschiedene Schmetterlinge geben) und dauert etwa 4½ Stunden. Eine Nächste führt in 6 1/2 Std. zu den Lily Ponds, noch weiter geht es in zwei Tagen zur Eight Gorge und als letzte Möglichkeit schliesslich diejenige in drei Tagen ins Jawoyn Valley.
Ich erreichte nach zwei Stunden mein Ziel, eine kleine, aber leider sehr steile Sandbank am Kathrin River, keine Chance, hier ins Wasser zu kommen um zu schwimmen! Dafür aber dasitzen und die unerhörte Schönheit der hochaufragenden Felswände und des sich windenden Flusses mit seinem grünen Wasser zu geniessen, den Vogelstimmen zu lauschen und ab und zu einen Blick auf ihr farbenfrohes Gefieder zu werfen.
Der Aufstieg über loses Geröll war etwas mühsam, trotzdem aber herrlich. Immer wieder umschwirrten mich die schönen Schmetterlinge und der Weg einer Nebenschlucht entlang lag noch immer im Schatten. Sobald ich oben ankam, überfiel mich die Hitze mit Temperaturen über 30°, mittlerweile ging es gegen Mittag zu. Durstig trank ich das lauwarme Wasser aus dem riesigen Tank an der Kreuzung zum Windolf Lookout und setzte mich für eine kurze Rast in den Schatten des Tankes. Dann passierte es, ich erwischte den falschen Weg und merkte das erst, als ich schon eine gute halbe Stunde gewandert war. Plötzlich fiel mir auf, dass ich da nicht vorbeigekommen war, alles schien mir fremd. Nach kurzem Ueberlegen und Rundumschauen hörte ich Stimmen und ein junges Paar kam mir entgegen und scheinheilig fragte ich, wie weit „es“ noch sei! Nur noch 10 Min. bis zum Lookout, erklärte mir die junge Frau, und der Weg sei schön und eben!Ich wartete eine Weile bis die Beiden in zügigem Schritt hinter der nächsten Biegung verschwanden, bevor ich mich definitiv auf den Rückweg machte, kopfschüttelnd an der Verzweigung, an der ich zuvor falsch ging, anhielt und nicht verstehen konnte, wie mir als ehemalige Reiseleiterin für Wandertouren und versierter Rekognoszierender für neue Touren, solch ein Lapsus passieren konnte.

Der schönste Job der Welt
Einmal mehr kam ich ins Träumen und erinnerte mich an die Reko`s die ich im Auftrag für Baumeler machen durfte. Es war das, was ich als Reiseleiterin am liebsten machte, und diese neuen Touren waren meine Baby`s. Ich gab sie nur ungern an meine Kolleginnen weiter. Die Inseln Teneriffa und Gomera, eine 2.Tour auf den Kanaren, La Palma und Hierro, Yorkshire und Durbyshire, Schweden, Costa Rica, Heidelberg und gleich nach dem Mauerfall Rügen und Usedom, den wunderschönen Harz mit dem Selve- und Ilsetal und dem Aufstieg zum Broken und natürlich meine geliebten Seychellen. Es gab auch Spezialreisen die Baumeler für Firmen organisierte. Für die Post wurde ich ausgewählt, Korfu zu leiten, es war die langweiligste Gruppe, die ich je hatte, es wurde ausschliesslich über die Mitarbeiter, die Chefs, die Saläre gesprochen. Das Gegenteil war bei einer kurzen Tour für die Altersresidenz Terzianum nach Weimar und Dresden der Fall. Die älteren Teilnehmer waren alles fröhliche und aufgestellte Menschen und dankbar, wenn ich die lokale Führerin immer wieder aufforderte, Sitzgelegenheiten und Schatten zu gewährleisten. Eine dieser Rekognoszierungen habe ich ausführlich in meinem Buch "Vollamtlicher Schutzengel gesucht" beschrieben. Es war der schönste Job der Welt, eindeutig! Wie gerne hätte ich ihn bis zur ordentlichen Pensionierung ausgeführt.
Meine Wanderung zog sich beträchtlich in die Länge und ich kam erst gegen 13 Uhr im Camp an, zu einer Zeit, in der ich geplant hatte, weiter zu ziehen. Der Schweiss rann mir in Bächen aus allen Poren und ich hatte einen hochroten Kopf, war wohl den letzten Teil des Weges etwas zu forsch gegangen! Und natürlich tauchte Jim auf, kaum war ich bei Chäferli angekommen! Er hätte von mir, der schönsten Frau auf dem Campground, geträumt und er würde mich am liebsten richtig knuddeln, meinte er! Das fehlte gerade noch, kaum hatte ich meinen Herz- und Liebesschmerz etwas überwunden!
Nach einer langen und ausgedehnten Dusche packte ich meine Sachen zusammen und verschwand eilig, bevor ich noch mehr Angebote bekam und vergass darob, mich mit frischem Wasser zu versorgen!
Ein kurzer Halt in Kathrin um mich im Visitor Center mit Unterlagen über den Gregory NP und Timber Creek einzudecken und ab gings, auf dem Victoria Hwy. Richtung Kununurra! Ich sprach dieses Wort mehrmals laut aus und fand, es sei ein wunderschöner Name für einen Ort. Kununurra , Kununurra, Kunuuuunurrrraaah!!!
Auf dem kleinen, direkt am Sullivan Creek gelegenen Campground des Gregory NP East habe ich den letzten freien Platz erwischt und mich für die Nacht eingerichtet .In dieser schwach besiedelten Gegend gibt es oft auf weite Strecken keinerlei touristischer Infrastrukturen, weshalb dann die bestehenden Campingplätze oft überfüllt sind.
Kaum sass ich bequem mit einer Tasse Kaffee an meinem Campingtischchen, als auch schon ein im Safari-Look gekleideter Mann vorbeikam, um unter Singles ein bisschen zu chatten! Es ging dem Sonnenuntergang entgegen und er konnte sich, zwecks Vogelbeobachtung, entschuldigen, ich war nicht eben ein gesprächiger Chattpartner! Aber kaum war der Eine weg – ich zufrieden aufgeatmet – kam auch schon der Nächste. Er sei auch von Doubleyou Ai(Western Australien), stellte er sich vor und dachte natürlich, dass ich von dort stamme da ja die Registriernummer an meinem Chäferli die Nummer 1 BB 1869 (1 für Western Australia) hatte. Er merkte schnell, dass ich von noch viel weiter herkam und es entspann sich ein Gespräch über Europa und im Besonderen über Holland. Seine Eltern stammten von dort, wanderten noch vor seiner Geburt nach Esperance aus. Der Vogelbeobachter stiess wieder zu uns – mit Stuhl – und stellte sich als Tony, von Anthony, vor, worauf René (Rini ausgesprochen, was saukomisch tönt, es ist doch schliesslich ein französischer Name) und auch ich an der Reihe waren mit Vorstellen. Und das ist durchaus üblich in Australien, sobald man mehr als zwei Sätze mit jemandem wechselt, stellen sich die Aussie`s, natürlich auch die Tassie`s mit Vornamen vor, auch woher man kommt interessiert sie immer brennend. Unser Gespräch drehte sich bald um die Ureinwohner und meine Gesprächspartner waren völlig entgegengesetzter Meinung wie sich der Staat dieser Menschen finanziell annimmt und auch wie über deren Zukunft bestimmt wird. Es war sehr interessant, wie Tony der Lehrer und Sozi, die Ureinwohner in Schutz nahm und auf viel Positives aufmerksam machte wie etwa die Selbstverwaltung von Ländereien und National-Park`s, Wissenschafter und Schriftsteller, die versuchen, ihrem Volk Lehrer und Vorbild zu sein. Andererseits René, der die Meinung vertrat, jeder Dollar sei verschwendet für diese arbeitsscheuen Individuen, die es nicht fertig bringen würden, alle ihre Kinder in die für sie speziell eingerichteten Schulen zu schicken und die nichts anderes wollen, als jeden Tag betrunken zu sein, sie seien faul und schmutzig und würden das auch in hundert Jahren noch genauso sein. Als ich einwarf, dass erst vor 150 Jahren die Europäer hier eindrangen, ihnen ihr Land und auch ihre Kultur wegnahmen und sie somit doch eine Verpflichtung hätten, diesen Menschen zu helfen ihre Identität und Wurzeln wieder zu finden, wischte er das mit einer Handbewegung unter den Tisch. Jetzt sei jetzt und alle Einwohner seien Australier, mit gleichen Rechten und Pflichten und er sehe nicht ein, weshalb er als Australier, der im Militär seinem Land gedient habe, nicht das Recht hätte, sich überall, also auch in Aboriginland, ein- und ausgehen zu können wie im übrigen Australien!
Ich beendete schliesslich die Diskussion mit dem Hinweis, ich sei nun sehr hungrig und wolle mir mein Abendessen zubereiten, es war mittlerweile schon fast 8 Uhr (mein Cous-Cous stand schon fertig zubereitet bereit).
Da ich so gute Erfahrungen mit dem Wandern am frühen Morgen gemacht hatte, fand ich mich am – (ich musste meinen Kalender kontaktieren um zu wissen, welcher Wochentag war) Samstag um halb acht in der Früh, am Beginn der Wanderung zum Escarpement Lookout, ein. Da im Beschrieb von einigen steilen und steinigen Aufstiegen die Rede war, hatte ich meine Stöcke mit dabei. Sobald ich etwas Höhe erreichte, blieb ich immer wieder stehen um die blutroten Steinbänder in den Felsen zu bewundern. Kreisförmig, auf ca. 300 m Höhe, zog sich die Hügelkette dahin und in deren Mitte glizerte das breite Band des Victoria River`s. Als ich durch Felskorridore, über treppenartige Steinschichten und rutschigem Schotter das mit End of Walk markierte Plateau erreichte, musste ich den Beschreibungen voll und ganz Recht geben, es war atemberaubend schön. So weit das Auge reichte dunkelrotes Gestein, die tausend verschiedenen Grüntöne der Bäume, Sträucher und Gräser und das breite mäandernde Band des Flusses. Es war schwer, mich aus dieser Faszination zu lösen um den Rückweg anzutreten. Ein älteres Ehepaar das laut schwatzend auftauchte, half mir dabei und ihr Enkel anerbot sich, mich mit meiner Kamera noch abzulichten!
Nur wenige Kilometer von Timber Creek entfernt, befindet sich ein weiterer Trail, der Joe Creek Loop, mit einer Laufdistanz von nur zwei Kilometern und einer Zeitangabe von 90 Min. Das schaffe ich doch bestimmt in viel kürzerer Zeit dachte ich mir, und marschierte munter drauf los. In U-förmigem Bogen erhoben sich nach steilen, mit Gräsern und Büschen bewachsenen Hängen die blutroten Felswände senkrecht in die Höhe. Ueberall wuchsen hohe, schlanke Königspalmen die der Gegend etwas fantastisches, märchenhaftes gab. Nur wenige hundert Meter zog sich ein gut begehbarer Weg hin, dann aber begann ein schweisstreibender Aufstieg über Treppenartig aufgeschichtete Steinbrocken und Schotter. Noch schlimmer wurde der Pfad unterhalb der Felswand, hier türmten sich riesige, abgebrochene Felsblöcke ungeheuren Ausmasses. Ganze Felder von aufgeschichteten Steinplatten zogen sich bis in die Ebene hinunter und überall lagen die grossen, abgefallenen Fächer der Palmen und es war schwierig, den Weg überhaupt noch zu sehen. Ich musste mich jeden Augenblick voll und ganz auf den Weg konzentrieren, oft nahm ich die Stöcke in eine Hand um mich mit der Anderen an Felsen festzuhalten, was mir mehr Sicherheit gab. Wollte ich die hochaufragenden Felsen nach alten Malereien absuchen, musste ich der Vernunft folgend, stehen bleiben. Und es gab deren viele, Einige der wahrscheinlich ältesten Felsmalereien der Ureinwohner, recht primitiv wirkend, manche kaum noch zu erkennen und durch gewachsene Bäume und Sträucher verdeckt und teils gegen 50 000 Jahre alt! An zwei Stellen waren die Malereien in prächtigen Farben sehr gut erhalten, ich konnte die Regenbogenschlange mit ihrem langen, gewundenen Schwanz gut erkennen, Fische, Menschenhände und Strichmännchen mit langen Penni`s. Alles absolut ungeschützt und jedermann zugänglich!
Der Abstieg war so ziemlich das Schlimmste, was ich als Wanderung je unternommen hatte und meine Behinderung tat ein Uebriges, dass ich viel Zeit benötigte, um sicher wieder hinunter zu kommen. Noch nie war ich so froh, am Ende einer Wanderung angelangt zu sein, war aber doch sehr glücklich und überzeugt, dass sich der Krampf gelohnt hätte.
Das dick mit Tomaten, Käse und Schinken belegte Brot, die Oliven und eingelegten Zwiebeln, schmeckten vorzüglich, dazu trank ich in kürzester Zeit über einen Liter Wasser, angereichert mit viel Zitronensaft!
Nach Timber Creek waren es noch 70 Kilometer Fahrt und weitere 10 zu meinem auserwählten Bushcamp. Vom Ort Timber Creek war ich dann allerdings sehr enttäuscht, absolut tote Hose! Zwei Tankstellen mit Caravan Park, nicht gerade einladend wirkend, einige weit auseinanderliegende Häuser und irgendwo dazwischen das Police Museum. Die Preise allerdings waren einsame Spitze, der Liter Benzin 1.69$, Prost!
Am Sonntag Morgen, bevor ich die Rückfahrt nach Kathrin unter die Räder nahm, besuchte ich doch noch den Gregory`s Tree. Charles Augustus Gregory war einer der ganz grossen Entdecker, allerdings erst, als sich die Weissen schon an vielen Orten etabliert hatten. Er machte sich mit 19 Männer auf, den unbekannten Norden auszukundschaften und dabei war er sehr erfolgreich. Er galt als sehr integre Persönlichkeit und wurde allgemein geachtet und war einer der wenigen Weissen, die die Ureinwohner mit Respekt und Achtung behandelte, er setzte sich Zeit seines Lebens für deren Rechte ein. Deshalb wahrscheinlich ist der Platz, da, wo der grosse Bao-Bab Baum steht, mit dem von Gregory persönlich eingekerbten Datum des 9 July 1856, auch ein heiliger Ort für die Ureinwohner. Hier war das Basislager der Northaustralien Expedition mit Hütten, Ställen und Gemüsegarten.
Nach über 300 Km Fahrt, allerdings nicht sonderlich anstrengend, da absolut kein Verkehrsaufkommen zu verzeichnen war, konnte ich mich schon am frühen Nachmittag in den Hot Springs von Kathrin vergnügen und im einzigen anständigen Restaurant, einem chinesischen, sehr gut essen. Weit verbreitet sind die Fast-Food Ketten wie KFC, Subway, Rost Chicken und wie sie alle heissen und bei der einheimischen Bevölkerung sehr beliebt wie auch die verschiedenen Bakeries mit Pie`s, die mit Rind, Lamm, Poulet oder Leber gefüllt sind und in jeder Bäckerei zu haben sind. Alles natürlich sehr fett und mastig, kein Wunder, werden auch die Aussie`s immer beleibter!

Mein Glückstag
Es ist der 13. Juni, ein Glückstag also, denn für mich ist die 13 pures Glück! Meine Tochter Jacqueline kam schliesslich an einem 13. auf die Welt, am 13. August 1964, deren Tochter Sharon und somit meine Lieblingsenkelin (ich habe nur die Eine, die anderen 3 Enkel sind männlichen Geschlechts) am 13. Dezember 2000.
Nach meiner Heirat bezogen Robert und ich eine für damalige Zeit sehr grosszügige 3- Zimmer Wohnung in einem der ersten Hochhäuser in Schlieren. Da ich meine Lehre bei der PTT abgebrochen hatte, war ich plöztlich den ganzen langen Tag alleine zuhause. Von Haushaltung hatte ich noch keine Ahnung, Bügeln war eine einzige Katastrophe und beim kochen zahlte ich einen hohen Preis indem mir vieles misslang. Mein Mann hielt sich jede 2. Woche in der französischen Schweiz auf und pflegte weiterhin seine Liebesaffäre mit Helene. Meine Schwiegermutter war so nett, mir das nach wenigen Wochen unter die Nase zu reiben. Meine ganzen Illusionen von wegen Treue und Vertrauen waren weggeblasen und heute weiss ich, dass ich mich von diesem Schock nie wirklich erholt hatte. Unser Verhältnis besserte sich nach der Geburt von Jacqueline. Sie war ein Winzling mit 46 cm und 2.6 kg jedoch ganz und gar kein schwächliches Baby. Sie schrie wie eine ganz Grosse und die Kinderschwestern hatte ihre grosse Freude. Jeweils gut eingepackt im uralten Kinderwagen, den wir von Bekannten günstig bekamen, machte ich schon damals mit ihr lange Spaziergänge. Ihre Geburtstage, die ja mitten im Sommer lagen, feierten wir immer im Kreise von vielen Kindern, jahrelang auf dem Campingplatz von Auslikon. Die vielen 13. Augustfeste waren wirkliche Glückstage. Mit unseren Nachbarn die nach vielen Jahren Zusammensein zu Freunden wurden, wurde grilliert, Salate, selbstgebackene Brote und Nachspeisen aufgetischt, die Zelte dekoriert und natürlich viel getrunken. Wie sich doch gewisse Dinge im Leben wie ein roter Faden in unserem Leben hinziehen, dachte ich bei mir und meine Gedanken kreisten in der Vergangenheit umher.
Am Tag zuvor, am 12, also, nach dem Auftanken bei „normalem“ Preis von 1.43$ und dem Einkauf von Lebensmitteln, fuhr ich die nur kurze Strecke von 105 Km nach Mataranka ins Never-Never-Land von Jeannie Gunn. Es ist ein winzigkleiner Ort mit gerade mal 250 Einwohner, hat aber fast Alles was man zum Leben braucht, Supermarkt, Post, Polizei und Feuerwehr, Benzin, Bücherei, ein Juwelierladen, eine besonders schöne Gallerie und ein Museum. Die Pöstlerin ist zugleich Museumswächterin und Hüterin der WC- Schlüssel. Ich habe die 2.50 Eintritt bezahlt und, mit einem Blatt voller Daten und Informationen und dem Rat, mir ja genügend Zeit zu nehmen, ins Museum eingelassen. Es handelt sich um ein Einraum-Museum, wobei dieser eine Raum etwa 5 x 2,5m misst, aber mit unglaublich vielen und verschiedensten Artefakten bestückt ist. Alte Fotografien, zurückreichend bis ins Jahr 1902, also aus der frühen Besiedelung dieser Gegend, Werkzeuge wie alte Sägen, Hämmer und Meissel, Haushaltgeräte, Geoden und Ammoniten, Knochen und Steinwerkzeuge von den Mangarayi, einem Stamm von Ureinwohnern, ein Album mit Portraits von Weissen wie auch von Aboriginese. Ich habe mir wirklich viel Zeit genommen, aber nach 45 Minuten war ich trotzdem schon wieder draussen im Garten gelandet wo ein Automobil unerkennbarer Marke vor sich hinrostet, genauso wie ein Backofen und verschiedene Gerätschaften. Gelohnt hat sich der Besuch allemal, wie auch der kurze Besuch der Galerie, in der gemalte, oder besser gesagt, gepunktete Bilder einheimischer Künstler zu bewundern sind. Auf vielen Bildern wird die Regenbogenschlange mit den vielen Windungen dargestellt, aber auch Langhalsschildkröte, Känguruh und Krokodil sind immer wiederkehrende Sujets. In jüngster Zeit werden auch Gegenstände, meist irgendwelcher Tiere aus Pappmachée, hergestellt und mit der alten Punktetechnik bemalt. Hätte ich nicht an mein übervolles Reisegepäck gedacht, ich hätte mir bestimmt eine Schildkröte (ein absolutes Glückssymbol, das in jede Wohnung gehört) mit nach Hause genommen.
Nach einem fast einstündigen Bad im Mataranka Thermal Pool mit herrlichem, 34° warmem Wasser, sah ich mir im Homestead Resort die Filmversion des Buches „We of the Never Never Land“, von Jeannie Gunn, an. Es handelte sich um die ungekürzte Version die fast 2 ½ Stunden dauerte, dafür aber nahe an die Buchversion herankommt. Die Story handelt von der Ankunft und dem Beginn der Besiedelung durch Weisse, von Aeneas und Jeannie, den Schwierigkeiten denen sie ausgesetzt waren mit den Ureinwohnern, den Ueberschwemmungen und Sümpfen und den daraus entstandenen Krankheiten. Schliesslich, nach erfolgreich überstandenem ersten Jahr und dem Entschluss, an diesem Ort zu bleiben, wurde auch Aeneas von Fieber befallen und starb. Die tapfere Jeannie hält durch und dank der Loyalität ihrer Angestellten bleibt sie und das Land wird zum Never Never Land, dem Land, das man nie verlässt!
Mit tränennassen Augen und Wangen schlich ich mich, kaum war der Film zu Ende, davon. Ich bin eine ewige Heulsuse und traurige Filme lassen bei mir Ströme von Tränen fliessen und obwohl mich das sehr nervt, kann ich es mir einfach nicht abgewöhnen, ganz im Gegenteil, je älter ich werde je mehr Wasser fliesst!
Halbe Baumstämme und Arme voller Kleinholz trug ich auf dem wunderschön angelegten Campingplatz des Elsey NP in Jalurark zusammen um ein richtig schönes Feuer zu entzünden auf dem ich meine Kartoffeln und mein Steak braten konnte. Die Nächte wurden merklich kühler, es ging dem Winter zu und da kam ein wärmendes Feuer gerade recht. Längst nicht alle Plätze waren besetzt und nach dem überfüllten Caravanpark in Kathrin die Nacht zuvor, war die Ruhe herrlich. Zwei oder drei Leute kamen vorbei um zu grüssen und als sie bemerkten, dass ich alleine war, zu fragen, ob ich irgendwas brauche und mich zu ihnen setzen wolle, was ich dankend ablehnte. Geschlafen habe ich allerdings nicht allzugut, ich fror, war aber zu faul um aufzustehen um meinen warmen Trainingsanzug hervorzusuchen und überzuziehen.
Dankbar genoss ich die warmen Sonnenstrahlen am nächsten Morgen. Auf dem anschliessenden Botanic Walk bekam ich nasse Füsse, wie an so manchen Orten ist auch hier das Wasser der Ueberschwemmungszeit noch nicht ganz zurückgewichen und in der Nähe des Roper River lag das Wasser noch an vielen Stellen und der Wanderweg verbarg sich gar im Sumpf. Einige der hier wachsenden Bäume wurden mit Namensschildchen versehen. Auf einer Infotafel werden drei der Ficusarten beschrieben, eine davon ist besonders interessant, der Sandpaper Ficus, dessen Oberseite der Blätter rauh wie Schmirgelpapier ist und zum Abrubbeln von Hornhaut an den Füssen benutzt wird. Ich hatte mir zwei Blätter davon eingepackt, in der Hoffnung, sie mögen einige Tage überstehen und ihre Schmirgelfähigkeit bewahren, damit ich sie vor meiner Heimreise anwenden könnte.
Ein weiterer Warmwasser Thermal Pool liegt etwas nördlich des Homestead, bei den Bitter Springs, so benannt von einem der frühen Siedler, einem Stockman, nachdem er das Wasser als nicht trinkbar und bitter erklärte wegen dem mineralischen Geschmack. Ich wollte ja das Wasser nicht trinken, aber darin baden war wirklich herrlich. Ueber 120 Meter kann man sich im Bach vergnügen, es gibt mehrere Stellen mit eigentlichen Pools in denen das Wasser etwa 2,5 Meter tief ist und glasklar, sodass man jedes Steinchen am Grund erkennen kann. Das Wasser ist von einer unglaublich türkis-grünen Farbe die fast unnatürlich erscheint. Und das Alles mitten in einem Urwald von Palmen, Pandanut-, Ficus- und Eukalyptus-Bäumen. Auf dem Rücken liegend, nur leicht mit den Händen lenkend, geht es von alleine sanft den Bach hinunter, zurück brauchte ich dann recht viel Kraft, um gegen den Strom zu schwimmen was ich aus Fitnessgründen einige Male wiederholte. Jeannie Gunn kam mir wieder in den Sinn und ich versuchte, mir ihr Leben zu jener Zeit vorzustellen, wie viel einfacher doch Vieles geworden ist! Aber wie viel Schönes auch verlorenging! Grossmami kam mir wieder in den Sinn, es schien mir, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen ihr und Jeannie gab, auch sie musste sich in einer ländlichen Gegend ohne Komfort wie fliessendem Wasser und mit vielen Kindern abmühen, behielt aber immer ihren unerschütterlichen Optimismus.
Lange überlegte ich, wie es weiter gehen sollte, noch eine weitere Nacht im zauberhaften Elsey NP oder doch langsam zurück Richtung Norden und Darwin? Mir fiel plötzlich ein, dass ich doch noch zu den Edith Falls wollte, den Teil des Nitmiluk NP, den ich noch nicht besucht hatte!
Die Entscheidung war gefallen, 160 Kilometer vor dem Sunset, gut zu schaffen. Und wirklich, wunderschön lagen die Kalksteinfelsen und die etwa 25m hinabstürzenden Wasser des Edith Falls im sanften Licht der Abendsonne. Leider lieben auch die Mücken die Abendstimmung ganz besonders oder wollen sie uns die Stimmung einfach verderben in dem sie sich auf jeden Hautfleck stürzen, der nicht dick eingesprayt ist? Im Nu hatte ich wie schon oft, unzählige Stiche abbekommen, das wurde wieder eine kratzige Nacht! Und es war eine Vollmondnacht, die Letzte für mich in Australien, also geniessen und nochmals geniessen war die Devise und die Vorhänge ja nicht zuziehen. Zuvor musste ich meinen mittleren Zeh des rechten Fusses pflegen. Mit der eisernen Toilettentüre im Gregory NP hatte ich mir eine Verletzung zugezogen, die Türen sind nämlich so blöde angelegt, dass man fast auf die WC Schüssel steigen muss, um rauszukommen und als ich nach Erledigung meines Geschäftes die Türe, die gegen innen zu aufging, öffnete, riss die Kante der Türe eine tiefe Wunde in meinen Zeh. Es tat höllisch weh und blutete stark. Obwohl ich die Wunde desinfizierte und mit Pflaster versah, infizierte sie sich auf meinen Spaziergängen auf denen ich meine Plastiksandalen, die Va-nue-pied, trug. Auf den sandigen und erdigen Wegen kam immer wieder Schmutz in die Wunde und sie fing an, zu eitern.
Es hiess also auf die Zähne beissen, die Hautlappen mit der Pinzette lösen, die Wunde reinigen und desinfizieren und mit einer speziell desinfizierenden Gaze aus meiner Hausapotheke einwickeln und schön dick für die Nacht verbinden.
Am nächsten Morgen sah das Ganze dann schon wesentlich besser aus und den Vollmond hatte ich auch mehrmals in der Nacht genossen! Ich zog vorsichtig den dicken Wandersocken von Rohner über und machte mich auf, den Leylin Fall und Upper Pool wandernd zu erobern. Die erste Ueberraschung kam schon zu Beginn der Wanderung. Dank dem anhaltend hohen Wasserstand im Leylin Creek musste ich wohl oder übel durch knöcheltiefes Wasser. Es ist fast nicht zu glauben, aber dank meiner Super Lowa Wanderschuhen bekam ich nicht einmal nasse Füsse. Mit wenigen Ausnahmen habe ich während meiner fast 20jährigen Tätigkeit als Reiseleiterin für Wanderferien immer Lowa Wanderschuhe getragen und bin gut damit gefahren, obwohl sie ganz schön teuer sind. Warum nur dachte ich, es handle sich um eine einfache Wanderung? Es war ein stetes auf und ab, steinig und rutschig, und ich ohne Stöcke! Je länger ich lief, desto mehr wuchs mein Vertrauen, ich schaffe das auch ohne meine Stöcke, redete ich mir ständig gut zu! Wieder ein Fortschritt und Erfolg in meinen Bemühungen, mit meiner Behinderung umzugehen.
Schon der Lookout nach halber Distanz war traumhaft, die herabstürzenden Wasserfälle glitzerten wie Silberbänder in der Morgensonne. Als ich dann tatsächlich im kalten Wasser des Upper Pool`s, direkt unter dem Wasserfall, schwamm, überkam mich einmal mehr dieses wunderbare Glücksgefühl, mit der Natur im Einklang zu sein. In der Fliessrichtung konnte ich mich ein ganzes Stück treiben lassen – herrlich, zurück aber war die Strömung wie eine natürliche Jetstreamanlage und ich musste alle Kraft zusammennehmen um dagegen anzuschwimmen.
Immer mehr Menschen fanden sich ein und vorbei war es mit der Ruhe, aber die Freude, die Allen gemeinsam war und das Jauchzen und Prusten, Spritzen und Plantschen war doch auch sehr schön.
Auf den warmen Felsen sitzend, die mich wieder aufwärmen sollten, beobachtete ich das fröhliche Treiben. Während des Schwimmens hatte ich den Verband verloren und musste die stinkenden und verschwitzten Socken überziehen, die Polsterung des Verbandes fehlte sehr beim Weiterwandern und als ich schliesslich im Campground ankam, schmerzte mich mein Zeh wieder stark. Dick aufgetragener Wundbalsam linderte die Schmerzen bald und die Wunde sah eigentlich ganz ordentlich aus. Wenn ich bedachte, dass das die einzige Verletzung war, die ich mir in den mehr als 5 Monaten zuzog, musste ich meinem Schicksal und Schutzengel sehr, sehr dankbar sein!
Seit einigen Tagen schon zählte ich die noch verbleibenden Tage bis zu meiner Rückkehr nach Hause, ich sehnte mich immer mehr nach meiner Familie und meiner ganzen Umgebung. In der vergangenen Nacht träumte ich sogar, dass ich mein Wohnzimmer frisch gestrichen hätte, in einem kräftigen orange (dabei mag ich orange ganz und gar nicht).
Das Glacè, das ich mir auf dem Weg zu den Douglas Hot Springs genehmigen wollte, fiel aus, die Service-Station, der dazugehörende Camping Platz und der Shop von Hayes Creek, alles war geschlossen und sah sehr verlottert aus. Viele Menschen verloren ihr ganzes Hab und Gut bei den im März und April wütenden Zyklonen und da die wenigsten Australier gegen Unwetter versichert sind, fehlt ihnen nach so einer Katastrophe das Geld für den Wiederaufbau. Vielleicht war das auch hier der Grund für das Verlassen dieser Liegenschaft gewesen!
Ein grosszügig und schön angelegter Campingplatz im Douglas River NP, versehen mit Feuerstellen, Wasser und Toilettenanlagen lud nach einer weiteren, staubigen Gravelroadfahrt zum Bleiben ein. Von meinen Camp Nachbarn, einem Ehepaar aus Victoria, liess ich mir die besten Stellen für ein Bad im Douglas River erklären und machte mich gleich nach meiner Ankunft auf den Weg, das Badekleid hatte ich bereits angezogen! Zwischen grossen, angehäuften Sandbanken floss das Wasser träge dahin, überall lagen entwurzelte Baumstämme herum und die Gegend sah recht chaotisch aus, auf jeden Fall hatte ich mir die Hot Springs ein bisschen anders vorgestellt. Ich suchte mir eine Stelle aus, die wenigstens so tief war, dass ich, wenn ich mich hineinlegte, mein Körper mit dem wohltuenden mineralhaltigen Wasser bedeckt wurde. In einer badewannenähnlichen Mulde liess ich mich nieder und erschrak erst ob dem heissen Wasser, ich schätzte die Temperatur auf etwa 42°. Nur wenige Meter entfernt trat eine der vielen heissen Quellen aus dem Boden und vermischte sich mit dem kühlen Wasser des Flusses. Mit Händen und Füssen schaufelte ich Sand weg um meinen Privatpool zu vergrössern, damit mehr kaltes Wasser einfliessen konnte. Während langer Zeit lag ich genüsslich im Wasser, drehte mich ab und zu auf die eine Seite und wieder auf den Bauch und hoffte, den Jungbrunnen gefunden zu haben der mir meine Fältchen und Weh-Wehchen hinwegzaubert. Da die Hot Springs weit draussen im Niemandsland liegen, waren all die Menschen, die sich in meiner Nähe im Wasser tummelten, vom selben Campingplatz, was bedeutete, dass man schon deswegen fast Freunde war. So erzählte mir ein in der Nähe liegender Mann, dass, als er vor 16 Jahren hier war, tiefe Pools mit glasklarem Wasser vorhanden waren und keine dieser Sandbänke existierten, an den Ufern viele Bäume dicht und grün standen und Schatten spendeten. Mir wurde bewusst, dass sich die Natur manchmal nicht in Jahrmillionen, sondern in wenigen Jahren, ja gar manchmal in wenigen Stunden, massiv verändern kann. Ein Glück, dass es gutfliessendes Frischwasser auf dem Campground gab, denn als ich mein Badekleid auszog, rieselte ein Sandstrahl daraus und all meine Körperöffungen waren mit Treibsand voll! Ich lachte vor mich hin, eine der vielen lustigen Erinnerungen kam mir in den Sinn. Plastisch sah ich die Traumbucht Anse Victorin auf der kleinen Seychelleninsel Frégatte vor mir. Ich hatte auf jener Tour ein frischverheiratetes Lehrerehepaar mit dabei. Vor dem Mittagessen im Plantation House blieb Zeit, nach einer kurzen Wanderung in dieser paradiesische Bucht ein Bad im türkisfarbenen Wasser des indischen Ozeans zu nehmen. Das Meer auf dieser Seite der Insel war aber so wild, dass ich meinen Teilnehmern empfahl, sich nicht in Gefahr zu begeben und stattdessen die Schlammhüpfer an den Granitfelsen zu beobachten. Entweder hörten die Beiden meine Warnung nicht oder glaubten nicht an die Gefahr, sie sprangen jedenfalls händchenhaltend in die anbrausenden Wellen. Ich wollte ihnen zuschreien, sofort wieder herauszukommen, als ich auch schon zwei Beine in verkehrter Richtung aus dem Wasser auftauchen sah! Mein Herz stockte und bange Momente vergingen bis fast gleichzeitig Beide wieder auftauchten und sich ans Ufer retteten. Die junge Frau, Marlies, stand ohne Bikini Unterteil am Strand und als sie realisierte, dass alle Anwesenden ihr allerintimstes dunkles Dreieck sehen konnten, fing sie an zu lachen und konnte sich kaum mehr erholen. Vielleicht war das Lachen auch Ausdruck der Erleichterung, dass ihnen nichts Schlimmeres geschehen war! An jenem Abend, wir sassen an der Hotelbar rund um den beleuchteten Swimmingpool des Coral Strand Hotels, bemerkte Marlies trocken zu ihrem Angetrauten, dass in dieser Nacht bei ihnen „Betriebsferien“ herrschen würden, da sie in allen Körperöffnungen Sand hätte!
Der Mond ging in dieser Nacht spät auf und ich konnte einmal mehr einer dieser unglaublichen, dunklen Nachthimmel mit Myriaden von Sternen bewundern. Ueberall loderten die Campfeuer und die Anwesenden sassen ruhig vor ihren Wohnmobilen und Zelten. Es war eine wunderbare Ruhe die nur durch die Geräusche der Zykaden und das Rauschen des Windes durch die Bäume unterbrochen wurde. Diese Ruhe kehrte auch in uns Menschen ein und liess uns dankbar lauschen. Und da war es wieder, dieses Glücksgefühl, ja, ich war glücklich!
Morgens gegen halb sieben, noch im Bette liegend, konnte ich den Sonnenaufgang beobachten, habe das Zwitschern und laute krächzen der Papageien und Lorries vernommen und beschlossen, noch vor dem Frühstück zu den heissen Quellen hinunter zu gehen und in meiner Badewanne ein Morgenbad zu nehmen. Natürlich war von der ganzen Arbeit des Rausschaufelns vom Vortag nichts mehr zu sehen und ich machte mich wieder an die Arbeit. Dann lag ich mit verschränkten Armen unter meinem Kopf im abwechselnd heissen, warmem oder kühlerem Wasser und schaute zum Himmel auf und träumte vor mich hin. Ich hatte Geoffrey noch nicht vergessen und dachte daran, wie schön es hätte sein können, hier zu zweit das einmalige Erlebnis geniessen zu können. Plötzlich schreckte ich auf, nur knapp über mich hinweg flog ein ganzer Schwarm der hübschen Pink-Lorries, papageienartige graue Vögel mit auffallend pinkfarbigen Bäuchen. Die dachten wohl, ich sei mit meinem braunfarbigen Badekleid ein Baumstamm im Wasser! Vogelgezwitscher ist ja eigentlich etwas wunderschönes, aber was die wunderschönen weissen Kakadu`s an Lauten von sich geben, ist alles andere als schön, es war ein grelles, hässliches Gekreische was mir das Weggehen wesentlich erleichterte.
Das anschliessende Frühstück schmeckte mir besonders, obwohl mir nur die zweitägige Baguette blieb, die ich in dünne Scheiben schnitt und toastete. Aber mit einem Rührei, frischem Orangensaft und Kaffee aus meinem Pluncher war das doch ein 5-sternemässiges Frühstück.
Und dann gings über Adelaide River nach Batchelor, dem Tor zum Litchfield NP. Immer wieder wurde mir gesagt, wie besonders schön dieser NP sei. Mein Kühlschrank und mein Vorratsschrank gähnten einmal mehr vor Leere und aus Broschüren und Reiseliteratur wusste ich, dass innerhalb des Parkes nur sehr beschränkt Lebensmittel einzukaufen waren. Bei der Shelltankstelle bot sich die Gelegenheit, im Supermarkt die nötigen Lebensmittel für die nächsten Tage einzukaufen. An der Kasse, die vom Besitzer selbst bedient wurde, fragte ich, ob denn das Blade-Filet wohl nicht zu hart und trocken würde, wenn ich es auf dem Grill zubereiten würde, worauf der Mann im breitesten berndeutsch das man sich vorstellen kann, fragte, woher aus der Schweiz ich stamme. (Es war natürlich wieder wegen meinem roten Rucksack mit dem weissen Kreuz, ganz bestimmt nicht wegen meinem Schweizer Akzent!) Fast vergassen wir ob dem Plaudern die anderen Kunden! Wie er vor 30 Jahren nach Darwin kam, erzählte er mir, und sich erst dort niederliess um im Tourismus-Geschäft Fuss zu fassen und sich eine Existenz aufzubauen und nur wenig später seine Eltern und seinen Bruder nachkommen liess. Er holte einige Fotos von seinem Haus hervor und zeigte sie mir stolz. Es lag ganz in der Nähe, etwas erhöht über dem Lake Bennet. Ein absolutes Traumhaus bot sich mir auf Papier , aussen wie innen im balinesischen Stil erbaut mit wunderschönen Holzschnitzereien die die Wände zierten, im Garten trohnt ein sitzender Buddha und schaut über den tieferliegenden Lake Benett, ein prächtig bemalter Holzdrachen auf dem Giebel des Daches beschützt das Haus. Das Feng Shui Prinzip ist sogar auf dem Papier spürbar. Da er mit seinen Eltern und seinem Bruder prinzipiell nur berndeutsch spricht, hat er trotz der langen Jahre im australischen Outback nichts davon verloren und ist stolz auf seine Schweizer Wurzeln, auch wenn er längst schon die australische Staatsbürgerschaft besitzt. Er konnte mir mit vielen guten Tips und Broschüren weiterhelfen bevor ich mich wirklich aufmachte, den Park zu erkunden.
Meine erste Station, es war mittlerweile schon halb zwei und wieder extrem heiss, waren die Termitenhügel, und hierbei handelt es sich um ganz besondere Bauten. Der extrem hohen Temperaturen wegen bauen diese cleveren Tiere ganz hoch hinauf bis auf 4 Meter Höhe und etwa einen Meter in die Breite aber nur 10 – 15 cm stark und immer genau in Richtung Ost – West, damit die der Sonne ausgesetzte Fläche möglichst gering ist und somit mehr oder weniger ausgeglichene Wärmebedingungen im Innern herrschen um eine zu starke Erhitzung zu vermeiden, die die Eier zerstören würde und sie allenfalls als Mini-Spielgeleier der Königin serviert werden müssten! Hunderte solcher Gebilde stehen auf den Feldern und erinnern eher an ein Gräberfeld mit Grabsteinen, denn als tierische Behausungen!
Die nächste Station waren die Buley Rock Hole Falls, in deren Wasser ich gerne ein abkühlendes Bad nahm. Direkt unterhalb eines nur gerade 1 ½ Meter hohen Wasserfalles war die Strömung wie eine Jet Stream Anlage und ich konnte somit richtig ausholen beim Schwimmen ohne gleich an den Felsen des nur 8 m2 kleinen Pools zu stossen.
Bei den nahen Florence Fällen habe ich auf dem dazugehörenden Campground Logis bezogen. Zu jedem Stellplatz gehört eine Feuerstelle, nur ist der umliegende Wald so sauber wie geleckt, kein noch so dürres Aestlein war aufzutreiben. Dann halt ohne Feuer!
Der Platz war bald voll belegt da es nur gerade 15 Stellplätze gab. Als es schon ganz dunkel war irrte ein Camper Van, gleiches Modell wie mein Chäferli, umher und da ich mein Vordach nicht montiert hatte, bot ich den drei jungen Französinnen an, meinen Platz mit ihnen zu teilen. Sie schienen sichtlich erleichtert und müde zu sein und bedankten sich artig! Man merkte sofort, dass es sich bei den Dreien um ein eingespieltes Team handelte das wahrscheinlich schon längere Zeit unterwegs war, während die Eine sich ans kochen machte, die Zweite den Tisch deckte, ging die Dritte zum duschen. Die so sauber Gewaschene übernahm dann den Kochtopf worauf sich Nummer eins zum duschen begab usf. Bald nach dem Essen kehrte bei den Mädels Ruhe ein, sie mussten wirklich sehr müde gewesen sein, denn sie hatten ein volles Programm absolviert wie sie mir erzählten, wollten an ihrem letzten Tag vor der Rückreise noch möglichst viel besichtigen.
Mir war überhaupt nicht nach schlafen zu Mute, bis weit nach Mitternacht hörte ich Musik, natürlich mit Kopfhörern. Es wollte partout nicht abkühlen und die Luft war drückend heiss. Ich legte mich also schliesslich ohne rein gar nichts auf mein Sofabett und musste wohl sehr schnell eingeschlafen sein, schlief aber eher unruhig, deshalb vielleicht war ich gleich hellwach, als irgend etwas an meinem Camper rüttelte. Mit Herzklopfen spähte ich zwischen den Vorhängen hindurch nach draussen, konnte aber nichts entdecken obwohl es dank fast Vollmond recht hell war. Dann kam aber etwas grosses dunkles um die hintere Ecke des Wagens hervor und nach längerem Beobachten war ich mir sicher, es musste sich um ein Wildschwein handeln, eine Wildsau um genau zu sein, wegen der langen gefüllten Zizen. Sie holte sich den Abfallsack meiner Nachbarinnen, die diesen trotz Hinweisschildern vor ihrem Wagen liegen liessen. Ich traute mich nicht nach draussen zu gehen, veranstaltete aber einen gewaltigen Lärm der schliesslich bewirkte, dass sich die Sau ohne Abfallsack davonmachte. Nicht auszudenken wie sie oder eines ihrer Jungen, hätte leiden müssen, hätten sie Teile der Plastiktüte gefressen.
Als die Uebeltäterinnen am Morgen davon erfuhren bekam die Jüngste von ihnen, wahrscheinlich noch keine 18, einen richtigen Schock, wurde ganz bleich und schrie mit hysterischer Stimme – oh, mon dieu, une sanglière, non plus jamais dans la brousse (oh mein Gott, eine Wildsau, nie mehr in den Busch)! Was musste das arme Mädchen wohl alles mitgemacht haben, Spinnen, Ameisen und Echsen, Schlangen, Possums und Dingo`s, und ganz zum Schluss ihrer Reise auch noch eine Wildsau!
Während die Mädchen zusammenpackten habe ich mich auf den 10-minütigen Abstieg zum Swimming Pool unterhalb der Florence Fälle gemacht, was sich als mehr als lohnenswert herausstellte. Der natürliche Pool war richtig schön gross und ganz schön tief, es war Vorsicht geboten, denn an den riesigen Felsbroken, die nicht ganz zur Oberfläche hinausragten, hätte man sich schon verletzen können. Und dann kam doch tatsächlich so ein Spinner der kopfüber ins Wasser hechten wollte. Ich schrie auf – don`t do that – und er hielt im letzten Moment inne. Ich machte ihn auf die Felsen im Wasser aufmerksam und schimpfte ihn wie eine Mutter aus. Schuldbewusst liess er sich sanft über die Wurzeln der Bäume ins Wasser gleiten. Grässliche Erinnerungen aus meiner Zeit als Reiseleiterin kamen hoch.
Kreta
Etwas vom Schrecklichsten, das ich als Reiseleiterin erleben musste, passierte auf der Südkreta-Tour, einer ziemlich strengen 4-Vogel Wandertour. Nach einer heissen, 5-stündigen Wanderung mit vielen Auf- und Abstiegen und wenig Schatten landeten wir in Myrthos, einem winzig kleinen Fischerdorf. In der einzigen Taverne, direkt am Meer gelegen, liessen wir uns für ein Néscafé-Frappé (kalter Kaffee mit schön viel Eis, ein überaus beliebtes Erfrischungsgetränk in ganz Griechenland) auf der schattigen Veranda nieder. Ausserhalb der grossen Städte sprechen nur wenige Einheimische englisch und deutsch schon gar nicht, deshalb war ich damit beschäftigt, die Bestellung der einzelnen Gruppenmitglieder aufzunehmen. Ich hörte ein lautes Platschen und drehte mich instinktiv um, Richtung Meer. Einer meiner Teilnehmer, Kaspar, Mittelschullehrer von Beruf, war von einem Felsen ins kühle Nass gesprungen. Das Wasser fing sofort an, sich rot zu verfärben – das war Blut! Ich liess alles stehen und fallen und rannte die wenigen Meter hinunter, ich war nicht die Einzige, Andere folgten mir. Kaspar`s Kopf kam an die Oberfläche und was wir von ihm zu sehen bekamen war ganz einfach fürchterlich, wir sahen nur Fleisch und Blut! Ich dachte im Moment, dass er keine Augen mehr hätte, bei genauerem untersuchen stellte ich dann aber fest, dass ein Hautlappen von der Stirn ihm über die Augen herunterhing. Ich schrie nach meinem Rucksack, in dem sich immer eine gut ausgestattete Reiseapotheke befand. Wie oft hatte ich mich genervt, dieses Gewicht dauernd mit mir rumschleppen zu müssen, und wie froh war ich in diesem Augenblick, sie dabei zu haben. Eine Teilnehmerin gab sich als Krankenschwester zu erkennen und mit ihr zusammen legten wir Kaspar einen Druckverband an. Irgend jemand hatte einen Stuhl gebracht, und eine Schüssel heisses Wasser war auch da! Der Wirt der Taverne erklärte mir, dass gerade an diesem Donnerstag Nachmittag der fliegende Doktor im Dorf anwesend war. Es war mittlerweile schon nach fünf, und ich wusste aus Erfahrung, dass wenn wenig zu tun war, diese Aerzte schon mal früher wieder wegfahren, so rannte ich zum medizinischen Zentrum das sich nur um die Hausecke befand, und traf den Doktor Gott sei Dank, noch an. Er packte sofort seinen Koffer und wir rannten zurück, er war recht jung und ganz schön fit, ich konnte ihm kaum folgen. Kaspar wurde mittlerweile in die Taverne gebracht wo sich nun praktisch die ganze Dorfbevölkerung eingefunden hatte, das Buschtelefon hatte wieder einmal gut funktioniert. Nach flüchtigem Untersuch stellte der Arzt fest, dass er auch nicht mehr machen könne und Kaspar natürlich so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden müsse. Er telefonierte mit der kretischen Rettungswacht, ein Helikopter war aber nicht zu bekommen da an mehreren Orten Waldbrände herrschten und sie alle im Einsatz waren. Auch die Krankenhausambulanz des Spitals von Jerapetra war im Einsatz! Wir beschlossen, dass wir sofort mit unserem Bus losfuhren, der Arzt setzte sich mit Jerapetra in Verbindung und informierte auch eine Nothilfestation auf dem Weg dorthin, wo ich mich unterwegs melden sollte, um festzustellen, wie es Kaspar gehe! Es war grauenhaft, er blutete immer noch sehr stark, sein Sitz im Bus war in kürzester Zeit mit Blut getränkt, ich betete, dass er das überleben würde! Noch nie kam mir die Strecke nach Jerapetra so lange vor, ich hatte das Gefühl, wir kämen überhaupt nicht vorwärts. Unser Chauffeur, Jordanis, fuhr hupend, und bestimmt schneller wie erlaubt, durch die Ortschaften, ohne aber irgendwelche Risiken einzugehen, er blieb kühl und konzentriert, so schien es wenigstens. Und endlich, endlich, fuhren wir auf die Rampe vor dem kleinen Spital in Jerapetra, wo uns mehrere Aerzte schon erwarteten. Kaspar wurde sofort auf die bereitstehende fahrbare Liege gebettet und in den Operationssaal gebracht. Ich schickte die Gruppe mit Jordanis ins Hotel, er versprach mir, sich um die Leute zu kümmern und mit ihnen zum Nachtessen in eine nahe gelegene Taverne zu gehen. Ich blieb bei Kaspar, musste doch auch als Dolmetscher zur Stelle sein. Nach eingehenden Untersuchungen und Röntgenaufnahmen konnten die Aerzte uns dahingehend beruhigen, dass kein Schädelbruch vorlag –Kaspar hatte Glück im Unglück.
Zwei der Aerzte machten sich bereit, die Wunde zu vernähen, sie bedeuteten mir, dass das viel Zeit in Anspruch nehmen würde, und ich getrost ins Hotel gehen könne, einer der Beiden meinte schmunzelnd, ich würde aussehen, wie ein Metzger. Da erst realisierte ich, wie blutverschmiert meine Kleidung war, meine Wanderschuhe, einst in schönem dunkelblau, jetzt durch getrocknetes Blut undefinierbar dunkel, und ich selbst, verschwitzt und schmutzig, ich musste grässlich ausgesehen haben, und dennoch, ich wollte meinen Kaspar nicht alleine hier lassen.
Nach einer Stunde war die Haut wieder festgenäht und Kaspar in einem riesigen, dicken Verband wieder aus dem Operationssaal gerollt. Er müsste mindestens zwei Tage im Spital verbringen, informierten mich die Aerzte was ich Kaspar wiederum übersetzte. Entsetzt schaute er mich an und rang nach Luft. Nie und nimmer bleibe ich hier, es geht mir schon wieder viel besser und ich kann auch im Hotel liegen und mich erholen, schrie er! Es gab ein richtiges Gerangel, einer der Aerzte war der Meinung, dass der Spitalaufenthalt unbedingt sein müsste, der Andere meinte, die Rossnatur von Kaspar würde es erlauben, ihn gehen zu lassen. Ich wurde natürlich nicht gefragt, mir wäre es viel lieber gewesen, ihn einige Tage im Spital zu lassen. Schliesslich einigten wir uns, dass ich Kaspar gegen 9 Uhr abends abholen würde, ich hatte noch eine Apotheke aufzusuchen um die verschiedenen Medikamente, die er benötigte, einzukaufen! Als ich schliesslich vor das Spital trat, ich wollte nach einem Taxi Ausschau halten, kam gerade unser Bus um die Ecke gefahren, darin die ganze Gruppe, geschniegelt und geputzt. Sie wollten Krankenbesuch machen und staunten nicht schlecht, als ich ihnen sagen konnte, dass Kaspar noch am selben Abend entlassen würde!
Seine Lebensgefährtin war sichtlich erleichtert, obwohl sie sich sehr tapfer gab, war sie doch anfänglich total geschockt gewesen.
Nach einer wunderbaren Dusche, lange stand ich unter dem kalten Wasserstrahl, erholte auch ich mich etwas und traf etwas verspätet bei meiner Gruppe zum Abendessen ein. Obwohl das Essen wie gewohnt in dieser Taverne die ich gut kannte, bestimmt gut schmeckte, brachte ich kaum einen Bissen hinunter, ich war noch immer zu aufgeregt und noch am Verdauen der Ereignisse dieses Tages!
Unisono zogen wir zum Spital, um unseren Conpatriot abzuholen! Mit dem strikten Verbot der Aerzte für weitere Wandertouren entliessen sie Kaspar. Als ich nach der Rechnung fragte, meinte der Arzt lachend, dass ich ja dann bestimmt noch eine Quittung verlangen würde und die hätten sie nicht und auch keine Lust, um diese Zeit noch einen Quittungsblock einzukaufen! Ich fragte sie also nach der Panagia, der Gottesmutter, denn in jedem Spital gibt es eine Gebetsnische und dort befindet sich auch meistens ein Kässeli das ich mit einem Obolus speiste und mich, obwohl ich keiner Kirche angehöre, bei der Panagia bedankte! Schlussendlich kam ja Alles wieder gut!
Kaspar hatte sich übrigens in aller Form entschuldigt, bei der ganzen Gruppe und später, vor seiner Zimmertüre ganz besonders bei mir. Er konnte sich selbst nicht verstehen, dass er so eine Eselei machen konnte, immer wieder hätte er seine Schüler während der Klassenlager, die er als Lehrer geleitet hatte, auf genau diese Gefahren von unsichtbaren Felsen unter Wasser aufmerksam gemacht! Am Foto-Treff einige Monate nach der Reise konnte ich mich von der völlig verheilten Narbe an seiner Stirn überzeugen, es war eine halbmondförmige grosse Narbe, die ihn wohl sein Leben lang an seine Dummheit erinnern wird.
Die eindrücklichsten Wasserfälle im Litchfield sind eindeutig die berühmtesten und viel fotografierten Wangi Fälle, nur leider haben das auch während der grossen Flut im April die Salties, die Salzwasserkrokodile, gemerkt und sich hier niedergelassen. Die wunderschönen Badeanlangen wurden deshalb für sämtliche Zweibeiner gesperrt. Entschädigt dafür wurde ich zur Mittagszeit mit einem riesigen Hamburger im Monsoon Café! Und ich beschloss, eine weitere Nacht im Florence Fall CP zu verbringen. Auf dem Weg dorthin, es waren etwa 24 Km, hielt ich mehrmals am Strassenrand an um Holz für mein Lagerfeuer zu sammeln. In Kürze war ich schwarz wie ein Mohr, denn auch hier brennt immer wieder das Unterholz und Aeste und Stämme sind angekohlt. Ich schleppte halbe Baumstämme heran und lud alles in den Zwischenraum bei den Kästen im hinteren Teil meines Campers. Als alter Hase und Kenner des Campgrounds suchte ich mir den schönsten Platz aus, der mit der schönen Sicht weit über die Ebene hinunter. Als erstes lud ich das Holz aus, zerkleinerte die Aeste und bereitete schon das Feuer vor, zuunterst das viele angesammelte Papier, Wanderbeschreibungen, Broschüren und Prospekte von Museen und Nationalparks. Ein absolutes Muss war die anschliessende Dusche, allerdings nur mit kaltem Wasser dafür unter Verwendung von viel Seife und Shampoo. Eine rabenschwarze Brühe lief an mir hinunter! Und zur Belohnung gab`s eine grosse Tasse frischen Kaffee`s und die von mir heissgeliebten Ansac Biscuits (aus Haferflocken hergestellt). Dann gings nochmals die 10 Minuten steil hinunter zum Bade-Pool, ich war richtig süchtig nach Wasser! Wann werde ich wohl wieder in so einem schönen Naturpool schwimmen können, meine Zeit in Australien nähert sich immer schneller dem Ende entgegen.
Die letzten drei Tage wollte ich denn auch nicht mehr allzuviel unternehmen, ich bemerkte, dass ich doch müde war, nicht körperlich, sondern eher im Geiste, müde von den unglaublich vielen Eindrücken und Erlebnissen. Ich sehnte mich, nach Hause zu kommen, zumal ich seit Tagen kein Network bekam und nicht telefonieren konnte. Nachdem ich den Litchfield verlassen hatte, (die Wildsau hatte mich nachts wieder besucht, obwohl ich doch auf einem anderen Platz stand) fuhr ich zum nahegelegenen Bennett Lake. Dem Resort ist auch ein Caravan Park angegliedert und ich stellte es mir herrlich vor, drei Tage lang abwechselnd im Whirl Pool und im Bennettsee zu planschen und zu schwimmen, zwischendurch einen kurzen Spaziergang zu unternehmen und abends im Restaurant mit Blick auf das Wasser fein zu speisen.
Nach nur einer Nacht verliess ich Lake Bennett, das Resort mit Spa war schon in Ordnung, aber der Caravan Park ganz und gar nicht. In den über 5 Monaten in Australien, hatte ich nicht oft einen so ungepflegten und schmutzigen Campingplatz angetroffen. Die Toiletten- und Duschanlagen wurden seit Tagen nicht gereinigt, hätte ich die vor Schmutz starrende Waschmaschine benutzt, wäre die Wäsche wahrscheinlich schmutziger rausgekommen als wie ich sie eingelegt hätte und auch der ganze Platz zeugte von Verwahrlosung. Nach meiner Bitte, vorgebracht an der Reception, um Reinigung der sanitären Anlagen, entschuldigte sich die Receptionistin damit, dass am Vortag der Plumber, der sanit. Installateur, etwas hätte reparieren müssen! Na ja, eine eher dürftige Entschuldigung, ich zog es vor zu gehen.
Dafür genoss ich ausgiebig die Innenstadt von Darwin. Am Sonntag besuchte ich den Fischerhafen und es traf sich, dass gerade das Seafood-Festival abgehalten wurde. Da war ein Leben und Treiben, alles drehte sich um Fische, Meeresfrüchte und Austern und aus vielen Lautsprechern tönte eine weibliche Stimme, die Fischrezepte zum Besten gab. Dann spielte eine Senioren-Band auf, Country- und Rockmusik aus den 60igern, es war herrlich und sehr sehr heiss! Ich zog mich in den kühleren, schattigen Park unterhalt der Esplanade zurück um den Beginn des Deckchair-Cinema abzuwarten. Es handelte sich um die Premiere des Bollywood Films Veer – Zaara und den Beginn des 1-wöchigen indischen Filmfestivals. Viele indische Familien, Promi`s aus Politik und Showbiz, waren anwesend und der Beginn des Streifens zog sich hinaus. Angesagt auf 19.30 begann die Vorführung schliesslich erst gegen 21 Uhr. Ich verköstigte mich zwischenzeitlich mit grossem Vergnügen am schmackhaften indischen Buffet und fühlte mich nach Rajasthan zurückversetzt, das ich als Reiseleiterin viele Male bereiste. Ich kam mit einem der indischen Organisatoren ins Gespräch, er wuchs in Jaipur auf und so entdeckten wir sogar einen gemeinsamen Bekannten, Chani, dessen Geschäft ich jedesmal, wenn ich in Jaipur war, besuchte. Ein Seidenteppich, den ich vor vielen Jahren bei ihm kaufte, ist heute noch mein bestes Stück in meiner Wohnung und macht mir immer noch sehr viel Freude, in türkis mit altrosa und beiger Ornamentik gehalten, schimmert er je nach Lage und Licht mal hell um bei entsprechendem Lichteinfall ganz dunkel zu erscheinen. Ins Schwärmen kam ich definitv, als wir im Gespräch nach Jaisalmer, der goldenen Stadt an der Grenze zur Wüste Thar, reisten. Während der Pause, die infolge des verspäteten Beginns erst nach 22 Uhr angesagt wurde, setzten wir unser Gespräch fort, gemeinsam reisten wir nach Mount Abu im Aravalli Gebirge und wie jeder gutbetuchte, frisch verheiratete Inder verbrachte auch er mit seiner jungen Frau den Honey-Moon in den kühlen Bergen Mount Abus. Als ich ihn fragte, ob auch er seine junge Frau über den See von Mount Abu ruderte, lachte er aus vollem Hals und erzählte mir, dass er sich nicht eben geschickt angestellt hätte und sie fast gekentert seien. Mit lautem Gongschlag wurde der zweite Teil des Films angekündigt und ich machte es mir in meinem liegestuhlähnlichen Sitz bequem, wohlweislich hatte ich mir ein Kissen und eine leichte Decke (ein Pachmina Schal von Chani aus Jaipur, Zufall?) mitgebracht und die auch dazu dienen musste, meine vielen Tränen abzuwischen. Was ein echter Bolliwood Film ist, drückt er mächtig auf die Tränendrüsen. Es war ein richtig schöner und kitschiger Liebesfilm! Nach Ende des Films war mein Gesprächspartner umringt von Bekannten und so machte ich mich ohne mich verabschieden zu können, auf den Heimweg.
Den letzten Tag vor meiner Heimreise benutzte ich dazu, ausgiebig zu shoppen. Ich schlenderte durch die Mall eines Einkaufszentrums, es war gerade neun und viele der Geschäfte noch geschlossen, aber ein besonderes Geschäft, das mir schon bei meiner Ankunft in Darwin vor 3 Wochen aufgefallen war, hatte die Tore schon geöffnet. Auf einer grossen Tafel auf dem Vorplatz stand in grossen Lettern, Camper, Wanderer Fischer und Alle die in`s Outback wollen, zuerst hier reinschauen! Und das tat ich denn auch. Für Böbi, meinen Sohn, erstand ich originalgetreue Outbackstiefel, für Riccardo, seinen Sohn und mein Enkel, einen breitkrempigen Lederhut in kleiner Grösse (einen ganz Aehnlichen hatte ich bereits für seinen Bruder Enrico in Kuranda gekauft), für die kleine Nina, (das einzige Kind im Haus, da wo ich wohne) ein süsses T-Shirt mit Koalabär, für Jacqueline und meine Schwiegertochter Monica wunderschöne Halsketten mit Opalanhänger und als Letztes, für mich ein Stoffbild eines einheimischen Künstlers.
In der Stoke Hill Wharf leistete ich mir nochmals Barra, Prawns und Chips und landetet schliesslich im Pool des schönen Shady Glen CG um mich von einem der anstrengensten Vormittage zu erholen.
Die Rückgabe meines Geliebten Chäfer`s am 22. Juni ging problemlos über die Bühne und der Rückflug über Singapur und London verlief reibungslos. Dank der kleinen, aber sehr wirksamen Schlaftabletten landete ich einigermassen frisch in Zürich. Auf dem letzten Teil des Fluges, von London nach Zürich, habe ich mich in meine besten Kleider geworfen, habe mich dezent geschminkt und meine mahagonigefärbten Haare glänzten nach tüchtigem Bürsten, ich wollte, dass meine Tochter stolz auf ihre Mutter sein konnte!
Es war wunderbar, wieder zu Hause zu sein, die Umarmung mit meiner Tochter war innig und lang und ich hörte die schönsten Worte; Mami, ich habe Dich vermisst!
Das Fazit meiner fast 6-monatigen Reise? Ich bin selbstbewusster geworden, fühle mich stark und gut und bin überzeugt, noch viele gute Jahre vor mir zu haben. Was ich noch nicht ganz geschafft habe, meine Behinderung wirklich voll und ganz zu akzeptieren, obwohl ich doch eigentlich Alles, wirklich Alles was ich machen wollte, habe machen können! Aber ich arbeite daran und mache bereits Pläne für meine nächste grosse Reise – Kanada`s Osten! Und ganz bestimmt in naher Zukunft noch einmal Australien, ich habe ja praktisch noch nichts von diesem grossen Land und Kontinent gesehen! Und dann geht ja auch meine Lebensgeschichte weiter!